AUSSTELLUNGS-DOKUMENTATION - Die Jahrhundert-Bar (1920 - 2020) The Century Bar (1920 - 2020) - Galerie Ruffieux Bril
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DIE JAHRHUNDERT-BAR (1920-2020) // THE CENTURY BAR (1920-2020) kuratiert von / curated by Alex Tennigkeit und Kathrin Landa Mit Künstlerinnen des MNW und Gästen+ / with MNW- members and guests+: Joannie Baumgärtner+, Fritz Bornstück+, Stephanie Dost, Mareike Drobny+, Isabelle Dutoit, Zohar Fraiman, „Die Nerven der Welt sind krank!“ Marie Gold, Franziska Guettler, Nina K. Jurk, Heike Kelter, Michael Kirkham+, Marianna Krueger, Kathrin Landa,Verena Landau, Corinne von Lebusa, Catherine Lorent, Rosa Loy, Florence Obrecht+, Justine Otto, Um 1920 hatte sich der Expressionismus bereits in Malerei, Literatur und Theater etabliert und sollte nun Axel Pahlavi+, Gudrun Petersdorff, Maria Sainz Rueda, Julia Rüther, Ann-Katrin Schaffner, Sophia Schama, Mo- im jungen Medium Film zu einer neuen Kunstform gedeihen. „Das Filmbild muß Graphik werden“, formu- ritz Schleime+, Eva Schwab, Bettina Sellmann, Tanja Selzer, Caro Suerkemper, Alex Tennigkeit, Kathrin Thiele, lierte einer an dem Film „Das Cabinet des Dr. Caligari“ beteiligten Architekten. So unterstreichen gezeich- Miriam Vlaming nete Dekors und Schatten Unwirklichkeit und Horror der Handlung. Diese expressive Formensprache schien zudem gut geeignet, um die nach wie vor präsenten Kriegstraumata zu verarbeiten. Meist spielten düstere Inhalte, wie das wiederkehrende Motiv des Wahnsinns eine zentrale Rolle – besonders deutlich in Projektraum Ventilator dem Film „Nerven“ von 1919, in welchem der geisteskranke Roloff verkündet: „Die Nerven der Welt sind Katzbachstr. 24, 10965 Berlin krank!“ Der herangezogene Psychiater listet folgende Gründe für die Entstehung von Geisteskrankheiten auf: Die fortschreitende Zivilisation, der Kampf ums Dasein, Angst und Schrecken des Krieges, die Sünden Eröffnung / Opening: 27.09.2018, 19 Uhr / 7 pm - open end der Eltern. Dauer / duration: 27.09.2018 - 07.10.2018 Öffnungszeiten / open: 28.-30.09.2018: 14-18 Uhr; 6.& 7.10.: 14-18 Uhr Dem Filmtheoretiker Siegfried Kracauer zufolge bietet der deutsche Film der zwanziger Jahre insgesamt & nach tel.Vereinbarung / by appointment: 0172/ 7467225 das Psychogramm einer traumatisierten Gesellschaft, die von Hoffnung und Resignation, Wirklichkeitsflucht und Widerstand zerrissen wurde. Expressionistische Filme zeigen ein „gesellschaftliches Unbehagen“. Im- MNW mer wieder scheitert das Individuum am Ausbruch aus der Masse. Es werden Ideale beschworen und man www.malerinnennetzwerk.com versucht, den neuen, modernen Menschen zu schaffen. Projektraum Ventilator https://ventilator.blog/ In der Blütezeit des expressionistischen Films (ca. 1919-25) stehen die Deutschen im Bann vieler Unsi- cherheiten wie Hunger, Arbeitslosigkeit, hohe Säuglingssterblichkeit, Hyperinflation, politische Unruhen. Soziale Spannungen werden in der relativ stabilen Weimarer Demokratie jedoch immer mehr von einer wachsenden Unterhaltungsindustrie bemäntelt. Der Film wird zum Massenmedium und deutsche Filme zum Devisenbringer, wobei der deutsche Film wegen seiner ausdrucksstarken Filmarchitekturen internationales Ansehen erringt. Es ist eine Zeit des Übergangs, vom Kriegstrauma hin zu rasanten Modernisierungen, was vor allem in Die Ausstellung „Die Jahrhundert-Bar (1920-2020)“ ist eine Hommage an den expressionistischen Film der Städten wie Berlin ein weltstädtisches Lebensgefühl beflügelt. So wird die Großstadt „zum ewigen Sehn- frühen 1920er Jahre. In einer experimentellen Rauminstallation zeigen Künstlerinnen des MalerinnenNetz- suchtsort hedonistischer Fantasien:Vom Alexanderplatz fährt eine Straßenbahn zur Milchstraße, vor expres- Werks Berlin-Leipzig und sieben Gastkünstler*innen ihre Arbeiten. sionistischen Gemälden fliegt dem Bürger der Hut vom Kopf und in den Nachtklubs gibt man sich sexueller Anarchie und kultivierten Koksneurosen hin.“* Den Betrachter erwartet dabei keineswegs ‚nur’ expressionistische Malerei.Vielmehr wird der Expressio- nismus als Motiv bzw. als atmosphärisches Ausdrucksmittel aufgegriffen, wie dies auch beim expressionisti- Parallelen dieser Zeit der Spannungen und des Aufbruchs zu unserer Gegenwart sind unübersehbar. Die schen Film der Fall war. Überdies werden in den gezeigten Arbeiten heutige Konflikte, wie das Auseinander- Kunsthistorikerin Ingrid Pfeiffer zieht hierzu diverse Vergleiche:„Es gibt heute wie damals die Wahrnehmung driften der Gesellschaft, der politische Rechtsruck, die immer noch herrschende Ungleichheit zwischen den in der Gesellschaft, dass der Fortschritt zwei Seiten hat und nicht jeder davon profitiert. Dass die Maschine Geschlechtern, verhandelt. den Menschen nicht mehr braucht (…). Damals gab es die Fließbandabfertigung, heute ist es die Digitalisie- rung.(…) Vergleichbar mit unserer Zeit ist auch das Wegbrechen der gemäßigten Mitte und der Anstieg des Eine modulare, speziell für den Ausstellungsraum geschaffene Konstruktion aus spitzen Dreiecken lässt ver- Extremismus. (…) Gleichzeitig war die Weimarer Republik auch der Beginn der Moderne, mit sehr vielen schachtelte Kabinette und verschiedenartige Durchgänge entstehen und in Anlehnung an damalige Filmku- fortschrittlichen Ideen (…): die neue Frau, die Debatte um den Abtreibungsparagraphen 218 und den Ho- lissen sind fiktive Schatten direkt auf die Wand gemalt. Der in Kooperation mit Joannie Baumgärtner gestal- mosexualitätsparagraphen 175 (…). Rollenbilder wurden über Bord geworfen und es gab zahlreiche neue tete Ausstellungsraum wird zur expressionistischen Matrix, welche den monochromen bis schwarz-weissen Berufe für Frauen.“** Arbeiten einen gemeinsamen, architektonisch verdichteten Rahmen gibt. * Rainer Metzger: Berlin in den 1929er Jahren, Taschen-Verlag; 2018 ** Ingrid Pfeiffer: „Glanz und Elend in der Weimarer Republik. Von Otto Dix bis Jeanne Memmen: Das Unbehagen einer Epoche; in art Das Kunstmagazin, Januar 2018
RAUM 1 JOANNIE BAUMGÄRTNER: Einbauten 1 CATHERINE LORENT: Das Schiff der verlorenen Menschen, 2018, Mixmedia/Canvas, 46 x 36 cm 2 CORINNE VON LEBUSA: La bouche a baiser, 2015, Zeichnung, Aquarell, Lack 3 MAREIKE DROBNY: Körpertier, Kreuzstich auf Bauernleinen, 34 x 20 x 5 cm 4 EVA SCHWAB: Die freudlose Gasse, 2018, Öl auf Leder, 41 x 42 cm 5 MAREIKE DROBNY: Schädel, Kreuzstich auf Bauernleinen, 23 x 20 x 5 cm 6 MARIE GOLD: o.T. (Vier Tänzerinnen), 2018, Aquarell/Holzrahmen, ca. 40 x 50 cm 7 BETTINA SELLMANN: Betti Nameless, 2018, Kohle auf Papier, 40 x 30cm 8 KATHRIN LANDA: white teardrop (Isabelle), 2018, Öl/Acryl auf Leinwand, 42 x 45 cm 9 MIRIAM VLAMING: secret, 2018, Eitempera auf Leinwand, 115 cm x 86 cm; 10 KATHRIN THIELE: The Shadowed, 2018, Acryl auf Leinwand, 52 + 44 x 23 + 32 cm 11 MARIANNA KRÜGER: Gotcha, 2018, Acryl auf Pappe auf Capa, 31 x 20 x 7 cm 12 ROSA LOY: Zurück im Atelier, 2018, Kasein/Leinwand, 50 x 40 cm 13 FRITZ BORNSTÜCK: And He still responds (graveyard venus) 2018, Öl, Pigmente, Leinwandcollage, 60x50 cm 14 ANN-KATRIN SCHAFFNER: Provokateur, 2018, Eitempera auf Leinwand, 40 x 30 cm 15 VERENA LANDAU: Aqeel/News, 2018, Öl auf Leinwand, 30/50 cm x 55/67 cm 16 GUDRUN PETERSDORFF: Umbau, 2018, Collage, Tusche, Objekt auf Schaumpappe, 36,5 x 58 cm 17 HEIKE KELTER: Defynnog, 2018, Akryl/Lwd, 50 x 40 cm 18 TANJA SELZER: Black suit, 2018, Öl auf Leinen, 60 x 60 cm 19 MARIA SAINZ RUEDA: Calypso II, 2018, Linoldruck und Monotypie, 50 x 40 cm 20 ZOHAR FRAIMAN: Perfect, 2018, pencil on paper, 60 x 45 cm 21 SOPHIA SCHAMA: Stummfilm, Acryl/Papier, 30 x 20 cm 22 SOPHIA SCHAMA: Stummfilm 2, Acryl/Foto/Papier, 30 × 20 cm 23 FRANZISKA GUETTLER: sirup angst, 2018, Lithographie / Collage, 40 x 30 cm 24 JULIA RÜTHER: o.T. (JR_M_18-11), 2018, Öl und Wachs auf Nessel, 20 x 22 cm 25 MICHAEL KIRKHAM: La Femme Fatale de la Cuisine, 2009, Graphite on paper, 29 x 21 cm Zeichnung aus einer 10-teiligen Serie 26 NINA K. JURK: Nebel, 2018, Öl auf Holz, Halbtondo, 25 x 50 cm
RAUM 2 ALEX TENNIGKEIT: Wandmodule, gemalte Schatten 27 JUSTINE OTTO: o.T. ( séance), 2018, oil on linen, 50 x 40 cm 28 STEPHANIE DOST: Earl Schenck als Narraboth in -Salomé- (1923 USA), 2017, Tusche, 42 x 30 cm 29 FLORENCE OBRECHT: Mémoire, 2018, Öl auf Spiegel, 51 x 34 x 11 cm 30 ISABELLE DUTOIT: Zwei Hände, 2018, Gouache auf Papier, gerahmt, 50 x 37 cm 31 JULIA RÜTHER: o.T. (JR_M_18-13), 2018, Öl und Acryl auf Keramik, 18 x 20 cm 32 KATHRIN THIELE: The Broken, 2018, Acryl auf Leinwand, 53 + 42 x 44 + 29 cm 33 CORINNE VON LEBUSA: Teepuppe, 2016, Porzellan, Kaugummi 34 JULIA RÜTHER: o.T. (JR_M_18-12), 2018, Öl und Acryl auf Leinwand, 60 x 32 cm 35 AXEL PAHLAVI: Autoportrait, 2018, Öl auf Leinwand, 12 cm Durchmesser 36 CARO SUERKEMPER: Rubindranath Solar, 2018, Acrystal, Pigment, Porzellanscherbe, 70 x 30 x 18 cm 37 ALEX TENNIGKEIT: Die Lustmörderin (nach Otto Dix), 2018, Öl auf Holz, ca. 56 x 50 cm 38 MICHAEL KIRKHAM: La Femme Fatale de la Cuisine, 2009, Graphite on paper, 29 cm x 21cm; Zeichnung aus einer 10-teiligen Serie 39 MICHAEL KIRKHAM: siehe oben 40 MORITZ SCHLEIME: Wo im Raume raunt die Zeit (Version II), 2018, Öl auf Lwd.., 70 x 50 cm
BAR KATHARINA ARNDT: MNW 2017, LEDs, Plexi, Widerstände, Kette, Netzteil Ausstellungs-Fotos: Stefan Kaminski, Alex Tennigkeit, September 2018
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