Batterien für Elektroautos - Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland - Nr. 3

 
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Batterien für Elektroautos - Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland - Nr. 3
DARMSTÄDTER INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE

Nr.
3     Batterien für Elektroautos – Klimabilanz als
      Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für
      Elektroautos in Deutschland
      Silke Fett & Ingo Hamm
Hochschule Darmstadt University of Applied Sciences – Darmstädter Institut für Wirtschaftspsychologie (DIWiP)

  Batterien für Elektroautos – Klimabilanz als Einflussfaktor auf
        die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland
                Schlüsselbegriffe:                                     Silke Fett & Ingo Hamm
 Elektromobilität, Klimabilanz als Einflussfaktor,           Hochschule für angewandte Wissenschaften Darmstadt
        Kaufpräferenzen für Elektroautos                                        Korrespondenz:
                                                                          Silke Fett: info@silkefett.de
                Zusammenfassung
Diese Studie prüft den Einfluss der wahrgenomme-
nen Klimabilanz von Batterien für Elektroautos auf
                                                                 Kaufpräferenzen für Elektroautos in
Kaufpräferenzen. Es wird angenommen, dass
                                                                            Deutschland
Elektrofahrzeuge mit verbesserten Klimabilanzen
für Batterieherstellung und Batterierecycling prä-            Elektromobilität gilt als Schlüsseltechnolo-
feriert werden. Im Rahmen einer Conjoint Analyse          gie, um die Treibhausgasemissionen im Ver-
wurden Kaufpräferenzen in Deutschland unter-              kehrssektor in Deutschland bis 2030 drastisch
sucht. Die Befragten (N = 104) trafen Auswahlent-         zu senken. Für die Zielerreichung muss sich
scheidungen zu batterieelektrischen Fahrzeugen            die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen zeitnah
über einen Online-Fragebogen. Die Ergebnisse zei-         vervielfachen. Zielsetzung dieser Untersu-
gen, dass Aussagen zur Batterieherstellung einen          chung ist es, Erkenntnisse über zusätzliche
ähnlich hohen Einfluss wie der Verkaufspreis ha-          Stellschrauben zu erhalten, die die Nachfrage
ben und auch wichtiger als Reichweite sind. Eine
                                                          nach Elektroautos in Deutschland zeitnah
verbesserte Klimabilanz in der Batterieherstellung
                                                          steigern könnten. Dazu werden Kaufpräferen-
unter Verwendung von 100% Grünstrom könnte
Kaufpräferenzen für Elektrofahrzeuge – über at-           zen potentieller Käufer*innen für Elektroautos
traktive Verkaufspreise und Reichweiten hinaus –          in Deutschland untersucht. Präferenzen re-
deutlich erhöhen. Batterierecycling ist im Vergleich      präsentieren eine vergleichende Beurteilung
zu den anderen Merkmalen unbedeutend.                     über den relativen Nutzen der zur Verfügung
                                                          stehenden Optionen oder Konsequenzen. Nut-
                    Keywords:                             zen drückt aus, wie positiv oder negativ eine
Electromobility, carbon footprint as an influencing       Option oder Konsequenz bewertet wird. Nut-
 factor, purchasing preferences for electric cars         zen und Präferenz können durch Wahlen be-
                                                          obachtbar werden (Pfister, Jungermann & Fi-
                      Abstract
                                                          scher, 2017). Kaufpräferenzen für Elektrofahr-
This study examines the influence of the perceived
carbon footprint of batteries for electric cars on        zeuge zeigen sich folglich durch den Vergleich
purchase preferences. It is assumed that buyers           unterschiedlicher Fahrzeuge, wobei diejenige
prefer electric vehicles with improved carbon foot-       Option gewählt wird, die den vergleichsweise
prints in battery production and battery recycling.       subjektiv höchsten Nutzen stiftet.
Purchase preferences in Germany were evaluated                Als relevante Einflussfaktoren auf die Kau-
in a conjoint analysis. Respondents (N = 104) made        fentscheidung sind bislang hauptsächlich
decisions on battery electric vehicles via an online      Preis und Reichweite identifiziert (Bauer, 2015;
questionnaire. The results show that statements on        Degirmenci & Breitner, 2017; Helveston et al.
battery production have a similar high influence as
                                                          2015; Higueras-Castillo, Molinillo, Coca-Ste-
sales price and are more important compared to
                                                          faniak & Liébana-Cabanillas, 2020; Peters &
range. An improved carbon footprint in battery
manufacturing using 100% green power could sig-           Dütschke, 2014; Rezvani, Jansson & Bodin,
nificantly increase purchase preferences for elec-        2015; Schuitema, Anable, Skippon & Kinnear,
tric vehicles beyond attractive selling prices and        2013; Wolbertus, Kroesen, Van den Hoed &
ranges. Battery recycling is insignificant compared       Chorus, 2018; Ziegler, 2012). Die Ladesäu-
to the other characteristics.                             leninfrastruktur hat ebenfalls einen Einfluss
                                                          (Higueras-Castillo et al., 2020; Wolbertus et
                                                          al., 2018). Zusätzlich sind Personenfaktoren

Zitieren: Fett, S., & Hamm, I. (2021). Batterien für Elektroautos. Klimabilanz als Einflussfaktor auf die
Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland. Schriftenreihe des Darmstädter Instituts für Wirt-
schaftspsychologie (DIWiP) Nr. 3. Darmstadt: Hochschule Darmstadt – University of Applied Science,
eingereicht am 08.03.2021
Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos.
          Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland.

und sozio-ökonomische Einflüsse belegt (Hi-             scheinbesitz, Planung des Erwerbs eines Neu-
gueras-Castillo et al., 2020; Ziegler, 2012). Da-       wagens in den kommenden 24 Monaten, Inten-
neben spielen Faktoren im Kontext Umwelt-               tion zum Kauf eines Elektroautos.
schutz eine nicht unerhebliche Rolle. Zahlrei-              Die Gewinnung der Teilnehmenden erfolgte
che Studien belegen einen positiven Zusam-              im persönlichen Umfeld, über einen Post in ei-
menhang zwischen umweltfreundlicher Ein-                ner Social Media Gruppe sowie über Multipli-
stellung und Akzeptanz bzw. Kaufintention für           katoren aus dem Bereich der Elektromobilität,
Elektroautos (Bauer, 2015; Degirmenci &                 z. B. Redakteure von Online Magazinen und
Breitner, 2017; Higueras-Castillo et al., 2020;         Blogs über Elektrofahrzeuge. Alle Probanden
Peters & Dütschke, 2014; Rezvani et al., 2015;          und Multiplikatoren erhielten als Anreiz die
Schuitema et al., 2013; Ziegler, 2012). Peters          Zusage für die Pflanzung von Bäumen.
und Dütschke (2014) zeigen auf, dass Perso-                 Als Ergebnis ergab sich eine Stichprobe mit
nen, die ein Elektroauto besitzen, sowie poten-         folgenden Strukturmerkmalen: 83% männli-
tielle Käufer*innen die Optimierung der Um-             che und 17% weibliche Probanden; das Alter
weltvorteile von Elektroautos sowie finanzielle         wurde in fünf Altersgruppen erhoben, und der
Kaufanreize als wichtige Maßnahmen bewer-               Median lag in der Altersklasse der 41 bis 50
ten, um die Fahrzeuge in Deutschland zu ver-            Jährigen, der Modus in der Altersklasse der 51
markten.                                                bis 60 Jährigen.
    Für diese Untersuchung leitet sich folgende             Ansatz: Die Kaufpräferenzen wurden über
Forschungsfrage ab: Welchen Einfluss hat die            Auswahlentscheidungen im Rahmen einer
Bewertung der Klimabilanz für die Batterie-             Choice Based Conjoint Analyse erhoben und
herstellung sowie das Batterierecycling von             analysiert. Dabei wurde aus den getroffenen
Elektrofahrzeugen auf die Kaufpräferenz po-             Wahlentscheidungen (AV) auf den Nutzen ein-
tentieller Neuwagenkäufer*innen für Elektro-            zelner Merkmalsausprägungen (UVs) ge-
autos in Deutschland? Es wird vermutet, dass            schlossen. Zur Testung der Hypothesen wur-
Elektrofahrzeuge mit verbesserten Klimabi-              den mittels Nutzenschätzungen Merkmals-
lanzen im Vergleich zu umweltschädlicheren              wichtigkeiten und Präferenzanteile für simu-
Produktalternativen präferiert werden. Fol-             lierte Elektroautos berechnet (vgl. Backhaus,
gende Hypothesen werden überprüft:                      Erichson, Plinke & Weiber, 2015; Fiedler, Kalt-
    • H1: Die Bewertung der Klimabilanz für             enborn, Lanwehr & Melles, 2017).
a) die Batterieherstellung bzw. b) für das Bat-             Messinstrument: Die Erhebung erfolgte
terierecycling könnte im Vergleich zu anderen           über einen Online Fragebogen in der webba-
Fahrzeugmerkmalen einen größeren Einfluss               sierten Software Sawtooth Discover (2020).
auf die Kaufpräferenz potentieller Neuwagen-            Der Fragebogen umfasste soziodemographi-
käufer*innen in Deutschland haben.                      sche Items zu Alter und Geschlecht, Filterfra-
    • H2: Eine verbesserte Klimabilanz a) in            gen zur Bestimmung der Zielgruppe sowie die
der Batterieherstellung bzw. b) für das Batte-          Abfrage zu Erfahrung mit Elektroautos. Im An-
rierecycling könnte die Kaufpräferenz potenti-          schluss erfolgte die Erhebung der Kaufpräfe-
eller Neuwagenkäufer*innen in Deutschland               renzen. Für die Auswahlentscheidungen wur-
erhöhen.                                                den Choice Sets definiert, die reale Kaufsitua-
                                                        tionen simulierten. Den Probanden wurden in
                                                        jeder Auswahlaufgabe drei Fahrzeugalternati-
Methode
                                                        ven dargeboten. Das Item lautete für alle Aus-
   Stichprobe: Die Stichprobe im Umfang von             wahlentscheidungen gleichbleibend: „Wenn
N = 104 umfasste potentielle Käufer*innen für           Sie lediglich diese Alternativen an batterie-
Elektrofahrzeuge in Deutschland, wobei die              elektrischen Fahrzeugen zur Auswahl hätten,
Kaufbereitschaft selektiert wurde über fol-             welches Fahrzeug würden Sie am ehesten
gende Merkmale: 18 Jahre oder älter, Führer-

                                                    2
Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos.
        Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland.

auswählen?“ Zusätzlich gab es eine None Op-          definiert, der durch die Herstellung der Batte-
tion, sofern die Probanden keine der drei Al-        rien für Elektrofahrzeuge entsteht. Für die
ternativen wählen wollten.                           Festlegung der Merkmalsausprägungen wur-
    Für die Choice Sets wurden vier relevante        den zunächst Haupttreiber der CO2 Emissio-
Merkmale ausgewählt und definiert (siehe Ab-         nen identifiziert, und zwar die Batteriekapazi-
bildung 1). Im Anschluss wurden je drei Merk-        tät sowie die verwendete Stromquelle in der
malsausprägungen festgelegt. Insgesamt               Batteriezellfertigung (Helms et al., 2019). Die
ergaben sich 81 unterschiedliche Fahrzeugal-         Emissionswerte berechneten sich aus dem
ternativen. Die Merkmalsausprägungen wur-            Produkt der Batteriekapazität in kWh und
den von drei realen batterieelektrischen Fahr-       Schätzwerten in t CO2-Äquivalent/kWh für die
zeugen abgeleitet, um eine realitätsnahe Kau-        jeweilig verwendete Stromquelle in der Batte-
fentscheidung zu simulieren. Dazu wurden             rieproduktion (Emilsson & Dahllöf, 2019; Hel-
Modelle herangezogen, die laut Statistik des         mers, Dietz & Weiss, 2020; Helms et al., 2019;
Kraftfahrtbundesamtes 50% der Zulassungen            Hoekstra & Steinbuch, 2020). So ergab sich z.
in 2020 ausmachten (KBA, 2020). Zur Untersu-         B. ein Emissionswert von 2.0 t CO2-Äquivalent
chung der relevanten Einflussfaktoren wurden         aus der Kombination einer 50 kWh Batterie
die Merkmale Batteriebilanz und Recycling            und Verwendung von 100% Grünstrom in der
festgelegt. Die Batteriebilanz wurde in t CO2-       Fertigung.
Äquivalent angegeben und als Emissionswert

    Batteriebilanz         8.7 t CO2-                  2.0 t CO2-                4.0 t CO2-
                           Äquivalent                  Äquivalent                Äquivalent
         Recycling       Käuferabgabe           gesetzliche Regelung         Herstellerabgabe
       Reichweite            316 km                     426 km                     409 km
     Verkaufspreis           35600 €                    29200 €                   42900 €
     abzgl. 9000 €

                             1. Wahl                    1. Wahl                    1. Wahl

                                               Ich würde nicht kaufen.

                                                        1. Wahl

Abbildung 1. Beispiel eines Choice Sets (eigene Darstellung in Anlehnung an die Darstellungsart
bei Sawtooth, 2020)

   Recycling wurde als Konzept beschrieben,          erzielen könnten. Die Umsetzung würde über
um Rohstoffe aus den Batterien wiederzuver-          eine Abgabe realisiert, die entweder bei Käu-
werten. Durch hohe Recyclingquoten ergibt            fer*in oder beim Hersteller erfolgen müsste
sich die Möglichkeit zur Senkung von Emissio-        (SRU 2020).
nen, die durch die Gewinnung der Rohstoffe               Um den Einfluss der untersuchten Merk-
entstehen. Zu den Ausprägungen zählten die           male zu prüfen, wurden zum Vergleich zwei
gültige gesetzliche Regelung mit einer Recyc-        weitere Faktoren herangezogen, die einen sig-
lingquote von 50% sowie zwei mögliche Pro-           nifikanten Einfluss auf Kaufentscheidungen
duktkonzepte, die eine Recyclingquote >90%           haben: Verkaufspreis und Reichweite. Der

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Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos.
         Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland.

Verkaufspreis war in Euro ausgewiesen und               ein Elektroauto auszuwählen. 37.5% der Teil-
beinhaltete die gesetzliche Mehrwertsteuer              nehmenden bewerteten die Wahl eines Elekt-
vor Abzug des gültigen Umweltbonus in Höhe              roautos als „ziemlich wahrscheinlich“. 10%
von 9000 €. Die Reichweite wurde in km ange-            der Befragten zeigen eine geringere Bereit-
geben und erfolgte gemäß WLTP Standard,                 schaft; sie wählten die Antwortoption „viel-
der neben Labormessungen auch reale Ver-                leicht“. Fast alle Probanden haben Erfahrung
brauchsangaben berücksichtigt.                          im Umgang mit Elektroautos. So sind 94 Pro-
    Datenauswertung: Die Teilnutzenwerte der            banden bereits ein Elektroauto selbst oder als
Merkmalsausprägungen wurden mittels Ma-                 Beifahrer gefahren, und ca. ein Drittel besitzt
ximum Likelihood Prinzip auf individueller              bereits ein Elektrofahrzeug.
Ebene geschätzt. In die Nutzenschätzungen                  Einflussfaktoren: Die geschätzten Nutzen-
flossen zusätzlich Informationen aller erhobe-          werte sind relative Kennwerte und verstehen
nen Präferenzdaten ein. Dadurch wurden he-              sich im Verhältnis zu den erhobenen Merkma-
terogene Präferenzen berücksichtigt und die             len bzw. Merkmalsausprägungen. Der Ein-
Prognosegenauigkeit erhöht (Sawtooth, 2018).            fluss der Merkmale auf die Wahlentscheidung
Aus den Teilnutzenwerten ließen sich relative           ergibt sich aus der Schätzung der relativen
Merkmalswichtigkeiten ableiten. Prognosen               Merkmalswichtigkeiten (siehe Abbildung 2).
zu Auswahlwahrscheinlichkeiten für simu-                Diese liegen zwischen 12.09% und 32.63%. Die
lierte Produktalternativen wurden auf Basis             Merkmale Verkaufspreis (32.63%, SD 14.46%)
eines Randomized First Choice Modells ermit-            und Batteriebilanz (32.01%, SD 14.71%) sind
telt. Dieses Modell berücksichtigte bei der Be-         gleichermaßen wichtig im Verhältnis zu den
rechnung von Präferenzanteilen Ähnlichkeiten            anderen Merkmalen. Recycling ist das ver-
zwischen Produktoptionen und basierte auf               gleichsweise unwichtigste Merkmal mit
der Annahme, dass Probanden nicht rein rati-            12.09% (SD 9.73%). Die Reichweite ist ver-
onal entscheiden (Fiedler et al., 2017).                gleichsweise ebenfalls wichtig mit 23.26% (SD
                                                        13.04%). Die Streuung ist für alle vier Merk-
   Ergebnisse                                           male extrem hoch. Dies spricht für eine große
   Ca. 90% der Teilnehmenden zeigen eine                Heterogenität der Präferenzen in der Stich-
sehr hohe bzw. hohe Intention zum Kauf eines            probe.
Elektrofahrzeugs. So gaben 51.9% der Befrag-
ten an, „ganz sicher“ als nächsten Neuwagen

                                   Relative Merkmalswichtigkeiten
                                               N=104

 Batteriebilanz
     Recycling
    Reichweite
          Preis

                  0%      5%       10%        15%          20%      25%       30%      35%       40%

Abbildung 2. Schätzung der relativen Merkmalswichtigkeiten auf Basis 95% KI (eigene Darstel-
lung in Anlehnung an die Darstellungsart bei Sawtooth, 2020)

   Es zeigt sich, dass die Bewertung der Bat-           nicht gegenüber dem Verkaufspreis. Die rela-
teriebilanz eine höhere Wichtigkeit hat im Ver-         tive Wichtigkeit der Merkmale Batteriebilanz
gleich zur Reichweite und Recycling, jedoch             und Verkaufspreis ist ähnlich hoch. Hypothese

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Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos.
          Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland.

1a kann teilweise gestützt werden. Recycling                   Teilnutzenwerten der Merkmale Reichweite
ist das unwichtigste Merkmal im Vergleich zu                   (426 km) und Verkaufspreis (29200 €). Die Aus-
Verkaufspreis, Batteriebilanz und Reichweite.                  prägungen der Produkte (3) bis (6) variieren im
Die Daten stützen Hypothese 1b nicht.                          Vergleich zu Produkt (2) hinsichtlich der Merk-
    Kaufpräferenzen: Kaufpräferenzen potenti-                  male Batteriebilanz und Recycling. Es werden
eller Käufer*innen ergeben sich aus den Prä-                   jeweils die mittleren (4.0 t CO2-Äquivalent / ge-
ferenzanteilen für simulierte batterieelektri-                 setzliche Regelung) bzw. höchsten Teilnutzen-
sche Fahrzeuge (BEV) mit Fokus auf Batterie-                   werte (2.0 t CO2-Äquivalent / Herstellerab-
bilanz und Recycling (siehe Abbildung 3). Für                  gabe) der Merkmalsausprägungen verwendet.
die Definition der Produktalternativen wurden                  Zur Beurteilung der Hypothesen 2a und 2b
unterschiedliche Ausprägungen je Merkmal                       werden die Produkte (3) bis (6) mit Produkt (2)
zugrunde gelegt. Produkt (1) beinhaltet die vier               verglichen. Durch diesen Vergleich zeigt sich,
Merkmalsausprägungen, die am wenigsten                         welchen zusätzlichen Einfluss die Batteriebi-
präferiert werden: Batteriebilanz über 8.7 t                   lanz bzw. das Recycling über verhältnismäßig
CO2-Äquivalent, Recycling mittels Käuferab-                    attraktive Verkaufspreise und Reichweiten
gabe, Reichweite von 316 km und Verkaufs-                      hinaus auf die Präferenzen potentieller Käu-
preis in Höhe 42900 € vor Abzug des Umwelt-                    fer*innen haben.
bonus. Produkt (2) beinhaltet dagegen die Aus-
prägungen mit den vergleichsweise höchsten

                      Präferenzanteile für simulierte batterieelektrische Fahrzeuge
                                                  N=104

                                  (7) Keine Wahl Option

  (6) 2.0t CO2-Äquivalent;Herstellerabgabe;426km;29200€

 (5) 2.0t CO2-Äquivalent;gesetzl. Regelung;426km;29200€

  (4) 4.0t CO2-Äquivalent;Herstellerabgabe;426km;29200€

 (3) 4.0t CO2-Äquivalent;gesetzl. Regelung;426km;29200€

     (2) 8.7t CO2-Äquivalent;Käuferabgabe;426km;29200€

     (1) 8.7t CO2-Äquivalent;Käuferabgabe;316km;42900€

                                                          0%          10%         20%        30%         40%

Abbildung 3. Präferenzanteile für simulierte batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) mit Fokus auf
Batteriebilanz und Recycling auf Basis 95% KI. Die Produktoptionen (1 bis 6) sind durch je vier
Merkmale mit variierenden Ausprägungen definiert (eigene Darstellung in Anlehnung an die
Darstellungsart bei Sawtooth, 2020).

    Die Präferenzanteile sind für das Produkt                  größten Präferenzanteile entfallen mit 35.79%
(1) mit 1.24% und Produkt (2) mit 3.08% mini-                  auf Produkt (6) und mit 31.60% auf Produkt (5);
mal und marginal geringer als der Präfe-                       beide Produkte zeichnen sich aus durch eine
renzanteil für die „Keine Wahl“ Option mit                     Batteriebilanz von 2.0 t CO2-Äquivalent. Gerin-
4.03%. Das könnte andeuten, dass diese Fahr-                   gere Präferenzen zeigen sich mit fast identi-
zeuge nicht für einen Kauf in Frage kämen. Die                 schen Präferenzanteilen für die Produkte (3)

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Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos.
         Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland.

mit 12.06% und (4) mit 12.19% Beiden Produk-            und höher im Vergleich zur Reichweite und ei-
ten liegt eine Batteriebilanz von 4.0 t CO2-Äqui-       ner Information zu Batterierecycling.
valent zugrunde. Die Unterschiede der Präfe-                Die ähnliche Gewichtung der beiden Merk-
renzanteile bei Vergleich des Produktes (3) mit         male Verkaufspreis sowie Klimabilanz in der
Produkt (4) sind sehr gering und bei Betrach-           Batterieherstellung legt den Schluss nahe,
tung von Produkt (5) mit Produkt (6) gering.            dass die Befragten eine hohe Kaufpräferenz
Diese ergeben sich jeweils durch die Ausprä-            für den Erwerb eines BEV Fahrzeuges mit ver-
gungen der Recyclingkonzepte gesetzliche                gleichsweise verbesserter Klimabilanz in der
Regelung und Herstellerabgabe, wobei letz-              Batterieherstellung haben, sofern der Ver-
tere die vergleichsweise höheren Präfe-                 kaufspreis attraktiv erscheint.
renzanteile bestimmt.                                       Auch wenn Hersteller bislang keine CO2 Bi-
    Es zeigen sich deutlich höhere Präfe-               lanz für die Batterieherstellung ausweisen
renzanteile für Elektrofahrzeuge mit einer              müssen, scheint es auf Basis der Ergebnisse
vergleichsweise verbesserten Klimabilanz in             vielversprechend, ergänzend zu Kaufprämie,
der Batterieherstellung (Produkte (3) bis (6))          Verkaufspreis und Reichweite entsprechende
gegenüber dem BEV Fahrzeug mit der ver-                 Aussagen zur Batterieherstellung in die werb-
gleichsweise schlechtesten Batteriebilanz               liche Kommunikation einzubinden. Als Diffe-
(Produkt (2)). Die Daten stützen Hypothese 2a.          renzierungsmerkmal könnte eine verbesserte
    Allerdings zeigt sich bei den Präferenzan-          Klimabilanz in der Batterieherstellung unter
teilen keine grundsätzlich höhere Kaufpräfe-            Verwendung von 100% Grünstrom betont wer-
renz für Fahrzeuge mit vergleichsweise ver-             den. Dies könnte ein Hebel sein, um die Akzep-
besserter Klimabilanz für das Batterierecyc-            tanz und Nachfrage nach Elektroautos in der
ling. Die Präferenzanteile der Produkte (3) und         Gesamtbevölkerung in Deutschland zusätzlich
(5) mit einer Recyclingquote von 50% sind hö-           zu steigern.
her im Vergleich zu Produkt (2) mit Recycling-              Die Klimabilanz für das Batterierecycling
quote von 90% unter Anwendung einer Käufer-             scheint im Vergleich zu Verkaufspreis,
abgabe. Im Vergleich zwischen Produkten mit             Klimabilanz für die Batterieherstellung und
einer Recyclingquote von 90% unter Anwen-               Reichweite bei der Bewertung keine entschei-
dung einer Herstellerabgabe zu Fahrzeugen               dende Rolle zu spielen. Die Schätzung für das
mit gesetzlicher Recyclingquote zeigen sich             Batterierecycling basiert auf einer statisti-
minimal höhere Präferenzanteile. Im Ver-                schen Unsicherheit. Es wird vermutet, dass
gleich der Präferenzanteile von Produkt (4) mit         die Recyclingausprägungen keinen signifikan-
Produkt (3) sowie von Produkt (6) mit Produkt           ten Effekt auf die Kaufpräferenzen haben.
(5) überlappen sich die Konfidenzintervalle.                Einschränkend soll festgehalten werden,
Das deutet darauf hin, dass sich die entspre-           dass die Untersuchung keine für die Gesamt-
chenden Präferenzanteile nicht signifikant un-          bevölkerung Deutschland repräsentative
terscheiden und zufällig zustande gekommen              Stichprobe erzielen konnte. Jedoch spiegelt
sein könnten. Die Daten stützen Hypothese 2b            die Erhebung ein Stimmungsbild eines fach-
nicht.                                                  kundigen und kaufinteressierten Publikums
                                                        wider, eben mit hoher geäußerter Bereitschaft
   Diskussion                                           zum Erwerb eines Elektrofahrzeuges. Die Be-
   Zusammenfassend lässt sich zur Beant-                fragten verfügen über große Erfahrung im
wortung der Forschungsfrage auf der vorlie-             Umgang mit Elektrofahrzeugen. Es zeigt sich
genden empirischen Datenbasis feststellen,              eine große Heterogenität hinsichtlich der Be-
dass eine Kommunikation der Klimabilanz für             wertung der Merkmale.
die Batterieherstellung einen vergleichsweise               Auch ist es naheliegend, dass die Merkmale
hohen Einfluss auf die Kaufpräferenz für ein            und deren Ausprägungen aus den vorgegebe-
batterieelektrisches Fahrzeug hat. Der Ein-             nen Choice Sets nicht alle relevanten Aus-
fluss ist ähnlich hoch wie der Verkaufspreis            wahlkriterien potentieller Käufer*innen für

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Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos.
         Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland.

Elektrofahrzeuge abbilden können. Bei den                    Environmental Footprint, and Recycling (Re-
methodischen Überlegungen wurde abgewo-                      port Number C, 444). Stockholm: IVL Swedish
gen zwischen dem Anspruch auf Realitätsnähe                  Environmental Research Institute Ltd.
und Reduktion der Komplexität bzw. Sparsam-               Fiedler, H., Kaltenborn, T., Lanwehr, R., & Melles,
                                                             T. (2017). Conjoint-Analyse. In W. Matiaske, M.
keit der Merkmale und Ausprägungen. Aus der
                                                             Spieß et al. (Hrsg.), Sozialwissenschaftliche
Interpretation der relativen Merkmalswichtig-                Forschungsmethoden (S. 7-117). Augsburg:
keiten lassen sich keine Schlüsse auf die ab-                Rainer Hampp. DOI: 10.978.395710/1945
solute Relevanz eines Merkmals ziehen. Al-                Helmers, E., Dietz, J., & Weiss, M. (2020). Sensitiv-
leine durch Aufnahme weiterer bzw. Wegfal-                   ity Analysis in the Life-Cycle Assessment of
len vorhandener Merkmale können sich die                     Electric vs. Combustion Engine Cars under Ap-
Wichtigkeiten verschieben ebenso wie durch                   proximate Real-Word Conditions. Verfügbar
Änderungen in den Bandbreiten der Merk-                      unter: https://www.mdpi.com/2071-
malsausprägungen. Die Wichtigkeiten sind                     1050/12/3/1241/pdf
immer im Verhältnis zu den vorgegebenen                   Helms, H., Kämper, C., Biemann, K., Lambrecht,
                                                             U., Jöhrens, J., & Meyer, K. (2019). Klimabilanz
Merkmalen zu verstehen (Fiedler et al., 2017).
                                                             von Elektroautos: Einflussfaktoren und Ver-
   Die Ergebnisse dieser Studie lassen keinen                besserungspotential. Agora Verkehrswende.
sicheren Schluss auf eine reale Kaufentschei-                Verfügbar unter: https://www.agora-verkehrs-
dung zu, denn dazu sind die Auswahlentschei-                 wende.de/veroeffentlichungen/
dungen in solch einem Experiment – bei all der               klimabilanz-von-elektroautos/
Realitätsnähe einer Wahlentscheidung – im-                Helveston, J. P., Liu, Y., Feit, E. M., Fuchs, E.,
mer noch zu abstrakt und eingeschränkt. Ne-                  Klampfl, E., & Michalek, J. J. (2015). Will subsi-
ben den individuell relevanten Merkmalen und                 dies drive electric vehicle adoption? Measuring
Ausprägungen fehlen weitere Einflussfakto-                   consumer preferences in the US and China.
ren, z. B. Marken, Produkterfahrung (Probe-                  Transportation Research Part A: Policy and
                                                             Practice, 73, 96-112. DOI:
fahrt...), Verkaufsort etc. Diese Gründe können
                                                             10.1016/j.tra.2015.01.002
Unterschiede zwischen simulierten Präfe-                  Higueras-Castillo, E., Molinillo, S., Coca-Stefaniak,
renzanteilen und realen Kaufsituationen er-                  J. A., & Liébana-Cabanillas, F. (2020). Potential
klären (Fiedler et al., 2017).                               Early Adopters of Hybrid and Electric Vehicles
                                                             in Spain—Towards a Customer Profile.
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