Batterien für Elektroautos - Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland - Nr. 3
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DARMSTÄDTER INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE Nr. 3 Batterien für Elektroautos – Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland Silke Fett & Ingo Hamm
Hochschule Darmstadt University of Applied Sciences – Darmstädter Institut für Wirtschaftspsychologie (DIWiP) Batterien für Elektroautos – Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland Schlüsselbegriffe: Silke Fett & Ingo Hamm Elektromobilität, Klimabilanz als Einflussfaktor, Hochschule für angewandte Wissenschaften Darmstadt Kaufpräferenzen für Elektroautos Korrespondenz: Silke Fett: info@silkefett.de Zusammenfassung Diese Studie prüft den Einfluss der wahrgenomme- nen Klimabilanz von Batterien für Elektroautos auf Kaufpräferenzen für Elektroautos in Kaufpräferenzen. Es wird angenommen, dass Deutschland Elektrofahrzeuge mit verbesserten Klimabilanzen für Batterieherstellung und Batterierecycling prä- Elektromobilität gilt als Schlüsseltechnolo- feriert werden. Im Rahmen einer Conjoint Analyse gie, um die Treibhausgasemissionen im Ver- wurden Kaufpräferenzen in Deutschland unter- kehrssektor in Deutschland bis 2030 drastisch sucht. Die Befragten (N = 104) trafen Auswahlent- zu senken. Für die Zielerreichung muss sich scheidungen zu batterieelektrischen Fahrzeugen die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen zeitnah über einen Online-Fragebogen. Die Ergebnisse zei- vervielfachen. Zielsetzung dieser Untersu- gen, dass Aussagen zur Batterieherstellung einen chung ist es, Erkenntnisse über zusätzliche ähnlich hohen Einfluss wie der Verkaufspreis ha- Stellschrauben zu erhalten, die die Nachfrage ben und auch wichtiger als Reichweite sind. Eine nach Elektroautos in Deutschland zeitnah verbesserte Klimabilanz in der Batterieherstellung steigern könnten. Dazu werden Kaufpräferen- unter Verwendung von 100% Grünstrom könnte Kaufpräferenzen für Elektrofahrzeuge – über at- zen potentieller Käufer*innen für Elektroautos traktive Verkaufspreise und Reichweiten hinaus – in Deutschland untersucht. Präferenzen re- deutlich erhöhen. Batterierecycling ist im Vergleich präsentieren eine vergleichende Beurteilung zu den anderen Merkmalen unbedeutend. über den relativen Nutzen der zur Verfügung stehenden Optionen oder Konsequenzen. Nut- Keywords: zen drückt aus, wie positiv oder negativ eine Electromobility, carbon footprint as an influencing Option oder Konsequenz bewertet wird. Nut- factor, purchasing preferences for electric cars zen und Präferenz können durch Wahlen be- obachtbar werden (Pfister, Jungermann & Fi- Abstract scher, 2017). Kaufpräferenzen für Elektrofahr- This study examines the influence of the perceived carbon footprint of batteries for electric cars on zeuge zeigen sich folglich durch den Vergleich purchase preferences. It is assumed that buyers unterschiedlicher Fahrzeuge, wobei diejenige prefer electric vehicles with improved carbon foot- Option gewählt wird, die den vergleichsweise prints in battery production and battery recycling. subjektiv höchsten Nutzen stiftet. Purchase preferences in Germany were evaluated Als relevante Einflussfaktoren auf die Kau- in a conjoint analysis. Respondents (N = 104) made fentscheidung sind bislang hauptsächlich decisions on battery electric vehicles via an online Preis und Reichweite identifiziert (Bauer, 2015; questionnaire. The results show that statements on Degirmenci & Breitner, 2017; Helveston et al. battery production have a similar high influence as 2015; Higueras-Castillo, Molinillo, Coca-Ste- sales price and are more important compared to faniak & Liébana-Cabanillas, 2020; Peters & range. An improved carbon footprint in battery manufacturing using 100% green power could sig- Dütschke, 2014; Rezvani, Jansson & Bodin, nificantly increase purchase preferences for elec- 2015; Schuitema, Anable, Skippon & Kinnear, tric vehicles beyond attractive selling prices and 2013; Wolbertus, Kroesen, Van den Hoed & ranges. Battery recycling is insignificant compared Chorus, 2018; Ziegler, 2012). Die Ladesäu- to the other characteristics. leninfrastruktur hat ebenfalls einen Einfluss (Higueras-Castillo et al., 2020; Wolbertus et al., 2018). Zusätzlich sind Personenfaktoren Zitieren: Fett, S., & Hamm, I. (2021). Batterien für Elektroautos. Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland. Schriftenreihe des Darmstädter Instituts für Wirt- schaftspsychologie (DIWiP) Nr. 3. Darmstadt: Hochschule Darmstadt – University of Applied Science, eingereicht am 08.03.2021
Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos. Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland. und sozio-ökonomische Einflüsse belegt (Hi- scheinbesitz, Planung des Erwerbs eines Neu- gueras-Castillo et al., 2020; Ziegler, 2012). Da- wagens in den kommenden 24 Monaten, Inten- neben spielen Faktoren im Kontext Umwelt- tion zum Kauf eines Elektroautos. schutz eine nicht unerhebliche Rolle. Zahlrei- Die Gewinnung der Teilnehmenden erfolgte che Studien belegen einen positiven Zusam- im persönlichen Umfeld, über einen Post in ei- menhang zwischen umweltfreundlicher Ein- ner Social Media Gruppe sowie über Multipli- stellung und Akzeptanz bzw. Kaufintention für katoren aus dem Bereich der Elektromobilität, Elektroautos (Bauer, 2015; Degirmenci & z. B. Redakteure von Online Magazinen und Breitner, 2017; Higueras-Castillo et al., 2020; Blogs über Elektrofahrzeuge. Alle Probanden Peters & Dütschke, 2014; Rezvani et al., 2015; und Multiplikatoren erhielten als Anreiz die Schuitema et al., 2013; Ziegler, 2012). Peters Zusage für die Pflanzung von Bäumen. und Dütschke (2014) zeigen auf, dass Perso- Als Ergebnis ergab sich eine Stichprobe mit nen, die ein Elektroauto besitzen, sowie poten- folgenden Strukturmerkmalen: 83% männli- tielle Käufer*innen die Optimierung der Um- che und 17% weibliche Probanden; das Alter weltvorteile von Elektroautos sowie finanzielle wurde in fünf Altersgruppen erhoben, und der Kaufanreize als wichtige Maßnahmen bewer- Median lag in der Altersklasse der 41 bis 50 ten, um die Fahrzeuge in Deutschland zu ver- Jährigen, der Modus in der Altersklasse der 51 markten. bis 60 Jährigen. Für diese Untersuchung leitet sich folgende Ansatz: Die Kaufpräferenzen wurden über Forschungsfrage ab: Welchen Einfluss hat die Auswahlentscheidungen im Rahmen einer Bewertung der Klimabilanz für die Batterie- Choice Based Conjoint Analyse erhoben und herstellung sowie das Batterierecycling von analysiert. Dabei wurde aus den getroffenen Elektrofahrzeugen auf die Kaufpräferenz po- Wahlentscheidungen (AV) auf den Nutzen ein- tentieller Neuwagenkäufer*innen für Elektro- zelner Merkmalsausprägungen (UVs) ge- autos in Deutschland? Es wird vermutet, dass schlossen. Zur Testung der Hypothesen wur- Elektrofahrzeuge mit verbesserten Klimabi- den mittels Nutzenschätzungen Merkmals- lanzen im Vergleich zu umweltschädlicheren wichtigkeiten und Präferenzanteile für simu- Produktalternativen präferiert werden. Fol- lierte Elektroautos berechnet (vgl. Backhaus, gende Hypothesen werden überprüft: Erichson, Plinke & Weiber, 2015; Fiedler, Kalt- • H1: Die Bewertung der Klimabilanz für enborn, Lanwehr & Melles, 2017). a) die Batterieherstellung bzw. b) für das Bat- Messinstrument: Die Erhebung erfolgte terierecycling könnte im Vergleich zu anderen über einen Online Fragebogen in der webba- Fahrzeugmerkmalen einen größeren Einfluss sierten Software Sawtooth Discover (2020). auf die Kaufpräferenz potentieller Neuwagen- Der Fragebogen umfasste soziodemographi- käufer*innen in Deutschland haben. sche Items zu Alter und Geschlecht, Filterfra- • H2: Eine verbesserte Klimabilanz a) in gen zur Bestimmung der Zielgruppe sowie die der Batterieherstellung bzw. b) für das Batte- Abfrage zu Erfahrung mit Elektroautos. Im An- rierecycling könnte die Kaufpräferenz potenti- schluss erfolgte die Erhebung der Kaufpräfe- eller Neuwagenkäufer*innen in Deutschland renzen. Für die Auswahlentscheidungen wur- erhöhen. den Choice Sets definiert, die reale Kaufsitua- tionen simulierten. Den Probanden wurden in jeder Auswahlaufgabe drei Fahrzeugalternati- Methode ven dargeboten. Das Item lautete für alle Aus- Stichprobe: Die Stichprobe im Umfang von wahlentscheidungen gleichbleibend: „Wenn N = 104 umfasste potentielle Käufer*innen für Sie lediglich diese Alternativen an batterie- Elektrofahrzeuge in Deutschland, wobei die elektrischen Fahrzeugen zur Auswahl hätten, Kaufbereitschaft selektiert wurde über fol- welches Fahrzeug würden Sie am ehesten gende Merkmale: 18 Jahre oder älter, Führer- 2
Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos. Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland. auswählen?“ Zusätzlich gab es eine None Op- definiert, der durch die Herstellung der Batte- tion, sofern die Probanden keine der drei Al- rien für Elektrofahrzeuge entsteht. Für die ternativen wählen wollten. Festlegung der Merkmalsausprägungen wur- Für die Choice Sets wurden vier relevante den zunächst Haupttreiber der CO2 Emissio- Merkmale ausgewählt und definiert (siehe Ab- nen identifiziert, und zwar die Batteriekapazi- bildung 1). Im Anschluss wurden je drei Merk- tät sowie die verwendete Stromquelle in der malsausprägungen festgelegt. Insgesamt Batteriezellfertigung (Helms et al., 2019). Die ergaben sich 81 unterschiedliche Fahrzeugal- Emissionswerte berechneten sich aus dem ternativen. Die Merkmalsausprägungen wur- Produkt der Batteriekapazität in kWh und den von drei realen batterieelektrischen Fahr- Schätzwerten in t CO2-Äquivalent/kWh für die zeugen abgeleitet, um eine realitätsnahe Kau- jeweilig verwendete Stromquelle in der Batte- fentscheidung zu simulieren. Dazu wurden rieproduktion (Emilsson & Dahllöf, 2019; Hel- Modelle herangezogen, die laut Statistik des mers, Dietz & Weiss, 2020; Helms et al., 2019; Kraftfahrtbundesamtes 50% der Zulassungen Hoekstra & Steinbuch, 2020). So ergab sich z. in 2020 ausmachten (KBA, 2020). Zur Untersu- B. ein Emissionswert von 2.0 t CO2-Äquivalent chung der relevanten Einflussfaktoren wurden aus der Kombination einer 50 kWh Batterie die Merkmale Batteriebilanz und Recycling und Verwendung von 100% Grünstrom in der festgelegt. Die Batteriebilanz wurde in t CO2- Fertigung. Äquivalent angegeben und als Emissionswert Batteriebilanz 8.7 t CO2- 2.0 t CO2- 4.0 t CO2- Äquivalent Äquivalent Äquivalent Recycling Käuferabgabe gesetzliche Regelung Herstellerabgabe Reichweite 316 km 426 km 409 km Verkaufspreis 35600 € 29200 € 42900 € abzgl. 9000 € 1. Wahl 1. Wahl 1. Wahl Ich würde nicht kaufen. 1. Wahl Abbildung 1. Beispiel eines Choice Sets (eigene Darstellung in Anlehnung an die Darstellungsart bei Sawtooth, 2020) Recycling wurde als Konzept beschrieben, erzielen könnten. Die Umsetzung würde über um Rohstoffe aus den Batterien wiederzuver- eine Abgabe realisiert, die entweder bei Käu- werten. Durch hohe Recyclingquoten ergibt fer*in oder beim Hersteller erfolgen müsste sich die Möglichkeit zur Senkung von Emissio- (SRU 2020). nen, die durch die Gewinnung der Rohstoffe Um den Einfluss der untersuchten Merk- entstehen. Zu den Ausprägungen zählten die male zu prüfen, wurden zum Vergleich zwei gültige gesetzliche Regelung mit einer Recyc- weitere Faktoren herangezogen, die einen sig- lingquote von 50% sowie zwei mögliche Pro- nifikanten Einfluss auf Kaufentscheidungen duktkonzepte, die eine Recyclingquote >90% haben: Verkaufspreis und Reichweite. Der 3
Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos. Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland. Verkaufspreis war in Euro ausgewiesen und ein Elektroauto auszuwählen. 37.5% der Teil- beinhaltete die gesetzliche Mehrwertsteuer nehmenden bewerteten die Wahl eines Elekt- vor Abzug des gültigen Umweltbonus in Höhe roautos als „ziemlich wahrscheinlich“. 10% von 9000 €. Die Reichweite wurde in km ange- der Befragten zeigen eine geringere Bereit- geben und erfolgte gemäß WLTP Standard, schaft; sie wählten die Antwortoption „viel- der neben Labormessungen auch reale Ver- leicht“. Fast alle Probanden haben Erfahrung brauchsangaben berücksichtigt. im Umgang mit Elektroautos. So sind 94 Pro- Datenauswertung: Die Teilnutzenwerte der banden bereits ein Elektroauto selbst oder als Merkmalsausprägungen wurden mittels Ma- Beifahrer gefahren, und ca. ein Drittel besitzt ximum Likelihood Prinzip auf individueller bereits ein Elektrofahrzeug. Ebene geschätzt. In die Nutzenschätzungen Einflussfaktoren: Die geschätzten Nutzen- flossen zusätzlich Informationen aller erhobe- werte sind relative Kennwerte und verstehen nen Präferenzdaten ein. Dadurch wurden he- sich im Verhältnis zu den erhobenen Merkma- terogene Präferenzen berücksichtigt und die len bzw. Merkmalsausprägungen. Der Ein- Prognosegenauigkeit erhöht (Sawtooth, 2018). fluss der Merkmale auf die Wahlentscheidung Aus den Teilnutzenwerten ließen sich relative ergibt sich aus der Schätzung der relativen Merkmalswichtigkeiten ableiten. Prognosen Merkmalswichtigkeiten (siehe Abbildung 2). zu Auswahlwahrscheinlichkeiten für simu- Diese liegen zwischen 12.09% und 32.63%. Die lierte Produktalternativen wurden auf Basis Merkmale Verkaufspreis (32.63%, SD 14.46%) eines Randomized First Choice Modells ermit- und Batteriebilanz (32.01%, SD 14.71%) sind telt. Dieses Modell berücksichtigte bei der Be- gleichermaßen wichtig im Verhältnis zu den rechnung von Präferenzanteilen Ähnlichkeiten anderen Merkmalen. Recycling ist das ver- zwischen Produktoptionen und basierte auf gleichsweise unwichtigste Merkmal mit der Annahme, dass Probanden nicht rein rati- 12.09% (SD 9.73%). Die Reichweite ist ver- onal entscheiden (Fiedler et al., 2017). gleichsweise ebenfalls wichtig mit 23.26% (SD 13.04%). Die Streuung ist für alle vier Merk- Ergebnisse male extrem hoch. Dies spricht für eine große Ca. 90% der Teilnehmenden zeigen eine Heterogenität der Präferenzen in der Stich- sehr hohe bzw. hohe Intention zum Kauf eines probe. Elektrofahrzeugs. So gaben 51.9% der Befrag- ten an, „ganz sicher“ als nächsten Neuwagen Relative Merkmalswichtigkeiten N=104 Batteriebilanz Recycling Reichweite Preis 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% Abbildung 2. Schätzung der relativen Merkmalswichtigkeiten auf Basis 95% KI (eigene Darstel- lung in Anlehnung an die Darstellungsart bei Sawtooth, 2020) Es zeigt sich, dass die Bewertung der Bat- nicht gegenüber dem Verkaufspreis. Die rela- teriebilanz eine höhere Wichtigkeit hat im Ver- tive Wichtigkeit der Merkmale Batteriebilanz gleich zur Reichweite und Recycling, jedoch und Verkaufspreis ist ähnlich hoch. Hypothese 4
Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos. Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland. 1a kann teilweise gestützt werden. Recycling Teilnutzenwerten der Merkmale Reichweite ist das unwichtigste Merkmal im Vergleich zu (426 km) und Verkaufspreis (29200 €). Die Aus- Verkaufspreis, Batteriebilanz und Reichweite. prägungen der Produkte (3) bis (6) variieren im Die Daten stützen Hypothese 1b nicht. Vergleich zu Produkt (2) hinsichtlich der Merk- Kaufpräferenzen: Kaufpräferenzen potenti- male Batteriebilanz und Recycling. Es werden eller Käufer*innen ergeben sich aus den Prä- jeweils die mittleren (4.0 t CO2-Äquivalent / ge- ferenzanteilen für simulierte batterieelektri- setzliche Regelung) bzw. höchsten Teilnutzen- sche Fahrzeuge (BEV) mit Fokus auf Batterie- werte (2.0 t CO2-Äquivalent / Herstellerab- bilanz und Recycling (siehe Abbildung 3). Für gabe) der Merkmalsausprägungen verwendet. die Definition der Produktalternativen wurden Zur Beurteilung der Hypothesen 2a und 2b unterschiedliche Ausprägungen je Merkmal werden die Produkte (3) bis (6) mit Produkt (2) zugrunde gelegt. Produkt (1) beinhaltet die vier verglichen. Durch diesen Vergleich zeigt sich, Merkmalsausprägungen, die am wenigsten welchen zusätzlichen Einfluss die Batteriebi- präferiert werden: Batteriebilanz über 8.7 t lanz bzw. das Recycling über verhältnismäßig CO2-Äquivalent, Recycling mittels Käuferab- attraktive Verkaufspreise und Reichweiten gabe, Reichweite von 316 km und Verkaufs- hinaus auf die Präferenzen potentieller Käu- preis in Höhe 42900 € vor Abzug des Umwelt- fer*innen haben. bonus. Produkt (2) beinhaltet dagegen die Aus- prägungen mit den vergleichsweise höchsten Präferenzanteile für simulierte batterieelektrische Fahrzeuge N=104 (7) Keine Wahl Option (6) 2.0t CO2-Äquivalent;Herstellerabgabe;426km;29200€ (5) 2.0t CO2-Äquivalent;gesetzl. Regelung;426km;29200€ (4) 4.0t CO2-Äquivalent;Herstellerabgabe;426km;29200€ (3) 4.0t CO2-Äquivalent;gesetzl. Regelung;426km;29200€ (2) 8.7t CO2-Äquivalent;Käuferabgabe;426km;29200€ (1) 8.7t CO2-Äquivalent;Käuferabgabe;316km;42900€ 0% 10% 20% 30% 40% Abbildung 3. Präferenzanteile für simulierte batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) mit Fokus auf Batteriebilanz und Recycling auf Basis 95% KI. Die Produktoptionen (1 bis 6) sind durch je vier Merkmale mit variierenden Ausprägungen definiert (eigene Darstellung in Anlehnung an die Darstellungsart bei Sawtooth, 2020). Die Präferenzanteile sind für das Produkt größten Präferenzanteile entfallen mit 35.79% (1) mit 1.24% und Produkt (2) mit 3.08% mini- auf Produkt (6) und mit 31.60% auf Produkt (5); mal und marginal geringer als der Präfe- beide Produkte zeichnen sich aus durch eine renzanteil für die „Keine Wahl“ Option mit Batteriebilanz von 2.0 t CO2-Äquivalent. Gerin- 4.03%. Das könnte andeuten, dass diese Fahr- gere Präferenzen zeigen sich mit fast identi- zeuge nicht für einen Kauf in Frage kämen. Die schen Präferenzanteilen für die Produkte (3) 5
Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos. Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland. mit 12.06% und (4) mit 12.19% Beiden Produk- und höher im Vergleich zur Reichweite und ei- ten liegt eine Batteriebilanz von 4.0 t CO2-Äqui- ner Information zu Batterierecycling. valent zugrunde. Die Unterschiede der Präfe- Die ähnliche Gewichtung der beiden Merk- renzanteile bei Vergleich des Produktes (3) mit male Verkaufspreis sowie Klimabilanz in der Produkt (4) sind sehr gering und bei Betrach- Batterieherstellung legt den Schluss nahe, tung von Produkt (5) mit Produkt (6) gering. dass die Befragten eine hohe Kaufpräferenz Diese ergeben sich jeweils durch die Ausprä- für den Erwerb eines BEV Fahrzeuges mit ver- gungen der Recyclingkonzepte gesetzliche gleichsweise verbesserter Klimabilanz in der Regelung und Herstellerabgabe, wobei letz- Batterieherstellung haben, sofern der Ver- tere die vergleichsweise höheren Präfe- kaufspreis attraktiv erscheint. renzanteile bestimmt. Auch wenn Hersteller bislang keine CO2 Bi- Es zeigen sich deutlich höhere Präfe- lanz für die Batterieherstellung ausweisen renzanteile für Elektrofahrzeuge mit einer müssen, scheint es auf Basis der Ergebnisse vergleichsweise verbesserten Klimabilanz in vielversprechend, ergänzend zu Kaufprämie, der Batterieherstellung (Produkte (3) bis (6)) Verkaufspreis und Reichweite entsprechende gegenüber dem BEV Fahrzeug mit der ver- Aussagen zur Batterieherstellung in die werb- gleichsweise schlechtesten Batteriebilanz liche Kommunikation einzubinden. Als Diffe- (Produkt (2)). Die Daten stützen Hypothese 2a. renzierungsmerkmal könnte eine verbesserte Allerdings zeigt sich bei den Präferenzan- Klimabilanz in der Batterieherstellung unter teilen keine grundsätzlich höhere Kaufpräfe- Verwendung von 100% Grünstrom betont wer- renz für Fahrzeuge mit vergleichsweise ver- den. Dies könnte ein Hebel sein, um die Akzep- besserter Klimabilanz für das Batterierecyc- tanz und Nachfrage nach Elektroautos in der ling. Die Präferenzanteile der Produkte (3) und Gesamtbevölkerung in Deutschland zusätzlich (5) mit einer Recyclingquote von 50% sind hö- zu steigern. her im Vergleich zu Produkt (2) mit Recycling- Die Klimabilanz für das Batterierecycling quote von 90% unter Anwendung einer Käufer- scheint im Vergleich zu Verkaufspreis, abgabe. Im Vergleich zwischen Produkten mit Klimabilanz für die Batterieherstellung und einer Recyclingquote von 90% unter Anwen- Reichweite bei der Bewertung keine entschei- dung einer Herstellerabgabe zu Fahrzeugen dende Rolle zu spielen. Die Schätzung für das mit gesetzlicher Recyclingquote zeigen sich Batterierecycling basiert auf einer statisti- minimal höhere Präferenzanteile. Im Ver- schen Unsicherheit. Es wird vermutet, dass gleich der Präferenzanteile von Produkt (4) mit die Recyclingausprägungen keinen signifikan- Produkt (3) sowie von Produkt (6) mit Produkt ten Effekt auf die Kaufpräferenzen haben. (5) überlappen sich die Konfidenzintervalle. Einschränkend soll festgehalten werden, Das deutet darauf hin, dass sich die entspre- dass die Untersuchung keine für die Gesamt- chenden Präferenzanteile nicht signifikant un- bevölkerung Deutschland repräsentative terscheiden und zufällig zustande gekommen Stichprobe erzielen konnte. Jedoch spiegelt sein könnten. Die Daten stützen Hypothese 2b die Erhebung ein Stimmungsbild eines fach- nicht. kundigen und kaufinteressierten Publikums wider, eben mit hoher geäußerter Bereitschaft Diskussion zum Erwerb eines Elektrofahrzeuges. Die Be- Zusammenfassend lässt sich zur Beant- fragten verfügen über große Erfahrung im wortung der Forschungsfrage auf der vorlie- Umgang mit Elektrofahrzeugen. Es zeigt sich genden empirischen Datenbasis feststellen, eine große Heterogenität hinsichtlich der Be- dass eine Kommunikation der Klimabilanz für wertung der Merkmale. die Batterieherstellung einen vergleichsweise Auch ist es naheliegend, dass die Merkmale hohen Einfluss auf die Kaufpräferenz für ein und deren Ausprägungen aus den vorgegebe- batterieelektrisches Fahrzeug hat. Der Ein- nen Choice Sets nicht alle relevanten Aus- fluss ist ähnlich hoch wie der Verkaufspreis wahlkriterien potentieller Käufer*innen für 6
Fett & Hamm: Batterien für Elektroautos. Klimabilanz als Einflussfaktor auf die Kaufpräferenz für Elektroautos in Deutschland. Elektrofahrzeuge abbilden können. Bei den Environmental Footprint, and Recycling (Re- methodischen Überlegungen wurde abgewo- port Number C, 444). Stockholm: IVL Swedish gen zwischen dem Anspruch auf Realitätsnähe Environmental Research Institute Ltd. und Reduktion der Komplexität bzw. Sparsam- Fiedler, H., Kaltenborn, T., Lanwehr, R., & Melles, T. (2017). Conjoint-Analyse. In W. Matiaske, M. keit der Merkmale und Ausprägungen. Aus der Spieß et al. (Hrsg.), Sozialwissenschaftliche Interpretation der relativen Merkmalswichtig- Forschungsmethoden (S. 7-117). Augsburg: keiten lassen sich keine Schlüsse auf die ab- Rainer Hampp. DOI: 10.978.395710/1945 solute Relevanz eines Merkmals ziehen. Al- Helmers, E., Dietz, J., & Weiss, M. (2020). Sensitiv- leine durch Aufnahme weiterer bzw. Wegfal- ity Analysis in the Life-Cycle Assessment of len vorhandener Merkmale können sich die Electric vs. Combustion Engine Cars under Ap- Wichtigkeiten verschieben ebenso wie durch proximate Real-Word Conditions. Verfügbar Änderungen in den Bandbreiten der Merk- unter: https://www.mdpi.com/2071- malsausprägungen. Die Wichtigkeiten sind 1050/12/3/1241/pdf immer im Verhältnis zu den vorgegebenen Helms, H., Kämper, C., Biemann, K., Lambrecht, U., Jöhrens, J., & Meyer, K. (2019). Klimabilanz Merkmalen zu verstehen (Fiedler et al., 2017). von Elektroautos: Einflussfaktoren und Ver- Die Ergebnisse dieser Studie lassen keinen besserungspotential. Agora Verkehrswende. sicheren Schluss auf eine reale Kaufentschei- Verfügbar unter: https://www.agora-verkehrs- dung zu, denn dazu sind die Auswahlentschei- wende.de/veroeffentlichungen/ dungen in solch einem Experiment – bei all der klimabilanz-von-elektroautos/ Realitätsnähe einer Wahlentscheidung – im- Helveston, J. P., Liu, Y., Feit, E. M., Fuchs, E., mer noch zu abstrakt und eingeschränkt. Ne- Klampfl, E., & Michalek, J. J. (2015). Will subsi- ben den individuell relevanten Merkmalen und dies drive electric vehicle adoption? Measuring Ausprägungen fehlen weitere Einflussfakto- consumer preferences in the US and China. ren, z. B. Marken, Produkterfahrung (Probe- Transportation Research Part A: Policy and Practice, 73, 96-112. DOI: fahrt...), Verkaufsort etc. Diese Gründe können 10.1016/j.tra.2015.01.002 Unterschiede zwischen simulierten Präfe- Higueras-Castillo, E., Molinillo, S., Coca-Stefaniak, renzanteilen und realen Kaufsituationen er- J. A., & Liébana-Cabanillas, F. (2020). Potential klären (Fiedler et al., 2017). Early Adopters of Hybrid and Electric Vehicles in Spain—Towards a Customer Profile. Literatur DOI: 10.3390/su12114345 Backhaus, K., Erichson, B., Plinke, W., & Weiber, Hoekstra, A., & Steinbuch, M. (2020). Comparing R. (2015). Fortgeschrittene Multivariate Analy- the lifetime green house gas emissions of elec- semethoden. Eine anwendungsorientierte Ein- tric cars with the emissions of cars using gaso- führung (3. Auflage). Berlin: Springer Gabler. line or diesel. TU/e Eindhoven University of DOI:10.1007/978-3-662-46087-0 Technology. Verfügbar unter: https://www.oli- Bauer, R. (2015). Präferenzmessung für Automo- ver-krischer.eu/ bile mit alternativen Antriebssystemen-Eine wp-content/uploads/2020/08/English_Stu- Anwendung adaptiver hybrider Verfahren der die.pdf Choice-based-Conjoint-Analyse [Unveröffent- Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) (2020). Fahrzeugzu- lichte Dissertation]. Technische Universität lassungen (FZ). Neuzulassungen von Kraft- München. fahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern – Mo- Degirmenci, K., & Breitner, M. H. (2017). Con- natsergebnisse August 2020. Verfügbar unter: sumer purchase intentions for electric vehi- https://www.kba.de/SharedDocs/Publikatio- cles: Is green more important than price and nen/DE/Statistik/Fahrzeuge/FZ/2020_monat- range? Transportation Research Part D: lich/FZ8/fz8_202008_pdf.pdf?__blob=publica- Transport and Environment, 51, 250-260. tionFile&v=4 DOI: 10.1016/j.trd.2017.01.001 Peters, A., & Dütschke, E. (2014). How do consum- Emilsson, E., & Dahllöf, L. (2019). Lithium-Ion Ve- ers perceive electric vehicles? A comparison of hicle Battery Production Status 2019 on Energy German consumer groups. Journal of Environ- Use, CO 2 Emissions, Use of Metals, Products mental Policy & Planning, 16(3), 359-377. DOI: 10.1080/1523908X.2013.879037 7
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