Übernahme einer Apotheke aus der Insolvenz
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Übernahme einer Apotheke aus der Insolvenz von Thomas Uppenbrink, Hagen www.uppenbrink.de Insolvenz einer Apotheke undenkbar! aus der Insolvenz ein Standort gesichert bzw. “erobert” werden kann. Für den Insolvenzverwal- Gegenüber der herrschenden Meinung, daß der ter ist genau dies ein sehr interessanter Aspekt, da Betrieb einer Apotheke eine “Bank” ist, werden er sehr rasch eine Entscheidung treffen kann, die auch diese “Unternehmen” im Rahmen der Apotheke möglichst gewinnbringend im Rahmen schwierigen Situation im Gesundheitswesen in- seiner Möglichkeiten an einen neuen Investor solvent. oder Betreiber zu verkaufen. Der Kauf einer Apotheke aus der Insolvenz Die Veräußerung einer Apotheke aus der Insol- weißt gegenüber normalen Unternehmenskäu- venz erfolgt eigentlich nur im Wege einer fen eine Vielzahl von Besonderheiten auf, die “übertragenen Sanierung”. Die übertragene Sanie- sich zum einen aus Sonderregelungen herleiten, rung ist auch das wichtigste Sanierungsinstru- die speziell für den Unternehmenskauf aus der ment, was im Rahmen der geltenden Insolvenz- Insolvenz bestehen und zum anderen aus den ordnung eingesetzt wird, um Unternehmen bzw. tatsächlichen Besonderheiten, die sich im Rah- Unternehmensteile im “Vorbehaltsverkauf” bzw. men des Betriebes einer Apotheke ergeben. Da nach Eröffnung des Verfahrens zu veräußern. sind vor allem die gesetzlichen Vor- und Grundlagen, die es zu berücksichtigen gilt und Eine übertragene Sanierung bedeutet, daß die natürlich auch die Interessenlage der Beteilig- Übertragung eines bestehenden, aber in der Insol- ten in der Insolvenz, in der sich das zu verkau- venz befindlichen Betriebes von einem insolven- fende Unternehmen befindet. ten Träger auf einen anderen, bereits bestehenden oder neu zu gründenden Rechtsträger übergeht. Gerade bei einer Apotheke bestehen bei der Übernahme aus der Insolvenz auf der einen Dieser Weg wird auch Asset-Deal genannt. D. h. Seite spezielle Probleme, auf der anderen Seite einzelne Vermögenswerte des Unternehmens wer- bieten sich aber auch besondere Gestaltungs- den als Funktionseinheit im Gesamten an einen möglichkeiten, die bei einer Neugründung au- neuen Betreiber oder Erwerber abgegeben. Der ßerhalb des Insolvenzverfahrens so nicht mög- daraus gezahlte Kaufpreis wird dann von dem lich wären. Zu bedenken ist hierbei auch, daß Insolvenzverwalter für die Befriedigung der Mas- sich die gesamte “Apothekensituation” derzeit seschulden sowie für die quotale Befriedigung der ändert, da sowohl das Filialsystem sich am Gläubiger genutzt. Markt durchsetzt und hier der Gesetzgeber libe- raler entscheidet, als auch die Mischung aus Damit wird erreicht, daß die Apotheke als leben- Versandapotheke und “Ladenlokal” immer der Betrieb (Asset-Deal mit Übernahme der mehr an Kundschaft gewinnt. Kundschaft) einem unbelasteten Träger überlas- sen wird und somit von der in die Insolvenz Die bereits bestehenden Apothekenketten bzw. geratenen Einheit (in der Regel Apotheken GmbH Kooperationen werden sehr schnell erkennen, bzw. Apotheker/ Apothekerin) abgekoppelt wird. daß im Wege einer Übernahme einer Apotheke 1
Sinnvollerweise hat der Käufer, der die Apo- rung - und damit für den Erhalt der Ar- theke im Rahmen eines Asset-Deals aus der beitsplätze - geben soll. Die heutigen Insolvenz- Insolvenz heraus mit einem neuen Rechtsträger verwalter stehen unter dem Druck, Arbeitsplätze führen will, sich entsprechend vorzubereiten. zu erhalten bzw. zumindest teilweise Ar- Die Gesellschaft bzw. der Gewerbetrieb ist be- beitsplätze bei den dann fortzuführenden Unter- reits gegründet. nehmen zu garantieren. Die Öffentlichkeit schaut mittlerweile sehr genau auf die Sanierung einer Apotheke kann auch im “Tätigkeiten” des Insolvenzverwalters hinsicht- Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens er- lich Erhalt von Unternehmen und Sicherung von folgen Arbeitsplätzen. Ein Unternehmenskauf kann auch im Rahmen Während bei einer normalen Übernahme einer eines Insolvenzplans erfolgen. Jedoch ist die Apotheke z. B. durch eine Kette oder durch Strategie, eine übertragene Sanierung im Wege einen neuen Apotheker der Kontakt zwischen eines Insolvenzplans durchzuführen nicht ganz dem Käufer und dem Verkäufer direkt geschieht, einfach. Verschiedene Beteiligungsgruppen muß hier der Käufer sehr schnell den direkten können das Vorhaben stören und zu einer zu- Kontakt zum Insolvenzverwalter wählen. Bei sätzliche Belastung des Gerichts werden. einer normalen Übernahme würde die Öffent- Schwierige betriebswirtschaftliche Prüfungen lichkeit kaum darüber unterrichtet, daß ein Ver- können so zu erheblichen Verzögerungen füh- tragsabschluß stattfindet. Erst mit Neueröffnung ren. Daneben werden die Verzögerungen, die in bzw. Fortführung würde über Werbe- und Mar- der Regel auch zu Neumasseschulden führen, ketingmaßnahmen die Öffentlichkeit und die für das Verfahren sehr teuer und am Ende geht Kundschaft sowie die in der Regel kooperieren- dies zu Lasten der quotalen Befriedigung der den Ärzte informiert. Gläubiger. Leider ist das Insolvenzplanverfah- ren mit seinen Möglichkeiten noch nicht so Da sich die Apotheke aber in der Insolvenz umgesetzt, wie es der Gesetzgeber gewünscht befindet, ist die Lage wesentlich schwieriger, da hat. Wegen der mangelnden Akzeptanz des In- die Insolvenz auch für die normale Kundschaft solvenzplanverfahrens ist ein näheres Eingehen eine Situation ist, mit der sie (mangels Kenntnis) im Rahmen der Überlegung, eine Apotheke aus nicht umgehen kann. der Insolvenz zu übernehmen, hier nicht weiter nötig. Sicherlich wird sich das in den nächsten Um in der ersten Phase der vorläufigen Insol- Jahren ändern. Zum jetzigen Zeitpunkt wird venz schon einen interessierten und auch kapital- aber selbst bei größeren Verfahren mangels kräftigen Interessenten zu finden, muß gerade im Sachkenntnis bzw. mangels Interesse von Sei- Bereich der Apotheken der Insolvenzverwalter ten der Gläubiger weder vom Insolvenzverwal- eine möglichst breite Ansprache des Marktes ter noch von den Gläubigern das Insolvenzplan- durchführen. Um im Rahmen seiner Möglichkei- verfahren durchgeführt bzw. gefordert. ten - der Verkauf des Unternehmens kann nur im eröffneten Verfahren erfolgen - erfolgreich zu sein, wird der vorläufige Insolvenzverwalter Wie Kontakt aufnehmen zum Insolvenzver- schnellstmöglich versuchen, Kontakte zu poten- walter? tiellen Erwerbern/ Übernehmern herzustellen. Der zunächst vorläufig eingesetzte Insolvenz- Natürlich sind die Verfahrenseröffnungen bzw. verwalter, der meist später auch von der Gläubi- die Veröffentlichungen des Insolvenzantrags ein gerversammlung als endgültiger Verwalter be- normaler Weg, auf dem potentielle Käufer von stätigt wird, hat das Problem, daß er innerhalb der möglichen Kaufangelegenheit erfahren kön- einer sehr kurzen Zeitfrist einen adäquaten nen. Sämtliche Verfügungsbeschränkungen nach Käufer finden muß, der einen marktgerechten einem Insolvenzantrag werden regelmäßig im Preis für die Apotheke zahlen kann und auch Staatsanzeiger des Bundeslandes, in dem das noch entsprechende Garantien für die Fortfüh- Verfahren stattfindet bzw. im Bundesanzeiger 2
und auch häufig in überregional erscheinenden solvenzverwalter wird sich im Rahmen des Vor- Zeitungen sowie in den Zeitungen der IHK`s behaltsverkaufs nach Prüfung aller Käufer für den bzw. HWK`s abgedruckt. Hier hat der Insol- Interessenten entscheiden, der ihm einen guten venzverwalter die Chance, Kontakt zu mögli- Kaufpreis und ein realitätsnahes Konzept anbie- chen Erwerbern zu erhalten. Bei einem speziel- tet. Waren in den vergangenen Jahren nur und len Unternehmen, wie es eine Apotheke dar- ausschließlich der Kaufpreis ein Entscheidungs- stellt, wird der Insolvenzverwalter wahrschein- kriterium, geht es heute auch darum, Ar- lich noch dafür sorgen, daß die Veröffentli- beitsplätze und Standorte zu erhalten. Hier setzt chungen bzw. Informationen auch in Fachzeit- auch auf Druck der Öffentlichkeit eine weitere schriften der Branche (möglicherweise unter Verantwortung für den Verwalter ein. Möglicher- Chiffre) geschaltet werden. weise wird sich auch die Pharmaindustrie um die Apotheke bewerben, da aus ihren “Reihen” schon Auch wird durch die schnelle Kontaktaufnahme potentielle Apotheker und Apotherinnen hervor- des Verwalters zu dem jeweiligen Pharmagroß- gehen, die einen weiteren Standort bewirtschaften händler die Möglichkeit geschaffen, daß der wollen. Da gerade hier die Gesetze und auch die Großhandel selber bzw. seine Referenten europäischen Richtlinien das “Apotheken- schauen können, ob sie einen entsprechenden standesrecht” aufzuweichen drohen, werden diese Bewerber oder eine Bewerberin kennen, die Anfragen wohl im Rahmen einer Apothekeninsol- Interesse an der Übernahme des Apotheken- venz immer öfter berücksichtigt werden. standorts haben. Selektion der Kaufanfragen durch den Ver- Der Insolvenzverwalter als Verkäufer einer walter Apotheke Da der Käuferkreis bei einer Apotheke aufgrund Der Insolvenzverwalter – nach Insolvenzantrag der berufsständischen Vorgaben sehr übersicht- der vorläufige und nach der Gläubigerver- lich ist, wird es kaum Schwierigkeiten machen, sammlung der endgültige – ist im Rahmen sei- hier mit dem Verwalter in Kontakt zu treten. Es ner Bestellung natürlich der konkrete An- empfiehlt sich aber, von vornherein schriftlich das sprechpartner beim Verkauf der Apotheke. Die Übernahme- bzw. Kaufinteresse zu definieren Rechte des Schuldners zur Verwaltung des und im Rahmen einer kurzen Erklärung die Kon- Vermögens aus der Insolvenzmasse, gehen zeption darzustellen, die nach Übernahme durch- durch den § 80 Abs. 1 InsO mit sämtlichen gesetzt werden soll. Verfügungsrechten auf den Insolvenzverwalter über. Dabei ist zu beachten, daß der vorläufige Jedes Insolvenzverfahren zwingt den Verwalter, “schwache Verwalter” nicht mit allen Verfü- eine Vielzahl von Anfragen zu bearbeiten, die gungsrechten vom Gericht ausgestattet ist. nicht immer in der von den Anfragenden ge- Grundsätzlich ist es ihm nicht erlaubt, ein Un- wünschten Zeit beantwortet werden können. Das ternehmen im vorläufigen Verfahren zu veräu- führt oft zu Mißverständnissen bzw. auch zu Ver- ßern. Der Insolvenzverwalter wird deshalb in ärgerungen auf beiden Seiten. Ein seriöser der Regel versuchen, einen sogenannten Kaufinteressent wird deshalb auch ein bißchen “Vorbehaltsverkauf” mit dem Käufer durch- Mühe haben, sofort den direkten Kontakt zum zusetzen. Dieser Vorbehaltsverkauf verspricht Insolvenzverwalter zu erhalten. Leider stellt sich gerade im Falle einer Apotheke die Möglich- bei den Anfragen im Rahmen einer Insolvenz- keit, ohne Unterbrechungen sofort einen fach- übernahme (dies bezieht sich nur im geringen Teil kompetenten und neuen Besitzer bzw. Betrei- auf Apotheken) immer wieder heraus, daß auch ber für die Apothekengeschäfte einzusetzen “Glücksritter” und unseriöse Geschäftemacher und somit keinen Bruch bei der Belieferung versuchen, ein Unternehmen zu erwerben bzw. und damit der Lieferfähigkeit der Apotheke zu sich dadurch “ins rechte Licht” rücken zu lassen. schaffen. Ein kompetenter und erfahrener In- Nichts ist schöner, als wenn ein unbekannter Käu- 3
fer durch seine Kaufabsichtserklärung mehr- men der betriebswirtschaftlichen Seite zu haben, fach in der Presse genannt wird! da auch die Bewertung (Due Dilligence) des An- lagevermögens – des Lagerbestandes sowie der Auch wenn der Insolvenzverwalter nicht direkt Büro- und Geschäftsausstattung und in der Regel antwortet, ist das noch lange keine Absage. Oft der Ladenausstattung - ein nicht unerheblicher ist es für ihn gerade am Anfang des Verfahrens Faktor ist. Neben den Werten, die die Verwer- ein Zeitproblem. In der Anfangsphase eines tungsgesellschaft erarbeitet hat, wird ein solcher Insolvenzverfahrens sind eine Vielzahl von Berater selbst noch eine Bewertung vornehmen, Dingen zu entscheiden bzw. zu gestalten, die die dann auch Einfluß auf die Kaufpreisgestaltung eine Stabilisierung der Apotheke am Markt hat. Wenn ein Berater ohne Kenntnisse im Insol- erst ermöglichen. Eine weitere Chance, relativ venzverfahren die Übernahme wie einen norma- schnell mit dem Verwalter in Kontakt zu tre- len Unternehmenskauf behandelt, werden die ten, ist sicherlich in Verbindung mit den Phar- Vertragsverhandlungen schwieriger und biswei- maunternehmen bzw. anderen Gläubigern, die len zu keiner Einigung führen. ggf. Interesse daran haben, daß die Apotheke bzw. der Standort weiter geführt wird. Anson- Für den Übernehmer ist damit möglicherweise sten steht einem Kaufinteressenten auch das eine große Marktchance vertan. Grundsätzlich vom Verwalter sofort beauftragte Verwer- sollte bei einer Apothekenübernahme der fachli- tungsunternehmen zur Verfügung, was bei je- che und spezifische Teil der Medikamente und dem Verfahren erst einmal ein Gutachten über Chemikalien durch einen Berater abgedeckt sein. die im Besitz des Verwalters befindlichen Ge- Auf der anderen Seite sollte ein Anwalt beauftragt genstände erstellen muß. Sollte von dem Käu- werden, der mit dem insolvenzrechtlichen Hand- fer sogar der Wunsch bestehen, den ehemali- werk gut vertraut ist und damit dem Insolvenzver- gen Apotheker als leitenden Mitarbeiter in ei- walter im Rahmen der Verhandlungen Paroli bie- ner später neu gestalteten Unternehmung zu ten kann. beschäftigen, so kann auch hier der Käufer ggf. über den oder die Schuldner einen direkten Oft versuchen die Gläubiger eines Insolvenzver- Kontakt zum Verwalter schaffen. Der Verwal- fahrens auch direkt Kontakt mit dem möglichen ter hat gerade am Anfang des Verfahrens re- Kaufinteressenten zu finden. Da der Insolvenz- gelmäßig mit dem oder den Insolvenzschuld- verwalter das Verwertungsrecht der Sachen hat, nern sehr viel zu tun, so daß dort ein “direkter die sich in seinem Besitz befinden, können die Draht” besteht. Gläubiger keinen Einfluß auf den Kaufpreis mit dem Kaufinteressenten ausüben. Der Insolvenz- verwalter wird zu dem Zeitpunkt sowieso prüfen, Fachliche Beratung des Käufers notwendig! welche Aussonderungs- und Absonderungsrechte vorliegen und die Rechteinhaber entsprechend Die Übernahme der Apotheke aus der Insol- nach Verfahrenseröffnung informieren. venz ist nicht nur aufgrund der gesetzlichen Auflagen zur Betreibung einer Apotheke Der Käufer sollte sich hier nicht von den Gläubi- schwierig, sondern auch, weil hier die spezifi- gern beeinflussen lassen. Die Insolvenz neutrali- schen Probleme des Insolvenzrechts zu beden- siert auch alle sogenannten “Verlegerrechte”. ken sind. Wegen der Besonderheiten des Insol- Sollte also im Falle der Apotheke ein Phar- venzverfahrens sollte der Kaufinteressent spe- magroßhandelsunternehmen bzw. ein Pharmaun- zialisierte Berater haben, die sich im Insol- ternehmen selber direkte Lieferverträge mit lan- venzrecht auskennen und denen auch die Ver- ger Laufzeit gehabt haben, so sind diese durch die fahrensabläufe bekannt sind. Das vereinfacht Insolvenz - spätestens mit Eröffnung der Insol- die Verhandlungen und auch den Ablauf des venz - nichtig und müssen von einem möglichen möglichen Kaufes mit dem Insolvenzverwalter Käufer auch nicht mehr erfüllt werden. erheblich. Wahrscheinlich wird es auch not- wendig sein, neben einem insolvenzrechtlichen Der Käufer hat in diesem Sinne völlige Hand- Berater (Rechtsanwalt) Unterstützung im Rah- lungsfreiheit und muß nur und ausschließlich die 4
vertraglichen Vereinbarungen mit dem Insol- Mitarbeitern des insolventen Unternehmens venzverwalter nach Abschluß des Kaufes erfül- eventuelle Vorteile verschaffen. len. Der Verwalter wird mit Sicherheit vorab eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit Vertragsstrafen Prüfung der Apotheke und ihrer Markt- vorlegen, die er gern vom Kaufinteressenten und chancen seinen Beratern und Dienstleistern unterschrie- ben haben möchte. In einer guten Vertraulich- Die Prüfung vorhandener Strukturen, der La- keitserklärung werden sogar die Dienstleistungs- gerbestände (Medikamente und “Drogen”) und partner des Kaufinteressenten namentlich aufge- die Ergebnisse der insolventen Apotheke unter- führt und müssen ebenfalls der Erklärung durch scheiden sich wesentlich von der Prüfung der Unterschrift beitreten. Verhältnisse in einem normalen und wirtschaft- lich arbeitenden Unternehmen. Der zeitliche Ablauf des Verkaufs So kann es sein, daß die guten und gängigen Medikamente schon im Vorfeld im Rahmen des Der Insolvenzverwalter handelt bei der Veräuße- Eigentumsvorbehalts von den Großhändlern rung eines Unternehmens grundsätzlich, und bei zurückgenommen werden und möglicherweise der Apotheke im speziellen, sehr unter Zeit- eine Reihe von Medikamenten bzw. Pflege- druck. Während normale Unternehmensverkäufe und Kosmetikprodukten in der nächsten Zeit über mehrere Wochen oder Monate verhandelt “ablaufen”. Hier sind entsprechende Erfahrun- werden, ist diese zeitliche Freiheit in einem In- gen im Rahmen der Bewertung nötig. solvenzverfahren mit dem Fokus auf eine über- tragene Sanierung kaum vorhanden. Der Verwal- All diese Dinge muß der Kaufinteressent vom ter wird dafür sorgen, daß die Apotheke mit den Verwalter erfragen bzw. sich selbst vor Ort bisherigen (oder noch verbliebenen) Fachkräften erarbeiten oder aus den Unterlagen des Gutach- weitergeführt wird. Er wird auch für die Versor- ters entnehmen. So ist wie bei jedem Unterneh- gung mit Medikamenten und Waren sorgen. menskauf, auch bei dem Unternehmenskauf aus Trotzdem treibt “der schlechte Geist der Insol- der Insolvenz, auf die vertrauliche Behandlung venz” möglicherweise die Kunden in andere der gewährten Informationen zu achten. Der Apotheken und mindert damit den Verkaufswert Verwalter wird sicher ein Auge darauf halten, stetig. Die Betriebsfortführung nach Eröffnung daß ein ursprünglicher Kaufinteressent später der Insolvenz erfolgt zu Vollkosten und führt die erhaltenen Informationen nicht für eigene dazu, daß laufend aus der Masse “verzehrt” wird, wirtschaftliche Zwecke nutzt! Es wird dem was natürlich nur eine bestimmte Zeit möglich Verwalter allerdings schwer fallen, später den ist. Der Insolvenzverwalter ist daher im Rahmen Nachweis anzutreten, daß der ehemalige des Masseschutzes auf keinen Fall daran interes- Kaufinteressent aus den Daten, die er aus der siert, den Betrieb länger als nötig aufrecht zu Due Dilligence des Unternehmers erhalten hat, erhalten. Wegen des Zeitdrucks des Unterneh- Vorteile für sich herausgezogen hat, indem er z. mensverkaufs der Apotheke sollte ein Käufer B. Kundendateien für Werbezwecke nutzt bzw. (sofern er es weiß), die Kaufverhandlungen be- Konditionsvergleiche macht. Jedoch wird der reits kurz nach dem Insolvenzantragsverfahren Verwalter zumindest versuchen, dies mit Kon- beginnen und er sollte dem Verwalter ein theore- sequenzen zu belegen. Es darf auch nicht ver- tisches fertiggestelltes Übernahmekonzt vorlegen gessen werden, daß im Rahmen der Prüfung zur können. Wertermittlung die Mitarbeiter der insolventen Apotheke informiert werden müssen und diese dann möglicherweise bewegt werden, sich wo- anders zu bewerben. So kann sich ein mögli- cher “Kaufinteressent” über die Einstellung von 5
Bilanzen – Einnahme-/Überschußrechnun- schluß über die Umsatzseite, d. h. über Absatzfä- gen – Vermögensstatus higkeit der Medikamente und der OTC-Produkte geben. Wichtig wird hier sein, daß auch ein Natürlich treten für den Kaufinteressenten bei Schlüssel vorliegt, welche Umsätze bzw. Dec- der Informationsbeschaffung Probleme auf, da kungsbeiträge mit dem OTC-Markt gemacht wor- in der Regel ein Unternehmen bzw. in diesem den sind und wie sich dieser von den freiverkäuf- Falle die Apotheke im Zuge der Krise nicht lichen Medikamenten und den Rezeptumsätzen mehr oder nur sehr rudimentär ihren Buchfüh- abhebt. Gerade ein Käufer, der die Apotheke von rungspflichten nachgekommen ist. Der Käufer seinem Marktzutritt nicht so genau kennt, findet interessiert sich für die Bilanzen, die hier sehr viel Aufschluß über das Marktpotential Einnahme-/Überschußrechnungen, die be- und seine mögliche spätere Entwicklung. triebswirtschaftlichen Auswertungen und mög- licherweise auch für Lagerbestandslisten, “Chargen-Meldungen bzw. –Rücknahmen” und Kunden- und Lieferantenverhältnis andere Fakten, die für die Übernahme nötig sind. Diese Daten und Fakten können für den Sicherlich wird die Kundschaft der Apotheke von Übernehmer der Apotheke aus der Insolvenz der Insolvenz gehört haben. Schon deshalb, weil nur zweitrangige Bedeutung haben, da er in der die Apotheke wahrscheinlich im letzten Stadium Regel auf keinen Fall das bestehende Ge- vor der Insolvenz nicht mehr ausreichend lieferfä- schäftsmodell fortführen sollte, sondern mit ei- hig war. Auch hat die Insolvenz als solches immer nem eigenen Fortführungs- bzw. Gründungs- noch einen “schlechten Beigeschmack” für den konzept antreten muß. Konsumenten/ Kunden. Weiter wird ihn der Rezepteumsatz und die Von Lieferantenseite wird schon länger das Wis- Zahlen aus der Produktgruppenergebnisrech- sen vorhanden gewesen sein, daß aufgrund z. B. nung (falls vorhanden) interessieren. Da die von drohender Zahlungsunfähigkeit oder nicht Apotheken häufig über Programme verfügen, geleisteter Zahlungen, die Apotheke in wirtschaft- die von den Pharmagroßhandelsunternehmen lichen Schwierigkeiten war. Entsprechend sind bzw. von der Pharmaindustrie selbst angeboten die Lieferanten verärgert bzw. “missgestimmt”, werden, können hier sehr schnell die entspre- wenn die Apotheke in die Insolvenz geht. Viel- chenden Daten aus dem System gefiltert wer- fach sind die Lieferanten auch deshalb verärgert, den. weil sie glauben, ihren Eigentumsvorbehalt gel- tend machen zu können, dieser aber vom Insol- venzverwalter im Rahmen seiner Fortführungs- Der Nutzen aus altem Zahlenmaterial! rechte bestritten wird. Bilanzen und BWA`s der insolventen Apotheke So sind die Lieferantenverhältnisse des zu veräu- sind für den Übernehmer nur als eingeschränkte ßernden Unternehmens natürlich durch die Vor- Informationsquelle zu gebrauchen. So werden fälle vor der Insolvenz und auch durch die Stel- die Kennzahlen über den Gewinn, den Roher- lung des Insolvenzantrags gespannt. Für den Er- trag oder über die Umsatzrendite wohl vorlie- werbsinteressenten ist es daher von großer Bedeu- gen, müssen aber um Kostenentlastungen bzw. tung zu wissen, wie weit die Lieferbeziehungen Änderungen in der betriebswirtschaftlichen belastet sind bzw. die Lieferanten sich von diesem Struktur bereinigt werden. So kann sehr wohl Standort der Apotheke zurückgezogen haben. Die die Marktbeteiligung und die Gründe der Ver- nötigen Informationen hierzu werden sicherlich änderungen aus den Bilanzen und BWA`s ent- vom noch tätigen Apotheker bzw. von den Mitar- nommen werden. Gemeinsam mit der Auswer- beitern der Apotheke zu erhalten sein. tung aus der Apothekensoftware können Bilan- zen bzw. Einnahme-/Überschußrechnungen des Den Bilanzzahlen bzw. den Zahlen der BWA oder insolventen Unternehmens zumindest Auf- der Einnahme-/Überschußrechnung lassen sich si- 6
cherlich die wichtigsten Lieferanten entneh- kaufen wollen, sich mit der Zukunft und natürlich men. Entsprechende Daten werden auch in den auch den unternehmerischen Fehlern der Vorgän- Summen-/Saldenlisten der betriebswirtschaftli- ger beschäftigen. Im Vorfeld sollte auf jeden Fall chen Auswertungen zu finden sein. Ob und ein Businessplan erstellt werden, der auf Basis inwieweit die vorgelegten Unterlagen noch ak- der alten Zahlen korrigiert wird, um eine tuell sind, muß natürlich geprüft werden. Auch Gewinn- und Ertragsvorausschau zu erhalten, die sollte Zahlenmaterial, was kurz vor der Insol- realistisch zeigt, ob und inwieweit das Unterneh- venz erarbeitet wurde, immer sehr kritisch ge- men dann in Zukunft wieder Gewinne erwirt- sehen werden, da möglicherweise unbeabsich- schaften kann. Hier allein ist wieder ein betriebs- tigt oder beabsichtigt “geschönte Zahlen” ein- wirtschaftlicher Berater gefragt, der die gefügt worden sind. Bei einer hohen Kurzver- “Ärztesituation” rund um die Apotheke ein- schuldung, die sich in den letzten Monaten vor schätzt und der auch eine Prognose darüber erar- dem Insolvenzantrag steigerte, ist davon auszu- beiten kann, welche Waren und Produkte im gehen, daß das Verhältnis der Apotheke bzw. “rezeptfreien Bereich” und über OTC an die des Apothekers zu den Lieferanten stark gestört Kunden verkauft werden können. Die alten Zah- ist, weil Zahlungsversprechungen gemacht und len müssen auf jeden Fall geprüft und entspre- nicht eingehalten wurden bzw. die Lieferanten chend nach unternehmerischen Fehlern, Mark- mit der Insolvenz vor “vollendete Tatsachen” tänderungen, Änderungen im Gesundheitswesen gestellt wurden. und anderen Faktoren ausgewertet werden. Zu dieser Zeit ist sicherlich auch der Umsatz Eine wichtige Einschätzung ist, ob die bisher schon massiv zurückgegangen, da durch fest betrieblich genutzte EDV in der Apotheke ausrei- verankerte Lieferverträge die Apotheke nicht chend ist und ob die Informationen, die dort einfach einen anderen Lieferanten ansprechen verarbeitet werden (automatisches Mindestbe- konnte, wenn gleich sie von ihrem bisherigen stellwesen und Lieferservice mit Kundendaten- Pharmagroßhändler nicht mehr ausreichend analyse) zeit- und marktgerecht sind. Ohne eine versorgt wurde. aussagefähige EDV mit der entsprechenden Soft- ware (Bindung zum Großhandel in der Regel Aus Erfahrung kann gesagt werden, daß vom vorhanden) kann eine Apotheke heute nicht mehr Beginn der Krise einer Apotheke bis zur Insol- existieren. venz etwa ein Jahr vergeht. In dieser Zeit wird das Verhältnis zwischen den Lieferanten, dem Apotheker und den Kunden immer stärker be- Belegschaft einträchtigt, was sich bei einem Fortbetrieb innerhalb einer neuen Unternehmensstruktur Sollte die Belegschaft der Apotheke noch vor- dann als außergewöhnlich nachteilig auswirkt. handen sein, muß sehr schnell mit den einzelnen Der Kaufinteressent ist daher gezwungen, so- Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen fort mit den Lieferanten und den wichtigsten werden. In der Regel halten sie den direkten Ärzten Kontakt aufzunehmen und sie davon in Kontakt zu den Kunden und kennen nicht nur die Kenntnis zu setzen, daß nunmehr die Apotheke “Krankengeschichte”, sondern auch das persönli- wieder in neuer Hand und mit entsprechend che Umfeld und damit auch die “Kaufkraft” des angepaßtem Konzept aus der Insolvenz heraus oder der Kunden. Die Belegschaft ist meist von gekauft wurde und fortgeführt wird. dem ehemaligen Inhaber enttäuscht und muß von dem neuen Apotheker oder dessen Berater psy- chologisch aufgebaut werden. Wird eine kom- plett neue Belegschaft in die Apotheke integriert, Fehleranalyse – Zukunftsentwicklung sind erst einmal größere Umsatzrückgänge ge- rade im Bereich der frei verkäuflichen Medika- Es ist zwingend notwendig, daß die Interessen- mente und Kosmetik- und Pflegemittel zu kalku- ten, die die Apotheke aus der Insolvenz heraus lieren. Im Rahmen der Übernahme ist es auch 7
zwingend notwendig, die Belegschaft nach Kaufpreisfindung und Kaufpreiszahlung Wünschen und Produkten bzw. Bereichen zu fragen, die aus ihrer Sicht in die Apotheke und Hier sind letztendlich die Berater des Übernah- in das neue Geschäftsfeld integriert werden meinteressenten gefragt, daß in Verhandlung können, damit ein Mehrertrag und eine höhere mit dem Insolvenzverwalter eine vernünftige Kundenbindung erzielt werden kann. Kaufpreisfindung erfolgt und der Kaufpreis auch gekoppelt an verschiedene Vereinbarun- gen festgelegt wird. So sind die Problematiken Produktergebnisanalyse von § 613 a BGB bei Personalentlassungen sicherlich genauso ein Thema, wie Haftungs- Im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Pro- übernahmen und grundsätzliche Anlaufschwie- gnose ist eine Produktergebnisanalyse unerläß- rigkeiten, die mit der Insolvenz zu tun haben. lich. Es muß geprüft werden, wieviel Rezep- Der zu schließende Vertrag ist kurz, knapp und tumsatz in den letzten 1, 3 oder 5 Jahren er- rechtssicher von den Parteien zu vereinbaren reicht wurde, wie sich die frei verkäuflichen und zu unterschreiben. Durch die Zeitnot, die Medikamente entwickelt haben und welche Art eher auch zu Lasten des Käufers geht, hat ein von Produkten die Kundschaft gefordert hat solcher Vertrag nicht immer die Ausführlich- (hier sind Interviews mit den ehemaligen Mitar- keit, die eine solche Transaktion fordert. Es ist beitern zu führen). Es muß geklärt werden, deshalb wichtig zu wissen, daß die Übernahme welche Produktgruppe der Markt im Rahmen einer Apotheke aus der Insolvenz immer auch einer Neueröffnung bzw. Restrukturierung der ein Restrisiko beinhaltet. Dieses Restrisiko Apotheke nach Übernahme aus der Insolvenz wird normal im Rahmen eines Abzugs vom annimmt und wie die Gewinn- und Ertragsaus- Kaufpreis oder einer Rückstellung auf ein Son- sichten sind. Auch ist zu prüfen, welche Aktio- derkonto beziffert. Dies sind aber Details, die nen im Rahmen von Kundenbindung in der spezifisch für jede Insolvenz und für jedes Ver- Vergangenheit durchgeführt, welche Maßnah- fahren neu und fallbezogen ausgehandelt und men zum Kontakt mit den Ärzten eingeleitet vereinbart werden müssen. wurden und wie der Service gerade für ältere und behinderte Menschen (Hauslieferung) an- genommen wurde. Der Insolvenzverwalter wird dem Erwerber hierzu sicher alle notwendi- gen Unterlagen und Informationen für diesen wesentlichen Punkt der Grundsatzentscheidung des Erwerbers überlassen. Der mögliche Käufer sollte selbst (nicht nur durch seine Berater) mit der Belegschaft der Apotheke und den bisherigen Vertretern der Großhändler bzw. der Industrie persönliche Ge- spräche führen, um ein Gefühl für die zukünfti- gen Möglichkeiten zu erlangen. Auch das Umfeld der Apotheke, die Zielgrup- pen, die Kaufkraft (Kaufkraftanalyse machen!) und die wirtschaftliche Lage der Umgebung sind Kriterien, die bei dem Erwerb der Apo- theke in die Entscheidung einfließen sollten. 8
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