Bilderbriefe Eine Präsentation aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek beim Tag der Archive' im Deutschen Museum - Bibliotheksforum Bayern
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52 Bilderbriefe Eine Präsentation aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek beim ‚Tag der Archive‘ im Deutschen Museum Am 7. März 2020 beteiligte sich das Referat Nachlässe irektor der Münchener Akademie. Der ‚Malerfürst‘ D und Autographen der Bayerischen Staatsbibliothek Kaulbach war besonders als Freskomaler und Por erneut am ‚Tag der Archive‘, der dieses Jahr unter trätist tätig und zählte zu seiner Zeit zu den be dem Motto ‚Von der Depesche bis zum Tweet‘ stand. rühmtesten deutschen Künstlern. Um den Besuchern einen besonderen Glanzpunkt des Bestands der Bayerischen Staatsbibliothek vor Den abgebildeten Brief schrieb Kaulbach seiner Frau zustellen, wurden aus der sehr umfangreichen Kor aus Berlin, als er hier zwischen 1845 und 1865 im respondenz, welche große Teile der deutlich über Auftrag König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen an 1.000 Nachlässe der Bayerischen Staatsbibliothek Wandbildern für das Treppenhaus des Neuen Muse ausmacht, ,Bilderbriefe‘ gezeigt. Ein ‚Bilderbrief‘ ums arbeitete (alle 1945 zerstört). Er berichtet ihr von weist neben Text auch ein oder mehrere Bilder auf einer Einladung zur ‚Königlichen Tafel‘, bei der er das (keine reinen Beilagen), die miteinander in Bezug Glück hatte, dem König, „der wieder vollständig ge stehen, und schafft so zusätzliche und neue Aus nesen ist, gegenüber zu sitzen“. Anwesend waren un drucksmöglichkeiten. Insbesondere Künstler illus ter anderen neben Alexander von Humboldt (1769 – trieren ihre Briefe oft. Ausgestellt wurden Briefe aus 1859) und dem Naturwissenschaftler, Diplomaten und zwei Jahrhunderten, die Einblicke in einen meist we Generaldirektor der Königlichen Museen zu Berlin nig bekannten Teil des Ignaz Olfers (1793 – 1871) auch die beiden Generäle Werks verschiedener und Politiker Leopold von Gerlach (1790 – 1861) und Ausgestellt wurden Briefe Künstler ermöglichen. Joseph von Radowitz (1797 – 1853). Wie die beiden aus zwei Jahrhunderten, Genauer vorgestellt Porträts im Brief – man beachte den Fingerzeig aus werden im Folgenden: dem Text heraus (siehe S. 53 unten rechts) – zeigen, die Einblicke in einen Wilhelm von Kaulbach war Kaulbach auch in diesem Metier sehr begabt. meist wenig bekannten Teil und sein Sohn Hermann Kaulbach, Emil Orlik, Hermann Kaulbach des Werks verschiedener Alfred Kubin und Olaf Hermann Kaulbach (26. 7. 1846 – 19. 12. 1909), Sohn Künstler ermöglichen. Andreas Gulbransson. von Wilhelm von Kaulbach, wurde vor allem als His torien- und Genremaler, speziell mit Darstellungen von Kindern, bekannt. Wilhelm von Kaulbach In jungen Jahren erhielt Kaulbach (15. 10. 1805 – Carl Theodor von Piloty (1826 – 1886) erkannte das 7. 4. 1874) Zeichenunterricht von seinem Vater Philipp Talent des Medizinstudenten und nahm ihn in sein Karl Friedrich, der ein begabter Maler war und als Münchner Atelier 1867 auf. 1889 wurde er zum Pro Kupferstecher arbeitete. Ab 1822 studierte er mit fessor ernannt. Der Einfluss der Pilotyschule zeigt einem Stipendium an der Akademie Düsseldorf als sich in der Wahl der Themen und der malerischen Schüler von Peter Cornelius. Seinem Lehrer folgte er Durchführung seiner ersten großen Historienbilder 1826 nach München, wo ihn dieser an den Fresken wie etwa bei ‚Ludwig XI. von Frankreich im Gefäng zyklen im Odeon und in den Hofgartenarkaden mit nis zu Péronne‘ (1870), ‚In Frankreich‘ (1871), ‚Der arbeiten ließ. Im Auftrag von Graf Raczynski, seines sterbende Mozart‘ (1872) oder ‚Lucrezia Borgia späteren Förderers und Bewunderers, entstand tanzt vor Papst Alexander VI.‘ (1882). 1834 – 37 die ‚Hunnenschlacht‘, die seinen Ruhm begründete: „Das Pathos entsprach dem Zeitge Später wandte er sich einer der Münchner Malerei schmack“ (Otto Zirk im NDB-Artikel). 1837 durch des 19. Jh.s verpflichteten, teils elegisch teils humo Ludwig I. zum Hofmaler ernannt, wurde er 1849 ristisch gestimmten, kleinformatigen Genremalerei
54 vor allem als Porträtist war er sehr er folgreich. Der abgebildete Brief (S. 55 rechts) ist Teil einer umfangreichen Korrespon denz, die Emil Orlik zwischen 1909 und 1922 mit der Schauspielerin Anny Schindler (1887–?) führte. Er berichtete ihr in ironischer und unterhaltsamer Weise vor allem von seinen zahlrei chen Kuraufenthalten, die er wegen seiner angeschlagenen Gesundheit zu unternehmen hatte. Hier beschreibt er seinen Aufenthalt an der ligurischen Küste in Forte dei Marmi in der Nähe Joseph von Radowitz (1797–1853) Leopold von Gerlach (1790–1861) von Viareggio im September 1910, bei dem er anscheinend auch künstlerisch sehr produktiv war. zu. Er malt Szenen aus dem Klosterleben, Interieurs und Porträts. Zahlreiche Studien und kleine Skizzen Alfred Kubin in mehreren Alben sowie in Reisetagebüchern zeigen Alfred Kubin (10. 4. 1877 – 20. 8. 1959) ist einer der seine Meisterschaft, mit wenigen Strichen treffend wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts im Be zu charakterisieren und alltägliche Situationen auf reich der Graphik. Unverkennbar ist sein einzigarti seinen zahlreichen Reisen gefühlvoll zu beschreiben. ger, psychogrammartiger Illustrationsstil, den er auch in seinen Briefen verwendet. Kubin illustrierte Dafür sind auch die beiden gezeigten Briefe typi seine Briefe sehr häufig, das Motiv seines Schlöss sche Beispiele. Der erste beschreibt den Aufbruch chens in Zwickledt in Oberösterreich bevorzugte er zu einer Italienreise im Januar 1870, der zweite ent dabei besonders. Auch der eigene Geburtstag regte hält als Zeichnung eine Allegorie auf seine Frau So Kubin mehrfach zu Illustrationen an. In einer Zeich fie als seinen „allerliebsten Schatz der Welt“. nung setzt Kubin seinen Geburtstag in Bezug auf das Herannahen seines Todes: Der Knochenmann bläst Emil Orlik die Flöte und lockt Kubin, der sich selbst markant Emil Orlik (21. 7. 1870 – 28. 9. 1932) war Zeichner, mit kahlem Schädel dargestellt hat, in die Unter Graphiker und Buchkünstler. Nach seiner künstleri welt. Das Bild wurde von Kubin extra zu diesem schen Ausbildung in München unterhielt er ab 1897 Zweck fototechnisch reproduziert, er schickte die ein Atelier in Prag, war aber auch viel auf Reisen: gleiche Karte mit anderem Schriftzug versehen u. a. England, Schottland, Holland, Belgien und Paris an den Maler Max Unold (1885 – 1964). Auch zu wei (Einfluss der Schule von Barbizon und den Holz teren Geburtstagen verschickte er ähnliche Dankes schnitten von Vallotton) sowie in den fernen Osten karten, so an Hendschel die Zeichnung einer Was (Japan), wo er als einer der ersten europäischen seroberfläche, aus der nur noch eine Hand eine Fah Künstler die ostasiatische Holzschnitt- und Farb ne mit Fledermausmotiv und der Zahl ‚65‘ (also zu drucktechnik studierte. 1905 zog er mit seinem Kubins Geburtstag 15 Jahre später) verzweifelt em Atelier nach Wien um, wo er sich als Mitglied der porreckt. Sezession vor allem im Kreis um Gustav Klimt und Josef Hoffmann sowie Ferdinand Hodler bewegte. Olaf Andreas Gulbransson 1905 wurde er an die Staatliche Lehranstalt des Ber Wenig beachtet wurde bislang eine Sammlung von liner Kunstgewerbemuseums als Professor berufen, über 50 Briefen und Blättern, die Olaf Gulbransson damals begann auch die Zusammenarbeit mit dem zwischen 1911 und 1945 an Gräfin Ruth von Schwe Regisseur Max Reinhardt, für den er Bühnenbilder rin (1892 – 1945) richtete und die heute in der Bayeri und Kostüme entwarf: „Seine bei Proben und Auf schen Staatsbibliothek aufbewahrt werden. 1 Olaf führungen am Deutschen Theater entstandenen Andreas Gulbransson, gen. Oleman (23. 1. 1916 – Zeichnungen machten ihn zum wichtigsten künstle 18. 7. 1961), war der Sohn von Olaf und Grete Gul rischen Chronisten des Berliner Theaterlebens.“ bransson, geb. Jehly (die zweite Ehefrau Gulbrans (Dorothea Peters im NDB-Artikel). Auch in Berlin sons). Olaf Andreas wurde als A rchitekt evange wurde er Mitglied der Sezession und stellte oft aus, lischer Kirchenbauten bekannt. Dass er auch ein
Bibliotheksforum Bayern 55 Hermann Kaulbach schildert seiner Frau den Aufbruch nach Italien im Januar 1870 uter Zeichner war und das Talent für g die Karikatur von seinem Vater geerbt Emil Orlik schreibt aus der Kur in Italien hatte, zeigen zwei Briefe, die sich in dem Konvolut der Briefe seines Vaters an die Gräfin Ruth von Schwerin fan hervorgeht, einst von Grete (31. 7. 1882 – 26. 3. 1934), den. Auch Olaf Andreas schrieb Ruth. der Mutter von Olaf Andreas, erhalten. Die Zeich Die Gräfin war seinerzeit bei der Taufe nung der Eltern mit dem Kinderwagen und der Brei von Olaf Andreas zugegen g ewesen schale korrespondiert mit dem Text, in dem es um und fühlte sich der Familie offenbar den ersten Brei der kleinen Jorun geht. Der andere zeitlebens verbunden. Olaf Andreas Brief ist mit einem Selbstporträt von Olaf Andreas imitiert dabei sehr geschickt den Stil versehen, das ihn krank im Bett zeigt. der Briefe seines Vaters. So datiert auch er seine Briefe nicht und setzt Von Dr. Rahel Bacher Von Dr. Maximilian Schreiber sehr gekonnt karikaturistische Zeich Mitarbeiterin im Referat Nachlässe Kommissarischer Leiter des Referats nungen ein. und Autographen an der Bayerischen Nachlässe und Autographen Staatsbibliothek Das Schreiben, in dem er sich für ei nen silbernen Löffel bedankt, den die Gräfin anlässlich der Geburt seiner Tochter Jorun geschickt hatte, kann anhand der Geburt der Tochter am 1 Vgl. hierzu auch Rahel Bacher, ,Elskede Nepomuk‘. 28. 9. 1943 datiert werden. Den Löffel Olaf Gulbransson an Ruth Gräfin von Schwerin, hatte die Gräfin, wie aus dem Text in: Bibliotheksforum Bayern 2020 (2).
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