Darf ich vorstellen: ich!
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Schritt 1: Interessen und Stärken Darf ich vorstellen: ich! Bevor Jugendliche entscheiden können, welche Ausbildung sie nach der Sekundarschule in Angriff nehmen, müssen sie ein paar grundlegende Fragen an sich selber beantworten. Keine leichte Aufgabe mitten in der Pubertät. Text: Stefan Michel 20 September 2021 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Berufswahl
Lucas Renold lernt Tiermedizinischer Praxisassistent. Einen eigenen Hund hatte er bisher noch nicht – aber das soll sich nun ändern. Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Berufswahl September 2021 21
Schritt 1: Interessen und Stärken D Das Interesse, das in er Anfang der Suche nach der passenden Ausbil- Wunschträumen steckt, kann dung liegt ganz nah: bei der eige- der erste Schritt in die nen Person. Was kann dieser Mensch, den man «ich» nennt, Richtung sein, in der das was tut er gern, wofür interessiert nächste Ausbildungsziel liegt. er sich? Für Jugendliche, die keine Kinder mehr, aber auch noch keine Erwachsenen sind, sind diese Fragen besonders schwer zu beantworten. Sie schlagen sich gerade mit diversen weiteren Ent- zung. Es geht dabei noch nicht um auf die direkt vor ihm liegende wicklungsaufgaben herum: Sie spezifische Berufe, sondern um Sache konzentrieren kann, wird suchen ihren Platz in der Gesell- persönliche Neigungen. Ziel ist, sich eher dafür interessieren, schaft, überlegen, welche Werte herauszufinden, was das für ein komplexe technische Aufgaben zu ihnen wichtig sind, welche Art Mensch ist, zu dem der Beruf oder lösen. Wer am liebsten den ganzen von Beziehung sie haben möchten die Ausbildung passen soll. Tag mit Menschen in Kontakt ist, und wie sie wahrgenommen wer- gerne Dinge erklärt oder eine den wollen. Viele, aber nicht alle Interessen ändern sich – ganz Pfadfinderschar führt, dürfte seine dieser Fragen beeinflussen die besonders bei Jugendlichen Stärken eher in der Kommunika- Berufswahl. Dennoch steht diese Ein guter Einstieg sind Wünsche tion und im Einfühlungsvermö- nicht für alle Jugendlichen im und Träume. Astronautin, Mode- gen haben. Zentrum ihres Interesses. designer, Extremalpinistin – in Auch wenn Schulleistungen Damit beschäftigen müssen sie den Wunschträumen steckt ein nur einen Teil einer Persönlichkeit sich dennoch. Und wenn sie es Interesse an einer bestimmten und der Fähigkeiten abbilden, richtig anstellen, erfahren sie Aktivität, einem Umfeld, in dem kommt man in der Berufswahl dabei einiges über sich selber. All- man arbeiten möchte, in manchen nicht darum herum, gewisse tagsfragen sind ein guter Einstieg: auch das Ansehen, das ein Beruf Realitäten anzuerkennen. Wer in • Zu welchen Themen habe ich mit sich bringt. Dieses Interesse Mathematik Mühe hat zu folgen, zuletzt nach Informationen kann der erste Schritt in die Rich- muss entweder an diesen Fähig- gesucht? tung sein, in der das nächste Aus- keiten arbeiten oder sich eine • Worüber weiss ich so viel, dass bildungsziel liegt. Beschäftigung suchen, in der ich anderen Auskunft gebe? Die an der Raumfahrt Interes- abstraktes Denken und Zahlen • Bei welcher Beschäftigung ver- sierte kann sich vielleicht auch für eine untergeordnete Rolle spielen. gesse ich die Zeit? andere naturwissenschaftliche Bewegungsmuffel können einen • Wozu muss ich mich überwin- oder technische Themen begeis- körperlich anstrengenden Beruf den und bin froh, wenn ich es tern. Der Junge, der auf eine als Herausforderung annehmen. hinter mir habe? Karriere in der Modebranche Worauf sie sich einlassen, wird • Löse ich Aufgaben lieber allein hofft, kann sich überlegen, was er ihnen spätestens in der Schnup- oder mit anderen? sonst noch gerne gestaltet. Gut perlehre bewusst. • Nutze ich meine Fremdspra- möglich, dass beide dabei auf neue chenkenntnisse? Themen stossen, die sie noch • Arbeite ich gerne mit den Hän- brennender interessieren. Denn den? dass sich Interessen ändern, ist • An welchem Ort fühle ich mich normal, ganz besonders bei am wohlsten? Jugendlichen. Solche Fragen, die sich aus der Was einen interessiert und was Erinnerung an die letzten Tage man gerne tut, hängt oft – aber oder Wochen beantworten lassen, nicht immer – damit zusammen, erleichtern die Selbsteinschät- worin man gut ist. Wer sich gut 22 September 2021 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Berufswahl
Ich erzähle «Mich interessieren die Absagen hinnehmen. Umso grösser war die Freude, medizinischen Hintergründe» dass es im Tierspital Zürich geklappt hat. Meine Lucas Renold, 18, aus Mettmenstetten ZH, die mir zugeteilten Patienten, verabreiche Medika- schliesst bald seine Lehre als Tiermedizinischer mente, reinige die Boxen und Stallungen, kümmere Praxisassistent (TPA) ab – selber hatte er aber mich um die Fütterung, sterilisiere die Operations- noch nie ein Haustier. instrumente und assistiere bei Operationen. «Ob ich einen Hund oder eine Katze habe, war immer Katzen in der Klinik, ich hatte aber auch schon mit eine der ersten Fragen bei meinen Bewerbungs- Schlangen, Greifvögeln, Leguanen und einmal sogar gesprächen als Tiermedizinischer Praxisassistent. mit einem Brillenkaiman zu tun. Die Berufsschule Meine Antwort lautete jeweils: Nein, aber ich reite und besuche ich in der Juventus Schule für Medizin. Nach der Lehre will ich die Berufsmatura machen und mich Pferdefachmann, doch die Arbeit als Tiermedizini- als Tier-OP-Assistent weiterbilden. Ob ich später scher Praxisassistent ist abwechslungsreicher. Tiermedizin studiere, was einmal mein Ziel war, weiss Zudem interessiere ich mich sehr für medizinische ich noch nicht. Auf jeden Fall möchte ich sobald wie Belange. Leider gibt es nur wenige Lehrstellen und möglich einen eigenen Hund.» Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Berufswahl September 2021 23
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