DEN STEIN INS ROLLEN BRINGEN - Vom gemeinsamen Anliegen "Kinderschutz" zur strukturierten Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule vor Ort ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
DEN STEIN INS ROLLEN BRINGEN… Vom gemeinsamen Anliegen „Kinderschutz“ zur strukturierten Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule vor Ort Praxistag Hamm, 17.03.2015 Milena Bücken / Dirk Fiegenbaum Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ NRW
Kinderschutz, Jugendschutz, Kindeswohl (-gefährdung) und Co. … ZENTRALE BEGRIFFLICHKEITEN
WAS IST „KINDERSCHUTZ“? Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) § 1 Kinderschutz und staatliche Mitverantwortung (3) Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft ist es, soweit erforderlich, Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen, damit 1. sie im Einzelfall dieser Verantwortung besser gerecht werden können, 2. im Einzelfall Risiken für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen frühzeitig erkannt werden und 3. im Einzelfall eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen vermieden oder, falls dies im Einzelfall nicht mehr möglich ist, eine weitere Gefährdung oder Schädigung abgewendet werden kann.
„KINDERSCHUTZ JUGENDLICHER“ – MEHR ALS NUR EIN SEMANTISCHES PROBLEM! Schutzauftrag bei Jugendlichen Auch Jugendliche bis zum vollendeten 17. Lebensjahr haben die gleichen Rechte wie Kinder auf ein unversehrtes Aufwachsen und auf eine professionelle Unterstützung ihrer Rechtsposition. Jugendschutz ist jedoch ein fest in der Kinder- und Jugendhilfe verankerter Begriff und in der Kommentierung zum SGB VIII kann man nachlesen, was darunter konkret zu verstehen ist. Schutz junger Menschen in der Öffentlichkeit (Jugendschutzgesetz) Aber Jugendwohlgefährdung hingegen ist ein Wort, das es (noch?) nicht gibt. Vielleicht sollte man anfangen, es einfach häufiger zu gebrauchen? Vorschlag: „Gefährdung Jugendlicher“ und „Schutzauftrag für Jugendliche“ Quelle: Bericht zur Veranstaltung "Frühe Hilfen auch für Jugendliche? Gilt der Schutzauftrag § 8a SGB VIII bis zur Volljährigkeit?“ Fachtagung der Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe im Deutschen Institut für Urbanistik, Berlin, 07.-08.10.2010
„NUR“ SCHWIERIG – ODER SCHON GEFÄHRDET? „Bei der Einschätzung einer „Gefährdung des Kindeswohls“ (§§8a SGB VIII, 1666 Gefährdung BGB) geht es also um die fachlich geleitete Einschätzung von Art, Erheblichkeit und Wahrscheinlichkeit von Schädigungen. Hilfebedarf Primäres Ziel dabei ist es nicht, ein wie auch immer geartetes positiv definiertes Fördern und Unterstützen Kindeswohl sicher zu stellen, sondern Ziel ist es Gefahren abzuwenden.“ (Schone R. 2012) 5
KINDESWOHLGEFÄHRDUNG – EINE DEFINITION? Die Rechtsprechung versteht unter Kindeswohlgefährdung „(…) eine gegenwärtig in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussagen lässt…“ (Quelle: BGH FamRZ 1956, S. 350 = NJW 1956, S. 1434) Kindeswohlgefährdung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der zu seiner Ausfüllung immer subjektiver Wertungen bedarf. Deshalb kann es keine allgemeingültige Beschreibung einer Kindeswohlgefährdung geben. Ob ein Kind gefährdet ist, kann nur in einem kooperativen Verfahren unter Beteiligung der Betroffenen und der Integration unterschiedlicher Sichtweisen beurteilt werden. Dieser Prozess der Gefährdungseinschätzung ist der Schlüssel zu einem qualifizierten Kinderschutz.
WELCHE EINSCHÄTZUNGSAUFGABEN STELLEN SICH BEI MÖGLICHEN GEFÄHRDUNGSLAGEN? 3 zentrale Fragen 1. Was tun die Sorgeverantwortlichen Schädigendes bzw. welches Notwendige unterlassen sie? 2. Welche Schädigungen sind bereits eingetreten bzw. mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten? 3. Aufgrund welcher tatsächlichen Umstände muss davon ausgegangen werden, dass die Sorgeberechtigten selbst nicht bereit oder in der Lage sind, die vorhandenen Gefahren abzuwehren?
SCHUTZAUFTRAG FÜR KINDER UND JUGENDLICHE - RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN Der Schutzauftrag für Kinder und Jugendliche und das entsprechende Verfahren sowie die Aufträge der beteiligten Fachkräfte wird durch die gesetzlichen Regelungen definiert. Hier werden auch die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit der Lehr- und Fachkräfte in beruflichen Schulen und die Kooperation mit dem Jugendamt bei Verdacht auf Gefährdungen von Schüler/innen gesetzt.
§8a SGB VIII, Schulgesetz, Bundeskinderschutzgesetz… Was gilt und vor allem für wen? RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN DES SCHUTZAUFTRAGS DER GANZTAGSSCHULE
DIE VERANTWORTUNGSGEMEINSCHAFT IN DER GANZTAGSSCHULE - WAS GILT FÜR WEN? § 8a Abs. 4 SGB VIII § 4 KKG § 8b SGB VIII Freie Träger der Kinder- und Kinder- und Jugendnahe beruflicher Kontakt Jugendhilfe Berufsgeheimnisträger (außerhalb der JH) (außerhalb der JH) Fachkräfte der Schulsozialarbeit Mitarbeiter/innen des Lehrkräfte §42, Abs.6 Sekretariats / -pädagogik SchulG NW Erzieher/innen und Schulleitung Schulhausverwalter/innen sozialpädagogische Fachkräfte im Ganztag Fachkräfte der Schulsozialarbeit Seelsorger/in / - pädagogik Integrationshelfer/innen Übungsleiter/innen in Nachmittagsangeboten wenn sie NICHT bei einem freien jeweils, wenn sie bei einem freien Träger der Jugendhilfe angestellt sind Träger der Jugendhilfe angestellt sind …
SCHUTZAUFTRAG DER FREIEN TRÄGER DER JUGENDHILFE - § 8A ABS. 4 SGB VIII In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach Gewichtige Anhaltspunkte diesem Buch erbringen, ist [vom öffentlichen Träger wahrnehmen der Jugendhilfe] sicherzustellen, dass 1. deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungsrisiko mit insoweit Gefährdungseinschätzung vornehmen, erfahrener Fachkraft (IseF) einschätzen 2. bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie 3. die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Personensorgeberechtigte und Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung Jugendliche in die Gefährdungs- einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame einschätzung einbeziehen Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
SCHUTZAUFTRAG DER FREIEN TRÄGER DER JUGENDHILFE - § 8A ABS. 4 SGB VIII In die Vereinbarung ist neben den Kriterien für Personensorgeberechtigte zur Annahme von Hilfen beraten die Qualifikation der beratend und motivieren hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft insbesondere die Verpflichtung Eltern über die Mitteilung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger informieren wenn dadurch der bei den Personensorgeberechtigten auf die Schutz des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung Jugendamt informieren, wenn die Gefährdung nicht nicht anders abgewendet werden kann. abgewendet werden kann
DIE KINDER- UND JUGENDNAHEN BERUFSGEHEIMNISTRÄGER NACH §4 KKG Ärztinnen oder Ärzte, Hebammen oder Entbindungspfleger, Angehörige anderer staatlich anerkannten Heilberufe; Berufspsychologinnen oder –psychologen; Ehe- Familien. Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -berater; Beraterinnen oder Berater in anerkannten Suchtberatungsstellen; Mitglieder einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle; Staatlich anerkannte Sozialarbeiter/innen bzw. Sozialpädagog/innen Lehrerinnen oder Lehrer an öffentlichen Schulen Lehrerinnen und Lehrer an anerkannten privaten Schulen
AUFTRÄGE DER KINDER- UND JUGENDNAHEN BERUFSGEHEIMNISTRÄGER GEMÄß §4 KKG Bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung… Erörterung der Situation mit den Jugendlichen und Personensorgeberechtigten Hinwirken auf Hilfeannahme Anspruch auf (pseudonymisierte) Beratung durch eine „insoweit erfahrene Fachkraft“ bei der Gefährdungseinschätzung Befugnis zur Information des Jugendamtes
SCHUTZAUFTRAG DER SCHULEN (GEMÄß SCHULGESETZ NRW) §42 Allgemeine Rechte und Pflichten aus dem Schulverhältnis (6) Die Sorge für das Wohl der Schülerinnen und Schüler erfordert es, jedem Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung nachzugehen. Die Schule entscheidet rechtzeitig über die Einbeziehung des Jugendamtes oder anderer Stellen. Adressierte Personen Bundesrecht Eingriffsschwellen Landesrecht Verfahren
WEITERE PERSONENGRUPPEN GEMÄß § 8B SGB VIII Alle Personengruppen, die (1) Personen, die beruflich in Kontakt außerhalb der Jugendhilfe mit Kindern oder Jugendlichen beruflich mit Kindern arbeiten stehen, haben bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung im Einzelfall gegenüber dem örtlichen Anspruch auf Beratung durch eine Kinderschutzfachkraft Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Der öffentliche Träger ist verantwortlich für die Sicherstellung der Beratungsleistung
BETEILIGTE FACHKRÄFTE IM KINDERSCHUTZ § 8a Abs. 4 § 4 KKG § 8b SGB VIII Freie Träger der Kinder- und Berufsgeheimnisträger beruflicher Kontakt Jugendhilfe (außerhalb der JH) (außerhalb der JH) Keine rechtlichen Vorgaben zu Rechtliche Vorgaben zur Wahrnehmung Rechtliche Vorgaben zur Wahrnehmung Verfahrensschritten des Schutzauftrages des Schutzauftrages Pflicht zur Hinzuziehung einer Anspruch auf eine Anspruch auf eine Kinderschutzfachkraft Kinderschutzfachkraft Kinderschutzfachkraft in Vereinbarungen nach§ 8a Abs. 4 Gegenüber dem öffentlichen Träger Gegenüber dem öffentlichen Träger Bei der Einschätzung des Bei der Einschätzung des Bei der Einschätzung des Gefährdungsrisikos Gefährdungsrisikos Gefährdungsrisikos Pflicht zur Information des Befugnis zur Information des Jugendamtes, wenn Gefährdung nicht Jugendamtes anders abwendbar
KINDERSCHUTZ MACHT SCHULE Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes Konkretisierung Schutzauftrag der Jugendhilfe (neue Fassung§8a SGB VIII) Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung (§4KKG) Einführung §42 Abs.6 Schulgesetz NRW 2015 Schutzauftrag der Schule 2012 Einführung §8a SGB VIII 2007-2011 Präzisierung des Schutzauftrags der Kinder- und 2006 Jugendhilfe 2005
Vom gemeinsamen Anliegen „Kinderschutz“ zur strukturierten Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule vor Ort DEN STEIN INS ROLLEN BRINGEN
„KINDERSCHUTZ“ GEHT NUR GEMEINSAM! Typische Fehler in dramatisch verlaufenen Kinderschutzfällen: mangelnde Kommunikation mangelnde Kenntnis über eigene Pflichten im Kinderschutz - "Zuständigkeitsphantasien" Unkenntnis über das jeweils andere Arbeitsfeld und seine Handlungslogik Bewertung einer Gefährdung mit Blick aus der eigenen Fachrichtung - Anspruch auf Deutungshoheit Mangel in der Qualität der Einschätzung - unwirksame Hilfen Quelle: Schimke / Discher 2014
„KINDERSCHUTZ“ GEHT NUR GEMEINSAM! Typische Fehler in dramatisch verlaufenen Kinderschutzfällen: unklare Aufträge, mangelnde Transparenz, unzureichende Dokumentation Datenschutz als Vorwand für mangelnde Kommunikation mangelnde Evaluation für Qualitätsentwicklung Mangel an Zeit für Kooperation Quelle: Schimke / Discher 2014
„KINDERSCHUTZ“ GEHT NUR GEMEINSAM! Gelingender Kinderschutz hängt nicht nur am Engagement einer Institution oder einzelner Lehr- und Fachkräfte im Einzelfall ab Fällt immer schon auf einen gewissen Boden der bisherigen Kooperation Um einen wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen zu erreichen, müssen Vertreter/innen aller wichtigen Sozialisationsfelder, die mit betroffenen Minderjährigen in Kontakt stehen und sie nach der Maßgabe ihres gesetzlichen Auftrags betreuen, erziehen und bilden, zusammenwirken und ihrerseits jeweils einen Teil der Verantwortung für die Gestaltung geeigneter Hilfe- und Schutzmaßnahmen übernehmen. Kooperativer und partizipativer Kinderschutz!
WER KOOPERIERT IM KOOPERATIVEN KINDERSCHUTZ? Jugendamt / Kommune Vereinbarung zwischen Schule Vereinbarung zwischen Träger und Jugendamt und Jugendamt Kinder, Jugendliche, Eltern Lehrkräfte / Fachkräfte/ Schule Verfahrensabsprachen zwischen den verschiedenen Träger Professionen / Fachkräften im Ganztag Schulsozialarbeit Quelle: Mavroudis,A., LVR
WAS BRAUCHT ES? Zu allererst: Einen Prozess des gegenseitigen Kennenlernens! Lehrkräfte müssen zumindest im Grundsatz verstehen, wie der Allgemeine Soziale Dienst im Jugendamt (ASD) aufgebaut ist, wie Fälle zugeordnet werden, welche Handlungsmöglichkeiten der ASD hat und wo den Fachkräften von Rechts wegen ‚die Hände gebunden sind‘. Die Fachkräfte des ASD müssen verstehen, wie die Schule arbeitet, welche Aufgaben Lehrkräfte, Schulleitung, Beratungslehrkräfte und, wenn vorhanden, die Fachkräfte im außerunterrichtlichen Bereich und/oder Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter haben. Und sie müssen erfahren, dass Lehrkräfte Nöte von Kindern und Jugendlichen tagtäglich erleben. Dazu gehört, dass die Akteure selbst sich persönlich begegnen. Erst dadurch wird Kooperation lebendig und kann das notwendige gegenseitige Vertrauen wachsen. Die jeweiligen 'Sprachen' müssen verstanden werden. Was verstehen Lehrkräfte unter Kinderschutz? Was meinen Fachkräfte des ASD, wenn sie von Kinderschutz reden? Eine Verständigung hierüber ist zwingend notwendig.
WAS BRAUCHT ES (NOCH)? A Vernetzung und B Partizipation und C Hinsehen + Kooperation Beteiligung gemeinsam Handeln Wer muss was beim KS tun? Begriffsbestimmung und Kinderrechte Einigung über den „Kümmerer“ für den KS in der GTS Gegenstandsbereich Klischeetabelle + Kleines Wörterbuch Kinderschutz – auch für „Schule – Jugendhilfe“ Bildungs- und Jugendliche? Kooperationsvereinbarungen in Theorie Erziehungs- und Praxis partnerschaft Sexualisierte Gewalt Fachberatung durch innerhalb- und außerhalb Kinderschutzfachkräfte der Schule Rückmeldung und Datenschutz Beteiligung und Kinderschutz und Erzieherische Gemeinsame Fortbildungen und Beschwerde Förderung – ist jetzt alles Veranstaltungen Kinderschutz? Verfahrensabläufe für den Einzelfall, Netzwerke, Evaluation und Fehlermanagement
WORKSHOPS
DANKESCHÖN!
„DEN STEIN INS ROLLEN BRINGEN…“ KONTAKT Dirk Fiegenbaum / Milena Bücken Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Nordrhein-Westfalen Institut für soziale Arbeit e.V. (ISA) Friesenring 40 48147 Münster Tel: 0251 / 200799-0 Fax: 0251 / 200799-10 Email: serviceagentur.nrw@ganztaegig-lernen.de Internet: www.ganztag.nrw.de www.nrw.ganztaegig-lernen.de www.ganztag-blk.de
Sie können auch lesen