Der deutsche Staat gibt vor, dass wir nicht existieren": Die Arbeits- und Rechtssituation von ukrainischen Care-Migrantinnen in Deutschland

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Der deutsche Staat gibt vor, dass wir nicht existieren": Die Arbeits- und Rechtssituation von ukrainischen Care-Migrantinnen in Deutschland
Der deutsche Staat gibt vor,
                                                        dass wir nicht existieren“: Die
                                                        Arbeits- und Rechtssituation
                                                        von ukrainischen Care-
                                                        Migrantinnen in Deutschland
                                                        Autor: Tetiana Goncharuk

                                                        Erschienen 2020 in Migration und Soziale Arbeit
                                                        (ISSN 1432-6000), Ausgabe 3, 8 Seiten, (Seite
                                                        243)

 Alle Artikel dieser Ausgabe
         Editorial
         Neuordnung des Zuwanderungsregimes für Fachkräfte durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz:
         Veränderungen, Potentiale, Herausforderungen und Handlungsansätze
         Wo wenig viel bewirken könnte: Nach- und Weiterbildungsmöglichkeiten für hochqualifizierte
         Zugewanderte auf dem steinigen Weg in den deutschen Arbeitsmarkt
         Arbeitsintegration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund
         Der Arbeitsmarkt als Selektions- und Integrationsinstanz – Ausbildungs- und Berufsverläufe von
         Second@s in der Schweiz im Zeichen von Ungleichheit, Unsicherheit und Selbstoptimierung
         Dis-Qualifiziert? Frauen mit Migrationshintergrund am Arbeitsmarkt in Deutschland
         Der deutsche Staat gibt vor, dass wir nicht existieren“: Die Arbeits- und Rechtssituation von
         ukrainischen Care-Migrantinnen in Deutschland
         „Also, jeden Tag ist was!“ – Oder von der getarnten Ubiquität rassistischer Ausschlusspraktiken in der
         Pflegeausbildung
         Helfen im Kontext neuer Arbeitsteilungen!?
         Griechische Selbständige in Frankfurt
         Exile Narratives: Erwartungen syrischer Geflüchteter an ihre neue Heimat vor und nach der
         Fluchterfahrung
         Neue Bücher und Materialien

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    „Der deutsche Staat gibt vor, dass wir nicht
    existieren“: Die Arbeits- und Rechtssituation von
    ukrainischen Care-Migrantinnen in Deutschland

    Tetiana Goncharuk

    Heutzutage benötigt Deutschland dringend                  herzlich, fleißig und fürsorglich dargestellt
    zusätzliche Care-Arbeitskräfte, insbesondere              (vgl. Schilliger 2012: 68 ff.). Darüber hinaus
    im Altenpflegebereich1. Zahlreiche Studien                haben sich prekäre Arbeitsstandards in der
    bestätigen die Tatsache, dass solche Versor-              privaten Pflege für immigrierte Pflegekräfte
    gungslücken meistens durch osteuropäische                 manifestiert: 24-Stunden-Betreuung, 7-Ta-
    Migrantinnen abgedeckt werden (vgl. Winkler               ge-Woche, niedriges Gehalt und wenig sozia-
    2011: 26; Lutz 2018: 32 ff.; Karakayali 2010:             ler Schutz (vgl. Vogt 2019: 221 ff.; Lutz 2018:
    23 ff.). Darüber hinaus sind in Deutschland               27 ff.). Die Pflegerinnen sind nicht nur für die
    mindestens 300.0002 Care-Arbeiterinnen aus                Pflege, sondern auch für alle Aufgaben zu-
    Osteuropa tätig (vgl. Emunds 2016: 12). Oft-              ständig, die im Haushalt einer pflegebedürf-
    mals handelt sich es um Pendelmigrantinnen:               tigen Person anfallen, das heißt, sie werden
    Frauen, die zwischen zwei Ländern bzw. zwei               in erster Linie als Hilfskraft der deutschen
    Haushalten pendeln (vgl. Schilliger 2015:                 Familie betrachtet (vgl. Lutz 2018: 21). In die-
    168; Haidinger 2013). Die Besonderheit ihrer              sem System üben die Frauen ihre Arbeit in
    Beschäftigung in Deutschland ist die 24-Stun-             Haushalten für eine festgelegte Zeit zwischen
    den-Pflege, die dadurch gekennzeichnet ist,               sechs Wochen bis zu drei Monaten aus, um
    dass die Frauen in der Familie der betreuten              dann in ihren eigenen Haushalt zurückkeh-
    Pflegeperson leben (sogenannte „live-in-Be-               ren. Im Pflegehaushalt werden sie von einer
    schäftigung“).                                            anderen Pflegerin ersetzt (vgl. Lutz 2018: 32
    Das Fehlen einer präzisen deutschen Ge-                   ff.). Wie andere osteuropäische Pflegerinnen
    setzgebung zum Schutz der Rechte von Ca-                  bilden Care-Arbeiterinnen aus der Ukraine
    re-Arbeiterinnen auf der einen Seite und der              einen bedeutenden Teil dieses Arbeitsmark-
    fehlende politische Wille zur Reform bezie-               tes.
    hungsweise Regulierung des Pflegebereichs                 Dieser Beitrag hat das Ziel, Wissen zu über
    in Privathaushalten sowie die wachsende                   Rechtsgrundlagen und Wegen von Ukraine-
    Zahl von pflegebedürftigen Personen auf der               rinnen in den deutschen Care-Arbeitsmarkt
    anderen Seite haben zur Etablierung eines al-             sowie deren Arbeitssituation in Deutschland
    ternativen globalisierten Care-Arbeitsmarkts              aus einer Menschenrechtsperspektive bei-
    geführt (vgl. Lutz 2018: 30). Dieser Arbeits-             zutragen. Er basiert auf den Ergebnissen
    markt ist dadurch gekennzeichnet, dass er                 der von der Autorin durchgeführten wissen-
    überwiegend von Migrantinnen durchgeführt                 schaftlichen Projektarbeit „Lebens- und Ar-
    wird (ebd.: 23) und stark ethnisiert sowie ste-           beitsbedingungen von Care-Migrantinnen aus
    reotypiert wird (vgl. Schilliger 2015: 161 ff.).          der Ukraine“ (Goncharuk 2019). Im Rahmen
    Frauen aus Osteuropa werden als besonders                 dieser Forschung wurden insgesamt sechs

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       leitfadenzentrierte, qualitative Interviews mit          gar nicht möglich. Darüber hinaus wurden
       Care-Arbeiterinnen aus der Ukraine geführt               zwischen der Ukraine und Deutschland keine
       und vier davon mit der Methode der qualita-              speziellen bilateralen Verträge abgeschlossen,
       tiven Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring                die die Arbeitsmigration zwischen den beiden
       (2015) ausgewertet. Die Namen der Frauen                 Ländern regulieren. Im Gegensatz dazu gibt es
       wurden anonymisiert.                                     solche Vereinbarungen zwischen der Ukraine
                                                                und Polen: Das Verfahren zur Erlangung eines
       Vermittlungsketten von der Ukraine nach                  Arbeitsvisums für die Arbeit in Polen wurde
       Deutschland                                              für Ukrainer*innen vereinfacht. Darüber hi-
       Ukrainische Care-Arbeiterinnen sind zu ei-               naus sind Ukrainer*innen seit Juni 2017 von
       nem Teil der transnationalen Care-Migrati-               der Visumspflicht in allen Schengen-Ländern
       onsbewegung geworden (vgl. Lutz 2018: 32                 befreit und haben somit das Recht, sich alle
       ff.). Transnationale Migration ist ein bi- oder          sechs Monate für 90 Tage in der Europäischen
       multidirektionaler Prozess von Menschen, der             Union aufzuhalten. Dies ist nur für Besitzer*in-
       grenzüberschreitende Kontakte, Verbindun-                nen eines biometrischen Passes möglich. Die
       gen und Beziehungen beinhaltet, die zwei oder            Visumfreiheit berechtigt allerdings nicht zur
       mehr Staaten oder Gesellschaften verbinden               Aufnahme von Erwerbsarbeit.
       (vgl. Amelina 2017: 58). Die Besonderheit der            Die Care-Arbeit im Privathaushalt in Deutsch-
       transnationalen Care-Migration in Europa be-             land ist nicht ausreichend geregelt (vgl.
       steht darin, dass sie nicht nur eine Bewegung            Scheiwe 2015: 37 ff.) und grundsätzlich gibt
       von weiblichen Arbeitskräften von Osten in den           es „spezielle Kontrollmöglichkeiten dieser
       Westen repräsentiert, sondern auch Ost-Ost-Mi-           Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland
       grationsströme umfasst (vgl. Lutz 2018: 26).             nicht“ (Wissenschaftliche Dienste des Deut-
       Laut Nausikaa Schirilla wird Migration nicht             schen Bundestages 2016: 6). Die Privatsphäre
       nur durch Politik, sondern auch durch wei-               hingegen ist durch das deutsche Recht sehr
       tere Faktoren gesteuert, folglich bilden sich            gut geschützt (Artikel 13 des Grundgesetzes:
       ständig neue Migrationswege (vgl. Schirilla              „Die Wohnung ist unverletzlich“). Dies ermög-
       2012: 133). In diesem Zusammenhang ist es                licht den Aufbau halb-legaler beziehungswei-
       bemerkenswert, auf welche Weise Ukrainerin-              se illegaler Beschäftigungsformen auf dem
       nen nach Deutschland einwandern, um hier                 deutschen Arbeitsmarkt.
       arbeiten zu können, da die direkte Rekrutie-             Da der direkte Weg für ukrainische Frauen in
       rung der Pflegekräfte von der Ukraine nach               den meisten Fällen offiziell verschlossen oder
       Deutschland in den meisten Fällen unmöglich              sehr kompliziert ist, wird die Pendelarbeits-
       beziehungsweise sehr schwierig ist. Hinter-              migration aus der Ukraine nach Deutsch-
       grund dafür ist das komplizierte Verfahren               land meistens über Polen organisiert. Diese
       für Menschen aus der Ukraine zur Erlangung               dreigliedrige Organisationskette ist wie eine
       einer Arbeitsgenehmigung für eine solche Be-             „stillschweigende Garantie“ für einen Zu-
       schäftigung insbesondere im Privathaushalts-             strom von weiblichen Arbeitskräften von Ost
       bereich und damit verbunden auch eines Vi-               nach West. Deutsch-polnisch-ukrainische Ver-
       sums. Da die Ukraine kein EU-Mitglied ist, gilt          mittlungsagenturen spielen in diesem Prozess
       sie in verschiedenen deutschen Arbeits- und              eine zentrale Rolle (Goncharuk 2019: 18 ff.).
       Migrationsübereinkommen als sogenannter                  Die Beschäftigung bei deutschen Familien
       Drittstaat. Aus diesem Grund ist der Zugang              wird mit einer polnischen Arbeitserlaubnis or-
       zum deutschen Arbeitsmarkt für ukrainische               ganisiert, und zwar oftmals als zivilrechtlicher
       Arbeitskräfte rechtlich begrenzt (nur mit ei-            Vertrag dem sogenannten „Umowa zlecenia“.
       ner speziellen Arbeitserlaubnis und nur für              Der „Umowa zlecenia“ ist kein Teil des polni-
       bestimmte Berufsgruppen) beziehungsweise                 schen Arbeitsgesetzbuches und die gesetzli-

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    chen Arbeitsregelungen beziehungsweise die                in Deutschland arbeiten, haben in der Regel
    sozialen Leistungen sind für Care-Arbeiterin-             jedoch keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis
    nen begrenzt. Yaroslawa, 52-jährige Care-Ar-              in Polen und sind dort auch nicht ordnungsge-
    beiterin aus der Ukraine, erzählt auf diese               mäß als Pflegerinnen beschäftigt. Deshalb ist
    Weise darüber: „Wir arbeiten über die polni-              dieses Modell in der Realität nicht legal und
    sche Agentur. Aber es gibt ein solches Ding wie           verschärft die prekären Arbeitsbedingungen
    umowa zlecenia. Das heißt ich schließe einen              der Frauen weiter (vgl. Goncharuk 2019: 20).
    Vertrag für nur drei Monate oder für ein hal-             Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Entloh-
    bes Jahr oder für ein ganzes Jahr ab. Obwohl              nung, die sich nicht am aktuellen gesetzli-
    die Frau für 10-15 Jahre bei einer polnischen             chen Mindestlohn in Deutschland orientiert,
    Agentur arbeitet, werden trotzdem keine Pen-              sondern im Einfluss- und Wohlwollensbe-
    sionskassenbeiträge gezahlt. Heute gibt es die            reich der Agenturen liegt, die ihre Spielre-
    Arbeit. Und morgen nicht. So funktioniert das!            geln durchsetzen. Ein Teil des Verdienstes
    Niemand denkt an die Zukunft. Keine Agentur               der Frauen geht an die Agenturen. Je mehr
    wird später für uns die Rente zahlen. Es ist ein          Vermittlungsagenturen ins Spiel kommen,
    Einkommen nur für heute“.                                 desto niedriger ist das tatsächliche Gehalt für
    Die Agenturen geben den Frauen oftmals fal-               die Frauen: „Die Agentur erhält die Bezah-
    sche Informationen, die sie in die Irre führen:           lung von der Familie. Nein, andersrum. Ich
    Sie präsentieren die Arbeit mit der polnischen            bin diejenige, die mit meinen eigenen Händen
    Arbeitserlaubnis in Deutschland als Form der              arbeiten muss, damit die deutsche Agentur
    legalen Beschäftigung für die Ukrainerinnen.              die Bezahlung erhält. Damit alle in der Agen-
    Sie argumentieren, dass dies innerhalb der                tur teure Autos kaufen können. Und damit
    Europäischen Union nach dem EU-Recht für                  die polnischen Agenturen auch vielleicht ein
    einen Zeitraum von bis zu 90 Tagen zulässig               bisschen billigere Autos kaufen können. Und
    ist. Yaroslawa erzählt darüber weiter: „Ich ar-           die Frauen, die über ukrainische Agenturen
    beite über die polnische Agentur, sozusagen               arbeiten, finanzieren dann auch Autos, mög-
    legal. Ich unterschreibe einen Arbeitsvertrag             licherweise noch etwas günstigere Autos für
    in polnischer und deutscher Sprache. Das                  die ukrainischen Agenturen“ (Yaroslawa).
    heißt, dass sowohl die deutsche Agentur, als              Die Bezahlung, die die Frauen tatsächlich
    auch die Pflegefamilie wissen, dass ich eine              erhalten, liegt meistens zwischen 800 und
    Bürgerin der Ukraine bin.“ Das Modell basiert             1.500 Euro pro Monat. Ausgehend vom deut-
    auf der Grundlage der EU-Rechtsprechung                   schen Mindestlohn3 müsste die Vergütung für
    bezüglich der Dienstleistungsfreiheit, die be-            eine 24-Stunden-Betreung ohne freies Wo-
    sagt, dass Menschen aus nicht EU-Ländern,                 chenende auch abzüglich von Kost und Logis
    die zum Beispiel legal in Polen arbeiten, in              um ein Mehrfaches höher sein. Darüber hin-
    Deutschland ebenfalls bis zu 90 Tage beschäf-             aus hängt die Bezahlung grundsätzlich vom
    tigt sein können. Sie müssen jedoch über ei-              Niveau der Deutschkenntnisse ab und wird
    nen unbefristeten polnischen Aufenthaltsti-               für jede Mitarbeiterin unterschiedlich be-
    tel verfügen und ihre Hauptbeschäftigung                  rechnet und spezifisch festgelegt. Insgesamt
    in Polen haben, das heißt, dort regelmäßig                lässt sich die Rekrutierung über Agenturen
    arbeiten. Unter diesen Bedingungen hat die                als einen dynamischen Prozess mit verschie-
    polnische Agentur das Recht, ihre Mitarbei-               denen Etappen bezeichnen: Ausfüllen des
    ter*innen aus Nicht-EU-Ländern zur Erfül-                 Bewerbungsformulars, Gespräch mit Koordi-
    lung eines bestimmten Auftrags in ein ande-               nator*innen, Überprüfung der Deutschkennt-
    res EU-Land bis zu 90 Tagen zu entsenden                  nisse, Kontaktaufnahme mit der deutschen
    (vgl. Deutsche Auslandsvertretungen in Polen              Familie: „Die Familie kann eine bestimmte
    2019: 1). Ukrainische Care-Arbeiterinnen, die             Person auswählen. Dein Lebenslauf wird an

                                                         THEMENSCHWERPUNKT        3 - 2020      245
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       sie gesendet, und sie entscheidet, ob du passt           men 189)4 ratifizierte, das die in Haushalt und
       oder nicht. Dann wählen sie aus. Es hängt                Familie verrichteten Tätigkeiten als Arbeit
       alles davon ab, wie viel die Familie selbst              anerkennt, konnte die Situation der Pendel-
       zahlen kann und wie viel sie pro Monat für               migrantinnen dadurch nicht wesentlich ver-
       die Pflege ausgeben könnte. Deshalb wählt                bessert werden, da der Staat die durch Artikel
       sie eine Person mit oder ohne Deutschsprach-             2 der Konvention gebotene Möglichkeit nutzt,
       kenntnisse“ (Yaroslawa).                                 bestimmte Gruppen von Arbeitnehmer*innen
       Läuft der Weg zum deutschen Care-Arbeits-                ganz oder teilweise vom Geltungsbereich die-
       markt über private polnische Vermittlungsper-            ses Übereinkommens auszunehmen (vgl. Lutz
       sonen, dann sind Vermittlungsleistungen zwi-             2018: 30). Das Fehlen rechtlicher Grundlagen
       schen 100 und 350 Euro zu zahlen. Es gibt                kann zum Aufbau prekärer Arbeitsbeziehun-
       auch Fälle, in denen die Bezahlung für die               gen beitragen. Der Internationalen Arbeits-
       Vermittlung von privaten Personen die Voraus-            organisation (ILO) zufolge ist prekäre Arbeit
       setzung für die Fortsetzung der Beschäftigung            sowohl durch objektive (rechtlicher Status)
       war. Yaryna, 47-Jährige Care-Arbeiterin aus              als auch durch subjektive Merkmale von Un-
       der Ukraine, hat dies als „Geschäft mit Men-             sicherheit und Ungewissheit gekennzeichnet
       schen“ bezeichnet: „ ihre Freundin hat              und charakterisiert sich unter anderem durch
       einer Ukrainerin 100 Euro gegeben, damit sie             verschleierte oder unklare Arbeitsverhältnis-
       ihr den Kontakt der polnischen Vermittlungs-             se und den fehlenden Zugang zu sozialem
       frau erstellt. Diese polnische Frau hat ihrer-           Schutz. Darüber hinaus ist die prekäre Be-
       seits nochmal 350 Euro von dieser Frau ge-               schäftigung im allgemeinsten Sinne ein Mittel
       nommen. Später sagte diese Polin dann, dass              für Arbeitgeber*innen, Risiken und Verant-
       – wenn sie weiterarbeiten will – sie für jeden           wortung auf die Arbeitnehmer*innen abzu-
       Zwei-Monats-Einsatz 350 Euro zahlen sollte.              wälzen (vgl. ILO 2012: 27). Die Beschäftigung
       Wenn sie nicht damit einverstanden sei, wür-             von ukrainischen Frauen in deutschen Fami-
       de sie keine weitere Arbeit mehr erhalten und            lien erfolgt, wie oben erwähnt, in den meisten
       diese Stelle würde dann einer anderen Person             Fällen ohne gültige Arbeitserlaubnis (illegaler
       angeboten. Es war solche Geschichte. Die Frau            Rechtsstatus und begrenzte Möglichkeiten,
       musste insgesamt 450 Euro zahlen. Alles was              ihn zu ändern), und ist oftmals mit einem Ge-
       sie verdient hatte, musste sie anderen abge-             fühl der Angst und der Unsicherheit (subjek-
       ben. Mir sind zwei solche Fälle bekannt. Eine            tives Gefühl der Arbeitssituation) verbunden.
       Frau muss alle drei Monate zahlen, eine ande-            Darüber hinaus werden den Ukrainerinnen
       re alle zwei Monate. Das ist ein Geschäft mit            jegliche sozialen Garantien vorenthalten – das
       Menschen.“                                               Recht auf bezahlten Urlaub, freie Tage, Kran-
       Solche mehrkettenförmigen Migrationsrou-                 ken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
       ten wirken sich zum einem auf den gesam-                 Die Analyse der Interviews zeigte, dass die
       ten Prozess der Globalisierung des Arbeits-              ukrainischen Care-Arbeiterinnen in der Re-
       marktes der häuslichen Pflege aus (vgl. Lutz             gel keinen normierten Arbeitstag haben. Es
       2018: 34 ff.) und zum anderen führen sie zum             gibt oftmals grundsätzlich keine klaren Re-
       Aufbau sogenannter „Business in Business“-               geln hinsichtlich der festgelegten Arbeitszeit.
       Modellen (vgl. Goncharuk 2019: 16ff.).                   Obwohl es in einigen Fällen eine Einigung
                                                                über Pausen und einen Ruhetag gibt, müssen
       Arbeitsbedingungen der ukrainischen Care-                Frauen jedoch faktisch rund um die Uhr sie-
       Arbeiterinnen in Deutschland                             ben Tage pro Woche arbeiten: „Es gibt keine
       Trotz der Tatsache, dass Deutschland das                 deutlichen Grenzen.  Es dauert jeden Tag
       Übereinkommen über menschenwürdige Ar-                   von morgens bis abends, so lange bis die Oma
       beit für Hausangestellte (ILO-Übereinkom-                schlafen geht. Und dann... falls es nötig ist,

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    muss ich auch in der Nacht aufstehen, wenn                Kopf installiert. Auf diese Weise kann auch sie
    sie mich ruft. Falls sie etwas braucht, falls ich         von ihrem Ex-Mann über 24 Stunden beob-
    ihr etwas geben muss oder mit etwas helfen                achtet werden: „ [die Kamera steht] ge-
    sollte“, erzählt Nataliya, 52-jährige ukraini-            genüber von ihrem Gesicht. Er sieht alles, was
    sche Care-Arbeiterin. In einigen Fällen ver-              sie macht. Und er sieht alles, was ich mache“
    spricht die Familie den Frauen formal einen               (Iryna). In dieser Situation werden zwei pro-
    freien Tag. Trotzdem müssen sie an diesem                 blematische Aspekte deutlich. Der erste liegt
    Tag zum Beispiel Frühstück oder Mittagessen               in dem Bereich der geschlechtsspezifischen
    vorbereiten. Das heißt, in der Realität können            Machtverhältnisse: Die Beobachtung von
    die Frauen ihre Freizeit nicht selbst gestalten:          zwei Frauen erfolgt durch einen Mann. Der
    „Ich habe kein Wochenende. Früher mussten                 zweite problematische Aspekt liegt im recht-
    wir keinen Kaffee machen. Aber jetzt habe                 lichen Bereich: Laut Art. 3 der Pflege-Charta
    ich nur Pause bis 15 Uhr. Dann möchte die                 Deutschlands hat jeder hilfe- und pflegebe-
    Frau, dass ich Kaffee für sie vorbereite. Des-            dürftige Mensch das Recht auf Wahrung und
    halb habe ich einen unterbrochenen Tag. Und               Schutz seiner Privat- und Intimsphäre. Wei-
    wenn ich irgendwohin mit meiner polnischen                terhin greifen hier die Rechtsbereiche des
    Freundin gehen möchte, dann muss ich Be-                  Persönlichkeitsrechts und des Datenschut-
    scheid sagen, alles mit der Frau verabreden,              zes: Das heißt, eine solche Videobeobachtung
    mir sozusagen freinehmen. Einmal dachte                   muss als unzulässig gelten.
    ich, dass ich an einem Sonntag nur kochen                 Eine weitere Form der Kontrolle üben deut-
    sollte, aber sie wollte, dass ich mehr arbei-             sche Agenturen, die mit polnischen Agentu-
    te. „Könntest du heute den Rasen mähen?„                  ren kooperieren, aus. Nach der Aussage von
    – sagte sie mal zu mir“ (Yaryna).                         Yaroslawa werden regelmäßig Kontrollen
    Die Arbeit wird sowohl von Agenturen als                  durchgeführt, inwieweit ukrainische Care-Ar-
    auch von direkten Arbeitgeber*innen (von                  beiterinnen ihre täglichen Aufgaben erfüllen:
    der Familie, Verwandten oder von den pflege-              „Die deutsche Seite, sozusagen, kontrolliert
    bedürftigen Personen selbst) auf unterschied-             mich und auch die Familie und leitet alle In-
    liche Weise kontrolliert. Beispielweise wird              formationen an die polnische Agentur weiter,
    die Arbeit von Iryna mit Hilfe einer Videoka-             wie gut jede der Care-Arbeiterinnen arbeitet“.
    mera überwacht. Die Kamera ist im Zimmer                  Es ist bemerkenswert, dass Frauen trotz sol-
    der pflegebedürftigen Frau installiert. Sie               cher prekären Arbeitsbedingungen gar keine
    wird regelmäßig von ihrem Ex-Mann, der die                besonderen Erwartungen an oder Illusionen
    Pflege für sie organisiert hat, überprüft. Nach           über die Arbeit hatten, die sie in Deutschland
    Aussage von Iryna wird sie auf diese Weise                leisten müssen. Sie sehen ihre live-in-Be-
    von ihrem Arbeitgeber in unangemessener                   schäftigung bei der deutschen Familie nicht
    Weise kontrolliert: „Er kontrolliert meine Ar-            aus der Opfer-Perspektive, sondern als eine
    beit. In dem Zimmer steht die Videokamera                 bewusste Entscheidung: „Es ist unsere Ent-
    zur Videobeobachtung. Wenn er möchte, könn-               scheidung. Und niemand ist schuld. Das ist
    te er mich beobachten und alles sehen was                 auch meine Entscheidung. Ich wusste, dass
    ich mache. Meistens nachts. Deshalb kann er               es so schwer sein würde. Aber ich habe mich
    über die Kamera beobachten, was ich mache                 bewusst dafür entschieden“ – fasste es Yaros-
    oder warum ich nicht zu ihr [Kranke] gehe.                lawa zusammen.
    Ich versuche, das nicht zuzulassen“ (Iryna).
    In diesem Fall geht es nicht nur um die Rech-             Unsichtbare Arbeitsverhältnisse
    te der Care-Arbeiterin, sondern auch um die               In Deutschland werden die beschriebenen
    Persönlichkeitsrechte der pflegebedürftigen               Arbeitsbeziehungen oft als Win-Win-Situati-
    Frau. Die Kamera ist gegenüber von ihrem                  on betrachtet (vgl. Lutz 2018: 37): Frauen aus

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       armen osteuropäischen Ländern können auf                 ten dadurch die Möglichkeit, sich in bezahlter
       solche Weise ihre finanzielle Lage verbessern            Arbeit zu engagieren, da Migrant*innen die
       und deutsche Familien können „günstige und               Care-Arbeit im Privathaushalt übernehmen,
       fleißige Arbeitskräfte“ gewinnen. Das Gleich-            die früher traditionell von weiblichen Famili-
       gewicht des Gewinnes verschiebt sich jedoch              enmitgliedern geleistet wurde (vgl. Lutz 2018:
       zugunsten der deutschen Seite, da es in dar-             24).
       gestellten Arbeitsverhältnissen Dinge gibt, die          Die befragten Frauen stellen auch fest, dass
       absichtlich ignoriert oder missachtet werden.            die Haltung vieler Deutschen gegenüber
       Deutlich wird aber vor allem die Diskriminie-            Menschen aus Osteuropa auffällig negativ
       rung entlang von Geschlecht, Klasse und Na-              ist: Osteuropäische Frauen werden nur als
       tionalität und damit eine Benachteiligung, die           Arbeitskräfte für harte Arbeit betrachtet. So
       intersektionell zu analysieren ist (Schilliger           spricht Yaroslawa darüber: „Einige von ihnen
       2012a: 127; Vogt 2019: 226).                             [Deutsche], eigentlich viele von ihnen, sehen
       Die Arbeit der Ukrainerinnen in Deutschland              uns, Ukrainerinnen, aber auch die Frauen
       ist nicht prestigeträchtig und oft ist dies nicht        aus dem Osten, nur als Arbeitskraft“. Für die
       der von den Pflegekräften erlernte Beruf: Alle           Care-Arbeiterinnen geht diese negative Hal-
       befragten Frauen haben Studienabschlüsse,                tung noch tiefer, denn sie beschreiben diese
       sind gut ausgebildet und sprechen neben ihrer            als „Dienen“ und „Unterwerfen“ mithilfe von
       ukrainischen und russischen Muttersprache –              Vergleichen und Metaphern wie: „Wir gelten
       mehr oder weniger – Deutsch, Englisch oder               als Fleisch“, „Wir sind wie eine dritte Klas-
       auch Polnisch. Ihre Stellung im deutschen Ar-            se“ und „Wir erledigen eine Drecksarbeit“. In
       beitsmarkt liegt erstens an der Unterschich-             den Aussagen der Frauen wird auch deutlich,
       tung (Hoffmann-Nowotny 1970), wo Arbeits-                dass es gegenüber unterschiedlichen Osteu-
       migrant*innen tendenziell die „unteren“ Po-              ropäer*innen nochmals spezifische und hie-
       sition einnehmen und die Lücken über einen               rarchisierende Zuschreibungen gibt. Yaryna
       sekundären Arbeitsmarkt füllen müssen: Sie               wurde beispielsweise auf folgende Weise von
       verrichten die am schlechtesten bezahlten                ihrer polnischen Kollegin belehrt „Wir sagen
       und unqualifizierten Arbeiten, die „autocht-             dass du Polin bist. Sag nicht, dass du Ukraine-
       honen“ Arbeitnehmer*innen gewöhnlich ver-                rin bist. Sie [Deutsche] behandelten uns auch
       weigern (vgl. Schilling 2013: 18). Yaroslawa             genauso, als minderwertige Leute. Jetzt ist es
       beschreibt es auf diese Weise: „Meine Chefin             anders geworden – nun behandeln sie euch
       sagte mir mal, dass sie zuerst eine deutsche             als minderwertig. Und euch wird weniger be-
       Frau gesucht hat, die sich um ihre Mutter                zahlt“. Solche Selbstbezeichnungen können
       kümmern könnte. Aber sie hat niemanden ge-               aus der rassismuskritischen Perspektive ana-
       funden. Niemand möchte so arbeiten.“ Zwei-               lysiert werden: In der nationalsozialistischen
       tens geht es um das „Statusparadoxon der                 Ideologie wurden „östlich-slawische Rassen“
       Migration“ (Nieswand 2011). Dieses besteht               als „künftige Arbeitssklaven“ betrachtet.
       im Falle der Care-Arbeit darin, dass Migran-             (vgl. Harten 1996: 9). Inwieweit das faschis-
       tinnen im Herkunftsland der gebildeten Mit-              tische Konstrukt „slawische Arbeitsrasse“ in
       telschicht angehören und gleichzeitig im Ziel-           Deutschland unterschwellig weiterlebt, sollte
       land im unteren Bereich der Sozialhierarchie             nach Helma Lutz im Kontext der Care-Migra-
       ankommen, da sie als unqualifiziert definierte           tion aus Osteuropa vertiefend erforscht wer-
       Arbeit verrichten (vgl. Lutz 2018: 44). Drittens         den (vgl. Lutz 2018: 38).
       wird die Care-Arbeit immer noch als weiblich             Darüber hinaus zeigte die Analyse der Inter-
       vergeschlechtlichte Beschäftigung betrachtet.            views mit ukrainischen Care-Migrantinnen,
       Zu diesem Aspekt kommt jedoch noch ein                   dass sie einen großen Bedarf nach Anerken-
       weiterer hinzu: Die deutschen Frauen erhal-              nung und Respekt haben. Ihre Tätigkeit in

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    Deutschland betrachten die Frauen als eine                  Millionen pflegebedürftigen Menschen (Statisti-
    harte und gleichzeitig schlecht bezahlte Ar-                sches Bundesamt 2017: o.S.).
    beit, die zum Beispiel im Vergleich zu pol-               2 Unter Berücksichtigung der Besonderheiten der
    nischen Care-Arbeiterinnen in Deutschland                   Migrationsprozesse in diesem Bereich und in An-
    auch noch unsichtbar ist. Nach Angabe der                   betracht des Mangels an statistischen Daten ist
    Frauen wissen die Behörden wie Polizei, Zoll                jedoch davon auszugehen, dass die tatsächliche
    und Arbeitsamt, dass Ukrainerinnen hier ille-               Anzahl noch viel höher ist.
    gal beschäftigt sind, das Problem jedoch von              3 Im Jahr 2019 betrug der gesetzliche Mindestlohn
    Deutschland auf der offiziellen Ebene bewusst               9,19 Euro pro Stunde. Für das Jahr 2020 liegt die-
    ignoriert wird. Diese Tatsache löst viel Wut                se Zahl bei 9,35 Euro pro Stunde.
    und Unverständnis aus. Yaroslawa drückt                   4 Im Mittelpunkt der Konvention stehen faire Ar-
    ihre Position sehr lebhaft aus: „Der deutsche               beitsbedingungen und die Entlohnung für Hau-
    Staat gibt vor, dass wir nicht existieren. Und              sangestellte, Care-Arbeitende eingeschlossen.
    das ist dumm! Tatsächlich sind die Hälfte                   Insbesondere schützen die Artikel 8, 10 und 15
    von uns Ukrainerinnen, in jeder Agentur. Und                der Konvention migrantische Arbeitskräfte.
    wir kommen seit Jahren hierher und arbei-
    ten – nicht ein Jahr, nicht zwei, sondern schon           Literatur und Quellen
    mehr als zehn Jahre  Aber sie alle tun               Amelina, Anna (2017): Die transnationale Perspek-
    so, als wäre es nicht da.  Vielleicht ist es           tive in der Migrationsforschung und geschlechter
    auch eine Art Politik (?!)  Warum lassen               sensible Ungleichheitsanalyse. In: Lutz, Helma/
    sie uns nicht offiziell hier arbeiten?!“.                   Amelina, Anna (Hrsg.): Gender, Migration, Trans-
                                                                nationalisierung. Eine intersektionelle Einführung.
    Fazit                                                       Bielefeld.
    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die                Deutsche Auslandsvertretungen in Polen (2019):
    mangelnde Kontrolle über die Arbeitsbedin-                  Visa für Drittstaatsangehörige zur Erbringung ei-
    gungen in Privathaushalten im Pflegebereich                 ner vorübergehenden Dienstleistung in Deutsch-
    und das Fehlen einer klaren gesetzlichen Re-                land, URL https://polen.diplo.de/blob/485836/
    gelung der Pflegearbeit in Privathaushalten                 bfeaf82412d603c80e0a8f18b12aeec8/vande-
    dazu führen, dass ukrainische Care-Migran-                  relst-data.pdf (Zugriff: 08.07.2020), S. 1–2.
    tinnen mit staatlichem Wissen unter prekären              Emunds, Bernhard (2016): Damit es Oma gut geht:
    Bedingungen arbeiten und oft die ungünsti-                  Pflege-Ausbeutung in den eigenen vier Wänden.
    gen Bedingungen von Vermittlungsagentu-                     Frankfurt a.M., S. 13.
    ren oder Vermittlungspersonen akzeptieren                 Goncharuk, Tetiana (2019): Lebens- und Arbeitsbe-
    müssen. Gleichzeitig macht der fehlende An-                 dingungen von Care- Migrantinnen aus der Ukrai-
    spruch auf Arbeitnehmerrechte in Deutsch-                   ne: Projektbericht, MSW 10, Berlin: MRMA, URL:
    land die Bedingungen von Care-Arbeiterin-                   http://www.mrma-berlin.de/Studium/Projekte/
    nen aus der Ukraine noch prekärer. Die Mög-                 (Zugriff: 01.02.2020).
    lichkeiten, für Arbeits- und Sozialrechte zu              Haidinger, Bettina (2013): Hausfrau für zwei Länder
    kämpfen, sind wegen des illegalen Arbeitssta-               sein. Zur Reproduktion des transnationalen Haus-
    tus erheblich einschränkt. Eine Lösung sollte               halts, Münster.
    entsprechend auf einer strukturellen Ebene                Harten, Hans-Christian (1996): De-Kulturation und
    und weniger auf einer persönlichen Ebene                    Germaniseirung. Die nationalsotialistische Ras-
    gefunden werden.                                            sen- und Erziehungspolitik in Polen 1939-1945.
                                                                Frankfurt a.M./New York, S. 9.
    Anmerkungen                                               Hoffmann-Nowotny, Hans-Joachim (1970): Migrati-
    1 Das Statistische Bundesamt nennt in seiner Pfle-          on: ein Beitrag zu einer soziologischen Erklärung.
      gestatistik für 2017 die Zahl von bundesweit 3,4          Stuttgart.

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© Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: ASH Berlin Di, Jan 19th 2021, 19:59

                                   ILO (2012): International Labour Organization,           Schilliger, Sarah (2012a): Die Situation in der
                                     „From precarious work to decent work: outcome            Schweiz: Globalisierung des Arbeitsmarktes. In:
                                     document to the workers‘ symposium on policies           Hitzemann, Andrea/Waldhausen, Anna/Schirilla,
                                     and regulations to combat precarious employ-             Nausikaa (Hrsg.): Pflege und Migration in Europa:
                                     ment“, International Labour Organization, Gen-           Transnationale Perspektiven aus der Praxis. Frei-
                                     eva, ULR: https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/             burg i.Br., S. 124–127.
                                     public/---ed_dialogue/---actrav/documents/             Schilling, Katharina (2013): Transnationale Mig-
                                     meetingdocument/wcms_179787.pdf (Zugriff:                ration und Care-Arbeit: Die soziale Situation von
                                     17.05.2020).                                             philippinischen Arbeitsmigrantinnen in Kanada.
                                   Karakayali, Juliane (2010): Transnational Haushal-         Freiburg i.Br.
                                     ten. Biographische Interviews mit „care workers“       Schirilla, Nausikaa (2012): Migration als Faktum und
                                     aus Osteuropa. Wiesbaden, S. 23–64.                      Menschenrechts. In: Hitzemann, Andrea/Wald-
                                   Lutz, Helma (2018): Die Hinterbühne der Care-Ar-           hausen, Anna/Schirilla, Nausikaa (Hrsg.): Pflege
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                                                 250      3 - 2020      Beltz Juventa | Migration     und   Soziale Arbeit

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