Vergleich der staatlichen Exportkreditversicherungssysteme der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Italien
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Otto-Friedrich-Universität Bamberg Prof. Dr. Johann Engelhard Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Dipl.-Kfm. Knut Saslona Lehrstuhl für Europäisches Management Seminar im Fach „Europäisches Management“ Seminararbeit Sommersemester 1995 Vergleich der staatlichen Exportkreditversicherungssysteme der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Italien vorgelegt von Thomas A. Zimmermann 5. Fachsemester Europäische Wirtschaft Juli 1995 Auf der Höhe 27 DE-78244 Gottmadingen Telefon: ++49 – 7731 – 72166 Telefax: ++49 – 7731 – 72880 E-Mail: thomas@zimmermann-thomas.de Internet: http://www.zimmermann-thomas.de
Zusammenfassung Diese Hausarbeit untersucht die staatlichen Exportkreditversicherungssysteme der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Italien. Zunächst werden kurz die Gründe für Exportförderung erläutert. Anschließend werden das deutsche und das italiensche System einander gegenübergestellt. Die Darstellung schließt mit einem Vergleich der beiden Systeme hinsichtlich möglicher Wettbewerbsverzerrungen und einem Ausblick auf internationale Harmonisierungsbestrebungen. Ein Verzeichnis mit bibliographischen Hinweisen rundet die Darstellung ab. Summary This paper analyses the national (i.e. state run) export credit insurance schemes of the Federal Republic of Germany and of the Republic of Italy. First, the reasons of export promotion are briefly summarised. A detailed explanation of the German and the Italian system follows. The account concludes with a comparison of both systems - especially with regard to possibly trade-distorting effects - and with the prospects for further international harmonisation efforts in this field. Finally, a bibliography includes references to basic literature on the subject. Résumé Cette composition examine les systèmes étatiques pour l'assurance des crédits à l'exportation en Allemagne et en Italie. Tout d'abord, les raisons pour les aides à l'exportation de la part des états nationaux sont brièvement présentées. Ensuite, les principes de fonctionnement des deux systèmes différents sont expliqués. A cela s'ajoute une comparaison des deux systèmes, considérant les effets de distorsion de la compétition et les perspectives pour l'harmonisation internationale des systèmes nationaux. A la fin, le lecteur trouvera quelques indications bibliographiques. Sommario Questa tesina prende in visione i sistemi nazionali del credito all'esportazione in Germania e in Italia. All'inizio, vengono presentate le ragioni per la promozione delle esportazioni da parte degli stati nazionali. Dopo, presentero i due sistemi in dettaglio. In fine di conto, cerco di paragonare i due sistemi per quanto riguarda gli effetti di distorsione della competizione e cerco di tracciare le prospettive per ulteriori sforzi di armonizzazione al livello internazionale. La presentazione conclude con indicazioni bibliografiche. II
Inhaltsverzeichnis Seite Zusammenfassung, Summary, Résumé, Sommario II Inhaltsverzeichnis III Abkürzungsverzeichnis IV 1 Die Rolle der staatlichen Exportkreditversicherung 1 2 Das System der staatlichen Exportkreditversicherung in der Bundesrepublik Deutschland 3 2.1 Gesetzliche Grundlagen: Grundgesetz und Haushaltsgesetz 3 2.2 Das System der staatlichen Ausfuhrgewährleistungen 4 2.2.1 Garantien und Bürgschaften 4 2.2.2 Fabrikationsrisikodeckungen und Ausfuhrrisikodeckungen 5 2.2.3 Die Policen: Einzeldeckung, revolvierende Einzeldeckung und Ausfuhrpauschalgewährleistung 6 2.2.4 Die Deckung von gebundenen Finanzkrediten 8 2.2.5 Sonderdeckungsformen 9 2.2.6 Exkurs: Kapitalinvestitionen im Ausland 9 2.3 Die gedeckten Risiken 10 2.4 Die Behandlung ausländischer Zulieferungen 10 2.5 Das Entgeltsystem: Bearbeitungs- und Deckungsentgelte 11 2.5.1 Bearbeitungsentgelte 11 2.5.2 Deckungsentgelte 12 2.6 Entschädigungsverfahren, Selbstbeteiligung und Karenzfristen 13 3 Das System der staatlichen Exportkreditversicherung in der Republik Italien 14 3.1 Gesetzliche Grundlagen: Gesetz Nr. 227 vom 24. Mai 1977 14 3.2 Das System staatlicher Ausfuhrgewährleistungen 15 3.2.1 Die versicherbaren Aktivitäten 15 3.2.2 Die einzelnen Policen 16 3.3 Die gedeckten Risiken 16 3.4 Die Behandlung ausländischer Zulieferungen 17 3.5 Das italienische Entgeltsystem 17 3.6 Entschädigungsverfahren, Selbstbeteiligung und Karenzfristen 18 4 Das deutsche und das italienische System im Vergleich: Ausblick und die weitere Entwicklung im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit 20 4.1 Direkter Vergleich des deutschen und des italienischen Systems 20 4.2 Internationale Harmonisierungsbestrebungen 21 Literaturverzeichnis 23 III
Abkürzungsverzeichnis Abs. Absatz Abschn. Abschnitt AG Aktiengesellschaft APG Ausfuhrpauschalgewährleistung Art. Artikel Bs. Buchstabe CIPE Comitato interministeriale per la programmazione economica CIPES Comitato interministeriale per la politica economica estera EU Europäische Union Fn. Fußnote GUS Gemeinschaft unabhängiger Staaten INA Istituto nazionale delle assicurazioni ITL Italienische Lira (gemäß ISO) Mrd. Milliarde OECD Organization for economic co-operation and development OPEC Organization of petrol exporting countries RCF Revoca, credito, fidejussioni Rdnr. Randnummer SACE Sezione speciale per l’assicurazione del credito all’esportazione Ziff. Ziffer IV
1 Die Rolle der staatlichen Exportkreditversicherung Seit Ricardo ist bekannt, daß der weltweite Wohlstand durch Außenhandel und Spezialisierung einzelner Länder erhöht werden kann. Entsprechend dieser theoretischen Erkenntnis ist der Welthandel seit 1950 um jährlich durchschnittlich sechs Prozent real gewachsen.1 Diese Entwicklung hat jedoch vielfältige Interdependenzen und somit Transmissions- mechanismen zwischen einzelnen Volkswirtschaften erzeugt: Ein Nachfrageschock im Ausland wirkt sich zunächst negativ auf unsere Exporte aus und dadurch - aus Zahlungsbilanzgründen - auch auf unsere Fähigkeit zu importieren, was die Nach- frage nach Gütern im Ausland noch weiter drückt. Umgekehrt führt ein Boom im Ausland auch zu einer Steigerung des inländischen Einkommens. Das Wissen um die Bedeutung der Exporte in den modernen Volkswirtschaften hat die Regierungen dazu veranlaßt, Exporte zu fördern. Diese Exportförderung basiert auf drei Pfeilern: der Außenhandelsinformation, der Exportfinanzierung und der Exportkreditversicherung. Das letztgenannte Element ist Gegenstand dieser Untersuchung: Exportkreditversicherung soll durch die Versicherung von Außenhandelsrisiken der Wirtschaft Anreize bieten, Güter und Dienstleistungen zu exportieren. Versichert werden wirtschaftliche und politische Risiken, wobei die Letztgenannten im allgemeinen nur durch staatliche Gewährleistungen gedeckt werden können, da politische Risiken nicht kalkulierbar und dadurch nicht marktfähig sind.2 Neben rein risikopolitischen Erwägungen haben aber auch andere politische Motive (Vollbeschäftigung, Außen- und Sicherheitspolitik) Einfluß auf die Gestaltung der Systeme. 1 Vgl. Loubergé/Maurer, Assurance, 1985, S. 9f. 2 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 2; zur sogenannten Subsidiarität, vgl. Schallehn/ Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt I, Rdnr. 25. 1
Die vorliegende Arbeit untersucht zunächst die staatlichen Exportkreditversicherungs- systeme in Deutschland (Kapitel 2) und Italien (Kapitel 3). Abschließend sollen die beiden Systeme miteinander verglichen und ein Ausblick auf vorhersehbare zukünftige Entwicklungen gegeben werden (Kapitel 4). 2
2 Das System der staatlichen Exportkreditversicherung in der Bundesrepublik Deutschland 2.1 Gesetzliche Grundlagen: Grundgesetz und Haushaltsgesetz Artikel 115 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland bestimmt, daß „die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, ..... einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Bundesgesetz“ bedarf. Unter diese Verfassungsvorschrift fallen auch die Ausfuhrgewährleistungen der Bundesrepublik Deutschland, deren Ermächtigung seit 1960 in dem für das jeweilige Jahr geltenden „Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplanes“, dem sogenannten Haushaltsgesetz, enthalten ist.3 Im Jahr 1994 hatte dieser in § 8 Abs. 1 Nr. 1 Haushaltsgesetz enthaltene Ermächtigungsrahmen einen Umfang von 190 Milliarden Deusche Mark. Detailliertere Bestimmungen zur Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen sind dabei in den in § 8 Haushaltsgesetz vorgesehenen „Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen“ festgelegt, die vom Bundesminister der Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen, dem Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten und dem Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit erlassen werden. Zwei Bestimmungen dieser Richtlinien sind an dieser Stelle besonders hervorzuheben: Zunächst sehen die Richtlinien vor, daß aus den o.g. Ministerien ein sogenannter Interministerieller Ausschuß (IMA) konstituiert wird. Die Hauptaufgaben dieses Ausschusses bestehen in der Festlegung der Grundsätze der Deckungspolitik in bezug auf einzelne Länder (Länderpolitik), der Formulierung von „Allgemeinen 3 Vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt I, Rdnr.4. 3
Bedingungen“4 für die Vergabe der Gewährleistungen, der Festlegung von Entgelten und Selbstbeteiligungssätzen und in Entscheidungen über die Übernahme von Deckungen in Einzelfällen, wobei der IMA diesbezüglich Befugnisse delegiert hat5. An den Sitzungen dieses Ausschusses nehmen neben den o.g. Ministerien auch Fachvertreter anderer Institutionen und der Wirtschaft teil.6 Die zweite wichtige Bestimmung ist die Übertragung der Geschäftsführung für die Gewährung von Deckungen an ein Konsortium, bestehend aus der Hermes Kredit- versicherungs AG in Hamburg (federführend) und der C & L Treuarbeit Deutsche Revision AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft. Diese Übertragung geschieht anhand eines privatrechtlichen Mandatarvertrages (Geschäftsbesorgungsauftrag).7 2.2 Das System der staatlichen Ausfuhrgewährleistungen 2.2.1 Garantien und Bürgschaften Die staatlichen Ausfuhrgewährleistungen des Bundes können nach der Qualität der Käufer in Bürgschaften und Garantien unterteilt werden.8 Bürgschaften werden übernommen, falls es sich beim ausländischen Abnehmer des deutschen Exporteurs um einen Staat, eine Gebietskörperschaft oder eine vergleichbare Institution handelt.9 Um Garantien handelt es sich hingegen, wenn der ausländische Vertragspartner des deutschen Exporteurs eine Privatperson oder ein privatrechtlich organisiertes 4 Diese sind als Bestandteil von Deckungsverträgen Teil der Rechtsgrundlage. 5 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 5. 6 Einzelheiten in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt I, Rdnr. 18. 7 Vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt I, Rdnr. 19. 8 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 6. 9 Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen, Ziff. 1.1.1. 4
Unternehmen ist.10 Diese Unterscheidung ist im deutschen System von großer Bedeutung, da die zu entrichtenden Entgelte bei der Übernahme von Garantien wegen des bestehenden Insolvenzrisikos höher sind als bei öffentlichen Abnehmern.11 Darüber hinaus ist diese Unterscheidung für den Umfang der gedeckten Risiken, bzw. die Selbstbeteiligungssätze von Bedeutung.12 Daneben muß an dieser Stelle bemerkt werden, daß die Begriffe Bürgschaft bzw. Garantie im Bereich der staatlichen Exportkreditversicherung rein technischer Art sind und nicht in Verbindung zu gleichnamigen zivilrechtlichen Sicherungsgeschäften gebracht werden dürfen.13 Den Bürgschaften und Garantien werden im System der staatlichen Exportkreditversicherung jeweils eigene „Allgemeine Bedingungen“ zugrundegelegt.14 2.2.2 Fabrikationsrisikodeckungen und Ausfuhrrisikodeckungen Neben der Unterscheidung nach der Qualität der ausländischen Käufer wird eine weitere Klassifizierung der Deckungsgeschäfte nach der zeitlichen Einordnung in Fabrikationsrisikodeckungen und Ausfuhrrisikodeckungen vorgenommen.15 Fabrikationsrisikodeckungen greifen für Risiken vor dem Versand der Ware;16 die Haftung des Bundes beginnt mit der Aufnahme der Fabrikation und endet mit dem Versand oder der Abnahme der Waren.17 Deckungsgegenstand ist die Summe der 10 Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen, Ziff. 1.1.2; zur genauen rechtlichen Ausgestaltung der Garantie als Auffangtatbestand, siehe Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt I, Anlage 3, Seite 40, Fn 8. 11 Vgl. OECD, Export Credit, 1994, Kapitel zu Deutschland, S. 9. 12 Dazu aktuell: OECD, Export Credit, 1994, Kapitel zu Deutschland, S. 7; eine Darstellung der Regelung vor 1984 findet sich in Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 7. 13 Vgl. Loubergé/Maurer, Assurance, 1985, S. 239. 14 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 6. 15 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 6. 16 Vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt III, Rdnr. 1. 17 Vgl. Christopeit, Hermes-Deckungen, 1968, S. 27. 5
Selbstkosten des Exporteurs bei der Herstellung der Ware.18 Fabrikationsrisiko- deckungen sollen den Exporteur schützen, falls die Fertigstellung der Ware aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen (siehe Ausfuhrrisikodeckungen) unmöglich wird. Entsprechend unterscheidet man den wirtschaftlichen Garantiefall infolge von Insolvenz und den politischen Schadensfall.19 Ausfuhrrisikodeckungen versichern den Deckungsnehmer gegen Risiken, die nach dem Versand der Ware auftreten (Ausfuhrrisiken).20 Gegenstand der Deckung ist in diesen Fällen die Gegenleistung aus dem Exportvertrag, soweit sie in einer Geldforderung besteht.21 Als Deckungsnehmer kommen sowohl deutsche Exporteure als auch deutsche Banken (siehe Abschnitt 2.2.4) in Frage.22 Die gedeckten Risiken umfassen ähnlich wie bei den Fabrikationsdeckungen politische Risiken und wirtschaftlichen Risiken, wobei das Insolvenzrisiko bei Ausfuhrbürgschaften (öffentliche Käufer) nicht existent ist.23. 2.2.3 Die Policen: Einzeldeckung, revolvierende Einzeldeckung und Ausfuhrpauschalgewährleistung (APG) Es werden grundsätzlich drei verschiedene Policen unterschieden: Einzeldeckungen, revolvierende Einzeldeckungen und Ausfuhrpauschalgewährleistungen (APG). 18 Vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt III, Rdnrn. 21 und 29 sowie Anlage 3; zur Berücksichtigung von Preisgleitklauseln: Abschnitt III, Rdnrn. 61-69. 19 Zum wirtschaftlichen Garantiefall, vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Agschnitt V, Rdnrn. 41 und 43; zum politischen Garantiefall, vgl.Abschnitt V, Rdnrn. 64-67. 20 Vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt IV, Rdnr. 1. 21 Vgl. § 2, Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für Ausfuhrgarantien/Ausfuhrbürgschaften; ergänzende Darstellung in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt IV, Rdnrn. 39-51. 22 Vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt IV, Rdnrn. 35-38. 23 Eine komplette Darstellung der gedeckten Risiken bei Fabrikations- und Ausfuhrgewährleistungen, die den Rahmen dieser Abhandlung bei weitem sprengen würde, findet sich in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt V. 6
Bei den Einzeldeckungen werden Forderungen aus einem Ausfuhrvertrag versichert, was dem Exporteur eine gezielte Risikoauswahl gegen den Bund ermöglicht. Die Einzeldeckung steht als einzige der drei Deckungsformen auch für das mittel- und langfristige Geschäft zur Verfügung.24 Revolvierende Einzeldeckungen eignen sich besonders für Exporteure, die den gleichen ausländischen Besteller wiederholt zu kurzfristigen Zahlungszielen beliefern. Bei dieser Deckungsform kann der Exporteur im Rahmen eines Höchstbetrages laufend Versendungen tätigen, die er dem Hermes monatlich melden muß. Durch Zahlungen des Bestellers freiwerdende Beträge können sofort neu belegt werden. Entgeltermäßigungen werden für revolvierende Einzeldeckungen aber nicht gewährt.25 Ebenfalls ausschließlich für das kurzfristige Geschäft steht den Exporteuren die Ausfuhrpauschalgewährleistung (APG) zur Verfügung: Bei dieser Deckungsform kann ein Exporteur seinen gesamten Exportumsatz in die Deckung einbringen; durch bestehende Andienungspflichten26 profitiert der Bund dabei von einer gewissen Risikomischung, die er in Form eines günstigeren Entgelts an den Deckungsnehmer weitergibt.27. Ein weiterer Vorteil der APG liegt vor allem in der Deckung des reinen Zahlungsverzuges auch bei privaten Schuldnern, die bei Einzeldeckungen nur im Falle der Lieferung von Investitionsgütern gewährt wird.28 Überdies ist im Rahmen der APG auch eine isolierte politische Deckung möglich, was in den Fällen interessant ist, in denen das wirtschaftliche Risiko aus Bonitätsgründen des Kunden nicht mehr trag- und deckungsfähig ist.29 24 Vgl. OECD, Export Credit, 1994, Kapitel zu Deutschland, S. 6 und Loubergé/Maurer, Assurance, 1985, S. 240. 25 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S.9f. 26 Vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt VIII, Rdnr. 55. 27 Vgl. Kageneck, Hermes-Deckungen, 1991, S. 35. 28 Vgl. Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt VIII, Rdnrn. 48-48c. 7
2.2.4 Die Deckung von gebundenen Finanzkrediten Bisher erstreckte sich die Untersuchung auf die Deckung von Lieferantenkrediten;30 daneben besteht jedoch seit 1960 auch die Möglichkeit zur Deckung von gebundenen Finanzkrediten: Gebundene Finanzkredite, auch Käuferkredite genannt, werden von deutschen Kreditinstituten ausländischen Käufern zum Erwerb deutscher Produkte und Dienstleistungen gewährt.31 Diese „Käuferfinanzierung“ wird vom Bund als förderungswürdig erachtet, da sie die Exporteurbilanzen entlastet; daher gelten für Käuferkredite auch verbesserte Deckungsbedingungen mit geringerer Selbst- beteiligung, Verkürzung von Karenzfristen und Deckung des reinen Zahlungsverzuges im Handel mit privaten Käufern. Aus der Natur dieser Finanzkreditversicherungen ergibt sich ein Geflecht von Beziehungen zwischen Exporteur, Bank und Bund, das zum einen durch Regreßverpflichtungen des Exporteurs gegenüber der Bank, zum anderen durch Nichtkündigungsklauseln zwischen Bank und ausländischem Importeur gekennzeichnet ist.32 Einen zusätzlichen Anreiz zur Vergabe von solchen Käuferkrediten stellen im langfristigen Geschäft die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken bei den Hypothekenbanken und entsprechende Deckungsmöglichkeiten dar.33 29 Vgl. Loubergé/Maurer, Assurance, 1985, S. 241. 30 Zu entsprechenden Refinanzierungsmöglichkeiten, vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 13. 31 Vgl. Christopeit, Hermes-Deckungen, 1968, S. 69. 32 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 13f. 33 Detailliertere Darstellungen finden sich in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsamlung, Abschnitt XV, Rdnrn. 29-32. 8
2.2.5 Sonderdeckungsformen Die zahlreichen Sonderdeckungen sollen hier nur aufgezählt werden; der interessierte Leser wird weitere Ausführungen in der angegebenen Literatur finden34. So stellt die Bundesrepublik Deutschland neben den bereits behandelten Deckungsformen noch weitere Deckungen zur Verfügung, die vor den vielfältigen Risiken, denen sich das Außenhandel treibende Unternehmen ausgesetzt sieht, Schutz bieten sollen, u.a. Bauleistungsdeckungen35, Lagerdeckungen36, Deckungen von Exporteur- garantien37, Deckungen von Leasinggeschäften38, Deckungen von Embargo- risiken39, Zinsdeckungen40, die Einbeziehung von Preisgleitklauseln in die Deckung41 und Wechselkursdeckungen42, deren Beibehaltung im Augenblick aber fraglich ist. 2.2.6 Exkurs: Kapitalinvestitionen im Ausland Kapitalinvestitionen im Ausland sind, im Gegensatz zu anderen Exportkredit- versicherungssystemen, nicht unmittelbarer Bestandteil des deutschen Systems.43 Auch in diesem Bereich ist jedoch das Mandatarkonsortium, bestehend aus Hermes und Treuarbeit - Letztgenannte ist in diesem Bereich federführend - zuständig.44 34 Einen einführenden Überblick bietet Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 14-16. 35 Dargestellt in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt VIII, Rdnrn. 134-283. 36 Dargestellt in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt VIII, Rdnrn. 85-133. 37 Dargestellt in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt II, Rdnr. 33. 38 Dargestellt in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt VIII, Rdnrn. 285-322. 39 Dargestellt in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt III, Rdnrn. 83-87. 40 Dargestellt in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt IV, Rdnrn. 40-42. 41 Dargestellt in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt III, Rdnrn. 61-69 sowie Abschnitt IV, Rdnrn. 43-51. 42 Dargestellt in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt IX, Rdnrn. 1-24. 43 Vgl. OECD, Export Credit, 1994, Kapitel zu Deutschland, S. 11. 44 Detailliert in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt XVIII. 9
2.3 Die gedeckten Risiken Wie auch in anderen Exportkreditversicherungssystemen unterscheidet man politische und wirtschaftliche Risiken. Zu den politischen Risiken gehören kriegerische Ereignisse, gesetzliche oder behördliche Maßnahmen, Aufruhr oder Revolution im Ausland, die Nichtkonvertierung und Nichttransferierung von Zahlungen bei Störungen des internationalen Zahlungsverkehrs (sog. KT-Fall), den Verlust von Ansprüchen infolge politisch verursachter Unmöglichkeit der Vertragserfüllung sowie den Verlust der Ware vor dem Gefahrenübergang infolge politischer Ereignisse. Wirtschaftliche Risiken sind alle Risiken im Bereich der Insolvenz oder des reinen Zahlungsverzuges (protracted default). Abhängig davon, für welche Police (siehe 2.2) sich der Exporteur entscheidet, wird er einen bestimmten Katalog an Risiken abdecken können.45 2.4 Die Behandlung ausländischer Zulieferungen Da die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nur deutsche Exporte fördern möchte, gibt es für den Anteil ausländischer Fertigungs- oder Leistungsanteile innerhalb eines Ausfuhrgeschäftes, für das Deckung beantragt wird, bestimmte Höchstgrenzen.46 Bei Zulieferungen aus EU-Ländern liegt diese Grenze zwischen 30 und 40 Prozent des Vertragswertes, im Falle von Zulieferungen aus der Schweiz liegt die Grenze bei 30 Prozent.47 Zulieferungen aus anderen Ländern dürfen sich auf maximal 10 Prozent des Vertragswertes belaufen.48 45 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 7. 46 Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen, Ziffer 1.6 und Fn. 1. 47 Vgl. OECD, Export Credit, 1994, Kapitel zu Deutschland, S. 9. 48 Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen, Ziffer 1.6.1. 10
2.5 Das Entgeltsystem: Bearbeitungs- und Deckungsentgelte Im Entgeltsystem unterscheidet man zwischen Bearbeitungsentgelten, die den Charakter von Verwaltungsgebühren besitzen, und Deckungsentgelten, die den Prämien in der Versicherungswirtschaft entsprechen.49 Nachfolgend wird das erst seit dem 1. Juli 1994 geltende Entgeltsystem vorgestellt, das gegenüber dem bisherigen System grundlegend reformiert wurde.50 2.5.1 Bearbeitungsentgelte Als Bearbeitungsentgelte kennt das deutsche Exportkreditversicherungssystem Antragsgebühren, Verlängerungsgebühren und Ausfertigungsgebühren. Die Antragsgebühr wird bereits bei Stellen eines Antrags auf Deckung erhoben und muß auch dann entrichtet werden, wenn dem Antrag nicht entsprochen wird.51 Verlängerungsgebühren werden für die Aufrechterhaltung von grundsätzlichen Stellungnahmen52 über ein Jahr hinaus erhoben und betragen 25 Prozent der Antragsgebühr pro Verlängerungszeitraum, der regelmäßig drei Monate dauert.53 Darüber hinaus wird mit dem Zugang der Deckungsurkunde eine Ausfertigungs- gebühr in Höhe von 0,25 Promille des Auftragswertes fällig.54 49 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 8. 50 Einen Einblick in das alte System gewährt Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S.8f. 51 Die Antragsgebühr beträgt zwischen DM 200,-- und DM 10.000,-- je nach Auftragswert. Einzelheiten dazu bei Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt XIII, Rdnrn. 4 bis 11. 52 Zum Wesen der grundsätzlichen Stellungnahme, siehe Ziff. 4.2 der Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen. 53 Einzelheiten bei Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt XIII, Rdnrn. 12 und 13. 54 Einzelheiten bei Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt XIII, Rdnrn. 14 bis 16. 11
2.5.2 Deckungsentgelte Seit dem 1. Juli 1994 ist nun auch in der Bundesrepublik ein Deckungssystem in Kraft, das auf der Einteilung der Länder in Ländergruppen mit jeweils ähnlicher Risikobehaftung beruht.55 So beinhaltet die Kategorie I Länder ohne besonderes Risiko (meist OECD-Länder) und die Kategorie II Länder mit relativ geringem Risiko. Die Kategorie III wird auch Basiskategorie56 ganannt; sie umfasst Länder mit durch- schnittlichem politischen Risiko ohne Anzeichen akuter Schuldenprobleme. Kategorie IV enthält Länder mit erhöhtem politischen Risiko, vor allem Umschuldungsländer und Länder mit akuten Schuldenproblemen. In Kategorie V sind schließlich Länder enthalten, deren politisches Riskiko so hoch ist, daß sie normalerweise nicht mehr für mittel- und langfristige Deckungen in Frage kommen, sowie Länder, für die keine Deckung möglich ist. Das Basisentgelt für Ausfuhrbürgschaften (d.h. für Geschäfte mit öffentlichen Bestellern, bei denen aufgrund des nicht existenten Insolvenzrisikos das reine Länderrisiko abgedeckt wird) beträgt in der Basiskategorie (III) 1 Prozent des Forderungsbetrages. Durch Multiplikation dieser Sätze mit 1/3, 2/3, 1,5 und 2 erhält man das Entgelt für die Kategorien 1, 2, 4 und 5.57 Zusätzlich wird ein Zeitentgelt in Höhe von 0,6 Pro-mille monatlich auf den noch ausstehenden Forderungsbetrag erhoben. Sollen auch wirtschaftliche Risiken (Insolvenzrisiken) versichert werden, beträgt der Zuschlag unabhängig von der Länderkategorie 0,35 Prozentpunkte und beim Zeitentgelt 0,21 Promillepunkte. 55 Vgl. OECD, Export Credit, 1994, Kapitel zu Deutschland, S. 9. Zum alten System, siehe Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S.8. 56 Diese Kategorie entspricht bezüglich des Risikos der früheren Einheitskategorie. 57 Im Falle von Finanzierungen durch internationale Organisationen werden Länder der Kategorien IV und V wie Länder der Basiskategorie behandelt. 12
Bei Fabrikationsrisikodeckungen betragen die Entgelte abhängig von Laufzeit, Länderkategorie und gedecktem Risiko zwischen 0,25 und 2,5 Prozent des Auftragswertes.58 2.6 Entschädigungsverfahren, Selbstbeteiligung und Karenzfristen Das Entschädigungsverfahren verläuft formlos. Nach Verstreichen der Karenzfristen meldet der Exporteur unter Vorlage von Nachweisen, daß die Forderung nicht bezahlt worden ist. Die o.g. Karenzfristen betragen je nach Art der Deckung bis zu sechs Monaten, können aber auch entfallen.59 Nach Abzug der Selbstbeteiligung wird dann der Schaden ersetzt. Die Selbstbeteiligungssätze liegen bei 10 Prozent für politische Risiken, 15 Prozent für wirtschaftliche Risiken und zwischen 15 und 25 Prozent für Nichtzahlungsrisiken.60 Die Selbstbeteiligung kann nicht anderweitig versichert werden; der Exporteur kann sie jedoch auf seine Zulieferer abwälzen. 58 Für weitere Details bezüglich des Entgeltsystems konsultiere man Schallehn/Stolzenburg, Loseblatt- sammlung, Abschnitt XIII. 59 Detaillierte Darstellung in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt XIII, Rdnrn. 50/51 und 56 bis 105. 60 Vgl. OECD, Export Credit, Kapitel zu Deutschland, S. 8. 13
3 Das System der staatlichen Exportkreditversicherung in der Republik Italien 3.1 Gesetzliche Grundlagen: Gesetz Nr. 227 vom 24. Mai 1977 Die staatliche Exportkreditversicherung ist in Italien im Gesetz Nr. 227/197761 geregelt, das neben der staatlichen Exportkreditversicherung auch die staatlich gestützte Exportfinanzierung regelt.62 Diese in vielen Ländern praktizierte Verflechtung zwischen Exportfinanzierung und Exportkreditversicherung unterscheidet sich wesentlich von der deutschen Organisation, die beide Instrumente deutlich trennt.63 Durch das Gesetz Nr. 227/1977 wird innerhalb des staatlichen Versicherungsinstituts INA64 eine Spezialabteilung für die Versicherung von Exportkrediten, die SACE65, eingerichtet.66 Die SACE besitzt als Anstalt öffentlichen Rechts Haushaltsautonomie und steht unter der Kontrolle des italienischen Finanzministers. Aufgabe der SACE ist die Versicherung und Rückversicherung von Außenhandelsrisiken67. Die SACE wird von einem siebenköpfigen Leitungskomitee geführt, dem neben Vertretern der mit Wirtschaft befaßten Ministerien auch Fachvertreter des INA und des Mediocredito Centrale angehören.68 Politisch koordiniert wird die Arbeit der SACE durch das 61 Der Titel des Gesetzes lautet übersetzt:„Gesetz über die Versicherung und Finanzierung von Krediten für Ausfuhren von Gütern und Dienstleistungen, die Durchführung von Arbeiten im Ausland sowie die internationale wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit“. 62 Die staatliche Exportfinanzierung wird in Italien von der staatseigenen Bank „Mediocredito Centrale“ durchgeführt. Der Mediocredito Centrale wurde mit Gesetz Nr. 949/1952 eingerichtet. 63 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 2f. 64 Istituto nazionale delle assicurazioni. 65 Sezione speciale per l’assicurazione del credito all’esportazione. 66 Art. 2 des Gesetzes Nr. 227/1977. 67 Art. 3 des Gesetzes Nr. 227/1977. 68 Art. 7 des Gesetzes Nr. 227/1977. 14
CIPE69, einem Komitee für wirtschaftliche Planung, dem ebenfalls die Minister aus dem Bereich der Wirtschaft angehören.70 Der Staat garantiert die Verbindlichkeiten der SACE bis zu einem gesetzlich festgelegten Limit. Demgemäß besteht für kurzfristige Deckungen bis zu zwei Jahren ein revolvierender Rahmen in Höhe von 18.000 Mrd. Italienische Lire (ITL). Für mittel- und langfristige Deckungen wird der Rahmen jährlich im Haushaltsgesetz festgesetzt. Dieser Rahmen hatte im Haushaltsjahr 1994 eine Höhe von 12.000 Mrd. ITL.71 3.2 Das System staatlicher Ausfuhrgewährleistungen 3.2.1 Die versicherbaren Aktivitäten Eine Klassifizierung von Deckungsformen72, wie sie in Deutschland durch gesonderte Allgemeine Bedingungen vollzogen wird, ist in Italien nicht üblich. Vielmehr zählen die Artikel 15 und 16 des Gesetzes Nr. 227/1977 enumerativ die für staatliche Deckungen in Frage kommenden Aktivitäten auf. Diese umfassen Güterexporte (Art. 15, Buchstabe a), Exporte von Dienstleistungen (Art. 15, Bs. b), die Ausführung von Arbeiten im Ausland (Art. 15, Bs. c), Verkaufs- und Messelager im Ausland (Art. 15, Bs. d), Kapitalinvestitionen im Ausland (Art. 15, Bs. e), Leasinggeschäfte mit dem Ausland (Art. 15, Bs. f), gebundene Finanzkredite des Mediocredito Centrale an das Ausland (Art. 15, Bs. g und h), kurzfristige Kreditlinien die von italienischen Banken den ausländischen Banken des Exporteurs zum Abwickeln italienischer Exporte gewährt werden (Art. 15, Bs. i), Kredite italienischer Banken an italienische 69 Comitato interministeriale per la programmazione economica; bis 1992 war noch ein weiteres politisches Gremium, das CIPES (Comitato interministeriale per la politica economica estera - Interministerielles Komitee für Außenwirtschaftspolitik), an den Entscheidungsprozessen beteiligt. 70 Art.1 des Gesetzes Nr. 227/1977. 71 Art. 17 des Gesetzes Nr. 227/1977. 15
Operateure im Zusammenhang mit Exportgeschäften (Art. 15, Bs. l), Deckung von Bürgschaften, Garantien, Kautionen, Verpfändungen und Anzahlungen von Exporten (Art. 15, Bs. m), Deckung von Markteintrittsmaßnahmen und Marketingkampagnen im Ausland (Art. 15, Bs. n) und Dreiecksgeschäfte (Art. 16). 3.2.2 Die einzelnen Policen Die Festlegung der zur Verfügung stehenden Policen ist Aufgabe des Leitungskomitees der SACE (siehe Abschnitt 3.1).73 Derzeit gibt es zehn verschiedene Policen, in denen auch die in Deutschland gebräuchlichen Typen der Einzeldeckung und der Pauschalgewährleistung enthalten sind. Ein besonders interessantes Element unter den Policen ist die „Polizza RCF“74, die sowohl Fabrikationsrisiken, Kreditrisiken als auch Risiken der unrechtmäßigen Inanspruchnahme von Exporteur- garantien beinhaltet; der Exporteur kann sich also mit einer RCF-Police in allen Phasen eines Exportgeschäftes absichern.75 3.3 Die gedeckten Risiken Die im vorhergehenden Abschnitt aufgeführten enumerativen Aufzählungen von deckungsfähigen Aktivitäten enthalten jeweils präzise Angaben, welche Risiken bei welchem Geschäft gedeckt werden können. Dies geschieht mit Hilfe von Verweisen auf den Artikel 14 des Gesetzes Nr. 227/1977, der den vollständigen Katalog versicherbarer Risiken enthält. 72 Klassifizierungen, wie sie in 2.2.1, 2.2.2 oder 2.2.4 der vorliegenden Untersuchung dargestellt wurden. 73 Art. 8 des Gesetzes Nr. 227/1977. 74 Revoca, credito, fidejussioni. 75 Einzelheiten in SACE, L’assicurazione del credito all’esportazione, 1994, S.8, sowie in SACE, SACE - Al servizio degli esportatori, 1992, S.47 bis 67. 16
Dieser Katalog stimmt im Wesentlichen mit dem Katalog der deutschen Exportkredit- versicherung überein, enthält aber zusätzlich neben wirtschaftlichen und politischen Risiken auch eine Absicherungsmöglichkeit gegen Naturkatastrophen76 wie Erd- und Seebeben, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen und Orkanschäden im Ausland. Ebenfalls versicherbar sind Produktionskostensteigerungen bei Verträgen mit Festpreisen.77, die in Deutschland nicht gedeckt werden können.78 3.4 Die Behandlung ausländischer Zulieferungen Die SACE versichert ausländische Komponenten in der Produktion bis zu einer Höhe von 30 Prozent des Vertragswertes, falls die Komponenten aus Ländern stammen, mit denen entsprechende Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit bestehen. In allen anderen Fällen beträgt der maximal zulässige Anteil ausländischer Fertigung 15 Prozent. Deckungsschutz ist jedoch auch möglich, falls diese Quoten überschritten werden; es kommt dann zu einer entsprechenden Verringerung der Deckungssumme bezüglich des Auftragswertes.79 3.5 Das italienische Entgeltsystem Das italienische System kennt keine Bearbeitungsgebühren, wie sie im deutschen System vorkommen. Der Antragsteller muß lediglich - zusammen mit dem Antragsformular - einen Scheck in Höhe von 80.000, 100.000 oder 200.000 ITL 76 Art. 14, Nr. 1, Buchstabe b des Gesetzes Nr. 227/1977. 77 Art. 14, Nr. 8 des Gesetzes Nr. 227/1977. 78 Nach Loubergé/Maurer (S. 256) besteht aber in Deutschland auch keine Nachfrage nach dieser Deckungsform, da sich die Inflation in Deutschland auf vergleichsweise niedrigem Niveau befindet. 79 Vgl. OECD, Export Credit, 1994, Kapitel zu Italien, S. 6. 17
80 einreichen, der der Kostenerstattung bezüglich der Informationsbeschaffung der SACE über Auskunfteien dienen soll.81 Bei den Prämien (in Deutschland: Deckungsentgelte) hängt die Bemessung von der Länderkategorie ab, der Laufzeit des Exportkredits, der Qualität der Käufer und der Art der Police. Ferner ist für die Berechnung der Prämie das Vorhandensein einer Bankgarantie von Bedeutung.82 Das italienische System kennt drei Länderkategorien. In der ersten Kategorie befinden sich die OECD-Länder mit Ausnahme der Türkei, einige OPEC-Länder und einige Schwellenländer. Diese Länder stellen das geringste Risiko dar. In der dritten Kategorie befinden sich Länder mit mehr oder weniger großen Zahlungsschwierigkeiten. Die zweite Kategorie fängt, gleichermaßen als „Auffangkategorie“ alle übrigen Staaten auf.83 Insgesamt ist das italienische Prämiensystem im Vergleich zum deutschen System der Deckungsentgelte etwas komplexer, da sehr viele Parameter in die Berechnung der Prämie eingehen, auch wenn die Anzahl der Länderkategorien geringer ist. 3.6 Entschädigungsverfahren, Selbstbeteiligung und Karenzfristen Das Entschädigungsverfahren in Italien funktioniert in den wesentlichen Zügen analog zum deutschen System. Nach Verstreichen der Karenzfristen, die je nach gedecktem Risiko unterschiedlich lang sind, muß der Exporteur die für die Schadensregulierung geforderten Nachweise einreichen. Die Entschädigung wird nach Ablauf weiterer 60 Tage ausgezahlt.84 Selbstbeteiligungssätze existieren in dem Sinne, daß maximal zwischen 90 und 95 Prozent des Vertragswerts gegen politische Schäden versichert 80 Der Betrag ist abhängig von der gewählten Police. 81 Über Einzelheiten informiert SACE, SACE - Al servizio degli esportatori, 1992, S. 65. 82 Vgl. OECD, Export Credit, Kapitel zu Italien, S. 6. 83 Vgl. SACE, L’assicurazione del credito all’esportazione, 1994, S.6. 84 Vgl. SACE, SACE - Al servizio degli esportatori, 1992, S. 69-72. 18
werden können.85 Bei wirtschaftlichen Schäden ist die Deckungsquote noch weitaus geringer (nur 40 bis 50 Prozent). Hier wird im Einzelfall entschieden, wieviel Prozent der Vertragssumme gedeckt werden; durch Vorlage von Bankgarantien kann die Deckung gegebenenfalls noch erhöht werden.86 85 Vgl. OECD, Export Credit, 1994, Kapitel zu Italien, S. 5. 86 Vgl. SACE, Outline of the Italian Export Credit System, 1994, S.7. 19
4 Das deutsche und das italienische System im Vergleich: Ausblick auf die weitere Entwicklung im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit 4.1. Direkter Vergleich beider Systeme Zunächst ist festzustellen, daß das italienische System stärker als das deutsche System dem politischen Einfluß des Staates unterliegt, da mit der SACE im Prinzip eine staatliche Behörde agiert. In Deutschland ist dieser Einfluß, trotz des teilweise öffentlich-rechtlichen87 Charakters des Systems geringer, da die Abwicklung der Deckungen „geschäftsmäßiger“ verläuft. Auch die Tatsache, daß die SACE mehr Deckungsmöglichkeiten bietet als das deutsche System (größere Auswahl im Bereich der Finanzkreditdeckungen, Deckung von Marketingkampagnen und Dreiecksgeschäften88, Rückversicherungsaktivitäten) und der umfangreichere Katalog gedeckter Risiken (Naturkatastrophen, Produktions- kostensteigerungen) könnten auf einen stärker exportfördernden Charakter des italienischen Systems hindeuten. Hinzu kommt, daß die engen Verflechtungen zwischen dem staatlichen Exportkreditinstitut Mediocredito Centrale und der SACE wesentlich umfangreichere Fördermaßnahmen erlauben, als das deutsche System. So könnte letztlich die Schlußfolgerung gezogen werden, das italienische System habe stärker wettbewerbsverzerrenden Charakter als das deutsche System. Gegen diese Folgerung spricht aber die in Italien geringere Deckung der wirtschaftlichen Risiken, die im Sinne internationaler Harmonisierungsbestrebungen 87 Zur Zweistufentheorie im Bereich der staatlichen Exportkreditversicherung, siehe Schallehn/ Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt I, Rdnrn. 18 bis 20. 88 Diese Dreiecksgeschäfte unterscheiden sich grundlegend von den in Deutschland unter demselben Namen gedeckten Transigeschäften. 20
liegt (siehe 4.2). Auch der Anteil gedeckter Exporte am Gesamtexport liegt in Italien mit (1993) 5,6 Prozent89 gleich hoch wie in Deutschland (1993: 5,6 Prozent).90 Eindeutig wettbewerbsverzerrenden Charakter auf deutscher Seite haben hingegen die umfangreichen Deckungen des Hermes für Geschäfte der ostdeutschen Wirtschaft mit den GUS-Staaten91, die - bei nicht mehr tragfähigem Risiko - eindeutig beschäftigungspolitischen Charakter haben. Somit kann keine eindeutige Aussage darüber gefällt werden, welches System stärker wettbewerbsverzerrend wirkt; ein Vergleich der beiden Systeme muß sich daher auf die durchgeführten Partialanalysen beschränken: Beide Systeme tragen den jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung. 4.2 Internationale Harmonisierungsbestrebungen Die im Kapitel 1 dargelegten politischen Motive für Exportkreditversicherung haben weltweit zu einer wettbewerbsverzerrenden Gestaltung der einzelnen Systeme geführt: Durch eine allzu entgegenkommende Konditionenpolitik haben einzelne Länder versucht, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrien zu erhöhen. Die Folgen waren immer größere Defizite der Exportkreditversicherer auf allen Seiten, insbesondere als die Schuldenkrise der dritten Welt und jetzt jüngere Entwicklungen wie der Golfkrieg oder der Zusammenbruch der Sowjetunion92 zu Nachfrageschocks führten. Umso notwendiger ist es daher, den Umfang von verstecken Subventionen in Export- kreditversicherungssystemen gering zu halten. Dieses Ziel kann jedoch nur durch internationale Vereinbarungen erreicht werden. Daher gibt es auf internationaler 89 Vgl. SACE, Relazione (II semestre 1993), S. 21. 90 Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Ausfuhrgarantien, Bericht über das Jahr 1993, S. 22. 91 Vgl. Bundesrepublik Deutschlang, Ausfuhrgarantien, Bericht über das Jahr 1993, S. 5. 92 Dieser Sachverhalt ist besonders für die ostdeutsche Industrie durch den Wegfall ehemaliger Märkte von großer Bedeutung. 21
Ebene, neuerdings insbesondere im Bereich der EU, mehr oder weniger erfolgreiche Harmonisierungsbestrebungen.93 Erwähnenswert ist die internationale Zusammenarbeit im Rahmen der Berner Union,94 einer Vereinigung von Exportkreditversicherern, in der vor allem die technische Zusammenarbeit und der Erfahrungsaustausch gefördert werden sollen. Von großer Bedeutung ist die Zusammenarbeit im Rahmen der OECD, die - vor allem im Bereich der Exportfinanzierung - Erfolge bei der möglichst einheitlichen Gestaltung von Finanzierungskonditionen vorweisen kann (sog. OECD-Konsensus).95 Weniger von Erfolg gekrönt sind und waren hingegen die Harmonisierungsbe- strebungen der EU; dennoch hat im Juli 1994 die Kommission der Europäischen Gemeinschaften einen Vorschlag für eine Harmonisierungsrichtlinie erstellt, und es kann davon ausgegangen werden, daß sich die nationalen Exportkreditversicherungs- systeme in Zukunft weiter angleichen werden müssen.96 Dies dürfte auch die ohnehin nicht allzu bedeutenden Unterschiede zwischen den beiden dargestellten Systemen weiter reduzieren. 93 Detailliert und aktuell in Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt VII, Rdnrn. 1 bis 21. 94 Dazu einführend Schallehn/Stolzenburg, Loseblattsammlung, Abschnitt VI, Rdnrn. 131 bis 135. 95 Vgl. Stolzenburg, Risikoreduzierung, 1981, S. 16f. 96 Vgl. Schallehn/Stolzenburg Loseblattsammlung, Abschnitt VII, Rdnr. 4. 22
Literaturverzeichnis Brau, Eduard H./Puckahtikom, Chanpen: Export Credit Cover Policies and Payment Difficulties, Occasional Paper No. 37, International Monetary Fund, Washington, 1985 Christopeit, Joachim: Hermes-Deckungen, in: Erman, Walter (Hrsg.): Bankrechtliche Schriften des Instituts für Bankwirtchaft und Bankrecht an der Universität zu Köln, Band 2, München: Verlag C.H. Beck, 1968 Dillon, K. Burke/Duran-Downing, Luis/Xafa, Miranda: Officially supported export credits. Development and Prospects, in World Economic and Financial Surveys, February 1988, herausgegeben vom International Monetary Fund, Washington, 1988 Henke, Marga: Die staatliche Exportkreditversicherung in der Bundesrepublik Deutschland: Hermes-Deckungen. Ein Handbuch für die Praxis mit Formularen, Adressen, Geschäftsstellen, „Hermes-Bedingungen“, Göttingen: WiRe- Verlagsgesellschaft für Wirtschaft, Recht und Steuern, 1990 Hermes Kreditversicherungs-AG: Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften der Bundesrepublik Deutschland, Bericht über das Jahr 1993 Kageneck, Wolfgang Graf von: Hermes Deckungen, in: Sandrock, Otto (Hrsg.): Abhandlungen zum Recht der Internationalen Wirtschaft, Hermes Deckungen, Entschädigung im Schadensfall und bei Umschuldungen. Eine Kommentierung anhand der Allgemeinen Bedingungen, Band 22, Heidelberg: Verlag Recht und Wirtschaft, 1991 Loubergé, Henri/Maurer, Pierre: Financement et assurance des crédits à l’exportation, 1. Auflage, Genf, Paris: Librairie Droz, 1985 OECD: The Export Credit Financing Systems in OECD Member Countries, Fourth Edition, Paris, 1987 Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen vom 30. Dezember 1983, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 42 des Jahres 1984 SACE: SACE - Al servizio degli esportatori, Edizione 1992, Rom, 1992 SACE: L’assicurazione del credito all’esportazione (interne Veröffentlichung), Rom, 1994 SACE: Outline of the Italian Export Credit System, Rom, 1994 23
SACE: Relazione al Ministro del Tesoro - ai sensi dell’art. 28, 4o comma della Legge 24 maggio 1977, n. 227 - sull’attivitá (sic!) della SACE nel II semestre 1993, Rom, 1994 Schallehn, Ernst/Stolzenburg, Günter in Deutscher Wirtschaftsdienst (Hrsg.): Garantien und Bürgschaften der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der deutschen Ausfuhr, Loseblattsammlung, 2 Bände, Stand: März 1995 Stolzenburg, Günter: Risikoreduzierung im Auslandsgeschäft durch staatliche Exportkreditversicherung, in Bundesstelle für Außenhandelsinformation (Hrsg.): Praxis des Außenhandels, Sonderreihe der Bundesstelle für Außenhandelsinformation, Köln, 1981 24
Sie können auch lesen