Mitteilungsblatt 1 / 2021 - Frauenzentrale St.Gallen
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Mitteilungsblatt 1 / 2021 Seite 2 einatmen–ausatmen–loslassen... Seite 2 In eigener Sache Seite 3 Vorsorge in verschiedenen Lebensphasen Seite 4/5 2071: Gleichstellung in Familie, Beruf und Politik Frauenzentrale Seite 6 Gossauer Heldinnen Seite 7 St.Gallen Beratung zu Gleichstellungs- fragen in der Arbeitswelt Seite 8 Veranstaltungen 2021 Frauenpower im 2021! Warum? Wir feiern das 50-Jahre-Jubi- Frauenbundes St.Gallen-Appenzell und Eine besondere Würdigung von Frauen läum zum Stimm- und Wahlrecht für setzen damit ein starkes Zeichen für So- findet in Gossau statt. 35 Spurensuche- Frauen in der Schweiz. Es war ein äus- lidarität und Gemeinschaftlichkeit. Sie rinnen haben in den letzten zwei Jahren serst steiniger, mühseliger und langer finden diesem Heft beiliegend unser 60 Frauengeschichten aufgeschrieben Weg für die Frauen bis zu diesem 7. Feb- gemeinsames Jahresprogramm; es wür- und wollen damit den Gossauer Heldin- ruar 1971! de mich sehr freuen, Sie am einen oder nen ein Denkmal setzen – mehr dazu anderen Anlass begrüssen zu dürfen. auf Seite 6. Mit verschiedenen Anlässen blicken wir in diesem Jahr zurück, würdigen die Vor- Einen spannenden Blick auf die Gleich- Übrigens, auf www.ch2021.ch finden Sie denkerinnen, sagen all jenen Danke, die stellung im Jahre 2071 geben wir Ihnen alle Anlässe, welche in der Schweiz zum für das Frauenstimmrecht gekämpft ha- in der Mitte dieser Ausgabe. Unsere Vor- Thema Frauenstimmrecht stattfinden, ben und richten unseren Blick auch standsfrauen Rahel Bucher und Maya da ist bestimmt auch etwas für Sie da- nach vorne und denken über Gleichstel- Grollimund haben zusammen mit mir bei. Zunächst aber viel Vergnügen beim lung von morgen nach. Wir begehen das eine Zeitreise in die Zukunft gemacht. Lesen unseres Mitteilungsblattes! Jubiläumsjahr zusammen mit den Kolle- Lesen Sie, welche Quantensprünge wir ginnen der Frauenzentrale Appenzell uns für die Bereiche Familie, Beruf und Ausserrhoden und des Katholischen Politik wünschen. Jacqueline Schneider, Geschäftsführerin
Persönlich In eigener Sache einatmen – ausatmen – loslassen… Das möchte ich so manchen Leuten empfehlen, die sich mit ihren Anliegen Abstimmung zum Verhüllungsverbot und der Frage „Hat das Stil?“ an das Ma- gazin der NZZ am Sonntag wenden, des- Am 7. März 2021 werden wir über die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» ab- sen eifrige Leserin ich bin. Ich schüttle stimmen, die ein Verbot der Verhüllung von Frauen aus religiösen Gründen einführen dann jeweils den Kopf, frage mich, was will. Diese Vorlage wird aktuell heftig diskutiert, vielfach mit Fokus auf die Gleichstellung einige so für Probleme haben und den- der Frau. ke: Schraubt doch mal eure Ansprüche herunter. So beschwerte sich unlängst Die Frauenzentrale St.Gallen lehnt – wie auch die alliance f (Dachverband der Schwei- eine Dame darüber, dass ihre mit Füller zer Frauenorganisationen) – das Verhüllungsverbot ab. (und hoffentlich viel Liebe) handge- schriebenen Weihnachtskarten z.T. via Was spricht gegen dieses Verbot? E-Mail oder WhatsApp beantwortet wur- • In der Schweiz leben nur wenige Frauen, die aus religiösen Gründen ihr Gesicht ver- den. Ja, vielleicht hat nicht jede:r das hüllen, gemäss einer Studie des Zentrum Religionsforschung ZRF sind es ca. 37. Ein Händchen, die Zeit oder das Geld, Karten Verhüllungsverbot würde nicht zur besseren Integration der Betroffenen beitragen, zu kaufen, zu basteln und zu schreiben eher das Gegenteil ist zu befürchten. oder ist in dem Moment gar nicht in der • Emanzipation und Gleichstellung dürfen nicht missbraucht werden, um fremden- Stimmung dazu. Glücklicherweise hat feindliche Positionen zu verschleiern. die Kolumnistin fast ausnahmslos gute • Dort, wo Frauen tatsächlich unterdrückt werden – egal, welcher Religion sie ange- Antworten parat. In diesem Fall meinte hören – muss generell interveniert werden. Entsprechende Mittel und Beratungsan- auch sie, dass man sich über eine gebote müssen selbstverständlich bereit stehen. „gleichwertige“ Antwort wohl freuen, sie aber nicht erwarten dürfe. Ihr treffender Vielleicht helfen Ihnen unsere Argumente bei Ihrer Meinungsbildung. Auf jeden Fall Vergleich: Auch wenn man jemandem möchten wir Sie motivieren, Ihre Stimme am 7. März abzugeben! etwas schenke und ein Gegengeschenk erwarte, handle es sich nicht mehr um Der Vorstand der Frauenzentrale St.Gallen ein Geschenk, sondern um ein Tausch- geschäft. Wohl wahr. … und dranbleiben 50 Jahre Frauenstimmrecht Neben diesem Plädoyer für mehr Gelas- Drei Frauenorgsanisationen feiern gemeinsam senheit im Allgemeinen möchte ich gleichwohl zu Empörung im Speziellen Das Jubiläumsprogramm 2021 der Frauenzentrale aufrufen, nämlich überall dort, wo Frau- St.Gallen, der Frauenzentrale Appenzell Ausser- en immer noch diskriminiert und den rhoden und des Katholischen Frauenbundes Männern absolut nicht gleichgestellt St.Gallen-Appenzell finden Sie als Beilage in diesem sind. Vor 50 Jahren durften Frauen in der Heft. Die Veranstaltungen vom 8. März mussten Schweiz erstmals abstimmen und wäh- coronabedingt teilweise abgesagt oder angepasst len. Dieses Jubiläum nimmt eine Gruppe werden. von Wissenschaftlerinnen zum Anlass, um Zahlen und Daten rund um Frauen Montag, 8. März 2021 – Internationaler Tag der Frau – FORZA DONNA! in der Schweiz aufzubereiten und Statis- tiken für ein breites Publikum zugänglich Ab 16.30 Uhr: Verteilung der beliebten Mimosen auf dem Bärenplatz in St.Gallen und zu machen. Im 2021 präsentieren sie Verkauf von Frauenpower-Risotto aus «Nannas Bunter Küche». wöchentlich unter www.frauenstat.ch eine Grafik zu ganz unterschiedlichen Die Abendveranstaltung steht unter dem Motto «Politische Partizipation im interna- Themen. 52 Mal werden Frauen durch tionalen Vergleich». Sie wird per Live-Stream aus dem Palace St.Gallen übertragen: Daten sichtbar. Folgen Sie Frauenstat.ch auch auf Twitter und Instagram. Ab 19.30 Uhr: Referat von Dr. Sarah Bütikofer, Politologin Ab ca. 20.00 Uhr: Podiumsgespräch mit • Dr. Sarah Bütikofer, Politologin • Maria Pappa, Stadtpräsidentin St.Gallen, mit italienischen Wurzeln • Katarina Stigwall, Projektmitarbeiterin HEKS, mit skandinavischen Wurzeln • Dinahlee Obey Siering, Sprachlehrerin, mit somalischen Wurzeln Moderation: Jacqueline Schneider und Anna Miotto Annette Nimzik, Vizepräsidentin Sie können die Veranstaltung über folgenden Link mitverfolgen: https://www.youtube.com/watch?v=mLghKtqsh5g (siehe Link auch auf www.fzsg.ch) 2
Frauen, sorgt heute für euer morgen! Bis 1976 brauchten verheiratete Frauen in der Schweiz noch die Erlaubnis ihres Ehemannes, um einem Beruf nachzugehen oder ein eigenes Bankkonto zu eröffnen – das ist erst 45 Jahre her! Heute ist dies kaum mehr vorstellbar. Und doch ist es immer noch in vielen Köpfen, dass Männer im Umgang mit Finanzen versierter als Frauen seien. Glücklicherweise hat sich auch dies in den letzten Jahrzehnten verändert. Ein Bereich, dem Frauen bis heute oft zu wenig Beachtung schenken, ist die Vorsorge. Die Frauenzen- trale wird darum die Themen Vorsorge und Nachlassregelung künftig stärker in den Fokus rücken. Den Auftakt macht die Juristin Franziska Wenk mit ihrem folgenden Artikel. Wenn Sie noch mehr wissen wollen und Fragen haben, können Sie sich in Ihrer Agenda bereits den Montag, 30. August 2021, 8.00 Uhr, reservieren. Dann wird Franziska Wenk in unserem Themencafé im Restaurant Gentile auftreten und vertiefter zur Vorsorge referieren und Ihre Fragen beantworten. Die Vorsorge in verschiedenen Lebensphasen Alter, Krankheit, Tod und Geld sind gleich mehrere Tabuthemen. Genau deswegen lohnt sich in fast jeder Lebensphase die Aus- einandersetzung damit: für sich selbst und für das engste Umfeld. Die Fragen zur Vorsorge variieren je nach Verfügungen von Todes wegen Lebenssituation. Reichen die Rentenleis- Ist der Nachlass einer Person nicht gere- tungen im Alter oder bei Invalidität zum gelt, gilt die gesetzliche Erbfolge. Möch- Leben? Gibt es Möglichkeiten, die Vorsor- te man beispielsweise weitere Personen gesituation zu verbessern, z.B. durch ei- (z.B. KonkubinatspartnerIn) oder eine nen Pensionskasseneinkauf? Bin ich als Organisation begünstigen, einen Gegen- KonkubinatspartnerIn im Todesfall des stand einer bestimmten Person verma- Partners / der Partnerin genügend abge- chen oder einen oder mehrere Erben sichert? besserstellen, ist ein Testament oder Erbvertrag nötig. Gleiches gilt, wenn si- Vorsorgeauftrag und chergestellt werden will, das der überle- Patientenverfügung bende Partner / die überlebende Partne- Mittels Vorsorgeauftrag kann geregelt rin nach dem Tod in der Wohnung oder werden, wer für den Fall der eigenen Ur- im Haus bleiben kann. Die eigene Frei- teilsunfähigkeit in persönlichen, finanzi- heit wird eingeschränkt durch den ellen und rechtlichen Belangen ent- Pflichtteil gewisser gesetzlicher Erben, scheiden soll. Eine Vorsorgevollmacht welcher auch nicht durch ein Testament macht insbesondere dann Sinn, wenn entzogen werden kann. Möglich ist je- man nicht die gesetzlich vorgesehenen doch ein Verzicht der pflichtteilgeschütz- Personen wie EhepartnerIn oder Kinder ten Erben und Erbinnen mittels Erbver- einsetzen möchte oder die verschiede- zichtvertrag. Franziska Wenk nen Bereiche an unterschiedliche Perso- befasst sich als Anwältin und Notarin nen delegieren will. Es empfiehlt sich, die Vorsorge gesamt- insbesondere mit der Erstellung von haft anzuschauen und je nach Situation Ehe- und Erbverträgen, Testamenten Ergänzend empfiehlt sich eine Patien- zu entscheiden, welche Handlungen und und Vorsorgefragen tenverfügung, die den Willen betreffend Verfügungen sinnvoll sind. medizinischer Massnahmen festhält. Tel. 071 227 80 75 Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung gelten, solange die Person nicht selbst Franziska Wenk, Rechtsanwältin franziska.wenk@og42.ch entscheiden kann, längstens jedoch bis zum Tod. 3
2071, wenn Gleichstellung für Frauen in Familie, Beru Die Freude war gross. Endlich, im dritten Anlauf erhielten die Frau- en in der Schweiz am 7. Februar 1971 das Stimm- und Wahlrecht auf nationaler Ebene. Vorausgegangen war ein Abstimmungs- kampf, der sehr emotional und zum Teil gehässig geführt wurde. 50 Jahre später blickt die Schweiz zurück auf dieses Ereignis und würdigt die Arbeit der Vordenkerinnen und Kämpferinnen für Gleichstellung und Mitsprache. Anstatt zurückzublicken, wagen unsere drei Redakteurinnen Rahel Bucher, Maya Grollimund und Jacqueline Schneider den Blick 50 Jahre nach vorne ins Jahr 2071. Sie zeigen Ihnen ihre per- sönlichen Visionen auf, wie sich die Welt für Frauen in Familie, Beruf und Politik verändern könnte und kommen zum Schluss: Gleichstellung ist 2071 kein Thema mehr! FAMILIE 2071 Im Jahr 2071 wird unser kürzlich gebore- eine umfassende Lösung. Die Arbeitszeit- wirkt, bleibt abzuwarten. Sicher ist – spä- ner Sohn 50 Jahre alt sein. Wird er mit begrenzung würde mehr Zeit schaffen testens bis in 50 Jahren müssen wir seinem Ehemann Kinder haben? Sich erst für Sozialkontakte mit den Jüngsten, Äl- nachhaltiger leben: weniger fliegen, überlegen, Vater zu werden? In einer testen und Kranken, für Gesundheit und nachhaltiger bauen, weniger, dafür loka- Wahlfamilie oder allein leben? Neben der Bewegung und für ein nachhaltigeres ler und saisonaler konsumieren, veganer traditionellen Kernfamilie aus verheirate- Leben. essen, nicht mehr auf fossile Brennstoffe ten heterosexuellen Paaren mit Kindern für Heizung und Transport zurückgreifen. werden wohl alternative Familienformen Mit der steigenden Lebenserwartung Es kann gut sein, dass unser Sohn kein häufiger werden und mehr staatliche könnte es infolge der sinkenden Gebur- eigenes Auto besitzt, sondern sich eine und gesellschaftliche Akzeptanz bekom- tenrate mehr Grosseltern pro Kind geben Drohne mit anderen teilt, ebenso wie men. Mit der «Ehe für alle» wurde bereits und tendenziell mehr Vier-Generationen- Haushalts- und Sportgeräte, im Sinne ein gesetzlicher Grundpfeiler für Regen- Familien. Unser Sohn wird vermutlich von Share-Economy. Nachhaltigere Le- bogenfamilien gelegt. Weiter zunehmen länger arbeiten bis zur Rente, und Alters- bensformen könnten aufkommen wie werden auch Patchwork- und Ein-Kind- heime werden für die überalterte Gesell- beispielsweise Minimalismus, wo man Familien. Eine Möglichkeit sind auch schaft wohl zu teuer sein. Mit der fort- nur die wichtigsten Gegenstände besitzt Wahlfamilien mit sozialer Eltern- oder schreitenden Digitalisierung ist er nicht und Zeit statt Konsumgüter schenkt. Grosselternschaft. Anstelle der stark auf mehr an einen fixen Arbeitsplatz gebun- Vielleicht werden Mikrowohnformen zu- sich selbst bezogenen Kleinfamilien den und es ist fraglich, ob er noch einen nehmen – «Minihäuser» oder kleine könnte ein stärkeres Gemeinschaftsge- festen Arbeitsvertrag oder nur einen Wohneinheiten – und vermutlich werden fühl entstehen, in dem sich viele Einzelne einzelnen Arbeitgeber hat. mehr Leute vegan leben. für ein grosses Ganzes einsetzen. Ob unser Sohn in 50 Jahren noch Skife- Wenn die Grundbedürfnisse gedeckt Hoffentlich wird in Zukunft die Arbeits- rien macht, darf bezweifelt werden. Wie sind, wird Materielles an Wert verlieren leistung unseres Sohnes als Ganzes ge- das Klima sich weiterentwickeln wird, und Zeit zur Selbstentfaltung und für so- sehen und entlöhnt. Das heisst, dass hängt stark vom Verhalten der Mensch- ziale Kontakte einen grossen Teil des neben der sogenannten «produktiven heit in naher Zukunft ab. Das Ziel von Wohlstandes ausmachen. Entsprechend Arbeit» auch der Care Work, dem gesell- Netto Null, bis im Jahr 2050 keine Treib- könnte unser Sohn in 50 Jahren seinen schaftlichen und sozialen Engagement hausgase mehr auszustossen, und auch Mitmenschen zu Weihnachten gemein- sowie der Hausarbeit einen höheren die Ziele der Agenda 2030 für eine nach- same Zeit verschenken. Wert eingeräumt wird. Dabei wäre die haltige Entwicklung sind ehrgeizig. Viel- generelle Reduktion der Arbeitszeit bei leicht werden sie bis 2071 umgesetzt gleichem Lohn – wie sie Frauenorganisa- sein. Wie stark der Temperaturanstieg Rahel Bucher, Vorstandsmitglied tionen wiederholt fordern, so auch wie- sich in Sommertrockenheit, Hitze, Stark- der prominent am Frauenstreik 2019 – niederschläge und Schneearmut aus- 4
uf und Politik kein Thema mehr ist POLITIK 2071 Im Jahr 2071 wird meine Urenkelin zur Bundesrätin gewählt. Sie hat sich schon sehr früh für Politik interessiert. Kein Wunder, ist doch politische Bildung als Schulfach bestens etabliert und mit der Einführung des Stimmrechtalters auf 14 Jahre wurde ein Meilenstein für die breite politische Beteiligung erreicht. Jugendli- che werden so in die Verantwortung ein- gebunden und lernen schon sehr früh, welche Auswirkungen ihre Entscheide haben. Die politische Arbeit hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Für die Arbeit im Parlament ist ein Schlüssel festgelegt, der unsere Gesellschaft ge- recht abbildet. Damit ist auch unserem Bedürfnis nach Partizipation und Mitbe- stimmung Rechnung getragen, unab- hängig von Geschlecht, Herkunft oder sozialer Schicht. Die politischen Partei- en sind vollständig verschwunden, die Meinungsbildung findet über Medien und soziale Netzwerke statt, zudem spielt auch künstliche Intelligenz eine BERUF 2071 zentrale Rolle in der Meinungsfindung. Als ich vor zwanzig Jahren Mutter wurde, Frauen und Männer arbeiten an ihren Ar- Nachhaltigkeit ist für die Politik zum war ich glücklich, dass ich meine Teilzeit- beitsplätzen oder von zuhause aus. Sie wichtigsten Kriterium geworden. Alle stelle behalten konnte, auch wenn sie haben viel Freiraum, ihre Arbeit zu gestal- Entscheidungen werden daran gemes- kein Karrieresprungbrett war. Einige Ar- ten. Es ist nicht mehr wichtig, wieviel Zeit sen, welchen Nutzen sie unserem Land, beitskolleginnen waren weniger glück- sie im Büro verbringen, sondern dass das der Gesellschaft und der Umwelt brin- lich und hatten ihre Stelle nach dem Ergebnis stimmt. Sie teilen sich die Jobs gen, ob sie einen Mehrwert bieten und gesetzlichen Mutterschaftsurlaub verlo- und arbeiten Teilzeit, auch in Führungs- ob das Kosten-Nutzen-Verhältnis aus- ren. Wird es meinen Töchtern in fünfzig funktionen. Der Teilzeitanteil bei Frauen geglichen ist. So wird Politik nicht mehr Jahren besser gehen? und Männern ist gleich hoch, die Teilzeit- zur Bühne einzelner Personen, sondern quote der Erwerbstätigkeiten liegt bei 80 nimmt uns alle in die Pflicht und dient 2071 wird die Ältere siebzig Jahre alt sein, Prozent. gleichzeitig einem höheren Zweck. die Jüngere Mitte sechzig. Gut möglich, dass dann beide noch berufstätig sind, Bei der Geburt des Kindes stellt sich nicht Im Bereich Gleichstellung sind in den weil es keine feste Grenze mehr für das mehr die Frage, wie lange die Mutter zu- letzten Jahrzehnten alle Forderungen Rentenalter gibt und der Rentenbezug hause bleibt, weil sich Vater und Mutter erfüllt worden. Frauenorganisationen zwischen dem 60. und 75. Lebensjahr während einer Elternzeit von mindestens und Gleichstellungsbüros stellen ihre flexibel ist. Vermutlich sind dann beide vierzig Wochen sowieso gemeinsam um Tätigkeit ein. Auch die Frauenzentrale Grossmütter und haben Familie und Be- das Kind kümmern. Seit 2066 herrscht in St.Gallen, gegründet 1914, ist nach 150 ruf problemlos unter einen Hut gebracht. allen Branchen Lohngleichheit, Firmen Jahren mit zwei lachenden Augen ge- müssen keine Lohngleichheitsanalysen schlossen worden – Ziel erreicht! 2071 wird die Berufswelt ganz anders mehr durchführen. aussehen. Brauchte es früher noch einen Meine Urenkelin sitzt an ihrem Kommu- Geschlechterrichtwert, ist dies 2071 ob- Auch wenn meine Töchter vielleicht nicht nikationsmedium und bereitet eine solet. 50 Prozent der Geschäftsleitungen mehr von allem profitieren können, so Rede zum Jubiläum «100 Jahre Frauen- und der Verwaltungsratspositionen sind haben sie doch all diese Veränderungen stimmrecht» vor. Sie schüttelt den Kopf, mit Frauen besetzt. Im Topmanagement in der Berufswelt miterlebt – umso bes- als sie die alten Schriften der Frauen- der hundert grössten Schweizer Firmen ser, dass das Erreichte für ihre Kinder im zentrale liest, und stellt sich die Frage, sind durchschnittlich fünf von zehn Füh- 2071 eine Selbstverständlichkeit ist. warum das alles so lange gedauert hat, rungskräften Frauen. Die Verwaltungs- denn sie weiss längst: Gleichstellung ratsmandate sind nicht nur bei Frauen heisst gemeinsam Verantwortung über- sehr attraktiv, sondern auch bei Män- Maya Grollimund, Vorstandsmitglied nehmen und tragen. nern, weil sie als Teilzeitjobs gelten und sich kaum mehr Probleme mit der Fami- lienvereinbarkeit stellen. Jacqueline Schneider, Geschäftsführerin 5
Ein digitaler Ehrenplatz für Gossauer Heldinnen Im Jahr, in dem die Schweiz 50 Jahre Frauenstimmrecht feiert, wird auch in Gossau das Schaffen von vielen einheimischen, teils weniger bekannten Frauen gewürdigt. 35 Spurensucherinnen haben innerhalb von zwei Jahren über 60 Lebensgeschichten aufgeschrieben. www.frauenspur-gossau.ch Die Spurensucherinnen haben auf frei- Spurensuche ist nicht zu Ende Platz in der lokalen Geschichte geben, williger Basis die Lebensgeschichten von Rund 2500 Stunden haben die Spuren- zum anderen sollen die Lebensgeschich- bekannten und weniger bekannten Gos- sucherinnen in ihre Recherche und ten die Sicht auf das 20. Jahrhundert öff- sauer Frauen zusammengetragen. Dar- Schreibarbeit investiert. Als Grundlagen nen. Auf ein Zeitalter, das mit vielen Ein- unter sind Persönlichkeiten wie die Au- dienten unter anderem die Kantonsbi- schränkungen, Abhängigkeiten und Ar- torin Rösli Krucker-Koller und die Kunst- bliothek Vadiana St.Gallen, das Gossau- mut, aber auch mit Aufbruch, Rebellion malerin Hedy Zuber, wie Luise Eigen- er Stadtarchiv, das Pfarramt sowie di- und Möglichkeiten verbunden war. mann-Forster, die 1895 die Leitung des verse Berichte einer privaten Sammlung. «Frauenspur Gossau» zeichnet eine Gossauer Telefon- und Telegraphenbü- Besonders wertvoll waren aber vor al- weibliche Zeitachse mit kraftvoller Aus- ros innehatte, Helena Mauchle-Leder- lem die vielen Interviews mit Zeitzeu- strahlung nach. Dazu passt auch, dass gerber, die als erste Frau in den Gemein- ginnen und -zeugen, mit Töchtern und gerade in diesem Jahr, in dem die Web- derat von Gossau gewählt wurde, oder Söhnen, Verwandten und Bekannten. site aufgeschaltet wird, die Schweiz 50 Edith Titl-Theiner, die 1968 von Tsche- Die Dokumentation umfasst über 700 Jahre Frauenstimmrecht feiert. chien in die Schweiz geflüchtet war. digitalisierte Nachrufe und über 60 Le- «Wir würdigen unsere Frauen. Die Hel- bensberichte. Und es werden immer dinnen des Alltags erhalten mit ihrer Le- Jetzt sicht- und hörbar mehr. Denn die Dokumentation – und bensgeschichte, publiziert auf dieser Damit auch die Öffentlichkeit von diesen demzufolge auch die Spurensuche – ist Website, einen Ehrenplatz.» spannenden und eindrücklichen Le- nicht abgeschlossen. bensgeschichten erfährt, wurde eigens Brigitte Hollenstein-Gemperle eine Website gestaltet. Heldinnen der Gossauer Geschichte Projektleitung Frauenspur Gossau Unter www.frauenspur-gossau.ch kön- Die Projektleiterinnen Brigitte Hollen- nen jetzt alle Geschichten, Gespräche stein-Gemperle, Katharina Lehmann Tel. 071 385 82 10 / 079 450 09 49 und Episoden nachgelesen oder teilwei- und Monika Walpen wollen mit dem se auch gehört werden. Projekt zum einen den Frauen einen b.hollenstein@praxisnah.ch 6
Wenn gleich nicht gleich ist Beratung zu Gleichstellungsfragen in der Arbeitswelt Mann und Frau sind gleichberechtigt. So steht es seit 1981 in der Bundesverfassung. Die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter ist jedoch bis heute nicht erreicht. Frauen verdienen immer noch weniger als Männer und sind in Kaderfunktionen eindeutig unter- vertreten. Sie leisten den Hauptteil der unbezahlten oder schlecht bezahlten Sorgearbeit und haben aufgrund ihrer Erwerbsbiografie im Alter ein grosses Armutsrisiko. www.gleichstellung.sg.ch/Beratung Das Gleichstellungsgesetz (GlG) gibt den einem Jahr bietet das Kompetenzzen- Arbeitnehmer*innen die Möglichkeit, sich trum Integration und Gleichstellung gegen Diskriminierungen im Erwerbsle- (KIG) auch Beratungen rund ums Gleich- ben zu wehren. Diskriminierungen kön- stellungsgesetz für Arbeitnehmer*innen nen in einem Bewerbungsverfahren, bei und Arbeitgeber*innen an. Arbeitneh- der Zuteilung der Arbeit, bei der Entlöh- mer*innen, die eine Diskriminierung nung, bei beruflichen Entwicklungsschrit- vermuten oder erfahren, erhalten eine ten oder bei einer Kündigung vorkom- neutrale Einschätzung sowie Beratung men. So liegt gemäss GlG beispielsweise zu den unterschiedlichen Vorgehens- eine Diskriminierung vor, wenn ein Be- möglichkeiten. So werden sie ganz be- trieb in die Aus- und Weiterbildung eines wusst dabei unterstützt, ihre eigenen Elisabeth Frölich Edelmann jungen Mannes mehr investiert als in Rechte wahrzunehmen. In der Beratung Fachspezialistin diejenige einer jungen Frau, da diese «si- von Unternehmen steht die Sensibilisie- Kompetenzzentrum Integration und cherlich bald Mutter wird». Oft gesche- rung sowie Implementierung diskrimi- Gleichstellung des Kantons St.Gallen hen solche Benachteiligungen nicht be- nierungsfreier Organisationsprozesse wusst, sondern aufgrund von internali- und Arbeits- und Rahmenbedingungen Tel. 058 229 43 52 sierten Geschlechterrollen. In aller Regel im Fokus. Nicht selten werden Arbeitge- bekennen sich Arbeitgeber*innen zur ber*innen auch zum Thema «sexuelle beratung-gleichstellung@sg.ch Gleichstellung von Frau und Mann und Belästigung am Arbeitsplatz» beraten wünschen sich eine vielfältigere Zusam- und in der Entwicklung von präventiven mensetzung ihrer Belegschaft und mehr Massnahmen unterstützt wie z.B. mit Frauen im Kader. einem Präventions-Kit. Die kantonale Gleichstellungsförderung Beratungen sind telefonisch, per E-Mail ist bereits seit langem Anlaufstelle für oder persönlich möglich. alle Gleichstellungsthemen wie Berufs- Informationen und die Kontaktdaten wahl, Vereinbarkeit von Beruf und Fami- zum Beratungsangebot sind auf der lie, Diversity und Lohngleichheit. Seit Webseite zu finden. 7
Wir danken für die freundliche Unterstützung Impressum Herausgeberin Frauenzentrale St.Gallen Bleichestrasse 11, 9000 St.Gallen Tel. 071 222 22 33 info@fzsg.ch www.fzsg.ch Redaktion Adressen der Beratungsstellen Rahel Bucher Maya Grollimund Bühler Budget- und Schuldenberatung Jacqueline Schneider Bleichestrasse 11 Irene Schuchter 9000 St.Gallen Gestaltungskonzept Tel. 071 222 22 33 schalter&walter, St.Gallen Veranstaltungen 2021 budgetberatung@fzsg.ch Foto Titelblatt: VICUSCHKA/photocase.de Haushilfe- und Entlastungsdienst Fotos Seite 5, v.l.n.r. simonthon/photocase.de Poststrasse 15 Keystone/Anthony Anex 9000 St.Gallen REHvolution.de/photocase.de Tel. 071 228 55 66 hed@fzsg.ch Druck Typotron AG, St.Gallen Fachstelle Kind und Familie Lämmlisbrunnenstrasse 55 Erscheint viermal jährlich 9000 St.Gallen Tel. 071 222 04 80 Auflage kindundfamilie@fzsg.ch 1200 Exemplare Nächster Redaktionsschluss Selbsthilfe St.Gallen und Appenzell 4. Mai 2021 Lämmlisbrunnenstrasse 55 9000 St.Gallen Tel. 071 222 22 63 selbsthilfe@fzsg.ch www.selbsthilfe-stgallen-appenzell.ch Beratungsstellen für Familienplanung, Die Veranstaltungen können nur stattfinden, wenn es die aktuellen Schwangerschaft und Sexualität Massnahmen zur Pandemiebekämpfung erlauben. www.faplasg.ch Informationen zur Durchführbarkeit und detaillierte Angaben zu den – Vadianstrasse 24, Postfach 325 Veranstaltungen finden Sie laufend unter www.fzsg.ch 9001 St.Gallen Tel. 071 222 88 11 faplasg@fzsg.ch Themencafés am Montag, 8.00 Uhr Bis die Themencafés wieder im Café-Restaurant Gentile stattfinden – Bahnhofstrasse 9 dürfen, werden sie vorerst über Zoom angeboten. Den Zoom-Link 7320 Sargans und Informationen zum aktuellen Thema finden Sie jeweils auf Tel. 081 710 65 85 www.fzsg.ch. Die nächsten Daten: 29. März, 26. April, 31. Mai faplasargans@fzsg.ch – Bahnhofstrasse 6, Postfach 122 50 Jahre Frauenstimmrecht (siehe Seite 2) 9630 Wattwil • Montag, 8. März 2021 Tel. 071 988 56 11 Internationaler Tag der Frau – FORZA DONNA! faplawattwil@fzsg.ch Mimosen-Aktion auf dem Bärenplatz St.Gallen Live-Stream «Politische Partizipation im internationalen Vergleich» – St.Gallerstrasse 1 8645 Jona • Montag. 21. Juni 2021 Tel. 055 225 74 30 «Sommerfest zur Sonnenwende» im Rathaus Schwänberg Herisau faplajona@fzsg.ch www.frauenzentrale-ar.ch > Agenda
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