Mitteilungsblatt 1 / 2021 - Frauenzentrale St.Gallen

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Mitteilungsblatt 1 / 2021 - Frauenzentrale St.Gallen
Mitteilungsblatt
          1 / 2021
Seite 2

einatmen–ausatmen–loslassen...
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In eigener Sache
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Vorsorge in verschiedenen
Lebensphasen
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2071: Gleichstellung in Familie,
Beruf und Politik
                                                                                            Frauenzentrale
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Gossauer Heldinnen
Seite 7                                                                                     St.Gallen
Beratung zu Gleichstellungs-
fragen in der Arbeitswelt
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Veranstaltungen 2021

          Frauenpower im 2021!
          Warum? Wir feiern das 50-Jahre-Jubi-       Frauenbundes St.Gallen-Appenzell und       Eine besondere Würdigung von Frauen
          läum zum Stimm- und Wahlrecht für          setzen damit ein starkes Zeichen für So-   findet in Gossau statt. 35 Spurensuche-
          Frauen in der Schweiz. Es war ein äus-     lidarität und Gemeinschaftlichkeit. Sie    rinnen haben in den letzten zwei Jahren
          serst steiniger, mühseliger und langer     finden diesem Heft beiliegend unser        60 Frauengeschichten aufgeschrieben
          Weg für die Frauen bis zu diesem 7. Feb-   gemeinsames Jahresprogramm; es wür-        und wollen damit den Gossauer Heldin-
          ruar 1971!                                 de mich sehr freuen, Sie am einen oder     nen ein Denkmal setzen – mehr dazu
                                                     anderen Anlass begrüssen zu dürfen.        auf Seite 6.
          Mit verschiedenen Anlässen blicken wir
          in diesem Jahr zurück, würdigen die Vor-   Einen spannenden Blick auf die Gleich-     Übrigens, auf www.ch2021.ch finden Sie
          denkerinnen, sagen all jenen Danke, die    stellung im Jahre 2071 geben wir Ihnen     alle Anlässe, welche in der Schweiz zum
          für das Frauenstimmrecht gekämpft ha-      in der Mitte dieser Ausgabe. Unsere Vor-   Thema Frauenstimmrecht stattfinden,
          ben und richten unseren Blick auch         standsfrauen Rahel Bucher und Maya         da ist bestimmt auch etwas für Sie da-
          nach vorne und denken über Gleichstel-     Grollimund haben zusammen mit mir          bei. Zunächst aber viel Vergnügen beim
          lung von morgen nach. Wir begehen das      eine Zeitreise in die Zukunft gemacht.     Lesen unseres Mitteilungsblattes!
          Jubiläumsjahr zusammen mit den Kolle-      Lesen Sie, welche Quantensprünge wir
          ginnen der Frauenzentrale Appenzell        uns für die Bereiche Familie, Beruf und
          Ausserrhoden und des Katholischen          Politik wünschen.                          Jacqueline Schneider, Geschäftsführerin
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Persönlich                                  In eigener Sache
einatmen – ausatmen – loslassen…

Das möchte ich so manchen Leuten
empfehlen, die sich mit ihren Anliegen      Abstimmung zum Verhüllungsverbot
und der Frage „Hat das Stil?“ an das Ma-
gazin der NZZ am Sonntag wenden, des-       Am 7. März 2021 werden wir über die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» ab-
sen eifrige Leserin ich bin. Ich schüttle   stimmen, die ein Verbot der Verhüllung von Frauen aus religiösen Gründen einführen
dann jeweils den Kopf, frage mich, was      will. Diese Vorlage wird aktuell heftig diskutiert, vielfach mit Fokus auf die Gleichstellung
einige so für Probleme haben und den-       der Frau.
ke: Schraubt doch mal eure Ansprüche
herunter. So beschwerte sich unlängst       Die Frauenzentrale St.Gallen lehnt – wie auch die alliance f (Dachverband der Schwei-
eine Dame darüber, dass ihre mit Füller     zer Frauenorganisationen) – das Verhüllungsverbot ab.
(und hoffentlich viel Liebe) handge-
schriebenen Weihnachtskarten z.T. via       Was spricht gegen dieses Verbot?
E-Mail oder WhatsApp beantwortet wur-       • In der Schweiz leben nur wenige Frauen, die aus religiösen Gründen ihr Gesicht ver-
den. Ja, vielleicht hat nicht jede:r das      hüllen, gemäss einer Studie des Zentrum Religionsforschung ZRF sind es ca. 37. Ein
Händchen, die Zeit oder das Geld, Karten      Verhüllungsverbot würde nicht zur besseren Integration der Betroffenen beitragen,
zu kaufen, zu basteln und zu schreiben        eher das Gegenteil ist zu befürchten.
oder ist in dem Moment gar nicht in der     • Emanzipation und Gleichstellung dürfen nicht missbraucht werden, um fremden-
Stimmung dazu. Glücklicherweise hat           feindliche Positionen zu verschleiern.
die Kolumnistin fast ausnahmslos gute       • Dort, wo Frauen tatsächlich unterdrückt werden – egal, welcher Religion sie ange-
Antworten parat. In diesem Fall meinte        hören – muss generell interveniert werden. Entsprechende Mittel und Beratungsan-
auch sie, dass man sich über eine             gebote müssen selbstverständlich bereit stehen.
„gleichwertige“ Antwort wohl freuen, sie
aber nicht erwarten dürfe. Ihr treffender   Vielleicht helfen Ihnen unsere Argumente bei Ihrer Meinungsbildung. Auf jeden Fall
Vergleich: Auch wenn man jemandem           möchten wir Sie motivieren, Ihre Stimme am 7. März abzugeben!
etwas schenke und ein Gegengeschenk
erwarte, handle es sich nicht mehr um       Der Vorstand der Frauenzentrale St.Gallen
ein Geschenk, sondern um ein Tausch-
geschäft. Wohl wahr.

… und dranbleiben                           50 Jahre Frauenstimmrecht
Neben diesem Plädoyer für mehr Gelas-       Drei Frauenorgsanisationen feiern gemeinsam
senheit im Allgemeinen möchte ich
gleichwohl zu Empörung im Speziellen                                              Das Jubiläumsprogramm 2021 der Frauenzentrale
aufrufen, nämlich überall dort, wo Frau-                                          St.Gallen, der Frauenzentrale Appenzell Ausser-
en immer noch diskriminiert und den                                               rhoden und des Katholischen Frauenbundes
Männern absolut nicht gleichgestellt                                              St.Gallen-Appenzell finden Sie als Beilage in diesem
sind. Vor 50 Jahren durften Frauen in der                                         Heft. Die Veranstaltungen vom 8. März mussten
Schweiz erstmals abstimmen und wäh-                                               coronabedingt teilweise abgesagt oder angepasst
len. Dieses Jubiläum nimmt eine Gruppe                                            werden.
von Wissenschaftlerinnen zum Anlass,
um Zahlen und Daten rund um Frauen          Montag, 8. März 2021 – Internationaler Tag der Frau – FORZA DONNA!
in der Schweiz aufzubereiten und Statis-
tiken für ein breites Publikum zugänglich   Ab 16.30 Uhr: Verteilung der beliebten Mimosen auf dem Bärenplatz in St.Gallen und
zu machen. Im 2021 präsentieren sie         Verkauf von Frauenpower-Risotto aus «Nannas Bunter Küche».
wöchentlich unter www.frauenstat.ch
eine Grafik zu ganz unterschiedlichen       Die Abendveranstaltung steht unter dem Motto «Politische Partizipation im interna-
Themen. 52 Mal werden Frauen durch          tionalen Vergleich». Sie wird per Live-Stream aus dem Palace St.Gallen übertragen:
Daten sichtbar. Folgen Sie Frauenstat.ch
auch auf Twitter und Instagram.             Ab 19.30 Uhr: Referat von Dr. Sarah Bütikofer, Politologin

                                            Ab ca. 20.00 Uhr: Podiumsgespräch mit
                                            • Dr. Sarah Bütikofer, Politologin
                                            • Maria Pappa, Stadtpräsidentin St.Gallen, mit italienischen Wurzeln
                                            • Katarina Stigwall, Projektmitarbeiterin HEKS, mit skandinavischen Wurzeln
                                            • Dinahlee Obey Siering, Sprachlehrerin, mit somalischen Wurzeln

                                            Moderation: Jacqueline Schneider und Anna Miotto

Annette Nimzik, Vizepräsidentin             Sie können die Veranstaltung über folgenden Link mitverfolgen:
                                            https://www.youtube.com/watch?v=mLghKtqsh5g (siehe Link auch auf www.fzsg.ch)

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Frauen, sorgt heute für euer morgen!
               Bis 1976 brauchten verheiratete Frauen in der Schweiz noch die Erlaubnis ihres Ehemannes, um
               einem Beruf nachzugehen oder ein eigenes Bankkonto zu eröffnen – das ist erst 45 Jahre her!
               Heute ist dies kaum mehr vorstellbar. Und doch ist es immer noch in vielen Köpfen, dass Männer im
               Umgang mit Finanzen versierter als Frauen seien. Glücklicherweise hat sich auch dies in den letzten
               Jahrzehnten verändert.

               Ein Bereich, dem Frauen bis heute oft zu wenig Beachtung schenken, ist die Vorsorge. Die Frauenzen-
               trale wird darum die Themen Vorsorge und Nachlassregelung künftig stärker in den Fokus rücken.
               Den Auftakt macht die Juristin Franziska Wenk mit ihrem folgenden Artikel.

               Wenn Sie noch mehr wissen wollen und Fragen haben, können Sie sich in Ihrer Agenda bereits den
               Montag, 30. August 2021, 8.00 Uhr, reservieren. Dann wird Franziska Wenk in unserem Themencafé
               im Restaurant Gentile auftreten und vertiefter zur Vorsorge referieren und Ihre Fragen beantworten.

Die Vorsorge in verschiedenen Lebensphasen
Alter, Krankheit, Tod und Geld sind gleich mehrere Tabuthemen.
Genau deswegen lohnt sich in fast jeder Lebensphase die Aus-
einandersetzung damit: für sich selbst und für das engste Umfeld.

Die Fragen zur Vorsorge variieren je nach    Verfügungen von Todes wegen
Lebenssituation. Reichen die Rentenleis-     Ist der Nachlass einer Person nicht gere-
tungen im Alter oder bei Invalidität zum     gelt, gilt die gesetzliche Erbfolge. Möch-
Leben? Gibt es Möglichkeiten, die Vorsor-    te man beispielsweise weitere Personen
gesituation zu verbessern, z.B. durch ei-    (z.B. KonkubinatspartnerIn) oder eine
nen Pensionskasseneinkauf? Bin ich als       Organisation begünstigen, einen Gegen-
KonkubinatspartnerIn im Todesfall des        stand einer bestimmten Person verma-
Partners / der Partnerin genügend abge-      chen oder einen oder mehrere Erben
sichert?                                     besserstellen, ist ein Testament oder
                                             Erbvertrag nötig. Gleiches gilt, wenn si-
Vorsorgeauftrag und                          chergestellt werden will, das der überle-
Patientenverfügung                           bende Partner / die überlebende Partne-
Mittels Vorsorgeauftrag kann geregelt        rin nach dem Tod in der Wohnung oder
werden, wer für den Fall der eigenen Ur-     im Haus bleiben kann. Die eigene Frei-
teilsunfähigkeit in persönlichen, finanzi-   heit wird eingeschränkt durch den
ellen und rechtlichen Belangen ent-          Pflichtteil gewisser gesetzlicher Erben,
scheiden soll. Eine Vorsorgevollmacht        welcher auch nicht durch ein Testament
macht insbesondere dann Sinn, wenn           entzogen werden kann. Möglich ist je-
man nicht die gesetzlich vorgesehenen        doch ein Verzicht der pflichtteilgeschütz-
Personen wie EhepartnerIn oder Kinder        ten Erben und Erbinnen mittels Erbver-
einsetzen möchte oder die verschiede-        zichtvertrag.                                            Franziska Wenk
nen Bereiche an unterschiedliche Perso-                                                               befasst sich als Anwältin und Notarin
nen delegieren will.                         Es empfiehlt sich, die Vorsorge gesamt-                  insbesondere mit der Erstellung von
                                             haft anzuschauen und je nach Situation                   Ehe- und Erbverträgen, Testamenten
Ergänzend empfiehlt sich eine Patien-        zu entscheiden, welche Handlungen und                    und Vorsorgefragen
tenverfügung, die den Willen betreffend      Verfügungen sinnvoll sind.
medizinischer Massnahmen festhält.                                                                    Tel. 071 227 80 75
Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung
gelten, solange die Person nicht selbst      Franziska Wenk, Rechtsanwältin                           franziska.wenk@og42.ch
entscheiden kann, längstens jedoch bis
zum Tod.

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2071, wenn Gleichstellung für Frauen in Familie, Beru
               Die Freude war gross. Endlich, im dritten Anlauf erhielten die Frau-
               en in der Schweiz am 7. Februar 1971 das Stimm- und Wahlrecht
               auf nationaler Ebene. Vorausgegangen war ein Abstimmungs-
               kampf, der sehr emotional und zum Teil gehässig geführt wurde.
               50 Jahre später blickt die Schweiz zurück auf dieses Ereignis und
               würdigt die Arbeit der Vordenkerinnen und Kämpferinnen für
               Gleichstellung und Mitsprache.
               Anstatt zurückzublicken, wagen unsere drei Redakteurinnen
               Rahel Bucher, Maya Grollimund und Jacqueline Schneider den
               Blick 50 Jahre nach vorne ins Jahr 2071. Sie zeigen Ihnen ihre per-
               sönlichen Visionen auf, wie sich die Welt für Frauen in Familie,
               Beruf und Politik verändern könnte und kommen zum Schluss:
               Gleichstellung ist 2071 kein Thema mehr!

FAMILIE 2071
Im Jahr 2071 wird unser kürzlich gebore-     eine umfassende Lösung. Die Arbeitszeit-     wirkt, bleibt abzuwarten. Sicher ist – spä-
ner Sohn 50 Jahre alt sein. Wird er mit      begrenzung würde mehr Zeit schaffen          testens bis in 50 Jahren müssen wir
seinem Ehemann Kinder haben? Sich erst       für Sozialkontakte mit den Jüngsten, Äl-     nachhaltiger leben: weniger fliegen,
überlegen, Vater zu werden? In einer         testen und Kranken, für Gesundheit und       nachhaltiger bauen, weniger, dafür loka-
Wahlfamilie oder allein leben? Neben der     Bewegung und für ein nachhaltigeres          ler und saisonaler konsumieren, veganer
traditionellen Kernfamilie aus verheirate-   Leben.                                       essen, nicht mehr auf fossile Brennstoffe
ten heterosexuellen Paaren mit Kindern                                                    für Heizung und Transport zurückgreifen.
werden wohl alternative Familienformen       Mit der steigenden Lebenserwartung           Es kann gut sein, dass unser Sohn kein
häufiger werden und mehr staatliche          könnte es infolge der sinkenden Gebur-       eigenes Auto besitzt, sondern sich eine
und gesellschaftliche Akzeptanz bekom-       tenrate mehr Grosseltern pro Kind geben      Drohne mit anderen teilt, ebenso wie
men. Mit der «Ehe für alle» wurde bereits    und tendenziell mehr Vier-Generationen-      Haushalts- und Sportgeräte, im Sinne
ein gesetzlicher Grundpfeiler für Regen-     Familien. Unser Sohn wird vermutlich         von Share-Economy. Nachhaltigere Le-
bogenfamilien gelegt. Weiter zunehmen        länger arbeiten bis zur Rente, und Alters-   bensformen könnten aufkommen wie
werden auch Patchwork- und Ein-Kind-         heime werden für die überalterte Gesell-     beispielsweise Minimalismus, wo man
Familien. Eine Möglichkeit sind auch         schaft wohl zu teuer sein. Mit der fort-     nur die wichtigsten Gegenstände besitzt
Wahlfamilien mit sozialer Eltern- oder       schreitenden Digitalisierung ist er nicht    und Zeit statt Konsumgüter schenkt.
Grosselternschaft. Anstelle der stark auf    mehr an einen fixen Arbeitsplatz gebun-      Vielleicht werden Mikrowohnformen zu-
sich selbst bezogenen Kleinfamilien          den und es ist fraglich, ob er noch einen    nehmen – «Minihäuser» oder kleine
könnte ein stärkeres Gemeinschaftsge-        festen Arbeitsvertrag oder nur einen         Wohneinheiten – und vermutlich werden
fühl entstehen, in dem sich viele Einzelne   einzelnen Arbeitgeber hat.                   mehr Leute vegan leben.
für ein grosses Ganzes einsetzen.
                                             Ob unser Sohn in 50 Jahren noch Skife-       Wenn die Grundbedürfnisse gedeckt
Hoffentlich wird in Zukunft die Arbeits-     rien macht, darf bezweifelt werden. Wie      sind, wird Materielles an Wert verlieren
leistung unseres Sohnes als Ganzes ge-       das Klima sich weiterentwickeln wird,        und Zeit zur Selbstentfaltung und für so-
sehen und entlöhnt. Das heisst, dass         hängt stark vom Verhalten der Mensch-        ziale Kontakte einen grossen Teil des
neben der sogenannten «produktiven           heit in naher Zukunft ab. Das Ziel von       Wohlstandes ausmachen. Entsprechend
Arbeit» auch der Care Work, dem gesell-      Netto Null, bis im Jahr 2050 keine Treib-    könnte unser Sohn in 50 Jahren seinen
schaftlichen und sozialen Engagement         hausgase mehr auszustossen, und auch         Mitmenschen zu Weihnachten gemein-
sowie der Hausarbeit einen höheren           die Ziele der Agenda 2030 für eine nach-     same Zeit verschenken.
Wert eingeräumt wird. Dabei wäre die         haltige Entwicklung sind ehrgeizig. Viel-
generelle Reduktion der Arbeitszeit bei      leicht werden sie bis 2071 umgesetzt
gleichem Lohn – wie sie Frauenorganisa-      sein. Wie stark der Temperaturanstieg        Rahel Bucher, Vorstandsmitglied
tionen wiederholt fordern, so auch wie-      sich in Sommertrockenheit, Hitze, Stark-
der prominent am Frauenstreik 2019 –         niederschläge und Schneearmut aus-

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uf und Politik kein Thema mehr ist                                                               POLITIK 2071
                                                                                                 Im Jahr 2071 wird meine Urenkelin zur
                                                                                                 Bundesrätin gewählt. Sie hat sich schon
                                                                                                 sehr früh für Politik interessiert. Kein
                                                                                                 Wunder, ist doch politische Bildung als
                                                                                                 Schulfach bestens etabliert und mit der
                                                                                                 Einführung des Stimmrechtalters auf 14
                                                                                                 Jahre wurde ein Meilenstein für die breite
                                                                                                 politische Beteiligung erreicht. Jugendli-
                                                                                                 che werden so in die Verantwortung ein-
                                                                                                 gebunden und lernen schon sehr früh,
                                                                                                 welche Auswirkungen ihre Entscheide
                                                                                                 haben.

                                                                                                 Die politische Arbeit hat sich in den
                                                                                                 letzten Jahrzehnten stark verändert. Für
                                                                                                 die Arbeit im Parlament ist ein Schlüssel
                                                                                                 festgelegt, der unsere Gesellschaft ge-
                                                                                                 recht abbildet. Damit ist auch unserem
                                                                                                 Bedürfnis nach Partizipation und Mitbe-
                                                                                                 stimmung Rechnung getragen, unab-
                                                                                                 hängig von Geschlecht, Herkunft oder
                                                                                                 sozialer Schicht. Die politischen Partei-
                                                                                                 en sind vollständig verschwunden, die
                                                                                                 Meinungsbildung findet über Medien
                                                                                                 und soziale Netzwerke statt, zudem
                                                                                                 spielt auch künstliche Intelligenz eine
   BERUF 2071                                                                                    zentrale Rolle in der Meinungsfindung.

   Als ich vor zwanzig Jahren Mutter wurde,       Frauen und Männer arbeiten an ihren Ar-        Nachhaltigkeit ist für die Politik zum
   war ich glücklich, dass ich meine Teilzeit-    beitsplätzen oder von zuhause aus. Sie         wichtigsten Kriterium geworden. Alle
   stelle behalten konnte, auch wenn sie          haben viel Freiraum, ihre Arbeit zu gestal-    Entscheidungen werden daran gemes-
   kein Karrieresprungbrett war. Einige Ar-       ten. Es ist nicht mehr wichtig, wieviel Zeit   sen, welchen Nutzen sie unserem Land,
   beitskolleginnen waren weniger glück-          sie im Büro verbringen, sondern dass das       der Gesellschaft und der Umwelt brin-
   lich und hatten ihre Stelle nach dem           Ergebnis stimmt. Sie teilen sich die Jobs      gen, ob sie einen Mehrwert bieten und
   gesetzlichen Mutterschaftsurlaub verlo-        und arbeiten Teilzeit, auch in Führungs-       ob das Kosten-Nutzen-Verhältnis aus-
   ren. Wird es meinen Töchtern in fünfzig        funktionen. Der Teilzeitanteil bei Frauen      geglichen ist. So wird Politik nicht mehr
   Jahren besser gehen?                           und Männern ist gleich hoch, die Teilzeit-     zur Bühne einzelner Personen, sondern
                                                  quote der Erwerbstätigkeiten liegt bei 80      nimmt uns alle in die Pflicht und dient
   2071 wird die Ältere siebzig Jahre alt sein,   Prozent.                                       gleichzeitig einem höheren Zweck.
   die Jüngere Mitte sechzig. Gut möglich,
   dass dann beide noch berufstätig sind,         Bei der Geburt des Kindes stellt sich nicht    Im Bereich Gleichstellung sind in den
   weil es keine feste Grenze mehr für das        mehr die Frage, wie lange die Mutter zu-       letzten Jahrzehnten alle Forderungen
   Rentenalter gibt und der Rentenbezug           hause bleibt, weil sich Vater und Mutter       erfüllt worden. Frauenorganisationen
   zwischen dem 60. und 75. Lebensjahr            während einer Elternzeit von mindestens        und Gleichstellungsbüros stellen ihre
   flexibel ist. Vermutlich sind dann beide       vierzig Wochen sowieso gemeinsam um            Tätigkeit ein. Auch die Frauenzentrale
   Grossmütter und haben Familie und Be-          das Kind kümmern. Seit 2066 herrscht in        St.Gallen, gegründet 1914, ist nach 150
   ruf problemlos unter einen Hut gebracht.       allen Branchen Lohngleichheit, Firmen          Jahren mit zwei lachenden Augen ge-
                                                  müssen keine Lohngleichheitsanalysen           schlossen worden – Ziel erreicht!
   2071 wird die Berufswelt ganz anders           mehr durchführen.
   aussehen. Brauchte es früher noch einen                                                       Meine Urenkelin sitzt an ihrem Kommu-
   Geschlechterrichtwert, ist dies 2071 ob-       Auch wenn meine Töchter vielleicht nicht       nikationsmedium und bereitet eine
   solet. 50 Prozent der Geschäftsleitungen       mehr von allem profitieren können, so          Rede zum Jubiläum «100 Jahre Frauen-
   und der Verwaltungsratspositionen sind         haben sie doch all diese Veränderungen         stimmrecht» vor. Sie schüttelt den Kopf,
   mit Frauen besetzt. Im Topmanagement           in der Berufswelt miterlebt – umso bes-        als sie die alten Schriften der Frauen-
   der hundert grössten Schweizer Firmen          ser, dass das Erreichte für ihre Kinder im     zentrale liest, und stellt sich die Frage,
   sind durchschnittlich fünf von zehn Füh-       2071 eine Selbstverständlichkeit ist.          warum das alles so lange gedauert hat,
   rungskräften Frauen. Die Verwaltungs-                                                         denn sie weiss längst: Gleichstellung
   ratsmandate sind nicht nur bei Frauen                                                         heisst gemeinsam Verantwortung über-
   sehr attraktiv, sondern auch bei Män-          Maya Grollimund, Vorstandsmitglied             nehmen und tragen.
   nern, weil sie als Teilzeitjobs gelten und
   sich kaum mehr Probleme mit der Fami-
   lienvereinbarkeit stellen.                                                                    Jacqueline Schneider, Geschäftsführerin

                                                                               5
Ein digitaler Ehrenplatz für Gossauer Heldinnen
              Im Jahr, in dem die Schweiz 50 Jahre Frauenstimmrecht feiert, wird auch in
              Gossau das Schaffen von vielen einheimischen, teils weniger bekannten
              Frauen gewürdigt. 35 Spurensucherinnen haben innerhalb von zwei Jahren
              über 60 Lebensgeschichten aufgeschrieben.

                                            www.frauenspur-gossau.ch

Die Spurensucherinnen haben auf frei-       Spurensuche ist nicht zu Ende              Platz in der lokalen Geschichte geben,
williger Basis die Lebensgeschichten von    Rund 2500 Stunden haben die Spuren-        zum anderen sollen die Lebensgeschich-
bekannten und weniger bekannten Gos-        sucherinnen in ihre Recherche und          ten die Sicht auf das 20. Jahrhundert öff-
sauer Frauen zusammengetragen. Dar-         Schreibarbeit investiert. Als Grundlagen   nen. Auf ein Zeitalter, das mit vielen Ein-
unter sind Persönlichkeiten wie die Au-     dienten unter anderem die Kantonsbi-       schränkungen, Abhängigkeiten und Ar-
torin Rösli Krucker-Koller und die Kunst-   bliothek Vadiana St.Gallen, das Gossau-    mut, aber auch mit Aufbruch, Rebellion
malerin Hedy Zuber, wie Luise Eigen-        er Stadtarchiv, das Pfarramt sowie di-     und Möglichkeiten verbunden war.
mann-Forster, die 1895 die Leitung des      verse Berichte einer privaten Sammlung.    «Frauenspur Gossau» zeichnet eine
Gossauer Telefon- und Telegraphenbü-        Besonders wertvoll waren aber vor al-      weibliche Zeitachse mit kraftvoller Aus-
ros innehatte, Helena Mauchle-Leder-        lem die vielen Interviews mit Zeitzeu-     strahlung nach. Dazu passt auch, dass
gerber, die als erste Frau in den Gemein-   ginnen und -zeugen, mit Töchtern und       gerade in diesem Jahr, in dem die Web-
derat von Gossau gewählt wurde, oder        Söhnen, Verwandten und Bekannten.          site aufgeschaltet wird, die Schweiz 50
Edith Titl-Theiner, die 1968 von Tsche-     Die Dokumentation umfasst über 700         Jahre Frauenstimmrecht feiert.
chien in die Schweiz geflüchtet war.        digitalisierte Nachrufe und über 60 Le-    «Wir würdigen unsere Frauen. Die Hel-
                                            bensberichte. Und es werden immer          dinnen des Alltags erhalten mit ihrer Le-
Jetzt sicht- und hörbar                     mehr. Denn die Dokumentation – und         bensgeschichte, publiziert auf dieser
Damit auch die Öffentlichkeit von diesen    demzufolge auch die Spurensuche – ist      Website, einen Ehrenplatz.»
spannenden und eindrücklichen Le-           nicht abgeschlossen.
bensgeschichten erfährt, wurde eigens                                                  Brigitte Hollenstein-Gemperle
eine Website gestaltet.                     Heldinnen der Gossauer Geschichte          Projektleitung Frauenspur Gossau
Unter www.frauenspur-gossau.ch kön-         Die Projektleiterinnen Brigitte Hollen-
nen jetzt alle Geschichten, Gespräche       stein-Gemperle, Katharina Lehmann          Tel. 071 385 82 10 / 079 450 09 49
und Episoden nachgelesen oder teilwei-      und Monika Walpen wollen mit dem
se auch gehört werden.                      Projekt zum einen den Frauen einen         b.hollenstein@praxisnah.ch

                                                                      6
Wenn gleich nicht gleich ist
Beratung zu Gleichstellungsfragen in der Arbeitswelt

              Mann und Frau sind gleichberechtigt. So steht es seit 1981 in der
              Bundesverfassung. Die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter
              ist jedoch bis heute nicht erreicht. Frauen verdienen immer noch
              weniger als Männer und sind in Kaderfunktionen eindeutig unter-
              vertreten. Sie leisten den Hauptteil der unbezahlten oder schlecht
              bezahlten Sorgearbeit und haben aufgrund ihrer Erwerbsbiografie
              im Alter ein grosses Armutsrisiko.

                                                                          www.gleichstellung.sg.ch/Beratung

Das Gleichstellungsgesetz (GlG) gibt den     einem Jahr bietet das Kompetenzzen-
Arbeitnehmer*innen die Möglichkeit, sich     trum Integration und Gleichstellung
gegen Diskriminierungen im Erwerbsle-        (KIG) auch Beratungen rund ums Gleich-
ben zu wehren. Diskriminierungen kön-        stellungsgesetz für Arbeitnehmer*innen
nen in einem Bewerbungsverfahren, bei        und Arbeitgeber*innen an. Arbeitneh-
der Zuteilung der Arbeit, bei der Entlöh-    mer*innen, die eine Diskriminierung
nung, bei beruflichen Entwicklungsschrit-    vermuten oder erfahren, erhalten eine
ten oder bei einer Kündigung vorkom-         neutrale Einschätzung sowie Beratung
men. So liegt gemäss GlG beispielsweise      zu den unterschiedlichen Vorgehens-
eine Diskriminierung vor, wenn ein Be-       möglichkeiten. So werden sie ganz be-
trieb in die Aus- und Weiterbildung eines    wusst dabei unterstützt, ihre eigenen           Elisabeth Frölich Edelmann
jungen Mannes mehr investiert als in         Rechte wahrzunehmen. In der Beratung            Fachspezialistin
diejenige einer jungen Frau, da diese «si-   von Unternehmen steht die Sensibilisie-         Kompetenzzentrum Integration und
cherlich bald Mutter wird». Oft gesche-      rung sowie Implementierung diskrimi-            Gleichstellung des Kantons St.Gallen
hen solche Benachteiligungen nicht be-       nierungsfreier Organisationsprozesse
wusst, sondern aufgrund von internali-       und Arbeits- und Rahmenbedingungen              Tel. 058 229 43 52
sierten Geschlechterrollen. In aller Regel   im Fokus. Nicht selten werden Arbeitge-
bekennen sich Arbeitgeber*innen zur          ber*innen auch zum Thema «sexuelle              beratung-gleichstellung@sg.ch
Gleichstellung von Frau und Mann und         Belästigung am Arbeitsplatz» beraten
wünschen sich eine vielfältigere Zusam-      und in der Entwicklung von präventiven
mensetzung ihrer Belegschaft und mehr        Massnahmen unterstützt wie z.B. mit
Frauen im Kader.                             einem Präventions-Kit.

Die kantonale Gleichstellungsförderung       Beratungen sind telefonisch, per E-Mail
ist bereits seit langem Anlaufstelle für     oder persönlich möglich.
alle Gleichstellungsthemen wie Berufs-       Informationen und die Kontaktdaten
wahl, Vereinbarkeit von Beruf und Fami-      zum Beratungsangebot sind auf der
lie, Diversity und Lohngleichheit. Seit      Webseite zu finden.

                                                                      7
Wir danken
für die freundliche Unterstützung

                                                                             Impressum

                                                                             Herausgeberin
                                                                             Frauenzentrale St.Gallen
                                                                             Bleichestrasse 11, 9000 St.Gallen
                                                                             Tel. 071 222 22 33
                                                                             info@fzsg.ch
                                                                             www.fzsg.ch

                                                                             Redaktion
Adressen der Beratungsstellen                                                Rahel Bucher
                                                                             Maya Grollimund Bühler
Budget- und Schuldenberatung                                                 Jacqueline Schneider
Bleichestrasse 11                                                            Irene Schuchter
9000 St.Gallen
                                                                             Gestaltungskonzept
Tel. 071 222 22 33
                                                                             schalter&walter, St.Gallen
                                        Veranstaltungen 2021
budgetberatung@fzsg.ch
                                                                             Foto Titelblatt: VICUSCHKA/photocase.de
Haushilfe- und Entlastungsdienst
                                                                             Fotos Seite 5, v.l.n.r. simonthon/photocase.de
Poststrasse 15
                                                                             Keystone/Anthony Anex
9000 St.Gallen
                                                                             REHvolution.de/photocase.de
Tel. 071 228 55 66
hed@fzsg.ch                                                                  Druck
                                                                             Typotron AG, St.Gallen
Fachstelle Kind und Familie
Lämmlisbrunnenstrasse 55                                                     Erscheint viermal jährlich
9000 St.Gallen
Tel. 071 222 04 80                                                           Auflage
kindundfamilie@fzsg.ch                                                       1200 Exemplare

                                                                             Nächster Redaktionsschluss
Selbsthilfe St.Gallen und Appenzell                                          4. Mai 2021
Lämmlisbrunnenstrasse 55
9000 St.Gallen
Tel. 071 222 22 63
selbsthilfe@fzsg.ch
www.selbsthilfe-stgallen-appenzell.ch

Beratungsstellen für Familienplanung,                          Die Veranstaltungen können nur stattfinden, wenn es die aktuellen
Schwangerschaft und Sexualität                                 Massnahmen zur Pandemiebekämpfung erlauben.
www.faplasg.ch
                                                               Informationen zur Durchführbarkeit und detaillierte Angaben zu den
– Vadianstrasse 24, Postfach 325                               Veranstaltungen finden Sie laufend unter www.fzsg.ch
  9001 St.Gallen
  Tel. 071 222 88 11
  faplasg@fzsg.ch                                              Themencafés am Montag, 8.00 Uhr
                                                               Bis die Themencafés wieder im Café-Restaurant Gentile stattfinden
– Bahnhofstrasse 9                                             dürfen, werden sie vorerst über Zoom angeboten. Den Zoom-Link
  7320 Sargans                                                 und Informationen zum aktuellen Thema finden Sie jeweils auf
  Tel. 081 710 65 85                                           www.fzsg.ch. Die nächsten Daten: 29. März, 26. April, 31. Mai
  faplasargans@fzsg.ch

– Bahnhofstrasse 6, Postfach 122                               50 Jahre Frauenstimmrecht (siehe Seite 2)
  9630 Wattwil                                                 • Montag, 8. März 2021
  Tel. 071 988 56 11                                             Internationaler Tag der Frau – FORZA DONNA!
  faplawattwil@fzsg.ch                                           Mimosen-Aktion auf dem Bärenplatz St.Gallen
                                                                 Live-Stream «Politische Partizipation im internationalen Vergleich»
– St.Gallerstrasse 1
  8645 Jona                                                    • Montag. 21. Juni 2021
  Tel. 055 225 74 30                                             «Sommerfest zur Sonnenwende» im Rathaus Schwänberg Herisau
  faplajona@fzsg.ch                                              www.frauenzentrale-ar.ch > Agenda
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