Der systemische Lehrer - Carl-Auer Verlag
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Jürgen Pfannmöller Der systemische Lehrer Ressourcen nutzen, Lösungen finden Dritte Auflage, 2022 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 3 17.11.21 09:09
Reihe »Spickzettel für Lehrer«, Band 2 hrsg. von Christa Hubrig und Peter Herrmann Reihengestaltung: Uwe Göbel und Jan Riemer Illustrationen: © Wes Molebash Satz: Heinrich Eiermann Printed in Germany Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ® MIX Papier aus verantwor- tungsvollen Quellen www.fsc.org FSC C083411 ® Dritte Auflage, 2022 ISBN 978-3-8497-0428-5 (Printausgabe) ISBN 978-3-8497-8357-0 (ePub) © 2013, 2022 Carl-Auer-Systeme Verlag und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg Alle Rechte vorbehalten Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren Autoren und zum Verlag finden Sie unter: www.carl-auer.de. Dort können Sie auch unseren Newsletter abonnieren. Carl-Auer Verlag GmbH Vangerowstraße 14 • 69115 Heidelberg Tel. +49 6221 6438-0 • Fax +49 6221 6438-22 info@carl-auer.de Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 4 17.11.21 09:09
CARL-AUER Spickzettel für Lehrer – systemisch Schule machen »Hast du einen Spickzettel?« Diese Frage kennen wir noch aus der Schulzeit, aus der Schülerperspektive, wenn es darum ging, sich auf Prüfungen und Klassenarbeiten vorzubereiten. Wechseln wir die Rolle und Perspektive und stellen uns auf die andere Seite des Klassenzimmers, auf der die »Wissenden«, d. h. die Lehrer, stehen. Schnell wird deutlich: Bei aller Erfahrung gibt es doch erhebliche »Wissenslücken« im Umgang mit schwierigen Situatio- nen, ob sie nun das Lernen selbst, die Schule als Organi- sation oder die Beziehungen und das Verhalten der Be- teiligten betreffen. Systemisch orientierte Pädagogen können sich hier ru- hig und entspannt zurücklehnen, wohl wissend, dass sie selbst »Fragende« sind – Fragende bezüglich passender 5 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 5 17.11.21 09:09
Spickzettel für Lehrer - systemisch Schule machen Antworten auf die sich stets wandelnden und neu ent- stehenden Konfliktfelder in der Organisation Schule, zwi- schen Schülern und Lehrern, zwischen Schule und Eltern und auch mit dem politischen Umfeld von Schule. Aus systemischer Sicht sind Schwierigkeiten immer mit Lernchancen verbunden. Wo der Blick vom Problem auf die Lösung wechselt, wo man statt hinderlichen De- fiziten hilfreiche Ressourcen ins Auge fasst, kommt auch die Haltung in Bewegung. Ein gut platzierter Unterschied zieht dann oft viele positive Änderungen nach sich. Die Bücher dieser Reihe wollen Einladungen sein, sich auf diese andere Sichtweise einzulassen. Sie sollen Leh- rern, Erziehern und Schulleitern Methoden und Stra- tegien zum täglichen Handeln anbieten, die Ihnen die Arbeit – und im besten Fall: das Leben – leichter machen. Sie sind auch Rezepte, die man ausprobieren und mit eigenen Zutaten verfeinern kann. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen, Erfahren und Ausprobieren! Christa Hubrig & Peter Herrmann Institut für systemische Lösungen in der Schule (ISIS) www.isis-institut-koeln.de 6 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 6 17.11.21 09:09
Inhalt 1 Inhalt 1 Einleitung und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.1 Systemisches Denken im Lehreralltag – »Haben Sie Lust auf ein Experiment?« . . . . . . . . . . 11 1.2 Überblick über die Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2 Grundlagen systemischer Beratung . . . . . . . . . . . . . 17 2.1 Wie löse ich Probleme in der kleinen Pause? . . . . . 17 2.2 Übung: Unglaublich, was ich alles schaffen kann! . 20 2.3 »Ich habe Prüfungsangst und kann nicht weiterlernen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.4 »Ich kämpfe dafür, mein Problem behalten zu dürfen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.5 Der Zeitdieb stiehlt das Lob der Mehrheit . . . . . . . 29 2.6 Wie durchbreche ich das »Wir machen keine Hausaufgaben«-Muster? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.7 Diagnose Schulschwänzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3 Teilearbeit: Entscheidungen erleichtern und schlechte Gefühle loswerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.1 »Ich weiß nicht, was ich machen soll«. . . . . . . . . . . 37 3.2 Der Haushaltsstreit mit dem Minister für Spaß und Vergnügen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 7 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 7 17.11.21 09:09
Inhalt 3.3 Steffen legt eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei hin und wird zu seinem schärfsten Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4 Glaubenssätze: Erweiterung der Möglichkeiten und lieb gewonnene Limitationen. . . . . . . . . . . . . . 49 4.1 Chris trägt ein vernichtendes Urteil mit sich herum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.2 »Wie soll ich das denn alles lernen?« . . . . . . . . . . . . 53 5 Konflikte lösen: Dramadreieck und Verstrickung . 57 5.1 Übung: Wie wir Konflikte lösen . . . . . . . . . . . . . . . 57 5.2 »Herr Sauer hat uns das gar nicht richtig beigebracht!« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5.3 »Natürlich flippe ich aus, wenn Sie mir mein Handy wegnehmen!« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 6 Paradoxe Interventionen – Das Symptom nutzen oder verschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 6.1 »Ich mache absichtlich nicht das, was Lehrer wollen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 6.2 »Kommen Sie doch morgen bitte auch wieder genau 26 Minuten zu spät!« . . . . . . . . . . . . . 72 8 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 8 17.11.21 09:09
Inhalt 6.3 »Finden Sie bitte den heutigen Auftrag für mich!« 74 6.4 Ben isst eine Banane im Unterricht – quer . . . . . . . 76 7 Rollenspiele mit Elementen der systemischen Aufstellung und des Psychodramas . . . . . . . . . . . . . 78 7.1 Erik wird während seiner Präsentation ausgelacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 7.2 Wie Schüler ihre eigene Lösung finden . . . . . . . . . . 84 7.3 »Ich kann mich zu nichts aufraffen« . . . . . . . . . . . . 88 7.4 »Ich will kein Schluffi mehr sein!«. . . . . . . . . . . . . 90 8 Abschlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Über den Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 9 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 9 17.11.21 09:09
Einleitung und Überblick 1 Einleitung und Überblick Dieses kleine Handbuch ist eine Einleitung für systemisch interessierte Lehrer. Der systemische Ansatz blickt darauf, in welchem Zusammenhang (System) ein Problem ent- steht und wie es aufrechterhalten wird. Am Beispiel ty- pischer Schulsituationen möchte ich Ihnen Anregungen geben, welche Haltungen und Methoden neue Handlungs- möglichkeiten im System Schule eröffnen. Üblicherwei- se werden die systemischen Formate in der Beratung von Schülern eingesetzt. Darüber hinaus bieten sich durchaus charmante Ansätze, dieses Wissen im Schulalltag einzuset- zen. Mit kleinen Geschichten aus dem Blickwinkel des Ich- Erzählers wird systemisches Denken und Handeln praxis- nah vorgestellt und gezeigt, wie sich einzelne Methoden im Unterricht, vor dem Klassenraum, zwischen Tür und Angel oder in einem Beratungszimmer nutzen lassen. Die Dialoge beschränken sich auf das Wesentliche, damit die grundsätz- liche Gesprächsstruktur nachempfunden werden kann. Das systemisch-lösungsorientierte Handeln lebt sehr stark vom eigenen Erleben. Deshalb würde es mich freuen, wenn ich Sie zum eigenen Ausprobieren anregen könnte. Ich wün- sche Ihnen viel Vergnügen und spannende Erfahrungen! 10 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 10 17.11.21 09:09
Systemisches Denken im Lehreralltag Abb. 1: Einstieg in die systemische Beratung 1.1 Systemisches Denken im Lehreralltag – »Haben Sie Lust auf ein Experiment?« Der Einstiegscartoon deutet bereits die systemische Haltung und den typischen Beratungseinstieg an. Als systemischer Berater versuche ich herauszufinden, wel- 11 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 11 17.11.21 09:09
Einleitung und Überblick che Umstände (Kontext) ein Schüler benötigt, um ein Problem zu konstruieren. Also: Was tut er, damit er das Problem bekommt? Oder was müsste er tun, um das Problem noch zu verschlimmern? Um beispielsweise auf einer Skala von eins bis zehn, »es« von derzeit sieben, wie er sagt, auf acht zu verschlechtern? (Skalenfrage) »Aber wieso sollte jemand daran interessiert sein, das Problem auch noch zu verschlimmern?«, werden Sie vielleicht fra- gen. Nun, wer sein Problem verändern kann, hat auch die Fähigkeit, es aus eigener Kraft wieder loszuwerden bzw. den Wert sechs oder besser zu erreichen. Sobald sich der Schüler bewusst wird, dass er selbst der »Täter« seines Problems ist, beginnt er sich von der Hilflosigkeit zu tren- nen. In diesem Zusammenhang sagt Peter Herrmann: »Wir müssen uns von der Idee des schwachen Menschen verabschieden.« Als systemischer Berater vertraue ich da- rauf, dass nur der Schüler weiß, wie sein Problem gelöst werden kann, und dass er die Lösung bereits in sich trägt. Eventuell hat Ihnen schon einmal ein Schüler von sei- nen Schwierigkeiten mit dem Fach Mathematik erzählt. Wahrscheinlich konnten Sie beobachten, an wie viele Misserfolge der Schüler sich erinnerte und wie er immer 12 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 12 17.11.21 09:09
Systemisches Denken im Lehreralltag tiefer in ein negatives Gefühl eingestiegen ist. Deshalb richtet sich die systemische Aufmerksamkeit in allen Ge- sprächen auf die Fähigkeiten und Ressourcen des Schü- lers, ohne einen langwierigen Umweg über die Ursachen des Problems einzuschlagen. Dabei betrachte ich als Berater die Klasse, in welcher er in Mathematik unterrichtet wird, als System, das aus be- stimmten Systemmitgliedern besteht, und ich gehe von einer sogenannten Zirkularität aus. Diese besagt, dass jedes Verhalten, beispielsweise des betreffenden Schülers, gleich- zeitig Ursache und Wirkung jedes Verhaltens der anderen Systemmitglieder ist. Als Berater nehme ich also keinen li- nearen Wirkungszusammenhang an, wie dass »Mathema- tik schwierig ist, weil der Lehrer schlecht erklärt«. Sondern es sind möglicherweise u. a. die Wechselwirkungen der von dem Schüler ausgestrahlten Ablehnung des Lehrers oder Faches, die gleichzeitig Ursache und Wirkung des Verhal- tens anderer Systemmitglieder sein können. Deshalb ist es stets spannend, sogenannte zirkuläre Fragen zu stellen: »Wie erklärt sich deine Sitznachbarin (Mutter, die Klassenlehrerin) dein Problem in Mathema- tik?« (Dyadische Frage) oder: »Was würde die Klassen- 13 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 13 17.11.21 09:09
Einleitung und Überblick beste zu deinem Freund sagen, wie du dich erfolgreich auf die Klausuren vorbereiten könntest?« (Triadische Frage). Das Ziel verschiedener Fragtypen ist es, die bisherigen Er- klärungen des Schülers zu verwässern und Unterschiede aufzudecken, welche neue Möglichkeiten eröffnen. Dabei nehme ich als Berater die Haltung ein, dass das Verhalten anderer nicht linear beeinflusst werden kann. Eine weitere Besonderheit des systemischen Ansatzes ist es, dem Schüler keine sogenannte konsistente Persön- lichkeit zuzuschreiben, sondern ihn ebenfalls als System wahrzunehmen, das aus verschiedenen Persönlichkeits- anteilen besteht. Derzeit hat vielleicht der Anteil, wel- cher der Situation lieber entfliehen möchte, den größten Einfluss in seinem Inneren Team, während andere Teile überhört werden, wie der optimistische Teil oder der flei- ßige Anteil, welcher bereit ist, der Situation mit einem gewissen Zeitaufwand zu begegnen. Solange jedoch ein fliehender oder ängstlicher Anteil im Inneren Team ton- angebend ist, verharrt der Schüler in seinem »Tunnel- blick« (Problemtrance), sodass er sich genauso hilflos fühlt wie damals als Sechsjähriger (Altersregression), als er immer noch nicht Fahrradfahren konnte. 14 Pfannmöller_Lehrer_10012_3-2021_Satz-2.indd 14 17.11.21 09:09
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