Didaktik der Physik Frühjahrstagung - virtuell 2021 - PhyDid
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Didaktik der Physik Frühjahrstagung – virtuell 2021 Digitale Medien in der naturwissenschaftlichen Lehrkräftebildung - Integriert statt zusätzlich - Lisa Stinken-Rösner Leuphana Universität Lüneburg, Didaktik der Naturwissenschaften lisa.stinken-roesner@leuphana.de Kurzfassung Eine erfolgreiche Implementation digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unterricht kann nur gelingen, wenn geeignete universitäre und berufsbegleitende Qualifizierungsangebote entwickelt werden, in denen (zukünftigen) Lehrkräften der sinnvolle Einsatz digitaler Medien im Fachunter- richt vermittelt wird. Eine besondere Rolle fällt dabei den Fachdidaktiken zu, da sowohl das An- gebot an als auch die Einsatzmöglichkeiten von digitalen Medien je nach Unterrichtsfach stark va- riieren. Im Rahmen des Projektes ‚FoLe – Digital‘ wird eine systematische Verankerung digitaler Medien in die naturwissenschaftliche Lehrkräftebildung an der Leuphana Universität Lüneburg angestrebt. Hierzu werden digitale Medien nicht als zusätzliches Themenfeld ergänzt, sondern ent- lang naturwissenschaftsdidaktischer Schwerpunkte in die existierenden Module des 4. und 5. Se- mesters integriert. Begleitend werden die TPACK-Wissensdomänen sowie Verhaltensabsichten bzgl. des Einsatzes digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unterricht erhoben. Die erste Ko- horte besteht aus 58 Studierenden, 21 davon nahmen an der freiwilligen Begleitstudie teil. Die Er- hebung ergab, dass im Laufe des Projektes eine positive Entwicklung der Verhaltensabsichten so- wie eine (hoch) signifikante Zunahme der TPACK-Wissensdomänen stattfand. Zudem unterstüt- zen die bisherigen Daten ein transformatives Verständnis des TPACK-Modells. 1. Von PCK zu TPACK sinnstiftend im naturwissenschaftlichen Unterricht Die fortschreitende Digitalisierung des Unterrichtes einzusetzen, benötigen Lehrkräfte sowohl spezifi- stellt sowohl Lernende als auch Lehrende vor neue sche professionelle Kompetenzen als auch positive Herausforderungen. Lehrkräfte benötigen spezifi- Verhaltensabsichten gegenüber dem Einsatz digita- sche professionelle Kompetenzen, um digitale Me- ler Medien. dien sinnstiftend in den naturwissenschaftlichen Eine besondere Rolle bei der Förderung der profes- Unterricht zu integrieren. Zur theoretischen Be- sionellen Kompetenzen von angehenden Lehrkräften schreibung dieser Kompetenzen haben Mishra und spielen im Rahmen der universitären Ausbildung die Koehler (2006), ausgehend von dem PCK-Modell jeweiligen Fachdidaktiken. Insbesondere für die (Shulman, 1986), das TPACK-Modell entwickelt. naturwissenschaftlichen Fächer existieren teilweise Das TPACK-Modell beschreibt den Zusammenhang sehr spezifische digitale Angebote, die nicht im zwischen den drei Wissensdomänen Content Know- Rahmen von allgemeinpädagogischen oder fachwis- ledge (CK), Pedagogical Konwledge (PK) und senschaftlichen Veranstaltungen behandelt werden Technological Knowledge (TK) mit den aus den (können). Es ist somit die explizite Aufgabe der Schnittmengen resultierenden Hybriden erster Ord- Naturwissenschaftsdidaktiken sich dieser Verant- nung (PCK, TCK und TPK) sowie TPACK als Hyb- wortung anzunehmen und angehende Lehrkräfte rid zweiter Ordnung (Mishra & Koehler, 2006). Das bezüglich des Einsatzes digitaler Medien im Fachun- TPACK-Modell wird unter anderem zur Beschrei- terricht zu professionalisieren. Neben der Förderung bung der Kompetenzen von (angehenden) Lehrkräf- des fachdidaktischen Wissens (PCK), muss auch ten genutzt (Koehler & Mishra, 2009). Jedoch exis- TPACK systematisch im Rahmen der fachdidakti- tieren widersprüchliche empirische Ergebnisse be- schen Ausbildung gefördert werden. Ein Beispiel züglich der faktoriellen Struktur der einzelnen hierfür stellt das Projekt ‚FoLe – Digital‘ dar, wel- TPACK-Dimensionen, ihrer Beziehungen zueinan- ches 2020 an der Leuphana Universität Lüneburg der (Archambault & Barnett, 2010) sowie des Zu- initiiert wurde. sammenhanges mit dem eigentlichen Handeln von Lehrkräften in der Praxis (Valtonen et al., 2018). 2. Das Projekt ‚FoLe – Digital‘ Daran anknüpfend sollte TPACK vielmehr als mög- Ziel des von der Joachim Herz Stiftung auf zwei licher Prädiktor für die Verhaltensabsichten von Jahre geförderten Projektes ‚FoLe – Digital‘ (For- Lehrkräften verstanden werden. Um digitale Medien schendes Lernen mit digitalen Medien) ist die sys- 179
Stinken-Rösner tematische Integration digitaler Medien in die na- wartungen. Mögliche Gründe dafür wurden bereits turwissenschaftliche Lehramtsausbildung an der von Vogelsang et al. (2019) diskutiert. Leuphana Universität Lüneburg. Um eine optimale Die Entwicklung und Analyse des eingesetzten Verknüpfung zwischen fachdidaktischen Inhalten TPACK-Instrumentes werden in den folgenden und Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien im Fa- Abschnitten 4.1 bis 4.3 detailliert erläutert. chunterricht zu erzielen, werden digitale Medien im 4.1. TPACK-Instrument Rahmen bereits bestehender fachdidaktischer Modu- le entlang naturwissenschaftsdidaktischer Schwer- Im Rahmen der Entwicklung des TPACK- punkte thematisiert. Für einen detaillierten Über- Instrumentes wurden in einem ersten Schritt ver- blick über das Design des Projektes sei an dieser schiedene deutsch- und englischsprachige Testin- Stelle auf Stinken-Rösner (2021) verwiesen. strumente gesichtet und analysiert. Kriterien stellten die Erfassung aller TPACK-Dimensionen, eine an- 3. Begleitforschung nähernd gleiche, möglichst geringe Anzahl an Items Zu drei Zeitpunkten (Prä-, Re-, Post-Design) werden pro TPACK-Dimension (die Bearbeitungszeit des die professionellen Kompetenzen der Teilneh- Fragebogens sollte aufgrund der Rahmenbedingun- mer*innen bezogen auf den Einsatz digitaler Medien gen maximal 15 Minuten betragen) sowie eine mög- im naturwissenschaftlichen Unterricht (TPACK; lichst hohe Skalenreliabilitäten dar. Lediglich das Mishra & Koehler, 2006) sowie ihre Verhaltensab- englischsprachige TPACK-Instrument von Chai et sichten (ToPB; Ajzen, 1991) erhoben und entlang al. (2013) erfüllte alle vorgegebenen Kriterien. folgender Fragestellung analysiert: In einem zweiten Schritt wurden die Originalitems Welche Kompetenzentwicklung lässt sich hinsicht- übersetzt und für den naturwissenschaftlichen Unter- lich des Einsatzes von digitalen Medien im naturwis- richt adaptiert. Eine anschließende Sichtung durch senschaftlichen Fachunterricht der Primar- und zwei Expert*innen führte zur Konsensfindung be- Sekundarstufe bei Lehramtsstudierenden im Rahmen züglich individueller Formulierungen. Die Güte des des Lehrprojektes feststellen? entwickelten TPACK-Testinstrumentes wurde an- hand der Skalenreliabilitäten sowie einer explorati- 4. Methoden ven Faktorenanalyse analysiert. An dieser Stelle sei Die professionellen Kompetenzen sowie die Verhal- jedoch darauf hingewiesen, dass die Erhebung noch tensabsichten bezogen auf den Einsatz digitaler nicht abgeschlossen ist, so dass die hier angegebe- Medien im naturwissenschaftlichen Unterricht wur- nen Kennwerte sich lediglich auf die Kohorte 2020 den mit Hilfe eines Fragebogens zu drei Messzeit- (Gesamtstichprobe mit N = 130) beziehen. punkten (vgl. Stinken-Rösner, 2021) erhoben. Der Ein Überblick über die Items des eingesetzten Fragebogen setzt sich zusammen aus vier Abschnit- TPACK-Instrumentes sowie zugehörige Reliabilitä- ten: ten (Cronbach’s α) der individuellen Skalen ist in • persönlicher Identifikationscode und demo- den Tabellen 1-3 zu finden. graphische Daten (einmalig im Pre-Test er- CONTENT KNOWLEDGE (CK) α=.79 hoben: Geschlecht, Alter, Studienfächer, CK-1 Ich habe ausreichende Studiensemester, Unterrichtserfahrung), Kenntnisse über die Fachin- • Vorerfahrungen im Einsatz digitaler Medi- halte meines naturwissen- en in (Hoch)Schule und privates Nutzungs- schaftlichen Unterrichtsfa- verhalten (einmalig im Pre-Test erhoben), ches. .74 • professionelle Kompetenzen in Anlehnung CK-2 Ich kann über die Fachinhal- an das TPACK-Modell, te meines naturwissenschaft- • Verhaltensabsichten bezüglich des Einsat- lichen Unterrichtsfaches wie zes digitaler Medien im naturwissenschaft- ein Experte nachdenken. .75 lichen Unterricht in Anlehnung an die The- CK-3 Ich kann selbstständig die ory of Planned Behaviour. Fachinhalte meines natur- Alle Items werden auf einer 5-stufigen Likertskala wissenschaftlichen Unter- (‚stimme gar nicht zu‘ / ‚stimme voll zu‘ bzw. ‚nie‘ / richtsfaches vertiefen. .74 sehr oft‘) von den Teilnehmer*innen beurteilt. CK-4 Ich traue mir zu, die Fachin- Zur Erfassung der Vorerfahrung, des Nutzungsver- halte meines naturwissen- haltens und der Verhaltensabsichten wurde ein be- schaftlichen Unterrichtsfa- reits existierendes und hinreichend erprobtes, ches zu unterrichten. .74 deutschsprachiges Testinstrument eingesetzt (Vogel- PEDAGOGICAL KNOWLEDGE (PK) α=.88 sang et al., 2019). Die adaptierten Skalen weisen PK-1 Ich kann Schüler*innen überwiegend gute bzw. befriedigende Werte der fördern und fordern, indem internen Konsistenz (Cronbach‘s α > 0.7) auf. Eine ich ihnen herausfordernde Ausnahme bildet die Subskala subjektive Normer- Aufgaben stelle. .86 180
Digitale Medien in der naturwissenschaftlichen Lehrkräftebildung PK-2 Ich kann Schüler*innen PCK-5 Ich kann Schüler*innen anleiten geeignete Lernstra- dabei unterstützen, das Ler- tegien anzuwenden. .83 nen naturwissenschaftlicher PK-3 Ich kann Schüler*innen Inhalte zu bewältigen. .78 dabei unterstützen, ihren TECHNOLOGICAL CONTENT eigenen Lernprozess zu KNOWLEDGE (TCK) α=.73 überwachen. .84 TCK-1 Ich kann Software verwen- PK-4 Ich kann Schüler*innen den, die speziell für den dabei unterstützen, ihre naturwissenschaftlichen eigenen Lernstrategien zu Unterricht entwickelt wurde. .61 reflektieren. .84 TCK-2 Ich kann digitale Medien PK-5 Ich kann Schüler*innen nutzen, um naturwissen- dabei unterstützen, in Grup- schaftliche Inhalte zu re- penarbeiten angemessen zu cherchieren. .74 diskutieren. .89 TCK-3 Ich kann passende digitale TECHNOLOGICAL KNOWLEDGE Medien auswählen und (TK) α=.81 nutzen, um naturwissen- TK-1 Ich habe die nötigen techni- schaftliche Inhalte darzustel- schen Fähigkeiten, um digi- len. .68 tale Medien effektiv zu TCK-4 Ich kann spezielle Software nutzen. .75 nutzen, um naturwissen- TK-2 Mir fällt es leicht, den Um- schaftliche Untersuchungen gang mit digitalen Medien durchzuführen. .61 zu erlernen. .72 TECHNOLOGICAL PEDAGOGICAL TK-3 Ich weiß, wie ich technische KNOWLEDGE (TPK) α=.79 Probleme bei der Nutzung TPK-1 Ich kann digitale Medien digitaler Medien selbststän- nutzen, um meinen Schü- dig lösen kann. .74 ler*innen Alltagsbeispiele TK-4 Ich informiere mich regel- näher zu bringen. .75 mäßig über neue digitale TPK-2 Ich kann Schüler*innen Medien. .81 dabei unterstützen, ihren eigenen Lernprozess mit Tab.1: Das TPACK-Testinstrument. Angegeben sind die digitalen Medien zu planen Skalen zur Erfassung der CK-, PK- und TK-Dimension, und zu überwachen. .72 die jeweilige Skalenreliabilität sowie Cronbach‘s Alpha unter Ausschluss individueller Items. TPK-3 Ich kann Schüler*innen dabei unterstützen, Inhalte PEDAGOGICAL CONTENT mit digitalen Medien unter- KNOWLEDGE (PCK) α=.83 schiedlich darzustellen. .73 PCK-1 Ich kann Schüler*innen TPK-4 Ich kann Schüler*innen dabei unterstützen, sich dabei unterstützen, mit Hilfe naturwissenschaftliche In- von digitalen Medien mitei- halte auf verschiedene Wei- nander zu kooperieren. .77 se anzueignen .80 Tab.2: Das TPACK-Testinstrument. Angegeben sind die PCK-2 Ich kann auf typische Lern- Skalen zur Erfassung der PCK-, TCK- und TPK- schwierigkeiten in meinem Dimension, die jeweilige Skalenreliabilität sowie Cron- naturwissenschaftlichen bach‘s Alpha unter Ausschluss individueller Items. Unterricht eingehen. .81 PCK-3 Ich kann Schüler*innen TECHNOLOGICAL PEDAGOGICAL dabei unterstützen, Diskus- CONTENT KNOWLEDGE (TPACK) α=.84 sionen über naturwissen- TPACK-1 Ich kann anspruchsvolle schaftliche Inhalte zu füh- Diskussionsthemen über ren. .79 naturwissenschaftliche In- PCK-4 Ich kann Schüler*innen halte formulieren und die dazu motivieren, Alltags- Online-Zusammenarbeit von probleme im Zusammen- Schüler*innen durch geeig- hang mit Naturwissenschaf- nete digitale Medien unter- ten zu lösen. .78 stützen. .85 181
Stinken-Rösner TPACK-2 Ich kann Lernumgebungen wissenschaftlichen Unterricht aufweisen (vgl. Tab. 2 gestalten, die Schüler*innen & 3), die Teilnehmer*innen dennoch auch bei der dabei unterstützen naturwis- Beantwortung der TPK-Items den naturwissen- senschaftliche Inhalte auf schaftlichen Unterricht als Kontext stets mitgedacht verschiedene Weise mit haben. Um dies zu berücksichtigen, wurde eine digitalen Medien darzustel- zweite explorative Faktorenanalyse unter Vorgabe len. .79 von 6 Faktoren durchgeführt (Tab. 4, sortiert nach TPACK-3 Ich kann Lernumgebungen TPACK-Dimensionen), wodurch sich die Vari- gestalten, mit denen Schü- anzaufklärung von 69 % auf 66 % verringert. ler*innen naturwissenschaft- F1 F2 F3 F4 F5 F6 liche Inhalte mit Hilfe von CK .366 .625 .314 digitalen Medien selbstge- .722 steuert erlernen können. .80 TPACK-4 Ich kann problemzentrierte .763 Lernumgebungen gestalten, .727 die Schüler*innen dabei PK .739 unterstützen naturwissen- .826 schaftliche Inhalte mit Hilfe digitaler Medien anzuwen- .857 den und zu vertiefen. .81 .838 TPACK-5 Ich kann schü- .634 .328 ler*innenzentrierte Lernum- TK .404 .451 .550 gebungen gestalten, in denen .797 naturwissenschaftliche In- halte, pädagogische Grund- .755 lagen und digitale Medien .433 .452 angemessen integriert sind. .80 PCK .521 Tab.3: Das TPACK-Testinstrument. Angegeben ist die .404 .407 .450 Skala zur Erfassung der TPACK-Dimension, die Skalenre- .452 .382 .524 liabilität sowie Cronbach‘s Alpha unter Ausschluss indivi- .353 .688 dueller Items. .488 .525 4.2. Explorative Faktorenanalyse TCK .770 Zur Überprüfung der Trennbarkeit der TPACK- .309 .445 .558 Dimensionen wurde auf Basis der Kohorte 2020 (N = 130) eine explorative Faktorenanalyse durchge- .353 .462 führt, um Items mit uneindeutigen Faktorenladungen .831 zu identifizieren. Ein finaler Ausschluss von Items TPK .481 .370 findet statt, sobald die Daten der Kohorte 2021 er- .519 .381 hoben und in der Analyse berücksichtigt werden konnten (Ende der Datenerhebung im Februar 2022). .495 .370 Dennoch sollen an dieser Stelle bereits die ersten .803 Ergebnisse der Analyse dargestellt werden. Die TPACK .796 explorative Faktorenanalyse unter Anwendung des .804 Kaiser-Kriteriums ergibt sieben Faktoren, wie auch aus der Theorie zu erwarten. Auffällig ist jedoch, .563 .451 dass alle TPK und TPACK Items auf einen Faktor .322 .476 laden, die TCK Items auf zwei getrennte Faktoren. .326 .586 Ein möglicher Grund dafür kann in dem Design des Projektes und dem formalen Rahmen der Datener- EW 10.4 3.8 2.3 1.4 1.3 1.2 hebung selbst liegen. Durch den Ansatz ‚integriert Tab.4: Explorative Faktorenanalyse des TPACK- statt zusätzlich‘ wurde TPACK explizit im Rahmen Testinstruments (N = 130). In der Tabelle sind nur Ladun- von naturwissenschaftsdidaktischen Modulen thema- gen > 0,3 dargestellt. Die letzte Zeile beinhaltet die jewei- tisiert, gleichzeitig fanden auch die Datenerhebun- ligen Eigenwerte. gen innerhalb dieser Module statt. Es kann daher angenommen werden, dass obwohl bei der Formu- Für die in Abschnitt 6 beschriebenen Ergebnisse lierung der jeweiligen Items bewusst darauf geachtet werden zunächst alle Items des hier vorgestellten wurde, dass die TPK Items keinen, die TPACK- TPACK-Instrumentes berücksichtigt. Ein finaler Items hingegen einen konkreten Bezug zum natur- Ausschluss von Items mit uneindeutigen Faktorla- 182
Digitale Medien in der naturwissenschaftlichen Lehrkräftebildung dungen findet statt, sobald der Datensatz der Kohor- lich‘ zugrunde und wird durch die vorliegenden te 2021 in die Analyse einbezogen werden kann. Daten weiter gestärkt. 4.3. TPACK-Verständnis 5. Beschreibung der Stichprobe Zur Analyse der Beziehungen zwischen den einzel- Die Kohorte 2020 bestand aus 58 Studierenden. An nen TPACK-Dimensionen wurden die integrative allen drei Testzeitpunkten haben 21 weibliche Stu- und die transformative Sichtweise anhand linearer dierende teilgenommen. 66,7 % der Teilnehmerin- Regressionen analysiert. Die Ergebnisse sind in den nen studieren Lehramt für Grundschulen (Sachunter- Abb. 1 & 2 zu finden. richt mit dem Bezugsfach Naturwissenschaften), 28,6 % für die Sekundarstufe I mit dem Unterrichts- fach Biologie und 9,5 % mit dem Unterrichtsfach Chemie. Zu Beginn des Projektes hatte die Mehrheit der Teilnehmerinnen keine bis geringe Unter- richtserfahrungen. 6. Ergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse der Kohorte 2020 (N = 21) getrennt für die Entwicklung der professionellen Kompetenzen (TPACK) sowie der Verhaltensabsichten (ToPB) bezüglich bzw. gegen- über dem Einsatz digitaler Medien im Verlaufe des Projektes beschrieben. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse des ersten Messzeitpunktes findet sich Abb.1: Analyse des integrativen Verständnisses des auch in Stinken-Rösner (2021). TPACK-Modells. Gestrichelte Linien repräsentieren nicht 6.1. TPACK signifikante Zusammenhänge. Die Entwicklung der professionellen Kompetenzen der Teilnehmerinnen im Laufe des Projektes sind in Abb. 3 zusammengefasst. Abb. 3: Entwicklung der professionellen Kompetenzen im Abb.2: Analyse des transformativen Verständnisses des Laufe des Projektes. Dargestellt sind für jede TPACK- TPACK-Modells. Gestrichelte Linien repräsentieren nicht Dimension die Ergebnisse des Prä-, Re- und Post-Tests in signifikante Zusammenhänge. Form von Boxplots. Signifikante Unterschiede sind durch Sternchen markiert (*/** Korrelation ist auf dem 0,05/0,05 Die Ergebnisse unterstützen die transformative Niveau signifikant). Sichtweise des TPACK-Modells, in der CK, PK und TK die Hybriden erster Ordnung (PCK, TCK und Anhand von T-Tests (bei normalverteilten Daten) TPK) vorhersagen, welche wiederrum TPACK vor- bzw. des Wilkoxon Tests für verbundene Stichpro- hersagen. Dies entspricht sowohl der ursprünglichen ben (bei nicht normalverteilten Daten) wurden signi- TPACK Definition von Mishra und Koehler (2006), fikante Unterschiede zwischen den verschiedenen als auch aktuellen Forschungsarbeiten (Angeli & Messzeitpunkten identifiziert. Sowohl zwischen Prä- Valanides, 2009; Jang & Chen, 2010; Jin, 2019; und Re-Test, zwischen Re- und Post-Test als auch Schmid, Brianza & Petko, 2020). Analog zur Studie über den Verlauf des ganzen Projektes (Vergleich von Schmid, Brinaza und Petko (2020) wird TPACK zwischen Prä- und Post-Test) zeigen sich (hoch) maßgeblich von TPK und PCK beeinflusst, wo hin- signifikante Unterschiede in (fast) allen TPACK- gegen kein signifikanter Einfluss von TCK nachge- Dimensionen. Neben der theoretischen Auseinander- wiesen werden konnte. setzung mit digitalen Medien entlang ausgewählter naturwissenschaftsdidaktischer Schwerpunkte in der Das transformative Verständnis des TPACK- ersten Projekthälfte, wirken sich auch die praktische Modells liegt ebenfalls dem im Projekt ‚FoLe – Planung, Durchführung und Reflexion einer Unter- Digital‘ gewählten Ansatz ‚integriert statt zusätz- richtseinheit zum Forschenden Lernen unter Einbe- 183
Stinken-Rösner zug digitaler Medien in der zweiten Projekthälfte verfolgten Ansatz ‚integriert statt zusätzlich‘ die (vgl. Stinken-Rösner, 2021) positiv auf die Ein- professionellen Kompetenzen der Teilnehmerinnen schätzungen der eigenen professionellen Kompeten- explizit gefördert werden können. Zwischen Prä- zen der Teilnehmerinnen aus. und Post-Test ergeben sich (hoch) signifikante Un- 6.2. ToPB terschiede in den Selbsteinschätzungen aller TPACK-Dimensionen. Ebenfalls konnten, obwohl Die Entwicklung der Verhaltensabsichten im Laufe nicht explizit adressiert, die Verhaltensabsichten der des Projektes sind in Abb. 4 dargestellt. Teilnehmerinnen bezüglich des Einsatzes digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unterricht posi- tiv beeinflusst werden, insbesondere durch die ei- genständige Planung und Durchführung einer Unter- richtseinheit im Sinne des Forschenden Lernens unter Einbezug digitaler Medien. Die im Verlauf der zweiten Projekthälfte von den Teilnehmer*innen erstellten Unterrichtsentwürfe (vgl. Stinken-Rösner, 2021) werden aktuell hinsicht- lich der Quantität und Qualität des Medieneinsatzes analysiert. Die Qualität wird anhand der Konzeptua- Abb. 4: Entwicklung der Verhaltensabsichten im Laufe lisierungen von Puentedura (2006) für den Grad der des Projektes. Dargestellt sind die Ergebnisse der jeweili- Technologieintegration (SAMR: Substitution, Aug- gen ToPB-Elemente in Form von Boxplots für den Prä-, mentation, Modification und Redefinition) sowie Re- und Post-Test. Signifikante Unterschiede sind durch von Chi & Wylie (2014) für die kognitive Aktivie- Sternchen markiert. (*/** Korrelation ist auf dem rung der Lernenden (ICAP: interactive, constructive, 0,05/0,05 Niveau signifikant). active, passive) beurteilt. Um den Zusammenhang Im Vergleich zwischen Prä- und Re-Test beurteilen zwischen professionellen Kompetenzen und Hand- die Teilnehmerinnen einzig ihre Selbstwirksam- lungen in der Praxis besser verstehen zu können, keitserwartung bezüglich des Einsatzes digitaler dienen die Unterrichtsentwürfe als zusätzliche, au- Medien im naturwissenschaftlichen Unterricht signi- thentische Datengrundlage. In Anlehnung an die von fikant höher zum zweiten Messzeitpunkt. Einen Magnusson et al. (1999) definierten PCK-Elemente, stärkeren Effekt auf die Verhaltensabsichten hat die sowie der davon abgeleiteten TPACK-Elemente zweite Hälfte des Projektes: Nach der selbstständi- (Lyublinskaya & Tournaki, 2014) wird TPACK in gen Planung und Durchführung einer Unterrichts- Action (in der Unterrichtspraxis) qualitativ analysiert einheit zum Forschenden Lernen unter Einbezug und mit den quantitativen TPACK- digitaler Medien geben die Teilnehmerinnen hoch Selbsteinschätzungen der Teilnehmer*innen signifikant positivere Einstellungen gegenüber dem (TPACK on Action) in Beziehung gesetzt. Einsatz digitaler Medien an, genauso wie signifikant Parallel zur aktuellen qualitativen Analyse der Un- geringer wahrgenommene Schwierigkeiten beim terrichtsentwürfe ist im April 2021 die zweite Ko- Einsatz. Zudem ergeben sich hoch signifikante Un- horte in das Projekt ‚FoLe – Digital‘ gestartet. Wei- terschiede bezüglich der motivationalen Orientie- tere Ergebnisse sind in naher Zukunft zu erwarten. rung gegenüber dem Einsatz digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unterricht im Verlauf des 8. Literatur gesamten Projektes. Ajzen, I. (1991). The theory of planned behavior. 6.3. Zusammenhang zwischen TPACK und ToPB Organizational Behavior and Human Decision Eine gemeinsame Analyse von TPACK und den Processes, 50(2), 179–211. Verhaltensabsichten zeigte hoch signifikante Korre- Angeli, C., & Valanides, N. (2005). Preservice ele- lationen zwischen TPACK und den Einstellungen mentary teachers as information and communica- gegenüber (r = .261**), der Selbstwirksamkeitser- tion technology designers: An instructional sys- wartung bezüglich (r = .561**), den wahrgenomme- tems design model based on an expanded view of nen Schwierigkeiten beim (r = -.551**) sowie der pedagogical content knowledge. Journal of motivationalen Orientierung gegenüber dem Einsatz Computer Assisted Learning, 21(4), 292–302. digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unter- Archambault, L. M., & Barnett, J. H. (2010). Revi- richt (r = .354). Dies unterstützt die Annahme, dass siting technological pedagogical content know- durch die explizite Förderung von TPACK ebenfalls ledge: Exploring the TPACK framework. Com- eine positive Entwicklung der Verhaltensabsichten puters & Education, 55(4), 1656–1662. gegenüber dem Einsatz digitaler Medien im natur- Chai, C. S., Ng, E. M., Li, W., Hong, H.-Y., & Koh, wissenschaftlichen Unterricht erzielt werden kann. J. H. L. (2013). Validating and modelling tech- nological pedagogical content knowledge 7. Fazit und Ausblick framework among Asian preservice tea- Die hier präsentieren Ergebnisse der Kohorte 2020 chers. Australasian Journal of Educational belegen, dass durch den im Projekt ‚FoLe – Digital‘ Technology, 29(1), 41-53. 184
Digitale Medien in der naturwissenschaftlichen Lehrkräftebildung Chi, M. T. H., & Wylie, R. (2014). The ICAP ge im naturwissenschaftlichen Unterricht. Zeit- Framework: Linking Cognitive Engagement to schrift für Didaktik der Naturwissenschaften Active Learning Outcomes. Educational Psycho- (2019), 1-15. logist, 49(4), 219–243. Jang, S.-J., & Chen, K.-C. (2010). From PCK to TPACK: Developing a transformative model for pre-service science teachers. Journal of Science Education and Technology, 19, 553–564. Jin, Y. (2019). The nature of TPACK: Is TPACK distinctive, integrative or transformative?. In Society for information technology & teacher education international conference (S. 2199– 2204). Association for the Advancement of Computing in Education (AACE). Koehler, M.J., & Mishra, P. (2009). What is techno- logical pedagogical content knowledge? Con- temporary Issues in Technology and Teacher Education, 9(1), 60–70. Lyublinskaya, I. & Tournaki, N. (2014). Preparing Special Education Teachers for Teaching Math- ematics and Science with Technology by Inte- grating the TPACK Framework into the Curricu- lum: A Study of Teachers’ TPACK Development through Assessment of Lesson Plans. Journal of Technology and Teacher Education, 22(4), 449- 470. Magnusson, S., Krajcik, J., & Borko, H. (1999). Nature, sources, and development of pedagogical content knowledge for science teaching. In J. Gess-Newsome & N. G. Lederman (Eds.), Exa- mining pedagogical content knowledge (S. 95– 132). Dordrecht: Kluwer. Mishra, P., & Koehler, M. J. (2006). Technological pedagogical content knowledge: A framework for teacher knowledge. Teachers College Re- cord, 108(6), 1017–1054. Puentedura, R. (2006). Transformation, Technology, and Education. http://hippasus.com/resources/tte/ Schmid, M., Brianza, E., & Petko, D. (2020). Deve- loping a short assessment instrument for Techno- logical Pedagogical Content Knowledge (TPACK.xs) and comparing the factor structure of an integrative and a transformative model, Computers & Education, 157, 103967. Stinken-Rösner, L. (2021). Implementation digitaler Medien in die naturwissenschaftliche Lehramts- ausbildung. In C. Maurer, K. Rincke & M. Hemmer (Hrsg.), Fachliche Bildung und digitale Transformation. Fachdidaktische Forschung und Diskurse (S. 181-184). Regensburg: Universität 2021. Valtonen, T., Kukkonen, J., Kontkanen, S., Mäkita- lo-Siegl, K., & Sointu, E. (2018). Differences in pre-service teachers’ knowledge and readiness to use ICT in education. Journal of Computer As- sisted Learning, 34(2), 174–182. Vogelsang, C., Finger, A., Laumann, D., & Thyssen, C. (2019). Vorerfahrungen, Einstellungen und motivationale Orientierung als mögliche Ein- flussfaktoren auf den Einsatz digitaler Werkzeu- 185
Sie können auch lesen