Die Bradford-Hill-Kriterien - Teil 1 - Serie "Studien verstehen" - ärztliches journal

Die Seite wird erstellt Henrik Schütte
 
WEITER LESEN
Die Bradford-Hill-Kriterien - Teil 1 - Serie "Studien verstehen" - ärztliches journal
SERIE „STUDIEN VERSTEHEN“

Serie „Studien verstehen“

Die Bradford-Hill-Kriterien – Teil 1
Epidemiologische Studien untersuchen die Assoziation zwischen einer Exposition und
­gesundheitlichen Veränderungen. Die Bradford-Hill-Kriterien können helfen zu beurteilen, ­ob
 einer Assoziation ein Kausalzusammenhang zu Grunde liegt. Die ersten vier Kriterien finden Sie
 in diesem Beitrag, die Kriterien fünf bis neun lesen Sie in der nächsten Ausgabe.

Roland Müller-Waldeck

     1965 veröffentlichte Sir Austin Bradford Hill                              Heute wissen wir, dass Erkrankungen von vie­
neun Kriterien, die dabei helfen sollen, zu beur­                               len verschiedenen Faktoren beeinflusst werden.
teilen, ob einer Assoziation ein Kausalzusam­                                   Zudem verfügen wir über statistische Metho­
menhang zugrunde liegt. Schnell wurden sie ein                                  den, mit denen wir ermitteln können, welcher
wichtiges Hilfsmittel für die Beurteilung von epi­                              Faktor das Outcome wie stark beeinflusst. Bei
demiologischen Studienergebnissen. Heute,                                       diesen Methoden entscheidet die statistische
mehr als 50 Jahre später, haben sie noch immer                                  Signifikanz darüber, ob wir einen Kausalzusam­
Bedeutung, auch wenn sich Studiendesign, statis­                                menhang annehmen oder nicht, nicht mehr die
tische Methoden und das Wissen um Krankheits­                                   Stärke der Assoziation. Weil aber viele Faktoren
entstehung verändert haben.                                                     die Ergebnisse einer Studie verzerren können,

1
                                                                                ist eine einzige Studie mit einem signifikanten
Stärke der Assoziation: Je stärker eine Asso­        Sir Austin Bradford Hill   Ergebnis nicht ausreichend, um das Kriterium
ziation zwischen Exposition und Erkrankung           (1897 bis 1991),           als erfüllt betrachten zu können.

                                                                                2
besteht, desto wahrscheinlicher ist ein kausaler     ­britischer Epidemiologe
Zusammenhang. Hill illustriert seine Meinung          und Statistiker,          Konsistenz: Das Konsistenzkriterium betrach­
                                                      ­formulierte 1965 die
mit einem Beispiel: Die Todesrate durch Lun­                                    tete Hill als erfüllt, wenn Studien an verschie­
                                                       nach ihm benannten
genkrebs sei bei Rauchern etwa 9- bis 10-fach          neun Kriterien für       denen Populationen, an verschiedenen Orten
so hoch wie bei Nichtrauchern und bei starken          ­Kausalitäten in der     und mit verschiedenen Methoden übereinstim­
Rauchern 20- bis 30-mal so hoch wie bei Nicht­          ­Medizin.               mende Ergebnisse erbrachten. Als Beispiel führte
rauchern. Die Todesrate durch Koronarthrombo­                                   er unter anderem an, dass 29 retrospektive und
sen sei bei Rauchern etwa doppelt so hoch wie                                   7 prospektive Studien eine Assoziation zwi­
bei Nichtrauchern. Im letzten Fall ist es wegen                                 schen Rauchen und Lungenkrebs ergeben hätten.
des weniger deutlichen Zusammenhangs nicht                                      Das zeige, das viele verschiedene Situationen
abwegig, dass irgendwelche anderen Lebens­                                      ­(Studien) mit verschiedenen Techniken das glei­
bedingungen, möglicherweise der Lebensstil                                       che Ergebnis ergeben hätten. Das macht in sei­
eines Rauchers, die tatsächliche kausale Ursache                                 nen Augen einen Kausalzusammenhang wahr­
sind oder mindestens wesentlich zu der Assozia­                                  scheinlicher.
                                                                                                                                   Foto: Wikimedia Commons (CC BY 4.0)

tion beitragen. Während es im ersten Fall eher                                   Heute, im Zeitalter von Datenintegration, kön­
abwegig sei, keinen Kausalzusammenhang anzu­                                     nen wir das Konsistenzkriterium aus einem
nehmen, sei es im zweiten Fall nicht abwegig.                                    weiteren Blickwinkel betrachten: Molekularbio­
Die Frage, was eine „starke“ Assoziation ist, wird                               logische Versuche können die Ergebnisse von
heute anders beantwortet als zu Hills Zeiten.                                    epidemiologischen Studien untermauern, indem
Denn inzwischen hat die Statistik Fortschritte                                   sie mechanistische Hypothesen überprüfen kön­
gemacht und Computer rechnen für uns.                                            nen. In-vitro-Studien an Zellkulturen können

ärztliches journal 2020
Die Bradford-Hill-Kriterien - Teil 1 - Serie "Studien verstehen" - ärztliches journal
SERIE „STUDIEN VERSTEHEN“

zum Beispiel untersuchen, ob die Exposition zu                      lichem Abstand erfassen, mehr über einen mög­
genotoxischen Effekten oder zu veränderter Gen­                     lichen Kausalzusammenhang aus. Dabei geht es
expression führt und so eine gefundene Assozi­                      häufig um sehr niedrige Expositionen über lange
ation erhärten. Versuche an verschiedenen Tier­                     Zeit und um niedrige Inzidenzen und Outcomes
modellen können die Effekte im Organismus                           im Mikromaßstab, die sich erst nach langen
untersuchen. Indem mehrere Studien verschie­                        Latenzzeiten zeigen können. Das macht eine epi­
dene Punkte entlang der Ursache-Wirkungs-                           demiologische Studie im klassischen Sinne, die
Kette untersuchen, zeigen sie die Konsistenz                        die Zeitabhängigkeit berücksichtigt, zeitaufwän­
der Ergebnisse. Trotz aller Fortschritte gilt noch                  dig, teuer und möglicherweise unmöglich.
immer, dass eine einzige Studie mit einem signi­                    Moderne Messmethoden aber können Expo­
fikanten Ergebnis keine Garantie für einen Kau­                     sitionen sehr genau erfassen und unsere heu­
salzusammenhang ist. Je mehr Studien einen                          tigen Kenntnisse über molekulare Vorgänge der
Kausalzusammenhang unterstützen, desto wahr­                        Krankheitsprogression kombiniert mit modernen
scheinlicher ist er.                                                molekularen Techniken erlauben in vielen Stu­

3
                                                                    dien dieses Kriterium zu berücksichtigen. Heute
Spezifität: Hill ging davon aus, dass Assozia­                      wissen wir besser, welche Expositionszeiten und
tionen mit höherer Wahrscheinlichkeit kausal                        welche Dosen relevant für Erkrankungen sind.
sind, wenn sie spezifisch sind. Darunter ver­                       Wir wissen, dass Expositionen durch epigene­
stand er, dass die Assoziation für eine bestimmte                   tische Mechanismen auch folgende Generati­
Berufsgruppe (damals wurden Expositionen nach                       onen beeinflussen können. So kann ein zeitlicher
Berufsgruppen bestimmt) galt, die unter einer                       Zusammenhang hergestellt werden zwischen
spezifischen Erkrankung leidet. Er ging zwar                        Exposition in der einen und einem Outcome
davon aus, dass es Krankheiten mit mehreren                         sogar in einer späteren Generation.          n
Ursachen gibt, vermutete aber, dass schließlich
ein einziger Faktor übrig bleibe, wenn alle Fra­
gen geklärt seien.                                                  Wann unterstützen Studienergebnisse einen kausalen
                                                                                                                                                                i
Heutzutage beurteilt man die Spezifität nach                        ­Zusammenhang?
Größen wie der physikalischen oder chemischen                        Ein kausaler Zusammenhang ist wahrscheinlicher …
Dosis, der ein Mensch ausgesetzt ist. In seiner                      1. j e mehr Studien eine signifikante Assoziation zwischen Exposition
ursprünglichen Bedeutung hat das Krite­rium                              und Outcome feststellen;
seine Funktion verloren. Heute kann die Wissen­                      2. wenn die epidemiologischen Ergebnisse konsistent sind mit den
schaft jedoch mit vielen verschiedenen Metho­                            ­Ergebnissen mechanistischer Studien;
den einen spezifischen Effekt mit einer genau                        3. wenn der Effekt spezifisch ist für die Art und die Dosis der Exposition;
definierten Beziehung zwischen Exposi­tion und                       4. wenn sich zeigen lässt, dass die Exposition vor dem Outcome s­ tattfindet;
Effekt nachweisen.                                                   5. wenn sich zeigen lässt, dass eine Dosisabhängigkeit besteht;

4
                                                                     6. wenn der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung plausibel ist;
Zeitabhängigkeit: Für einen kausalen Zusam­                          7. wenn die Assoziation zwischen Ursache und Effekt nicht dem wider-
menhang zwischen Exposition und Erkrankung                                spricht, was man über die Krankheit weiß;
muss die Exposition stattfinden, bevor die Krank­                    8. wenn es experimentelle Evidenz für Kausalität gibt;
heit auftritt. Hill erkannte, dass diese Frage                       9. Wenn es für ein Agens und eine Krankheit hohe Evidenz für einen
bedeutsam ist bei Krankheiten, die sich nur lang­                         ­Kausalzusammenhang gibt, kann in einem zweiten Fall auch schon
sam entwickeln. Daher sagen epidemiologische                               einere geringere Evidenz ausreichen, um einen Kausalzusammenhang
Studien, die Exposition und Erkrankung in zeit­                            anzunehmen, wenn Agens und Krankheit sich stark ähneln.

Quellen: Hill AB. The environment and disease: association or causation. Proc R Soc Med 1965; 58:295-300. Robyn M Lucas et al. Association or causation: eva-
luating links between „environment and disease“. Bulletin of the World Health Organisation, October 2005,83(19):792-795. Kristen M Fedak et al. Applying the
Bradford Hill criteria in the 21st century: how data integration has changed causal interference in molecular epidemiology. Emerg Themes Epidemiol (2015) 12:14

                                                                                                                                             ärztliches journal 2020
SERIE „STUDIEN VERSTEHEN“

  Die Bradford-Hill-Kriterien – Teil 2
 Der schottische Philosoph David Hume war im 18 Jh. der Überzeugung, Kausalität sei empirisch nicht
 erfassbar, 1965 stellte Austin Bradford Hill neun Kriterien auf, die auf einen Kausalzusammenhang
 hinweisen. Noch heute, 55 Jahre später, gibt es keine Möglichkeit, einen Kausalzusammenhang mit
 letzter Sicherheit zu beweisen. In der letzten Ausgabe ging es um die Bradford-Hill-Kriterien 1 bis 4.
 Hier lesen Sie die Kriterien 5 bis 9.
 Roland Müller-Waldeck

                                Der Philosoph David Hume stellt im 18. Jahr-     einfacht: Die meisten Dosis-Wirkungs-Kurven
                           hundert fest, dass wir auf eine Ursache-Wir-          sind nichtlinear, ihre Form kann variieren zwi-
                           kungs-Kette schließen, wenn auf A meistens B          schen verschiedenen Populationen, Expositions-
                           folgt. Mit unseren Sinnen können wir nicht            routen, und untersuchten molekularen Endpunk-
                           wahrnehmen, dass A die Ursache von B ist, nur         ten. Damit können sich die Kurven zwischen
                           dass beides in der Regel aufeinander folgt. Damit     verschiedenen Studien unterscheiden. Hinzu
                           sei Kausalität ein Gedankenkonstrukt und nicht        kommt, dass synergistische oder antagonistische
                           direkt zu beobachten (empirisch erfassbar), so        Effekte die Kurve beeinflussen können.
                           seine Meinung. Wenn das zutrifft, können wir          Heute können wir die unteren Schwellenwerte
Sir Austin Bradford Hill   Kausalzusammenhänge nur statistisch erfassen          für einen Effekt feststellen und viele Dosis-Wir-
(1897 bis 1991),
                           und niemals beweisen. Die Bradford-Hill-Krite-        kungskurven gleichen in ihrer Form eher einem
­britischer Epidemiologe
 und Statistiker,          rien, aufgestellt vor 55 Jahren, fassen neun Krite-   J oder U (Hormesis) als einer Geraden. Die Form
 ­formulierte 1965 die     rien zusammen, die helfen können, einen Kau-          dieser Kurven ist unabhängig von den verschie-
  nach ihm benannten       salzusammenhang zu konstruieren. Doch trotz           denen biologischen Modellen, gemessenen End-
  neun Kriterien für       molekularbiologischer Techniken, ausgefeilter         punkten, dem Stressor und dem Mechanismus.
  ­Kausalitäten in der     Statistik und immer weiter wachsendem Wissen:         Das Kriterium der biologischen Abhängigkeit
   ­Medizin.
                           Absolute Sicherheit haben wir nie.                    wird heute entsprechend auf die molekularen

                           5
                                                                                 Dosis-Wirkungs-Beziehungen ausgeweitet.

                                                                                 6
                           Biologische Abhängigkeit: Hill hielt eine kau-
                           sale Abhängigkeit für wahrscheinlicher, wenn          Plausibilität: Nach Hills Einschätzung ist es ein
                           das Outcome dosisabhängig ist oder wenn die           Hinweis auf eine Kausalität, wenn der vermute-
                           Assoziation einen biologischen Gradienten nahe-       te Zusammenhang biologisch plausibel ist. Dabei
                           legt. Ein linearer Zusammenhang zwischen Dosis        hänge es von dem aktuellen Wissensstand ab,
                           und Wirkung war für ihn ein deutlicher Hinweis        was plausibel sei und dass einer beobachteten
                           auf einen kausalen Zusammenhang, obwohl er            Assoziation ein bisher unbekannter Kausalzu-
                           vermutete, dass es komplexere Zusammen­hänge          sammenhang zugrunde liegen könne. Schließlich
                           gibt. Die Tatsache, dass die Sterberate durch         bemüht er seinen Landsmann Sherlock Holmes:
                                                                                                                                     Abb.: Wikimedia Commons (CC BY 4.0) (2)

David Hume                 Lungenkrebs linear mit der Zahl der gerauchten        „Wenn wir das Unmögliche ausgeschlossen
(1711 - 1776),             Zigaretten ansteige, mache einen Kausalzusam-         haben, muss das, was übrig bleibt, die Lösung
­schottischer Philosoph    menhang wahrscheinlicher als die Tatsache, dass       sein, auch wenn es unwahrscheinlich ist.“
 (Gemälde von Allan        Raucher eine höhere Sterberate haben als Nicht-       Wenn das, was wir über Ätiologie und die biolo-
 Ramsay, 1766)             raucher.                                              gischen Zusammenhänge einer Krankheit wis-
                           Heute wissen wir, dass eine gleichmäßige Dosis-       sen, mit dem vermuteten Kausalzusammenhang
                           Wirkungs-Kurve die Zusammenhänge stark ver-           übereinstimmt, unterstützt das eine kausale

 ärztliches journal 2020
SERIE „STUDIEN VERSTEHEN“

Beziehung. Heute können wir testen, in welcher Konzentrati-                       zen in seinen Augen eine Kausalzusammenhang am stärksten.
on ein Toxin einen biochemischen Vorgang wie beeinflusst. So                      Das entspricht der heutigen Auffassung, dass kontrollierte ran-
können wir die biologischen Zusammenhänge, die zu einer                           domisierte Studien die stärkste Evidenz beisteuern.
Assoziation führen, besser erkennen als zu Hills Zeit. Moderne                    Heute ist klar, dass viele Krankheiten von mehreren Risikofak-
statische Methoden erlauben es, auch komplizierte Zusammen-                       toren beeinflusst werden. Daher ist es möglich, dass eine kli-
hänge zu erfassen, die von mehreren Faktoren abhängen.                            nische Studie, die nur einen Faktor von vielen untersucht, zu

7
                                                                                  keinem signifikanten Ergebnis führt. Allerdings können auch
Kohärenz: Der vermutete Zusammenhang von Ursache und                              hier molekularbiologische Experimente Hinweise geben und
Effekt soll den allgemein bekannten Fakten der Erkrankung                         möglicherweise sogar schneller als klinische Studien klären,
nicht ernsthaft widersprechen. Beispielsweise widersprachen                       ob und wie Expositionen die menschliche Gesundheit beein-
schon zu Hills Zeit die Zahlen über das Rauchverhalten aus                        flussen. Studien an Tieren können epigenetische Vorgänge
der Vergangenheit nicht dem vermuteten Zusammenhang zwi-                          offen legen, die durch eine Exposition ausgelöst werden und die
schen Rauchen und Lungenkrebs, im Gegenteil.                                      Gesundheit erst der nachfolgenden Generationen beeinflussen.

                                                                              9
Dieses Kriterium ist dem der biologischen Plausibilität inso-
fern sehr ähnlich, als dass die Ursache-Wirkungskette in das                      Analogie: Hill war der Überzeugung, dass es in einzelnen
Gesamtbild aller Erkenntnisse, im Gegensatz zum vorherigen                        Fällen legitim sei, Analogien heranzuziehen, um Hinweise
Kriterium nicht nur der biologischen Erkenntnisse, passen                         auf eine Kausalbeziehung zu finden: Wenn es starke Evidenz
sollte. Dieses Kriterium hat seine Bedeutung seit Hill kaum                       für eine Kausalität zwischen einem Agens und einer Erkran-
geändert. Heute können wir mit modernen molekularen Metho-                        kung gibt, sollten Wissenschaftler seiner Meinung nach einen
den überprüfen, ob epidemiologischen Assoziationen auf mole-                      kausalen Zusammenhang zwischen einem ähnlichen Agens
kularer Ebene eine Ursache-Wirkungskette auslösen. So waren                       und einer ähnlichen Erkrankung schon bei geringerer Evi-
die epidemiologischen Studienergebnisse zu der Frage, ob                          denz annehmen. Problematisch ist der Begriff „ähnlich“. Auf
sechswertiges Chrom karzinogen ist, uneinheitlich. Genetische,                    der einen Seite kann dieses Kriterium dazu führen, dass Wis-
pharmakokinetische und mechanistische Forschung zeigte aber,                      senschaftler Analogien mit übergroßer Kreativität finden. Auf
dass sechswertiges Chrom tatsächlich karzinogene Effekte hat.                     der anderen Seite können klare Analogien wertvolle Hinwei-

8
                                                                                  se geben: Es ist schwierig, bei passiven Rauchern die genaue
Experimentelle Evidenz: In einigen Fällen, so Hill, sei es                        Exposition und mögliche Confounder zu bestimmen. Die Asso-
möglich, sich auf experimentelle oder semi-experimentelle                         ziation zwischen Rauchen und Lungenkrebs macht aber einen
Ergebnisse zu stützen. Wenn beispielsweise das Risiko für Lun-                    Zusammenhang auch mit passivem Rauchen wahrscheinlich. n
genkrebs wieder sinkt, wenn Menschen das Rauchen aufgeben,
macht das nach seiner Meinung einen kausalen Zusammen-
hang wahrscheinlicher. Experimentelle Ergebnisse unterstüt-

Wann unterstützen Studienergebnisse einen kausalen ­Zusammenhang? Dieser ist wahrscheinlicher …
                                                                                                                                                                      i
1. j e mehr Studien eine signifikante Assoziation zwischen Exposition und Outcome feststellen;
2. wenn die epidemiologischen Ergebnisse konsistent sind mit den E   ­ rgebnissen mechanistischer Studien;
3. wenn der Effekt spezifisch ist für die Art und die Dosis der Exposition;
4. wenn sich zeigen lässt, dass die Exposition vor dem Outcome s­ tattfindet;
5. wenn sich zeigen lässt, dass eine Dosisabhängigkeit besteht;
6. wenn der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung plausibel ist;
7. wenn die Assoziation zwischen Ursache und Effekt nicht dem widerspricht, was man über die Krankheit weiß;
8. wenn es experimentelle Evidenz für Kausalität gibt.
9. Wenn es für ein Agens und eine Krankheit hohe Evidenz für einen K   ­ ausalzusammenhang gibt, kann in einem zweiten Fall auch
    schon einere geringere Evidenz ausreichen, um diesen anzunehmen, wenn Agens und Krankheit sich stark ähneln.

Quellen: Hill AB. The environment and disease: association or causation. Proc R Soc Med 1965; 58:295-300. Robyn M Lucas et al. Association or causation: eva-
luating links between „envirnonment and disease“. Bulletin of the World Health Organisation, October 2005,83(19):792-795. Kristen M Fedak et al. Applying the
Bradfor Hill criteria in the 21st century: how data integration has changes causal interference in molecular epidemiology. Emerg Themes Epidemiol (2015) 12:14

                                                                                                                                            ärztliches journal 2020
Sie können auch lesen