Digitale Süchte und Risiken - wie können wir vorbeugen und Kinder stärken? - Echt dabei
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Digitale Süchte und Risiken – wie können wir vorbeugen und Kinder stärken? Prof. Dr. Rainer Thomasius ONLINE-FACHTAGUNG „MEDIENMÜNDIGKEIT: GESUND AUFWACHSEN & DIGITAL-KOMPETENT WERDEN“ 4. MÄRZ 2021
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Deklaration möglicher Interessenkonflikte Der Referent ▪ erhält Forschungsförderung durch öffentliche Einrichtungen/Ministerien (BMBF, G-BA Innovationsfonds, BMG, BMFSFJ, DFG, DG-Sanco EU, DG-Justice EU, Freie und Hansestadt Hamburg) ▪ erhält geringe Erlöse aus Buchpublikationen (Schattauer, Thieme, Hogrefe, Trias, Springer) ▪ erhält geringe Honorare für Vortragstätigkeit aus Industrie/Gesundheitswirtschaft ▪ ist Mitglied/Mandatsträger in Fachgesellschaften und -verbänden (DG-Sucht, Dachgesellschaft Sucht, DGPPN, DGKJP, BAG KJPP, BKJPP) Ein Teil der vorgestellten Studien wurde von der DAK-Gesundheit finanziert.
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Gliederung ▪ Internetnutzung ▪ Bedingungsfaktoren und Risiken © https://www.handyflash.de/blog/apps/digital-wellbeing-wenn-das-handy-die-sucht-bekaempft/ © https://www.haz.de/Nachrichten/Digital/Das-erste-Handy-Sieben-Tipps-fuer-Kinder-und-Eltern ▪ Prävention ▪ Ausblick und Implikationen © https://www.star.admin.ch/star/de/home/star/handlungsfelder/handlungsfeld-praevention.html © https://www.bild.de/ratgeber/evergreen/alltagsfrage-familie-partnerschaft/alltagsfrage-sind-eltern- schuld-wenn-kinder-handysuechtig-sind-53701978.bild.html
Internetnutzung © https://www.handyflash.de/blog/apps/digital-wellbeing-wenn-das-handy-die-sucht-bekaempft/
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Gaming und Social-Media – Das Nutzungsverhalten 10- bis 17-Jähriger und ihrer Eltern vor und unter dem Corona-Lockdown (DZSKJ, 2020) 2 Erhebungszeiträume: ▪ 13. - 27. September 2019 ▪ 20. - 30. April 2020 (4 Wochen nach Beginn des deutschen Corona-Lockdowns) Zahl der Befragten: ▪ Für Deutschland repräsentative Stichprobe von 1.221 Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren$ mit jeweils einem Elternteilǂ. Gesamt: 2.442 Kinder/Jugendliche und Erziehungsberechtigte ▪ Davon nahmen 824 Familien an der zweiten Erhebung teil. Gesamt: 1.648 Kinder/Jugendliche und Erziehungsberechtigte Datenerhebung: ▪ Forsa Politik- und Sozialforschung GmbH Online-Befragung via forsa.omninet $ M=13.04, SD=2.39 ǂ M=46,21, SD=8.15, range=28-75
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Fragestellungen der Studie 1. In welchem Ausmaß haben sich Nutzungszeiten durch den Lockdown verändert? 2. Welche Nutzungsmotive werden von Kindern und Jugendlichen sowie ihren Eltern unter Lockdown- Bedingungen genannt? 3. Wie hoch war die Prävalenz riskanter und pathologischer Nutzung von digitalen Spielen bzw. sozialen Medien bei Kindern und Jugendlichen nach den neuen ICD-11-Kriterien vor Beginn der COVID-19-Pandemie? 4. Welche Medienregeln sind in deutschen Haushalten © https://meedia.de/2018/06/06/begrenzte-bildschirmzeit-apple-tritt-smartphone-sucht-von-kindern- und-erwachsen-entgegen/ etabliert? Zeigt sich eine Veränderung durch den Lockdown?
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Grundlagen der Studie Pathologische Mediennutzung: Diagnostische Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2019) Wiederkehrendes, kontinuierliches oder episodisches Nutzungsverhalten der i.d.R. letzten 12 Monate (durchgängig oder episodisch), das einhergeht mit ▪ Kontrollverlust (in Bezug auf Beginn, Frequenz, Intensität, Dauer, Beendigung, Kontext des Spielens), ▪ zunehmender Priorisierung gegenüber anderen Lebensinhalten und Alltagsaktivitäten ▪ Fortsetzung des Verhaltens trotz negativer Konsequenzen. Dieses Verhalten resultiert in einer signifikanten Störung persönlicher, familiärer, sozialer, die Bildung/Ausbildung/den Beruf betreffender bzw. anderer wichtiger Funktionsbereiche.
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Grundlagen der Studie Riskante Mediennutzung: Diagnostische Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2019) Nutzungsmuster, das mit erhöhtem Risiko für schädliche Konsequenzen für die physische oder psychische Gesundheit der Betroffenen oder anderer Menschen in deren Umgebung einhergeht aufgrund der ▪ Nutzungsfrequenz ▪ Nutzungsdauer ▪ Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Prioritäten ▪ nutzungsassoziierten riskanten Verhaltensweisen ▪ negativen Konsequenzen des Nutzungsverhaltens ▪ oder deren Kombination Dieses Verhaltensmuster persistiert häufig, obwohl sich die Betroffenen des erhöhten Schadensrisikos in Bezug auf sich oder andere bewusst sind.
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Grundlagen der Studie Erfasste Inhalte ▪ Riskante/pathologische Nutzung digitaler Spiele und sozialer Medien: ▪ Gaming Disorder Scale for Adolescents (GADIS-A, Paschke et al. 2020) ▪ ICD-11-Items der Social Media Disorder Scale (SMDS, Van Den Eijnden et al. 2016; vgl. Ko et al. 2019, Jo et al. 2019) ▪ Häufigkeit und Dauer der Nutzung digitaler Medien vor und unter COVID-19-Lockdown ▪ Häusliche Regeln zur Mediennutzung vor und unter Lockdown ▪ Motive der Mediennutzung unter Lockdown
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Methodik der Studie Berücksichtigt wurden Soziale Medien sowie digitale Online- und Offline-Spiele auf allen technischen Geräten: ▪ Spielekonsole ▪ Computer ▪ Smartphone ▪ Tablet Definition Soziale Medien: ▪ Messenger-Dienste (WhatsApp, Signal, Threema) ▪ Video- und Streaming-Dienste mit Kommentar- und/oder Like-Funktion (YouTube, Tik Tok) © https://www.onlinesolutionsgroup.de/blog/social-media-anzeigen-fuellen-feeds-der-nutzer/ ▪ Digitale Fotoalben (Instagram, Snapchat) ▪ Mikroblogging-Dienste (Twitter, Facebook) ▪ Berufsplattformen (XING, LinkedIn)
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzungszeiten [in Minuten] der regelmäßigen Nutzer (Kinder und Jugendliche) vor und unter Corona-Lockdown GAMING SOCIAL MEDIA +30,52% 250 +29,28% 250 +66,38% 241 193,14 192,93 *** 200 +75,01% *** 200 184,65 138,59 149,4 *** 150 150 115,96 *** 100 79,19 100 50 50 0 0 Werktags Wochenende Werktags Wochenende vor Corona unter Corona vor Corona unter Corona Regelmäßige Nutzung = Nutzung mindestens 1x die Woche Signifikanzen: *** p < 0.001
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzungsmotive der Kinder und Jugendlichen [in %] unter Corona-Lockdown GAMING SOCIAL MEDIA 100 89 86 89 90 80 70 60 55 50 37 3836 38 40 3536 30 30 20 12 12 13 10 0
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzung digitaler Medien [in %] vor Corona-Lockdown Kinder und Jugendliche: Prävalenzen der Nutzungsmuster nach ICD-11 Erhebung September 2019 90 79,2 80 71,5 70 60 50 40 30 20 15,8 9,4 10 # 8,2 + 10 2,7 *3,2 § 0 keine unauffällige riskante pathologische regelmäßige Nutzung Nutzung Nutzung Nutzung Gaming Social Media GAMING SOCIAL MEDIA # Entspricht ca. 535.000 der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland * Entspricht ca. 144.500 der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland + Entspricht ca. 438.700 der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland § Entspricht ca. 171.200 der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Riskante Nutzung digitaler Medien [in %] vor Corona-Lockdown Mädchen- und Jungen-Prävalenzen nach ICD-11 Erhebung September 2019 16 14,3 14 12 *** 9,9 10 * 8 6,3 6 5,1 4 2 0 GAMING SOCIAL MEDIA * p < 0.05 *** p < 0.001
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Pathologische Nutzung digitaler Medien [in %] vor Corona-Lockdown Mädchen- und Jungen-Prävalenzen nach ICD-11 Erhebung September 2019 9 6,3 5,1 GAMING * p < 0.05
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzung digitaler Medien [in Minuten] vor Corona-Lockdown Mittlere tägliche Nutzungszeiten in Abhängigkeit vom Nutzungsverhalten 250 229 230 197 200 178 148 150 116 109 114 120 115 90 87 100 63 57 50 16 4 0 keine unauffällige riskante pathologische regelmäßige Nutzung Nutzung Nutzung Nutzung Gaming Kinder soziale Medien Kinder Gaming Eltern soziale Medien Eltern Über die Nutzungszeiten kann die Ausprägung pathologischer Nutzung bei Kindern und Jugendlichen statistisch bedeutsam im Modell vorhergesagt werden. Den größten Anteil haben hier die kindlichen Gaming-Zeiten gefolgt von den kindlichen Soziale-Medien-Zeiten. Die elterlichen Nutzungszeiten haben einen signifikanten, jedoch geringen Einfluss.
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Prävalenz der Internetbezogenen Störungen bei Jugendlichen in Deutschland Internetaddiction ▪ PINTA Studie (Rumpf et al., 2011) 14- bis 16-Jährige 4% ▪ EXIF Studie (Wartberg et al., 2015) 14- bis 17-Jährige 3,2% ▪ Elterneinschätzung (Wartberg et al., 2017) 14- bis 17-Jährige 4,7% Internet gaming disorder ▪ DAK/forsa/DZSKJ-Studie (Wartberg et al., 2017) 12- bis 25-Jährige 5,7% ▪ DAK/forsa/DZSKJ-Studie (DZSKJ, 2020) 10- bis 17-Jährige 2,7% Addictive use of Social Media ▪ DAK/forsa/DZSKJ-Studie (Wartberg et al., 2018) 14- bis 17-Jährige 2,1% ▪ DAK/forsa/DZSKJ-Studie (DZSKJ, 2020) 10- bis 17-Jährige 3,2%
Bedingungsfaktoren und Risiken © https://www.haz.de/Nachrichten/Digital/Das-erste-Handy-Sieben-Tipps-fuer-Kinder-und-Eltern
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Elternaufsicht: Medienregeln und deren Umsetzung [%] vor und unter Corona- Lockdown aus Sicht der Eltern (DZSKJ et al., 2020)
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Soziodemographie: EXIF-Studie: Zusammenhänge zwischen der exzessiven Computer- und Internetnutzung Jugendlicher und dem (medien-)erzieherischen Handeln in Familien (Kammerl et al., 2012)
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Soziodemographie: EXIF-Studie: Zusammenhänge zwischen der exzessiven Computer- und Internetnutzung Jugendlicher und dem (medien-)erzieherischen Handeln in Familien (Kammerl et al., 2012)
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Soziodemographie: EXIF-Studie Forschungsdesign
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Soziodemographie: EXIF-Studie Sozialstatus und Schulform Gruppe ohne w_e_k e Problemdefinition Sozialstatus Unterschicht 30,2% 13,7% 4,8% Untere Mittelschicht 31,6% 20,3% 15,5% Mittelschicht 15,4% 33,7% 30,8% Obere Mittelschicht 20,8% 23,2% 30,3% Oberschicht 2,0% 9,1% 18,6% aktuell besuchte Schulform/Schulabschluss Jugendlicher Hauptschule 29,2% 27,1% 18,5% Realschule 18,0% 25,9% 24,4% (Fach)Gymnasium 18,0% 28,3% 42,5% Gesamtschule/Stadtteilschule 20,4% 11,8% 12,1% Förderschule 13,5% 5,0% 1,0% berufsbildende Schule/ Berufskolleg/Fachoberschule/BVJ 0,0% 1,9% 1,2%
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Soziodemographie: EXIF-Studie Geschlecht und Alleinerziehende Gruppe ohne w_e_k e Problemdefinition Geschlecht Jugendlicher Männlich 69,2% 68,4% 44,6% Weiblich 30,8% 31,6% 55,4% Eltern alleinerziehend Ja 20,6% 13,9% 12,5% Nein 79,4% 86,1% 87,5% Gesamt N (gew.) 106 160 1228
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Familienklima: EXIF-Studie Allgemeines Familienklima (FAM/FB: Urteil Jugendlicher) Gruppe ohne Jugendliche w_e_k e Problemdefinition T-Wert T-Wert T-Wert Aufgabenerfüllung 63,5 58,4 51,5 Rollenverhalten 67,1 60,6 52,9 Kommunikation 64,1 58,6 51,1 Emotionalität 58,9 53,9 49,8 Affektive Beziehungsaufnahme 60,9 55,3 50,0 Kontrolle 54,7 52,2 48,0 Werte und Normen 60,9 56,0 48,1 Summenwert 65,4 58,6 50,3 Gesamt N (gew.) 106 160 1229
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Familienklima: EXIF-Studie Familienklima (FAM/FB-S): Regressionsmodell für die Gesamtstichprobe ▪ Methode: Vorhersage der problematischen Internetnutzung für Gesamtstichprobe mittels schrittweiser multipler linearer Regression ▪ Das Familienklima (Funktionalität des Jugendlichen in der Familie nach Summenwert in den Familienbögen bzw. im FB-S) klärt knapp ein Viertel der Varianz (24%) der problematischen Internetnutzung (nach Compulsive Internet Use Scale) auf. ▪ Das Familienklima (Selbsteinschätzung) ist demnach auch in der Bevölkerung ein wichtiger Prädiktor für die Ausprägung einer problematischen Internetnutzung im Jugendalter.
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Personale Faktoren: Nutzung von Computerspielen unter 12- bis 25- Jährigen DAK -Gesundheit, forsa, DZSKJ, 2016 Zahl der Befragten: ▪ 1.531 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 25 Jahren, ▪ Stichprobe nach systematischem Zufallsverfahren ausgewählt, ▪ disproportional nach Alter angelegt Erhebungszeitraum: ▪ September 2016 Erhebungsmethode: ▪ Befragungspanel forsa.Omninet
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Personale Faktoren Computerspielabhängigkeit Dimensionales Modell der Einflussvariablen Variable Lineares Regressionsmodell Lineares Regressionsmodell Summenwert der Internet Gaming Disorder Scale Variable Summenwert der Internet Gaming Disorder Scale Standardisierte Beta-Koeffizienten Standardisierte Beta-Koeffizienten Geschlecht -0.16*** Alter -0.17*** Depressivität 0.06 Ängstlichkeit 0.11** Vernachlässigung sozialer Kontakte wegen der 0.44*** Computerspielnutzung Korrigiertes R2 0.30 * p < 0.05. ** p < 0.01. *** p < 0.001.
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Personale Faktoren Social Media Disorder DAK -Gesundheit, forsa, DZSKJ, 2017 Die repräsentative Studie ist die erste Untersuchung in Deutschland, die das Suchtrisiko von sozialen Medien analysiert. Zahl der Befragten: ▪ Repräsentative Stichprobe von 1001 Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren Erhebungszeitraum: ▪ August und September 2017 Erhebungsmethode: ▪ Computergestützte Telefon-Interviews ▪ (CATIs)
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Personale Korrelate von Social Media Disorder Kategoriales Modell der Einflussvariablen (Logistische Regression) Mit der problematischen Nutzung sind niedrigeres Lebensalter, stärker ausgeprägte depressive Symptomatik und schlechtere Funktionalität der Familie verbunden. Merkmal Social Media Disorder Geschlecht 1.85 Alter 0.75* Notensumme 1.07 Depressive Symptomatik 1.14* Interpersonales Vertrauen 0.63 Körperbild 0.88 Familienfunktionalität 0.76** Nagelkerkes R2 0.17
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Vulnerable Gruppen und Medienbezogene Störungen Paschke et al., 2020 Medienbezogene Störungen betreffen insbesondere vulnerable Gruppen, auf die i.d.R. mehrere der folgenden Charakteristika zutreffen: ▪ Analog den stoffgebundenen Süchten biologisch bedingte Anfälligkeit, z.B. im Hirnstoffwechsel ▪ Individuelle Besonderheiten wie erhöhter Neurotizismus, erhöhte Ängstlichkeit, erhöhte Stressempfindlichkeit und nicht hilfreiche Strategien im Umgang mit Problemen, geringere Gewissenhaftigkeit, negatives Selbstkonzept sowie soziale Unsicherheit ▪ Niedrige Familienfunktionalität sowie negative Sozialisationserfahrungen mit z.B. abwertendem Kommunikationsstil und Interaktionsstörungen ▪ Negative Rollenvorbilder durch riskante Nutzungsmuster in der Familie, negativer Einfluss der Gruppe von Gleichaltrigen ▪ Soziale, emotionale und kognitive Defizite in der Entwicklung ▪ Psychiatrische Grund- oder Begleiterkrankungen wie ADHS, Depression, Angststörungen
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Interaction of Person-Affect-Cognition-Execution (I-PACE) model of specific Internet-use-disorders Brand et al., 2016
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Ungünstiger Einfluss digitaler Medien auf Kindesentwicklung und Gesundheit American Academy of Pediatrics, 2017; Coates et al., 2019; Guo et al., 2017; House of Commons, 2019; Hutton et al., 2019; Madigan et al., 2019, Schuster et al., 2017; Walsh et al., 2018; Zheng et al., 2014 Entwicklungsbeeinträchtigungen: ▪ Beeinträchtigung kognitiver Funktionen und der Hirnentwicklung ▪ Beeinträchtigung der motorischen Entwicklung ▪ Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfunktionen und der sprachlichen Entwicklung ▪ Bindungsstörungen Körperliche Beeinträchtigungen: ▪ Erschöpfung, Tagesmüdigkeit, Schlafstörungen, erhöhtes Stressniveau ▪ Sehstörungen, Muskelverspannungen, Adipositas, Abmagerung, Bewegungsmangel Psychische Beeinträchtigungen: ▪ Reizbarkeit, innerliche Unruhe, ▪ Depressivität, Ängste, Lustlosigkeit, Selbstzweifel, Minderwertigkeitsgefühle Soziale Beeinträchtigungen: ▪ Vereinsamung, konfliktreiche Beziehungen, Probleme in Schule/Ausbildung/Beruf
Prävention Prävention Prävention ©https://www.star.admin.ch/star/de/home/star/handlungsfelder/handlungsfeld-praevention.html
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Jugendschutz und Suchtprävention Empfehlungen der Expertengruppe bei der Drogenbeauftragten der Bundesregierung (Rumpf et al., 2017) Anwendungen sozialer Netzwerke und digitaler Spiele: ▪ Datenschutz beachten ▪ selbst- und fremdgefährdendes Verhalten ahnden ▪ keine Verlinkung / Bewerbung illegaler Anbieter ▪ keine unreflektierte Nutzung in Bildungs- und Kinder- und Jugendbetreuungseinrichtungen ▪ keine unkontrollierte Nutzung digitaler Endgeräte im Schulunterricht ▪ alters- und kontextspezifische Gütesiegel für Initiativen in Kindergärten und Grundschulen Technische Voraussetzungen für Selbstbeschränkungen: ▪ zeitliche Filter und Sperren ▪ Beschränkungen beim finanziellen Einsatz (z.B. wöchentliche Kontingente, Obergrenzen, eingeschränkte Bezahlmodalitäten)
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Jugendschutz und Suchtprävention Empfehlungen der Expertengruppe bei der Drogenbeauftragten der Bundesregierung (Rumpf et al., 2017) Appell an die Vorbildfunktion der Erwachsenen: ▪ Notwendigkeit medienfreier Zeiten, Räume und Situationen ▪ Förderung von Erfolgserlebnissen und Selbstwirksamkeit ▪ Anregungen für konstruktiven Umgang mit Misserfolgen und Stress ▪ Kinder und Jugendliche zu medienkompetenten Anwendern erziehen Medienspezifische Präventionsmaßnahmen: ▪ orientiert an Entwicklungsphasen des Kindes- und Jugendalters ▪ Einbeziehung der Eltern als wichtige Zielgruppe ▪ Bereitstellung universeller (Kindergarten, Schule) und selektiver Prävention (Fachberatung) ▪ Integration in ressourcenorientierte Programme der Lebenskompetenz- (Life-Skills-Ansätze) und Gesundheitsförderung
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Jugendschutz und Suchtprävention Empfehlungen der gemeinsamen Suchtkommission der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaft und Verbände, 2020 ▪ Bis zum Schulbeginn sollen Kinder nur analog und nicht mit Hilfe digitaler Medien lernen und spielen. Dies schließt die erste kindergerechte Vermittlung von Medienkenntnissen im Vorschulalter nicht aus. ▪ Vor Besuch der 5. Klasse sollten die Kinder kein eigenes Smartphone besitzen. Danach sollte die Nutzung unter elterlicher Steuerung, Aufsicht und Medienkompetenzvermittlung (zeitlich und inhaltlich) erfolgen- ▪ Für die Nutzung von PC, Spielekonsolen, Spiele am Smartphone und sozialer Netzwerke sowie für den Konsum von Serien, Filmen, Clips sollten folgende Zeiten gelten: ▪ max. 45 Minuten am Tag für Kinder im Alter 7-10 Jahren ▪ max. 1 Stunde für Kinder im Alter 11-13 Jahren ▪ max. 1,5 Stunden am Tag ab 14 Jahren
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Jugendschutz und Suchtprävention Empfehlungen der gemeinsamen Suchtkommission der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaft und Verbände, 2020 ▪ Internetzugang: nicht unter 8 Jahren, ab 8 Jahren nur für kindergeeignete Seiten unter Aufsicht, ab 12 Jahren auch alleine ▪ Chatten: nicht unter 8 Jahren, ab 8 Jahren nicht ohne Kontrolle und nur für Kinder geeignete Angebote, ab 11 Jahren Regeln vereinbaren und kontrollieren ▪ PC im eigenen Zimmer: frühestens ab 12 Jahren, Regeln vereinbaren und kontrollieren (z.B. nichts nachts spielen)
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Informationen www.computersuchthilfe.info
H I LF SAN G E B O T: O N L I N E - A N L A U F S T E L L E 29.07.20
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Informationen Warnsignale für pathologische Mediennutzung ▪ Kontaktverhalten: Der Jugendliche geht jeglicher Begegnung aus dem Weg, Gespräche verlaufen eher flüchtig und oberflächlich ▪ Nutzungszeiten: Die Zeit, in der der Jugendliche das Internet oder das Smartphone oder den Computer nicht nutzt wird immer kürzer, sonstige Freizeitaktivitäten werden vernachlässigt oder ganz aufgegeben ▪ Tagesstruktur: Der Jugendliche ist bis in die Nacht hinein im Internet, er schläft deutlich weniger oder in einem anderen Rhythmus als früher, er ist oft müde ▪ Affekt: Der Jugendliche reagiert launisch, wütend, depressiv verstimmt, wenn er/sie keinen Internet-/ Computer-Zugang hat ▪ Nachlässigkeit: Es kommt zu Versäumnissen bei der Erfüllung von Aufgaben und Verpflichtungen ▪ Selbstreflexion: Betroffene selbst haben oft große Schwierigkeiten ihren Internetgebrauch realistisch einzuschätzen und sind deshalb dazu auf Hilfe von außen angewiesen
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Informationen Anleitung durch die Eltern Eltern sollten ihre Kinder zum einem sicheren und verantwortungsbewussten Umgang mit Internet, Sozialen Medien und Computerspielen anleiten: ▪ Eltern sollten informiert sein – hilfreich ist, Inhalte der Domänen, deren Suchtpotenzial und Alterskennzeichnungen zu kennen ▪ Eltern sollten Interesse zeigen – hilfreich ist, Spielmotive, Vorlieben und Spielverhalten zu ergründen ▪ Eltern sollten Grenzen setzen – hilfreich ist, eine Antwort auf das „Wann“, „Wo“ und „Was“ zu geben ▪ Eltern sollten Alternativen anbieten – hilfreich ist, Vorschläge für eine analoge Freizeitgestaltung mit positiven Erlebnissen und Möglichkeiten der aktiven Stressbewältigung aufzuzeigen
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Selektive und indizierte Prävention: Interventionsziele für risikobelastete Kinder und Jugendliche Vondrackova & Gabrhelik, 2016 ▪ Fertigkeiten zur Kontrolle des Internetgebrauchs: Reduktion von Belohnungserwartung, Selbstkontrolle, Selbstwirksamkeit, Abstinenz, kognitive Neubewertung ▪ Fertigkeiten zur Stressregulation und Emotionsregulation: individuelle Regulationsstrategien, Verbesserung der Emotionsregulation, Abbau von Feindseligkeit, Aufbau positiver Persönlichkeitseigenschaften, Selbstwertverbesserung ▪ Zwischenmenschliche Fertigkeiten: Abbau von Unsicherheit im Sozialkontakt, Förderung von emotionaler Intelligenz, sozialer Kompetenz, Face-to-Face Kommunikation und Freizeitaktivitäten mit Peers ▪ Fertigkeiten zur Tagesorganisation und Freizeitnutzung: Schlafpläne, Freizeitpläne, Gruppenaktivitätspläne
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Programm „Lebenslust statt Onlineflucht!“ Moll & Thomasius, 2019 I. Selbstwertregulierung und Empathiefähigkeit in der Realität ▪ reale Beziehungen schätzen lernen ▪ alternative imaginative Kräfte und Phantasie entfalten ▪ Körperselbst und Sinneswahrnehmung stärken ▪ Analyse und Neubewertung der realen Beziehungserfahrungen II. Abbau der dysfunktionalen Selbstheilungsversuche in Internetaktivität ▪ Aufbau von Realitätsbezügen und Abbau von Illusion ▪ Ambivalenzreduktion (Internetaktivität ) ▪ Motivation zum funktionalen Internetgebrauch III. Rückfallprophylaxe
Ausblick und Implikationen © https://www.bild.de/ratgeber/evergreen/alltagsfrage-familie-partnerschaft/alltagsfrage-sind-eltern-schuld-wenn-kinder-handysuechtig-sind-53701978.bild.html
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Ausblick und Implikationen Präventive Maßnahmen sind weiter auszubauen ▪ Die Bildungs- und Familienpolitik müssen durch gezieltes Eingreifen einen gesunden Umgang mit Medien unterstützen. ▪ Entwickler und Anbieter medialer Angebote müssen verpflichtet werden, Möglichkeiten der elterlichen Kontrolle (z.B. in Bezug auf Nutzungszeiten) zu integrieren. ▪ Anwender sozialer Medien müssen bzgl. der Darstellung selbst- und fremdschädigender Verhaltensweisen besser geschützt sowie suchtfördernde Verstärkungsmuster in Games gesetzlich eingeschränkt werden. ▪ Altersfreigaben müssen sich am Jugendschutz orientieren und stärker kontrolliert werden. ▪ Verhaltensprävention sollte mit der Stärkung der Vorbildfunktion der Eltern ab der Geburt des Kindes beginnen.
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Ausblick und Implikationen Präventive Maßnahmen sind weiter auszubauen ▪ Es müssen gezielte Angebote zur Förderung elterlicher Erziehungskompetenz in Bezug auf Medien zur Verfügung gestellt werden. ▪ Eine unkontrollierte Nutzung mobiler digitaler Endgeräte während des Schulunterrichts ist zu verhindern. ▪ Kind-bezogene Maßnahmen müssen sich an den Entwicklungsphasen der Kinder/Jugendlichen orientieren und individuelle Aspekte berücksichtigen (wie z.B. Geschlecht, Entwicklungsalter, sozialer Hintergrund, Bildungshintergrund). ▪ Aufgrund eines erhöhten Risikos für die Entwicklung einer medienbezogenen Störung von Kindern und Jugendlichen ist die Vermittlung von Medienkompetenz unerlässlich. ▪ Präventionsforschung im Bereich der riskanten Mediennutzung muss intensiviert werden.
Sie können auch lesen