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dza aktuell deutscher alterssurvey Heft 02/2022 Herausgeber: Deutsches Zentrum für Altersfragen Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer in der Corona-Pan- demie? Ulrike Ehrlich, Nadiya Kelle & Mareike Bünning
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer in der Corona-Pandemie? Ulrike Ehrlich, Nadiya Kelle und Mareike Bünning Inhalt Kernaussagen ....................................................................................................................... 3 Einleitung .............................................................................................................................. 4 Daten und Methoden ............................................................................................................. 8 Befunde ................................................................................................................................10 Fazit ..................................................................................................................................18 Literatur ................................................................................................................................20
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 3 Kernaussagen Zu Beginn der Pandemie übernahmen vo- Gesetzliche Maßnahmen zur besseren rübergehend mehr Menschen, insbeson- Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wer- dere Frauen, private Unterstützung und den kaum in Anspruch genommen. Nur Pflege. Somit haben sich während der ers- jeweils ein Prozent der Pflegenden und Un- ten Pandemiewelle mehr Personen aus der terstützungsleistenden nutzen die Möglich- erwerbsfähigen Bevölkerung an Unterstüt- keit einer kurzfristigen Freistellung zur zungs- und Pflegeaufgaben beteiligt. In der Pflege von Angehörigen oder die Pflegezeit. zweiten Pandemiewelle war die Beteiligung an Unterstützungs- und Pflegeaufgaben Das Belastungsempfinden unterstützen- dann auf ähnlich hohem Niveau wie vor der der und pflegender Personen steigt in der Pandemie. Pandemie im Schnitt nicht. Sowohl vor als auch während der Pandemie fühlen sich Auch während der Pandemie wenden zeitlich hoch-intensiv pflegende Personen Frauen mehr Zeit für die Unterstützung belasteter als gering-intensiv pflegende Per- und Pflege auf als Männer. Der Zeitauf- sonen. Am stärksten belastet fühlten sich im wand für die Unterstützung und Pflege ver- Corona-Winter 2020/21 nicht-erwerbstätige ändert sich in der Pandemie nicht wesent- Frauen, die mit hohem zeitlichen Aufwand lich. Ein großer Teil der Unterstützung und pflegen; gefolgt von Frauen, die Erwerbstä- Pflege wird von nicht-erwerbstätigen Frauen tigkeit mit hohem zeitlichen Pflegeaufwand getragen; dies könnte mit ihren größeren verbinden. zeitlichen Kapazitäten zusammenhängen oder auch ein Hinweis auf die Unvereinbar- keit zeitintensiver Unterstützung und Pflege mit Erwerbstätigkeit sein. Die Erwerbsbeteiligung von Unterstüt- zungs- und Pflegepersonen bleibt in der Pandemie stabil. Dies gilt sowohl für Unter- stützungs- und Pflegepersonen, die zeitlich gering-intensiv als auch für jene, die zeitlich hoch-intensiv pflegen. Generell ist der Ver- einbarkeitskonflikt bei mit hoher zeitlicher In- tensität Pflegenden am höchsten, was sich in einer deutlich geringeren Erwerbsbeteili- gung ausdrückt. In der Pandemie ist die Er- werbsbeteiligung bei hoch-intensiv-pflegen- den Frauen besonders niedrig.
4 Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? Einleitung Die exponentielle Verbreitung des Corona- Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie Virus während der ersten Pandemiewelle und der damit verbundenen Maßnahmen ist Anfang 2020 und die damit verbundenen po- zu fragen, wie sich die Situation unterstüt- litischen Maßnahmen zur Eindämmung des zender und pflegender Angehöriger im er- Virus zwangen viele Angehörige, die Unter- werbsfähigen Alter entwickelt hat. Konkret stützung und Pflege für ihre Familienange- wird untersucht, wie sich die Unterstützungs- hörigen, Nachbar*innen oder Freund*innen und Pflege- sowie die Erwerbssituation von geleistet haben, zur Umorganisation ihrer pflegenden Angehörigen im erwerbsfähigen Tätigkeiten. So mussten Angehörige haus- Alter im Verlauf der Pandemie entwickelt ha- haltsnahe Unterstützungsleistungen wie Put- ben. Bisherige Ergebnisse aus der ersten zen, Kochen oder Abwaschen bei vulnerab- Pandemiewelle zeigen, dass der Anteil von len Gruppen eventuell aus Infektionsschutz- Unterstützungs- und Pflegepersonen zuge- gründen kurzfristig einstellen oder aber auch nommen hat und das insbesondere unter neu übernehmen, da professionelle Dienst- Frauen (Klaus & Ehrlich, 2021). Anzuneh- leistende ausgefallen sind (Eggert et al., men ist, dass sich dieses Muster auch für 2020). Auch pflegende Angehörige erfuhren Personen im erwerbsfähigen Alter (bis 64 Versorgungsengpässe aufgrund von tempo- Jahre) zeigt, da ein Großteil der Unterstüt- rären Schließungen ambulanter Pflege- zung oder Pflege im Erwerbsalter geleistet dienste oder pandemiebedingter Abwande- wird (Ehrlich, 2019). Darüber hinaus ist an- rung von (semi)professionellen Pflegekräften zunehmen, dass sich der geleistete Zeitum- (sog. ausländische „Live-Ins“) (Eggert et al., fang für Unterstützungs- und Pflegeaufga- 2020; Wolf-Ostermann et al., 2020).1 Dar- ben während der Pandemie erhöht hat. Je- über hinaus haben viele Pflegeheime einen doch wäre erwartbar, dass erwerbstätige Aufnahmestopp verhängt, um Bewohner*in- Personen aufgrund zeitlicher Restriktionen, nen und Personal vor Infektionen zu schüt- die durch das Berufsleben vorgegeben wer- zen, weshalb sich pflegende Angehörige bei den, ihr Engagement bei Unterstützung und zunehmenden Pflegebedarfen ihrer Angehö- Pflege nicht so stark ausgeweitet haben wie rigen nicht an vollstationäre Einrichtungen nicht-erwerbstätige Personen. Anzunehmen wenden konnten (Eggert& Teubner, 2021; ist weiterhin, dass die schon in prä-pandemi- Rothgang et al., 2020). 2 Nach dem Sommer schen Zeiten bestehenden Schwierigkeiten 2020 mit relativ geringen Infektionszahlen familiäre Pflege und Erwerbstätigkeit zu ver- wurden viele Maßnahmen, wie zum Beispiel einbaren (Kelle, 2020; Ehrlich et al., 2020), verschärfte Kontaktbeschränkungen, aus der sich durch die Versorgungsengpässe in der ersten Pandemiewelle mit dem Dezember- Pandemie womöglich verstärkt haben und Lockdown im Winter 2020 wieder aufgenom- dazu geführt haben, dass pflegende Ange- men (Abbildung 1). Darüber hinaus können hörige ihre Erwerbsarbeit aufgegeben oder die im Dezember 2020 in die Höhe schnel- reduziert haben. Andererseits können Kurz- lenden Infektionszahlen abermals dazu ge- arbeits- oder Homeoffice-Regelungen unter führt haben, dass der Einbezug von weiteren Erwerbstätigen dazu geführt haben, dass sie informellen und formellen Unterstützungs- mehr Zeit hatten oder Zeit flexibler nutzen personen nicht mehr sichergestellt war oder konnten, um notwendige Unterstützungs- von pflegenden Angehörigen als zu risiko- oder Pflegetätigkeiten aufzunehmen oder reich eingestuft worden ist (Brandt et al., auszuweiten als vor der Pandemie. 2021). 1 Im Jahr 2020 ist die Inanspruchnahme der Tages- und 2 Im Jahr 2020 ist der Trend der Vorjahre, dass die Anzahl Nachtpflege sowie der Kurzzeitpflege im Vergleich zu 2019 vollstationär betreuter pflegebedürftiger Personen stetig um 21 bzw. 12 Prozent zurückgegangen (Bundesministe- zugenommen hat, unterbrochen worden (Bundesministe- rium für Gesundheit, 2021a, 2021b), was womöglich mit ei- rium für Gesundheit, 2021b). ner höheren Betreuungslast bei den pflegenden Angehöri- gen einhergeht.
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 5 Der Verlauf der Corona-Pandemie in Deutschland Die Corona-Pandemie in Deutschland begann im März 2020 und nahm einen wellenförmigen Verlauf (Abbildung 1). Die Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung haben das Leben der Menschen in vielen Bereichen verändert. Ab etwa Mitte März 2020 wurden von der Bundesregierung und den Landesregierungen weitreichende Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens in der ersten Pandemiewelle erlassen. Der Gültigkeitszeitraum der einzelnen Maßnahmenpakete variierte dabei teilweise zwischen den Bundesländern (eine de- taillierte Übersicht findet sich in der IAB-Datenbasis zu Corona-Eindämmungsmaßnahmen unter: http://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/daten_corona-massnahmen.xlsx; (Institut für Ar- beitsmarkt und Berufsforschung, 2021). Die Maßnahmen beinhalteten insbesondere Kontakt- beschränkungen, die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten, der Gastronomie so- wie von verschiedenen Dienstleistungseinrichtungen und Betrieben des Einzelhandels („1. Lockdown“). Nach Abflauen der ersten Pandemiewelle wurden einzelne Einschränkungen ab Ende April 2020 gelockert. Nach einer Phase mit niedrigen Infektionszahlen im Sommer 2020 kam es im Herbst 2020 zu einem wiederholten Anstieg der Neuinfektionen und einer zweiten Pandemiewelle, der ab An- fang November 2020 mit erneuten Kontakteinschränkungen begegnet wurde („Lockdown light“). Ab Mitte Dezember wurden die Kontakteinschränkungen verschärft und erneut Schu- len, Kindertagesstätten sowie Teile von Einzelhandel und Dienstleistungsbranchen geschlos- sen („2. Lockdown“). Ende 2020 fanden die ersten Impfungen gegen COVID-19 statt. Einem Rückgang der Infektionszahlen bis Ende Februar 2021 folgte ein weiterer Anstieg (dritte Pandemiewelle), der von erneuten bzw. verschärften Kontaktbeschränkungen flankiert wurde. Im April 2021 beschloss der Bundestag den Einsatz einer bundeseinheitlichen Rege- lung („Bundesnotbremse“), mit einheitlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsge- schehens, gekoppelt an regionale Inzidenzwerte. Ab Anfang Mai 2021 gingen die Infektionsraten wieder zurück, um ab Juli 2021 bis zum Win- ter 2021 wieder zur vierten Pandemiewelle anzusteigen. Zur Begrenzung der Zahl der Neuin- fektionen wurden ab August 2021 sogenannte „3-G-Regelungen“ eingeführt (Zugangsbe- schränkungen unter Vorlage eines Genesenen-, Geimpften- oder Getestetennachweises), teilweise gefolgt von „2-G-Regelungen“ (Zugang nur für genesene oder geimpfte Personen). Der Deutsche Alterssurvey ermöglicht die Untersuchung der Auswirkungen der Corona-Pan- demie auf das Leben von Menschen im mittleren und höheren Erwachsenenalter bislang bis einschließlich zur Phase des zweiten Lockdowns im Winter 2020/21.
6 Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? Abbildung 1: Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) in der Corona-Pandemie Quellen: Risklayer, CEDIM (KIT), Tagesspiegel, RKI: https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/sars-cov-2-das-virus-in-echtzeit/ (18.11.2021). Eigene Darstellung. Um möglichen verschärften Vereinbarkeits- Da hilfe- oder pflegebedürftige Personen als konflikten während der Pandemie zu begeg- eine besonders ansteckungsgefährdete nen, wurde der Zugang zu gesetzlichen Gruppe gelten, müssen sich pflegende An- Maßnahmen wie zum Beispiel der (Familien- gehörige in viel höherem Maße vor einer In- )Pflegezeit, die eine Reduktion der Arbeits- fektion schützen, nicht nur, um ihre Rolle als zeit von Beschäftigten im Falle von Pflegetä- Pflegeperson nicht zu gefährden, sondern tigkeiten gegenüber Arbeitgeber*innen recht- auch, um die Weitergabe des Virus an ihre lich ermöglicht, mit dem „Zweiten Gesetz unterstützungs- und pflegebedürftigen An- zum Schutz der Bevölkerung bei einer epi- und Zugehörige zu vermeiden. Ein Infekti- demischen Lage von nationaler Tragweite“ onsschutz wird am besten durch strikte sozi- vereinfacht und flexibilisiert (Bundesministe- ale Isolierung erreicht. Je nach Beruf konn- rium für Familie, Senioren, Frauen und Ju- ten soziale Isolationsmaßnahmen von er- gend, 2020). Diese Angebote könnten somit werbstätigen pflegenden Angehörigen nicht während der Pandemie in besonderem Aus- umgesetzt werden, während nicht-erwerbs- maß genutzt worden sein, da bei einem Vier- tätige pflegende Angehörige sich womöglich tel der pflegenden Angehörigen ein Bedarf besser isolieren konnten. Von daher be- nach unterstützender Hilfe bestand (vgl. stünde die Möglichkeit, dass erwerbstätige dazu auch Klaus & Ehrlich, 2021). pflegenden Angehörigen höheren Belastun- gen und Beeinträchtigungen ausgesetzt wa- Unabhängig davon, ob entlastende politi- ren als nicht-erwerbstätige pflegende Ange- sche Maßnahmen in Anspruch genommen hörige. Darüber hinaus stehen erwerbstätige worden sind oder nicht, ist die Corona-Pan- pflegende Angehörige unter einer „Doppel- demie eine belastende Situation für pfle- belastung“ von Beruf und Familie, welche für gende Angehörige (vgl. Brandt et al., 2021; Nicht-Erwerbstätige nicht besteht. Anderer- Budnick et al., 2021; Klaus & Ehrlich, 2021). seits bestünde auch die Möglichkeit, dass
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 7 eine Erwerbstätigkeit als entlastender Aus- Dazu sollen folgende Fragen beantwortet gleich zur Pflegetätigkeit wahrgenommen werden: wird, über den nicht-erwerbstätige pflegende Angehörige nicht verfügen (Glauber & Day, 1) Beteiligen sich während der Corona- 2018; Moen et al., 1995). Das Hauptaugen- Pandemie mehr oder weniger erwerbstä- merk der hier vorgelegten Analysen liegt auf tige und nicht-erwerbstätige Menschen der Darstellung der Situation von pflegenden an der Unterstützung und Pflege von ge- Angehörigen im erwerbsfähigen Alter wäh- sundheitlich eingeschränkten Personen rend der Corona-Pandemie. als vor der Corona-Pandemie? Gibt es hierbei Unterschiede zwischen Frauen Aus der Literatur ist bekannt, dass Ge- und Männern? schlechterunterschiede in Bezug auf Über- nahme von Unterstützungs- und Pflegetätig- 2) Wie hat sich der Zeitumfang für Unter- keiten, Zeitverwendung für Unterstützungs- stützung und Pflege von erwerbstätigen und Pflegetätigkeiten (Ehrlich, 2019; Klaus & und nicht-erwerbstätigen Unterstüt- Vogel, 2019), Vereinbarkeitsstrategien (Auth zungs- und Pflegepersonen während der et al., 2016; Carr et al., 2018; Ehrlich, 2019) Pandemie im Vergleich zu vor der Pan- sowie in Bezug auf psycho-soziale Konse- demie entwickelt? Zeigen sich hier gege- quenzen von Unterstützungs- und Pflege- benenfalls Geschlechtsunterschiede? übernahme (Pinquart & Sörensen, 2006) be- 3) Wie hat sich während der Corona-Pan- reits vor der Pandemie bestanden haben. demie die Erwerbsbeteiligung pflegender Daher ist danach zu fragen, ob diese Ge- Angehöriger im Vergleich zu vor der schlechterunterschiede während der Pande- Pandemie entwickelt, und gibt es hierbei mie konstant geblieben oder sie sich ange- unterschiedliche Entwicklungen für glichen haben. Oder haben sich diese Ge- Frauen und Männer? schlechtsunterschiede sogar verstärkt, und ist es dementsprechend auch im Bereich der 4) Wie hat sich das Belastungsempfinden privat erbrachten Unterstützung und/oder von erwerbstätigen und nicht-erwerbstä- Pflege zu einer Retraditionalisierung der Ge- tigen pflegenden Angehörigen während schlechterrollen gekommen, wie sie bereits der Corona Pandemie entwickelt? Gibt im Bereich der Kinderbetreuung und der es im Belastungsempfinden Unter- Hausarbeit beobachtet worden ist (z. B. schiede zwischen Frauen und Männern? Möhring et al., 2020, Kohlrausch & Zucco, 2020; Huebener et al., 2021; Hipp & Bün- 5) Wie hoch ist der Anteil erwerbstätiger ning, 2021)? pflegender Angehöriger, die gesetzliche Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf während der Pan- demie in Anspruch genommen haben?
8 Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? Daten und Methoden Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ist eine repräsentative Quer- und Längsschnittbefragung von Personen in der zweiten Lebenshälfte. Im Rahmen der Studie werden seit mehr als zwei Jahrzehnten Frauen und Männer auf ihrem Weg ins höhere und hohe Alter regelmäßig be- fragt (1996, 2002, 2008, 2011, 2014, 2017, 2020/21). Dieser lange Beobachtungszeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten erlaubt einen umfassenden Einblick in das Älterwerden und die Lebenssituationen von Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Zudem kann durch das ko- hortensequenzielle Design der Studie Älterwerden im sozialen Wandel untersucht werden. Der Deutsche Alterssurvey ist daher die zentrale Studie zu Alter und Altern in Deutschland. Mehr als 20.000 Personen haben bislang an der Studie teilgenommen. Befragt werden Per- sonen, die zum Zeitpunkt der ersten Teilnahme 40 Jahre und älter sind. Die Teilnehmenden werden auf Basis einer nach Alter, Geschlecht und Region geschichteten Einwohnermelde- amtsstichprobe ausgewählt. Die Daten des Deutschen Alterssurveys sind daher repräsentativ für die in Privathaushalten lebende Wohnbevölkerung Deutschlands in der zweiten Lebens- hälfte. Durch den Deutschen Alterssurvey können auch die Lebenssituationen in Krisenzeiten – wie wir sie aktuell aufgrund der Corona-Pandemie erleben – näher beleuchtet und besser verstanden werden. Seit Beginn der Corona-Pandemie fanden zwei Erhebungen des Deutschen Alterssurveys statt, bei denen jeweils Personen befragt wurden, die zuvor schon mindestens einmal an der Studie teilgenommen hatten: Im Sommer 2020 (8. Juni bis 22. Juli 2020) wurde eine schriftli- che Befragung durchgeführt, an der 4.823 Personen ab einem Alter von 46 Jahren teilnah- men; im Winter 2020/21 (4. November 2020 bis 1. März 2021) fand eine telefonische Befra- gung statt, an der 5.402 Personen ebenfalls im Alter ab 46 Jahren teilnahmen. Direkt im An- schluss an das telefonische Interview im Winter 2020/21 bekamen die Befragten noch einen Fragebogen zugesandt, der von 4.419 Personen schriftlich oder online beantwortet wurde. Im Zentrum der Befragungen standen Fragen zur aktuellen Lebenssituation etwa in sozialen Be- ziehungen, im Wohlbefinden und in der Erwerbsarbeit. In den Analysen werden gewichtete Anteilswerte und gewichtete arithmetische Mittelwerte unter Verwendung von Methoden, die die geschichtete Stichprobenziehung berücksichtigen, dargestellt. Dabei werden Gruppenunterschiede oder Unterschiede zwischen Erhebungswel- len auf statistische Signifikanz getestet. Verwendet wird ein Signifikanzniveau von p < 0,05. Ist ein Befund statistisch signifikant, so kann mit mindestens 95-prozentiger Wahrscheinlich- keit davon ausgegangen werden, dass ein festgestellter Unterschied nicht nur in der Stich- probe, sondern auch in der in Privathaushalten lebenden Bevölkerung in Deutschland vor- handen ist. Ist ein Befund statistisch nicht signifikant, ist es möglich, dass beobachtete Unter- schiede in der Stichprobe nur zufällig zustande kamen. Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Se- nioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Weitere Informationen zum Deutschen Alterssurvey (DEAS) finden sich unter www.deut- scher-alterssurvey.de.
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 9 Zur Beantwortung der Forschungsfrage wer- schlechten Gesundheitszustandes privat den die Daten des Deutschen Alterssurveys oder ehrenamtlich betreut bzw. gepflegt oder (DEAS) aus der persönlichen Befragung regelmäßig Hilfe geleistet?“. Befragte, die 2017, aus der schriftlichen Kurzbefragung im diese Frage mit „Ja“ beantworten, sind Un- Sommer 2020 sowie aus der telefonischen terstützungs- und Pflegeleistende. 3 Befragung im Winter 2020/21 verwendet. Betrachtet wird der Wandel der Situation von Zeitverwendung für Unterstützung und pflegenden Angehörigen im erwerbsfähigen Pflege: Im Anschluss an die Unterstützungs- Alter zwischen den Erhebungszeitpunkten. und Pflege-Frage werden Unterstützungs- Durch diese Vorgehensweise erhoffen wir und Pflegepersonen gefragt: „Wieviel Zeit uns Hinweise darauf zu erhalten, wie sich wenden Sie pro Woche auf, um der/den von die Situation von unterstützenden und pfle- Ihnen unterstützen Person/en zu helfen? genden Angehörigen im erwerbsfähigen Al- Bitte geben Sie die wöchentlich im Durch- ter während der Corona-Pandemie im Ver- schnitt anfallende Zahl der Stunden an.“ gleich zu vor der Pandemie entwickelt hat. Diese Frage wurde 2017 und im Winter Jedoch ist zu berücksichtigen, dass beo- 2020/21 gestellt, nicht aber in der Kurzbefra- bachtete Veränderungen auch Folge des all- gung vom Sommer 2020. Alle Angaben zur gemeinen gesellschaftlichen Wandels oder wöchentlichen Zeitverwendung für Unterstüt- anderer historischer Ereignisse zwischen zung und Pflege, die die Obergrenze von 2017 und 2021 sein können. Bei der Inter- mehr als 80 Stunden pro Woche überschrei- pretation der Befunde ist dieser Umstand zu ten, werden auf den Wert 80 gesetzt. berücksichtigen. Erwerbstätigkeit: Befragte, die zum Zeitpunkt Für alle Erhebungszeitunkte wird die Stich- des Interviews entweder in Teilzeit, in Voll- probe auf jene Befragte eingegrenzt, die zeit, in einem Minijob oder unregelmäßig er- zum Zeitpunkt des jeweiligen Interviews im werbstätig sind, gehen in die Auswertungen Alter von 46 bis 65 Jahre, also im erwerbsfä- als „erwerbstätig“ ein. Befragte, die sich zum higen Alter, sind: 2.900 (2017), 1.649 (2020) Zeitpunkt eines Interviews in Rente, in einer und 2.240 (2020/21). Unsere Analysen ba- Form der Frühverrentung (EM-Rente, BU- sieren also auf Informationen von Personen, Rente, Frühpension), in der Freistellungs- die entweder zu allen drei Erhebungszeit- phase der Altersteilzeit, in einer Umschu- punkten (62 Prozent), zu zwei Erhebungs- lung, im Mutterschutz oder der Elternzeit be- zeitpunkten (27 Prozent) oder aber auch nur finden, die arbeitslos sind, die als Hausfrau zu einem Erhebungszeitpunkt (11 Prozent) oder -mann tätig sind oder aus anderen befragt worden sind. Gründen nicht erwerbstätig sind, gehen in die Auswertungen als „nicht-erwerbstätig“ Die hier berichteten Informationen werden ein. mittels folgender Fragen erhoben: Belastungsempfinden: Befragte, die gesund- Unterstützungs- und Pflegeleistende: Im heitlich eingeschränkte Personen unterstüt- Deutschen Alterssurvey werden Unterstüt- zen oder pflegen, beantworteten 2017 und zungs- und Pflegepersonen über folgende im Winter 2020/21 folgende Frage: „Wenn Frage identifiziert: „Haben Sie in den letzten Sie einmal insgesamt diese Hilfen oder Pfle- 12 Monaten (2017, 2020/21)/in den letzten 3 geleistungen betrachten, wie stark sind Sie Monaten (2020) Personen aufgrund ihres dadurch belastet?“. Befragte hatten folgende 3 In der Kurzbefragung im Sommer 2020 wurde ein Refe- Spektrum an Unterstützungsleistungen abgedeckt, das renzzeitraum von 3 Monaten (gegenüber 12 Monaten im von regelmäßiger Hilfe über Betreuung bis hin zu Pflege Jahr 2017 und Winter 2020/21) vorgegeben. Daher ist da- reicht. Zudem ist der zeitliche Umfang dieser Tätigkeiten von auszugehen, dass der Anteil der Unterstützungs- und nicht vordefiniert und neben privat erbrachten Leistungen Pflegepersonen im Sommer 2020 gegenüber der Erfas- werden auch solche berücksichtigt, die im Rahmen eines sung 2017 und im Winter 2020/21 unterschätzt wird. Zu- Ehrenamts geleistet werden. Entsprechend liegen die hier sätzlich ist zu berücksichtigen, dass im Deutschen Alters- ermittelten Anteile über den häufig berichten Pflegequoten, survey eine vergleichsweise weite Erfassung von Unter- denen eine engere Definition von Unterstützung und stützungs- und Pflegepersonen erfolgt. So wird ein breites Pflege vorausgeht.
10 Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? Antwortmöglichkeiten: (1) gar nicht, (2) eher verschiedene gesetzliche Angebote zur bes- wenig, (3) eher stark oder (4) sehr stark. seren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Nehmen Sie derzeit eines dieser Angebote Inanspruchnahme gesetzlicher Angebote zur in Anspruch?“ Folgende Antwortmöglichkei- besseren Vereinbarkeit von Pflege und Be- ten standen zur Auswahl: die kurzzeitige Ar- ruf: Erwerbstätige pflegende Angehörige ha- beitsverhinderung, die Pflegezeit, die Fami- ben in der DEAS-Befragung 2020/21 erst- lienpflegezeit, die Freistellung zur Begleitung malig die folgende Frage erhalten: „Es gibt in der letzten Lebensphase, keines von die- sen gesetzlichen Angeboten. Befunde Zu Beginn der Pandemie übernahmen vo- Gruppen nicht statistisch signifikant von den rübergehend mehr Menschen private Un- prä-pandemischen Unterstützungs- und Pfle- terstützung und Pflege gequoten. Somit beteiligten sich in der zwei- ten Pandemiewelle Nicht-Erwerbstätige an Der Anteil an Menschen in der erwerbsfähi- Unterstützungs- und Pflegeaufgaben wieder gen Bevölkerung, die Unterstützung und auf ähnlich hohem Niveau wie vor der Pan- Pflege leisten, ist zwischen 2017 und Som- demie. Die Beteiligung von Erwerbstätigen mer 2020 von 18 Prozent auf 22 Prozent sig- an Unterstützungs- und Pflegeaufgaben war nifikant angestiegen (Abbildung 2). In der sowohl während der ersten als auch wäh- zweiten Pandemiewelle war die Unterstüt- rend der zweiten Pandemiewelle stets auf ei- zungs- und Pflegequote wieder rückläufig nem ähnlichen Niveau wie vor der Pande- (2020/21: 20,1 Prozent) und unterschied mie. sich nicht mehr statistisch signifikant von der Unterstützungs- und Pflegequote 2017. So- Unterscheidet man nach Geschlecht, zeigt mit haben sich während der ersten Pande- sich zu allen Zeitpunkten, dass Frauen zu miewelle mehr Personen aus der erwerbsfä- höheren Anteilen Unterstützung und Pflege higen Bevölkerung an Unterstützungs- und leisten als Männer. Weiterhin leisteten insbe- Pflegeaufgaben beteiligt. In der zweiten Pan- sondere Frauen im Sommer 2020 häufiger demiewelle war die Beteiligung an Unterstüt- Unterstützung und Pflege als noch 2017, zungs- und Pflegeaufgaben wieder auf ähn- während sie in der zweiten Pandemiewelle lich hohem Niveau wie vor der Pandemie. wieder ähnlich häufig unterstützten und pflegten wie vor der Pandemie. Werden die Im Gegensatz zu Erwerbstätigen, haben Unterstützungs- und Pflegequoten der Nicht-Erwerbstätige in der ersten Pandemie- Frauen und Männer getrennt danach be- welle häufiger Unterstützungs- und Pflege- trachtet, ob sie erwerbstätig sind oder nicht, aufgaben übernommen als noch vor der zeigen sich sowohl bei nicht-erwerbstätigen Pandemie. Während die Unterstützungs- Frauen als auch bei nicht-erwerbstätigen und Pflegequote für die Gruppe der Nicht-Er- Männern Tendenzen für einen Anstieg. werbstätigen zwischen 2017 (17,8 Prozent) Diese Tendenzen sind jedoch statistisch und Sommer 2020 (25,0 Prozent) zugenom- nicht signifikant; dies könnte an den relativ men hat, war dieser Anstieg für die Gruppe geringen Fallzahlen in den Untergruppen lie- der Erwerbstätigen weniger stark ausgeprägt gen. 4 Statistisch signifikant ist allerdings der und statistisch nicht signifikant (2017: 17,8 Anstieg der Unterstützungs- und Pflege- Prozent; 2020: 21,4 Prozent). In der zweiten quote von erwerbstätigen Frauen zwischen Pandemiewelle unterschieden sich die Un- 2017 und der ersten Pandemiewelle (2017: terstützungs- und Pflegequoten in beiden 20,5 Prozent; 2020: 26,8 Prozent). In der 4 Nicht-erwerbstätige Frauen mit Unterstützungs- und und Pflegeaufgaben 2017 (n=49), 2020 (n=31) und Pflegaufgaben 2017 (n=96), 2020 (n=69) und 2020/21 2020/21 (n=48). (n=102); nicht-erwerbstätige Männer mit Unterstützungs-
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 11 zweiten Pandemiewelle unterstützten und vat erbrachter Unterstützung und Pflege ein- pflegten erwerbstätige Frauen dann wieder herging. Dieser zusätzliche Bedarf äußert ähnlich häufig wie vor der Pandemie. sich im Anstieg an Unterstützungs- und Pfle- gequoten insbesondere in der ersten Pande- Insgesamt zeigt sich wie erwartet, dass die miewelle und wurde in der erwerbsfähigen Pandemie mit einem höheren Bedarf an pri- Bevölkerung insbesondere von (erwerbstäti- gen) Frauen geschultert. Abbildung 2: Anteile der Personen im Alter von 46 bis 65 Jahren, die gesundheitlich einge- schränkte Personen unterstützen oder pflegen, gesamt, nach Erwerbsstatus und nach Geschlecht, in den Jahren 2017, 2020 und 2020/21 (in Prozent) 30 Gesamt Frauen Männer 20 Prozent 28,4 27,2 26,8 25,0 24,7 24,1 24,0 22,2 22,1 21,4 20,6 20,6 20,5 20,5 20,1 19,7 10 19,1 17,9 17,8 17,8 17,1 16,4 16,2 15,6 15,5 15,2 13,8 0 Gesamt Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Gesamt Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Gesamt 2017 2020 2020/21 Quelle: DEAS 2017 (n=2.900), 2020 (n=1.649), 2020/21 (n=2.240) gewichtet, gerundete Angaben. Statistisch signifikant (p
12 Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 2020/21) festzumachen.5 Festzustellen ist Zusammenfassend zeigen sich zwar keine aber, dass während der zweiten Welle der statistisch signifikanten Veränderungen im Corona-Pandemie erwerbstätige Frauen Pflegeumfang in der Pandemie. Es wird aber mehr Zeit für Unterstützung und Pflege auf- deutlich, dass sich die geschlechtsspezifi- wenden als erwerbstätige Männer (Frauen: schen Unterschiede im Zeitaufwand für Un- 9,1 Wochenstunden; Männer: 5,5 Wochen- terstützung und Pflege in der zweiten Pan- stunden) – vor der Pandemie war dieser ge- demiewelle im Vergleich zur Prä-Pandemie schlechtsspezifische Unterschied kleiner verschärft haben. Einen großen Umfang an (Frauen: 7,6 Wochenstunden; Männer: 6,6 Unterstützungs- und Pflegetätigkeiten über- Wochenstunden) und statistisch nicht signifi- nehmen dabei nicht-erwerbstätige Frauen. kant. Dieses Ergebnis kann mit höheren zeitlichen Kapazitäten zusammenhängen, die nicht-er- Sowohl 2017 als auch 2020/21 wenden werbstätigen Personen zur Verfügung ste- Nicht-Erwerbstätige mehr Zeit für Unterstüt- hen könnten. Es dürfte aber auch auf gene- zung und Pflege auf als Erwerbstätige (Un- relle Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit terschied 2017: 4,0 Wochenstunden; Unter- von umfangreichen Unterstützungs- und schied 2020/21: 9,6 Wochenstunden). Diese Pflegeaufgaben mit einer Erwerbstätigkeit Unterschiede gehen vor allem auf die (insbesondere für Frauen) hinweisen, wie sie Frauen zurück: Nicht-erwerbstätige Frauen bereits in zahlreichen Studien dokumentiert unterstützen und pflegen zu jedem Erhe- wurden (z. B. Kelle, 2020; Ehrlich et al., bungszeitpunkt in höherem Stundenumfang 2020). Im nächsten Schritt untersuchen wir als erwerbstätige Frauen. Zwischen nicht-er- daher, inwieweit sich in der Pandemie ein werbstätigen und erwerbstätigen Männern Zusammenhang zwischen Unterstützungs- sind sowohl 2017 als auch 2020/21 keine und Pflegeleistungen auf der einen und Er- statistisch bedeutsamen Unterschiede in der werbsquoten auf der anderen Seite zeigt. Unterstützungszeit zu beobachten. 5 Die großen, aber nicht signifikanten, Trendunterschiede 2020/21: n=102) und Männern (2017: n=49; 2020/21: in der Zeitverwendung für Unterstützungs- und Pflegeauf- n=48) zwischen 2017 und 2020/21 sind sehr wahrschein- gaben bei nicht-erwerbstätigen Frauen (2017: n=96; lich durch die geringen Fallzahlen bedingt.
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 13 Abbildung 3: Durchschnittliche Zeitverwendung in Wochenstunden für Hilfe, Unterstützung oder Pflege von erwerbstätigen und nicht-erwerbstätigen Personen im Alter von 46 bis 65 Jahren, gesamt und nach Geschlecht, in den Jahren 2017 und 2020/21 (arithmetische Mittelwerte) Gesamt Frauen Männer 30 Wochenstunden 20 10 18,8 17,2 14,5 11,5 12,3 9,8 11,1 9,0 9,1 8,5 8,1 7,1 7,6 7,6 6,9 7,5 6,6 5,5 0 Gesamt Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Gesamt Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Gesamt Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige 2017 2020/21 Quelle: DEAS 2017 (n=550), 2020/21 (n=459) gewichtet, gerundete Angaben. Statistisch signifikant (p
14 Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? ohne Unterstützungs- und Pflegeaufgaben. ohne die Unterstützung eines informellen Differenziert nach Geschlecht besteht ein und/oder formellen Netzwerks meistert. Zu- statistisch signifikanter Unterschied in der sammen mit den Ergebnissen zur Zeitver- Erwerbsbeteiligung zwischen hoch-intensiv wendung kann das Ergebnis aber auch da- pflegenden und nicht-pflegenden Personen rauf verweisen, dass Ausfälle von professio- nur bei Frauen im Winter 2020/21 (-16 Pro- nellen Dienstleistern dazu geführt haben, zentpunkte). Die Erwerbsbeteiligung von ge- dass erwerbstätige pflegende Angehörige in ring-intensiv Unterstützungs- und Pflegeleis- der Pandemie womöglich stärker von Nicht- tenden unterscheidet sich statistisch nicht Erwerbstätigen aus ihrem informellen Unter- signifikant von Personen ohne Unterstüt- stützungsnetzwerk unterstützt worden sind. zungs- und Pflegeaufgaben. Unabhängig von der Pandemie zeigt sich, Zusammenfassend zeigt sich, dass sich die dass Personen mit zeitlich hoch-intensiver Pandemie trotz Einschränkungen bei profes- Unterstützungs- und Pflegeverantwortung sionellen Pflegedienstleistungen sowie im signifikant seltener erwerbstätig sind als Per- privaten Unterstützungsnetzwerk nicht nega- sonen ohne Pflegeverantwortung. Dieses Er- tiv auf die Erwerbsbeteiligung pflegender gebnis bestätigt bisherige Forschungsergeb- und unterstützender Angehöriger ausgewirkt nisse, die darauf verweisen, dass insbeson- hat. Das Ergebnis kann darauf verweisen, dere eine Unterstützungs- und oder Pflege- dass ein Großteil der (erwerbstätigen) pfle- verantwortung von mehr als 10 Stunden in genden Angehörigen den Pflegealltag so- der Woche zu starken Vereinbarkeitsproble- wohl vor als auch während der Pandemie men führt. Abbildung 4: Erwerbstätigenquote von Personen mit/ohne (intensive/n) Unterstützungs- und Pflegeaufgaben im Alter von 46 bis 65 Jahren, gesamt und nach Geschlecht, in den Jahren 2017 und 2020/21 (in Prozent) Gesamt Frauen Männer 100 80 60 Prozent 87,3 81,8 81,8 81,6 81,5 81,5 81,1 79,1 77,7 40 77,0 76,1 73,6 63,4 63,0 62,8 59,8 59,4 58,2 20 0 Ohne Pflege 10h Pflege Ohne Pflege 10h Pflege Ohne Pflege 10h Pflege 2017 2020/21 Quelle: DEAS 2017 (n=2.874), 2020/21 (n=2.209) gewichtet, gerundete Angaben. Statistisch signifikant (p
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 15 2017 und 2020/21; Frauen: Unterschied zwischen hoch-intensiv Pflegenden und Nicht-Pflegenden 2020/21; Unterschied zwi- schen gering-intensiv und hoch-intensiv Pflegenden 2020/21; Männer: Unterschied zwischen gering-intensiv Pflegenden und Nicht-Pflegenden 2017; Unterschied zwischen gering-intensiv und hoch-intensiv Pflegenden 2017. Gesetzliche Maßnahmen zur besseren die Freistellung zur Begleitung in der letzten Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wer- Lebensphase wurden gar nicht beansprucht. den kaum in Anspruch genommen Damit zeigt sich, dass die gesetzlichen Re- gelungen einigen sehr wenigen Personen In der Pandemie wurde versucht, den Zu- durchaus bei der Vereinbarkeit von Pflege gang zu gesetzlichen Maßnahmen für er- und Beruf helfen, von der ganz überwiegen- werbstätige pflegende Angehörige zu er- den Mehrheit der Betroffenen jedoch nicht leichtern und zu flexibilisieren, um die Ver- genutzt werden. 6 einbarkeit von Pflege und Beruf zu verbes- sern. So wurden etwa die Möglichkeit, sich Die Nicht-Inanspruchnahme der gesetzli- in akuten Pflegesituationen von der Arbeit chen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von freistellen zu lassen (kurzzeitige Arbeitsver- Pflege und Beruf während der Corona-Pan- hinderung) sowie die Bezugsdauer von Pfle- demie geht einher mit der Beobachtung, geunterstützungsgeld von 10 auf 20 Tage dass auch schon vor der Corona-Pandemie ausgeweitet. Die Familienpflegezeit und die die Freistellungsmaßnahmen selten in An- Pflegezeit konnten dem Arbeitgeber mit kür- spruch genommen worden sind (z. B. Hiel- zerem Vorlauf angekündigt werden als zuvor scher et al., 2017). Als Gründe für eine und die zuvor geltende Mindestarbeitszeit Nicht-Inanspruchnahme der Freistellungs- von 15 Wochenstunden bei der Familienpfle- maßnahmen werden die Unkenntnis über gezeit durfte vorübergehend unterschritten diese Maßnahmen, finanzielle Gründe, die werden. geringe Planbarkeit des Pflegeverlaufs oder die Angst vor negativen Konsequenzen am Es zeigt sich jedoch, dass 98 Prozent der Arbeitsplatz genannt (Hielscher et al., 2017; Betroffenen während der Corona-Pandemie Suhr & Naumann, 2016). Darüber hinaus keine gesetzlichen Maßnahmen in Anspruch können auch die Anspruchsvoraussetzun- genommen haben. Je ein Prozent der er- gen (z. B. Pflegegrad, Angestelltenverhält- werbstätigen, unterstützenden und/oder pfle- nis, Betriebsgröße) den Zugang zu diesen genden Angehörigen nutzte die Regelungen gesetzlichen Maßnahmen erschweren (Hiel- für eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung so- scher et al., 2017). wie die Pflegezeit. Familienpflegezeit und 6 Die Inanspruchnahme von gesetzlichen Maßnahmen be- dass der Anteil der Unterstützungs- und Pflegepersonen, zieht sich auf den Zeitpunkt zum Interview. Der Zeitraum, die gesetzliche Maßnahmen wie zum Beispiel die kurzzei- für den Unterstützungs- und Pflegetätigkeiten zum Zeit- tige Arbeitsverhinderung in Anspruch genommen haben, punkt des Interviews angegeben werden konnten, beläuft unterschätzt wurde. sich auf die vergangenen 12 Monate. Daher ist es möglich,
16 Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? Kein erhöhtes Belastungsempfinden von dass ihr mittleres Belastungsempfinden wäh- pflegenden Angehörigen in der Pandemie rend der Pandemie sogar signifikant gerin- ger ist als vor der Pandemie (2017: 2,7; Insgesamt betrachtet, ist das mittlere Belas- 2020/21: 1,7; Abbildung 5b). Insgesamt be- tungsempfinden von pflegenden Angehöri- trachtet fällt auf, dass sich zu beiden Erhe- gen während der Pandemie ähnlich hoch bungszeitpunkten Personen, welche mehr wie vor der Pandemie (2017: 2,2; 2020/21: als zehn Stunden in der Woche pflegen, 2,1) (ohne Abbildung). Das heißt im Mittel durchschnittlich belasteter fühlen als Perso- fühlten sich die Betroffenen durch die Pfle- nen, die zeitlich gering-intensiv unterstützen gesituation sowohl vor als auch während der oder pflegen – unabhängig vom Erwerbssta- Pandemie „eher wenig belastet“. Auch auf- tus (Abbildungen 5a und 5b). Am belastets- geschlüsselt nach Unterstützungs-/Pflegein- ten fühlten sich allerdings im Corona-Winter tensität, Erwerbsstatus und Geschlecht ist 2020/21 nicht-erwerbstätige Frauen mit zeit- kein statistisch signifikant gestiegenes Be- lich hoch-intensiven Pflegeaufgaben lastungsempfinden auszumachen. Auffällig (2020/21: 3,0); gefolgt von zeitlich hoch-in- ist jedoch, dass für hoch-intensiv pflegende tensiv pflegenden erwerbstätigen Frauen nicht-erwerbstätige Männer festzustellen ist, (2020/21: 2,7) (Abbildung 5b).
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 17 Abbildung 5: Durchschnittliches Belastungsempfinden von Personen im Alter von 46 bis 65 Jahren, die gesundheitlich eingeschränkte Personen unterstützen oder pflegen, nach Erwerbsstatus, Geschlecht und Unterstützungs-/Pflegeintensität in den Jahren 2017 und 2020/21 (arithmetische Mittelwerte) a) zeitlich gering-intensive b) zeitlich hoch-intensive Unterstützungs- und Pflegeaufgaben Unterstützungs- und Pflegeaufgaben Gesamt Frauen Männer Gesamt Frauen Männer (sehr stark belastet) 4 4 (eher stark belastet) 3 3 Mittelwert Mittelwert (eher wenig belastet) 2 3,0 2 2,9 2,8 2,8 2,8 2,8 2,8 2,7 2,7 2,7 2,7 2,7 2,7 2,7 2,7 2,5 2,3 2,2 2,1 2,1 2,1 2,1 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 1,9 1,9 1,9 1,9 1,9 1,9 1,8 1,7 (gar nicht belastet) 1 1 Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Gesamt Gesamt Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Gesamt Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Gesamt Gesamt Nicht-Erwerbstätige Erwerbstätige Gesamt 2017 2020/21 Quelle: DEAS 2017 (n=545), 2020/21 (n=456) gewichtet, gerundete Angaben. Statistisch signifikant (p
18 Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? Fazit Bereits vor der Pandemie war die Vereinbar- Wahrscheinlichkeit einer Aufgabe der Er- keit von Pflege und Erwerbsarbeit oft schwer werbsarbeit erhöht (Kelle, 2020; Ehrlich, und stellte insbesondere Frauen vor große 2022). Herausforderungen. Frauen, die zeitlich stark in die Pflege von Angehörigen einge- Vor dem Hintergrund des zeitweise gestie- bunden waren, wiesen stark erhöhte Wahr- genen Anteils an Unterstützenden und Pfle- scheinlichkeiten gegenüber nicht-pflegenden genden im erwerbsfähigen Alter bei zeit- Frauen auf, ihre Erwerbsarbeit aufzugeben gleich stabil gebliebenem zeitlichen Unter- (Kelle, 2020). Diejenigen, die in geringerem stützungs- und Pflegeumfang war die Frage Umfang Unterstützung und Pflege leisteten, nach möglichen Veränderungen in der Er- wechselten verstärkt in Teilzeit – zumindest, werbsbeteiligung von Unterstützenden und wenn sie es sich finanziell leisten konnten Pflegenden in der Pandemie von weiterem (Kelle, 2020; Ehrlich, 2022). Erkenntnisinteresse. Die Erwerbsbeteiligung von pflegenden Angehörigen ist stabil ge- Wir finden jedoch nur wenige Hinweise da- blieben – sowohl bei jenen Personen, die in rauf, dass sich die Unterstützungs- und einem geringen als auch bei jenen, die in ei- Pflege- sowie die Erwerbssituation in der er- nem hohen zeitlichen Umfang unterstützen werbsfähigen Bevölkerung während der oder pflegen. Zu jedem Erhebungszeitpunkt Pandemie verändert hat. Insgesamt zeigt sind jedoch zeitlich hoch-intensiv pflegende sich zwar, dass in der ersten Pandemiewelle Unterstützungs- und Pflegepersonen deut- mehr Personen Unterstützungs- und Pflege- lich seltener erwerbstätig als Personen ohne aufgaben übernahmen als vor der Pande- Unterstützungs- und Pflegaufgaben. Die ge- mie; wahrscheinlich als Antwort auf die Pan- ringere Erwerbsbeteiligung von zeitlich hoch- demie-bedingten Einschränkungen. In der intensiv pflegenden Personen im Vergleich zweiten Welle war das Unterstützungsniveau zu nicht-pflegenden Personen untermauert dann wieder auf ähnlichem Niveau wie vor den Vereinbarkeitskonflikt zwischen (zeitlich der Pandemie. Dabei stieg der durchschnitt- hoch-intensiver) Pflege und Erwerbsarbeit. liche zeitliche Umfang der Unterstützungs- Der Zusammenhang zwischen zeitlich hoch- und Pflegeaufgaben in der Pandemie nicht. intensiver Pflege und geringerer Erwerbsbe- Insgesamt leisten auch in der Pandemie wei- teiligung gilt für Männer wie Frauen. Jedoch terhin Frauen häufiger und tendenziell auch sind Frauen hiervon stärker betroffen, da sie zeitintensivere Unterstützung und/oder häufiger Unterstützung und Pflege für Ange- Pflege als Männer. Insbesondere nicht-er- hörige übernehmen als Männer. werbstätige Frauen leisten in der Corona- Pandemie in einem hohen Zeitumfang Un- Im Einklang mit dem stabilen zeitlichen Un- terstützungs- und Pflegeaufgaben. Die in terstützungs- und Pflegeumfang als auch mit diesem Bericht dargestellten deskriptiven der stabilen Erwerbsbeteiligung, hat auch Befunde lassen jedoch keine Rückschlüsse das durchschnittliche Belastungsempfinden darüber zu, ob die Unterschiede im zeitli- von pflegenden Angehörigen – unabhängig chen Pflegeumfang zwischen nicht-erwerb- vom zeitlichen Umfang der Pflegeaufgaben stätigen und erwerbstätigen Frauen darauf – im Vergleich Prä-Pandemie/Pandemie im zurückzuführen sind, dass nicht-erwerbstä- Schnitt nicht zugenommen. Jedoch sind zu tige Frauen über größere zeitliche Kapazitä- jedem Erhebungszeitpunkt deutliche Unter- ten verfügen oder ob sie Resultat dessen schiede im Belastungsempfinden zwischen sind, dass sich zeitlich hoch-intensive Pflege zeitlich gering- und hoch-intensiv pflegenden kaum mit der Erwerbstätigkeit vereinbaren Personen auszumachen – und das unab- lässt. Jedoch ist aus anderen Studien be- hängig von der Erwerbsbeteiligung: Perso- kannt, dass zeitlich hoch-intensive Pflege die nen mit zeitlich hoch-intensiven Pflegeaufga- ben fühlten sich durch ihre Unterstützungs-
Pflege und Erwerbsarbeit: Was ändert sich für Frauen und Männer? 19 und Pflegetätigkeiten belasteter als Perso- Die vorhandenen gesetzlichen Maßnahmen nen mit zeitlich gering-intensiven Pflegeauf- zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und gaben. Darüber hinaus fühlten sich insbe- Beruf werden nur von sehr wenigen er- sondere Frauen mit Pflegeaufgaben im werbstätigen, pflegenden Angehörigen ge- hoch-intensiven Umfang belasteter als nutzt. Mögliche Gründe hierfür könnten sein, männliche Pflegepersonen, die hoch-intensiv dass die Maßnahmen nicht hinreichend be- pflegen. kannt oder zu kompliziert zu beantragen sind. Ein weiterer Grund könnte sein, dass Ein weiteres Augenmerk dieses Beitrags lag bisher keine Einkommensersatzleistung auf der möglichen Verschärfung von Ge- während einer Pflege- oder Familienpflege- schlechterunterschieden im Bereich Unter- zeit gezahlt wird und sich nicht alle pflegen- stützung und/oder Pflege und dementspre- den Angehörige Lohneinbußen leisten kön- chend auf einer möglichen Corona-beding- nen. Wie eine aktuelle Studie (Ehrlich 2022) ten Retraditionalisierung der Geschlechter- zeigt, wechselten pflegende Angehörige mit rollen. Eine Retraditionalisierung der Ge- niedrigem Haushaltseinkommen seltener schlechterrollen während der Corona-Pan- von Vollzeit in Teilzeit als diejenigen mit hö- demie ist bisher vor allem für Eltern mit min- herem Haushaltseinkommen. Die Einführung derjährigen Kindern diskutiert worden. Hier einer Lohnersatzleistung, wie sie im Koaliti- zeigen verschiedene Studien, dass Mütter in onsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP der Pandemie die Hauptlast der Care-Arbeit geplant ist (Sozialdemokratische Partei trugen und dementsprechend auch von stär- Deutschlands (SPD), 2021), könnte dazu keren Belastungen und Beeinträchtigungen beitragen, dass mehr pflegende Angehörige im Wohlbefinden berichteten (Kreyenfeld & von den gesetzlichen Regelungen profitieren Zinn, 2021; Hank & Steinbach, 2020; Möh- als bisher. ring et al., 2020; Kohlrausch & Zucco, 2020; Huebener et al., 2021; Hipp & Bünning, Jedoch können die geplanten Reformen we- 2021; Li et al., 2021). Während eine Nieder- nig daran ändern, dass zeitlich hoch-inten- ländische Studie zu dem Ergebnis kamen, sive Unterstützung und Pflege kaum mit Er- dass sich Geschlechterungleichheiten in der werbsarbeit (auch nicht in Teilzeit) vereinbar Pflege während der Pandemie angeglichen ist (Kelle, 2020; Ehrlich et al., 2020; Ehrlich, haben (Raiber & Verbakel, 2021), deuten 2022). Somit wäre zusätzlich ein Ausbau der unsere Befunde sowie andere deutsche Stu- ambulanten Betreuungsinfrastruktur hilfreich, dien (z. B. Klaus & Ehrlich, 2021) darauf hin, um pflegende Angehörige zu entlasten und dass Frauen während der Pandemie häufi- die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu ger Unterstützungs- und Pflegeaufgaben verbessern. übernommen haben als Männer. Darüber hinaus zeigen unsere Befunde, dass er- werbstätige Frauen im größeren Stunden- umfang andere unterstützt und/oder gepflegt haben als erwerbstätige Männer. Somit deu- ten unsere Befunde darauf hin, dass eine Retraditionalisierungstendenz auch im Be- reich der Unterstützung und Pflege besteht.
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