Ein Diamant für den Militärflugplatz Payerne - Vorbild Energie und ...
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VORBILD ENERGIE UND KLIMA Ein Diamant für den Militärflugplatz Payerne Der Militärflugplatz in Payerne erfreut sich seit 2020 einer neuen Operationszentrale. Im Minergie-zertifizierten Gebäude finden militärische und zivile Behörden Platz. Das Schmuckstück ist der Kontrollturm, der einem geschliffenen Diamanten gleich auf dem Gebäude thront. Aber nicht nur optisch, sondern auch energetisch überzeugt das Gebäude mit seiner Funktionalität. Text: Nadine Kammermann, Fotos: VBS / DDPS 58 Die Kontrollkanzel auf dem Kragarm ist das zentrale Element des Gebäudes. P h a s e 5
VORBILD ENERGIE UND KLIMA D Der Militärflugplatz Payerne erstreckt sich über rund 320 Hektar Fläche der Kantone Waadt und Freiburg und ist die Heimatbasis der Schweizer Flie- ger- und Lufttransportstaffeln. Für einen reibungslosen Betrieb sorgen rund 230 Mitarbeitende, seit kurzem aus einer neuen Operationszentrale. Sechs Jahre dauerte die Projektie- rungsphase, vier Jahre der Bau des Gebäudes mit Kontrollturm, in dem heute die Bereiche Flugsicherung und che und eine laufende Anpassung an aktuelle Bedürfnisse. Es galt etwa, mi- litärische sowie zivile Abstände für die Luftfahrt einzuhalten und die Regle- mente des Bundesamts für Zivilluft- fahrt zu erfüllen. Und dies gelang: Das Projekt wurde bis zur Schlüsselüber- gabe fortlaufend an die aktuellen Be- dürfnisse angepasst, ohne das Projekt- budget zu überschreiten. FUNKTIONALE BAUWEISE 59 -kommando sowie Operationen ange- Nicht nur die Planung war zielstrebig siedelt sind. Sie sorgen dafür, dass und pragmatisch, sondern auch Archi- militärische Flugzeuge und Helikopter tektur und Innenausstattung – alles ist sicher starten und landen können. Am auf Funktion ausgerichtet. Das Gebäu- 23. Juli 2020 landete das erste Flug- de wurde als Stahl-Beton-Konstruktion zeug, und der Betrieb wurde offiziell mit vorfabrizierten Betonelementen in aufgenommen. der Skelettbauweise errichtet: «Es ist zweifellos dieser freie Grundriss mit AN ALLES GEDACHT der Kernzone, der die flexible Anpas- Beim Bau galt es einiges zu beachten, sung an die sich ändernden Bedürf- denn im Innern des Gebäudes arbei- nisse gewährleistet», so Guido Truffer, ten Luftwaffe und Akteure des zivilen Projektleiter und Bauherrenvertreter Luftverkehrs wie Skyguide Hand in von Armasuisse Immobilien. Da beim Hand. Das Gebäude muss somit einer- Bau weder Hohlböden noch -decken seits den Anforderungen der Luftüber- verwendet wurden, musste die Tech- wachung und somit einem 24/7-Betrieb nik im Bodenaufbau Platz finden. Die entsprechen. Andererseits dient es grossen, vorfabrizierten Betonträger auch dem Aeropol Service als Basis, ermöglichten es, den Rest des Unter- der für den zivilen Flugverkehr am lagsbodens für die eingebaute Technik Flughafen Payerne verantwortlichen zu verwenden. Dies war notwendig, Behörde. Dies erforderte während des denn «im ganzen Gebäude wurden P h Baus in erster Linie eine enge Abspra- mehr als 140 km Glasfaserkabel a s e 5
VORBILD ENERGIE UND KLIMA 2 1 1 Heimisches Holz sorgt im Innern der Stahl-Beton- konstruktion für eine angenehme Atmosphäre. 2 Aus dem Innern der Kanzel blickt man 60 über das ganze Areal. eingezogen», so der Projektleiter. Die det, in der die Beleuchtung und Beschil- los alle Blicke auf sich: Er befindet Zentrale sei also viel eher ein Rechen- derung integriert sind. Heimisches sich dem Gebäude vorgelagert auf ei- zentrum als ein Kontrollturm. Die Fichtenholz sorgt in den Aufenthalts- nem Kragarm. Dessen Tragsicherheit ganze Technik ist unverzichtbar, um und Büroräumen für Wohlbefinden und wird über eine Konstruktion gewähr- die Flugsicherheit zu gewährleisten. eine gute Akustik. Durch diese strikte leistet, die via Fassade bis in den Lift- Trennung haben die Mitarbeitenden kern reicht. Der Tower besticht auch TECHNIK UND ARBEITSALLTAG nicht das Gefühl, sich in einem High- mit einer einfachen und effizienten Tragwerk, Innenausbau und Gebäude- tech-Gebäude zu befinden. Im einfach Technologie: Die Glasfassade besteht technik sind in dieses Grundgerüst gehaltenen Bürogebäude fühlen sich aus Spezialglas, das sich bei Bedarf integriert. Die Technikräume sind klar die Mitarbeitenden wohl, und dank der abdunkelt, aber trotzdem transparent erkennbar von Büro- und Aufenthalts- leicht erhöhten Lage am Fuss des Han- bleibt. Die Kanzel kann deshalb als räumen getrennt: Während in den ei- ges bietet es einen ausgezeichneten erste in Europa ganz auf Sonnen- nen Sichtbeton verwendet wird, sind in Blick über den Militärflugplatz und die schutz verzichten. Zusätzlich wurde den anderen die technischen Elemente Rollfelder. die Kanzel vorgeschoben, damit mit kaum wahrzunehmen. In den Fluren der Zu- und Abluft das ganze Jahr hin- sind die sichtbaren technischen Tras- KONTROLLTURM IM FOKUS durch ein angenehmes Raumklima P sen nach unten hin mit einer akustisch Der Kontrolltower im obersten Stock für die Fluglotsen geschaffen werden h aktiven Aluminiummembran verklei- der Operationszentrale zieht zweifel- kann. a s e 5
WÄRMENDES HOLZ nach an dieses Netz angeschlossen. nen Gebäudeteile entsprechend ihrer Auch die Energieversorgung des Are In den nächsten Jahren folgen noch Funktion ausgeglichen wird. Die lau als stellte das Planungsteam vor He weitere Gebäude, unter anderem die fende Optimierung der hauseigenen rausforderungen. Denn es stellte sich Halle 3 im Jahr 2023 und die Halle 2 Anlagen steigert die Energieeffizienz die Frage, wie die Wärmeerzeugung im Jahr 2025. Dies ist der Grund, wes zusätzlich. auf einer so grossen Fläche mit ins halb verschieden grosse Heizkessel gesamt 24 Gebäuden mit erneuerba gebaut worden sind, die sukzessiv in PHOTOVOLTAIK AUF DEN DÄCHERN ren Energien umgesetzt werden kann. Betrieb genommen werden. Derzeit befinden sich nur auf dem Die Antwort sind zwei Heizzentralen Die Regulierung der Gesamtener Dach der Heizzentrale Photovoltaik mit Holzheizkesseln – eine im Nor gie für die Objekte wird von der Heiz module (insgesamt 850 m2). Auf den den, eine im Süden. Gegen eine zent zentrale gesteuert. In jedem Gebäude geplanten Hallen sind jedoch mit rale Lösung sprach der zu grosse Ab befindet sich zusätzlich eine Untersta 8700 m2 sehr viel grössere Flächen für stand zwischen den Gebäuden. Allein tion, in der die Temperatur der einzel die erneuerbare Stromproduk in der Nordzentrale werden drei gros se Holzheizkessel à 1200, 600 und 450 kW mit Holzhackschnitzeln aus der Region beheizt. Eine Wärmepum pe mit 52 Erdsonden ergänzt sie und sorgt für ein behagliches Raumklima in der Operationszentrale und in der Offiziersmesse. Insgesamt 31 200 m2 «Mit vorausschauender vermag diese im Winter zu wärmen und im Sommer leicht zu kühlen. Die Offiziersmesse befindet sich im sel Planung und effizient ben Gebäude wie die Heizzentrale und erfüllt ebenfalls den Minergie genutzten Technologien Standard. Möglich ist dies, weil die Gebäudeteile entsprechend ihrer gelingt es, negative Funktion isoliert wurden. Die Gebäude im Norden sind mit Auswirkungen auf Klima und tels einer hochisolierten, zwei Kilome ter langen Fernwärmeverteilung mit einander verbunden. Dadurch ist der Umwelt zu minimieren.» Wärmeverlust auch bei den am weites ten voneinander entfernten Gebäuden CAROLINE ADAM verhältnismässig gering. Alle beste Fachberaterin Umweltmanagement & Nachhaltigkeit, henden Gebäude wurden nach und Armasuisse Immobilien
VORBILD ENERGIE UND KLIMA VORBILD ENERGIE UND KLIMA Die Initiative Vorbild Energie und 62 Klima ist eine Massnahme der Energiestrategie 2050. Sie richtet sich an die wichtigsten Schweizer Anbieter von öffentlich relevanten Isolierte Leitungen verbinden die beiden Heizzentralen mit allen Gebäuden. Dienstleistungen, die im Bereich Energie innovativ und vorbildhaft handeln wollen. Mit der Unterzeich- nung einer Absichtserklärung verpflichten sie sich, ihren Beitrag zur Umsetzung des Pariser Klima- abkommens von 2015 zu leisten. Die Akteure verbessern kontinuier- tion geplant. Damit kann nicht nur der auf Funktion und die Vereinbarkeit mit lich ihre Energieeffizienz und stei- Eigenbedarf gedeckt, sondern auch Umwelt und Klima. Mit Neu- und Um- gen konsequent auf erneuerbare Elektrizität ins Stromnetz zurückge- bauten soll gewährleistet werden, dass Energien um. Sie berichten trans- speist werden. Dabei darf aber die die Gebäude immer noch ihre Spezial- parent über ihre Zielerreichung Funktion als Militärflugplatz nicht funktionen wahrnehmen, gleichzeitig und teilen ihre Erfahrungen, damit vernachlässigt werden – auf dem aber modernsten energetischen An- auch weitere Unternehmen und Flachdach des Kontrollturms konnten forderungen genügen. Die Herausfor- Organisationen davon profitieren etwa aufgrund von Luftverkehrsrest- derungen sind also gross. Gemäss können. Aktuell gehören folgende riktionen keine Module installiert wer- Caroline Adam, Fachberaterin Um- Akteure dazu: der ETH-Bereich, den. Jegliche Spiegelung und zusätz- weltmanagement & Nachhaltigkeit bei die Flughafen Zürich AG, Genève liche Erwärmung müssen vermieden Armasuisse Immobilien, ist die Opera- Aéroport, die Post, PostAuto, werden. tionszentrale «eindeutig ein Gebäude PostFinance, RUAG MRO Holding des 21. Jahrhunderts und das in jeder AG, SBB, SIG, Skyguide, SRG, DAS GROSSE GANZE Hinsicht.» Suva, Swisscom, VBS und die Das Operationszentrum ist Teil der zivile Bundesverwaltung. über 100-jährigen Geschichte des Mi- NACHHALTIGE IMMOBILIENPLANUNG litärflugplatzes. Die meisten Gebäude Der Neubau der Operationszentrale www.vorbild-energie-klima.ch auf dem Areal stammen aus den 30er- erfolgte im Rahmen des 2010 gestar- bis 50er-Jahren. Das Camp Failloubaz teten Projekts «Energieplanung Area- mit den ersten Fliegerbaracken ist le». Es verfolgt das Ziel, den gebäude- P sogar noch älter. Diese Gebäude sind spezifischen Energieverbrauch beim h aber nicht mehr zeitgemäss mit Blick Eidgenössischen Departement für a s e 5
«Die Operations- zentrale vereinigt die Bedürfnisse von verschiedenen militärischen und zivilen Akteuren in einer nachhaltigen Weise.» GUIDO TRUFFER Projektleiter und Bauherrenvertreter, Armasuisse Immobilien Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) zu erfassen und um 20 be- ziehungsweise den CO2-Ausstoss um 30 Prozent zu reduzieren. Mittels ei- gens dafür entwickelten Tools wie dem Gebäude-Energie-Ausweis VBS kön- nen Fachpersonen sämtliche Objekte abbilden, den Zustand von Gebäude- hüllen, Energiebezügern und haus- technischen Anlagen bewerten und das Optimierungspotenzial bestim- men. Für jedes Gebäude und Areal werden so Massnahmen abgeleitet. In den letzten zehn Jahren wurde der Energieverbrauch durch die Umset- zung von Optimierungsmassnahmen um 10 Prozent gesenkt. Dank des Um- stiegs von fossilen auf erneuerbare Energieträger bei der Wärmeerzeu- gung verringerte sich der CO2-Aus- stoss im gleichen Zeitraum um die angestrebten 30 Prozent.
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