Einer wie Erika MITTWOCH, 25. NOVEMBER 2020 - 20:15 Uhr - SWR
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EINER WIE ERIKA EINE GESCHICHTE AUS DEM LEBEN, ÜBER DIE UNGERECHTIGKEIT DER NATUR UND DIE TABUTHEMEN DER GESELLSCHAFT DER 1970ER-JAHRE Der Mann, der Weltmeisterin wurde: Von Kindheit ist die Erika Schinegger vom Skifahren fasziniert. Als Jugendliche fährt sie die ersten Rennen, das muskulöse, hochgewachsene Teenager-Mädchen rast dabei meist auch den Buben davon. Nach den ersten erfolgreichen Rennen steigt Erika nach dem Willen des Verban- des voll in den Weltcup-Zirkus ein. Eine große Skifirma nimmt sie unter Vertrag, denn: »Schön is sie net, aber schnell is sie halt!«. 1966 beklatscht ganz Österreich die frischgebackene Weltmeisterin in der Damen-Abfahrt. Nach der triumphalen Rückkehr in die Heimat wird Erika von einem Empfang zum nächsten gereicht und mit Geschenken überhäuft. Nächste große Station: Die olympischen Spiele in Grenoble 1968. Erika ist gesetzt. Aufgrund organisierten Hormonmissbrauchs unter den Ostblock-Sportlerinen führt man vor diesen Spielen erstmals Tests zur Geschlechtsbestimmung durch. Und von einem Moment auf den anderen wird Eri- kas wunderbare Welt komplett auf den Kopf gestellt. Die Chromosomenauswer- tung ist eindeutig: E. Schinegger ist männlich. Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer, Presse und Öffentlichkeit sind außer sich. Und das System, das Erika erst ins Rampenlicht gezerrt hat, zeigt nun schnell, aus welchem Holz es wirklich geschnitzt ist: Erika wird, ohne dass man ihr sagt, was eigentlich los ist, in einem Krankenhaus kaserniert. Sie wird genötigt, »freiwillig« aus der Nationalmann- schaft auszuscheiden. Mit einer »völlig unkomplizierten Operation« soll sie sich endgültig zur Frau machen lassen und damit wieder renntauglich in der Frauen- mannschaft werden. Es braucht beherzte Helfer, damit Erika die Wahrheit endlich klar wird und sie zu ihrem richtigen Körper findet. Denn sie ist ein Mann, Penis und Hoden sind vollständig vorhanden, allerdings ins Körperinnere gestülpt. Nach einer vergleichsweise einfachen Operation kann er als Erik weiterleben. Doch in einer Zeit, in der alles, was Gender-Grenzen zu bedrohen scheint, tabuisiert wird, hat es der junge Mann doppelt schwer, zu seiner neuen Identität zu finden. 2014 erzählte Erik Schinegger als Teilnehmer der österreichischen Sendung »Dancing Stars« seine bewegte Geschichte und machte damit darauf aufmerksam, wie wichtig die Überwindung der Vorurteile war, die sein Leben so sehr beeinflussten. Markus Freistätter spielt Erika und Erik Schinegger, deren Karriere als gefeierter Ski-Star nach einer Geschlechtskontrolle abrupt zu Ende ist. Packend in Szene gesetzt wurde die Geschichte Erik(a) Schineggers von Reinhold Bilgeri nach dem Drehbuch von Dirk Kämper. In der Produktion von Lotus Film und Zeitsprung Pictures mit ORF und SWR spielen neben Markus Freistätter Cornelius Obonya, Marianne Sägebrecht, Ulrike Beimpold und Harald Schrott. Einer wie Erika MITTWOCH, 25. NOVEMBER 2020 20:15 UHR IM ERSTEN
EINER WIE ERIKA BESETZUNG ERIK(A) SCHINEGGER MARKUS FREISTÄTTER SCHWESTER SIGBERTA MARIANNE SÄGEBRECHT LIESEL SUMATRA ULRIKE BEIMPOLD DR. FISCHER CORNELIUS OBONYA VATER GERHARD LIEBMANN MUTTER BIRGIT MELCHER DR. KÜBLER HARALD SCHROTT HUBERT GRASSL AUGUST SCHMÖLZER DR. RAMSAUER JOHANNES SEILERN DR. MOOSHARDTER RAINER WÖSS CHRISTA LILI EPPLY MARTIN WIMMER HARY PRINZ STAB REGIE REINHOLD BILGERI BUCH DIRK KÄMPER KAMERA CARSTEN THIELE SCHNITT KAREN HARTUSCH MUSIK RAIMUND HEPP SZENENBILD BERTRAM REITER KOSTÜM BRIGITTA FINK PRODUZENTEN TOMMY PRIDNIG, PETER WIRTHENSOHN, LOTUS FILM MICHAEL SOUVIGNIER, TILL DERENBACH, ZEITSPRUNG PICTURES REDAKTION MICHAEL SCHMIDL, SWR EINE PRODUKTION DER LOTUS FILM UND ZEITSPRUNG PICTURES IN KOPRODUKTION MIT SWR UND ORF.GEFÖRDERT VOM ÖSTERREICHISCHEN FILMINSTITUT, FILMSTANDORT AUSTRIA, FILMFONDS WIEN, CARINTHIA FILM COMMISSION, LAND KÄRNTEN KULTUR UND DEM FILMFERNSEHFONDS BAYERN Einer wie Erika MITTWOCH, 25. NOVEMBER 2020 20:15 UHR IM ERSTEN
EINER WIE ERIKA REGIESTATEMENT VON REINHOLD BILGERI Glatte 50 Jahre begleitet mich diese Geschichte – in verschiedensten Facetten lief sie mir immer wieder über den Weg und stupfte mich an. Ich habe damals Erikas Rennen gesehen, alle, sein Outing verfolgt und seine Bio gelesen. Zugegeben, ich war ein Fan von Erika und nicht minder erschüttert und erstaunt über Erik. Ein unscheinbares, ambitioniertes Kärntner Bauernmädel schafft es in die Headlines der Weltpresse, zuerst als Topsportlerin und schließlich als skurriles Unikum, dem die Natur übel mitgespielt hatte. Seine Geschlechtsmerkmale waren ins Körper- innere gewachsen und erst moderne Genderuntersuchungen konnten sein wahres Geschlecht klären. Die Folge: Ein Mann wurde Weltmeisterin – Topstory in allen Kanälen, kein skur- riler Schwank aus Hollywood, sondern nüchterne Wirklichkeit, eine sehr österrei- chische Geschichte über Tabus und Verdrängung, Verlogenheit und Niedertracht, Siegeswillen und Erlösung, Triumph und Niederlage. Ausgerechnet in Österreich, dem heiligen Gral des Skirennlaufs, musste dieser Supergau an schiefer Optik pas- sieren – so haderte die verstörte Seele der Nation, insbesondere die des Ski-Ver- bands, der, als Fabrik der Weltmeister, eine Reputation zu verlieren hatte und sich plötzlich kompromittierenden Fragen ausgesetzt sah. Da strampelt sich ein ehrgeiziges Mädel mit Burschenmuskeln bis hin zum Gipfel des Hügels, der Österreich alles bedeutet, und wird dann „enttarnt“ als vermeint- licher Betrüger und mit nassen Fetzen ins Ausgedinge gejagt. Ein Opfer ohne jede Schuld, von einer gnadenlosen Journaille über die Medienbühne geschleift – das ist eine Geschichte, die erzählt werden musste und zwar auf großer Leinwand, um die Besudelung der Würde eines von einer hinterfotzigen Natur stigmatisierten Menschen deutlich zu zeigen. Es ist die Geschichte eines vermeintlich gebrochenen Helden, der als Frau und als Mann gelebt hat, die Geschichte eines Traumatisierten, der durch zwei Höllen gehen musste, durch seine persönliche und viel schlimmer, durch die Hölle der Öffentlichkeit. Es ist die Geschichte der Ohnmacht und Hilflosigkeit einer Gesell- schaft, die von ihren Tabus entlarvt wird, eine Geschichte von Intoleranz, Vorurtei- len und Scheinheiligkeit, ausgetragen auf den Schultern eines Teenagers, der nur eines wollte: Schnell Skifahren. Vielleicht waren sein Überleben und schließlich der beeindruckende Kraftakt, sein Leben wieder ins Lot zu bringen, der größte Sieg seines Lebens. Der Film begleitet Erik in seinen intimsten Momenten, von der Mädchen-Kindheit bis zum Gipfel- sieg als Sportlerin und schließlich zur Hinrichtung durch die vorschnelle Hand der Gesellschaft. Die Bilder wechseln zwischen der nüchternen Idylle eines Kärntner Bauerndorfs, Rennpisten, Medienhype und schließlich der aseptischen Neonlicht- Atmosphäre einer Innsbrucker Klinik, in der an seinem Körper und seiner neuen Identität gebastelt wird. Der Zuschauer ist nah dabei, eingeklemmt in die Achter- bahnfahrt eines jungen Sportler-Lebens, das nach rasender Fahrt plötzlich vor dem Abgrund steht. Die Gender-Brisanz dieser Tage und die unwägbare Sinuskurve einer Gesellschaft zwischen Borniertheit und Toleranz sichern der Geschichte eine bleibende Aktualität. Meine persönlichen Motive, diesen Film, zu drehen decken sich atmosphärisch mit dem Fighter-Charakter der Hauptfigur, Erik Schinegger. Ich fühle mich verwandt mit seiner Kämpferseele und wollte seinem Lebensmut ein kleines Denkmal setzen. Einer wie Erika MITTWOCH, 25. NOVEMBER 2020 20:15 UHR IM ERSTEN
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