Ergebnisse Mittelstandsradar - Resilienz Volkswirtschaft-licher Rahmen Stimmung Finanzierungs-bedingungen Summary - LBBW
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Bereit für Neues Ergebnisse Mittelstandsradar. Research für Unternehmen | 14.07.2021 Resilienz Seite 05 Volkswirtschaft- licher Rahmen Seite 20 Stimmung Seite 32 Finanzierungs- bedingungen Seite 39 Summary Seite 49
Vorwort Die konjunkturellen Rahmenbedingungen in Deutschland waren im ver- gangenen Jahr aufgrund der Corona-Krise katastrophal. Die deutsche Wirtschaft hat im Zuge dessen erhebliche Rückschläge einstecken müssen, ebenso wie die Wirtschaft der Eurozone. Das BIP-Minus in Deutschland lag 2020 (kalenderbereinigt) bei 5,13 %. Für dieses Jahr rechnet das LBBW Research mit einem BIP-Zuwachs für Deutschland i. H. v. 3,2 % und den Euroraum i. H. v. 4,5 %. Die Unsicherheit dieser Prognosen ist nicht mehr so hoch, jedoch hängt sie maßgeblich vom Verlauf der Pandemie und dem Erfolg der Impfkampagnen ab. Der Rückgang der Wirtschaftsleistung auf- grund des coronabedingten Konsumeinbruchs zum Jahresbeginn 2021 dürfte hierbei nur ein temporärer Rückschlag gewesen sein. Das Licht am Ende des Tunnels der Corona-Pandemie wird indes zunehmend heller. Im Rückspiegel betrachtet, führte die Corona-Krise zur Verletzlichkeit globaler Wertschöpfungsketten, zum Abreißen der Lieferketten, zu plötzlichen Auftragsstornierungen, zu existenzbedrohlichen Liquidi- tätsengpässen, zu operativen Planungsunsicherheiten, zu einem akuten Digitalisierungsschub sowie zum Umdenken ganzer Geschäftsmodelle. Vielen Unternehmen wurde der Nachholbedarf in der schwierigsten Zeit schmerzhaft vor Augen geführt. Kleine und mittelständische Unterneh- men (KMU) sind das Herz der deutschen Wirtschaft. Wie gingen diese Unternehmen mit der Corona-Pandemie um, wie haben sie darauf reagiert und was haben sie verändert, um ihre Resilienz zu stärken und um damit zukünftige Krisen besser zu überwinden? Antworten auf diese Fragen haben wir im LBBW Mittelstandsradar 2021 in Erfahrung gebracht. Das LBBW Research wünscht Ihnen viel Vergnügen beim Lesen.
Inhalt Ergebnisse Mittelstandsradar 01 04 Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? Seite 05 Finanzierungsbedingungen im Mittelstand. 02 Seite 39 05 04 Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen im Mittelstand. Seite 20 Summary: der LBBW Mittelstandsradar in Kürze. 03 Seite 49 Stimmung im Mittelstand. Seite 32 Inhalt
01 Ergebnisse Mittelstandsradar Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? 01.1 | Mittelstand spürt die anstehende Konjunkturerholung. Die bisherige Konjunkturberuhigung im ers- befragten Unternehmen die Geschäftslage für den ten Halbjahr 2021 geht am Mittelstand nicht eigenen Betrieb als »gut« oder »sehr gut« ein. spurlos vorüber. Grundsätzlich ist der deutsche Mittelstand nach mehr als einem Jahr optimistisch eingestellt, wo- Im Vergleich zur Situation vor Beginn der Coro- bei sich weiterhin noch ein differenziertes Bild na-Krise (Februar 2020) sind die Unternehmen nach Branchen ergibt. Industrieunternehmen in Deutschland dennoch guter Stimmung. So stu- schätzen ihre Lage besser ein (58 %) als Unterneh- fen rund 56 % der 319 durch das LBBW Research men im Dienstleistungsbereich (54 %). Mehr als die Hälfte der Unternehmen 06 schätzt ihre Geschäftslage positiv ein. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Wie beurteilen Sie die aktuelle Geschäfts- Sehr gut = 14,5 % lage für Ihr Unternehmen gegenüber der Situation vor der Corona-Krise (Februar 2020)? Gut = 41,3 % Neutral = 28,6 % Schlecht = 13,5 % Sehr schlecht = 1,5 % Weiß nicht/ 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % keine Angabe = 0,6 % Quelle: LBBW Research Besonders negativ auf die Geschäftsentwicklung der waren dabei nicht nur im ersten Lockdown ein Unternehmen seit Beginn der Corona-Krise wirkt Problem, sondern auch in der Anfangsphase der sich in jüngster Zeit die Entwicklung der Rohstoff- wirtschaftlichen Erholung, als es zu einem Man- preise aus. Während dem Umfragezeitraum erreich- gel an Mikrochips und einer verzögerten Liefe- Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? te beispielsweise der Bloomberg Commodity Index rung von anderen Vorprodukten durch die Havarie ein Mehrjahreshoch. Seit Jahresanfang legte der In- der »Ever Given« Mitte März 2021 kam. In diesem dex mittlerweile um rund 18 % zu. Die Preissteige- Zusammenhang machten den Unternehmen auch rungen betreffen quasi alle Segmente. Ebenso be- die Transportkosten zu schaffen. Zum Jahresende fand sich der Metallpreisindex der London Metal 2020 führten beispielsweise Engpässe im Contai- Exchange (LME) auf dem höchsten Stand seit etwa nerhandel zu rekordhohen Container-Frachtraten. zehn Jahren. Hinzu kam, dass sich der Ölpreis seit Der Baltic Dry Index (BDI), der die Kosten für Zeit- Jahresbeginn um mehr als ein Drittel verteuer- charter und Reisecharter für vier Schiffsklassen te. Aber auch Faktoren wie die Lockdown-Endlos- (Capesize, Panamax, Supramax und Handysize) im schleifen (März/April 2020, November/Dezember Trockenschüttgutverkehr abbildet und der von dem 2020, Januar – Mai 2021) und die Lieferketten- zur Verfügung stehenden Frachtraum, den Hafen- unterbrechungen belasten die Unternehmen über- kapazitäten und den Jahreszeiten abhängt, verdop- wiegend stark. Die Lieferkettenunterbrechungen pelte sich gar seit Jahresbeginn 2021.
Ergebnisse Mittelstandsradar Viele Faktoren belasten die Unternehmen. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Welche der folgenden Faktoren wirkten sich in der Corona-Krise (seit Mitte März 2020) negativ auf Ihre Geschäftsentwicklung aus? (Mehrfachnennungen möglich) Rohstoffpreise Allgemeine Lockdown-Phasen Corona-Hygienemaßnahmen Lieferkettenunterbrechungen Politische Rahmenbedingungen Transportkosten Verfügbarkeit von Fachkräften Energiekosten Arbeitskosten Finanzierungsumfeld Währungseffekte/Wechselkursentwicklung Weiß nicht/keine Angabe 80 % 60 % 40 % 20 % 0% 07 Quelle: LBBW Research Hinsichtlich der Geschäftsaussichten in den nächsten sechs Mo- naten verhält es sich analog zur Geschäftslage. In Summe blickt der Mittelstand recht zuversichtlich in die Zukunft. Rund 66 % der Mittelständler beurteilen die Aussichten für die kommenden sechs Monate aktuell als »gut« oder »sehr gut«. Aber auch hier gibt es die gewohnte Diskrepanz zwischen Dienstleistungsbereich (61%) und Produzierendem Gewerbe (70 %). Nun gilt es, in der zweiten Jahreshälfte die Konjunkturdynamik zu beobachten. Unseres Er- achtens wird der Dienstleistungsbereich in den kommenden sechs Monaten die Schrumpfkur verlassen und auf die Wachstumsspur zurückkehren können. Zwei Drittel der Unternehmen blicken Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? positiv auf ihre Geschäftsaussichten. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Wie beurteilen Sie die Geschäfts- Sehr gut = 9,3 % aussichten für die nächsten sechs Monate für Ihr Unternehmen? Gut = 57,0 % Neutral = 27,1 % Schlecht = 5,7 % Sehr schlecht = 0,3 % Weiß nicht/ 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % keine Angabe = 0,6 % Quelle: LBBW Research
01.2 | Digitalisierungsaktivitäten nehmen weiter Fahrt auf. Ergebnisse Mittelstandsradar Corona beeinflusst Geschäftsmodelle und beschleunigt die Digitalisierung in Unternehmen. Im Zuge der Corona-Krise waren viele Unternehmen im Zugzwang und mussten – sofern es notwendig und möglich war – ihre Ge- schäftsmodelle an die neue Situation anpassen oder gar komplett verändern. Rund 55 % der Unternehmen gaben an, dass die Corona- Krise ihr Geschäftsmodell »etwas« verändert hat, 8 % haben eine »starke« und 2 % haben eine »substanzielle« Veränderung ihres Geschäftsmodells erfahren. Darüber hinaus nutzten die Unternehmen die Corona-Krise als Beschleuniger des bisher Unausweichlichen – der Digitalisierung. 48 % der Unternehmen gaben an, dass diese während der Coro- na-Krise stark vorangetrieben wurde. Dabei dürften sich die An- passungen bei Geschäftsmodellen überwiegend auf die Umsetzung 70 % schnell durchführbarer Digitalisierungsmaßnahmen konzentriert haben. Diese hielten den Geschäftsbetrieb am Laufen und sicher- ten – nicht zuletzt auf kurze Sicht – den Umsatz. Besonders in den Bereichen »Prozesse«, also der Digitalisierung ana- der Unternehmen loger Prozesse oder der Zusammenarbeit der Mitarbeitenden, fan- legten in der Corona- den die Digitalisierungsaktivitäten statt, wie 70 % der Unternehmen angaben. 23 % fokussierten die Digitalisierungsvorhaben auf ihre Krise den Fokus auf Vertriebskanäle (z. B. Kundenkommunikation). Daran lässt sich in gu- die Digitalisierung ten Teilen ablesen, dass aus Unternehmenssicht die durchgeführten analoger Prozesse. Digitalisierungsmaßnahmen auch zur Krisenbewältigung beigetragen haben dürften. Im Gegensatz dazu haben nur 7 % der Befragten ihre 08 Produkte bzw. Dienstleistungen digitalisiert. Gerade Letzteres bedarf der Innovation und somit generell mehr Zeit und höherer Investi- tionen. Dies dürfte aber im Rahmen der Industriedigitalisierung im Hinblick auf Smart Products und Smart Services – dort wo es möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist – in Zukunft unausweichlich werden. Unternehmen platzieren die Digitali sierung als Top-Investitionsthema. Die künftigen Investitionsschwerpunkte der Unternehmen zei- gen bereits, dass der Mittelstand – wie auch bereits im Ergeb- nis des Mittelstandsradars 2020 – klar auf das Zukunftsthema Digitalisierung setzt. 69 % der Unternehmen legen hierauf ihren Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? Schwerpunkt (2020 waren es 62 %). Dieser Anstieg ist erfreu- lich, da nicht zuletzt die unternehmenseigene Digitalisierung die Wettbewerbsfähigkeit verbessern sowie die eigene Krisen- resilienz in vielerlei Hinsicht steigern kann. Die Erneuerung der unternehmenseigenen IT-Infrastruktur (Soft- und Hardware) steht ebenfalls ganz oben auf der Investitionsagenda. Mit et- was Abstand folgt mit »Forschung und Entwicklung« (40 %) ein weiteres Thema, das entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Mittelstands ist. Weniger Beachtung findet zukünftig der Investitionsschwerpunkt »Grundstück und Gebäude«. Dies ist vor dem Hintergrund des weiter voranschreitenden Trends zum mobilen Arbeiten und der damit einhergehenden Flächen- und Fixkosteneinsparung durchaus plausibel.
Ergebnisse Mittelstandsradar Digitalisierung und die Erneuerung der IT-Infrastruktur stehen ganz oben auf der Investitionsagenda. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Worauf wollen Sie zukünftig Ihre Investitionsschwerpunkte legen? (Mehrfachnennungen möglich) 2020 2021 Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen Erneuerung IT-Infrastruktur (Soft- und Hardware) Forschung und Entwicklung Logistik, Transportsysteme Geschäftsausstattung Grundstück, Gebäude Andere Weiß nicht / keine Angabe 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 09 Quelle: LBBW Research Der Digitalisierungswille der Unternehmen spie- dramatisch. Ganz im Gegenteil, denn der Anteil gelt sich auch in der Höhe der avisierten Investi- der Unternehmen mit höheren Investitionen ist tionen wider. Bei rund 39 % der Befragten – und gleichzeitig gestiegen. War es im vergangenen damit etwas weniger als in der Vorjahresbe Jahr nur jedes sechste Unternehmen, so plant fragung – sind Digitalisierungsinvestitionen zwi- bis 2024 nun jedes fünfte Unternehmen jährlich schen 250.000 und 1 Mio. EUR jährlich geplant. mehr als 1 Mio. EUR für Digitalisierungsvorhaben Der geringere Anteil der Unternehmen in die- und für die Erneuerung der IT-Infrastruktur aus- ser Investitionsspanne ist jedoch nicht weiter zugeben. Wie resilient ist der deutsche Mittelstand?
Mehr Unternehmen planen Digitalisierungsinvestitionen Ergebnisse Mittelstandsradar von über 1 Mio. EUR jährlich. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Wie hoch schätzen Sie die geplanten jährlichen Investitionen Ihres Unternehmens im Durchschnitt bis 2024 in Digitalisierung/Erneuerung der IT-Infrastruktur ein? 2021 In Summe schätzen die Unter- 21,85 % 33,23 % nehmen ihren aktuellen Stand der Digitalisierung im Ver- 15,70 % 32,23 % gleich zu ihrer Branche auf einer Skala von 1 (= voll ent wickelt) bis 6 (= überhaupt nicht entwickelt) relativ gut 2020 ein. Der Durchschnittswert der Einstufung liegt auf dem Lage- barometer bei rund 3 Punkten. Bei vorangegangenen Umfra- gen im Jahr 2020 und 2019 47,93 % erreichte das Lagebarometer ein ähnliches Niveau. Die Un- 38,77 % ternehmen des produzieren- den Gewerbes stufen sich da- bei mit 3,1 Punkten etwas < 250.000 EUR Keine Investitionen schlechter als die Dienstleister vorgesehen (2,9 Zähler) ein. 250.000 – 1.000.000 EUR Weiß nicht/keine Angabe > 1.000.000 EUR 10 Quelle: LBBW Research Digitalisierungsstand der Unternehmen auf gutem Niveau. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Wie schätzen Sie auf einer Skala von 1 (= voll entwickelt) bis 6 (= überhaupt nicht entwickelt) den aktuellen Stand der Digitalisierung in Ihrem Unternehmen im Vergleich zu Ihrer Branche insgesamt ein? 2021 60 % 2020 50 % Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 1 2 3 4 5 6 Weiß nicht/ keine Angabe Quelle: LBBW Research
Ergebnisse Mittelstandsradar Der Aufbau der Digitalisierungskompetenz die Lebensfähigkeit des Unternehmens und den beginnt im Management. Wandel zu einer lernenden Organisa tion ent- scheiden. Gerade Letzteres trägt im Umgang mit Das Digitalisierungstempo dürfte in den nächs- Wissen und dem direkten Austausch mit Kun- ten Jahren, vor allem im Mittelstand, deutlich den in stürmischen Zeiten zu einer besseren zulegen. Die grundsätzliche Herausforderung Krisenresilienz bei. Die Einschätzungen der be- für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden ist fragten Unternehmen zeigen, dass dem eigenen die digitale Transformation und unternehmeri- Management im Rahmen dessen Aufgabenpro- sche Wandlungsfähigkeit, welche von Disruption, fils mit einer Note von 2,8 eine befriedigende Komplexität und ständiger Veränderung beglei- digitale Kompetenz testiert wird. Unseres Er- tet wird. Das Management eines Unternehmens achtens dürften Unternehmen in Zukunft durch muss daher digitale Kompetenzen, Fähigkeiten Fort- und Weiterbildungen ihrer Mitarbeiten- und Fertigkeiten besitzen, um die (zukünftigen) den, durch die Rekrutierung von entsprechen- Mitarbeitenden schon heute und in Zukunft auf den Nachwuchskräften/Experten sowie durch noch nicht existierende Aufgaben, Technologien die Implementierung von Digitalisierungsstrate- und Herausforderungen vorzubereiten. Wesent- gien in unterschiedlichen funktionalen Bereichen liche Managementaufgabe ist daher die Befähi- (z. B. Einkauf, Produktion, Marketing, Vertrieb) gung der Mitarbeitenden, die letztendlich über den aktuellen Zustand verbessern. Befriedigende Digitalisierungskompetenz der Management-Ebene in Unternehmen. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Wie schätzen Sie auf einer Schulnotenskala von 1 (= sehr gut) bis 6 (= ungenügend) die digitale Kompetenz der Management-Ebene in Ihrem Unternehmen ein? Begriff »digitale Kompetenz«: Digitale Kompetenz besteht zum einen aus (neuen) Fähigkeiten, die das Management in die Lage versetzen, digitale Technologien anzuwenden, im Rahmen ihres Aufgabenprofils zu nutzen und darüber hinaus die digitale Transformation von Geschäftsprozessen mit voranzutreiben. Somit können digitale Kompetenzen von grundlegen- 11 den Fähigkeiten im Bereich Büro-Standardsoftware und Spezialsoftware über fortgeschrittene Kompetenzen im Bereich Programmieren und statistische Datenanalyse, digitale Expertise im Bereich KI, Big Data und Blockchain bis hin zu agilen Methoden und Techniken reichen. 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 20 % Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? 15 % 10 % 5% 0% 1 2 3 4 5 6 Weiß nicht/ keine Angabe Quelle: LBBW Research
01.3 I Umgang mit Risiken ist das A und O. Ergebnisse Mittelstandsradar Die Corona-Situation belastete den Mittelstand in vielen unterschiedlichen Dimensionen. Allem voran war es der Nachfragerückgang, der Zwar sind die finanziellen Risiken durch die Coro- zu immensen Umsatzeinbußen führte. Aber auch na-Krise in Summe bei 45 % der befragten Unter- Störungen im Geschäftsbetrieb, Veränderungen in nehmen »unverändert«, jedoch belastet die Coro- Lieferketten, Verzögerungen in der Produktion bis na-Situation den Mittelstand noch bis Ende April/ hin zur kompletten Einstellung der Geschäftstätig- Anfang Mai 2021 so sehr, dass knapp jedes drit- keit waren die Folge der coronabedingten Situa- te befragte Unternehmen immer noch »gestiege- tion. Infolgedessen war der Mittelstand größten- ne« finanzielle Risiken wahrnimmt. Während es teils von einer reduzierten Liquidität betroffen, im Hinblick auf die Branchen »Dienstleister« und wodurch nicht zuletzt die Zahlung von Gehältern, »Industrie« keine nennenswerten Unterschiede Mieten, Lieferanten, Leasingraten und Kreditrück- gibt, nehmen tendenziell Unternehmen mit einer zahlungen erschwert wurde. Gerade in zukünfti- Umsatzgröße von bis zu 100 Mio. EUR ein gestie- gen Krisenphasen mit angespannter Liquiditäts- genes finanzielles Risiko wahr, wohingegen Fir- lage und gestiegenem Verschuldungsgrad ist die men mit über 100 Mio. EUR Umsatz überwiegend unternehmenseigene Resilienz im Hinblick auf fi- keine Veränderungen der Risiken wahrnehmen. nanzielle Risiken überlebensnotwendig. Finanzielle Risiken durch die Corona-Krise nach Umsatzgruppe. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Wie hat sich die Corona-Krise (seit Mitte März 2020) in Summe auf die finanziellen Risiken Ihres Unternehmens ausgewirkt? 12 Haben sich verringert Sind gestiegen 0 – 15 Mio. EUR Sind unverändert Waren zu vernachlässigen Weiß nicht/keine Angabe 16 – 50 Mio. EUR 51 – 100 Mio. EUR 101 – 250 Mio. EUR 251 – 500 Mio. EUR Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? 501 Mio. – 2 Mrd. EUR > 2 Mrd. EUR 60 % 40 % 20 % 0% Quelle: LBBW Research
Ergebnisse Mittelstandsradar Von den Unternehmen, deren finanzielle Risiken Im Gegensatz dazu sieht sich der Mittelstand im »gestiegen« sind, spielen Rohstoffpreis- bzw. Be- Hinblick auf finanzielle Risiken mit Wechselkurs- schaffungsrisiken, Bonitätsrisiken und Liquiditäts- und Zinsrisiken weniger stark konfrontiert. risiken bis dato eine besonders signifikante Rolle. Rohstoff- bzw. Beschaffungsrisiken sowie Liquiditäts- und Bonitätsrisiken dominieren. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Welche aufgeführten finanziellen Risiken spielen bis dato eine besonders signifikante Rolle? (Mehrfachnennungen möglich) Rohstoffpreisrisiken bzw. Beschaffungsrisiken Liquiditätsrisiken Bonitätsrisiken Wechselkursrisiken Zinsrisiken Andere 13 Weiß nicht/keine Angabe 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% Quelle: LBBW Research Um sich der veränderten Situation anzupassen, führen Unter- nehmen in ihrem Risikomanagement unterschiedliche Maß- nahmen durch. Ganz oben auf der Liste stehen bei 48 % der Befragten die »allgemeine Anpassung der Risikoabsicherungs- politik« im Unternehmen und der Aufbau von Liquidität – beispielsweise für die Bildung von Rücklagen, die Vorbereitung von Übernahmen/Fusionen, die Notwendigkeit von Investi tionen, die Ausschüttung/Dividende oder den Aufbau von Pen- sionsrückstellungen. Darauf folgen bei 41 % der Unternehmen Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? die »Veränderung der L agerhaltung bzw. der Lagerkapazität« sowie die »Optimierung des Working Capital«. Unter Letzte- res fallen Maßnahmen wie Forderungsverkauf über Factoring/ ABS, Verhandlung von Zahlungszielen mit Lieferanten und/oder Debitoren, Optimierung von Prozessen wie Mahnwesen/Rech- nungslauf zur Skonto-Nutzung usw. Um das Risikomanagement der veränderten Situation anzupassen, planen 10 % der Firmen eine Absicherung gegen »Wechselkursrisiken«, beispielsweise durch Fakturierung in Euro, Devisen swaps, Devisenterminge- schäfte, Natural Hedging durch Verlagerung von Produktions- stätten usw.
Ergebnisse Mittelstandsradar Risikomanagement umfasst mehrere verschiedene Maßnahmen. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Welche der folgenden Maßnahmen führen Sie durch, um Ihr Risikomanagement der veränderten Situation anzupassen? (Mehrfachnennungen möglich) 48 % Allgemeine Anpassung 41 % Veränderung der Lager 31 % Anpassung der 10 % Maßnahmen zur Ab- der Risikoabsicherungs haltung/-kapazität Lieferantenstruktur sicherung gegen Wechsel politik im Unternehmen und Optimierung des kursschwankungen und Aufbau von Liquidität Working Capital Quelle: LBBW Research Unternehmenseigene Cyber-Resilienz yber-Sicherheitsvorfällen betroffen sein kann, C stärken. müssen sich Firmen für den Notfall vorbereiten und entsprechende Maßnahmen vorhalten. Hierfür Als Konsequenz der Corona-Krise ergeben sich vor sind etwa folgende Maßnahmen notwendig: Investi dem Hintergrund des Risikomanagements unzäh- tionen in Mitarbeitersensibilisierung durch Aware- 14 lige Geschäftsrisiken, die vielleicht mit einer sehr ness-Maßnahmen, Schulungen und Trainings, Not- geringen Wahrscheinlichkeit eintreten können, ge- fallübungen, Verhaltensgrundsätze und Leitbilder, gen die sich ein Unternehmen aber wappnen kann. Regelungen bezüglich (firmen)eigener Geräte und Das Spektrum reicht von traditionellen Risiken (wie möglicher Datenverluste sowie eine generelle Feed- z. B. die makroökonomische Entwicklung) über Be- back-, Veränderungs- und Verbesserungskultur. Laut trug und Korruption, Klimawandel und politische einer Umfrage durch das deutsche Bundesamt für Risiken bis hin zu Gesundheitsthemen und Cyber- Sicherheit in der Informationstechnik, bei der rund Security-Risiken. Nach Ansicht der befragten Un- 1.000 Unternehmen befragt wurden, zeigte sich, ternehmen werden in den nächsten drei Jahren die dass rund die Hälfte der Unternehmen für Cyber- generelle Marktentwicklung (59 %), der Fachkräfte- Sicherheit lediglich 1 % bis 10 % des IT-Budgets in- mangel (55 %) sowie die Cyber-Kriminalität (51 %) vestiert. Empfehlenswert wären allerdings rund die größten Geschäftsbedrohungen darstellen. Rund 20 % des IT-Budgets für Cyber-Security zu allokie- 46 % der Firmen sehen große Geschäftsrisiken in ren. Es geht darum, eine sogenannte Cyber-Resilienz Gesundheitsthemen (z. B. Epidemie, Pandemie) so- aufzubauen und zu nutzen. Resilienz beschreibt auf wie 30 % in Insolvenzen und Forderungsausfällen. psychologischer Ebenen die Widerstandsfähigkeit Für jedes fünfte Unternehmen spielt Nachhaltigkeit von Menschen gegen negative Einflüsse. Mit Cyber- eine signifikante Rolle, hierunter fallen Umweltrisi- Resilienz ist die Agilität und Schnelligkeit sowohl ken, CO2-Emissionen sowie die Themen Verschmut- der Abwehr- als auch der Wiederherstellungskapa- Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? zung und Wasserressourcen. zitäten gemeint, also die Fähigkeit einer Organisa tion, sich auf schadhafte Cyber-Vorfälle einzustellen Während die ersten beiden Risiken größtenteils und diesen entgegenzuwirken – und das nicht nur außerhalb des Kontrollbereichs von Unternehmen reaktiv, sondern proaktiv. Unabhängig davon, ob liegen, stellt Cyber-Kriminalität ein operationelles Cyber-Vorfälle von Mitarbeitenden oder Fremden Risiko dar, gegen das ein Unternehmen präventi- mutwillig oder unabsichtlich ausgelöst wurden, er- ve Maßnahmen durchführen kann. Für eine erfolg- fasst der Resilienz-Grad die Aufrechterhaltung von reiche Digitalisierung (beispielsweise im Hinblick Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Wie- auf Homeoffice und Prozessdigitalisierung in Co- derherstellung der Daten und Dienste, die für das rona-Zeiten) ist Prävention besser und günstiger Unternehmen wichtig sind. Die Implementierung als Reaktion. Somit gehören Digitalisierung und der unternehmenseigenen Digitalisierungsstrategie Informationssicherheit untrennbar zusammen. sollte sich daher auch an der Cyber-Strategie und Da jedes Unternehmen früher oder später von -Resilienz ausrichten.
01.4 I Gute Anpassungsfähigkeit des Mittelstands. Ergebnisse Mittelstandsradar Für die Krisenbewältigung im Corona-Jahr 2020 wurde vom Mittelstand Kreativität, Schnelligkeit und Flexibilität gefordert – sei es bei der Anpassung des Geschäftsmodells, dem Vertrieb, der Arbeitsweise oder im Hinblick auf Pro- dukte und Dienstleistungen. 14 % Ob es nun die Unsicherheit über den weiteren Verlauf und die Dauer der Pandemie ist – und mögliche damit einhergehende neue Eindämmungsmaßnahmen – oder ob es anderweitige geopolitische und ökonomische Risiken sind, es werden immer wieder die An- passungsfähigkeit und der Ideenreichtum des Mittelstands gefragt der Unternehmen bleiben. fühlen sich gegenüber zukünftigen Krisen Gegenüber zukünftigen Krisen schätzen 14 % der befragten Unter- nehmen ihre unternehmenseigene Resilienz aufgrund der gewon- sehr gut gewappnet. nenen Erfahrungen und der ergriffenen Maßnahmen in der Coro- na-Krise mit »sehr gut« ein. Rund zwei Drittel der Firmen sieht sich gegenüber zukünftigen Krisen jeder Art »gut« gewappnet. Hervorzuheben ist, dass sich derzeit kein einziges Unternehmen im Hinblick auf die eigene Resilienz gegenüber zukünftigen Krisen »sehr schlecht« einschätzt. Den Willen des Mittelstands 15 Unternehmenseigene Resilienz bei zum weiteren Ausbau der unternehmenseigenen Resi rund drei Viertel der Unternehmen lienz nach der Krise zeigt sehr solide. ein Blick auf die Prioritä- tenliste der Unternehmen. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Wie schätzen Sie in Summe die Resilienz Ihres Unternehmens gegenüber zukünftigen Krisen Im Hinblick auf die stra- jeglicher Art durch die in der Corona-Krise gewonnenen Erfahrungen tegischen Ziele gegen die und ergriffenen Maßnahmen ein? Auswirkungen der Corona- Krise wollen 68 % der Mit- telständler künftig ihre Prio- 0,00 % 0,31 % rität auf die Kostensenkung 1,25 % bzw. die Verbesserung der Kosten struktur setzen. Die Mater ial-/Energieeffizienz 20,00 % 14,38 % genießt bei 39 % einen ho- Sehr gut hen Stellenwert. Hierbei gehen Kosteneinsparungen Gut Selbsteinschätzung: und Nachhaltigkeitsaspekte Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? Die Resilienz der Mittelmäßig Hand in Hand. Die Expan Unternehmen gegen- Schlecht sion in neue Märkte (z. B. zur über zukünftigen Ertragssteigerung) und die Krisen ist … Sehr schlecht Risikosteuerung wollen rund Weiß nicht/ 34 % der Befragten forcie- keine Angabe ren. Jeweils 22 % der Firmen 64,06 % planen sogar, Akquisitionen durchzuführen und die Ver- schuldung zu reduzieren. Quelle: LBBW Research
Ergebnisse Mittelstandsradar Kostensenkung ist das dominierende strategische Ziel in den Unternehmen. Prozentualer Anteil der Nennungen auf die Frage: Welche strategischen Ziele gegen die Auswirkungen der Corona-Krise priorisiert Ihr Unternehmen künftig? (Mehrfachnennungen möglich) Kostensenkung/Verbesserung der Kostenstruktur Material-/Energieeffizienz Risikosteuerung Expansion in neue Märkte (z. B. zur Ertragssteigerung) Reduzierung der Verschuldung Akquisitionen Aufbau von Kapazitäten (Personal und Produktion) im Inland Neue Standorte (z. B. zur Erweiterung der Produktion oder neue Vertriebsstandorte) Weiß nicht / keine Angabe Aufbau von Kapazitäten (Personal und 16 Produktion) im Ausland Outsourcing 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% Quelle: LBBW Research Die Umfrageergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Unterneh- men (84 %) nach der Corona-Krise über Fähigkeiten verfügen, um auf eine nächste Krise zu reagieren. Fast die Hälfte der Befragten (49 %) sind der Ansicht, nun Fähigkeiten zu besitzen, die die Folgen einer möglichen Krise eindämmen können. Abschließend gaben »Krisen schnell rund 39 % der Unternehmen die Fähigkeit an, »Krisen schnell zu erkennen«, um frühzeitig bestmögliche Vorbereitungen zu treffen. erkennen und frühzeitig Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? Wenn es um die Fähigkeiten im Detail geht, die Unternehmen im Zuge der Corona-Krise entwickelt haben, um ihre Resilienz für zu- bestmögliche künftige Krisen zu verbessern, dann kreisen diese überwiegen um die Themen Geschäftsfokus, Digitalisierung und Agilität. In diesen Vorbereitungen Bereichen gab es beim Clustering der Antworten hinsichtlich der gelernten Lektionen bzw. der durchgeführten Maßnahmen einige treffen!« Überschneidungen. Daher wurden die Antworten sowohl dem ei- nen als auch dem anderen Clusterpunkt zugeordnet, wie in den Schnittmengen der folgenden Grafik zu sehen ist.
Digitalisierung und Agilität verbessern die unternehmens- Ergebnisse Mittelstandsradar eigene Resilienz. Clustering der Antworten auf die offene Frage: Nennen Sie bitte eine Maßnahme/Lektion/Fähigkeit, die Ihr Unternehmen während der Corona-Krise durchgeführt/gelernt/entwickelt hat, um die unternehmenseigene Resilienz im Hinblick auf zukünftige Krisen zu verbessern. Geschäftsfokus Anpassung der Unterneh- Zahlungsüberwachung mensstruktur, Geschäfts- der Kunden, Früherkennung strategie, Preispolitik von Forderungsausfällen/ verbesserte Forderungs- Ausweitung des absicherung Finanzierungsspielraums, langfristige Liquiditäts- Fokus auf Produkt- und sicherung und Auswahl Marktdiversifikation der »richtigen« Finanzierungspartner Bessere Absicherung von Lieferketten und Anpassung bei Lagerhaltung Mehrlieferantenstrategie und Kapazitätsplanung Einrichtung von Krisenstab Integration des Risikomanage- und -management ments in die Aktivitäten/ Funktionen der Unter- Anpassung der Sach- Digitalisierung nehmensorganisation und Personalkosten Etablierung eines Digitaler Zugang zu Szenario-Managements Kunden/Lieferanten 17 Ausbau digitaler Kompetenzen Ausbau der »remote« der Mitarbeitenden Kunden-Unterstützung Social Media als Marketing- Digitalisierung und und Akquisitionskanal Transparenz der Kenn- zahlensysteme (Reporting: Unternehmenseigene Cashflow, Frühwarn- Prozessdigitalisierung indikatoren, Industrietrends) Videokonferenzen und Engere Kooperation digitale Meetings und Einsatz von Kollaborations-Tools Weiterbildung der Mitarbeitenden Agilität (Online-Seminare) Technische Aufrüstung für mobiles, standort- Klare und regelmäßige (digitale), unabhängiges Arbeiten (Krisen-)Kommunikation (Homeoffice) Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? Ausbau der interdiszipli- Erhöhung der Flexibilität nären Zusammenarbeit (Arbeitsplatz, Arbeitsprozesse, Ausweitung von Kooperationen Arbeitszeitmodelle) mit anderen Unternehmen Schnelle Schnelles, zielgerichtetes, Reaktionsfähigkeit konsequentes Entscheiden auf Änderungen der und Handeln Rahmenbedingungen Quelle: LBBW Research
01.5 | Untersuchungsdesign Ergebnisse Mittelstandsradar Die Ergebnisse der Impuls-Befragung basieren auf den Antwor- ten von 319 Unternehmen. Die Online-Umfrage wurde durch das LBBW Research durchgeführt und erstreckte sich über den Zeitraum vom 21.04. bis zum 05.05.2021. Die befragten Unter- nehmen stammen aus dem Kundenkreis der LBBW, der regionale Schwerpunkt liegt somit auf Baden-Württemberg. Verteilung nach Umsatz: 3,76 % 5,96 % 11,29 % 0 – 15 Mio. EUR 23,20 % 16 – 50 Mio. EUR 16,93 % 51 – 100 Mio. EUR 101 – 250 Mio. EUR 251 – 500 Mio. EUR 501 Mio. – 2 Mrd. EUR 16,61 % 22,26 % > 2 Mrd. EUR 18 Quelle: LBBW Research Verteilung nach Anzahl der Beschäftigten: 1,88 % 5,64 % 7,21 % 0 – 19 31,03 % 21,00 % 20 – 49 Wie resilient ist der deutsche Mittelstand? 50 – 99 100 – 249 250 – 499 500 – 999 15,67 % 17,55 % > 1.000 Quelle: LBBW Research
Verteilung nach Branche: Ergebnisse Mittelstandsradar Produzierendes Gewerbe 67,40% Dienstleistungs bereich 32,60% Quelle: LBBW Research 19 Verteilung nach Bundesland: 5,02 %
02 Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen im Mittelstand.
02 Ergebnisse Mittelstandsradar Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen im Mittelstand. 02.1 | Schwere Krise ist überwunden. Die deutsche Wirtschaft ist im Corona-Virus-Jahr 2020 um 5 % geschrumpft. Das war der stärkste Einbruch seit der Finanzkrise 2009. Auch wenn es zunächst darum geht, so manche Pandemie-Hürde zu überspringen, verspricht das laufende Jahr Besserung. Wir trauen der deutschen Wirtschaft 2021 dank der Einkaufsmanager strotzen vor Optimismus. 21 Corona-Impfstoffe ein Wachstum von 3,2 % zu, für die Eurozone rechnen wir mit einem BIP-Plus von Das Verarbeitende Gewerbe befand sich bereits 4,5 %. Wachstumsimpulse dürften von der aufge- seit dem Sommer 2018 in einer Rezession – und stauten Konsumnachfrage, von fiskalischen Impul- die Corona-Pandemie trug letztendlich ihr Übriges sen und einer erholten Weltkonjunktur kommen. dazu bei. Der Einbruch des BIP im zweiten Quar- Für das Jahr 2022 gehen wir in unserer Schätzung tal 2020 war u. a. dem Reißen der Lieferketten für das deutsche Bruttoinlandsprodukt von einem geschuldet. Die Industrie trug 40 % des Verlustes Anstieg i. H. v. 5,5 % aus, die Eurozone könnte dabei an Wertschöpfung bei (– 9,8 % Q/Q), abhängige ähnlich stark wachsen (4,8 %). Die Rezessions- und Branchen (wie unternehmensnahe Dienstleistun- Krisenängste gehören somit der Vergangenheit an. gen, Handel und Transport) zusammen noch einmal Doch der deutsche Mittelstand steht in der jetzigen so viel. Zwar fällt die Wirtschaftsleistung in den Lage weiterhin vor konjunkturellen Herausforderun- verschiedenen Teilen der Wirtschaft immer unter- gen, auch wenn sich die volkswirtschaftlichen Rah- schiedlich aus, doch ist üblicherweise davon aus- menbedingungen für diesen wieder etwas aufhellen. zugehen, dass Rezessions- und Erholungszyklen in allen oder den meisten Wirtschaftssektoren weit- gehend korreliert sind. Nach der Corona-Rezession kam es in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft 3,2 % jedoch zu unterschiedlich schnellen und starken Erholungen, was sich in der K-förmigen Erholung darstellt. Der deutsche Einkaufsmanagerindex (IHS Wachstumsanstieg Markit PMI) verdeutlicht die Unterschiede. Nach der deutschen Wirtschaft historischen Tiefständen im April 2020 erholten Volkswirtschaftlicher Rahmen im Jahr 2021. sich beide Teilindikatoren und kletterten im Juli 2020 über die Schwelle von 50 Zählern – was Wachstum signalisiert. Von da an verdeutlicht sich in der Entwicklung die Divergenz zwischen Indus- trie und Dienstleistungen. Während die Industrie weiter zulegte, sank der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor angesichts verlän- gerter und verschärfter Corona-Lockdownmaß- nahmen zwischenzeitlich wieder.
Ergebnisse Mittelstandsradar Ergebnisse Mittelstandsradar So war in den letzten Quartalen die anhaltend der Abstand zu dieser Expansionsschwelle in vie positive Entwicklung der Industrie stützend für len Regionen zunehmend größer wird und sich so Erholung der deutschen Wirtschaft fasst wieder Tritt. die Konjunktur, – bei weiter eingetrübten Per mit auch rein optisch eine weitere Verbesserung spektiven im Dienstleistungsbereich (Hotel- und des Gesamtbilds in Form einer dunkleren grünen 75 10 Gastgewerbe, Messen, stationärer Handel). Für Färbung am äußeren Rand ergibt. 65 den Dienstleistungssektor war die Erholung in 5 den letzten 12 Monaten nämlich stark abhän Chefetagen und Investorschaft sind guter 55 gig von der Dauer der Lockdowns. Da momen Dinge und wieder zuversichtlicher. tan eine Welle von Ankündigungen bezüglich der 45 0 Lockerung von Corona-Restriktionen über Euro Mit dem Näherrücken signifikanter Lockerungen 35 pa schwappt und die Massen-Impfkampagne in in Europa im Allgemeinen und in Deutschland im –5 Deutschland weiter voranschreitet, sollte insbe Speziellen schlagen sich die verbesserten Per 25 sondere die Stimmung im Dienstleistungssektor spektiven auch in anderen makroökonomischen einen neuen Erholungsschub erhalten, während Veröffentlichungen nieder. Wie das Mannheimer 15 – 10 die Industrie ihre ohnehin bestehende Hochstim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mai Nov. Mai Nov. Mai mung ungeachtet gewisser Produktionsengpässe (ZEW) in seiner monatlichen Umfrage unter 188 2019 2020 2021 beibehalten dürfte. Analysten und Anlegern mitteilte, bleiben die »ZEW Konjunkturerwartungen« für Deutschland Der Erholungstrend setzt sich indes auch im Rest im Juni 2021 auf einem hohen Niveau. So gut IHS Markit PMI: IHS Markit PMI: der Welt fort. Dies leitet sich aus unserer Heat war die Stimmung unter Finanzmarktexperten Deutschland Industrie Index Deutschland Service Index map der einzelnen Einkaufsmanager-Indizes ab. zuletzt im Jahr 2000. Bei der Einschätzung der IHS Markit PMI: Deutschland BIP-Wachstum in % Mit den jüngsten Veröffentlichungen liegen im Lage gab es ebenfalls einen deutlichen Anstieg. Deutschland Composite Index (gegenüber Vorquartal, rechte Achse) Verarbeitenden Gewerbe in Ländern wie Japan, Obwohl der Lageindikator noch im negativen Bra si lien, Russland, Indien, Süd afrika, Italien, Bereich liegt, ist die wirtschaftliche Situation in Frankreich und Kanada die Indizes inzwischen Deutschland wie vor der Corona-Pandemie im wieder über der Marke von 50 Punkten, wobei August 2019 zu beurteilen. Stand: 03.06.2021 Quellen: Refinitiv, LBBW Research 22 23 PMI Verarbeitendes Gewerbe im grünen Bereich. 60 56 54 52 51 50 49 48 46 44 40 Expansion Kontraktion 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Finanzkrise Euro-Krise Corona-Krise Global USA Nordamerika Kanada Deutschland Frankreich Italien Europa Spanien Großbritannien Schweiz Eurozone Brasilien Russland Indien Volkswirtschaftlicher Rahmen Volkswirtschaftlicher Rahmen Asien-Pazifik/ China (NBS) Emerging Markets China (Caixin) Südafrika Japan Australien Stand: 02.06.2021 Quellen: Refinitiv, LBBW Research
Ergebnisse Mittelstandsradar Die Hoffnung auf eine rasche Wirtschaftserho- im April 2020 und klettert auf 101,8 Zähler im lung kommt auch in den deutschen Chefetagen Juni 2021, den höchsten Stand seit April 2019. schnell zurück, nachdem die Corona-Krise die Damit wird deutlich, dass Corona bei den Unter- Stimmung auf ein historisches Tief abstürzen nehmen nach und nach abgehakt wird. Verdeut- ließ. Die Aufhellung der Stimmung unter den licht wird dies seit Jahresbeginn durch den stei- deutschen Unternehmen spiegelt sich im ifo- len Weg gen Norden der beiden Komponenten Geschäftsklimaindex wider. Der Gesamtindex »Geschäftserwartungen« und »Beurteilung der erholte sich von seinem Tief bei 75,6 Punkten Geschäftslage«. 101,8 Erholung des Gesamtindexes: Vom Tief bei 75,6 Punkten kletterte er nun auf einen Höchststand von Punkten Aufwärtstrend bei Konjunkturerwartung und Geschäftsklima. 24 100 110 80 105 60 100 40 95 20 0 90 – 20 85 – 40 80 – 60 75 – 80 – 100 70 Jun. Dez. Jun. Dez. Jun. Dez. Jun. Volkswirtschaftlicher Rahmen 2018 2019 2020 2021 ZEW Konjunkturerwartungen ifo Geschäftserwartungen (rechte Achse) ZEW Lagebeurteilung ifo Lagebeurteilung (rechte Achse) Stand: 08.06.2021 Quellen: Refinitiv, LBBW Research
Ergebnisse Mittelstandsradar Verunsicherung unter den Konsumenten dürfte abnehmen. Das GfK-Konsumklima für Deutschland erholte sich vom Coro- na-Einbruch anfänglich in einer V-Formation par excellence. Doch die zweite Corona-Welle verunsicherte mit stark steigenden In- fektionszahlen die Verbraucher und trübte die Stimmung wieder ein, sodass das Niveau von der Zeit »vor Corona« nicht wieder erreicht werden konnte. Ein uneinheitliches Bild zeichnet sich seit Beginn 2021 ab. Während die »Anschaffungsneigung« etwas zu- legte, musste die »Einkommenserwartung« Einbußen hinnehmen. Im Unterschied dazu kletterte der Teilindex für die »Konjunktur erwartung« – in der Mai-Umfrage unter rund 2.000 Verbrauchern – auf den höchsten Wert seit März 2018. Obwohl die Lockdown-End- losschleifen seit der zweiten Corona-Welle immer noch schwer auf Mit zunehmender der Kauflaune der Verbraucher lasten, dürfte sich mit zunehmender Lockerung wird der Lockerung im zweiten Halbjahr 2021 die Verbraucherstimmung aufhellen und der Konsum wieder zu einer Stütze der Wirtschaft Konsum wieder werden. Immerhin lag die Sparquote der privaten Haushalte laut zur Stütze für die dem Statistische Bundesamt im ersten Quartal auf dem Rekord- Wirtschaft. wert von 23,2 %. Im Schnitt der vergangenen zwei Jahrzehnte lag die Quote – also der gesparte Anteil am verfügbaren Einkommen – zwischen 9 % und 11 %. Viele Deutsche haben daher mehr Geld auf der hohen Kante und können den Konsum nachholen. Lockdown-Endlosschleifen belasten die Verbraucherlaune. 25 70 15 60 10 50 5 40 0 30 20 –5 10 – 10 0 – 15 – 10 – 20 – 20 – 30 – 25 Jul. Jan. Jul. Jan. Jul. Jan. Jul. Jan. Jul. Volkswirtschaftlicher Rahmen 2017 2018 2019 2020 2021 Anschaffungsneigung Konjunkturerwartung Einkommenserwartung GfK-Konsumklimaindikator Deutschland (rechte Achse) Stand: 07.07.2021 Quellen: Refinitiv, LBBW Research
02.2 | LBBW Mittelstandsampel erholt sich wieder. Ergebnisse Mittelstandsradar Für Deutschland zeigen sich die wirtschaftlichen die sich stets verbessernde Nachfrage, die nach Erholungsanzeichen exemplarisch an der LBBW einem Anziehen zum Jahresende 2020 zu einer Mittelstandsampel, welche die Rahmenbedingun- V-förmigen Erholung führte und die Rahmenbe- gen des Mittelstands darstellt. Dabei werden die dingungen jüngst wieder in den neutralen Bereich Unterfaktoren Nachfrage, Kosten und Finanzierung brachte. So hat die LBBW Mittelstandsampel den zu einem Indikator aggregiert und auf einer Skala Tiefpunkt inzwischen hinter sich gelassen. Wer- von 0 bis 100 darstellt. Die LBBW Mittelstands te in der Bandbreite von 40 bis 60 können mit ampel markierte im Juni 2020 mit 29 Punkten ein vergleichsweise neutralen Rahmenbedingungen historisches Rekordtief seit Beginn der Aufzeich- gleichgesetzt werden, während Werte größer 60 nungen im März 2006. Ein Indikatorwert unter positive Rahmenbedingungen signalisieren. Werte 40 signalisiert eine Belastung des Mittelstands, von 60 + sind selten, können aber in Aufschwungs- welche zwischen Mai und August 2020 sowie phasen vorkommen. In der Erholungsphase nach zwischen Februar und April 2021 vorherrschte. der Finanzkrise zwischen Mai 2010 und August Hauptgrund der ersten Talfahrt war der abrupte 2011 wurden beispielsweise solche Werte er- Nachfrageeinbruch, wohingegen bei der zweiten reicht, ebenso zwischen Februar und August 2015. Abwärtstendenz die Kosten der belastende Haupt- Ein detaillierter Blick auf die Unterfaktoren gibt treiber waren. Insgesamt ist es seit Krisenbeginn mehr Aufschlüsse über die bisherige Marktlage. LBBW Mittelstandsampel auf Erholungskurs. 26 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Mai Aug. Nov. Feb. Mai Aug. Nov. Feb. Mai. Aug. Nov. Feb. Mai Aug. Nov. Feb. Mai Aug. Nov. Feb. Mai. Aug. Nov. Feb. Mai 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Volkswirtschaftlicher Rahmen LBBW Mittelstandsampel Kostenkomponente Nachfragekomponente Finanzierungskomponente Stand: 08.06.2021 Quelle: LBBW Research
Ergebnisse Mittelstandsradar Während die Nachfrage floriert … gegenüber den Vorjahresmonaten und machten die V-förmige Erholung komplett. Die rasche Konjunk- Seit Beginn 2019 schwächte sich die Konjunktur turerholung, die Zunahmen bei den Auftragsein- in der Industrie zunehmend ab, die Nachfrage- gängen sowie die steigende Nachfrage nach Pro- komponente trübte sich fast monatlich weiter ein. dukten »Made in Germany« beflügeln sogar in der Erst zum Jahresende 2019 stabilisierte sich die dritten Corona-Welle viele Industrieunternehmen. Nachfrage dann wieder und zog zu Jahresbeginn Verglichen mit Februar 2020 – also dem Monat 2020 etwas an. Diese Komponente befand sich so- vor Beginn der coronabedingten Einschränkun- mit bereits auf dem Weg der Besserung. Mit dem gen in Deutschland – stiegen die Auftragseingän- Beginn der Pandemie brach, insbesondere in den ge im März 2021 kalender- und saisonbereinigt vom Corona-Virus stark betroffenen Volkswirt- in Summe sogar um 9,1 %. Aufgrund des Corona- schaften, die Nachfrage nach deutschen Vorpro- Absturzes im vergangenen Jahr können in den dukten, Investitions- und Konsumgütern ein. Dies kommenden Monaten häufiger hohe Steigerungs- traf Deutschland aufgrund der Wirtschaftsstruktur raten gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat und hohen internationalen Verflechtung besonders zu sehen sein, was dem Basiseffekt geschuldet ist. hart, da die Exporte 2019 rund 47 % des deutschen Im Vergleich zur Industrie ist im Dienstleistungs- BIP ausmachten. Da während den Lockdowns zwi- sektor der Nachfrageausfall und die bisher aus- schen November 2020 und Mai 2021 die Lieferket- bleibende Erholung frappierend. Es bleibt zu hof- ten der Industrie – im Gegensatz zum ersten Lock- fen, dass gewisse Nachhol effekte z umindest die down im Frühjahr 2020 – gehalten haben, machte zahlreichen Ausfälle bei R estaurant-, Kino- und vor allem das Verarbeitende Gewerbe den großen Messebesuchen und Kulturveranstaltungen so- Unterschied. Auftragseingänge, Industrieproduk- wie die Einbußen im Inlandstourismus samt Pas- tion und Exporttätigkeiten erholten sich seit ih- sagierluftfahrt, Hotelaufenthalten und Einkaufs ren Tiefpunkten im Frühjahr 2020 fast monatlich tätigkeiten in Teilen kompensieren können. Sehr solide Entwicklung der Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe. 27 Veränderung Y–Y, kalender- und saisonbereinigt 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0% – 20 % – 40 % – 60 % Apr. Juli Okt. Jan. Apr. Juli Okt. Jan. Apr. Juli Okt. Jan. Apr. Juli Okt. Jan. Apr. Juli Okt. Jan. Apr. Juli Okt. Jan. Apr. 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Volkswirtschaftlicher Rahmen Insgesamt Inland Insgesamt ggü. Februar 2020 Ausland Stand: 07.07.2021 Quellen: Destatis, LBBW Research
Ergebnisse Mittelstandsradar … belasten die Kosten den Mittelstand. Im Gegensatz zur Nachfrage hellten sich in ihrer Tendenz vor al- lem die Kostenbedingungen seit Juni 2018 auf und erreichten in der Anfangsphase der Corona-Krise sogar ein temporäres Hoch. Dabei ist diese vorteilhafte Entwicklung in Krisenzeiten nicht un- gewöhnlich, da vor allem die Preise für Rohstoffe aufgrund man- gelnder Nachfrage fallen. Die Preise für Rohöl, Basismetalle und Energie sind durch den exogenen Schock der Corona-Pandemie und den Nachfrageausfall stark gesunken. Die rückläufigen Notie- rungen wirkten positiv auf die Kostenampel, wodurch ein güns- tiges Niveau (vorteilhafter Bereich: Werte >60) erreicht wurde. Jedoch muss die Kostenentwicklung immer im gesamtwirtschaft- lichen Kontext betrachtet werden. So ist es nicht verwunderlich, dass im Umkehrschluss mit dem Wiederhochfahren der Wirtschaft und dem Anziehen der Nachfrage in Kombination mit einer teil- weisen Angebotsverknappung bei Rohstoffen und mit diversen lo- gistischen Lieferschwierigkeiten die Preise rapide ansteigen. Die seit Jahresbeginn anziehenden Notierungen bei diversen Indust- riemetallen sowie die explodierenden Energiekosten belasten den Mittelstand in jüngster Zeit enorm und ließen die Kostenampel auf ein historisches Allzeittief fallen. Erst eine Normalisierung der An- gebots- und Nachfragefaktoren könnte die Kostenkomponente im zweiten Halbjahr 2021 wieder in ein neutrales Terrain führen. Steigende Rohstoffpreise belasten den Mittelstand. 28 600 500 400 300 200 100 0 Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Volkswirtschaftlicher Rahmen Bloomberg Energy Spot Index Bloomberg-Spot Commodity Index Bloomberg Agriculture Spot Index HWWI-Rohstoffpreisindex Bloomberg Industrial Metals Spot Index Stand: 07.06.2021 Quellen: Refinitiv, LBBW Research
Ergebnisse Mittelstandsradar Die Finanzierungsbedingungen oszillieren seit zwischen einzelnen Branchen und Unternehmen Krisenbeginn überwiegend im neutralen Bereich stark heterogen sein kann (siehe Verarbeiten- und stellen bis dato eine Art »Hygienefaktor« des Gewerbe vs. Gastgewerbe und Tourismus). dar. Dabei stehen das festzementierte Niedrig- Die kurzfristigen Liquiditätssorgen der Mittel- und Negativzinsumfeld, die expansive Geldpoli- ständler haben sich seit Mitte letzten Jahres tik und die rückläufige Marktvolatilität im Span- überwiegend aufgelöst, da die Unternehmen in- nungsverhältnis zu vergleichsweise verschärften zwischen a däquate Liquiditätspolster aufgebaut Kreditvergaberichtlinien der deutschen Banken haben dürften. Vor allem die niedrige Investi und tendenziell hohen Kredithürden für mittel- tionsneigung aufgrund fortbestehender Unsicher- ständische Unternehmen. Generell sind Bank heit sorgt weiterhin für eine Zurückhaltung bei finanzierungen in Deutschland seit dem Hoch der Investitionsfinanzierungen. Im ersten Halbjahr vergangenen Jahresmitte in der Tendenz weni- 2021 könnte sich dadurch ein deutlich rückläu- ger gefragt. Die Liquiditätslage der Unterneh- figes Kreditgeschäft abzeichnen, so der KfW-Kre- men ist im zweiten Lockdown tendenziell stabil ditmarktausblick. geblieben, wobei jedoch die finanzielle Situation »Kurzfristige Liquiditätsstörungen haben sich seit Mitte letzten Jahres überwiegend aufgelöst.« 29 Volkswirtschaftlicher Rahmen
02.3 | Große Insolvenzwelle bleibt Ergebnisse Mittelstandsradar mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Die Corona-Rezession ist hinsichtlich der Unternehmens insolvenzen im Vergleich zu vorangegangenen Krisen ebenfalls ungewöhnlich. In der Vergangenheit ging die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Krisenzeiten nach oben. Die bisher höchsten Anstiege pro Jahr gab es zu Zeiten der Öl- 20 % preiskrise in den Jahren 1974 (+50 %) und 1982 (+40 %), nach dem Auslaufen des Wiedervereinigungsbooms 1993 (+39 %) sowie nach dem Platzen der IT-Blase im Jahre 2002 (+16 %). Im Zuge der Fi- Rund nanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 ist die Zahl der Unternehmens insolvenzen um »nur« 12 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Es gemeldete spricht vieles dafür, dass die im Zuge der Corona-Krise anstehende Unternehmens- Insolvenzwelle vergleichsweise moderat ausfallen und der Anstieg insolvenzen sich nicht in der Größenordnung früherer Rezessionen bewegen weniger als wird. Insgesamt war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im Jahr 2020 um 15,5 % auf ein Rekordtief von 15.840 im Vorjahr. Insolvenzen gesunken. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland blieb auch im März 2021 auf einem niedrigen Niveau. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) haben die deutschen Amtsgerichte 1.459 beantragte Unternehmensinsolven- zen gemeldet und damit 6 % weniger als im März 2020. Insgesamt wurden im ersten Quartal bei den Amtsgerichten insgesamt 3.762 Unternehmensinsolvenzen gemeldet und damit rund 20 % weniger als ein Jahr zuvor. Die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen durch die Corona-Krise spiegelte sich somit noch nicht in einem 30 Anstieg der gemeldeten Unternehmensinsolvenzen wider. Bisher keine Welle der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. 4.000 35 % 3.500 25 % 15 % 3.000 5% 2.500 –5% 2.000 – 15 % 1.500 – 25 % 1.000 – 35 % Volkswirtschaftlicher Rahmen März März März März März März März März März März 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 Anzahl der monatlichen Unternehmensinsolvenzen (nach Destatis) Veränderung der monatlichen Unternehmensinsolvenzen (Y–Y, rechte Achse) Stand: 10.06.2021 Quellen: Refinitiv, LBBW Research
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