Fall 5 Besprechung am 31.05.2021 - Sommersemester 2021 Übung im Strafrecht für AnfängerInnen II - strafrecht-online.org

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Fall 5 Besprechung am 31.05.2021 - Sommersemester 2021 Übung im Strafrecht für AnfängerInnen II - strafrecht-online.org
Prof. Dr. Roland Hefendehl
                                                   Dr. Fabian Stam
         Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

Fall 5
Besprechung am 31.05.2021

Sommersemester 2021
Übung im Strafrecht für AnfängerInnen II
Fall 5 Besprechung am 31.05.2021 - Sommersemester 2021 Übung im Strafrecht für AnfängerInnen II - strafrecht-online.org
Prof. Dr. Roland Hefendehl
Erster Tatkomplex:                                                                                                     Dr. Fabian Stam
                                                                             Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg
Sachverhalt
Die Ehe von A und E ist in letzter Zeit etwas getrübt, immer häufiger kommt es bereits wegen Kleinigkeiten zum Streit. E
geht mit dieser Situation auf ihre Weise um, indem sie wieder häufiger etwas mit ihrer Clique aus Jugendtagen
unternimmt. Um die guten alten Zeiten wieder aufleben zu lassen, kramt sie auch ihre geliebte Kleidung von damals
wieder aus den Tiefen des Schrankes hervor. A findet dieses jugendliche Gebaren albern. Auch das „neue“ Outfit ist ihm
ein Dorn im Auge: Also beschließt er, dieses Problem auf denkbar einfache Weise zu lösen: Er begibt sich in das
Haushaltswarengeschäft seines langjährigen Freundes F und verlangt nach einer Textilschere. Er sei allerdings nicht unter
die Näher gegangen, betont er augenzwinkernd. F, der über die häuslichen Probleme und Sorgen seines Freundes
genauestens informiert ist, ahnt nichts Gutes. A werde vermutlich zerstörerisch wirken. Da es sich bei A um einen guten
Freund handelt, verkauft er ihm die Schere dennoch ohne Zögern. Es gehe ihn schließlich nichts an, was andere Leute zu
Hause veranstalteten.
Als sich E auch am folgenden Abend ein Kleid für eine weitere Partynacht ohne A zurechtlegt, kann dieser seinen Unmut
nun nicht mehr zurückhalten. E ihrerseits reagiert gereizt und die beiden geraten in einen heftigen Streit. E möchte nicht
einsehen, weshalb sie ihr geliebtes Kleid nicht mehr tragen soll. A ist über die aus seiner Sicht ignorante Art seiner Frau
erbost. Als diese ins Bad verschwindet, um sich vor dem Einkleiden noch frisch zu machen, zückt A die Schere, um das
Kleid zu zerschneiden. Beim Ansetzen der Schere fühlt er aber, wie dünn der Stoff ist. Kurzerhand legt er die Schere
beiseite und zerreißt das Kleid mit den Händen.

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Lösungsskizze                                                                                                     Dr. Fabian Stam
                                                                        Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                                   Erster Tatkomplex

     A. Strafbarkeit des A nach § 303 I StGB (+)

     B. Strafbarkeit des F nach §§ 303 I, 27 I StGB
     I. Tatbestand
        1. Objektiver Tatbestand
            a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat (+), s.o.
            b) Beihilfehandlung – (P): Schere wurde nicht eingesetzt; Anforderungen an Hilfeleisten?
            e.A.: Beihilfe = abstraktes Gefährdungsdelikt, d.h. Vornahme einer nicht völlig ungeeigneten
            Hilfeleistung durch den Gehilfen ist ausreichend.
            Irrelevant, ob die Förderung der Haupttat auch gelingt.
            Hier: Verkauf der Textilschere insoweit eine nicht völlig ungeeignete Hilfeleistung, da A das
            (zunächst) angestrebte Tatwerkzeug verschafft wurde. Daher (+)

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Lösungsskizze                                                                                                    Dr. Fabian Stam
                                                                       Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                                Erster Tatkomplex

     B. Strafbarkeit des F nach §§ 303 I, 27 I StGB
     I. Tatbestand
        1. Objektiver Tatbestand
            b) Beihilfehandlung – (P): Schere wurde nicht eingesetzt; Anforderungen an Hilfeleisten?
            Rspr.: Nicht erforderlich, dass die Gehilfenhandlung für die Haupttat ursächlich gewesen ist. Es
            genügt, wenn die Beihilfehandlung die Haupttat tatsächlich irgendwie gefördert hat, mag sie für den
            Erfolg der Haupttat auch ohne Einfluss geblieben sein.
            Hier: Indem F dem A die Textilschere verkaufte, verschaffte er ihm das in den Blick genommene
            Tatwerkzeug. Dass sie im Ergebnis nicht verwendet wurde, ist irrelevant. Daher (+)
            h.L.: Gehilfenbeitrag muss für den konkreten Taterfolg kausal geworden sein.
            Hier: Der tatbestandliche Erfolg – das zerstörte Kleid – ist gänzlich ohne Mitwirkung der Schere
            herbeigeführt worden. Daher (-)

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Lösungsskizze                                                                                                      Dr. Fabian Stam
                                                                         Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                                  Erster Tatkomplex

     B. Strafbarkeit des F nach §§ 303 I, 27 I StGB
     I. Tatbestand
        1. Objektiver Tatbestand
            b) Beihilfehandlung – (P): Schere wurde nicht eingesetzt; Anforderungen an Hilfeleisten?
            Stellungnahme:
            Contra e.A. und Rspr. → Strafgrund der Teilnahme: Von mittelbarem Rechtsgutsangriff kann nur die
            Rede sein, sofern die Teilnahmehandlung in der Haupttat noch fortwirkt.
            Contra e.A. → unterläuft § 30 StGB, wonach die lediglich versuchte Beihilfe straflos sein soll.
            Contra Rspr. → widersprüchlich, denn eine Tatbestandsverwirklichung kann nur durch solche
            Beiträge tatsächlich gefördert werden, die sich auch im Erfolg auswirken. Bleibt die Hilfeleistung für
            den Erfolg dagegen unerheblich – und wird damit für diesen nicht kausal –, hat sie ihn auch nur
            scheinbar gefördert. Widerspruch zu den Vor. der psychischen Beihilfe.
            → h.L. wird gefolgt. Daher (physische) Beihilfe (-)
        2. Psychische Beihilfe? (-)

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Lösungsskizze                                                                                                       Dr. Fabian Stam
                                                                          Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                                  Erster Tatkomplex

     B. Strafbarkeit des F nach §§ 303 I, 27 I StGB
     II. Ergebnis: F hat sich nicht gem. §§ 303 I, 27 I StGB strafbar gemacht.

     C. Strafbarkeit des F nach §§ 303 I, 22, 23 I, 27 I StGB
     I. Tatbestand
        1. Objektiver Tatbestand
            a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat? Hier: versuchte „Textilscherensachbeschädigung“
            b) Beihilfehandlung – (P) Neutrale Beihilfe
            e.A.: Keine Einschränkungen vorzunehmen.
            Hier: Hilfeleistung (+)
            a.A.: Neutrale Beihilfe nicht tatbestandsmäßig, da sozialübliches Verhalten.
            Hier: Hilfeleistung (-), da typische Verhaltensweise innerhalb eines Haushaltswarengeschäfts.
            a.A.: Keine objektive Zurechnung, da kein rechtlich missbilligten Risiko geschaffen (hilfsweise Rückgriff
            auf § 138 StGB).
            Hier: Sachbeschädigung als Bagatelldelikt im Katalog des § 138 StGB nicht aufgeführt. Daher (-)
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Lösungsskizze                                                                                                    Dr. Fabian Stam
                                                                       Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                                Erster Tatkomplex

     C. Strafbarkeit des F nach §§ 303 I, 22, 23 I, 27 I StGB
     I. Tatbestand
        1. Objektiver Tatbestand
            b) Beihilfehandlung – (P) Neutrale Beihilfe
            h.M.: Anhand des subjektiven Tatbestands zu lösen → (+), wenn Handeln des Haupttäters
            ausschließlich darauf abzielt, eine strafbare Handlung zu begehen, und Hilfeleistende dies weiß (dolus
            directus 2. Grades); (-) bei fehlender Kenntnis oder bloßem für möglich Halten (dolus eventualis) –
                Ausnahme: Das vom potenziell Hilfeleistenden erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm
                Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar
                tatgeneigten Täters angelegen sein ließ.
            Hier: Bloß vage Vermutung, A könne etwas im Schilde führen. Daher (-)

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Lösungsskizze                                                                                                   Dr. Fabian Stam
                                                                      Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                                Erster Tatkomplex

     C. Strafbarkeit des F nach §§ 303 I, 22, 23 I, 27 I StGB
     I. Tatbestand
        1. Objektiver Tatbestand
            b) Beihilfehandlung – (P) Neutrale Beihilfe
            a.A.: Kombination von subjektiven (wie oben h.M.) und objektiven (sog. „deliktischer Sinnbezug“)
            Momenten. Am „deliktischen Sinnbezug“ fehlt es, „wenn sich der fördernde Beitrag auf eine legale
            Handlung bezieht, die schon für sich allein genommen für den Täter sinnvoll und nützlich ist, die
            dieser aber außerdem zur Voraussetzung für ein davon unabhängiges, auf einem selbstständigen
            Entschluss beruhenden Deliktsverhalten macht.“ (Roxin AT II § 26 Rn. 224)
            Hier: Subjektive Komponente jedenfalls nicht gegeben (s.o.). Daher (-)

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Lösungsskizze                                                                                                   Dr. Fabian Stam
                                                                      Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                                Erster Tatkomplex

     C. Strafbarkeit des F nach §§ 303 I, 22, 23 I, 27 I StGB
     I. Tatbestand
         1. Objektiver Tatbestand
            b) Beihilfehandlung – (P) Neutrale Beihilfe
            Stellungnahme: Contra e.A. (keine Einschränkungen vorzunehmen) → Dienstleister oder Händler –
            den bedingten Vorsatz vorausgesetzt – könnten nie sicher sein, dass ihre Leistung oder ihre Waren
            nicht zur Begehung von Straftaten benutzt werden, was zur Einschränkung der wirtschaftlichen
            Betätigung führt. Daher im Ergebnis Beihilfehandlung (-)
         2. Zwischenergebnis: Tatbestand (-)
     II. Ergebnis: F hat sich nicht gem. §§ 303 I, 22, 23 I, 27 I StGB strafbar gemacht.

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Zweiter Tatkomplex:                                                                                                  Dr. Fabian Stam
                                                                           Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg
Sachverhalt
Nicht bereit, sich von dieser neuerlichen Auseinandersetzung den Abend vermiesen zu lassen, verlässt E wenig später in
einem anderen Kleid die Wohnung. Auch A möchte nun der häuslichen Enge entfliehen und streift in den kommenden
Stunden gedankenverloren durch die Straßen und Kneipen der Stadt. Als er gegen 3:00 Uhr wieder in der gemeinsamen
Wohnung eintrifft, ist auch E von ihrer doch noch äußerst heiteren Partynacht zurück, aber nicht nur das: In schwer
angetrunkenem Zustand war E beim Zähneputzen der Kulturbeutel hinter den voll aufgedrehten Heizkörper
(Vorlauftemperatur 80 Grad) im Badezimmer gerutscht. Damit der Inhalt nicht durch die Hitze geschädigt würde, hatte sie
sich sogleich daran gemacht, den Beutel wieder hervorzuholen. Dabei wurden ihr allerdings die Alkoholisierung und ihre
dadurch verringerten motorischen Fähigkeiten zum Verhängnis. Sie klemmte sich so unglücklich ein, dass sie mit dem
gesamten Oberköper an den Heizkörper fixiert wurde und ihre im schmalen Zwischenraum zwischen dem scharfkantigen
Heizkörper, der Wand und der Fensterbank festklemmenden Arme und Schultern nicht mehr befreien konnte. Trotz der
Hitze schlief sie aufgrund ihres Rausches alsbald ein. Den Thermostat hätte sie aber ohnehin nicht erreichen können.
Ohne E zu bemerken, geht A nach Aufsperren der Wohnungstür direkt ins Schlafzimmer. Das leer vorgefundene Ehebett
wundert ihn schon seit geraumer Zeit nicht mehr. A bemerkt E und deren Lage deshalb erst nach dem Aufstehen um
12:00 Uhr. Der nervlichen Belastung ihrer Ehe überdrüssig, beschließt A jedoch, die inzwischen ebenfalls erwachte und
nur noch sehr schwach wimmernde E sterben zu lassen, und fährt um 13:00 Uhr zu einem Tennismatch seiner
Mannschaft in eine 50 km entfernte Großstadt. E verstirbt gegen 16:00 Uhr. Die spätere Obduktion ergibt, dass E schon
vor 12:00 Uhr entgegen der sicheren Annahme des A tödlich verletzt und damit von A gar nicht mehr zu retten war.
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Lösungsskizze                                                                                                 Dr. Fabian Stam
                                                                    Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                            Zweiter Tatkomplex

  A. Strafbarkeit des A nach §§ 212 I, 13 I StGB wegen der Situation um 3:00 Uhr
  (-), da A die E nicht bemerkt hat.

  B. Strafbarkeit des A nach §§ 222, 13 I StGB wegen der Situation um 3:00 Uhr
  (-), da keine Sorgfaltspflichtverletzung.

  C. Strafbarkeit des A nach §§ 212 I, 13 I StGB wegen der Situation um 12:00 Uhr
  I. Tatbestand
      1. Taterfolg (+)
      2. Unterlassen (+), A hätte E selbst befreien oder zumindest anderweitig Hilfe organisieren können.
      3. Garantenstellung (+), A = Beschützergaranten aus familiärer Verbundenheit (zu diskutieren).
      4. Quasikausalität? (-), da spätere Obduktion ergab, dass E schon vor 12:00 Uhr tödlich verletzt und
      damit von A gar nicht mehr zu retten war.
  II. Ergebnis: A hat sich nicht gem. §§ 212 I, 13 I StGB strafbar gemacht.

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Lösungsskizze                                                                                                 Dr. Fabian Stam
                                                                    Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                            Zweiter Tatkomplex

  D. Strafbarkeit des A nach §§ 212 I, 13 I, 22, 23 I wegen der Situation um 12:00 Uhr
  I. „Vorprüfung“
  Der Tod von E ist zwar eingetreten, mangels Quasikausalität aber A nicht zurechenbar. Der Versuch ist
  strafbar.
  II. Tatentschluss (+)
  III. Unmittelbares Ansetzen – (P) Versuchsbeginn beim Unterlassungsdelikt?
       1. Theorie des erstmöglichen (Rettungs-)Eingriffs: Unmittelbares Ansetzen (+), sobald die
       Handlungspflicht entsteht und der Täter ihr pflichtwidrig nicht nachkommt. Hier: (+)
       2. Theorie des letztmöglichen (Rettungs-)Eingriffs: Unmittelbares Ansetzen (+), wenn Garant aus seiner
       Sicht die rettende Handlung spätestens hätte vornehmen müssen, um den Erfolg noch zu verhindern.
       Hier: (+)

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Lösungsskizze                                                                                                   Dr. Fabian Stam
                                                                      Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                              Zweiter Tatkomplex

  D. Strafbarkeit des A nach §§ 212 I, 13 I, 22, 23 I wegen der Situation um 12:00 Uhr
  III. Unmittelbares Ansetzen – (P) Versuchsbeginn beim Unterlassungsdelikt?
       3. Differenzierende Ansicht (h.M.): Unmittelbares Ansetzen (+), wenn das Rechtsgut aus Tätersicht
       schon unmittelbar in Gefahr geraten und der Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs nahe gerückt ist
       bzw. (bei noch entfernter Gefahr und mangelnder Erfolgsnähe) wenn die Gefahr in ein akutes Stadium
       eintritt und der Garant untätig bleibt oder er die Möglichkeit eines rettenden Eingriffs aus der Hand gibt.
       Hier: (+)
       4. Zwischenergebnis: Unmittelbares Ansetzen (+)
  IV. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
  V. Ergebnis: A hat sich gem. §§ 212 I, 13 I, 22, 23 I StGB strafbar gemacht. § 323c I StGB tritt grundsätzlich
  als subsidiär hinter das begehungsgleiche (versuchte) Unterlassungsdelikt zurück.

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Lösungsskizze                                                                                                 Dr. Fabian Stam
                                                                    Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                             Zweiter Tatkomplex

  E. Strafbarkeit des A nach §§ 223 I, 13 I StGB durch das Unterlassen des Herbeirufens von Hilfe
  I. Tatbestand
       1. Objektiver Tatbestand
       E litt unter den Schmerzen, die ihr die Heizung verursachte. A hat nichts unternommen, um ihre
       Schmerzen zu lindern (trotz diesbezüglicher Garantenpflicht). Hätte A einen Notarzt herbeigerufen, hätte
       dieser zumindest das Leiden der E lindern, wenn auch nicht deren Tod vermeiden können.
       2. Subjektiver Tatbestand (+)
  II. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
  III. Ergebnis: A hat sich gem. §§ 223 I, 13 I StGB strafbar gemacht. Die Körperverletzung steht aus
  Klarstellungsgründen in Tateinheit zum versuchten Totschlag durch Unterlassen.

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Lösungsskizze                                                                                                 Dr. Fabian Stam
                                                                    Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                            Zweiter Tatkomplex

  F. Strafbarkeit des A nach §§ 223, 224 I Nr. 2 Var. 2, 5, 13 I StGB durch das Unterlassen des Herbeirufens
  von Hilfe
  I. Tatbestand
  Heizung = gefährliches Werkzeug (Nr. 2 Var. 2)? Wortlaut: Werkzeuge i.S.v. § 224 I Nr. 2 Var. 2 können nur
  solche Gegenstände sein, die durch menschliche Einwirkung in Bewegung gesetzt werden können, d.h. mit
  denen etwas „bewerkstelligt“ werden kann (a.A. vertretbar). Daher (-)
  Das Leben der E gefährdende Behandlung (Nr. 5)? Lebensgefahr (egal, wie sie im Einzelnen verstanden wird)
  nicht A zurechenbar, weil E ohnehin unrettbar verloren war. Hätte er Hilfe gerufen oder sie befreit, wäre die
  Lebensgefahr nicht beseitigt worden. Es fehlt mithin an der Quasikausalität.
  II. Ergebnis: A hat §§ 223, 224 I Nr. 2 Var. 2, 5, 13 I StGB nicht verwirklicht.

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Prof. Dr. Roland Hefendehl
Lösungsskizze                                                                                                    Dr. Fabian Stam
                                                                       Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg

                                              Zweiter Tatkomplex

  G. Strafbarkeit des A nach §§ 223, 224 I Nr. 5, 22, 23 I, 13 I StGB durch das Unterlassen des Herbeirufens
  von Hilfe
  Indem sich A zum Tennisturnier aufmachte, verließ er E in einer nach seiner Vorstellung sogar konkret
  lebensgefährlichen Situation, die sich aus seiner Sicht noch abwenden ließ. Damit hatte A Tatentschluss. Die
  Tat tritt jedoch hinter §§ 212 I, 22, 23 I, 13 I StGB zurück.

                                                 Gesamtergebnis
  A hat sich im ersten Tatkomplex gem. § 303 I StGB strafbar gemacht. Im zweiten Tatkomplex hat er sich gem.
  §§ 212 I, 22, 23 I, 13 I; §§ 223 I, 13 I StGB strafbar gemacht. Zwischen §§ 212 I, 22, 23 I, 13 I StGB und §§ 223
  I, 13 I StGB besteht Tateinheit (s.o.).

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