FERTIG ? LOS! Die Geschichte von Sport & Technik - Unterrichtsmaterialien für Schulen - Technoseum
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FERTIG ? LOS! + Die Geschichte von Sport & Technik Unterrichtsmaterialien für Schulen + Unterstützt von MINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND KUNST
FERTIG? LOS! Die Geschichte von Sport & Technik Unterrichtsmaterialien für Schulen Vorwort 2 Grußwort 3 Einführung in die Ausstellung 5 Übersichtsplan der Ausstellung 10 Themen für den Unterricht 1. Die Geschichte des Sports 12 Primarstufe, Sekundarstufe I und II 2. Sport und Gesundheit 23 Primarstufe, Sekundarstufe I und II 3. Sportgeräte – Speerwerfen 33 + Sekundarstufe I 4. Sport und Medien 40 Primarstufe, Sekundarstufe I und II 5. Elektronischer Sport – E-Sport 49 Sekundarstufe I und II Lösungsvorschläge 59 Bildnachweis 60 Impressum 60 TECHNOSEUM 1
Vorwort „Bewegung, Spiel und Sport sind unverzichtbare Bestandteile zur ganzheitlichen Bildung und Erziehung von Kindern und eröffnen ihnen den Zugang zur Welt und zu sich selbst.“ Bildungsplan der Grundschulen Baden-Württemberg 2016, S. 3. Mit der Großen Sonderausstellung des Landes Ba- Abschnitt wird die Verbindung zwischen Sport den-Württemberg „FERTIG? LOS! Die Geschichte und Medientechnik beleuchtet. Letztere hat den von Sport & Technik“ leistet das TECHNOSEUM Wandel von der individuellen Leibesübung zum einen Beitrag zu dieser ganzheitlichen Bildung. allgegenwärtigen Massenphänomen mit ermög- Um Ihnen und Ihren Klassen den größtmöglichen licht. Die Betrachtung der aktuellen Situation Nutzen aus einem Ausstellungsbesuch zu ermög- bietet zum Abschluss die Gelegenheit zur Selbst- lichen, geben wir Ihnen diese Unterrichtsmateria- reflexion und zur Verortung der eigenen Position lien an die Hand. Dabei handelt es sich um eine innerhalb der derzeitigen Sporttrends mit vielen vielseitige Materialsammlung zum Themenkom- Möglichkeiten zum selbst Ausprobieren! plex „Sport und Technik“. Wie gut sich Sport als Ausgangspunkt für eine gesamtheitliche Bildung Diese Unterrichtsmaterialien bieten die Möglich- eignet, zeigt sich an den zahlreichen Bezügen zu keit, die verschiedenen Themen vorzubereiten den Bildungs- und Lehrplänen der verschiede- oder zu vertiefen. In den Kapiteln werden zu- nen Fächer in Baden-Württemberg, Hessen und nächst die Bildungsplanbezüge und die relevan- Rheinland-Pfalz. Diese Zusammenstellung ist glei- ten Ausstellungsinhalte genannt. Eine themati- chermaßen für die Verwendung mit Kindern und sche Einführung verschafft einen Überblick, bevor Jugendlichen der Primarstufe, der Sekundarstufe I Materialien, Bearbeitungsvorschläge und Arbeits- sowie der Sekundarstufe II ausgelegt. blätter zur Verfügung gestellt werden. Die Relevanz einer Ausstellung über der Verbin- Mein persönlicher Dank gilt Prof. Dr. Arnd Krüger, dung von Sport und Technik zeigt sich beispiels- Dr. Steffen Schmidt, OStR Jan Schwamm und allen weise mit dem Blick auf die Fußball-Weltmeis- im TECHNOSEUM an der Erstellung des Lehrerhef- terschaft 2018. Moderne Schuhe aus leichten tes beteiligten Personen. Besonders danken möch- Kunststoffen, der Chip im Ball und der erstmals te ich Frau apl. Prof. Dr. Swantje Scharenberg vom auf dieser Ebene genutzte Videobeweis verdeutli- Forschungszentrum für den Schulsport und den chen die Präsenz von Technik im Sport. Sport von Kindern und Jugendlichen (FoSS) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das wir als Der Ausgangspunkt der Ausstellung ist die Entste- Kooperationspartner für dieses Projekt gewinnen hung des modernen Sports aus den unterschied- konnten. lichen Traditionen der Leibesübung. Im zweiten Abschnitt wird der Körper, das Zentrum der sport- Hartwig Lüdtke lichen Aktivität, fokussiert. Für viele Sportarten, bei eigenen Einschränkungen und ab einer ge- Direktor wissen Leistungserwartung ist der eigene Körper TECHNOSEUM Mannheim nicht mehr ausreichend: Um die notwendigen Sportgeräte, Hilfsmittel und Prothesen dreht sich der dritte Abschnitt. Ähnlich wie die zunehmend industrialisierte Produktion wurde auch der Sport mehr und mehr reglementiert und normiert. Ge- meinsam mit der Leistungsmessung wird dies als vierter Themenkomplex behandelt. Im fünften 2 TECHNOSEUM
12 34 Grusswort FERTIG? LOS! 56 Das Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen (FoSS) ist deutschlandweit einzigartig. Die interinstitutio- nelle Einrichtung des Karlsruher Instituts für Tech- nologie (KIT) und der Pädagogischen Hochschule orientieren, Anreize zu schaffen, die Verbindung von Sport und Technik neu zu denken und besser verständlich zu machen. Die Große Sonderausstellung des Landes Baden- Karlsruhe initiiert einen bilateralen Gedankenaus- Württemberg „FERTIG? LOS! Die Geschichte von tausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Zum Sport & Technik“ bietet thematisch sehr viele An- einen werden für das Themenfeld des (Schul-) satzpunkte. Nachfolgende fünf Themengebiete, Sports von Kindern und Jugendlichen wissen- die eine sinnvolle Integration der Unterrichtsma- schaftliche Erkenntnisse aufbereitet, transformiert terialien in viele Schulfächer möglich machen, und schließlich in die Praxis transferiert. Zum an- haben wir für das Lehrerheft ausgewählt: deren werden Fragen und Probleme aus der Praxis aufgegriffen und bearbeitet. • Die Geschichte des Sports • Sport und Gesundheit Die Kooperation mit dem TECHNOSEUM, die sich • Sportgeräte – Speerwerfen unter anderem in der gemeinsamen Erarbeitung • Sport und Medien dieser Materialsammlung für den Unterricht an • Elektronischer Sport – E-Sport unterschiedlichen Schulformen widerspiegelt, ist eine Herausforderung für beide Partner – für Wir wünschen Ihnen und Ihren Schulklassen eine die Museumspädagoginnen und Museumspäda- gute Zeit in der Ausstellung und hoffen, dass Sie gogen sowie die Sportwissenschaftlerinnen und der Bewegung, dem Spiel und dem Sport noch Sportwissenschaftler –, die in konstruktiver Ab- mehr Raum in Ihrem Leben gewähren – mit und stimmung bewusst ein fächerübergreifendes Ter- ohne smartem Fitness-Tracker! rain betreten. Heranwachsende können geschichtsinteressiert Apl. Prof. Dr. Swantje Scharenberg sein – das haben beispielsweise die FoSS-Vorle- FoSS-Leiterin sung zu „Turn-Geschichten“ bei der KIT-Kinder- uni oder auch eine Umfrage nach Sporthelden bei Prof. Dr. Alexander Woll U-12-Junioren (Fußball) gezeigt, über die im FoSS- Newsletter 2015 berichtet wurde. Demnach sind FoSS-Vorstandsvorsitzender die Helden der Kinder die prägenden Persönlich- keiten ihrer aktuellen Sportwelt: „Christiano Ro- naldo“, „Manuel Neuer“, „Lionel Messi“, „Lebron James“, „Usain Bolt“, „Marco Reus“ und „mein Vater“. Wie stets, ist der didaktische Zugang auch beim Thema Sport und Technik entscheidend. Das TECHNOSEUM, Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim, ist ein exzellenter außerschu- lischer Lernort, der für diese Ausstellung sowie für die ebenfalls angebotenen Veranstaltungen des Schülerlabors und der Kinder-Uni-Vorlesung ideal ist. Ein besonderer Reiz besteht darin, über Sport an einem nicht originär sportlichen Ort zu reflektieren. Die Autorinnen und Autoren dieses Lehrerhefts – denen unser Dank gilt – hatten als Vorgabe, nicht auf enzyklopädisches Wissen zu Leibesübungs- kultur und zu technischer Entwicklung einzuge- hen, sondern über die Unterrichtsmaterialien, die sich eng an den Exponaten der Ausstellung TECHNOSEUM 3
Einführung in die Ausstellung FERTIG? LOS! Die Geschichte von Sport & Technik Alexander Sigelen Sport ist heute allgegenwärtig, ob im Verein, im Fitness-Studio, in freier Natur, auf der Straße, im Stadion oder vor dem Fernseher. Er begeistert, beflügelt und hat leidenschaftliche Fans. Er beeinflusst Moden und sogar Körperbilder. Dadurch entfaltet er gewaltigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Einfluss. Dabei hat der moderne Sport noch gar keine so lange Geschichte und ist eng mit der Industrialisierung und Technisierung der Welt seit dem 19. Jahrhundert verbunden, auch wenn seine Ursprünge bis in die Frühe Neuzeit reichen. Kontrollierte, gemessene Leistung erlangte mit sondere Metalle ermöglichten neue Bauformen der Industrialisierung zentrale Bedeutung, in der von Sportgeräten, wodurch die Leistungsgrenzen Arbeitswelt wie im Sport, hier wohl am spekta- erheblich verschoben wurden. Ihre Herstellung kulärsten. Der Wettstreit um das Höher, Schnel- wandelte sich vom Handwerk zur industriellen ler und Weiter an den Grenzen menschlicher Massenproduktion. Sport wurde tiefgreifend ver- Leistungsfähigkeit wurde zu einem bedeutenden wissenschaftlicht, von der gezielten Erforschung Merkmal des Sports. In der „Versportung“ kör- menschlicher Bewegungsabläufe über das tech- perlicher Wettkämpfe spiegeln sich grundlegende nisch unterstützte und überwachte Training bis gesellschaftliche Vorgänge der Industrialisierung hin zum Missbrauch medizinischer Erkenntnisse wie Reglementierung und Normierung im Sinne im Doping. Das Streben nach Rekorden sowie der der Setzung von verbindlichen, schriftlich nieder- Vergleich von gemessenen und messbaren Leis- gelegten Regeln und der Vereinheitlichung von tungen führten zur Normierung und Vereinheitli- Materialien, Geräten und Abläufen. Ebenso präg- chung von Sportstätten, Sport- und Messgeräten ten Quantifizierung und Rationalisierung Sport sowie Wettkampfbedingungen. wie Technik: Zahlen, Messwerte und Statistiken erlangten große Bedeutung. Auch die Frage, wie Sport zivilisierte den regellosen und teilweise ge- Arbeits- oder Körperkraft am ertragreichsten ein- walttätigen körperlichen Wettstreit auch durch gesetzt werden kann, trieb Arbeitswissenschaft- „Fair Play“. Seine Werte wirkten auf die Gesell- ler, Ökonomen und Trainer gleichermaßen um. schaft zurück und beeinflussten den kulturellen, Vorangetrieben wurde all dies vom Ziel der Leis- ökonomischen und sozialen Wandel entschei- tungssteigerung bis hin zum Rekord. dend. Zugleich wurde Sport immer wieder po- litisch vereinnahmt. Er kann daher als Indikator Eine entscheidende Rolle dabei spielte die tech- gesellschaftlicher Entwicklungen dienen. Die von nische Durchdringung des Sports im 20. Jahr- Sport immer stärker geprägte „Erlebnisgesell- hundert. Materialien wie Kunststoffe oder be- schaft“, wie sie in den letzten Jahrzehnten des TECHNOSEUM 5
Einführung in die Ausstellung Steher-Rennen mit Schrittmachermotorrad, 1920er Jahre 20. Jahrhunderts entstand, brachte neue individu- 1. Sport erobert die Welt alisierte und erlebnisorientierte Trendsportarten hervor. Sie betonen stärker als die reine Leistung Zunächst wird ein Blick auf die Wurzeln des mo- andere Facetten, von Gesundheit und Aussehen dernen Sports und die Geschichte seiner weltwei- über körperliche Selbstoptimierung bis hin zum ten Verbreitung geworfen. Im 18. Jahrhundert eigenen und gemeinschaftlichen Erleben, auch entwickelte sich in England aus älteren Vorbil- von Grenzerfahrungen. dern der moderne Sport als eine vom Leistungs- gedanken geprägte Wettkampfkultur. Zunächst Die Ausstellung geht dem vielfältigen Wechsel- konkurrierte er mit anderen Bewegungskulturen spiel von Sport, Technik und Gesellschaft in sechs wie dem deutschen Turnen, das für die Idee der Themenfeldern nach: Körperertüchtigung unter nationalen Vorzeichen stand. Die Turner lehnten den Wettkampfgedan- ken lange ab. Sowohl Turnen als auch Sport wa- ren Bewegungen allein von Männern und nur von solchen aus gehobenen Schichten. Das wachsen- de Interesse am antiken und englischen Sport reg- te 1896 die Austragung der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit an. Zunehmend wurde Sport zu einem Mittel gesellschaftlicher Teilhabe. Un- ter anderem entstand eine lebendige Kultur des Arbeitersports. Aus der allgemeinen Sportbegeis- terung entwickelte sich bis etwa 1920 ein profes- sioneller Massen-, Publikums- und Rekordsport. Dieser trat einen Siegeszug um die Welt an und schloss allmählich Sportlerinnen und Sportler aus allen Kontinenten ein. Im Sport entwickelte sich eine Welt von Helden und Mythen, die aber auch politisch instrumentalisiert wurden. Turnpferd, um 1910 6 TECHNOSEUM
FERTIG? LOS! + 2. Sportliche Körper Im Hauptteil folgt die Ausstellung dem „Weg“ einer Sportlerin oder eines Sportlers vom tech- nisch unterstützten Training des Körpers und der Auswahl der optimierten Sportgeräte über die Leistungsmessung beim sportlichen Wettkampf. Bewegung setzt ein fein abgestimmtes Zusam- menspiel von Nerven, Muskeln, Knochen und Gelenken voraus. Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit bestimmen die körperliche Leistungsfähigkeit. Die Biomechanik erforscht menschliche Bewegungsabläufe. Um den Leistungsstand wissenschaftlich zu messen und das Training zu planen, kommen im Spit- zensport technische Instrumente wie Kraftmess- platten oder Fahrradergometer zum Einsatz. Viel- fältige Trainingsgeräte ermöglichen es, einzelne Sicherheitsprobenflaschen „BEREG-KIT für Urin- Fähigkeiten gezielt zu verbessern. Schon um 1900 tests” bei Dopingkontrollen, 2017 wurden die ersten Geräte für den Hausgebrauch vermarktet, um die Gesundheit zu fördern. Doch ob Sport treiben gesund ist, entscheidet das rich- tige Maß. Denn bei falscher oder zu starker Belas- 3. Technik im Wettstreit tung drohen Unfälle und Langzeitschäden. Auch Medikamentenmissbrauch zur Leistungssteige- Ohne Technik kein Sport! Fast keine Disziplin rung kann zu körperlichen Schäden führen. Seit kommt ohne besondere Geräte oder Kleidung den 1960er Jahren wird die Wettbewerbsverzer- aus. In vielen Sportarten hat die Erforschung rung durch Medikamente als „Doping“ verfolgt und Verbesserung der Formen, Materialien und und bedroht zunehmend die Glaubwürdigkeit des Handhabung von Sportgeräten zu gewaltigen Sports. Leistungssprüngen geführt. Stabhochspringer erreichen mit modernen Carbon-Stäben fast die doppelte Höhe wie mit Holzstäben im 19. Jahr- hundert. In manchen Fällen führt die Leistungs- explosion jedoch dazu, dass neue Technologien verboten werden, beispielsweise um dem kör- perlichen Wettstreit den Vorrang vor dem tech- nischen zu geben. Mit Hochleistungsprothesen und besonderen Rollstühlen können auch Men- schen mit körperlichen Beeinträchtigungen Sport treiben und Spitzenleistungen erbringen. Selbst in Sportkleidung ist Technik allgegenwärtig: vom richtigen Schuhwerk wie den extrem leichten Fußballschuhen über atmungsaktive Kleidung bis hin zur Schutzausrüstung wie im Eishockey. Mit dem Massensport entstand eine vielfältige Sport- artikelindustrie, die moderne Fertigungsmetho- den einsetzt und Milliardenumsätze verzeichnet. Schwimmanzug von Olympiasieger Michael Phelps, 2000 TECHNOSEUM 7
Einführung in die Ausstellung Zielkamera „OPTIC 3” und damit aufgenommenes Zielfoto, 2017 4. Schneller, weiter, ferzählung Einzug gehalten. Bei der Torlinientech- nik im Fußball erfassen Hochgeschwindigkeits- genauer kameras oder Chips, ob der Ball im Tor ist. Der Videobeweis unterstützt in verschiedenen Sport- Der Wettkampfsport lebt vom Vergleich sportli- arten die Unparteiischen. cher Leistung. Zeiten, Höhen, Weiten oder Punkte entscheiden über Sieg oder Niederlage. Genaue Messungen und strenge Regeln sind ebenso un- verzichtbar, um Rekorde zu vergleichen. Daher 5. Vom Stadion ins werden Messungen immer weiter automatisiert, Wohnzimmer um den Mensch als Fehlerquelle auszuschließen. So verlässt man sich heute nicht mehr auf Auge, Sport ohne Publikum? Undenkbar. Der Sport übt Hand und Stoppuhr, sondern auf Startpistole, weltweit eine große Faszination aus. Immer mo- Lichtschranke und elektronische Uhr, die bis auf dernere Stadien bieten ihm eine Bühne. Auch in Tausendstel-Sekunden genau messen. Die Rei- Presse, Radio und Fernsehen nimmt er großen henfolge beim Zieleinlauf wird mit einem Zielfoto Raum ein. Über die modernen Massenmedien erfasst. Weiten ermitteln Kampfrichter nicht mehr kann Sport immer und überall mitverfolgt wer- mit dem Maßband, sondern mit Messgeräten. den. Das tragbare Kofferradio war die erste Mög- Diese berechnen die Weite über die Laufzeit von lichkeit, auch am Badesee bei der Liveübertragung Lichtstrahlen. Ebenso hat die Technik bei der Tref- mitzufiebern. Neuartige Formen des Zuschauens bietet das Public Viewing. Spitzensport wird mehr und mehr zum Event und zum Geschäft. Dies spiegelt sich nicht zuletzt im Rechtehandel für Fernsehübertra- gungen wider. Eine bedeutende Rolle in den Budgets von Sportvereinen nehmen Merchandising und Sponsoring ein. Eini- ge Sportlerinnen und Sportler aus den medienwirksamen Sportarten werden zu Stars und verdienen mit Werbeverträgen Millionen. Zuschauer und Fans tragen zu dieser Entwicklung bei, doch aus der Fanszene kommt auch Kritik. Sportarten, die weniger wahrgenommen werden, bleiben solche Einnahmequellen häufig verwehrt. Optisches Torlinientechnik-System „Goalcontrol”, 2018 8 TECHNOSEUM
FERTIG? LOS! 6. Trendsports und Sporttrends Zum Schluss führt die Ausstellung in die Vielfalt des heutigen Sports. Sportlichkeit hat heute ei- nen sehr hohen Stellenwert. Sneaker und Sport- kleidung sind längst Alltagsmode geworden. Neben dem Leistungsgedanken rückten andere Beweggründe immer weiter in den Vordergrund. Ausgehend von der „Trimm-Dich“-Kampagne der 1970er Jahre entwickelte sich eine Fülle von Sportarten, bei denen die Gesundheit im Mittel- punkt steht. Bei Sportarten wie Aerobic und Body- building spielt daneben der Wunsch nach gutem Aussehen eine wichtige Rolle. Beide Entwicklun- gen verschmelzen in der Fitnessbewegung. Viele Menschen suchen zudem das Erlebnis von Freiheit und Abenteuer, das sie in Trendsports wie Surfen, Klettern und Parkour finden. Häufig erfüllt sich in diesen Sportarten auch der Wunsch nach Gemein- 12 schaft. Trotz der bewussten Abgrenzung stellt dies eine Gemeinsamkeit zur Vereinskultur dar. Ein wei- terer weltweiter Trend ist der E-Sport. Dabei treten Gamer in Videospielen gegeneinander an und Mil- lionen sehen online oder in der Arena zu. 34 Plakat „Philips Taschenrasierer”, um 1955 Die Ausstellung gibt so Einblicke in die technische Entwicklung des Sports und zeigt dabei die Wech- selwirkung von Gesellschaft und Sport bis hin zu 56 ethischen Debatten über Geschlecht und Fairness oder Veränderungen von Körperidealen und Alltags- kleidung durch den Sport. Die „Sportifizierung“ ist ein rasanter Prozess, der andauert. Ob „Sportskano- ne“ oder „Sportmuffel“ – Sport bewegt, und das in 78 doppeltem Sinne. Sandow's-Griffhantel „Spring-Grip-Dumb-Bells”, um 1910 TECHNOSEUM 9
Übersichtsplan der Ausstellung Sportliche Eingang Sport erobert die Welt Körper Trendsports und Sporttrends Ausgang 10 TECHNOSEUM
12 34 FERTIG? LOS! 56 Schneller, weiter, genauer Technik im Wettstreit Vom Stadion ins Wohnzimmer TECHNOSEUM 11
Die Geschichte des Sports 1. Primarstufe, Sekundarstufe I und II Swantje Scharenberg Der Start des 100-Meter-Laufs bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen 1896
FERTIG? LOS! + Bildungsplanbezug Sekundarstufe II: Englisch „Leseverstehen“. Sport „Sport und Gesellschaft“. Geschichte Baden-Württemberg „Grundlagen des Faches“, „Menschenbilder der Primarstufe: Sachunterricht „Kinder werken“. Gesellschaftstheorien des 19. Jahrhunderts“. So- Kunst/Werken „Kinder nehmen ihre Umwelt wahr“. zialkunde „Strukturen der Gesellschaft“. Bewegung Spiel und Sport „Spielen – Spiele – Spiel“. Sekundarstufe I: Sport „Reflexions- und Urteils- kompetenz“, „Wissen“, „Spielen“. Geschichte „Me- In der Ausstellung thodenkompetenz“, „Reflexionskompetenz“, „Der industrialisierte Nationalstaat – Durchbruch der Mo- Anhand von Texten und Exponaten wird aufge- derne“. Gemeinschaftskunde „Zusammenleben in zeigt, wie sich die Bewegungskultur, die wir heute sozialen Gruppen“. Ethik „Erscheinungsformen und verkürzt als „Sport“ bezeichnen, von der Vormo- Bedeutung des Religiösen“. derne bis heute entwickelt hat. Im Folgenden liegt Sekundarstufe II: Sport „Wissen“, „Spielen“. Ge- dann der Fokus einerseits auf der Ausdifferenzie- schichte „Orientierungskompetenz“, „Fragekompe- rung des Sports – wissenschaftlich seit Anfang tenz“. Englisch „Leseverstehen“. des 20. Jahrhunderts – unter dem Aspekt der Leistungsmaximierung, andererseits finden sich in Hessen der Ausstellung auch die Einflüsse des deutschen Primarstufe: Sachunterricht „Spielen und Frei- Turnens und der schwedischen Gymnastik im zeit“, „Erfahrung mit Natur und Technik“. Sport Gesundheitssport wieder. Über die Olympischen „Spielen“. Spiele der Neuzeit wird zum Massenphänomen Sekundarstufe I: Ethik „Recht und Gerechtigkeit Sport der heutigen Ausprägung übergeleitet. II: Das Recht /Freiheit und Gleichheit der Rechte“, „Religion II: Riten – Ausdruck der Religionen“. Ge- schichte „Das deutsche Kaiserreich zwischen Tra- Inhalt – worum geht´s? dition und Moderne“, „Das deutsche Kaiserreich von 1871 – Lösung der nationalen Frage?“. Politik Bewegung, Spiel und körperliche Aktivität können und Wirtschaft „Jugend in der modernen Gesell- zeitlich sehr weit zurückverfolgt werden und wa- schaft“. Sport „Bewegungsaufgaben gemeinsam ren im europäischen Kulturraum mehrheitlich ein lösen und vielfältige Bewegungserfahrungen Zeitvertreib am Rande von jahreszeitlichen Festen, beim Laufen, Springen und Werfen sammeln“, wie Sonnenwendfeiern, oder auch von anderen „Vom kooperativen zum konkurrierenden Spiel“. öffentlichen Ereignissen, wie Hinrichtungen. Erst Sekundarstufe II: Englisch „The Challenge of In- im 18. Jahrhundert hat sich in England der Be- dividualism“. Ethik „Menschenbilder in Philosophie griff „Sport“ für die britische Leibesübungskul- und Wissenschaft: Anthropologische Vorausset- tur etabliert, der seit dem 20. Jahrhundert auch zungen verantwortlichen Handelns“. Geschichte in Deutschland nach und nach in allen Bereichen „Gesellschaftliche Veränderungsprozesse am Be- Einzug gehalten hat. Sport, so wie wir ihn heute ginn der Moderne“. Sport „Einführungsphase“. verstehen und wie dieser auch in den Medien ab- gebildet wird, ist mit einer Reduzierung der Lei- Rheinland-Pfalz besübungskultur auf aufgeschriebene Leistungen Primarstufe: Sport „Bewegen mit Geräten und („records“), Regeln, Wettkämpfe mit einem Sie- Materialien“, „Laufen, Springen, Werfen/Sto- ger und Verlierern und somit auch der Nutzung ßen“, „Miteinander und gegeneinander spielen“. leistungssteigernder Mittel (Doping) verbunden. Sachunterricht „Ich und andere – Perspektive Bei der Bildung des heutigen Sportverständnisses Gesellschaft“, „Bebaute und gestaltete Umwelt haben unterschiedliche Strömungen einen Beitrag – Perspektive Technik“, „Vergangenheit, Gegen- geleistet. Für Europa sind der englische Sport, das wart, Zukunft – Perspektive Zeit“. deutsche Turnen und die schwedische Gymnastik Sekundarstufe I: Sport „Sportunterricht im päd- zu nennen. Nach einigen einleitenden Informati- agogischen Freiraum“. Geschichte „Die weltweite onen zum Kontext des Sports wird der Archetyp Auseinandersetzung um politische Ordnungen“. des Sportgerätes in den Mittelpunkt gestellt: der Ethik „Orientierungssuche und Autonomie; Idole Ball. – Ideale“. TECHNOSEUM 13
1. Die Geschichte des Sports Der Kontext des Sports – arbeiten durften. Der deutsche Gymnasiallehrer Hintergrundinformationen zum Thema Konrad Koch führte zusätzlich zum bestehenden Turnunterricht am Braunschweiger Gymnasium Die Geschichte des Sports beziehungsweise der die „Schulspiele“, unter anderem Fußball (1873) Leibesübungskultur ist die Geschichte ganz unter- und Cricket (1876) ein. Als Lehrer für Deutsch und schiedlicher Kulturen. „Sport“ wird einerseits als Sprachen agierte er hier fächerübergreifend, in- Mikrokosmos der jeweiligen Gesellschaft bezeich- dem er die englische Sprache unterstützt durch net, andererseits ist die Sprache des Sports eine die „Sports“-Terminologie, die bei den Schulspie- weltweit verständliche, die neben dem Leistungs- len angewandt wurde, lernen ließ. gedanken viele andere Funktionen beinhaltet. So erschließen und erobern wir durch Bewegung, Der olympische Konsens – Spiel und Sport individuell Räume und verteidigen Sport als Religion diese gegebenenfalls. Sport wird oft auch mit Kampf oder Krieg assoziiert, in Gefangenenlagern Ende des 19. Jahrhunderts wurden einige kul- werden Sportspiele zwischen dem Wachpersonal turelle Wurzeln der Leibesübungskultur durch und den Insassen durchgeführt, Sport bereitet auf Pierre de Coubertin, dem französischen Päda- militärische Einsätze vor. gogen, in den Olympischen Spielen der Neuzeit zusammengebracht. Coubertin hob unter ande- Die Schule als Labor rem die „olympische Erziehung“ hervor, die auf gesellschaftlichen Werten und Ritualen bis hin Die Schule als Setting ist für den Siegeszug des zu religiösen Aspekten basiert. Der Initiator der Sports eine entscheidende Basis in ganz Europa: Olympischen Spiele der Neuzeit bewertete die Mit seinem Hauptwerk „Émile oder Über die Er- Teilnahme an den Spielen als das quasi-religiöse ziehung“ hat Jean-Jacques Rousseau 1762 die Maximum. Der Wettkampf entspräche dem Ri- Kindheit thematisiert und hier unter anderem auf tual eines Gottesdienstes, die Athleten glaubten den üblichen sitzenden Lebensstil hingewiesen. an ihre Leistungsfähigkeit und somit an ein po- GutsMuths hat im Philanthropin in Schnepfenthal (Thüringen) die ganz- heitliche Erziehung und damit auch die Leibeserziehung als existentiell für die Gesundheit propagiert und seine Ideen unter anderem auch in seinem 1793 erschienenen „Gym- nastik für die Jugend“ niederge- Waldi, das Maskott- schrieben. Friedrich Ludwig Jahn chen der Olympischen erbaute 1811 mit seinen Zöglingen Spiele 1972 nachmittags, nach Beendigung des Schulunterrichts, den ersten deutschen Turnplatz sitives Ergebnis, das sie im fairen Wettkampf mit auf der Hasenheide in Berlin. Thomas Arnold, seit – und nicht gegen! – andere ermittelten. Couber- 1828 Rektor der Rugby School in Rugby, einer tin nahm damit in seine Argumentation als we- Modellschule in England, hat – wie im 1857 ver- sentlichen Bestandteil des Olympismus prominent fassten Buch „Tom Brown´s Schooldays“ von Tho- die bereits von Alfred Arthur Lynch im „Koran of mas Hughes nachzulesen ist – die Vorarbeit dazu Love” formulierte religio athletae (Religion des geleistet, dass seit den 1860er Jahren in England Athleten) auf – einen ganzheitlichen Ansatz, der „Sports“ an Public Schools für die Mittelklassen- die Verbindung von schönem (gesundem) Körper schüler beiderlei Geschlechts obligatorisch wurde. und Geist thematisiert. Adolf Spieß ist es über Preußen hinaus zu verdan- ken, dass das Turnen in der 2. Hälfte des 19. Jahr- Die höhere Macht, die für sportliche Höchstleis- hunderts an öffentlichen Schulen etabliert wur- tungen von einigen Athletinnen und Athleten de, eine staatliche Ausbildung von Turnlehrern bemüht wird, zeigt sich auch in der Kultur der – auch in der Schweiz – eingeführt wurde und Talismane beziehungsweise der Maskottchen, die über seine „Turnfibel für Mädchen“ die jungen ganz unterschiedliche Formen annehmen können: Damen in entsprechender Kleidung, Korsett und die Kaninchenpfote, die, unter ihrem Eislauftrikot Röcken, im Turnunterricht an ihrer Körperbildung in Höhe des Herzens getragen, Sonja Henie in den 14 TECHNOSEUM
FERTIG? LOS! + 1920er Jahren Sicherheit gegeben hat; die seit ewigen Zeiten getragene Unterhose, die bei wich- tigen Spielen entscheidend war; oder der Geiß- bock des 1. FC-Köln, der als Talisman (arabisch tilsamân = Zauberbild) die „Personifikationen” des Wir-Gefühls des Teams darstellt und das auch die Fans mit einschließt, sind Beispiele für indivi- duell wirkungsvolle, möglichst geheim gehaltene oder über den Teamspirit öffentlich konturierende Glücksverstärker, die späterhin zu Memorabilien eines Lebensabschnitts oder – wie der Dackel Waldi, das Maskottchen der Olympischen Spiele 1972 – eines Ereignisses und somit ein Erinne- rungsort werden. „Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten“ (Sepp Herberger) Der Ball als Symbol des „Spieltriebs“ ist ein run- des, rollendes, fliegendes, springendes Objekt in Kugelform. Archäologische Funde belegen unzählige Materialien und Größen und geben damit Aufschluss über ganz unterschiedliche Flugeigenschaften. Bälle können aus Tierblasen, Holz, gepressten Tierhaaren oder Federn herge- stellt werden. Bemalte Lehmkugeln wurden im alten Ägypten zum präzisen Werfen und Fangen genutzt, in Hinterindien wurden die Bälle unter anderem aus Pflanzenfasern geflochten, im 14. Jahrhundert warfen in England Mönche rohe Eier über die Klostermauern, die von der hungernden Bevölkerung mit viel Geschick gefangen wurden. Die Mayas spielten ihre Bälle aus Hartgummi mit Mittelamerikanische (oben, Alter unbekannt) und dem Steiß auf eigens errichteten Ballspielplätzen. europäische Darstellung (unten, um 1535) des Ball- Das Ziel bei den Mayas war es, den Ball durch ei- spiels der Maya nen Ring, der für die eine Mannschaft die Sonne, für die andere den Mond repräsentierte, zu be- Noch heute wird am Objekt „Ball“ geforscht, fördern. Die Regeln für dieses kultisch begründe- um die optimalen Eigenschaften bezogen auf die te Spiel vorab zu kennen, war lebensnotwendig: Sportart im Endprodukt zu vereinen. Bälle, die Eine überlieferte „Spiel-“form war hier, dass die im internationalen Sport eingesetzt werden, sind Verlierer nach dem Spiel geköpft wurden und die normiert. Beispielsweise besteht ein Tischtennis- Schädel als Trophäen aufgespießt wurden. ball aus Zelluloid oder ähnlichem Kunststoff. Der Durchmesser des gleichmäßig runden Balls be- Die Bedeutungen, die dem Ball zugeschrieben trägt seit dem Jahr 2000 40 Millimeter, das Ge- werden, sind vielfältig: wicht des hohlen Balls 2,7 Gramm. Sogenannte Bälle werden – abhängig vom kulturellen Kontext Jumbobälle in der Größe zwischen 43,5 bis 55 – als symbolische Abbilder des Vollkommenen Millimeter sind ebenfalls im Handel erhältlich. Sie betrachtet, sind die Verkörperung des Göttlichen verlangsamen das Spiel und können methodische beziehungsweise der Welt, da weder ein Anfang Hilfsmittel im Kinder- beziehungsweise Senioren- noch ein Ende bei einem Ball zu erkennen ist. sport sein. TECHNOSEUM 15
1. Die Geschichte des Sports Materialien And so within my brain the picture lie Of that dear smitten beauty that I love, • M1 A narrow casket that does open fly Schulsport und Militär When some true word its sesame doth prove; And endless fairy-land swims in my eye `"The battle of Waterloo was won on the playing And soft the sky of hazy blue above, fields of Eton" is popularly ascribed to the Duke Or in a bower of simple, chaste delight of Wellington, who was a graduate of Eton Col- I find ’mid deeper thoughts an hour’s respite. lege and commander in chief of the British and A. Lynch, Koran of Love (London 1894). allied armies at Waterloo. The famous quotation is really only a polished-up version of what the • M3 Iron Duke said. Ten years after the Battle of Wa- Spieldefinition nach Huizinga terloo, while watching a cricket match at Eton, the Duke of Wellington was overheard to say: "The Johan Huizinga definiert den Begriff Spiel wie battle of Waterloo was won here." Of course, the folgt: „Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Be- man who defeated Napoleon at Waterloo did not schäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter mean literally that Eton men had won the battle. Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig ange- He meant merely that the games and sports at nommenen, aber unbedingt bindenden Regeln British colleges developed those qualities in men verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und be- that made good soldiers. Most of our popular gleitet wird von einem Gefühl der Spannung und games and sports are merely mimic warfare. In- Freude und dem Bewußtsein des ‚Anderssein’ als cidentally, the Duke of Wellington and Napoleon das ‚gewöhnliche Leben’”. never met personally, although they were once J. Huizinga, Homo Ludens: Versuch einer Bestimmung des within a quarter of a each other during the Battle Spielelementes der Kultur (Basel 1938) S. 37. of Waterloo.´ G. Stimpson, Information Roundup (New York 1948) S. 57. • M4 Kemari • M2 Koran of Love Ballspiele waren eine Freizeitbeschäftigung und somit zunächst nur wenigen Reichen vorbehalten. I thought upon a time to keep a book „Im Jahre 587 unserer Zeitrechnung kam dieses Of Beauty wherein might recorded be Kreisfußballspiel nach Japan, wo sich ihm sogleich Some hint, some flash, some quick impassioned look der Kaiser selbst widmete, und bis heute ist die- Of every form of Beauty I should see; ses Spiel ein Privileg höchster adliger Freunde des And soon the work some round containment took, Tenno, der Samurais, geblieben. Jedes Jahr wird Religio Athletae, such its blazonry - Kemari beim Shintoschrein – einem Tempel – von A fine idea that both haunt me still, Tonomine in der Provinz Yamato nach den alten Nor yet escapes the compass of my will. Riten und Regeln ausgeführt.“ An Athlete, that’s to say, a poet, too, F. K. Mathys, Die Ballspiele. Eine Kulturgeschichte (Dortmund A soul of strength and grace and plastic ease, 1983) S. 10. That in the body’s bulk shines fervent through, Whose every motion with its own agrees. Die Spielidee bei diesem 20-minütigen Kreisfuß- Perhaps in Greece the type were nearer true ball besteht darin, den Hohlball aus Hirschleder Of soul and body cast in just degrees, in anmutiger und höflicher Weise ununterbro- As witness, dancing, naked, Sophocles chen in der Luft zu halten und sich zuzuspielen. Or Athens’ flower, great Alcibiades. Körperberührungen mit Mitspielenden sind nicht So I had hoped within this modern day gestattet, auch darf der Ball keinesfalls den Ober- To find the tone of that athletic mould, körper eines anderen Spielers treffen. Es ist ein Not merely in the form but in each trait Spiel ohne Sieger, jedoch mit eindeutigem Eigen- And bent a character and thought enrolled; weltcharakter, der durch die steifen schillernden But meaner aims have driven the type away, Gewänder, spezielle Strohhüte und Schuhe auch And if within my mind I still enfold optisch unterstützt wird. Letztlich ist bereits die That former dream of life’s accomplishment, Auswahl, hier teilnehmen zu dürfen, der individu- ‘Tis but a dream, to mine own solace sent. elle Sieg. 16 TECHNOSEUM
FERTIG? LOS! 12 M4 Kemari-Spieler im heutigen Japan • M5 34 anderen vorwärts oder rückwärts stieß’. Aus die- Otto Nerz – Geschichtliches ser Beschreibung geht hervor, daß die römischen Legionäre ein Spiel pflegten, das dem jetzigen „Schon in prähistorischen Zeiten war ein Ball ein Rugby sehr ähnlich ist. Da aber Rugby und Associ- beliebtes Spielzeug. Darüber kann kein Zweifel ation-Fußball ohne Zweifel aus derselben Wurzel sein. Aber Genaues über die in jenen Zeiten ge- entsprangen, kann mit großer Wahrscheinlichkeit 56 übten Spiele ist nicht bekannt. Über die Ballspie- angenommen werden, daß wir in dem ‚harpas- le der Griechen und Römer dagegen haben wir tum’ der Römer unser Fußballspiel – natürlich in schon bestimmtere Nachrichten. In der zwischen einfacher Form – wiedergefunden haben. dem Altertum und der modernen Zeit liegenden Periode haben die Spiele mit dem Ball aber nie Im Mittelalter war in Stadt und Land das Fuß- 78 aufgehört. ballspiel der Höhepunkt gewisser Volksfeste. Un- glücklicherweise führte das Fehlen von Regeln Allgemein wird angenommen, daß schon unter zu einer Verwilderung der Spielsitten, so daß die den ältesten Ballspielen auch Fußball gewesen Spiele nichts anderes mehr waren als wilde Raufe- sei. Aber es läßt sich nicht mit absoluter Sicher- reien. Die Folge war, daß sie behördlich verboten heit feststellen, welches die direkten Ahnen unse- wurden. res Spiels sind. Es besteht die größte Wahrschein- lichkeit, daß ein Spiel der Römer, ‚harpastum’, Im 17. Jahrhundert finden wir das Spiel in den der direkte Vorfahr des Fußballspiels ist. Der Klöstern, wo die Klosterschüler es mit großem Ei- Geschichtsschreiber Pollux beschreibt es mit fol- fer betrieben. Die Berichte lassen uns ahnen, daß genden Worten: ‚Die Spieler gliedern sich in zwei in jenen Zeiten sehr robust, ja für unser Gefühl Gruppen … Der Ball wurde über die Linie in die brutal gespielt wurde. Die ältesten und ausführ- Mitte des Feldes geworfen; … an den zwei En- lichsten Nachrichten über das Spiel in den mittel- den hinter den Plätzen, wo die Spieler sich auf- alterlichen Klosterschulen betreffen die Schule in gestellt hatten, waren zwei andere Linien, über Westminster. Ursprünglich wurde dort auf dem welche sie den Ball zu tragen versuchten, was gepflasterten Hof gespielt. Gegen Ende des 18. nicht geschehen konnte, ohne daß der eine den Jahrhunderts aber wurde das Spiel auf den Rasen TECHNOSEUM 17
1. Die Geschichte des Sports verlegt, und im Jahre 1810 wurde das erste Spiel- • M7 feld für die Schule angelegt. Neue Sportarten Natürlich wurde auch in den anderen mittelalter- Abhängig von den naturräumlichen Bedingungen lichen Bildungsstätten, die mit Internaten verbun- oder auch von der Jahreszeit – beispielsweise nach den waren, Fußball gespielt. Jede Anstalt spielte der Ernte – oder auch aus den kleinen Spielen der nach ihrer eigenen Regel. Diese war das Ergebnis Saisonvorbereitung, die ggf. in der Halle durchge- der örtlichen und persönlichen Verhältnisse der führt werden, entstehen neue Sportarten: betreffenden Schule. Eine Einheitlichkeit bestand nicht. Das war kein Fehler, solange das Spiel nur Im Beachsoccer, der seinen Ursprung im 19. Jahr- in den Schulen gespielt wurde. Die jungen Leute hundert an der Küste Brasiliens hatte, als euro- nahmen aber eine große Liebe zum Fußball aus päische Seeleute auf ihren Landgängen im Sand der Schule mit ins Leben. Es entstanden Vereine. Fußball spielten, wird seit 2005 unter der Schirm- • M6 Bewegungsstudie von E. Muybridge, 1887 Als diese Vereine mit anderen Wettspiele auszu- herrschaft der FIFA alle zwei Jahre eine Fußball- tragen anfingen, da zeigte es sich, daß die man- Weltmeisterschaft ausgetragen. Zwei Mannschaf- gelnde Einheitlichkeit ein großer Nachteil sei. Die ten stehen sich hier mit je vier Feldspielern und Bestrebungen, ein einheitliches Spiel zu schaffen, einem Torwart gegenüber. Als Kleidung sind führten im Jahre 1863 zur Gründung des engli- eine Hose und ein Trikot vorgeschrieben, es wird schen Fußball-Verbandes (The Football Associati- barfuß ohne Schienbeinschoner dreimal je zwölf on). Die erste Tat des neuen Verbandes war die Minuten gespielt. In Deutschland wurde die erste Schaffung einer festen Regel. Es zeigte sich aber, deutsche Meisterschaft 2015 ausgespielt. daß sich im Laufe der Zeit zwei Haupttypen ent- wickelt hatten, die sich nicht vereinigen ließen. So Futsal, ursprünglich in Uruguay als Kinder- bzw. kam es, daß das Streben nach Einheitlichkeit zur Schulsportart entwickelt, ist eine Variante des Spaltung führte. Fußball spaltete sich in Associati- Hallenfußballs. Auch hier gibt es eigene Regeln, on und Rugby. Die Rugbyanhänger traten aus der auch hier gibt es Weltmeisterschaften, die seit neugegründeten Association aus und gründeten 1989 von der FIFA ausgerichtet werden. später einen eigenen Verband. Das innerhalb der Football-Association gepflegte Spiel heißt nun „Association-Fußball“. Das Aufnehmen des Balles mit der Hand ist – im Gegensatz zum Rugby – verboten.“ O. Nerz, Geschichtliches. In: E. Neuendorff (Hrsg.), Die deut- schen Leibesübungen. Großes Handbuch für Turnen, Spiel und Sport. (Berlin, Leipzig 1927) S. 338-356. 18 TECHNOSEUM
FERTIG? LOS! • M8 Spiel zur Steigerung der exekutiven Funktionen Benötigte Materialien: Softbälle in zwei verschie- denen Farben, hier als A und B bezeichnet; Gym- nastikbälle in zwei verschiedenen Farben; 1 Soft- Frisbee Regeln: Bälle der gleichen Farbe beziehungs- weise des gleichen Materials werden stets gleich gespielt. Die Reihenfolge des Zuspiels ist stets – abhängig von der Farbe beziehungsweise dem Material – gleich. Alle Bälle werden vor der neuen Aufgabe eingesammelt. Ablauf: Die Mitspielenden – ca. 12-15 Personen – stehen im Kreis. 1. Spielform A: Die Spielleitung wirft einen Softball (Farbe A) ei- nem Teilnehmenden zu, dieser fängt den Ball und wirft ihn wiederum einer anderen Person im Kreis zu, die möglichst keine direkte Nebenperson ist. • M9 Fackelhalter der Olympischen Spiele,1936 In dieser ersten Runde werden alle Teilnehmen- den nach und nach angespielt, dabei darf keiner der Mitspielenden zweimal den Ball erhalten. gegeben und dabei auf den Boden geprellt, um Nach mehrmalig erfolgreich gespielten Runden danach von dem Mitspieler gefangen zu werden. werden nach und nach weitere Bälle der gleichen Die Varianten (rückwärts, beziehungsweise vor- Farbe und des gleichen Materials von der Spiellei- wärts- und rückwärts mit unterschiedlich farbigen tung ins Spiel gebracht. Bällen) können wie oben beschrieben durchge- führt werden. 2. Spielform B: Die Spielleitung nimmt einen andersfarbigen Soft- 5. Kombination der zwei unterschiedlichen ball (Farbe B). Dieser muss nun in umgekehrter Bewegungsformen Werfen und Prellen: Wurfabfolge gespielt werden. Erneut wird auch Für die Zusammenführung von Werfen und Prel- hier die Wurfabfolge mit mehreren Bällen der Far- len werden sowohl die Softbälle als auch die be B automatisiert, das heißt weiterhin bestimmt Gymnastikbälle genutzt. Erneut gibt die jeweilige die Ballfarbe die Richtung. Farbe die Richtung vor, nur die Komplexität der Aufgaben für jeden einzelnen ist extrem erhöht, 3. Kombination der Spielform A und B: da er jeweils die Aufgabe mit der Beschaffenheit Die Spielleitung wirft einen Ball der Farbe A – wie des Balls (Farbe sowie Softball oder Gymnastik- zu Beginn – der ersten Spielerin oder dem Spie- ball) neu zusammenbringen muss, um die ge- ler zu. Sie oder er spielt diesen – wie anfangs ge- wünschte – richtige – Lösung zu erreichen. lernt – weiter. Dann bringt die Spielleitung weite- re Bälle der Farbe A beziehungsweise B ins Spiel. 6. Störgröße Frisbee: Entsprechend der Farbe A oder B ist die Richtung Die Spielleitung bringt nun – zusätzlich zu den festgelegt. Um das Fangen zu erleichtern, wird sich bereits im Spiel befindlichen Bällen der Farbe von allen Mitspielenden darauf geachtet, dass der A und B – als letzte Eskalationsstufe einen Frisbee oder die jeweils Anzuspielende auch aufmerksam ins Spiel. Mit dem Objekt Frisbee ist keine Wur- ist und keinen Ball in der Hand hat. fabfolge verbunden, das heißt, es muss mittels Blickkontakt oder Zuruf kommuniziert werden, 4. Änderung der Zuspielform: wer als nächstes den Frisbee erhält. Die Idee, mit- Ein Gymnastikball (ideal in Farbe A) wird in der einander zu spielen und sich der Herausforderung bekannten Anspiel-Reihenfolge diesmal weiter- positiv zu stellen, bleibt bestehen. TECHNOSEUM 19
1. Die Geschichte des Sports Arbeitsblatt (Primarstufe) Flugeigenschaften von Bällen 1. Stelle Bälle aus unterschiedlichen Materialien her: • Streiche einen aufgeblasenen Luftballon mit Tapetenkleister ein und beklebe ihn mit b bunten Papierschnipseln • Fülle einen Luftballon mit Sand und klebe ihn zu • Gestalte einen Ball aus einer Socke • Puste ein Ei aus, fülle es mit Sand und klebe es zu 2. Überlege, welche Eigenschaften runde oder zum Beispiel ovale Flugobjekte wohl haben werden. 3. Versuche den Eierweitwurf mit den ausgepusteten Eiern durchzuführen. Warum ist es so schwierig, ein Ei zu fangen? Welche Sinne und Funktionen arbeiten dabei zusammen? Und was ist Auge-Hand-Koordination? Kemari M4 4. Lies den Text über Kemari und schau dir das Bild an. Wer darf bei Kemari teilnehmen? 5. Wie sah und sieht die „Sportkleidung“ bei Kemari aus? 6. Kannst du dir denken, was Spiele ohne Sieger sind? 20 TECHNOSEUM
12 34 FERTIG? LOS! 56 Arbeitsblatt (Sek I) Große Spiele und kleine Spiele 1. Wir unterscheiden große Sportspiele und kleine Spiele, die die Spielidee von großen Sport- spielen auch im Schulsport vorbereiten. Ein Beispiel von großem und kleinem Spiel ist die Vorbereitung im Tischtennis durch Rundlaufspiele um die Tischtennisplatte. Versuche Beispiele zu finden, welche kleinen Spiele zunächst in dieser Funktion in der Schule durchge- führt wurden und in der Zwischenzeit sich auch außerhalb des Schulsports etabliert haben. M7 Exekutive Funktionen 2. Laufen macht schlau. Parkour, ein moderner Querfeldeinlauf durch die Stadt oder Natur, lässt uns kreativ werden. Offensichtlich haben bestimmte Sportarten einen Einfluss auf exe- kutive Funktionen. Was sind exekutive Funktionen überhaupt? Kemari M4 3. Vergleiche Kemari mit dem Spiel zur Steigerung der exekutiven Funktionen. M4 und M8 4. Welche Voraussetzungen sind notwendig bei „Spielen ohne Sieger“? Welche anderen Spiele ohne Sieger kennst du? Otto Nerz – Geschichliches M5 5. Welche Aspekte des heutigen Fußballspiels versucht Nerz in seiner historischen Abhandlung nachzuweisen? 6. Sport wird als Mikrokosmos der Gesellschaft bezeichnet – findest du hier Belege im Text von Nerz? 7. Die Sprache des Sports ist international. Erkläre diese Aussage auf Grundlage des vorliegenden Nerz-Texts. TECHNOSEUM 21
1. Die Geschichte des Sports Arbeitsblatt (Sek II) Geschichte der Leibesübungskultur 1. Suche Gründe dafür, warum das TECHNOSEUM in seiner Ausstellung „FERTIG? LOS! Die Geschichte von Sport & Technik“ mit der Industrialisierung beginnt. 2. Die Fackel von 1936 M9 kann als Erinnerungsort bezeichnet werden. Das Konzept der „Erinnerungsorte“ ist in der (Sport-)Geschichte etabliert. G. Pfister, Olympische Erinnerungsorte. In: K. Achilles (Hrsg.), Streifzug durch die Sportgeschichte: Festschrift zur Verabschiedung von Prof. Dr. Harald Braun. Schriftenreihe zum Hochschulsport 4 (Bremen 2004) S. 53-82. Erarbeite eine Definition des Konzepts „Erinnerungsorte“ und wende dieses beispielhaft auf andere Bereiche an, zum Beispiel Musik, Sport, Kunst. 3. Beschreibe begründet konkrete sportbezogene Erinnerungsorte in der jeweiligen Stadt (zum Beispiel auch Stolpersteine), um einen aktuellen Zugang zur regionalen Sportgeschichte zu erhalten. 4. Inwiefern können die Bilder von Muybridge als Erinnerungsorte fungieren? M6 Definition von Spiel M1, M2, M3 5. Wie korrespondieren die Zweckfreiheit als sportimmanentes Definitionsdetail, beziehungs- weise die Freiwilligkeit des Spiels mit einer körperlich-sportlichen Aktivität, die militärischen beziehungsweise kriegerischen Hintergrund hat? Spiele ohne Sieger 6. Ist Kemari Sport? – Diskutiere den heutigen Sportbegriff und suche nach Übereinstimmun- gen und Differenzen bei Kemari. M4 7. Spielt das Spiel zur Steigerung der exekutiven Funktionen. M8 8. Welche exekutiven Funktionen werden bei diesem Spiel zur Steigerung der exekutiven Funk- tionen konkret geschult? 9. Vergleiche den Spielablauf des Spiels zur Steigerung der exekutiven Funktionen mit Situati- onen aus dem eigenen Verhalten oder sozialen Miteinander, beispielsweise die Übertragung von immer mehr Aufgaben (Bälle der gleichen Farbe) unter Zeitdruck, das immer enger werdende Netzwerk mit einer differenzierten Aufgabenstruktur sowie die Störgrößen – wie persönliche Erlebnisse (im Spiel das Frisbee) die unerwartet eintreten. 22 TECHNOSEUM
Sport und Gesundheit 2. Primarstufe, Sekundarstufe I und II Jan Schwamm Der 1811 angelegte Turnplatz auf der Berliner Hasenheide, um 1850
2. Sport und Gesundheit […] orandum est ut sit mens sana in corpore sano. „Beten sollte man darum, dass ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei.“ Juvenal, Saturae / Liber IV / Satura X / Vers 356 Anima sana in corpore sano – Asics: Markenname und Motto des Sportartikelherstellers Bildungsplanbezug In der Ausstellung Baden-Württemberg Die Schülerinnen und Schüler erhalten in der Aus- Primarstufe: Sport „Körperwahrnehmung“. stellung vielfältige Informationen zum Themen- Sachunterricht „Körper und Gesundheit“. komplex Sport und Gesundheit. Im Ausstellungs- Sekundarstufe I: Biologie „Ernährung und Ver- bereich „Sportliche Körper“ werden biologische dauung“. Sport „Fitness entwickeln“. Naturwis- Grundlagen vermittelt und es wird gezeigt, wie senschaft und Technik „Informationsaufnahme Sport auf den Körper wirkt – positiv und negativ. durch Sinne und Sensoren“, „Gewinnung und Thematisiert werden zudem Training, Ernährung Auswertung von Daten“. und auch Doping. Sekundarstufe II: Ethik „Handeln in der medial vermittelten Welt“. Sport „Wissen“, „Fitness ent- wickeln“. Inhalt – worum geht´s? Hessen Manche Missverständnisse, die den Zusammen- Primarstufe: Fächerübergreifende Aufgabenge- hang von körperlicher Aktivität und daraus resul- biete „Ernährung und Körperpflege“. tierenden Gesundheitswirkungen betreffen, sind Sekundarstufe I: Biologie „Mensch“. Sport tatsächlich schon so alt, dass ihre kritische De- „Leichtathletik“. konstruktion der Arbeit am Mythos gleichkommt. Sekundarstufe II: Biologie „Stoff- und Energie- Meist wird das Begriffspaar ‚Sport und Gesund- fluss in Lebewesen“. Sport „Den Körper trainie- heit’ intuitiv als offensichtlich positiv wahrge- ren, die Fitness verbessern“. nommen. Dabei regt sich durchaus immer wie- der spöttische Kritik an der suggestiven Setzung. Rheinland-Pfalz Diese kommt bezeichnenderweise eher aus dem Primarstufe: Sport „Laufen, Springen, Werfen/ intellektuellen Lager denn von Seiten des Sports, Stoßen“. Kompetenzentwicklung „Personale wie das Couplet von Karl Valentin aus dem Jahre Kompetenz“. 1925 veranschaulicht (Arbeitsblatt 1 auf S. 28). Sekundarstufe I: Sport „Leichtathletik“, „Sport- unterricht im pädagogischen Freiraum“. Naturwis- senschaften „Körper und Gesundheit“. Biologie „Sport und Ernährung – Energiebilanz des Kör- pers“. Physik „Sensoren im Alltag“. Sekundarstufe II: Biologie „Stoffwechsel & Energiefluss lebender Systeme“. Sport „Themen- orientierter Fitnesskurs“. Physik „Physik und Sport“. 24 TECHNOSEUM
FERTIG? LOS! + Einführung – Hänschen als Anpassungs- Individuelle Sportsmann erscheinung Wahrnehmung Und auch wenn es sich wohl um eine fälschliche Die Grundlagenaus- Beim Treppenlaufen Zuschreibung handelt: Die vermeintliche Ant- dauer verbessert sich. in den zweiten Stock wort des berühmten britischen Premierministers kommt man nicht Winston Churchill auf die Frage eines Reporters, mehr außer Atem. warum er trotz Zigarren- und Whiskykonsum ein so hohes Alter erreichen konnte, ist vor allem Die Kraftfähigkeit vor Kniebeugen im Sport- im deutschsprachigen Raum sehr wirkmächtig allem in den Beinen unterricht sind kein geworden: „No sports!“ (C. Drösser, Stimmt’s? verbessert sich. Problem! Sportlicher Premier. In: Die Zeit 25/2005 vom 16. Juni 2005) Die Koordination bei Mit dem Bike oder Diesen, oft durchaus ironisierenden, Schlaglich- Roll- und Gleitbewe- Board schlängelt man gungen verbessert bald mühelos um jedes tern stand und steht jedoch eine Vielzahl von All- sich. Hindernis. tagsmythen gegenüber: „Schwimmen ist gut für den Rücken“, „Joggen macht schlank“, „Im Fit- nessstudio mach ich was für meine Gesundheit“. Auswirkung der Adaption Diese Aussagen haben alle zwei Dinge gemein: das in ihnen enthaltene Körnchen Wahrheit sorgt für gesellschaftliche Akzeptanz und so verallge- Die Fähigkeit des Körpers zur Adaptation bildet meinert taugen sie nicht wirklich als Anleitung die Grundlage jedes sportlichen Trainings. Leider auf dem Weg zu einem gesunden Geist in einem funktioniert dieser Weg in beide Richtungen. gesunden Körper. Aber, um bei Juvenal zu blei- Das bedeutet, dass Bewegungsmangel auch im- ben, hilft jetzt nur noch beten? Keineswegs! Alles mer gleichzeitig zu einer Verminderung der Leis- was das Hänschen aus Valentins Couplet benötigt tungsfähigkeit führt. Schul- und Arbeitsalltag hätte, wäre eine zielführende Orientierungshilfe des modernen Menschen im digitalen Zeitalter gewesen. Und damit lässt sich auch heute der sind oft bewegungsarm. Langes Sitzen in vorn- ‚personal trainer‘ zu großen Teilen ersetzen. übergebeugter Haltung, kalorienreiche und einseitige Ernährung sorgen eben auch für An- Hintergrundinformation – passungserscheinungen, und diese sind der Ge- „Hänschen wollte Sport betreib´n, sundheit wenig zuträglich. denn er war sehr schwächlich“ Neben dem Breitensport im Verein oder sogar Der menschliche Körper passt sich über die ge- dem Leistungssport hat sich in den letzten Jah- samte Lebensspanne an die Anforderungen sei- ren der sogenannte Gesundheitssport etabliert. ner Umwelt an. Dabei ist das Ziel dieser Anpas- Der Gesundheitssport macht sich die körperliche sung stets die Herstellung eines Gleichgewichts Fähigkeit der Adaptation zu Nutze, um die ne- zwischen Anforderungen und Leistungsfähigkeit. gativen Auswirkungen eines bewegungsarmen Der Körper sorgt dafür, dass seine Fähigkeiten Alltages auszugleichen. Das Ziel von Training im sich mit den Anforderungen, welche an ihn ge- Gesundheitssport ist also recht einfach zu fassen. stellt werden, entwickeln. Dabei sind praktischer- weise viele Fähigkeiten miteinander verknüpft, so Die sportlichen Aktivitäten sollen: dass eine einzelne erhöhte Anforderung viele po- • die Gesundheit fördern; sitive Anpassungserscheinungen nach sich ziehen • Krankheiten vorbeugen; kann. Diesen Prozess nennt man Adaptation. • körperliche Leistungsfähigkeit erhöhen beziehungsweise wiederherstellen, Beispiel: Wenn man jeden Tag mit dem Fahrrad um eine Erhöhung der Lebensqualität oder Kickboard zur Schule fährt, anstatt bei den zu ermöglichen. Eltern im Auto mit zu fahren, sind folgende An- passungserscheinungen zu erwarten: TECHNOSEUM 25
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