Flüchtlingsland Österreich: Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
www.dorner-verlag.at „Flüchtlingsland Österreich“, Teil 5 Oberstufe – Geschichte und Sozialkunde / Politische Bildung Flüchtlingsland Österreich: Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien Dr. Peter Wassertheurer Die Republik Österreich hat seit 1945 als Flüchtlingsland immer wieder Menschen aus den Nach- barländern oder aus anderen Erdteilen Hilfe und Asyl angeboten und sie vor Verfolgungen in Schutz genommen. Für viele ist Österreich sogar zur neuen Heimat geworden. Die Serie „Flüchtlingsland Österreich: Traditionen seit 1945“ stellt die großen Flüchtlingswellen, die Österreich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs betrafen, vor. Dazu zählen: Teil 1: Volksdeutsche Heimatvertriebene Teil 2: Ungarnflüchtlinge 1956 Teil 3: Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei 1968 Teil 4: Kriegsrecht in Polen Teil 5: Flüchtlinge aus dem Jugoslawienkrieg 1991–1999 Teil 6: Krieg in Tschetschenien In Teil 7 wird das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR), dessen Aufgaben und Ziele sowie sein Wirken in Österreich vorgestellt. Teil 5 Vorgeschichte Das Revolutionsjahr von 1989 führte nicht überall in Europa zum Sturz kommunistischer Regime und zur Einführung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. In multinationalen Staaten wie dem ehemali- gen Jugoslawien lösten die gesellschaftspolitischen Umbrüche nationale Unabhängigkeitsbewegungen aus. Während sich etwa die Tschechoslowakei 1992 friedlich in zwei souveräne Staaten teilte, führte der Zerfallsprozess in Jugoslawien in den 1990er Jahren zu einem blutigen Bürgerkrieg („Balkankonflikt“), der mehrere Flüchtlingswellen auslöste, von denen auch Österreich betroffen war. Der blutige Zerfall Jugoslawiens war die Folge einer Entwicklung, deren Wurzeln bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (1914– 1918) reichen. Jugoslawien war 1918 nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie ent- standen und vereinte die südslawischen Volksgruppen der Serben, Kroaten und Slowenen in einem gemeinsamen Staat. An der Spitze des neuen Staates stand das königlich-serbische Geschlecht der © 2010 Verlag E. DORNER, Wien Karađorđević, weshalb man ab 1929 vom Königreich Jugoslawien sprach. Obwohl sich das jugoslawische Königreich als Nationalstaat verstand, lebten in sei- nen Grenzen viele andere Völker wie Ungarn, Deutsche und Österreicher (Donauschwaben, Deutsch-Untersteirer, Gottscheer), Juden, Tschechen, Slowaken oder Sinti und Roma. Neuordnung Europas nach dem Ersten Weltkrieg mit Jugoslawien im Südosten © J.V. Senz Seite 1
www.dorner-verlag.at „Flüchtlingsland Österreich“, Teil 5 Oberstufe – Geschichte und Sozialkunde / Politische Bildung Als die jugoslawische Führung am 25. März 1941 den Achsenmächten Deutschland – Italien – Japan (Dreimächtepakt) beitrat, kam es in Jugoslawien zu einem Staatsstreich (Putsch), der von serbischen Offizieren angeführt wurde. Am 5. April 1941 schloss Belgrad einen Freundschafts- und Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion ab, was den deutschen Reichskanzler Adolf Hitler dazu veranlas- ste, Jugoslawien militärisch anzugreifen. Nach der Kapitulation Jugoslawiens am 17. April 1941 wurde Jugoslawien zwischen Deutschland, Italien, Ungarn und Bulgarien aufgeteilt. Kroatien erklärte sich am 10. April 1941 zum „Unabhängigen Staat Kroatien“, dem Ante Pavelić als Führer der ultranationalen „Ustascha-Bewegung“ (kroat. Ustaša: Aufständischer) vorstand. Während sich das Dritte Reich vor allem das slowenische Gebiet einverleibte, stand der serbische Teil unter deutscher Militärverwaltung mit dem serbischen General Milan Nedić an der Spitze. Das ehemalige Königreich Jugoslawien war nicht nur territorial zerrissen, sondern auch ideologisch in mehrere Lager gespalten, die sich feind- lich gegenüber standen. So verübte das kroatische Ustascha-Regime schwere Kriegsverbrechen an Tausenden von Serben. Bereits 1941 begann sich eine nationale Widerstandsbewegung gegen die Besatzungsmächte zu orga- nisieren. Die Leitung des Widerstandes lag in den Händen der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ), deren bewaffneter Kampf sich unter der Führung von Josip Broz Tito aber nicht nur gegen deut- sche und italienische Einheiten richtete. Tito verfolgte auch alle jene Gruppen, die mit der NS-Macht kollaborierten und antikommunistisch orientiert waren. In Slowenien war es die „Slowenische Landwehr“ (Slovensko domobranstvo), deren Mitglieder sich als Domobranzen bezeichneten. Sie gal- ten als slowenische Nationalisten und kämpften an der Seite deutscher Wehrmachtsverbände gegen die kommunistischen Tito-Partisanen. Auf serbischem Boden waren es königstreue antikommunisti- sche Milizverbände (Četniks). In den Jahren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zwischen Partisanen, Četniks, Domobranzen, der Ustascha und anderen militärischen Organisationen zu teils blutigen Auseinandersetzungen, von denen auch die Zivilbevölkerung nicht verschont blieb. Am Ende dieses internen jugoslawischen Konflikts im Herbst 1944 behielt Tito mit sowjetischer Unterstützung die Oberhand. Es kam zu Verfolgungen der politischen Gegner (Četniken, Domobranzen, Ustascha) und zu ethnischen Säuberungen. Der Konflikt zwischen den einzelnen Volksgruppen in Jugoslawien hatte im Zweiten Weltkrieg eine Million Opfer gefordert. © 2010 Verlag E. DORNER, Wien Ethnische Säuberungen in Jugoslawien nach 1945 – Donauschwaben © VLÖ Zentralarchiv Haus der Heimat Seite 2
www.dorner-verlag.at „Flüchtlingsland Österreich“, Teil 5 Oberstufe – Geschichte und Sozialkunde / Politische Bildung Tito wandelte das wieder errichtete Jugoslawien in eine sozialistische Volksrepublik um. Die ethnisch und ideologisch motivierten Kämpfe zwischen den südslawischen (jugoslawischen) Völkern im Zweiten Weltkrieg wurden tabuisiert. Das Konfliktpotenzial, das in den Jahren 1941–1945 zwischen Serben, Kroaten, Slowenen, Bosniern und auch Mazedoniern gewachsen war, wurde daher nie aufgearbeitet. Obwohl Tito die Gleichberechtigung der Völker Jugoslawiens in die Verfassung aufnehmen ließ, übte die serbische Gesellschaft zumindest politisch eine Vormachtstellung (Hegemonie) aus. Von den öko- nomisch weitaus erfolgreicheren Slowen/inn/en und Kroat/inn/en wurde die serbische Dominanz oft als Benachteiligung empfunden. Das in den beiden Teilrepubliken Slowenien und Kroatien erwirtschaftete Vermögen wurde für die ärmeren Republiken Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien samt seinen beiden autonomen Provinzen Kosovo und Vojvodina aufgewendet. Bereits in den 1960er und 1970er Jahren kam es deshalb in Kroatien zu nationalen Unabhängigkeitsbewegungen. Diese wurden aber von der Staatsmacht mit Gewalt niedergeschlagen. Spätere Versuche, die finanziellen Lasten zwischen den Teilrepubliken gerechter zu verteilen, konnten den wirtschaftlichen Niedergang Jugoslawiens in den 1980er Jahren aber nicht mehr aufhalten. Streben nach staatlicher Unabhängigkeit Der Balkankonflikt lässt sich chronologisch in mehrere militärische Konfrontationen einteilen. Dazu gehörten die Kriege a.) in Slowenien (1991), b.) in Kroatien (1991–1995), c.) in Bosnien (1992–1995), d.) im Kosovo (1999). Vorausgegangen waren diesen Kriegen im ehemaligen Jugoslawien 1.) ein wirtschaftlicher Zerfallsprozess mit einer Hyperinflation, 2.) eine zunehmende Radikalisierung der nationalen Gegensätze innerhalb des kommunistischen Staatsapparates, 3.) die Änderung der Verfassung von 1974, wodurch die Autonomierechte des Kosovo und der Vojvodina in der serbischen Teilrepublik aufgehoben wurden, 4.) der Wunsch nach politischer Autonomie bei Slowenen und Kroaten, 5.) der Aufstieg von Slobodan Milošević und seine serbisch-nationalistischen Agitationen als Präsident der serbischen Teilrepublik (seit 1988) und 6.) verstärkte Autonomiebestrebungen als Reaktion auf die gesellschaftlichen Umwälzungen in Europa nach dem Kollaps der kommunistischen Regime von 1989/90. 1990 kam es in Slowenien und Kroatien zur Gründung von Parteien, wodurch der absolute Machtanspruch der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) in Frage gestellt wurde. Zum Programm der slowenischen und kroatischen Parteien gehörte die Forderung nach staatlicher Unabhängigkeit, was wiederum den Staatsapparat in Belgrad auf den Plan rief. Das slowenische Parlament erklärte dennoch am 25. Juni 1991 seine Unabhängigkeit von Jugoslawien. Am 19. Mai 1991 hatte auch die kroatische Bevölkerung in einem Referendum mit 94,7 Prozent für die © 2010 Verlag E. DORNER, Wien Loslösung von der jugoslawischen Volksrepublik gestimmt. In Belgrad mobilisierte der Führungskader der KPJ unter Slobodan Milošević die Jugoslawische Volksarmee (JNA) zur Niederwerfung der Unabhängigkeitsbewegungen in Slowenien und Kroatien. Mit diesem Schritt wurde am Balkan ein militärischer Konflikt eingeleitet, der die internationale Diplomatie beschäftigte, zu schweren Kriegsverbrechen führte und mehrere Flüchtlingswellen auslöste, von denen auch Österreich als Nachbarstaat betroffen war. Krieg in Kroatien (1991–1995) Die Ausrufung der Unabhängigkeit Kroatiens löste in den kroatischen Gebieten mit einer starken serbi- schen Bevölkerung Ängste und nationale Unruhen aus. Dazu zählte die Krajina, in der nach der kroa- tischen Unabhängigkeit vom serbischen Bevölkerungsteil eine von Kroatien unabhängige „Republik Seite 3
www.dorner-verlag.at „Flüchtlingsland Österreich“, Teil 5 Oberstufe – Geschichte und Sozialkunde / Politische Bildung Serbische Krajina“ (Republika Srpska Krajina) ausgerufen wurde. Von den 470.000 Einwohner/ inne/n der Krajina von 1991 waren 260.000 Serb/inn/en und 170.000 Kroat/inn/en. Bereits im Zweiten Weltkrieg war es auf diesem Gebiet zwischen beiden Bevölkerungsgruppen zu schweren ethnischen Auseinandersetzungen gekommen. Nach 1945 wurden den Krajina-Serben in der Krajina weitgehende Autonomierechte zugesichert. Das Ziel der Krajina-Serben war nach der kroatischen Unabhängigkeit die Vereinigung mit den Serben in Bosnien-Herzegowina, um sich gemeinsam dem serbischen Staat anzuschließen. Die Führung der „Republik Serbische Krajina“ erhielt massive Unterstützung von der JNA. Der Krieg zwischen Kroaten und Serben auf kroatischem Boden dauerte bis 1995. Es war dabei auf beiden Seiten zu schrecklichen Massakern gegen die Zivilbevölkerung gekommen. Der Großteil der Krajina-Serben wurde im Krieg über die bosnischen Grenzen vertrieben oder flüchtete nach Serbien. Nach Kriegsende wurde die „Republik Serbische Krajina“ ins kroatische Staatsgebiet integriert. Internationale Hilfe in Ex-Jugoslawien zur Friedenssicherung © APA picturedesk Krieg in Bosnien (1992–1995) © 2010 Verlag E. DORNER, Wien Ähnlich wie in Kroatien lebte auch in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowina eine starke serbische Volksgruppe (31,4% der 4,4 Millionen Einwohner/innen). Bereits am 9. Jänner 1992 proklamierte das selbsternannte Parlament der bosnischen Serben die „Serbische Republik in Bosnien-Herzegowina“. Als dann Bosnien-Herzegowina am 1. März 1992 die Unabhängigkeit ausrief, eskalierte die Situation neuerlich. Die serbische Führung in Belgrad wollte eine Abspaltung von Landesteilen mit einer serbischen Mehrheitsbevölkerung verhindern. Nach der Anerkennung der Souveränität Bosnien-Herzegowinas durch die damalige „Europäische Gemeinschaft“ (heute Europäische Union, EU) am 5. April 1992 brach der Krieg in Bosnien-Herzegowina aus. Die Folge war einer der blutigsten Kriege am Balkan seit dem Zweiten Weltkrieg, bei dem sich bosnische Serben, bosnische Kroaten und Bosniaken gegenüberstanden. Alle drei Kriegsparteien errichteten in ihrem Einflussgebiet Internierungslager, wo es nach Untersuchungen des internationalen Komitees des Roten Kreuzes zu Kriegsverbrechen kam. Beim Massaker von Srebrenica im Osten Bosnien-Herzegowinas Seite 4
www.dorner-verlag.at „Flüchtlingsland Österreich“, Teil 5 Oberstufe – Geschichte und Sozialkunde / Politische Bildung wurden 8000 Bosniak/inn/en von serbischen Einheiten ermordet. Das UN-Gericht bezeichnet diese Tat als Genozid (Völkermord). Freilich gab es gleichzeitig in dieser Region auch brutale Übergriffe von bosnischen Einheiten auf serbische Dörfer. Bosnische Opfer in Srebrenica © APA picturedesk Obwohl die „Vereinten Nationen“ (UN) in mehreren Friedensmissionen vermittelte und UN-Friedenstruppen in das Krisengebiet schickte, dauerte der Konflikt in Bosnien-Herzegowina mit 100.000 Toten bis 1995 an. Erst im „Frieden von Dayton“ vom 21. November 1995 konnte eine Einigung zur friedlichen Streitbeilegung erreicht werden. Bosnien-Herzegowina gilt seither als föderati- ver Staat mit zwei Entitäten. Die European Union Force (EUFOR) sichert in Bosnien den Frieden. © Österreichisches Bundesheer © 2010 Verlag E. DORNER, Wien Seite 5
www.dorner-verlag.at „Flüchtlingsland Österreich“, Teil 5 Oberstufe – Geschichte und Sozialkunde / Politische Bildung Krieg im Kosovo (1999) Bereits 1989 ließ Slobodan Milošević die Autonomie im Kosovo mit albanischer Bevölkerungsmehrheit aufheben. Hierbei spielte der historische Mythos der Serben, die im Kosovo die Wiege des Serbentums sehen, eine wichtige Rolle. Die im September 1991 gegründete „Republik Kosovo“ wurde jedoch nur von Albanien anerkannt. Zum Präsidenten wurde der Schriftsteller Ibrahim Rugova gewählt. Die Unabhängigkeitsbewegung operierte vor allem im Untergrund und wurde von der albanischen „Befreiungsarmee des Kosovo“ (UÇK) getragen. 1996 trat die UÇK zunehmend mit Gewaltaktionen an die Öffentlichkeit und führte einen Guerillakrieg gegen serbische Einrichtungen. Es kam zu brutalen Übergriffen auf die ser- bische Bevölkerung. Als die alba- nischen Kosovar/inn/en 1997 die serbischen Parlamentswahlen boykottierten, führte das zu Zusammenstößen mit serbischen Polizeieinheiten. Im Frühjahr 1998 startete die JNA eine Großoffensive gegen die UÇK, bei der es auch zu Gewaltaktionen gegen die alba- nisch-kosovarische Zivilbevölkerung kam. Im Juni 1998 begann die JNA im Kosovo (trotz internatio- naler Proteste und der Resolution 1160 des Weltsicherheitsrates, in der ein Wirtschaftsembargo gegen Jugoslawien verabschiedet wurde,) ihre zweite Offensive und zwang 230.000 Kosovoalbaner/innen zur Flucht. Nachdem alle weite- ren diplomatischen Verhandlungen gescheitert waren und es neuer- lich zur Vertreibung von Teilen der albanischen Bevölkerung im Kosovo gekommen war, griff die NATO ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates im Zeitraum zwischen 24. März und 10. Juni 1999 Jugoslawien militärisch an. Das serbische Parlament musste am 3. Juni 1999 dem Friedensplan der G8-Staaten (der acht größten Wirtschaftsmächte der Welt) zustim- men. Vertreibung der albanischen Bevölkerung aus dem Kosovo © APA picturedesk © 2010 Verlag E. DORNER, Wien Flüchtlingswellen aus Ex-Jugoslawien Österreich gehörte neben Deutschland zu jenen Staaten, die am stärksten von den Flüchtlingsströmen aus dem zerfallenden Jugoslawien betroffen waren. Im Kroatienkrieg 1991/92 flüchteten rund 13.000 Kroat/inn/en nach Österreich. Sie kehrten nach Beendigung der Kampfhandlungen 1992 zum großen Teil wieder in ihre Heimat zurück. Seite 6
www.dorner-verlag.at „Flüchtlingsland Österreich“, Teil 5 Oberstufe – Geschichte und Sozialkunde / Politische Bildung Humanitäre Hilfe österreichischer Soldaten in Bosnien © Österreichisches Bundesheer Von weitaus größerer Dimension war mit 90.000 Personen der Flüchtlingsstrom, der aus Bosnien- Herzegowina nach Österreich kam. Sie wurden als „De-facto-Flüchtlinge“ anerkannt und versorgt. Sie galten somit nicht als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und erhielten damit lediglich ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in Österreich. Ungefähr 60.000 von ihnen blieben in Österreich, wo sie sich eine neue Existenz aufbauten. Die letzte Flüchtlingswelle aus dem ex-jugoslawischen Raum kam 1999 nach den beiden Offensiven der JNA: 1998 und 1999 suchten 13.000 Personen, vorwiegend aus dem Kosovo, um politisches Asyl in Österreich an. Rund 3000 von ihnen erhielten Flüchtlingsstatus. Ein Teil der albanisch-kosovari- schen Flüchtlinge kehrte nach dem Kosovo-Krieg zurück in die Heimat. Wie brisant die Folgen der Auseinandersetzungen im Kosovo bis heute geblieben sind, zeigt das Beispiel der Familie Zogaj, das die Medien seit 2007 verfolgten, bis am 14. Juni 2010 der Verfassungsgerichtshof die Ausweisung der Familie für rechtskonform erklärte. Versorgung in Österreich: Nachbar in Not © 2010 Verlag E. DORNER, Wien Das Schicksal der Zivilbevölkerung in Jugoslawien löste in Österreich eine starke Hilfsbereitschaft aus. Der Österreichische Rundfunk (ORF) organisierte im Mai 1992 gemeinsam mit dem Roten Kreuz und der Caritas die Hilfsaktion „Nachbar in Not“, um den Not leidenden Menschen an Ort und Stelle mit Hilfslieferungen zu helfen. Bis 2002 wurden über „Nachbar in Not“ 125 Millionen Euro für die Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien gesammelt. © ORF Seite 7
www.dorner-verlag.at „Flüchtlingsland Österreich“, Teil 5 Oberstufe – Geschichte und Sozialkunde / Politische Bildung Die Unterbringung der Flüchtlinge stellte die österreichischen Behörden auf Bundes- und Länderebene vor großen Herausforderungen, die letztlich nur durch die Unterstützung aus der Bevölkerung und zahl- reicher kirchlicher oder anderer karitativer Einrichtungen bewerkstelligt werden konnten. Vor allem das Bundesland Steiermark war durch die Grenze zu Slowenien von den ersten Flüchtlingswellen beson- ders stark betroffen. Die Unterbringung erfolgte dort in der Anfangsphase in Bundesheerkasernen, Heimen und Gasthöfen. Später verlegte man die Flüchtlinge in Privatwohnungen, um so die Integration in Österreich zu erleichtern. © 2010 Verlag E. DORNER, Wien Seite 8
Sie können auch lesen