Forderungen des VCD Mobilität für die Zukunft. Bundesmobilitätsgesetz als Rahmen.
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Zur Bundestagswahl 2021 Forderungen des VCD Mobilität für die Zukunft. Bundesmobilitätsgesetz als Rahmen.
Der Schutz des Klimas ist die Die Mobilität der Zukunft zentrale Herausforderung kann nicht mehr das Auto unserer Zeit. in den Mittelpunkt stellen. Nur wenn wir die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius Sämtliche Planungen für den Aus- und Neubau von begrenzen, können wir die Lebensgrundlagen für spätere Autobahnen und Bundesstraßen müssen überprüft werden. Generationen erhalten. Doch der Verkehr trägt zur Aufhei- Bis dahin muss ein Moratorium gelten. Der VCD fordert zung massiv bei. Seit 1990 sind die Emissionen hier nicht Politik und Planung auf, alle Verkehrsteilnehmer*innen und gesunken, lediglich aufgrund der eingeschränkten Mobilität Verkehrsmittel gleichermaßen in den Blick zu nehmen. in der Corona-Pandemie gab es im vergangenen Jahr einen Es braucht die richtige Infrastruktur, eine ausreichende merklichen Rückgang. Finanzierung und gut ausgebildete Fachkräfte für Planung, Bau und Betrieb, um die Verkehrswende konsequent umzusetzen. Die nächste Bundesregie- rung muss entschlossen wirksame Maßnahmen umsetzen. Wir können nicht nur auf die Antriebswende beim Auto- verkehr setzen. Priorität müssen der schnelle Ausbau des öffentlichen Verkehrs mit Bus und Bahn sowie des Fuß- und Radverkehrs bekommen. Menschen, die sich kein Auto leisten können oder wollen, sind auf einen komfortablen, sicheren und kostengünstigen Umweltverbund angewiesen. Eine sozial- und umweltverträgliche Verkehrswende ist wichtiger denn je. Wir fordern ein Bundesmobilitätsgesetz, das den rechtlichen Rahmen für eine integrierte Verkehrsplanung bildet. Um nachhaltige Mobilität zu stärken, muss sich die Verkehrspolitik des Bundes an gesellschaftlichen Zielen ausrichten: Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie die „Vision Zero“ (null Verkehrstote) sind dafür die Maßgabe. Damit legen wir die Grundlage, den Verkehr strategisch und integriert zu planen, zu finanzieren und zu organisieren. 2 | Forderungen des VCD zur Bundestagswahl 2021 3/2021
Zehn Forderungen des VCD zur Bundestagswahl 2021 1. ÖPNV stärken – mit 2. Investitionsoffensive für die Schiene Anschlussgarantie für Bus und Bahn – Streckenausbau und Deutschlandtakt Die Verkehrswende ist eine wesentliche Voraussetzung, um voranbringen die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Ein starker Verlässliche, komfortable und sichere Bahnen sowie eine ÖPNV ist dafür zentral. Nur mit Bus und Bahn können gut ausgebaute Infrastruktur sind grundlegend, damit wir unsere Städte von Abgasen, Lärm und vom privaten Menschen vom Auto oder Flugzeug auf die Bahn umsteigen Autoverkehr entlasten. und mehr Güter auf die Schiene verlagert werden. Ziel ist es, die Zahl der Fahrgäste gegenüber 2019 bis 2030 zu • Der ÖPNV sollte deutschlandweit als kommunale verdoppeln und den Anteil des Schienengüterverkehrs auf Pflichtaufgabe festgelegt werden. Der Bund 25 Prozent zu steigern. beteiligt sich finanziell. • Die neue Bundesregierung muss die Umsetzung • Der VCD fordert eine mindestens stündliche des Deutschlandtakts beschleunigen. Erkennbare Anbindung für alle Orte ab 200 Einwohner*innen Engpässe im Schienennetz sind unverzüglich zu mit Bus, Bahn oder flexiblen Bedienformen wie beseitigen. z.B. dem Rufbus. Hauptachsen sollen mindestens halbstündlich bedient werden. • Es braucht eine Verdopplung der Investitionen in die Schieneninfrastruktur und einen Bahninfra- • Es muss eine Erhöhung der Mittel aus dem strukturfonds nach Schweizer Vorbild. Mindestens Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und drei Milliarden Euro jährlich bzw. zwei Drittel der den Regionalisierungsmitteln geben. Investitionen in Verkehrsinfrastruktur müssen in den Aus- und Neubau der Schiene fließen. • Eine umlagefinanzierte ÖPNV-Abgabe soll Infra- strukturen in den Kommunen fördern. • Eine Absenkung der Trassenpreise soll dauerhaft für den Schienenverkehr gelten. • Die komplexe Tariflandschaft muss stark verein- facht und unter dem Dach eines Deutschlandtarifs • Die Elektrifizierung des Schienennetzes muss vereinheitlicht werden. Eine Ticketbuchung reicht stärker vorangetrieben werden. Bis zum Ende des dann für die gesamte Reisekette – vom Rufbus bis Jahrzehnts sollten mindestens 75 Prozent des zum Fernverkehrszug. Schienennetzes mit elektrischen Oberleitungen ausgestattet sein. Zudem müssen alle grenzüber- schreitenden Hauptstrecken elektrifiziert werden. Das gesamte Bundesschienennetz muss bis zum Jahr 2035 digitalisiert sein. • Eine Reaktivierungsoffensive ist notwendig, um Lücken im innerdeutschen und grenzüberschreiten- den Schienennetz zu schließen. 3 | Forderungen des VCD zur Bundestagswahl 2021 3/2021
3. Klimaschädliche Subventionen • Die nächste Bundesregierung sollte sich auf EU- beenden - Verkehrswende sozial Ebene für strengere CO2-Grenzwerte für neue Pkw gerecht gestalten einsetzen. Der CO2-Ausstoß muss auf Basis der Abgaben und Steuern müssen sich am Verursacherprinzip realen CO2-Emissionen bis 2025 um mindestens ausrichten, für mehr Klimaschutz sorgen und soziale 25, bis 2030 um 70 Prozent verringert werden. Belastungen abfedern. Spätestens 2035 sollte auch auf europäischer Ebene das Nullemissionsauto Standard sein. • Der CO2-Preis muss bis 2030 schrittweise auf 205 Euro pro Tonne erhöht werden. Gleichzeitig muss • Im Straßenverkehr ist die direkte Stromnutzung die Bundesregierung mit einer Mobilitätspauschale vorzuziehen. Der Einsatz von Biokraftstoffen sollte für einen sozialen Ausgleich bei Menschen mit beendet werden. Wasserstoff und synthetische geringem Einkommen sorgen. Kraftstoffe sollten allenfalls in Flugverkehr und Schifffahrt eingesetzt werden. Eine Anrechnung • Das Dieselprivileg, die Entfernungspauschale und alternativer Kraftstoffe in der CO2-Regulierung ist der geldwerte Vorteil bei der Dienstwagennutzung auszuschließen. gehören abgeschafft. • Die neue EU-Wegekostenrichtlinie, die künftig 5. Klimabilanz des Luftverkehrs verbes- die Berechnung der Lkw-Maut auch nach CO2- sern - Steuerprivilegien abbauen Emissionen ermöglicht, muss bei der nationalen Die Zahl der Fluggäste und der Luftfrachtverkehr haben- Umsetzung wirksam ausgestaltet werden und alle weltweit in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Lkw ab 3,5 t einbeziehen. Die verkehrsträgerüber- Gleichzeitig haben schädliche Subventionen und Steuerpri- greifende Verwendung der Einnahmen aus der vilegien alle Bemühungen um mehr Umweltschutz zunichte Lkw-Maut muss wieder eingeführt werden. gemacht. Nur mit spürbaren Preissignalen kann der Luftver- kehr einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten. 4. Antriebswende beschleunigen – bis • Die Bundesregierung vereinbart in bilateralen 2030 aus dem Verbrenner aussteigen Abkommen mit EU-Staaten, bei Flügen zwischen Über 90 Prozent der Treibhausgasemissionen im Verkehr den entsprechenden Ländern Kerosin zu besteuern kommen aus dem Straßenverkehr. Um die Klimaschutzziele und die Umsatzsteuer auf Flugtickets zu erheben. einzuhalten, müssen wir so schnell wie möglich aus dem Verbrennungsmotor aussteigen und die Zahl der Autos • Deutschland setzt sich im Rahmen der Überar- reduzieren. Spätestens 2030 dürfen nur noch emissionsfreie beitung der EU-Energiesteuerrichtlinie für eine Pkw neu zugelassen werden. europaweite Kerosinbesteuerung ein und drängt auf eine ambitionierte Reform des Europäischen • Die Kfz-Steuer muss wirksame Anreize für Emissionshandels für den Flugverkehr. emissionsarme und -freie Pkw setzen, indem eine Bonus-Malus-Komponente für den CO2-Ausstoß • Subventionen für Flughäfen müssen sofort eingeführt wird. gestrichen und weitere Ausbaupläne gestoppt werden. • Die Förderung von Plug-In-Hybriden mittels Kaufprämien sollte sofort beendet und sämtliche • Flüge unter 700 km gehören auf die Schiene Privilegien bei Kfz-Steuer und Dienstwagenbesteue- verlagert. rung gestrichen werden. 4 | Forderungen des VCD zur Bundestagswahl 2021 3/2021
6. Sichere Mobilität gewährleisten – • Die unbefristete Fortführung und zeitliche Straßenverkehrsgesetze reformieren Verdichtung des Fortbildungs- und Informations- Kein Mensch soll im Straßenverkehr sein Leben verlieren programms zum Radverkehr. oder schwer verletzt werden. Die „Vision Zero“ muss endlich Realität werden. Dazu braucht es eine Reform der Straßenverkehrsordnung (StVO). 8. Fußverkehr zuerst denken – Strategie entwickeln, Infrastruktur neu planen • Der VCD fordert Tempo 30 als Regelgeschwindig- Wir alle sind täglich zu Fuß unterwegs. Besonders für Kinder keit innerorts (mit Ausnahmen für 50 km/h), und Ältere muss zu Fuß gehen daher sicher und ohne Tempo 80 auf Landstraßen und ein Tempolimit von Barrieren möglich sein. 120 km/h auf Autobahnen. • Der VCD fordert die Förderung einer nationalen • Bußgelder und Strafen für verkehrsgefährdendes Fußverkehrsstrategie, die sich auf eine sichere Verhalten und Falschparken müssen auf europäi- und attraktive Fuß-Infrastruktur für alle Menschen sches Niveau angehoben werden. fokussiert. • Die in der StVO festgelegte allgemeine Parkerlaub- • Die Initiierung von Fort- und Weiterbildungspro- nis muss in ein allgemeines Parkverbot umge- grammen mit dem Ziel, den Straßenraum »von ändert werden, mit der Möglichkeit, Parkzonen außen nach innen« zu planen. auszuweisen. • Kommunen sollten mit einer erweiterten 9. Chancen der Digitalisierung nutzen Innovationsklausel einen größeren Spielraum für – Verkehr vermeiden, multimodal mobil Verkehrsversuche erhalten. sein Bus und Bahn, Leihrad, E-Scooter, Ridepooling und Carsharing ganz nach Bedarf nutzen, kombinieren und mit 7. Fahrradfahren für alle attraktiv einer App unkompliziert buchen und abrechnen – so sieht machen – mit mehr Geld und Platz für moderne Mobilität für alle Menschen aus. Radverkehr Damit Menschen aller Altersgruppen auf das Fahrrad • Die nächste Bundesregierung sollte sich dafür steigen, braucht es eine gute Infrastruktur für das Rad. Nur einsetzen, eine »digitale Mobilitätsdatendreh- so lässt sich der Anteil des Radverkehrs am Modal Split bis scheibe« einzurichten, die alte und neue Formen 2030 auf 25 Prozent erhöhen. von Mobilität bündelt. Einheitliche Schnittstellen für Mobilitäts-Apps sollen die Buchung und Bezahlung • Der VCD fordert mehr Bundesmittel und Personal aller öffentlichen Mobilitätsangebote vereinfachen. zur Umsetzung eines lückenlosen Radverkehrsnet- zes inner- und außerorts. • Eine weitere Reform des Personenbeförderungs- gesetzes ist notwendig, um Ride-Pooling- und • Eine Verpflichtung zum Einbau von Abbiege- und Sharing-Angebote sowie Mietwagenverkehre Bremsassistenten muss auch bei Pkw und leichten effektiv und klimawirksam einzusetzen. Kommunen Nutzfahrzeugen gelten. Dafür setzt sich der Bund müssen die Möglichkeit erhalten, neue Mobili- auf EU-Ebene ein. tätsangebote zu regulieren. • Die Förderung von sicheren und attraktiven • Der Bund muss die digitale Transformation Mobilitätsstationen an Bahnhöfen und zentralen beschleunigen. Dies gilt auch für Prozesse, die Haltestellen. helfen Verkehr zu vermeiden. Entsprechend sollten die rechtlichen Voraussetzungen für Homeoffice, • Mehr Forschungsgelder, um im Radverkehr mobiles Arbeiten und Videokonferenzen gestärkt Technologie, Forschung und Digitalisierung werden. voranzutreiben. 5 | Forderungen des VCD zur Bundestagswahl 2021 3/2021
10. Mobilitätsbildung fördern – nach- haltig und lebenslang Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene brauchen die Möglichkeit, sich mit dem Thema „Mobilität“ vom Kinder- garten bis hin zur Berufs-, Hochschul- und Fahrausbildung wiederholt auseinanderzusetzen. • Verbreitung von Leuchtturmprojekten zur nach- haltigen Mobilitätsbildung. (z.B. im Rahmen des UNESCO-Programms »ESD 2030«) und grundsätz- liche Förderung von Mobilitätsbildungsprojekten über einen NRVP-Sondertopf. • Eine Überarbeitung der Fahrschulausbildung, um Belange des Fuß- und Radverkehrs und des Umweltschutzes stärker einzubinden. • Die Umsetzung kinderfreundlicher Planung besonders im Schulumfeld muss in der StVO vereinfacht werden. • Eine Förderung des schulischen und betrieblichen Mobilitätsmanagements, um die Nutzung des Umweltverbunds auf Schul- und Arbeitswegen zu erhöhen. Impressum Verkehrsclub Deutschland e. V. Wallstraße 58 | 10179 Berlin www.vcd.org Bei Rückfragen: Michael Müller-Görnert | Fon 030 / 280351-19 michael.mueller-goernert@vcd.org Bastian Kettner | Fon 030 / 280351-36 bastian.kettner@vcd.org Anika Meenken | Fon 030 / 280351-403 anika.meenken@vcd.org Alexander Kaas Elias | Fon 030 / 280351-281 alexander.kaaselias@vcd.org Titelbild:Tim Hufner/unsplash.com © VCD e. V. / 3/2021 6 | Forderungen des VCD zur Bundestagswahl 2021 3/2021
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