Fotodokumentation zur Geschichte der Postgebäude in Friedrichroda - Projekt der AG"denkmal aktiv" 2019/20
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1 Fotodokumentation zur Geschichte der Postgebäude in Friedrichroda – Projekt der AG“denkmal aktiv“ 2019/20 Am 1. Juli 1850 nahm die Postexpedition der Thurn und Taxischen Post in Friedrichroda ihren Dienst auf. Der Gastwirt Emil August Julius Böttner wurde zum provisorischen Postexpeditor ernannt. In seiner Gaststätte, „Gasthof Stern“, heute „Deutscher Hof“ in der Hauptstraße 4, betrieb er die Poststation im Nebenerwerb. Aussehen der heutigen Gaststätte. An der Fassade hängt noch einer der wenigen Briefkästen. Fotos unten: Wieder hergerichteter Laufbrunnen auf dem Platz neben der Gaststätte. Das Schild an der Fassade macht auf eine weitere Nutzung des Gebäudes aufmerksam. Da die Gaststätte noch über einen großen Saal mit Bühne verfügt, finden hier Aufführungen des Thüringer Kloß – Theaters statt.
2 Nach einem erhaltenen Bericht aus den Akten für das Herzogliche Ministerium, Dep. IV Gotha Postsachen, Nr.63 wurde Böttner nach fünf Jahren aus diesem Amt wieder entfernt, da er in „Vermögensverfall“ geraten ist.1 Nach Emil Böttner wurde der Bürgermeister und Kaufmann Emil Seeber der nächste Postexpetitor. Auch er übte den Postdienst in seinem Privathaus in der Hauptstraße, heute die Nummer 15, im Nebenberuf aus. Allerdings hatten die Friedrichrodaer auch mit ihm kein Glück, denn schon 1859 wurde Emil Seeber aus dem Dienst entfernt. Dieses Mal hatte die Dienstentlassung aber einen schwerwiegenderen Grund. „Nach einer Mitteilung des Herzogl. Sächs. Justizamtes Tenneberg ist der Kaufmann und Postexpeditor Emil Seeber zu Friedrichroda wegen Betrugs und Meineides event. leichtsinnigen Eides in Untersuchung genommen und deshalb gefänglich eingezogen worden.“1 Heutiges Aussehen der ehemaligen Gaststätte des Kaufmanns Emil Seeber in der Hauptstraße.
3 Inzwischen hatte der Postverkehr stark zugenommen. Verzeichnete die erste Kurliste noch 332 Gäste, so waren es 1860 schon 1064 Kurgäste. Im Nebenberuf war eine Poststelle nicht mehr zu betreiben. Deshalb wurde der Nachfolger von Emil Seeber, Hermann August Friedrich Stier aus Gräfentonna, nun hauptamtlich angestellt. Zunächst aber nur als Postgehilfe, schließlich hatte man mit zwei Vorgängern schlechte Erfahrungen gemacht. Ab 1862 war Stier dann ordentlicher Postexpeditor. Seine Poststelle kam in das Haus des Kaufmanns Courdts in der Hauptstraße, Ecke Marktstraße, heute Hauptstraße 51. Heutiges Aussehen des Hauses von Kaufmann Courdts und Poststelle von Postexpeditor Stier.
4 Empfehlung, den Hilfsangestellten Stier nach erfolgter mehrmaliger Visitation als vollwertigen Postexpeditor einzusetzen. 1
5 1864 wurde die Poststelle in das Haus des Schuhmachers Linz in der Hauptstraße, Ecke Mühlengasse verlegt. Das Haus trägt heute die Hausnummer 24 in der Hauptstraße. Heute befindet sich im Hause des Schuhmachers Linz ein Geschäft für Elektrowaren und Haushaltsgeräte. Amtsleiter dieser Poststelle war noch immer August Stier. 1868 wurde die Poststelle erneut verlegt und zwar in das Heute befindet sich in dem Haus ein Geschäft für Haus des Kantors Lerp in der Hauptstraße. Bis zum Elektrowaren und Haushaltsgeräte. 31.Oktober des Jahres 1885 blieb die Poststelle nun hier. Gegenwärtiges Aussehen des Hauses von Kantor Lerp. Heute befindet sich darin ein Geschäft für Sportbekleidung.
6 Inzwischen hatten sich große politische Veränderungen ergeben. Das deutsche Kaiserreich unter den Hohenzollern war entstanden und hatte einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge. Einheitliche Maße, Gewichte und einheitliches Geld ermöglichten die Entstehung eines Binnenmarktes und damit verbunden einen schwunghaften Anstieg des Warenverkehrs und des Aufkommens von Postsachen. Die Industrialisierung nahm Fahrt auf und ermöglichte dem aufstrebenden Bürgertum einen gewissen Wohlstand, der ihm erlaubte der Familie und sich selbst Erholung zu gönnen. So kamen auch die Kurorte im Thüringer Wald, wegen ihrer gesunden Luft, zu mehr Gästen, was wiederrum zum Anstieg der Postdienstleistungen führte. Daher wurde es auch in Friedrichroda erforderlich ein Postgebäude zu errichten, private Häuser waren nun zu klein. Am 1.11.1885 wurde das neue Postgebäude als Kaiserliches Postamt eingeweiht. Die ortsansässige Firma A. Stolle &Comp. hatte ein Mietpostgebäude auf dem ehemaligen Grundstück der Oberförsterei für Friedrichroda errichtet. Der Mietvertrag lief für 15 Jahre und die Miete betrug jährlich 2759 Mark. Dieses Kaiserliche Postamt stand ebenfalls in der Hauptstraße. Die Baupläne dazu sind vollständig erhalten und befinden sich im Staatsarchiv im Perthes – Forum in Gotha.
8 Giebelfront des Postgebäudes von 1885, heute Stadtbibliothek und Stadtarchiv. Schon nach 15 Jahren war dieses doch sehr repräsentativ gebaute Postgebäude wieder zu klein geworden. Es wurden nun Überlegungen angestellt, wohin ein neues Postgebäude gebaut werden sollte. Die Reichspostdirektion hatte die Absicht das Gebäude in der Ernstrodaer Straße nahe dem Bahnhof zu errichten. Das erschien aber den Friedrichrodaer Kauf- und Geschäftsleuten als zu weit vom Zentrum entfernt. In mehreren Schreiben wurden die Bedenken an den Stadtrat von Friedrichroda kundgetan und dieser wiederrum gab die Bedenken an die Reichspostdirektion weiter. Schließlich wurde sogar das zuständige Staatsministerium des Herzogs bemüht, um die Reichspostdirektion zu veranlassen, das neue Postgebäude näher an das Zentrum zu erbauen. Die Reichspostdirektion lenkte schließlich ein. Das Gebäude wurde auf einem Grundstück in der Lindenstraße 4 errichtet.
9 Die Firma Stegmann aus Salzungen baute, entsprechend der Mode der Zeit, einen repräsentativen Klinkerbau. Die Baupläne dazu haben sich ebenfalls vollständig erhalten und sind im Staatsarchiv im Perthes - Forum in Gotha noch heute einzusehen. Oben: Plan des Postgebäudes Unten: Heutiges Aussehen
10 1901 wurde es als roter Klinkerbau von der Firma Stegmann fertiggestellt und am 1. April 1901 in Dienst genommen. Das Gebäude diente nun bis 1995 als Postgebäude. Heute steht es unter Denkmalschutz, aber leider leer. Ein Investor aus Sömmerda will es zu einem Mietshaus mit Wohnungen umbauen. Da beide Postgebäude noch erhalten sind, aber nicht mehr als Postgebäude genutzt werden, ist auch die Inneneinrichtung nicht erhalten geblieben. Im privaten Postmuseum in Gehlberg kann man eine Posteinrichtung, wie sie in allen Poststellen der DDR standardisiert üblich war, noch besichtigen. Links: Standardisierter Grundriss Unten: Blick auf einen Schalter- platz und die Fernsprechzelle im Postamt.
11 Quellen, Literatur, Bildnachweis: Staatsarchiv Gotha 1 Akten für das Herzogliche Ministerium, die von der General – Post – Direction zu Frankfurt a. M. beabsichtigte Einrichtung einer Postexpedition zu Friedrichroda betreffend 1850 Dep. IV (Loc.YIV Nr. 63), S.4, S.8, S.28 Bestand Landratsamt Waltershausen Nr. 2159, darin Friedrichroda Neubau Postgebäude 1885 in der Hauptstraße, Signatur 2159, Seiten 172 -189 und zugehörige Bauzeichnungen mit der gleichen Signatur Friedrichrodaer Zeitung, 8. August 1885 und Beilage vom 30. Dezember 1885, Beilage zur Nr. 103 Bestand Landratsamt Waltershausen Nr.2183, darin Bauvorhaben Stegmann für neue Post Erläuterungsbericht Bauherr Maurermeister Chr. Ludwig Stegmann jun. in Salzungen betreffend Miethpostgebäude in Friedrichroda, Hausnummer 4, Kartennr. 18a Stadtarchiv Friedrichroda Erbauung eines Postgebäudes in der Lindenstraße, Sign. 2768 Knobloch, Heinz, Zur Geschichte der Post in Friedrichroda, Sign. II, 1382 (ungebunden 25 Seiten) Literatur Mortag, Horst, Geschichte des Postwesens im Gothaer Land, Band 1-3, Verlag Rockstuhl Bildnachweise: Seite 1 – 4 Fotos der AG „denkmal aktiv“ Seite 5 Fotos der AG „denkmal aktiv“ Seite 6 Foto aus den Bauakten Post 1885 Seite 7 Foto eines Zeitungsartikels aus der „Friedrichrodaer Zeitung“ Seite 8 Foto der AG „denkmal aktiv“ Seite 9 Foto aus den Bauakten der Post von 1901; Foto der AG „denkmal aktiv“ Seite 10 Fotos der AG „denkmal aktiv“ aus dem Gehlberger Postmuseum
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