FREIEND - KONSTRUKTIONEN - Literatur-Update: Eine Möglichkeit zur Versorgung von Schalt- und Freiendlücken
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I REVIEW I FREIEND- KONSTRUKTIONEN Literatur-Update: Eine Möglichkeit zur Versorgung von Schalt- und Freiendlücken Dr. Melina Rausch, Univ.-Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, Prof. Dr. Matthias Kreisler Einleitung: Freiendkonstruktionen auf gehen. Dies kann zu unerwünschten Er- Einzelzahnkronen oder Brücken können gebnissen in der ästhetischen Zone füh- zur Extension eines festsitzenden Zahner- ren [6, 8, 17]. satzes verwendet werden (Abb. 1–4). Die- Die Erweiterung einer Einzelkrone ser Therapieoption werden günstige oder einer Brücke um einen Freiendan- Langzeitergebnisse sowie eine hohe hänger kann jedoch auch zu Komplikatio- → Warum Sie diesen Beitrag Vorhersagbarkeit zugeschrieben. Ein nen führen. Einerseits kann es zu einer hö- lesen sollten? Freiende kann vor allem dann in Erwä- heren Belastung des Alveolarknochens im Die Versorgung eines zahnlosen gung gezogen werden, wenn das lokale Bereich des Implantats, das an das Frei- Kieferabschnitts mittels einer Knochenangebot das Setzen eines weite- ende angrenzt, kommen und andererseits implantatgetragenen Freiendkon- ren Implantats gar nicht oder nur durch zu vermehrten technischen Komplikatio- struktion findet im Praxisalltag komplexe augmentative Maßnahmen nen. Der Erfolg einer Konstruktion ist hier- häufig Anwendung. In diesem möglich macht. Auf diese Weise können bei beispielsweise abhängig von der Län- Beitrag finden Sie den aktuellen Augmentationen mit den einhergehenden ge des Freiendes [12, 16]. wissenschaftlichen Hintergrund möglichen biologischen Komplikationen, zu diesem implantatprothetischen verlängerten Behandlungszeiten und hö- Schlüsselwörter: Freiendbrücken; An- Versorgungskonzept. heren Kosten vermieden werden [2–4, 6, hängerkonstruktionen; Knochenverlust; 9, 13, 15, 19]. Überlebensrate; Komplikationen Ein weiterer Grund der Verwendung Zitierweise: Rausch M, Al-Nawas B, eines Freiendes ist eine zu geringe mesio- Kreisler M: Freiendkonstruktionen. Z distale Breite einer zu versorgenden Zahnärztl Implantol 2021; 37: 78−83 Schaltlücke. In der ästhetischen Zone DOI.org/10.3238/ZZI.2021.0078−0083 kann ein Einzelimplantat mit einem An- hänger verwendet werden, um die meist AKTUELLE STUDIENLAGE zu geringe mesio-distale Breite für 2 Im- Trotz der häufigen klinischen Anwendung plantate zu kompensieren (Abb. 2). Häufig implantatgetragener Freiendbrücken oder wird das Implantat in regio 011/021 oder einzelner Implantate mit einer Anhänger- 013/023 inseriert und ein lateraler Inzisi- krone liegt hier nur eine schwache Daten- vus mittels Freiende ersetzt. Das Nichtein- lage vor. Im Rahmen der vorliegenden Ar- halten der mesio-distalen Breite von min- beit wurde die Literatur der Jahre destens 3 mm zwischen den einzelnen 2000–2020 betrachtet, die ausschließlich Implantaten würde mit der Gefahr eines implantatgetragene Freiendbrücken in erhöhten Knochenverlusts und somit mit teilbezahnten Kiefern hinsichtlich ihres dem Verlust der Interdentalpapille einher- Überlebens, Knochenabbaus und Kompli- - 78 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
I REVIEW I kationen untersuchten. Ausgeschlossen wurden Studien, die bei vollständiger Zahnlosigkeit eine Rehabilitation mittels implantatgetragener, festsitzender Total- prothese im Sinne des „All-on-four“-Kon- zepts verfolgten. Es wurden insgesamt 6 Studien ein- geschlossen, 3 wurden retrospektiv, die anderen prospektiv durchgeführt (Tab. 2). Die Kohortengröße lag zwi- schen 28 und 206 Patienten mit einem Follow-up von 3–8,2 Jahren. In 3 der 6 Studien wurden Freiendbrücken (cFDP) mit Endpfeilerbrücke (ncFDP) verglichen (Tab. 2) [5, 6, 18]. Palmer et al. fokussier- ten sich ausschließlich auf implantatge- Abb. 1: Mögliche Versorgung der Schaltlücke 45–47 mittels Freiendbrücke mit distalem tragene Einzelzahnkronen mit jeweils ei- Anhänger nem Anhänger. Es wurde die dem An- Regio 45: Camlog Screw Line, Durchmesser: 3,8 mm, Länge: 11 mm; hänger zugewandte Seite mit der dem Regio 46: Camlog Screw Line, Durchmesser: 4,3 mm, Länge: 11 mm Anhänger abgewandten Seite des Im- plantats (c vs. nc) verglichen [9]. Agliet- ta et al. untersuchten Freiendbrücken und Einzelzahnkronen mit einem Anhän- ger. In der Studie von Romeo et al. fokus- sierten sich die Autoren auf den Vergleich der unterschiedlichen Lage des Freien- des (mesial vs. distal) [14]. In allen Studien, bis auf Romeo et al. und Kim et al., wurden die Implantate in der posterioren Region des Ober- bzw. Unterkiefers im Prämolaren- oder Mola- renbereich platziert. Es wurden aus- schließlich Implantate der Hersteller Astra, Straumann und Nobel Biocare ver- wendet. Die Implantatdurchmesser vari- Abb. 2: Versorgung einer Frontzahnlücke 12–22 mittels zweier Implantate und einer ierten von 3,3–6 mm, die Implantatlängen nach distal offenen Freiendbrücke von 6–25 mm. In der Studie von Agliet- Regio 12: Camlog Screw Line, Durchmesser: 4,3 mm, Länge: 13 mm ta et al. wurden hingegen durchmesserre- Regio 21: Camlog Screw Line, Durchmesser: 5,0 mm, Länge: 13 mm duzierte Implantate (mit beispielsweise 3,3 mm ausgeschlossen). Die Einheilzeit betrug 6 Wochen bis 6 Monate. Die Länge des Freiendes betrug im Mittel 6,1–9 mm, Studie von Wennström et al. In dieser wur- tis eingeschlossen, die vor der Implanta- wobei nicht in allen Studien die genauen den ausschließlich Patienten mit einer tinsertion eine systematische Parodonti- Längen angegeben wurden. fortgeschrittenen chronischen Parodonti- tistherapie erhielten [5, 18]. Die Patientenselektion der einzelnen Studien erfolgte sehr heterogen. In den meisten Studien wurden Patienten mit Abkürzung Englischer Begriff Korrespondierender deutscher Begriff Bruxismus, aktiver Karies oder Parodonti- FDP fixed dental prosthesis Festsitzender Zahnersatz tis, teilweise Raucher über 10 PY ausge- schlossen [9, 14]. Bei Kim et al. und Wenn- ncFDP non-cantilever fixed dental prosthesis Festsitzender Zahnersatz ohne Freiende, ström et al. galt Rauchen jedoch nicht als z.B. Endpfeilerbrücke Ausschlusskriterium, eine Aussage be- cFDP cantilever fixed dental prosthesis Festsitzender Zahnersatz mit Freiende, züglich Patienten mit Bruxismus wurde z.B. Freiendbrücke oder Anhängerkrone nicht getroffen. Bei Hälg et al. wurden 2 Patienten mit Bruxismus, sowie Raucher Tab. 1: Verwendete englischsprachige Nomenklatur für die Bezeichnung der betreffenden pro- eingeschlossen. Hervorzuheben ist die thetischen Konstruktionen Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02 - 79 -
I REVIEW I direkten Vergleich des marginalen Kno- chenverlusts bei cFDP und ncFDP konnte ein signifikant erhöhter Knochenverlust bei cFDP festgestellt werden. Jedoch hat- ten in der Studie von Kim et al. in der cFDP-Gruppe einerseits deutlich mehr Patienten eine initiale Parodontitis als in der ncFDP-Gruppe und andererseits war die Länge des Freiendes im Vergleich zum Durchschnitt leicht erhöht. Somit lässt sich das Ergebnis relativieren [6]. Es wurde mehrfach gezeigt, dass un- abhängig vom Vorhandensein eines An- hängers im Unterkiefer geringere Kno- chenverluste aufgetreten sind als im Ober- Abb. 3: Versorgung einer Schaltlücke regio 43–42 mittels Anhängerkrone kiefer. Dies könnte durch den höheren An- regio 34: Camlog Screw Line, Durchmesser: 4,3 mm, Länge: 11 mm teil der Kompakta im Unterkiefer zu erklä- ren sein [6, 9, 14, 18]. Außerdem postulier- ten Wennström et al., dass unabhängig vom Bestehen eines Freiendes neben der Lokalisation (OK oder UK) ebenso Rau- Abb. 1-4: Praxisklinik Prof. Dr. M. Kreisler & Kollegen chen einen signifikanten Einfluss auf das periimplantäre Knochenniveau hat. In der Studie von Kim et al. konnte jedoch kein erhöhter Knochenverlust bei Rauchern festgestellt werden [6, 18]. Der absolute periimplantäre Knochen- verlust bei Freiendbrücken oder Einzel- zahnimplantaten mit einem einzelnen An- hänger wird im Mittel mit 0,49–1,1 mm an- gegeben. Bei Nicht-Freiendversorgungen liegt der Wert zwischen 0,38–0,56 mm. Abb. 4: Versorgung der Schaltlücken regio 21–22 sowie 25–27 mittels Freiendkonstruk- Jedoch gab es kein einheitliches Follow- tionen up und es wurden nicht in allen Studien die regio 21: Camlog Screw Line, Durchmesser: 6,0 mm, Länge: 13 mm genauen Messwerte aufgeführt [6, 9, 14, regio 26: Camlog Screw Line, Durchmesser: 3,8 mm, Länge: 11 mm 18]. regio 27: Camlog Screw Line, Durchmesser: 4,3 mm, Länge: 11 mm Obwohl das Vorhandensein eines Freiendes scheinbar keinen signifikanten Einfluss auf den marginalen Knochenver- lust hat, zeigen Kim et al., dass die Länge Betrachtet wurden die Parameter Kno- dem Vergleich der einzelnen Implantatsei- des Freiendes über 8 mm technische und chenverlust, im Sinne einer biologischen ten (nc vs. c) konnten ebenso keine signi- biologische Komplikationen begünstigt. Komplikation, technische Komplikationen fikanten Unterschiede festgestellt werden. Hierzu wurden die Implantate der cFDP in und das Überleben der Implantate bzw. Bei Romeo et al. wird zwar erläutert, dass 2 Gruppen gemäß ihres Knochenverlusts des Zahnersatzes. das marginale Knochenlevel sowohl an aufgeteilt haben. Eine Gruppe wies einen der mesialen als auch an der distalen Sei- Knochenverlust ≥ 1,5 mm auf, die andere Knochenverlust te der Implantate gemessen wurde, also < 1,5 mm. Bei einer Dichotomie der Im- Der Knochenverlust beziehungsweise der an der Freiendseite und an der nicht-Frei- plantate des cFDP-Kollektivs, zeigt die Verlauf des marginalen Knochenlevels endseite, jedoch wurden diese Ergebnis- Gruppe mit einem Knochenabbau wurde in allen Studien mittels röntgenolo- se nicht veröffentlicht. Postuliert wurde le- ≥ 1,5 mm eine Freieindlänge von gischer Verlaufskontrollen ermittelt. In den diglich, dass es keine signifikanten Unter- 8,53 mm. Die Gruppe der cFDP mit einem Studien, in denen das Knochenniveau ein- schiede bei einer mesialen oder distalen Knochenabbau < 1,5 mm weist im Mittel zelner Implantate der cFDP und ncFDP Lage des Freiendes bezüglich des Kno- eine Länge von 7,15 mm auf. Dies ergibt verglichen wurde, konnte kein signifikan- chenverlusts gebe [1, 9, 14]. einen signifikanten Unterschied. Bei der ter Unterschied bezüglich des Knochen- Die Ausnahme bei Kim et al. stellt die erhöhten Länge des Freiendes scheint je- verlusts festgestellt werden [5, 6, 18]. Bei Position der posterioren Mandibula dar. Im doch nicht die vermeintlich höhere okklu- - 80 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
I REVIEW I Studiendesign Kohorte FDP Design Implantat Knochenverlust Implantatüberleben (Größe/Follow-up) (Länge/Durchmesser) Wenn- cFDP vs. ncFDP 45 Pat. (Z.n. PA-Therapie) 2 Impl. L: 8–19 mm kein sign. Unterschied k. A. ström et retro-spektiv 50 FDP (24 cFDP/26 Länge Freiende: D: 3,5 mm zw. cFDP und ncFDP al., 2004 ncFDP) Ø 9 mm Astra Tech 5J Lage: posteriore Ma- Einheilung: xilla/Mandibula OK 3 Mo, UK 6 Mo Hälg cFDP vs. ncFDP 54 Pat. 1/2 Impl. D: 3,3/4,1/4,8 mm kein sign. Unterschied cFDP: 95,7 % et al., pro-spektiv 54 FDP Länge Freiende: k. A. L: 6–12 mm zw. cFDP und ncFDP ncFDP: 96,9 % 2008 (27 cFDP/ncFDP) Lage: posteriore Ma- Straumann Ø 5,3 J xilla/ Einheilung: Mandibula 6 Wo bis 6 Mo Romeo cFDP 45 Pat. 1–3 Impl. D: 3,3/4,1/4,8 mm kein sign. Unterschied 100 % et al., Vgl. mesialer/dis- 59 cFDP Länge Freiende: L: 8/10/12/14 mm mesial oder distal 2009 taler Anhänger (32 mesialer/27 distaler Ø 6,1 mm Straumann pro-spektiv Anhänger) Lage: regio 02–07 Einheilung: 3 Mo Ø 8,2 J Aglietta sc + Anhänger 28 Pat. 1–2 Impl. D: 4,1/4,8 mm kein sign. Unterschied 100 % et al., vs. cFPD (Brücke, 19 sc + 1 Anhänger Länge Freiende: k. A. L: k.A. Impl. sc + Anhänger, 2012 nc/c Seite) 21 cFDP Lage: posteriore Ma- Straumann impl. Freiende und retro-spektiv Ø 5J xilla/Mandibula Einheilung: 3–6 Mo Impl. weg von Freiende Tab. 2: Übersicht der untersuchten Studien (cFDP: cantilever fixed dental prosthesis; ncFDP: non cantilever fixed dental prosthesis, k.A.: keine Angabe, L: Länge; D: Durchmesser; Impl.: Implantate, s.c.: single crown; Wo: Wochen; Mo: Monate; J: Jahr) sale Kraft die Ursache für den vermehrten Überleben eine Implantatfraktur statt. Hieraus ist zu Knochenverlust zu sein, sondern eher die In der Studie von Kim et al. konnten keine schlussfolgern, dass ein Freiende nicht zu verminderte Hygienefähigkeit als Folge ei- signifikanten Unterschiede zwischen einer signifikant erhöhten Implantatverlus- nes ausgedehnten Anhängerdesigns [6]. cFDP und ncFDP bezüglich des Implan- trate führt. Bei Betrachtung des Überle- In den Studien von Palmer et al. und tatüberlebens, des Überlebens des Zahn- bens des Zahnersatzes liegt in der Studie Wennström et al. hatte die Dimension des ersatzes (cFDP vs. ncFDP) sowie bezüg- von Hälg et al. jedoch ein signifikanter Un- Zahnersatzes keinen Einfluss auf den lich des Überlebens bei Vergleich der Pa- terschied vor, in der cFDP Gruppe wurde Knochenverlust, ebenso wie der Durch- tientengruppen festgestellt werden. Die ein Überleben von 88,9 %, in der Kontroll- messer der Implantate. Palmer et al. zei- Überlebensrate der Implantate der Grup- gruppe (ncFDP) von 96,3 % berechnet [1, gen jedoch eine signifikante Korrelation pe der cFDP beträgt in dieser Studie bei 2, 5]. zwischen Implantatlänge und Knochen- einem mittleren Follow-up von 4,3 Jahren In 3 der untersuchten Studien sind kei- verlust. Bei alleiniger Betrachtung der pos- 96,7 %, die der Implantate mit Zahnersatz ne Implantatfrakturen aufgetreten. Bei Ro- terioren Implantate bzw. der Implantate ohne Freiende 99,5 %. Ein Implantat der meo et al. sowie bei Aglietta et al. konnte angrenzend an das Freiende konnte bei cFDP Gruppe wies eine Fraktur auf. Die bei einem mittleren Follow-up von Wennström et al. ein signifikant höherer Überlebensrate bei Vergleich der FDP 6,1 bzw. 5 Jahren eine Implantatüberle- Knochenverlust bei einer Höhe der Supra- liegt bei 92,2 % bei cFDP und 97,2 % bei bensrate von 100 % erreicht werden. In konstruktion von ≥ 12 mm festgestellt wer- ncFDP. Bei dem Vergleich der Patienten- der Studie von Palmer et al. hingegen ist den [9, 18]. gruppen mit cFDP vs. ncFDP sind es durch eine postoperative Infektion ein frü- Nach 4 Jahren der Implantatbelastung 97,2 % vs. 99,0 % [6]. her Implantatverlust aufgetreten [1, 9, 14]. konnte in der Studie von Romeo et al. bei In der Studie von Hälg et al. liegen ver- In der Studie von Wennström et al. wurde 2 Fällen eine Periimplantitis diagnostiziert gleichbare Überlebensraten der Implanta- keine Aussage über das Überleben der werden. Eine weitere Progression der Pe- te vor. Die Überlebensrate der Implantate Implantate beziehungsweise Freiendbrü- riimplantitis konnte mit einer kausalen me- der cFDP Gruppe liegt nach 5,3 Jahren bei cken getroffen. Es wurde lediglich der chanischen und lokalen antibiotischen 95,7 %, die der Kontrollgruppe bei 96,9 %. Knochenverlust betrachtet [18]. Therapie sowie anschließenden regene- In der Freiendgruppe traten bei 2 Patien- rativen Maßnahmen verhindert werden ten, die mit Implantaten mit einem Durch- Komplikationen [14]. Bei Kim et al. wurde eine Periimplan- messer von 3,3 mm versorgt wurden, eine Die Komplikationsrate der ncFDP und titis vermehrt bei Implantaten einer cFDP Implantatfraktur auf. Hierbei ist zu erwäh- cFDP lässt sich generell als gering einstu- festgestellt. In der Studie von Hälg et al. nen, dass in anderen Studien ein reduzier- fen. In dem meisten Studien wird die Frak- traten dagegen ein Periimplantitis-Fall im ter Implantatdurchmesser von 3,3 mm als tur einer Verblendung im Sinne eines Ke- cFDP-Kollektiv und 3 im ncFDP-Kollektiv nicht geeignet erachtet wurde. In der Kon- ramikchippings als häufigste Komplikation auf [5, 6]. trollgruppe (ncFDP) fand nach 3,4 Jahren genannt [1, 6]. In der Studie von Pal- Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02 - 81 -
I REVIEW I mer et al., in der lediglich Einzelimplantate die Freiendbrücken einer Kontrollgruppe gener oder kombiniert zahn- und implan- mit einem Anhänger untersucht wurden, (Endpfeilerbrücken) gegenübergestellt tatgetragener Freiendbrücken, kann fest- trat die Lockerung der Schraube des Abut- (Tab. 2). Andererseits wurden teilweise gestellt werden, dass implantatgetragene ments fast genauso häufig auf. Dies kann nur die unterschiedlichen Seiten der Im- Freiendbrücken mit weniger Komplikatio- gegebenenfalls auf die erhöhten Rotati- plantate (c vs. nc) oder auch nur der Ein- nen einhergehen als zahngetragene Frei- onskräfte und Biegemomente durch das fluss der mesialen respektive distalen La- endbrücken und diese mit Komplikations- Freiende zurückzuführen sein [9]. ge des Freiendes betrachtet [6, 9, 14, 18]. raten von implantatgetragenen und zahn- Bei Hälg et al. zeigt ausschließlich die Die Anzahl der Implantate, die den getragenen Endpfeilerbrücken vergleich- Gruppe der cFDP technische Komplikatio- Zahnersatz fixieren, ist in den einzelnen bar sind. Die Überlebensraten rein zahn- nen (18,5 %). Bei 4 cFDP trat ein Keramik- Studien sehr heterogen. Bei Wennström getragener Freiendbrücken sind mit chipping auf, bei einer eine Dezementie- et al. wurden ausschließlich FDP mit min- 81,9 % nach 10 Jahren durch das häufige- rung. In der Studie von Romeo et al. stell- destens 2 Implantaten eingeschlossen, re Auftreten einer Pulpanekrose, einer Se- ten sich bei 20 % der Patienten Komplika- bei Romeo et al. und Palmer et al. werden kundärkaries oder technischer Komplika- tionen an der prothetischen Versorgung lediglich einzelne Implantate mit einem tionen wie einer Dezementierung oder dar. In 3 von 59 FDP wurde eine Deze- Anhänger betrachtet [9, 14, 18]. Materialfrakturen geringer als die der mentierung und in 22 ein Keramikchipping zahngetragenen Endpfeilerbrücken. Vor dokumentiert. Jedoch hatte die keine Aus- allem Freiendbrücken auf avitalen, wur- wirkung auf den Knochenverlust, da hier zelkanalbehandelten Zähnen zeigen eine kein signifikanter Unterschied beider geringere Überlebensrate. Bei kombiniert Gruppen festgestellt werden konnte [5]. Ein Freiende bei implantat- zahn- und implantatgetragenen Freiend- Bei Kim et al. zeigt sich ein kleiner, al- gestüztem Zahnersatz stellt brücken beschreiben Lang et al. eine lerdings signifikanter Unterschied bezüg- eine gute Therapiealternative Überlebensrate von 82,1 % bezüglich der lich des Auftretens technischer Komplika- Implantate und 77,8 % der FDP nach mit nur leicht erhöhtem tionen der Implantate jedoch nicht mit ver- 10 Jahren. Im Review von Pjetursson et al. mehrten Komplikationen auf Ebene der Risiko für technische wurde hingegen bei rein implantatgetrage- prothetischen Versorgung. Bei der alleini- Komplikationen dar. nen FDP eine Überlebensrate von 92,8 % gen Untersuchung der cFDP-Gruppe stellt bezüglich der Implantate und 86,7 % der sich bei Kim et al. heraus, dass das Vor- FDP nach 10 Jahren festgestellt [2, 7, 10, handensein eines längeren Freiendes mit 11]. signifikant mehr technischen und biologi- schen Komplikationen einhergeht. Die ab- Bezüglich des Implantatdesigns unter- FAZIT solute Länge des Freiendes von über scheiden sich sowohl Länge und Durch- Die Anwendung implantatgetragener 8 mm ist hierbei ausschlaggebend. Be- messer als auch die jeweiligen Hersteller. Freiendbrücken stellt eine gute Möglich- züglich der durchzuführenden Interventio- Beispielsweise erhöht der Einschluss von keit zur oralen Rehabilitation bei teilbe- nen bei technischen Komplikationen gab durchmesserreduzierten Implantaten das zahnten Patienten dar. Durch die verrin- es keine signifikanten Unterschiede be- Risiko einer Implantatfraktur und hat somit gerte Notwendigkeit augmentativer Ver- züglich beider Gruppen. Nach durch- Einfluss auf das Implantatüberleben [5]. fahren sowie die Reduzierung der Implan- schnittlich 4,3 Jahren waren 92,2 % der Die schon erwähnten verschiedenen tatzahl können somit einhergehende ope- cFDP und 97,2 % der ncFDP ohne jegli- Einschluss- und Ausschlusskriterien rative Risiken und vor allem Kosten sei- chen „chair-side“-Interventionen in situ [6]. (durchmesserreduzierte Implantate, Paro- tens des Patienten vermindert werden. Oft Das Auftreten technischer Komplika- dontitis, Rauchen, Bruxismus etc.) ver- lässt sich mithilfe einer ponticförmigen tionen wie einer Abutmentlockerung, un- stärken ebenso die Heterogenität der ein- Gestaltung des Anhängers eine bessere abhängig davon ob mit oder ohne Freien- zelnen Studien. Die Verwendung von Ästhetik erreichen als mit einem endstän- de, ist mit dem Auftreten von biologischen cFDP bei Patienten mit Bruxismus wird dig gesetzten Implantat. Dieser Vorteil Komplikationen assoziiert. Aus techni- beispielsweise in der Studie von Pal- kommt insbesondere bei mesialen An- schen Komplikationen kann somit ein er- mer et al. streng abgeraten, wohingegen hängern, die im sichtbaren Bereich liegen, höhter marginaler Knochenabbau resul- andere Studien Patienten mit Bruxismus zum Tragen. tieren [6, 9]. eingeschlossen haben [9]. Jedoch können bei implantatgetrage- Ebenfalls kritisch zu beachten sind die nen Freiendkonstruktionen vermehrte KRITISCHE WÜRDIGUNG untersuchten Parameter der eingeschlos- kleinere technische Komplikationen, wie DER LITERATUR senen Studien. Teilweise lag der Fokus Keramikchipping, auftreten. Gegebenen- Die untersuchten Studien sind auf vielen nur auf den aufgetretenen Komplikationen falls muss individuell evaluiert werden, ob Ebenen teilweise nur schlecht miteinander und dem Knochenabbau. Überlebensda- beispielsweise bei Patienten mit starkem zu vergleichen. Die Vergleichbarkeit wird ten hingegen wurden vernachlässigt [18]. Bruxismus oder anderen Risikofaktoren primär durch die verschiedenen Studien- Vergleicht man die untersuchten Stu- eine andere Art der Rehabilitation sinnvoll modelle herabgesetzt. Einerseits wurden dien mit Reviews zum Thema zahngetra- ist. - 82 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
I REVIEW I Aktuell fehlen klare Leitlinien zur gene- Therapiealternative mit einem nur leicht Foto: FotoAgenten, Heidelberg rellen Anwendung implantatgetragener erhöhten Risiko für technischen Komplika- Freiendbrücken und zur Auswahl des rich- tionen und sollte in der Alternativaufklä- tigen Implantatdesigns. Um die Komplika- rung einen festen Stellenwert haben. tionen möglichst gering zu halten, sollte unbedingt auf eine korrekte Auswahl des Interessenkonflikte: Die Autorin Dr. Meli- Implantattyps (Länge, Durchmesser) so- na Rausch und die Co-Autoren Prof. Dr. wie auf die Dimensionierung und das ge- Dr. Bilal Al-Nawas und Prof. Dr. Matthias eignete Material des Zahnersatzes geach- Kreisler geben an, dass im Zusammen- → DR. MELINA RAUSCH tet werden. Um das Risiko von Implantat- hang mit diesem Beitrag keine Interessen- Praxisklinik für Oralchirurgie und Implantolo- gie, Prof. Dr. M. Kreisler & Kollegen, München frakturen zu verringern, kann aber bei- konflikte bestehen. melina.rausch@gmail.com spielsweise auf die Verwendung von durchmesserreduzierten Implantaten ver- Foto: Fotostudio Robra, München zichtet werden. Bei Keramikimplantaten können laut Herstellerangaben derzeit noch keine Freiendbrücken realisiert werden. Trotz der limitierten Anzahl und Ver- Foto: privat gleichbarkeit der Studien lässt sich fest- halten, dass ein Freiende bei implantatge- stütztem Zahnersatz nicht zu einer höhe- ren Implantatverlustrate oder zu einem er- → PROF. DR. DR. BILAL AL-NAWAS → PROF. DR. MATTHIAS KREISLER Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Praxisklinik für Oralchirurgie und Implantolo- höhten Knochenverlust führt. Somit han- der Universitätsmedizin Mainz gie, Prof. Dr. M. Kreisler & Kollegen, München delt es sich in vielen Fällen um eine gute al-nawas@uni-mainz.de info@dr.-kreisler.de Literatur 5 _ Hälg GA, Schmid J, Hämmerle CH: 10 _Pjetursson BE, Tan K, Lang NP, prospective study. Clin Oral Im- Bone level changes at implants Brägger U, Egger M, Zwahlen M:. plants Res 2009; 20: 1278–1285 1 _ Aglietta M, Iorio Siciliano V, Blasi supporting crowns or fixed partial A systematic review of the survival 15 _Rosén A, Gynther G: Implant treat- A, Sculean A, Brägger U, Lang NP dentures with or without cantile- and complication rates of fixed par- ment without bone grafting in eden- et al.: Clinical and radiographic vers. Clin Oral Implants Res 2008; tial dentures (FPDs) after an obser- tulous severely resorbed maxillas: changes at implants supporting 19: 983–990 vation period of at least 5 years. a long-term follow-up study. 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