Gebäude mit Charme: Das Haus Metropol in Zürich - Applica
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FA C H W I S S E N Gebäude mit Charme: Das Haus Metropol in Zürich Text und Bilder Robert Muhr* Das Metropol-Gebäude mit seiner neobarocken Fassade ist eine der prägnan- testen Bauten in der Zürcher Innenstadt. Das geschichtsträchtige Geschäfts- haus beherbergte während rund sechzig Jahren das städtische Steueramt. Heute dient es als Geschäftssitz der Privatbank «Clariden Leu». Sie hat die ursprüngliche Raumstruktur wiederherstellen lassen. Wen hat das Haus Metropol mit seinen 1895 beheimatete es unter anderem fünf Zugängen (Börsenstrasse 10, Frau- das mit zahlreichen Wandgemälden ver- münsterstrasse 12 und 14, Stadthaus- zier te «Grand-Café Metropol» und das quai 11 und 13) nicht schon alles be- «Kaf fee-Restaurant» im Neurokoko- herbergt! Nach dem Bau von 1892 bis Dekor (mit einem Billardsaal in mauri- schem Stil). Nach dem Kauf 1944 durch die * Stuckateur und Restaurator, 8624 Grüt-Gossau, www.stuck-flair.ch Stadt Zürich wurde das Erscheinungs- Das historische Metropol-Gebäude neben der Fraumünsterpost in Zürich wurde stilgerecht umgebaut und renoviert. 2 A P P L I C A 17 / 2 0 0 7
FA C H W I S S E N Anno dazumal: Der Restaurationssaal des «Grand-Café Metropol» um 1905. (Foto: BAZ) bild dieses altehr würdigen Gebäudes durch Umbauten veränder t. Es entstan- den Restaurant- und Dancingbetriebe, welche ab 1945 von einer Familie Scheuble geführt wurden. Es waren dies Greutol-Inserat das Restaurant Français, die «Embassy Snack Bar» (die erste Speise-Bar in Zürich), die «Metro-Bar», das «Dancing Cabaret Embassy» und ein Tea-Room. Im Cabaret debütier ten bekannte Grös- sen wie Margrit Rainer, Ruedi Walter, Alfred Rasser und Elsy Attenhofer. Steueramt mit Charme 1949 wurde ein Umbau für die Einrich- tung des Steueramtes im Unterge- schoss, im Erdgeschoss, im dritten Obergeschoss und im Dachgeschoss bewilligt. Das Metropol wurde Sitz des städtischen Steueramtes. Bereits 1950 betrug der Bauwer t des Metropols 6,1 Mio. CHF, und vier Jahre später war ein neuer Kredit fällig, um dringende Unterhaltsarbeiten an den Fassaden vorzunehmen. Es muss- ten 515’000 CHF aufgewendet wer- den, um rostige Bleche, Abflussrohre und korrodierende Gusseisengeländer auszuwechseln. Zusätzlich gefährdeten abbröckelnde Kunststeinarbeiten vor- beigehende Passanten. Säumige Steuer- A P P L I C A 17 / 2 0 0 7 3
FA C H W I S S E N zahler hätten diesen «Steinschlag» als Ausrede für ihre Unpünktlichkeit vor- bringen können … Vom «La Ferme» zum «Zoo-Club» 1956/1957 erhielt ein Teil des Restau- rants Français mit der «Trattoria Tosca- na» eine neue Stilrichtung. 1966 ent- stand das legendäre Dancing «La Ferme». 1978 setzte Beat Scheuble die er folgreiche Geschäftsführung der Res- taurant- und Dancingbetriebe seines Vaters for t. So richtete er nach einem Brand im «La Ferme» das «La Nave», später das «Cinecittà» und 1999 den «Zoo-Club» ein. 1988–1992 wurden erneut – nun unter strengen denkmalpflegerischen Auflagen – aufwendige Renovierungs- arbeiten an der Fassade, am Dach Knifflige Arbeit: Diese stark lädierte Stuckdecke musste restauriert werden. sowie in den Treppenhäusern ausge- führ t. Für die vorbildliche Arbeit verlieh die Pro Renova, die Schweizerische Ver- einigung für Bau-Renovationen, der Stadt Zürich den «Goldenen Drachen». Neben der «Trattoria Toscana» ent- stand 1991 die Pizzeria/Spaghetteria «Tre Cucine». Im April 2002 übernahm die Freddy Burger Management Group den Restaurant- und Dancingbetrieb im Erdgeschoss. Eine Bank greift zu Der grosse Umbruch aber kam im Jahr 2004 mit einer Ausschreibung der Stadt Zürich, welche beabsichtigte, ihr bis dahin im Metropol ansässiges Steuer- amt und weitere Ver waltungsabteilun- gen ins Hochhaus Werd* am Werdmüh- * Das Hochhaus Werd im gleichnamigen Quartier in Zürich ist ungefähr 70 m hoch. Der Gebäudekomplex wurde ur- sprünglich von der Grossbank UBS errichtet und genutzt. Fast wie am Fliessband: Im Atelier der Salvini AG wurden die Duplikate für die Stuckdecke Im Jahr 2000 wurde das Werd-Hochhaus an die Stadt Zürich verkauft und beherbergt heute einen Teil der Zür- angefertigt. cher Stadtverwaltung. 4 A P P L I C A 17 / 2 0 0 7
FA C H W I S S E N Lehrling Rocco Zullino zieht die Stuckprofile für die denkmal- Bajram Kashtanjevatc bringt die Konsolen an. Gut zu erkennen geschützte Decke. sind die Schraubenlöcher für zusätzliche Befestigungen von Decken- elementen und Konsolen. leplatz auszulagern und das ehr würdige und die Sanitär- und Elektroinstallatio- Gebäude für sechzig Jahre im Baurecht nen wurden erneuer t. Heinrich Ernst, Architekt des Metropol abzugeben. Man wollte einer Firma er- Für die Gipser und Stuckateure der Heinrich Ernst, geboren am 1. April 1846 möglichen, ihren Geschäftssitz an pro- Salvini AG in Zürich galt es, an zwei in Neftenbach, belegte zuerst einen Vor- minenter Lage in der Zürcher Innen- denkmalgeschützten Decken die Stuck- kurs am Eidg. Polytechnikum in Zürich stadt einzurichten – und eine neue Ein- profile massstabsgetreu abzunehmen. (heute ETH), bevor er 1867–1870 Architek- tur studierte, unter anderem bei Gottfried nahmequelle für die Stadt generieren. Dazu mussten Schablonen gefer tigt Semper und Georg Lasius (vgl. applica Im Februar 2005 wurde der Stadtrat und Profile gezogen werden. Dies war 11/2007, S. 6). Später arbeitete Ernst in mit der Bank Hofmann handelseinig und die Aufgabe des Lehrlings im dritten Dresden mit Professor Sempers Sohn beschloss, die Dauer der Vereinbarung Lehrjahr, Rocco Zullino, der die Profile Manfred an der berühmten Semper-Oper von sechzig auf achtzig Jahre zu er wei- dazu herstellte und diese dann auch mit. 1873, nach einer Studienreise durch tern. In der Folge mussten die «Trattoria nach dem Einbau der neuen Decken mit England, plante der Schweizer Architekt Toscana» und das «Tre Cucine» auf Ende integrier ten Kühlanlagen anhand der das Englischviertel-Quartier in Zürich- 2005 ihren Betrieb einstellen. Heute vorgängig aufgenommenen Masse ver- Hottingen, wobei er hier auch diverse Ein- familienhäuser realisierte. erinner t nur noch eine Inschrift an der setzte. Für die damalige Zeit war dies eine er- Fassade Fraumünsterstrasse an die staunliche Karriere eines einfachen Bür- Trattoria. Rekonstruier te Deckenmalereien gers. 1891–1893 baute Ernst das «Rote Des einen Leid, des anderen Freud’: In früheren Dokumentationen über das Schloss» am General-Guisan-Quai in Die neue Eignerin verpflichtete sich, die Haus Metropol sieht man Deckenmale- Zürich. Danach folgte das Metropol. Die ursprüngliche Raumstruktur bzw. den reien, welche im Zuge früherer Umbau- Bauweise, welche Heinrich Ernst für das Saal im Innenhofbereich wiederherzu- arbeiten entfernt worden waren. Auf Metropol – seinerzeit das grösste als stellen. Wunsch der neuen Mieterin wurden reines Geschäftshaus geplante Objekt – wählte, entsprach in etwa den Stahlgerippe- diese Malereien rekonstruier t. konstruktionen, die damals vorwiegend in Die Wiederherstellung Bei einigen Decken war ein Einbau den USA gebaut wurden. Das Metropol Die Bank Hofmann begann 2006 mit von Kühlelementen nicht möglich, da war zu seiner Bauzeit das konstruktiv einem umfassenden Umbau des Metro- dieses Vorhaben wer tvolle Bausub- modernste Gebäude Zürichs. 1897 jedoch pol. Bei Voruntersuchungen stellte man stanz zerstör t hätte. Deshalb wurden ging Heinrich Ernst Konkurs und war ge- fest, dass die von Heinrich Ernst ge- lediglich die Lasuren der Holzmaserie- zwungen, sein Atelier an die beiden jun- wählte Stahlkonstruktion (siehe Kas- rungen mit Spezialwerkzeugen ergänzt gen Zürcher Architekten Otto Wilhelm ten) einige Schwachstellen aufwies, so- und einige Löcher reparier t. Dabei Pfleghard und Max Haefeli zu veräussern. Später zog Ernst nach Pegli bei Genua, wo dass sie den heutigen Anforderungen kam eine Technik in Öllasur zur Anwen- er zurückgezogen lebte und im Dezember an den Erdbebenschutz nicht mehr ge- dung. 1916 starb. (Quellen: Heinz Kündig, Bau- nügte. Deshalb mussten massive stäh- Aufwendiger war die Wiederherstel- leiter des Architekturbüros Martin Spüh- lerne Quer verstrebungen eingebaut lung einer massiv zerstör ten Stuck- ler, Zürich, und Historisches Lexikon der werden, die geschickt hinter Zwischen- decke im Foyer, an der Seite Fraumüns- Schweiz) wänden und in Wandschränken ver- terstrasse. Zu diesem Zweck wurde steckt wurden. Die zahlreichen Räume eines der noch intakten Deckenelemen- erhielten in den Decken Klimaanlagen, te ausgebaut und davon mittels Silikon- A P P L I C A 17 / 2 0 0 7 5
FA C H W I S S E N Fertig: Die restaurierte Decke im Eingangsbereich. kautschuk eine Negativform herge- reich nun wieder eine komplette Ein- stellt. Diese Arbeit war wegen zahlrei- heit, wie dies die denkmalpflegerischen cher eingerosteter Nägel und Schrau- Auflagen forder ten. ben äusserst schwierig. Von diesem Zu den wesentlichen Auflagen des Deckenelement wurden sechs Stück ge- Baurechtsver trages zählte auch das fer tigt. Einrichten eines Kaffeehauses mit rund Mit der letzten unbeschädigten Kon- hunder t Sitzplätzen. Dieser Bestim- sole wurde gleich ver fahren. Davon mung wurde per Ende August 2007 mit brauchte es jedoch acht Exemplare, um der Eröf fnung des Restaurants Metro- die Decke wieder wie neu aussehen zu pol entsprochen. Zum Restaurant gehö- lassen. Bevor von dieser Konsole eine ren auch ein Café, eine Bar sowie Kon- Silikonform angefer tigt werden konnte, ferenz-, Seminar- und Banketträume. ■ mussten alte Farbschichten entfernt werden, damit die Konturen der Verzie- Bankenfusion: neuer Name, rungen, wie z. B. Akanthusblatt, Feston gleiche Gebäudenutzung (Blattgehänge) oder ionische Voluten, besser her vor traten. Die Bank Hofmann schloss sich während der Umbauarbeiten mit anderen Privat- banken zu einem neuen Finanzinstitut Auflagen er füllt namens «Clariden Leu» zusammen. Damit Nach dem Einbau einer Gipskar tonplat- sind die unabhängigen Credit-Suisse- ten-Decke auf die frühere, ursprüngli- Privatbankentöchter Clariden, Leu, Hof- che Höhe schritten die Arbeiten zügig mann, BGP Banca di Gestione Patrimoni- voran. Zusätzlich eingezogene Schie- ale und die Effektenhändlerin Credit nen dienten der Befestigung der Stuck- Suisse Fides nun unter einem Dach ver- Rahmenprofile sowie der Deckenele- eint. Clariden Leu gehört zu den fünf grössten Anbietern im Private-Banking- mente. Segment der Vermögensverwalter in der Die restaurier te Decke bildet mit der Schweiz. ursprünglichen Decke im Eingangsbe- 6 A P P L I C A 17 / 2 0 0 7
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