Gesamtbeurteilung der Wirtschaftslage - OECD.org

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OECD-Wirtschaftsausblick
Ausgabe 2016/2
© OECD 2016

                           Kapitel 1

Gesamtbeurteilung der Wirtschaftslage

                                        9
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

Einleitung
             Die Weltwirtschaft ist seit fünf Jahren in einer Situation gefangen, in der das
        Wachstum – mit rd. 3% – auf enttäuschend niedrigem Niveau verharrt. Diese anhaltende
        Wachstumsschwäche hat die Wachstumserwartungen für die Zukunft beeinträchtigt und
        so die laufenden Ausgaben und das Wachstum des Produktionspotenzials geschmälert.
        Die weltweite Handels- und Investitionstätigkeit verläuft schwach, was dem Anstieg der
        Arbeitsproduktivität und der Löhne Grenzen setzt, der für ein nachhaltiges Konsumwachstum
        nötig wäre. Fiskalpolitische Maßnahmen – die teils schon umgesetzt, teils geplant sind
        – könnten jedoch, so sie Wirkung zeigen, die private Wirtschaftstätigkeit stimulieren
        und dafür sorgen, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft bis 2018 moderat auf rd.
        3½% beschleunigt. Die Überwindung der Wachstumsschwäche hängt von den politischen
        Weichenstellungen wie auch von einer konzertierten und wirkungsvollen Umsetzung ab.
        Wenn die neue US-Regierung, wie in diesen Projektionen unterstellt, eine bedeutende und
        wirkungsvolle Fiskalinitiative umsetzt, die die inländische Investitions- und Konsumtätigkeit
        ankurbelt, könnte sich das Wachstum der Weltwirtschaft 2017 um 0,1 Prozentpunkt
        und 2018 um 0,3 Prozentpunkte erhöhen. Wenn die aktuellen Konjunkturimpulse in
        China weiterhin die Nachfrage fördern, könnte dies das Weltwirtschaftswachstum im
        Durchschnitt des Zeitraums 2017-2018 ebenfalls um 0,2 Prozentpunkte jährlich steigern.
        Eine stärkere fiskalische Lockerung als derzeit in den meisten anderen fortgeschrittenen
        Volkswirtschaften, einschließlich der EU, erwartet, würde der Binnen- ebenso wie der
        Weltwirtschaft zusätzlichen Auftrieb geben. Die von der OECD angestellten Analysen des
        verfügbaren fiskalischen Spielraums lassen darauf schließen, dass in der EU Möglichkeiten
        für stärker konzertiertes Handeln bestehen.
             Vor dem Hintergrund solcher fiskalpolitischer Initiativen würden Fortschritte im Bereich
        der Handelspolitik helfen, die Wachstumsschwäche der Weltwirtschaft zu überwinden und
        das Produktivitätswachstum zu beleben. Zunehmender Protektionismus und drohende
        handelspolitische Vergeltungsmaßnahmen könnten hingegen einen Großteil des Effekts
        der fiskalpolitischen Maßnahmen auf das Wachstum der Binnen- und der Weltwirtschaft
        zunichtemachen, und die Haushaltslage der Länder würde sich zudem verschlechtern. Da
        die Lage auf den Arbeits- und Produktmärkten nur ganz allmählich angespannter wird,
        dürfte die Inflation in den meisten Ländern verhalten bleiben, wobei es in den Vereinigten
        Staaten allerdings zu Druck auf die Ressourcen kommen könnte. Wenn die mittel- und
        längerfristigen Wachstumserwartungen wieder steigen, womit es der Geldpolitik in den
        Vereinigten Staaten möglich wäre, zu einem neutraleren Kurs zurückzukehren, könnte dies
        bestehende Verzerrungen auf den Finanzmärkten – z.B. in Form fehlender Laufzeit- und
        Kreditrisikoprämien – verringern. Das Risiko einer zunehmenden Divergenz des geldpolitischen
        Kurses in den großen Volkswirtschaften in den kommenden zwei Jahren könnte jedoch für
        neue Finanzmarktspannungen sorgen. Neue Herausforderungen ergeben sich zudem aus dem
        Referendumsentscheid des Vereinigten Königreichs für einen Austritt aus der Europäischen
        Union, womit die Wahrscheinlichkeit einer langen Phase der Unsicherheit steigt, solange der
        künftige Rahmen der Handelsbeziehungen mit dem Rest der EU nicht geklärt ist.

                                              OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
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1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

              Um sicherzustellen, dass sich das Wachstumsgleichgewicht wieder auf einem
         höheren Niveau einpendeln kann, bedarf es wirksamer und kollektiver Anstrengungen
         der Politik zur Stützung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage auf kurze Sicht und
         Erhöhung des Wachstumspotenzials auf längere Sicht. Dazu gilt es, die akkommodierende
         Geldpolitik durch einen verbesserten gemeinsamen Einsatz fiskalpolitischer sowie
         ambitionierterer strukturpolitischer Maßnahmen zu ergänzen und zu vermeiden, dass der
         Handelsprotektionismus weiter um sich greift. Verzerrungen an den Finanzmärkten und
         eine voraussichtlich stärkere Volatilität bedeuten, dass in den wichtigsten fortgeschrittenen
         Volkswirtschaften kein Spielraum für eine über die derzeitigen Pläne hinausgehende
         Ausweitung der monetären Lockerung besteht. Die Länder sollten stattdessen ihren
         fiskalischen Spielraum genauer prüfen, da die niedrigen Zinsen es ihnen ermöglichen,
         die Ausgaben für harte und weiche Infrastruktur sowie andere wachstumsfördernde
         Posten während eines Zeitraums von durchschnittlich vier Jahren zu erhöhen, ohne dass
         sich dadurch ihre Schuldenquote verändern würde (vgl. Kapitel 2). Durch konzertiertes
         Handeln in diesem Bereich, u.a. mit einer Reallokation der öffentlichen Ausgaben in Richtung
         stärker wachstumsfördernder Elemente, würden die Unternehmensinvestitionen stimuliert
         und zusätzliche Produktionszuwächse durch Spillover-Effekte zwischen den Ländern
         erzielt. Fiskalpolitische Maßnahmen müssen sich auf strukturpolitische Maßnahmen
         stützen, sonst können sie das Produktivitätswachstum und das Arbeitsvolumen nicht
         erhöhen und gefährden die Tragfähigkeit der Verschuldung. Angesichts der drastischen
         Verlangsamung des Handels gehört es zu den entscheidenden gemeinsamen Prioritäten im
         Bereich der Strukturpolitik, die seit der Krise eingeführten protektionistischen Maßnahmen
         zurückzunehmen und die Möglichkeiten des internationalen Handels weiter auszudehnen,
         was von Maßnahmen zugunsten einer gerechteren Aufteilung der Handelsgewinne
         begleitet sein sollte. Durch einen mutigen und umfassenden Einsatz geld-, fiskal- und
         strukturpolitischer Maßnahmen dürfte es möglich sein, die Wachstumserwartungen zu
         steigern und die Risikoängste zu verringern und so die Weltwirtschaft insgesamt auf einen
         nachhaltigen Pfad höheren Wachstums zu lenken.

Die Erholung könnte an Dynamik gewinnen, was von den politischen
Weichenstellungen abhängig ist
              Die Möglichkeit eines weiterhin unter den üblichen Durchschnittswerten verharrenden
         Wachstums besteht trotz des Niedrigzinsumfelds nach wie vor (Abb. 1.1), was auf unbefriedigende
         angebotsseitige Grundtendenzen, eine verhaltene gesamtwirtschaftliche Nachfrage und
         verringerte Reformanstrengungen zurückzuführen ist. Ungeachtet einer Belebung im dritten
         Quartal 2016 dürfte das Wachstum des globalen BIP den Schätzungen zufolge dieses Jahr
         wieder bei rd. 3% gelegen haben, mehr als ¾ Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der
         zwanzig Jahre vor der Krise. Werden keine Maßnahmen zur Behebung dieser anhaltenden
         Wachstumsdefizite ergriffen, wird es für die Regierungen immer schwieriger werden, die
         Verpflichtungen, die sie der Gesellschaft gegenüber implizit für die Zukunft eingegangen
         sind, in vollem Umfang einzulösen oder auch nur den aktuellen Erwartungen der Bürger
         gerecht zu werden. Während es Anzeichen dafür gibt, dass das Produktionswachstum in
         den Schwellen- und Entwicklungsländern nach einer langen Phase der Abschwächung nun
         anzuziehen beginnt – was durch den kurzfristigen Effekt der Konjunkturmaßnahmen in
         China und das Nachlassen der Rezession in vielen Rohstoffförderländern unterstützt wird –,
         steht eine nennenswerte allgemeine Belebung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften
         noch aus.

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
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1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                                  Figure 1.1. Global GDP growth is set to rise
                                             Year-on-year percentage changes

%                                                                                                                        %
     8                                                                                                               8
                       World
                       OECD¹
     7                 non-OECD
                                                                                                                     7

     6                                                                                                               6

     5                                                                                                               5

     4                                                                                                               4

     3                                                                                                               3

     2                                                                                                               2

     1                                                                                                               1

     0                                                                                                               0
           2011         2012          2013          2014          2015          2016          2017          2018

Note: GDP measured using purchasing power parities.
1. With growth in Ireland in 2015 computed using gross value added at constant prices excluding foreign-owned multinational
   enterprise dominated sectors.
Source: OECD Economic Outlook 100 database.
                                                                         12http://dx.doi.org/10.1787/888933437145

              Die Messgrößen der politischen Unsicherheit, die u.a. auf Presseanalysen beruhen,
         bewegen sich in einer Reihe von Ländern sowie auf globaler Ebene weiterhin auf hohem
         Niveau (Abb. 1.2). Dies sorgt für zusätzliche Abwärtsrisiken, was negative Auswirkungen
         auf die Wirtschaftstätigkeit haben dürfte, sollte sich daran nichts ändern. Dennoch haben
         die Turbulenzen an den Aktienmärkten nach den ersten heftigen Reaktionen auf das
         Ergebnis der Wahlen in den Vereinigten Staaten und das Referendum im Vereinigten
         Königreich nachgelassen. An den Rentenmärkten hat die Volatilität allerdings zugenommen.
         Die Zinssätze für Staatsanleihen sind in zahlreichen Volkswirtschaften gegenüber ihren
         historischen Tiefstständen gestiegen, wozu beiträgt, dass die Märkte eine künftig höhere
         Inflation und damit auch einen rascheren Anstieg der Leitzinsen in den Vereinigten Staaten
         erwarten.
             Das Wachstum der Weltwirtschaft könnte sich unter der Annahme eines stärker
         konjunkturstützend ausgerichteten fiskalpolitischen Kurses in den Vereinigten Staaten
         – mit entsprechenden Nachfrage-Spillover-Effekten auf andere Volkswirtschaften – in
         den kommenden beiden Jahren etwas beschleunigen, allerdings nur auf rd. 3½% bis 2018
         (Tabelle 1.1). Sollte es in den Vereinigten Staaten nicht zu diesen Veränderungen kommen
         und sollte der geschätzte Effekt der erwarteten fiskalischen Lockerung in China und im
         Euroraum ausbleiben, würde das globale BIP-Wachstum 2017 um rd. 0,4 Prozentpunkte
         und 2018 um rd. 0,6 Prozentpunkte schwächer ausfallen als hier unterstellt (Kasten 1.1.
         und Abb. 1.3). Mit einer noch ungünstigeren Entwicklung wäre zu rechnen, falls restriktive
         handelspolitische Maßnahmen eingeführt würden; Maßnahmen zur Handelserleichterung
         würden dem Wachstum hingegen Auftrieb geben (Kasten 1.3).
              In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften dürften konjunkturstützende makro-
         ökonomische Maßnahmen und stabile Rohstoffpreise weiterhin die Wirtschaftstätigkeit
         fördern, für ein stärkeres Wachstum und eine nachhaltige Belebung des Verbrauchs bedarf
         es jedoch noch eines allgemeinen, dauerhaften Anstiegs des Lohnwachstums und der

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12
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

         Figure 1.2. Economic policy uncertainty remains elevated in a number of economies
                         Policy uncertainty index normalised over 2011-2015, 3-month moving average

                             Global                                              Emerging market economies

     3                                                               3

     2                                                               2

     1                                                               1

     0                                                               0

    -1                                                               -1

    -2                                                               -2
         2011    2012     2013    2014     2015     2016                  2011    2012     2013     2014     2015     2016

                         United States                                                   United Kingdom

     3                                                              10

     2                                                               8

                                                                     6
     1
                                                                     4
     0
                                                                     2
    -1                                                               0

    -2                                                               -2
         2011    2012     2013    2014     2015     2016                  2011    2012     2013     2014     2015     2016

Note: The emerging market economies measure is a PPP weighted average of news-based policy uncertainty in China, India, Brazil and
Russia. The estimates for the United States and the United Kingdom in November are based on daily data available up to November 21.
Source: PolicyUncertainty.com; and OECD calculations.
                                                                              12http://dx.doi.org/10.1787/888933437152

         Unternehmensinvestitionen. Im OECD-Durchschnitt dürfte sich das BIP-Wachstum von
         1¾% in diesem Jahr auf knapp über 2¼% im Jahr 2018 erhöhen (Abb. 1.4, Teil A). Ohne den
         fiskalpolitischen Konjunkturimpuls in den Vereinigten Staaten würde das BIP-Wachstum
         des OECD-Raums 2017-2018 bei durchschnittlich unter 2% pro Jahr liegen, kaum verändert
         gegenüber 2015-2016. Die Entwicklung in den aufstrebenden Volkswirtschaften dürfte
         aufgrund von Unterschieden hinsichtlich des Umfangs der konjunkturpolitischen Impulse,
         der Rohstoffpreissensitivität, der Fortschritte bei der Umsetzung von Strukturreformen
         und der finanziellen Risiken uneinheitlich verlaufen. Insgesamt wird sich das Wachstum
         in den kommenden beiden Jahren wohl allmählich beleben, da die Rezession in Brasilien,
         Russland und anderen Rohstoffförderländern nach und nach abklingt (Abb. 1.4, Teil B).
         Die entscheidenden Elemente der Projektionen für die großen Volkswirtschaften sind in
         Kasten 1.2 zusammengefasst.
              Auch im Kontext konjunkturfördernder Politikmaßnahmen, die ein höheres Wachstum
         der Weltwirtschaft ermöglichen sollen, bleibt das Wachstum der Welthandelsvolumen, das
         sich von 2½% im Jahr 2015 auf unter 2% in diesem Jahr verlangsamt hat, ungewöhnlich
         schwach. In den nächsten beiden Jahren wird nur mit einer bescheidenen Verbesserung
         gerechnet. Das Handelswachstum dürfte bis 2018 auf rd. 3¼% steigen und so weitgehend
         dem Wachstum der weltweiten Produktion entsprechen (zu Marktwechselkursen). Damit
         liegt es deutlich unter den Vergangenheitstrends, was die Vermutung nahelegt, dass der

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                                                                                                                                13
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                                   Table 1.1. The global recovery could gain some steam
                                                          OECD area, unless noted otherwise

                                                     Average                                                          2016      2017      2018
                                                    2004-2013       2014      2015      2016       2017     2018       Q4        Q4        Q4

                                                                                               Per cent
            Real GDP growth1
                 World2                                  3.9       3.3       3.1       2.9        3.3       3.6       3.2       3.4       3.7
                 OECD2,7                                 1.6       1.9       2.1       1.7        2.0       2.3       1.8       2.1       2.3
                   United States                         1.6       2.4       2.6       1.5        2.3       3.0       1.8       2.5       2.9
                   Euro area7                            0.8       1.2       1.5       1.7        1.6       1.7       1.6       1.6       1.7
                   Japan                                 0.8       0.0       0.6       0.8        1.0       0.8       1.5       0.8       0.9
                 Non-OECD2                               6.6       4.6       3.8       4.0        4.5       4.6       4.3       4.5       4.7
                 China                                 10.3        7.3       6.9       6.7        6.4       6.1       6.8       6.1       6.1
            Output gap3                                 -0.5      -2.1      -1.5      -1.4       -0.9       0.0
            Unemployment rate4                           7.1       7.4       6.8       6.3        6.1       6.0       6.2       6.1       5.9
            Inflation1,5                                 2.0       1.6       0.7       1.0        1.7       2.1       1.3       1.7       2.3
            Fiscal balance6                             -4.6      -3.5      -3.0      -3.1       -3.0      -2.9
            World real trade growth1                     5.3       3.9       2.6       1.9        2.9       3.2       2.1       2.8       3.5
            1. Percentage changes; last three columns show the increase over a year earlier.
            2. Moving nominal GDP weights, using purchasing power parities.
            3. Per cent of potential GDP.
            4. Per cent of labour force.
            5. Private consumption deflator.
            6. Per cent of GDP.
            7. With growth in Ireland in 2015 computed using gross value added at constant prices excluding foreign-owned multinational
               enterprise dominated sectors.
            Source: OECD Economic Outlook 100 database.

                                                                               12http://dx.doi.org/10.1787/888933438659

                            Figure 1.3. Fiscal stimulus is helping to support GDP growth
                                                 Estimated contribution to annual GDP growth

% pts                                                                                                                                                 % pts
  5.0                                                                                                                                                 5.0
             Other forces
  4.5        US fiscal effect                                                                                                                         4.5
             EA fiscal effect
  4.0        China fiscal effect                                                                                                                      4.0

  3.5                                                                                                                                                 3.5

  3.0                                                                                                                                                 3.0

  2.5                                                                                                                                                 2.5

  2.0                                                                                                                                                 2.0

  1.5                                                                                                                                                 1.5

  1.0                                                                                                                                                 1.0

  0.5                                                                                                                                                 0.5

  0.0                                                                                                                                                 0.0
         World        OECD         Non-OECD                    World       OECD       Non-OECD                      World        OECD      Non-OECD
                      2016                                                  2017                                                  2018

Note: Based on macro-model simulations of an assumed fiscal stimulus in the United States worth ¾ per cent of GDP in 2017 and 1¾ per
cent of GDP in 2018; actual and projected fiscal stimulus in China of 1½ per cent of GDP in 2016 and 1% of GDP in both 2017 and 2018; and
actual and projected fiscal stimulus in the euro area of 0.4% of GDP in 2016, 0.2% of GDP in 2017 and 0.3% of GDP in 2018. The stimulus in
China and the euro area is assumed to be implemented through government final expenditure on consumption. Details of the stimulus
in the United States are set out in Box 1.1.
Source: OECD Economic Outlook 100 database; and OECD calculations.
                                                                                    12http://dx.doi.org/10.1787/888933437163

                                                                  OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
14
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

         Kasten 1.1 Kurzfristige Auswirkungen fiskalischer Impulse in den Vereinigten Staaten
     Infolge des Wahlausgangs in den Vereinigten Staaten wird allgemein mit einem spürbaren makroökonomischen
   Kurswechsel gerechnet. In welchem Umfang die neue Regierung die im Wahlkampf skizzierte Haushaltspolitik
   tatsächlich umsetzt, wird sich erst später herauskristallisieren, da zur Verabschiedung der erforderlichen
   Gesetze die Zustimmung des Kongresses benötigt wird und in einigen Bereichen, insbesondere bei den
   Steuerreformen, u.U. komplexe Gesetzesänderungen notwendig sind. Dennoch ist im Verlauf der nächsten
   zwei Jahre eine gewisse fiskalpolitische Lockerung zu erwarten, mit entsprechenden Auswirkungen
   auf die Wachstumsaussichten und die Inflationsentwicklung in den Vereinigten Staaten und anderen
   Volkswirtschaften.
     Das in diesem Kasten beschriebene stilisierte Szenario stellt – unter Verwendung des globalen makro-
   ökonomischen NiGEM-Modells – illustrative Schätzungen der möglichen kurzfristigen wirtschaftlichen
   Effekte dar, die aus einer fiskalischen Expansion in den Vereinigten Staaten in der erwarteten und in den
   Projektionen berücksichtigten Form resultieren könnten. In dem Szenario wurden folgende fiskalpolitische
   Maßnahmen berücksichtigt:
   z Eine Ausweitung des Staatskonsums und der staatlichen Investitionstätigkeit um jeweils ¼% des (im
     Basisszenario unterstellten) BIP in den Jahren 2017 und 2018.
   z Eine Reform der Einkommensteuer, durch die sich die Steuereinnahmen 2017 und 2018 um rd. ½% des
     BIP reduzieren. In der Praxis dürfte dies u.a. über eine Verringerung der Zahl der unterschiedlichen
     Einkommensteuersätze sowie eine geringfügige Senkung der Grenzsteuersätze erfolgen.
   z Reformen der Unternehmensbesteuerung, durch die sich die Steuereinnahmen 2018 um rd. ¾% des BIP
     verringern werden. In der Simulation wird unterstellt, dass dies durch eine Reduzierung des effektiven
     Unternehmensteuersatzes um knapp über 10% gegenüber dem Basisszenario anstatt einer Ausweitung
     der Bemessungsgrundlage zustande kommt.
     Da es einige Zeit in Anspruch nehmen wird, die zur Verwirklichung dieser Maßnahmen erforderlichen Gesetze
   zu verabschieden, wird mit den zusätzlichen Ausgaben ab dem zweiten Quartal 2017 und einer schrittweisen
   Umsetzung der Steuersenkung für die privaten Haushalte im Jahresverlauf 2017 gerechnet. Die Simulation mit
   dem NiGEM-Modell wurde vergangenheitsorientiert durchgeführt, da angenommen wird, dass die Unternehmen
   und privaten Haushalte in einer von erheblicher Unsicherheit geprägten Zeit wahrscheinlich nicht so handeln,
   als würde über fiskalische Maßnahmen Gewissheit bestehen, bevor sie verabschiedet sind. In den Vereinigten
   Staaten wurde zugelassen, dass die Geldpolitik endogen bleibt, in anderen Volkswirtschaften aber wurden
   die Leitzinsen stabil gehalten. Die Haushaltsregel in den Vereinigten Staaten wurde außer Kraft gesetzt, so
   dass sich durch die zusätzlichen Ausgaben und die Steuersenkungen zunächst das Haushaltsdefizit erhöht.
     Insgesamt steigern die fiskalpolitischen Maßnahmen das BIP-Wachstum in den Vereinigten Staaten im
   Kalenderjahr 2017 um rd. 0,4 Prozentpunkte und 2018 um knapp über 0,8 Prozentpunkte (vgl. erste Abbildung).
   Die Unternehmensinvestitionen wachsen relativ schnell und liegen 2018 rd. 5½% über dem Basisszenario,
   wodurch sich das Produktionspotenzial ausweitet. Die Arbeitslosenquote nimmt weiter ab (um knapp unter
   ½ Prozentpunkt bis 2018) und es treten erste Anzeichen eines Ressourcendrucks auf, mit einem Anstieg der
   Verbraucherpreisinflation um 0,1 Prozentpunkte im Jahr 2017 und 0,4 Prozentpunkte 2018. Das im Verhältnis
   zum Potenzial stärkere Wachstum und die höhere Inflation bewirken eine Anhebung der Leitzinsen, die sich
   gegenüber dem sehr niedrigen im Basisszenario unterstellten Niveau 2017 um ¼ Prozentpunkt und 2018
   um ¾ Prozentpunkte erhöhen. Dies trägt zu einem Anstieg der langfristigen Zinssätze bei, die 2018 rd. 40
   Basispunkte über dem Basisszenario liegen.
     Die kräftigere Endnachfrage in den Vereinigten Staaten kurbelt auch das Importwachstum an und sorgt
   dafür, dass die Importvolumen 2018 rd. 3% über dem Wert aus dem Basisszenario liegen. Dies bewirkt leicht
   positive Spillover-Effekte auf andere Volkswirtschaften (vgl. erste Abbildung), insbesondere Kanada und
   Mexiko (vorausgesetzt, es werden keine gegenläufigen handelspolitischen Maßnahmen ergriffen). Insgesamt
   wird durch die Konjunkturmaßnahmen das weltweite BIP-Wachstum 2017 um rd. 0,1 Prozentpunkte und
   2018 um 0,3 Prozentpunkte gesteigert, während sich das Welthandelswachstum in den Jahren 2017 und 2018
   um ¼ Prozentpunkt bzw. ½ Prozentpunkt erhöht. Ohne die fiskalischen Impulse in den Vereinigten Staaten
   wäre 2018 in den meisten Ländern ein weitgehend vergleichbares BIP-Wachstum wie 2017 zu erwarten (vgl.
   zweite Abbildung).
                                                                                          (Fortsetzung nächste Seite)

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                        15
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

     (Fortsetzung)
       Der anfängliche Ex-ante-Anstieg des US-Haushaltsdefizits aufgrund der höheren Ausgaben und niedrigeren
     Steuern wird zum Teil durch die positiven fiskalischen Effekte einer stärkeren gesamtwirtschaftlichen
     Aktivität kompensiert, so dass sich der tatsächliche Defizitanstieg gegenüber dem Basisszenario auf
     ungefähr ½% des BIP im Jahr 2017 und 1½% des BIP im Jahr 2018 beläuft, verglichen mit dem entsprechenden
     Ex-ante-Defizitanstieg von ¾% des BIP 2017 und 1¾% des BIP 2018. Trotz der höheren Defizitquote und des
     Renditeanstiegs bei langfristigen Staatsanleihen verringert sich die Staatsschuldenquote der Vereinigten
     Staaten in beiden Jahren geringfügig (um rd. ½% des BIP im Jahr 2018). Dies ist dadurch bedingt, dass der
     positive Effekt des Anstiegs des (nominalen) BIP auf die im Verhältnis zum BIP gemessene Staatsschuldenquote
     den Effekt des höheren Haushaltsdefizits auf kurze Sicht überkompensiert.

                       The near-term GDP growth impact of a stylised US fiscal stimulus
                                                          Difference from baseline

     % pts                                                                                                                               % pts
       0.9                                                                                                                               0.9
                                                        2017
       0.8                                              2018                                                                             0.8

       0.7                                                                                                                               0.7

       0.6                                                                                                                               0.6

       0.5                                                                                                                               0.5

       0.4                                                                                                                               0.4

       0.3                                                                                                                               0.3

       0.2                                                                                                                               0.2

       0.1                                                                                                                               0.1

       0.0                                                                                                                               0.0
             United States                     World                        Japan                          United Kingdom
                              Canada                           Mexico                       Euro area                          China

  Source: OECD Economic Outlook 100 database; and OECD calculations.
                                                                                  12http://dx.doi.org/10.1787/888933437091

                         The contribution of US fiscal stimulus to projected GDP growth
                        A. GDP growth in 2017                                                    B. GDP growth in 2018
  % pts                                                                                                                                  % pts
      5                                                                                                                                  5
                                                          Other forces        US fiscal effect

        4                                                                                                                                4

        3                                                                                                                                3

        2                                                                                                                                2

        1                                                                                                                                1

        0                                                                                                                                0
               World                     Other OECD                                 World                        Other OECD
                         United States                 non-OECD                                  United States                non-OECD

  Source: OECD Economic Outlook 100 database; and OECD calculations.
                                                                                  12http://dx.doi.org/10.1787/888933437108

                                                                                                                    (Fortsetzung nächste Seite)

                                                               OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
16
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

   (Fortsetzung)
     Es gibt eine Reihe von Faktoren, durch die sich die in dieser Analyse beschriebenen anfänglichen Output-
   Effekte der fiskalischen Impulse ändern könnten:
   z Einige der vorgesehenen fiskalpolitischen Maßnahmen, insbesondere Änderungen bei der
     Unternehmensbesteuerung, dürften dauerhaft sein, was längerfristige Auswirkungen auf die zukünftige
     Entwicklung der Haushaltsdefizite und der Staatsverschuldung mit sich bringt. Das Wissen, dass diese in
     Zukunft möglicherweise entweder durch höhere Steuern oder niedrigere Ausgaben ausgeglichen werden
     müssen, könnte die kurzfristige Nachfragereaktion des privaten Sektors auf die fiskalischen Impulse
     dämpfen. Die Konjunkturmaßnahmen könnten das Produktionspotenzial auf längere Sicht steigern und
     dadurch zur Tragfähigkeit der Staatsverschuldung beitragen, insbesondere wenn die Unternehmen auf die
     niedrigeren Unternehmensteuern nicht mit einer Erhöhung ihrer Dividenden oder Finanzinvestitionen
     reagieren, sondern mit einer beständigen Ausweitung ihrer Anlageinvestitionen; in welchem Ausmaß
     dies eintreten wird, ist jedoch sehr unsicher.
   z In der Praxis wird der Umfang, in dem die Steuersenkungen die Nachfrage stützen, sowohl von
     verteilungspolitischen Fragen als auch von der Größenordnung abhängen, in der die Staatseinnahmen
     insgesamt verringert werden. Wenn Haushalte mit höheren Einkommen oder liquiditätsstarke Unternehmen
     niedrigere Steuern zahlen müssen, könnten sie ihre daraus resultierenden zusätzlichen Erträge u.U. zur
     Ersparnisbildung verwenden, anstatt ihre Konsum- bzw. Investitionsausgaben zu erhöhen.
   z Eine aggressivere geldpolitische Reaktion in den Vereinigten Staaten sowie eine damit einhergehende
     stärkere Aufwertung des US-Dollar würden die kurzfristigen Wachstumseffekte in den Vereinigten Staaten
     ebenfalls dämpfen. Allerdings könnte in diesem Fall in anderen Volkswirtschaften, deren Währungen
     abwerten, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stärker anziehen, sofern sich dadurch nicht die Volatilität
     an den Finanzmärkten erhöht. Ein stärkerer Anstieg der Laufzeitprämien auf langfristige Staatsanleihen
     aufgrund der für die Zukunft erwarteten höheren Staatsverschuldung würde die Reaktion auf die fiskalischen
     Impulse ebenfalls schwächen.
   z Wenn aber durch die Konjunkturmaßnahmen zahlreiche entmutigte Arbeitskräfte zur Rückkehr an
     den Arbeitsmarkt bewegt werden oder wenn die Investitionsreaktion der Unternehmen noch deutlicher
     ausfällt als hier unterstellt, könnte das Produktionspotenzial stärker zunehmen. Dies würde das Entstehen
     von Inflationsdruck unterbinden und die Notwendigkeit von Leitzinserhöhungen in den Vereinigten
     Staaten verringern.

         Prozess der Globalisierung – gemessen an der Handelsintensität – so gut wie zum Stillstand
         gekommen ist (Abb. 1.5). Besonders schwach ist das Wachstum der Einfuhrvolumen in
         den Schwellen- und Entwicklungsländern, selbst bei Ausklammerung der anhaltenden
         Abnahme der Importquote in China1. OECD-Analysen deuten darauf hin, dass ein Großteil
         der in den letzten fünf Jahren verzeichneten Abschwächung des Handelswachstums
         strukturellen Faktoren zuzuschreiben ist, wie einer Verlangsamung des Prozesses der
         Handelsliberalisierung, neuen protektionistischen Maßnahmen, die seit der Krise eingeführt
         wurden, sowie einer Kontraktion der globalen Wertschöpfungsketten (vor allem in China
         und Ostasien) (Haugh et al., 2016). Konjunkturelle Faktoren, darunter die schwere Rezession
         in einigen Rohstoffförderländern sowie die allgemeine Anlageinvestitionsschwäche,
         verstärken die strukturellen Probleme. Wenn es mit den bereits umgesetzten und den
         vorgeschlagenen fiskalischen Initiativen, u.a. im Bereich der Infrastrukturinvestitionen,
         gelingt, die Unternehmensinvestitionen anzukurbeln, könnte das Wachstum des Welthandels
         stärker ausfallen als derzeit erwartet. Maßnahmen zur Reduzierung der weltweiten
         Handelskosten hätten zusätzliche positive Effekte (Kasten 1.3). Würden hingegen in den
         kommenden beiden Jahren in den großen Volkswirtschaften weitere protektionistische
         Maßnahmen eingeführt, würde das Welthandelswachstum noch schwächer ausfallen, was
         negative Auswirkungen auf das Produktivitätswachstum hätte.

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                 17
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                        Figure 1.4. GDP growth projections for the major economies
                                                 Year-on-year percentage changes

              A. Real GDP growth in the OECD                                     B. Real GDP growth in the non-OECD
%                                                                                                                                        %
    3.5                                                                                                                             10
                                                              2015        2017
                                                              2016        2018
    3.0                                                                                                                             8

    2.5                                                                                                                             6

    2.0                                                                                                                             4

    1.5                                                                                                                             2

    1.0                                                                                                                             0

    0.5                                                                                                                             -2

    0.0                                                                                                                             -4
          OECD¹                     Euro area¹                           non-OECD            India²            Brazil
                    United States                 Japan                              China            Russia            Indonesia

Note: Horizontal lines show the average annual growth rate of GDP in the period 1987-2007. Data for Russia are for the average annual
growth rate in the period 1994-2007.
1. With growth in Ireland in 2015 computed using gross value added at constant prices excluding foreign-owned multinational
   enterprise dominated sectors.
2. Fiscal years.
Source: OECD Economic Outlook 100 database.
                                                                               12http://dx.doi.org/10.1787/888933437172

          Kasten 1.2 Wachstums- und Inflationsprojektionen für die großen Volkswirtschaften
      In den Vereinigten Staaten hat sich das BIP-Wachstum im zweiten Halbjahr 2016 belebt, was einer
    weiterhin robusten Expansion von Verbrauch und Beschäftigung sowie einem Nachlassen der von den
    sinkenden Investitionen im Energiesektor ausgehenden Belastungen zu verdanken war. Die Binnennachfrage
    und insbesondere die Unternehmensinvestitionen werden den Projektionen zufolge in den kommenden
    zwei Jahren durch eine unterstellte fiskalische Lockerung in Form von höheren Staatsausgaben und
    Steuersenkungen für private Haushalte und Unternehmen zusätzliche Impulse erhalten, auch wenn die
    langfristigen Zinsen etwas steigen werden. In diesem Szenario wird sich das BIP-Wachstum 2017-2018 bei
    durchschnittlich knapp über 2½% jährlich bewegen. Sollten die unterstellten zusätzlichen Maßnahmen
    ausbleiben, würde es im Durchschnitt der Jahre 2017-2018 vermutlich näher bei 2% liegen (Kasten 1.1).
      In Japan dürfte das BIP-Wachstum mit ¾-1% jährlich im Zeitraum 2017-2018 verhalten bleiben, wobei die
    Effekte der vorherigen Yen-Aufwertung und der Handelsschwäche im asiatischen Raum nachlassen und
    die Exporte auf die stärkere Importnachfrage der Vereinigten Staaten reagieren. Eine unterstellte leichte
    Lockerung der Fiskalpolitik wird der Konjunktur nächstes Jahr etwas Auftrieb geben, 2018 dürften die
    fiskalischen Belastungen aber wieder zunehmen. Die entscheidende Frage ist daher, inwieweit sich die
    Kapazitäts- und Arbeitskräfteengpässe sowie die hohen Gewinne in höheren Unternehmensausgaben und
    Löhnen niederschlagen werden.
      Im Euroraum dürfte das Wachstum zwischen 1½% und 1¾% jährlich verharren. Trotz der akkommodierenden
    Geldpolitik und einer leichten Lockerung der Fiskalpolitik im Verlauf von 2016-2018 bleibt die Binnennachfrage
    verhalten, da sie durch eine schwache Investitionstätigkeit, eine nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit und hohe
    Bestände an notleidenden Kredite, in einigen Ländern gebremst wird. Die Exporte werden von einer stärkeren
    Importnachfrage der Vereinigten Staaten profitieren. Allerdings dürften in den nächsten beiden Jahren auch die
    negativen Effekte eines schwächeren Nachfragewachstums im Vereinigten Königreich sowie der Unsicherheit
    über die weitere Entwicklung der Europäischen Union zum Tragen kommen. Durch eine robustere Nutzung
    fiskalischer Spielräume würden sich die Aussichten sowohl für die EU als auch für den Rest der Welt verbessern
    und könnte auf eine dauerhafte Überwindung der Wachstumsschwäche hingewirkt werden.
                                                                                                      (Fortsetzung nächste Seite)

                                                          OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
18
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

   (Fortsetzung)
     Die Aussichten für das Vereinigte Königreich sind deutlich ungünstiger als vor der Entscheidung für
   den EU-Austritt, und das BIP-Wachstum wird den Projektionen zufolge 2017-2018 zwischen 1% und 1¼%
   jährlich liegen – trotz der zusätzlichen Unterstützung durch eine stärker akkommodierend ausgerichtete
   Geldpolitik sowie der Verringerung der umfangreichen für 2017 und 2018 geplanten fiskalischen Straffung.
   Die Unsicherheit über die künftigen politischen Weichenstellungen, die Beziehungen zwischen dem
   Vereinigten Königreich und der Europäischen Union und die Reaktion der Wirtschaft ist nach wie vor
   groß, und sie wird wohl auch noch nach dem Austritt aus der EU, mit dem für 2019 gerechnet wird, und
   dem Abschluss von Handelsabkommen nach dem Meistbegünstigungsprinzip anhalten. Dies wird die
   Unternehmensinvestitionen belasten, die in den kommenden zwei Jahren drastisch zurückgehen dürften.
   Die starke Abwertung des Pfund wird der Exportwirtschaft zwar Impulse verleihen, sie wird aber auch
   die Inflation erhöhen und das Wachstum der Realeinkommen bremsen1. Die Übergreifeffekte auf die
   Weltwirtschaft dürften sich im Verlauf der nächsten beiden Jahre bemerkbar machen.
     Für China wird angesichts der nachlassenden Konjunkturimpulse und der kontinuierlichen Umschichtung
   der Nachfrage in Richtung Binnenwirtschaft mit einer weiteren Abschwächung des Wachstums auf rd. 6¼% im
   Durchschnitt der Jahre 2017-2018 gerechnet. Die Bewältigung dieses Umschichtungsprozesses sowie der Risiken
   im Finanzsystem bleibt dabei eine entscheidende Herausforderung. In Indien dürften der starke Anstieg der
   Löhne im öffentlichen Sektor und die wichtigen vor kurzem verabschiedeten Strukturreformen – vor allem die
   Einführung der Waren- und Dienstleistungsteuer (GST) – dazu beitragen, dass das BIP-Wachstum etwas über
   7½% verharren kann, da sich damit die Anreize für Unternehmensinvestitionen erhöhen. In vielen anderen
   asiatischen Volkswirtschaften, darunter Indonesien, setzt sich das kräftige Wachstum der Binnennachfrage
   fort, das durch hohe staatliche Infrastrukturinvestitionen bzw. eine Expansion der Kredite unterstützt wird,
   wodurch die von der schwachen Entwicklung des Handels mit China ausgehende Bremswirkung ausgeglichen
   wird. In Brasilien und der Russischen Föderation wird für die nächsten beiden Jahre mit einer langsamen
   Erholung gerechnet, die durch höhere Rohstoffpreise, ein seit kurzem wieder steigendes Vertrauen sowie
   konjunkturstützende geldpolitische Maßnahmen vor dem Hintergrund einer sinkenden Inflation begünstigt wird.
     Vor dem Hintergrund eines gedämpften Wachstums der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage dürfte der
   Inflationsdruck in den meisten Ländern verhalten bleiben. Die Gesamtinflation auf der Verbraucherstufe
   beginnt in den wichtigsten fortgeschrittenen Volkswirtschaften zuzunehmen, dies ist aber großenteils dem
   jüngsten Anstieg der Rohstoffpreise zuzuschreiben. Die Produktionsgüterpreise ziehen in vielen aufstrebenden
   Volkswirtschaften ebenfalls an, vor allem in China, wo die Inflation auf der Erzeugerstufe zum ersten Mal seit
   über vier Jahren wieder positiv ist. Die Kerninflation verharrt vergleichsweise stabil auf niedrigem Niveau,
   was sich aus den anhaltenden Kapazitätsüberhängen sowie dem geringen globalen Inflationsdruck erklärt,
   vor allem in Japan, wo im vergangenen Zwölfmonatszeitraum eine erhebliche effektive Währungsaufwertung
   verzeichnet wurde.
     Sofern es nicht zu weiteren deutlichen Veränderungen der Rohstoffpreise, Wechselkurse und Inflations-
   erwartungen kommt, wird die Kerninflation unter dem Einfluss sinkender Kapazitätsüberhänge in den
   fortgeschrittenen Volkswirtschaften in den kommenden zwei Jahren wohl allmählich zunehmen, allerdings
   nur soweit die Kapazitätsüberhänge konjunkturbereinigt abnehmen. Sollte sich die Nachfrage erholen, käme
   es infolge von Investitionen sowie der Rückkehr entmutigter Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt zu einem
   tendenziellen Angebotsanstieg, womit sich der Druck auf die Ressourcen verringern würde. In den Vereinigten
   Staaten dürfte die Inflation in der zweiten Jahreshälfte 2018 bei rd. 2½% liegen, falls es zu den unterstellten
   fiskalischen Impulsen kommt, in Japan und im Euroraum wird sie aber voraussichtlich unter 1¼% bzw. 1½%
   verharren. Was die großen aufstrebenden Volkswirtschaften anbelangt, so wird der Verbraucherpreisauftrieb
   in China wohl gering bleiben, während er in Brasilien und der Russischen Föderation unter dem Einfluss der
   Stabilisierung der Wechselkurse langsam nachlassen dürfte. Auch in Indien dürfte sich der Inflationsdruck
   weiterhin in Grenzen halten, obwohl die Waren- und Dienstleistungsteuer zu einem einmaligen Anstieg des
   Preisniveaus führen könnte.

   1. Insgesamt decken sich diese Projektionen weitgehend mit den von der OECD vor dem Referendum aufgestellten Szenarien
      (Kierzenkowski et al., 2016). In diesen Szenarien wurde im Fall eines EU-Austritts im Jahr 2019 mit einer Abnahme des BIP
      des Vereinigten Königreichs auf nähere Sicht um über 3% gegenüber dem Basisansatz bis 2020 gerechnet.

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                                                                                                                                  19
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                       Figure 1.5. Global trade is very weak relative to historic norms
                                         Ratio of global trade growth to global GDP growth

  2.4                                                                                                                              2.4
                                     Average 1986-2007 = 2.14
  2.2                                                                                                                              2.2

  2.0                                                                                                                              2.0
                                                      Average 1970-2015 = 1.8
  1.8                                                                                                                              1.8

  1.6                                                                                                                              1.6

  1.4                                                                                                                              1.4

  1.2                                                                                                                              1.2

  1.0                                                                                                                              1.0

  0.8                                                                                                                              0.8

  0.6                                                                                                                              0.6
            2011           2012            2013             2014                2015     2016           2017            2018

Note: World trade volumes for goods plus services; global GDP at constant prices and market exchange rates. Period averages are the ratio
of average annual world trade growth to average annual GDP growth in the period shown.
Source: OECD Economic Outlook 100 database; and OECD calculations.
                                                                                  12http://dx.doi.org/10.1787/888933437181

                   Kasten 1.3 Der Effekt von Veränderungen der weltweiten Handelskosten
    Die Verlangsamung des Welthandelswachstums trägt zu der derzeit zu beobachtenden anhaltenden
  Wachstumsschwäche bei. Handel erhöht den Wettbewerbsdruck, ermöglicht eine stärkere Spezialisierung und
  bessere Ressourcenallokation, erleichtert den Wissenstransfer und ist Voraussetzung für gut funktionierende
  globale Wertschöpfungsketten. Daher haben Maßnahmen, die sich auf den Handel auswirken, Konsequenzen
  für die gesamtwirtschaftliche Produktion und die Produktivität. Angesichts der zunehmenden Aufspaltung
  des Produktionsprozesses auf verschiedene Länder (bei der Vorleistungen u.U. mehrmals die Landesgrenzen
  überqueren) können kleine Veränderungen der Handelskosten aufgrund ihres kumulativen Effekts erhebliche
  Auswirkungen auf den Handel haben. Deshalb sind handelsbezogene Maßnahmen ein entscheidendes
  Element von Strategien zur Überwindung der anhaltenden Wachstumsschwäche. Anhand stilisierter
  Szenarien soll hier der Nutzen bescheidener Handelsförderungsmaßnahmen im Vergleich zu den Kosten
  von Maßnahmen aufgezeigt werden, mit denen Sand ins Getriebe der globalen Wertschöpfungsketten
  gestreut würde.
    In einem ersten Szenario wird der Effekt verbesserter Handelserleichterungsvereinbarungen betrachtet, die
  das Tempo und die Effizienz der Grenzverfahren in allen Volkswirtschaften steigern. Dabei wird unterstellt,
  dass die Handelskosten in allen Sektoren und allen Ländern einheitlich um 1,3% sinken. Die zugrunde
  gelegte Kostensenkung beruht auf den OECD-Indikatoren für Handelserleichterungen (Moisë, 2013)1. Nach
  dem METRO-Modell der OECD (2015a) würde diese Kostensenkung zu einer Erhöhung des weltweiten BIP
  um rd. 1,5% und des Welthandels um 1,7% führen. Dieser Effekt würde sich nicht sofort einstellen, sondern
  erst nach der kompletten Anpassung von Nachfrage und Produktionsfaktoren, die allerdings z.T. noch
  vor Ende des Betrachtungszeitraums dieses Wirtschaftsausblicks abgeschlossen sein könnte. Infolge von
  Effizienzsteigerungen, die aus den gesunkenen Kosten der Bedienung von Auslandsmärkten resultieren,
  würden über mehrere Jahre hinweg Produktivitätssteigerungen erzielt. Dies könnte zudem mit einem
  positiven, wenn auch nur geringem Wachstum der langfristigen Gesamtfaktorproduktivität einhergehen,
  die der stärkeren Handelsöffnung geschuldet wäre.
                                                                                                         (Fortsetzung nächste Seite)

                                                           OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
20
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

   (Fortsetzung)
     In einem zweiten Szenario wird demgegenüber der potenzielle Effekt stärkerer Handelsbeschränkungen in
   den größten im Welthandel aktiven Volkswirtschaften – Europa, Vereinigte Staaten und China – untersucht.
   Dabei wird unterstellt, dass diese Wirtschaftsräume die Kosten des Handels mit allen Waren (nicht aber
   Dienstleistungen) für alle Handelspartner um 10 Prozentpunkte erhöhen. Dies entspricht in etwa einer
   durchschnittlichen Anhebung der Zolltarife auf das Niveau der Meistbegünstigungstarife im Jahr 2001,
   dem Jahr, in dem die Verhandlungen im Rahmen der DOHA-Entwicklungsrunde begannen. Eine solche
   Erhöhung hätte einen erheblichen negativen Effekt auf Handel und BIP, der sich auf diejenigen Länder am
   stärksten auswirken würde, die die neuen Handelsschranken eingeführt haben (vgl. erste Abbildung).

               The effect of increased trade costs in the United States, China and Europe
   %                                                                                                                                  %
        0                                                                                                                       0

        -5                                                                                                                      -5

       -10                                                                                                                      -10
                                                                                                    GDP
                                                                                                    Imports
                                                                                                    Exports

       -15                                                                                                                      -15
               United States              China                  Europe             Rest of the world            World

   Note: Effect of a rise in trade protection by the United States, China and European Union which raises trade costs by 10 percentage
   points. Europe includes the European Union, Switzerland and Norway. Trade results for Europe exclude intra-European trade.
   Simulation results on GDP and trade are from the OECD’s METRO model, a global computable general equilibrium model of trade
   with a high degree of sectoral disaggregation (OECD 2015a).
   Source: OECD calculations.
                                                                                 12http://dx.doi.org/10.1787/888933437111

     Die hier gewählte Größenordnung der Veränderung des Grads der Handelsprotektion hat rein illustrativen
   Charakter, weniger starke oder im Gegenteil stärkere Veränderungen dürften entsprechend geringere oder
   größere makroökonomische Auswirkungen haben, allerdings sind einige negative Effekte hier möglicherweise
   nicht erfasst. Würden beispielsweise andere Länder auf die Erhöhungen der Handelsbeschränkungen
   antworten, indem sie ebenfalls ihre Handelsschranken anheben, könnte es zu zusätzlichen negativen
   Effekten infolge von Beeinträchtigungen der globalen Wertschöpfungsketten kommen. Zudem würde die
   durch protektionistische handelspolitische Maßnahmen entstehende Unsicherheit wahrscheinlich zu einer
   Verlangsamung der Investitionstätigkeit führen, die weitere Einkommens- und Produktivitätsrückgänge
   nach sich zöge.
     In einem letzten Szenario soll der positive Effekt einer Verstärkung der Handelsöffnung auf das
   Produktivitätswachstum isoliert werden. Wenn die weltweite sowie die OECD-weite Handelsintensität
   dank gemeinsamer handelspolitischer Anstrengungen mit dem Tempo steigen würde, das im Durchschnitt
   der zwanzig Jahre vor der Krise verzeichnet wurde, anstatt weitgehend unverändert zu bleiben, könnte das
   Wachstum der Gesamtfaktorproduktivität unter Zugrundelegung von Schätzungen zum Zusammenhang
   zwischen Handelsöffnung und Produktivitätswachstum in Égert und Gal (2016) auf mittlere Sicht
   um 0,2 Prozentpunkte pro Jahr gesteigert werden. Dadurch würde sich das jährliche Wachstum der
   Gesamtfaktorproduktivität in den OECD-Volkswirtschaften um ein Drittel erhöhen (vgl. zweite Abbildung).

                                                                                                          (Fortsetzung nächste Seite)

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                                        21
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

  (Fortsetzung)

                               Raising trade intensity would boost productivity growth
                       A. World trade intensity                                B. OECD annual productivity growth
     % of GDP                                                                                                                       %
        80                                                                                                                    1.0
                                                                                           Average 1986-2007
                                                                                                                              0.9
        70
                                                                Raising                                                       0.8
                                                                 trade
                                                               intensity                             0.2% pts                 0.7
        60                                                                                            gain
                                                                                                                              0.6
        50                                                                                                                    0.5

                                                                                                                              0.4
        40
                                                                                                                              0.3

                                                                                                                              0.2
        30
                                                                                                                              0.1

        20                                                                                                                    0.0
                1980    1990      2000      2010      2020                 Average 1998-2007                      2025
                                                                                           Average 2008-2015

     Note: Scenario in which world and OECD trade intensity (exports plus imports as a share of GDP at market exchange rates)
     increases by 1.3 percentage points per annum (the average over 1986-2007) from 2017 onwards.
     Source: Haugh et al. (2016), “Cardiac Arrest or Dizzy Spell: Why is World Trade So Weak and What can Policy Do About It?”, OECD
     Economic Policy Papers, No. 18; and OECD calculations.
                                                                                 12http://dx.doi.org/10.1787/888933437128

  1. Wegen Einzelheiten zu den OECD-Indikatoren für Handelserleichterungen vgl. auch www.oecd.org/tad/facilitation/indicators.htm.

Wie kann die Fiskalpolitik zur Überwindung der Wachstumsschwäche
beitragen?
             Das schwache Wachstum bremst die Investitionstätigkeit und die Produktivität
                 Die anhaltende Nachfrageschwäche schlägt sich zunehmend in nachteiligen
             angebotsseitigen Entwicklungen nieder, was die längerfristige Kapazität einer Volkswirtschaft
             untergräbt, höhere Lebensstandards für ihre Bürger zu schaffen. Die Schätzungen des
             Wachstums des Pro-Kopf-Produktionspotenzials wurden in der Zeit nach der Krise wiederholt
             nach unten revidiert, was neben demografischen Effekten in einigen Ländern durch eine
             Verlangsamung des trendmäßigen Arbeitsproduktivitätswachstums infolge der schwachen
             Investitionstätigkeit und des langsameren Wachstums der Gesamtfaktorproduktivität
             bedingt ist (Ollivaud et al., 2016). Für den OECD-Raum insgesamt wird das Wachstum des
             Pro-Kopf-Produktionspotenzials für den Zeitraum 2016-2018 mit 0,9% angesetzt, d.h. es ist
             gegenüber der durchschnittlichen Wachstumsrate seit 2009 unverändert geblieben, was aber
             1¼ Prozentpunkte weniger ist als der in den 1980er und 1990er Jahren erreichte Durchschnitt.
             Das Wachstum des Pro-Kopf-Produktionspotenzials wurde in den BRIICS in den letzten Jahren
             ebenfalls nach unten revidiert, und zwar seit 2011 um über 1¾ Prozentpunkte in China und
             um 1 Prozentpunkt in den übrigen Volkswirtschaften.
                  Weitere Belege für die längerfristigen Auswirkungen des anhaltend schwachen
             Nachfragewachstums werden durch den in den Konsensprognosen unterstellten Rückgang
             des erwarteten langfristigen BIP-Wachstums in nahezu allen Volkswirtschaften während der
             letzten fünf Jahre geliefert (Abb. 1.6)2. Die Erwartungen des künftigen Investitionswachstums
             sind besonders drastisch gesunken3. Der Rückgang des erwarteten BIP-Wachstums war
             in der Regel in den Volkswirtschaften stärker ausgeprägt, in denen das tatsächliche BIP-

                                                          OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
22
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

       Figure 1.6. Long-term GDP growth expectations have declined over the past five years

             India
        Indonesia
            China
            World
   United Kingdom
     United States
          Canada
           OECD
                                                                                    Expected annual growth 2017-2026, %
        Euro area
            Brazil                                                                  Revision, % pts

            Japan
           Russia
                     -3     -2       -1        0         1        2         3        4           5         6          7     8

Note: The revision is the difference between April 2011 projections of average annual GDP growth over 2012-2021 and April 2016
projections of average annual GDP growth over 2017-2026. OECD and World estimates based on weighted average of available countries,
using 2015 PPP shares.
Source: Consensus Forecasts; and OECD calculations.
                                                                             12http://dx.doi.org/10.1787/888933437197

         Wachstum in den letzten Jahren hinter den Erwartungen zurückblieb, was mit dem Ergebnis
         im Einklang steht, das in einer Situation, in der die Wirtschaft in einer Falle sich verstetigender
         niedriger Wachstumsraten gefangen scheint, zu erwarten gewesen wäre (Abb. 1.7). Ohne
         Politikmaßnahmen zur Stärkung der Nachfrage und der längerfristigen Wachstumsaussichten
         wird sich diese Falle wahrscheinlich vertiefen, was negative längerfristige Folgen für Beschäfti-
         gung, Einkommen und Inklusivität nach sich zieht. Eine wirksame Fiskalpolitik, die jetzt
         im Zeitfenster der Niedrigzinsen und in Kombination mit landesspezifischen struktur- und
         handelspolitischen Maßnahmen durchgeführt wird, könnte hingegen die Erwartungen
         verändern, und damit positive Rückkopplungseffekte zwischen den Erwartungen und dem
         tatsächlichen BIP-Wachstum auslösen.
               Die seit der Krise festzustellende anhaltende Schwäche der Kapitalakkumulation ist
         weitgehend auf die schwache Inlands- und Weltnachfrage, die größere Unsicherheit und
         die finanziellen Engpässe zurückzuführen, die in manchen Volkswirtschaften durch die
         angeschlagenen Bankensektoren entstanden sind (OECD, 2015b). Die Haushaltskonsolidierung
         hat zudem neue Infrastrukturinvestitionen und Investitionen in Erhalt und Wartung bestehender
         Infrastrukturen in vielen Ländern behindert. Der Rückgang des erwarteten künftigen Wachstums
         hat darüber hinaus die Anreize verringert, zu gegebenen Kapitalkosten Investitionen zu tätigen4.
         Für die kommenden zwei Jahre wird nur eine geringfügige Verbesserung erwartet, wobei
         das OECD-weite gesamtwirtschaftliche Wachstum der von den Unternehmen getätigten
         Anlageinvestitionen im Zeitraum 2017-2018 um etwas über 2½% jährlich steigen dürfte,
         gegenüber rd. ¾% jährlich im Zeitraum 2015-2016. Die Belebung der Investitionstätigkeit fällt
         in den Vereinigten Staaten kräftiger aus als in den anderen Ländern, was auf niedrigere
         Kapitalkosten infolge der unterstellten Senkung der Unternehmensteuern zurückzuführen
         ist. Im OECD-Raum, ohne die Vereinigten Staaten, dürften die Unternehmensinvestitionen in
         den nächsten zwei Jahren um weniger als 1½% pro Jahr steigen.
              Die Abschwächung des Wachstums der Gesamtfaktorproduktivität fand in einem Zeitraum
         statt, in dem sich der Abstand zwischen den global produktivitätsstarken und -schwachen Unter-
         nehmen vergrößert hat, was auf eine Verlangsamung des Tempos hindeutet, in dem neue

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                                23
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                                                 Figure 1.7. Growth expectations have fallen in countries with past growth shortfalls
 Revisions to expected GDP growth over 2017-21

                                                 1.0                                                                                                          1.0

                                                 0.5                                                                                                          0.5

                                                 0.0                                                                                                          0.0
                 % pts per annum

                                                 -0.5                                                                                                        -0.5

                                                 -1.0                                                                                                        -1.0

                                                 -1.5                                                                                                        -1.5

                                                 -2.0                                                                                                        -2.0

                                                 -2.5                                                                                                        -2.5

                                                 -3.0                                                                                                         -3.0
                                                    -4.0       -3.5         -3.0         -2.5           -2.0          -1.5           -1.0     -0.5         0.0
                                                                              Difference actual GDP growth and expected growth 2011-15
                                                                                                   % pts per annum

Note: Series shown are the difference between April 2016 and April 2011 consensus projections of average annual GDP growth over 2017-
2021 and the difference between average annual GDP growth over 2011-2015 and April 2011 consensus projections of average annual GDP
growth over the same period.
Source: Consensus Forecasts; IMF; and OECD calculations.
                                                                                12http://dx.doi.org/10.1787/888933437200

                                                   Innovationen verbreitet werden. Unternehmen, die an der globalen Produktivitätsgrenze operie-
                                                   ren, waren selbst nach der Krise weiter innovativ (Andrews et al., 2016; Abb. 1.8), obgleich es einige
                                                   Anzeichen dafür gibt, dass ihre Produktivitätszuwachsraten nachzulassen begonnen haben. Im
                                                   Gegensatz dazu fiel das Produktivitätswachstum in Unternehmen, die die Produktivitätsgrenze
                                                   nicht erreicht haben, sehr schwach aus5. Geringe Kapitalinvestitionen, die Handelsverlangsamung
                                                   und weniger Ehrgeiz in der Strukturpolitik haben dazu beigetragen, dass sich die Verbreitung
                                                   neuer Technologien, die in neuen Ausrüstungen enthalten sind, verlangsamt hat.
                                                        Strukturpolitische Maßnahmen zur Stärkung der Produktmarktdynamik und des Wett-
                                                   bewerbsdrucks könnten zur Erhöhung der Anreize beitragen, neue Unternehmen zu gründen,
                                                   Wachstumsinvestitionen vorzunehmen sowie in neue Technologien zu investieren und
                                                   sie zu verbreiten (Alesina et al., 2005; OECD, 2015b; Adalet McGowan et al., 2015; Andrews
                                                   et al., 2016). Die sehr akkommodierende Geldpolitik und der auf den Geschäftsmodellen
                                                   der Finanzinstitute lastende Druck (siehe weiter unten) könnten zudem eine Ausweitung
                                                   der Forbearance-Maßnahmen der Banken nach sich ziehen. Dadurch könnten einige vom
                                                   Zusammenbruch bedrohte Unternehmen am Markt gehalten werden, was die Reallokation
                                                   der Ressourcen in produktivere Aktivitäten behindern würde (Adalet McGowan et al.,
                                                   2016). Gleichzeitig hielten sich Produktmarktreformen in vielen Sektoren, vor allem im
                                                   Einzelhandel und bei den freiberuflichen Dienstleistungen, in Grenzen.
                                                        Bedeutsame neue Produktmarktreformen könnten selbst auf kurze Sicht den Investitionen
                                                   erheblichen Auftrieb geben. Daten auf Unternehmensebene in Gal und Hijzen (2016) deuten
                                                   darauf hin, dass umfassende Produktmarktreformen zum Abbau regulierungsbedingter
                                                   Hemmnisse die Investitionen nach zwei Jahren um rd. 4% erhöhen können, wobei die größten
                                                   Vorteile in den Netzindustrien und im Einzelhandel entstehen und von Unternehmen
                                                   ausgehen, die keinen hohen Verschuldungsgrad aufweisen6. Maßnahmen, die das Matching
                                                   von Kompetenzen und Arbeitsplätzen verbessern und gewährleisten, dass Kompetenzen
                                                   in vollem Umfang genutzt werden, könnten die Produktivität ebenfalls steigern, indem sie
                                                   einen wirksamen Einsatz neuer Innovationen und Technologien ermöglichen (OECD, 2016a).

                                                                                                OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
24
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

  Figure 1.8. A widening labour productivity gap between global frontier firms and other firms
                                       Labour productivity: value added per worker, 2001-2013
                                            Frontier                                             Laggards

                          A. Manufacturing                                                          B. Services

   0.5                                                                                                                                  0.5

   0.4                                                                                                                                  0.4

   0.3                                                                                                                                  0.3

   0.2                                                                                                                                  0.2

   0.1                                                                                                                                  0.1

   0.0                                                                                                                                  0.0

  -0.1                                                                                                                                  -0.1
           2002    2004      2006    2008      2010    2012                       2002    2004      2006    2008     2010     2012

Note: The global frontier is measured by the average of log labour productivity for the top 5% of companies with the highest productivity
levels within each 2-digit industry. Laggards capture the average log productivity of all the other firms. Unweighted averages across 2-
digit industries are shown for manufacturing and services, normalised to 0 in the starting year. The time period is 2001-2013. The vertical
axes represent log-differences from the starting year: for instance, the frontier in manufacturing has a value of about 0.3 in the final year,
which corresponds to approximately 30% higher productivity in 2013 compared to 2001. Services refer to non-financial business sector
services. Calculations based on the recent update of the OECD-Orbis productivity database (Gal, 2013).
Source: Andrews et al. (2016), “The global productivity slowdown, technology divergence and public policy: A firm level perspective”
Brookings Institution Hutchins Center Working Paper, No. 24.
                                                                                     12http://dx.doi.org/10.1787/888933437213

         Die Niedrigwachstumsfalle begrenzt die Expansion des Verbrauchs
              Die Erholung von der Krise verlief nicht nur schleppend, auch ihre Qualität war
         enttäuschend. Das Wachstum in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften war unausgewogen,
         sowohl im Hinblick auf die Entwicklungen in den einzelnen Volkswirtschaften als
         auch im Hinblick auf die Zusammensetzung der Ausgaben. Die Konsumausgaben und
         Anlageinvestitionen waren beständig schwächer als in früheren Erholungen von Rezessionen,
         die Investitionen konnten aber im Gegensatz zu früheren Erholungen nicht einmal mit
         dem moderaten Anstieg des Verbrauchs Schritt halten (Abb. 1.9). Auf kurze Sicht kann
         die leichte Zunahme der Nachfrage der privaten Haushalte durch bereits existierende
         Kapazitäten gedeckt werden, dies kann jedoch nicht auf unbegrenzte Zeit fortgesetzt werden,
         ohne dass Ungleichgewichte, Ungleichheiten und Risiken entstehen. Durchgreifendere
         Politikmaßnahmen zur Stützung der Endnachfrage sind erforderlich, um solchen Resultaten
         entgegenzuwirken.
              In den zwanzig Jahren vor der Krise stiegen die OECD-weiten Konsumausgaben mit
         einer durchschnittlichen Jahresrate von knapp unter 3%, während die Sparquote der
         privaten Haushalte zwischen 1987 und 2007 um über 5½ Prozentpunkte sank. Infolge der
         Finanzkrise und der langsamen Erholung ist es zu einer Umkehr dieser Trends gekommen,
         wobei die Konsumausgaben im Zeitraum 2008-2015 im Durchschnitt um knapp über 1%
         pro Jahr stiegen und sich die Sparquote der privaten Haushalte um rd. 1½ Prozentpunkte
         erhöhte7. Für die kommenden zwei Jahre werden nur geringfügige Veränderungen projiziert,
         wobei die OECD-weiten Konsumausgaben im Zeitraum 2017-2018 um etwas über 2% pro Jahr
         ansteigen und die Sparquote der privaten Haushalte in der Mehrheit der Volkswirtschaften
         weitgehend unverändert bleibt.

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2016/2 © OECD 2016 – VORLÄUFIGE AUSGABE
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