Gesamtbeurteilung der Wirtschaftslage - OECD.org

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OECD-Wirtschaftsausblick
Ausgabe 2018/1
© OECD 2018

                                 Kapitel 1

                           Gesamtbeurteilung
                           der Wirtschaftslage

                                                 9
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

Einleitung
            Die Expansion wird sich in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich fortsetzen,
        wobei das globale BIP 2018 und 2019 den Projektionen zufolge um fast 4% wachsen wird.
        Im OECD-Raum dürfte das Wachstum unter dem Einfluss der in vielen Volkswirtschaften
        durchgeführten fiskalpolitischen Lockerung bei rd. 2½% pro Jahr verharren, während es
        andernorts auf fast 5% anziehen dürfte (Tabelle 1.1). Obwohl das Beschäftigungswachstum
        in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften wahrscheinlich nachlassen wird, dürfte die
        Arbeitslosenquote im OECD-Raum auf den niedrigsten Stand seit 1980 zurückgehen, was
        die Arbeitskräfteengpässe in einigen Ländern verschärfen dürfte. In den Projektionen
        wird dementsprechend von einem Anstieg des Lohn- und Preisauftriebs ausgegangen, der

             Table 1.1. Global growth is set to remain close to 4% in the next two years

                                                    OECD area, unless noted otherwise

                                                        Average                                                2017      2018   2019
                                                       2010-2017       2016      2017      2018       2019      Q4        Q4     Q4

                                                                                           Per cent
        Real GDP growth1
           World2                                           3.5       3.1       3.7       3.8         3.9      3.8       3.9    3.9
           G202                                             3.7       3.2       3.8       4.0         4.1      4.1       4.1    4.0
           OECD2,8                                          2.0       1.8       2.5       2.6         2.5      2.7       2.5    2.4
               United States                                2.1       1.5       2.3       2.9         2.8      2.6       2.8    2.7
               Euro area8                                   1.1       1.7       2.5       2.2         2.1      2.8       2.0    2.0
             Japan                                          1.1       1.0       1.7       1.2         1.2      1.8       1.3    0.6
           Non-OECD2                                        4.8       4.2       4.6       4.8         5.1      4.7       5.0    5.1
               China                                        7.6       6.7       6.9       6.7         6.4      6.9       6.6    6.3
               India3                                       6.8       7.1       6.5       7.4         7.5
             Brazil                                         0.4      -3.5       1.0       2.0         2.8
        Output gap4                                        -2.0      -1.5      -0.7       0.1         0.6
        Unemployment rate5                                  7.3       6.3       5.8       5.4         5.1      5.5       5.3    5.1
        Inflation1,6                                        1.6       1.1       2.0       2.2         2.3      1.9       2.3    2.4
        Fiscal balance7                                    -4.6      -2.9      -2.0      -2.6       -2.7
        World real trade growth1                            4.0       2.6       5.0       4.7         4.5      4.7       4.6    4.4
        1. Percentage changes; last three columns show the increase over a year earlier.
        2. Moving nominal GDP weights, using purchasing power parities.
        3. Fiscal year.
        4. Per cent of potential GDP.
        5. Per cent of labour force.
        6. Private consumption deflator.
        7. Per cent of GDP.
        8. With growth in Ireland computed using gross value added at constant prices excluding foreign-owned multinational
           enterprise dominated sectors.
        Source: OECD Economic Outlook 103 database.

                                                                              1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933729097

                                                             OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
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1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

         allerdings nur schwach ausfallen dürfte, weil Spannungen bei den Produktionsfaktoren in
         den letzten Jahren offenbar nur einen gedämpften Effekt auf die Inflation ausübten und
         in einigen Volkswirtschaften Spielraum besteht, die Erwerbsbeteiligung und die Zahl der
         geleisteten Arbeitsstunden zu erhöhen. Die globale Investitions- und Handelstätigkeit hat
         sich im letzten Jahr erholt und wird den Projektionen zufolge in den kommenden zwei
         Jahren weiter stetig expandieren, sofern die Handelsspannungen nicht weiter eskalieren. Die
         mittelfristigen Aussichten auf einen starken, anhaltenden Anstieg des Lebensstandards sind
         jedoch sowohl in den fortgeschrittenen als auch in den aufstrebenden Volkswirtschaften
         nach wie vor schlechter als vor der Krise, was auf weniger günstige demografische Trends und
         die Auswirkungen der unterdurchschnittlichen Investitions- und Produktivitätsentwicklung
         der letzten zehn Jahre auf das Wachstumspotenzial zurückzuführen ist.
              Der kurzfristige Ausblick bleibt zwar günstig, die Abwärtsrisiken überwiegen jedoch.
         Die projizierte globale Wachstumsrate von nahezu 4% entspricht zwar der langfristigen
         Durchschnittsrate der Zeit vor der Krise, die derzeitige Expansion stützt sich allerdings
         nach wie vor auf die in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften verfolgte überaus akkom-
         modierende Geldpolitik sowie – zunehmend – auf eine Lockerung der Fiskalpolitik. Dies deutet
         darauf hin, dass sich noch kein kräftiges selbsttragendes Wachstum eingestellt hat. Der
         Handelsprotektionismus hat bereits das Vertrauen zu schwächen begonnen, und eine weitere
         Eskalation würde sich negativ auf Investitionstätigkeit, Arbeitsplätze und Lebensstandard
         auswirken. Geopolitische Unsicherheit hat in den letzten Wochen zu einem erheblichen
         weiteren Anstieg der Ölpreise beigetragen; falls diese Entwicklung andauert, würden die
         höheren Ölpreise den Inflationsdruck verstärken und das Wachstum der Realeinkommen
         der privaten Haushalte bremsen. Auch Europa ist nach wie vor von geopolitischen Risiken
         betroffen, und die Anleihespreads haben sich im Euroraum in letzter Zeit ausgeweitet.
         Außerdem besteht weiterhin das Risiko, dass die in einigen Volkswirtschaften eingeleitete
         Normalisierung der Zinssätze – vor allem, wenn sie schnell voranschreitet und mit einer
         starken Aufwertung des US-Dollar einhergeht – weitere Anfälligkeiten und Spannungen
         an den Finanzmärkten zutage treten lässt, die durch eine überhöhte Risikobereitschaft
         und hohe Verschuldung entstanden sind. In einigen aufstrebenden Volkswirtschaften
         sind unter dem Einfluss höherer Zinsen auf US-Staatsanleihen und einer Aufwertung des
         US-Dollar bereits Spannungen an den Finanzmärkten aufgetreten, insbesondere in Ländern
         mit großen und steigenden binnen- und außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten oder
         einer beträchtlichen in US-Dollar denominierten Auslandsverschuldung.
              Vor dem Hintergrund der anziehenden Weltkonjunktur muss die Politik das Augen-
         merk darauf richten, eine robustere und widerstandsfähigere Erholung von Produk-
         tivität, Investitionstätigkeit und Lebensstandard sicherzustellen. In den großen fort-
         geschrittenen Volkswirtschaften muss die Geldpolitik allmählich normalisiert werden,
         allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Eine kontinuierliche, klare Kommunikation
         über den Normalisierungspfad ist von entscheidender Bedeutung, um das Risiko von
         Finanzmarktstörungen so weit wie möglich zu begrenzen. Erforderlich ist auch eine aktive
         und zeitnahe Umsetzung prudenzieller und aufsichtsrechtlicher Maßnahmen, um sowohl in
         den fortgeschrittenen als auch in den aufstrebenden Volkswirtschaften eine Verschärfung der
         von finanziellen Anfälligkeiten ausgehenden Risiken zu verhindern. In der Fiskalpolitik sollte
         eine zu stark prozyklische Ausrichtung vermieden und der Fokus eindeutig auf Maßnahmen
         gelegt werden, die helfen, das mittelfristige Wachstum zu stärken, und die sicherstellen,
         dass die Erholung möglichst weiten Teilen der Bevölkerung zugutekommt. Da sich die
         Staatsverschuldung und die Haushaltsdefizite vieler Länder auf hohem Niveau bewegen
         und die Reaktionsmöglichkeiten im Fall des Eintretens schwerwiegender Abwärtsrisiken
         begrenzt sind, sollte aus einem kräftigeren Wachstum resultierender Spielraum genutzt

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                 11
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

        werden, um neue Finanzpuffer aufzubauen. Sowohl in den fortgeschrittenen als auch in
        den aufstrebenden Volkswirtschaften sollten die Strukturreformen wieder vorangetrieben
        werden, um das Wachstum zu stützen und sicherzustellen, dass es breiteren Teilen der
        Bevölkerung zugutekommt. Der derzeitige – mit starken Beschäftigungszuwächsen
        verbundene – Aufschwung bietet eine gute Gelegenheit, die Strukturreformen zu beleben.
        Günstige Konjunkturbedingungen helfen die Nutzeffekte von Reformen maximieren; werden
        Reformanstrengungen hingegen in Krisenzeiten vorgenommen, wie dies häufig der Fall
        ist, können die kurzfristigen Kosten steigen. Um eine Beeinträchtigung der langfristigen
        Wachstumsaussichten zu verhindern, zu der es im Fall einer Abkehr von den offenen
        Märkten käme, ist es äußerst wichtig, das regelbasierte internationale Handelssystem
        zu wahren, eine Eskalation der Handelsspannungen zu vermeiden und die multilaterale
        Zusammenarbeit zu stärken (vgl. Kapitel 2).

Konjunkturstützende Maßnahmen werden helfen, das globale Wachstum zu
stützen
             Die globale Expansion ist weiterhin solide und breitbasiert, wenngleich sich das
        globale BIP-Wachstum im ersten Quartal 2018 abgeschwächt hat (Abb. 1.1, Teil A).
        Investitionstätigkeit und Handelswachstum haben angezogen und so zu einem breit
        angelegten Beschäftigungsaufbau beigetragen. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften
        wird die Konjunktur weiterhin durch fiskal- und geldpolitische Impulse gestützt, wobei
        die Effekte der anhaltend akkommodierenden Geldpolitik in den meisten Ländern durch
        eine Lockerung des fiskalpolitischen Kurses verstärkt werden. In den aufstrebenden Volks-
        wirtschaften hat die Wirtschaftstätigkeit unter dem Einfluss des stärkeren Welthandels,
        höherer Rohstoffpreise und erheblicher Infrastrukturinvestitionen in China und anderen
        asiatischen Volkswirtschaften ebenfalls angezogen. Die finanziellen Rahmenbedingungen
        wirken nach wie vor weitgehend konjunkturstützend, sind in den letzten Monaten jedoch
        restriktiver geworden (siehe weiter unten), was auf einen Rückgang der Aktienkurse gegen-
        über den zuvor erreichten hohen Spitzenwerten, steigende langfristige Zinsen und einen
        Anstieg der Volatilität gegenüber dem ungewöhnlich niedrigen Niveau der letzten Jahre
        zurückzuführen ist. Einige aufstrebende Volkswirtschaften sind seit kurzem mit zuneh-
        menden Spannungen an den Finanzmärkten konfrontiert, insbesondere Länder mit großen
        und steigenden binnen- und außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten oder einer beträcht-
        lichen in US-Dollar denominierten Verschuldung (siehe weiter unten).
             Die Ölpreise sind vor kurzem auf rd. 80 USD pro Barrel gestiegen, womit sie rd. 15%
        höher sind als zu Beginn des Jahres und 25 USD pro Barrel über dem Durchschnittswert
        von 2017 liegen. Maßgeblich für diesen Anstieg, zu dem es trotz der kräftigen Ölförderung
        der Vereinigten Staaten gekommen ist, sind eine anhaltend robuste globale Nachfrage,
        auf vereinbarte Förderbeschränkungen der OPEC und einiger Nicht-OPEC-Länder zurück-
        zuführende Angebotsengpässe, erhebliche Förderrückgänge in Venezuela sowie die
        Erwartung, dass das Angebot aus dem Iran durch geopolitische Spannungen begrenzt
        wird1. In den im Folgenden dargelegten Projektionen wird unterstellt, dass die Ölpreise
        im weiteren Jahresverlauf von 2018 und im Jahr 2019 bei 70 USD pro Barrel liegen werden
        (Anhang A.1), was weitgehend mit den im Monatsverlauf bis Mitte Mai dieses Jahres notierten
        durchschnittlichen Terminkontraktpreisen für 2019 in Einklang steht. Sollte der Anstieg
        länger andauern, würde er ein erhebliches Abwärtsrisiko darstellen, das eine weitere
        Zunahme der Gesamtinflation und einen Rückgang des Wachstums der Realeinkommen
        in den ölimportierenden Ländern zur Folge hätte2.

                                             OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
12
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

              Figure 1.1. Global activity indicators have eased recently from robust levels
                        A. Global GDP growth                                                      B. New orders
% changes, a.r., PPP weights                                        Normalised 3-month moving average
  4.2                                                                 0.8
                                                                                 Composite PMI
                                                                                 Manufacturing export orders
  4.0                                                                 0.6

  3.8
                                                                      0.4

  3.6
                                                                      0.2
  3.4
                                                                      -0.0
  3.2
                                                                      -0.2
  3.0

  2.8                                                                 -0.4

  2.6                                                                 -0.6
          2014            2015    2016          2017      2018                2014            2015       2016         2017    2018

           C. Global industrial production growth                               D. Global retail sales volume growth
% changes, a.r.                                                     % changes, a.r.

                  Quarterly      Year-on-year                                         Quarterly        Year-on-year
    6                                                                   6

    5                                                                   5

    4                                                                   4

    3                                                                   3

    2                                                                   2

    1                                                                   1

    0                                                                   0
          2014            2015    2016          2017      2018                2014            2015       2016         2017    2018
Note: Data in Panel D are for retail sales in the majority of countries. Monthly household consumption is used for the United States and
the monthly synthetic consumption indicator is used for Japan. Data for India are included in Panel C, but are unavailable for Panel D.
The aggregations are based on purchasing power parity (PPP) weights.
Source: OECD Economic Outlook 103 database; OECD Main Economic Indicators database; Thomson Reuters; Markit; and OECD calculations.
                                                                                    1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728546

               Die jüngsten Kurzzeitindikatoren der weltweiten Konjunkturentwicklung liefern ein
          uneinheitliches Bild, haben jedoch parallel zur Verlangsamung des BIP-Wachstums im
          ersten Quartal 2018 allgemein nachgegeben (Abb. 1.1, Teil B-D). Das Geschäftsklima scheint
          sich in den letzten Monaten insgesamt stabilisiert zu haben, einige Handelsindikatoren
          wie die Exportaufträge und das Umschlagvolumen der großen Containerhäfen haben sich
          jedoch weiter abgeschwächt. Die Verlangsamung des BIP-Wachstums im ersten Quartal des
          Jahres konzentrierte sich großenteils auf die fortgeschrittenen Volkswirtschaften, vor allem
          europäische Länder und Japan. Dies ist u.a. auf vorübergehende Faktoren, insbesondere
          außergewöhnlich ungünstige Witterungsbedingungen, zurückzuführen. Die Besorgnis
          über globale Handelsstörungen könnte jedoch zu Verunsicherung geführt haben, was die
          Unternehmen möglicherweise dazu veranlasst hat, Investitionen aufzuschieben. Es ist auch
          möglich, dass die höheren Ölpreise zur jüngsten Abschwächung der Verbraucherausgaben
          beigetragen haben (Abb. 1.1, Teil D), indem sie die Gesamtinflation nach oben getrieben

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                                     13
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                         Figure 1.2. Global GDP growth is set to strengthen further in 2018-19
                                                       Contributions to global GDP growth
                                  A. 2016-17                                                           B. 2018-19
% pts                                                                   % pts
                                                                                                                             0.5    3.9
    4                                                                       4

                                                       0.5    3.35                                                    0.45

                                                0.15                                                          0.55
     3                                  0.5
                                                                            3
                                                                                                       1.25
                                  1.2

     2                                                                      2

                                                                                                0.45
                           0.45
     1                                                                      1
                                                                                         0.25
                  0.25
                                                                                 0.45
          0.3

     0                                                                      0
         United   Euro    Other China   India Commodity Other World             United   Euro   Other China   India Commodity Other World
         States   area    OECD                producers non                     States   area   OECD                producers non
                                                        OECD                                                                  OECD

Note: Non-OECD commodity producers include Argentina, Brazil, Colombia, Indonesia, Russia, Saudi Arabia, South Africa and other
non-OECD oil-producing economies. Contributions have been rounded to the nearest 0.05.
Source: OECD Economic Outlook 103 database; and OECD calculations.
                                                                            1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728755

           und das Wachstum der Realeinkommen der privaten Haushalte vorübergehend gebremst
           haben. Diese Effekte klingen in den im Folgenden beschriebenen Projektionen rasch ab, nicht
           zuletzt weil die makroökonomische Politik nach wie vor konjunkturstützend ausgerichtet
           ist; sie stellen jedoch weiterhin erhebliche Abwärtsrisiken dar, insbesondere wenn die
           geopolitischen Spannungen die Ölpreise weiter steigen lassen.
                Das globale BIP-Wachstum wird den Projektionen zufolge trotz des schwachen Starts
           einiger Länder ins Jahr 2018 sowohl 2018 als auch 2019 fast 4% erreichen, was durch das
           stärkere Wachstum in den Vereinigten Staaten, Indien und den Rohstoffförderländern
           bedingt ist (Abb. 1.2). Dadurch würde das globale Wachstum zwar wieder die in den beiden
           Jahrzehnten vor der Krise verzeichneten Durchschnittsraten erreichen, ein erheblicher
           Unterschied zu früheren Expansionsphasen besteht jedoch darin, dass die derzeitige
           Expansion nach wie vor durch eine überaus akkommodierende Geld- und Fiskalpolitik
           gestützt wird. Auf Pro-Kopf-Basis verbessert sich das Wachstum nun in der Mehrzahl der
           OECD- und Nicht-OECD-Volkswirtschaften und hat in den meisten Ländern endlich wieder
           das Vorkrisenniveau erreicht, die Folgen der Wachstumsschwäche der Jahre nach der Krise
           sind jedoch immer noch nicht überwunden (Abb. 1.3). Die realen Pro-Kopf-Einkommen
           werden den Projektionen zufolge 2019 im OECD-Raum insgesamt immer noch über 10%
           niedriger sein, als sie wären, wenn sie seit 2007 mit der gleichen durchschnittlichen Jahres-
           rate gestiegen wären wie in den beiden Jahrzehnten vor der Krise (Abb. 1.3, Teil B).
                In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften verbessern konjunkturstützende makro-
           ökonomische Maßnahmen, ein kräftiges Beschäftigungswachstum und eine Erholung der
           Investitionstätigkeit die Wachstumsaussichten, wobei das BIP-Wachstum im Durchschnitt
           des Projektionszeitraums nahe bei 2½% pro Jahr liegen dürfte. Die fiskalische Lockerung
           in den Vereinigten Staaten stützt die Investitionstätigkeit und das Produktionswachstum
           im Zeitraum 2018-2019, im Jahr 2020 dürfte nach derzeitiger Gesetzeslage jedoch eine
           fiskalische Straffung einsetzen, und eine höhere Staatsverschuldung wird die mittelfristigen
           Herausforderungen vergrößern (Kasten 1.1). Steuersenkungen und Ausgabensteigerungen
           könnten das BIP-Wachstum der Vereinigten Staaten sowohl in diesem als auch im näch-

                                                               OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
14
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

              Figure 1.3. Per capita income growth has picked up in the OECD economies
                  A. GDP per capita growth¹                                        B. Evolution of OECD real GDP growth²
                Average annual growth in period shown
 %                                                                     Index 1990 = 100
     5                                                                   180
              1990-2007                                                              GDP per capita
              2007-2016                                                              Linear projection
              2016-2019
     4
                                                                         160

     3
                                                                         140
     2

                                                                         120
     1

     0                                                                   100
             OECD                           Non-OECD excl. China            1990      1995       2000    2005     2010      2015
                              Non-OECD

1. The OECD and non-OECD aggregates are calculated with moving nominal GDP per capita weights using purchasing power parities.
   The non-OECD aggregate is based on data for Argentina, Brazil, China, Colombia, Costa Rica, India, Indonesia, Lithuania, Russia, Saudi
   Arabia, South Africa and the Dynamic Asian Economies (Chinese Taipei, Hong Kong - China, Malaysia, the Philippines, Singapore,
   Thailand and Vietnam). The 1990-2007 data for the non-OECD excluding China refer to 1993-2007.
2. The dotted line shows a linear projection from 1990 based on the average annual growth rate of OECD GDP per capita in the 1990-2007 period.
Source: OECD Economic Outlook 103 database; UN database; and OECD calculations.
                                                                                     1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728964

         sten Jahr um ½-¾ Prozentpunkte erhöhen, womit es in beiden Jahren einen Wert von fast
         3% erreichen würde. Davon gehen positive Nachfrageeffekte auf andere Volkswirtschaften
         aus (Kasten 1.1), höhere Zinssätze in den Vereinigten Staaten und eine damit zusammen-
         hängende Aufwertung des US-Dollar unter dem Einfluss eines sich ausweitenden Zins-
         gefälles könnten in einigen Ländern, insbesondere in den aufstrebenden Volkswirtschaften,
         jedoch Spannungen an den Finanzmärkten hervorrufen. Im Euroraum wird das Wachstum
         im Zeitraum 2018-2019 mit 2-2¼% wahrscheinlich robust und breitbasiert bleiben, wobei
         die in vielen europäischen Ländern, u.a. in Deutschland, erwartete zusätzliche fiskalpoli-
         tische Lockerung die von der akkommodierenden Geldpolitik und der sich verbessernden
         Arbeitsmarktlage ausgehenden Impulse verstärken dürfte. In Japan werden die im jüngsten
         Nachtragshaushalt angekündigten zusätzlichen Ausgaben die Nachfrage im weiteren
         Jahresverlauf von 2018 stützen, 2019 dürfte der fiskalische Gegenwind jedoch etwas stärker
         werden.
              In den Schwellen- und Entwicklungsländern scheinen die Wachstumsaussichten 2018
         und 2019 insgesamt solide, dahinter verbergen sich jedoch unterschiedliche Entwicklungen
         in den verschiedenen großen Volkswirtschaften. Nach einem starken Jahresbeginn 2018
         dürfte sich das Wachstum in China langsam auf unter 6½% im Jahr 2019 abschwächen.
         Das geld-, fiskal- und regulierungspolitische Umfeld wird allmählich restriktiver, da die
         Fiskalpolitik jetzt weitgehend neutral ausgerichtet ist und die Kreditbedingungen weniger
         expansiv sind; zudem geht die Erwerbsbevölkerung inzwischen zurück. In Indien dürfte ein
         kräftiges Inlandsnachfragewachstum demgegenüber dazu beitragen, das BIP-Wachstum in
         den Finanzjahren 2018 und 2019 auf rd. 7¼% bzw. 7½% zu erhöhen, wobei frühere Reformen
         eine kräftige Belebung des Wachstums der privaten Investitionstätigkeit begünstigen
         dürften. Auch in Indonesien und einigen dynamischen Volkswirtschaften Asiens wird das
         Wachstum 2018-2019 wohl weiter durch kräftige Infrastrukturinvestitionen gestützt werden.
         In einigen anderen Rohstoffförderländern, insbesondere Brasilien und Südafrika, werden
         sich die Wachstumsergebnisse den Projektionen zufolge ebenfalls verbessern, wobei die

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                                                                                                                                          15
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                Kasten 1.1 Beurteilung der Auswirkungen der fiskalpolitischen Änderungen
                                        in den Vereinigten Staaten
       Die Steuerreform in den Vereinigten Staaten (Tax Cuts and Jobs Act) und die Entscheidung des Kongresses,
     die Ausgabenobergrenzen für die kommenden zwei Jahre anzuheben, bedeuten sowohl für 2018 als
     auch für 2019 eine erhebliche Lockerung der Fiskalpolitik um rd. 1% des BIP. (In den Projektionen des
     Wirtschaftsausblicks von November 2017 wurde im Vergleich dazu eine Lockerung in Höhe von 0,5% des BIP
     im Jahr 2018 und eine unveränderte Politik im Jahr 2019 unterstellt.) In diesem Kasten werden die Effekte
     dieser fiskalpolitischen Maßnahmen auf die Wachstumsaussichten beurteilt1.
     z Zu den wichtigsten Steuermaßnahmen gehören eine dauerhafte Senkung des Körperschaftsteuersatzes
       auf 21%, eine Senkung der Einkommensteuersätze, die 2025 ausläuft, und die Einführung einer voll-
       ständigen Sofortabschreibung für den Zeitraum 2018-2022, die anschließend bis 2026 schrittweise
       wieder aufgehoben wird. Durch diese Maßnahmen gehen die Vereinigten Staaten auch zu einem stärker
       territorial ausgerichteten Steuersystem über, womit sie sich den Steuersystemen der meisten anderen
       großen Volkswirtschaften annähern. Schätzungen des Congressional Budget Office zufolge werden
       die direkten Kosten des Tax Cuts and Jobs Act das Defizit der US-Bundesregierung 2018 um rd. 0,7%
       des BIP und 2019 um weitere 0,7% des BIP steigen lassen. Danach dürften die Auswirkungen auf das
       jährliche Haushaltsdefizit bei Zugrundelegung der derzeitigen Gesetzeslage bis 2026-2027 auf nahe null
       zurückgehen, was eine gewisse fiskalische Straffung in der ersten Hälfte der 2020er Jahre impliziert.
     z Das neue Anfang Februar verabschiedete zweijährige Haushaltsgesetz sieht sowohl für 2018 als auch
       für 2019 eine höhere Ausgabenobergrenze vor als zuvor erwartet. Die unterstellte Rücknahme dieser
       zusätzlichen Ausgaben im Jahr 2020 verstärkt die fiskalische Straffung, die durch die in den nächsten
       zehn Jahren (entsprechend den ex ante veranschlagten Kosten des Steuergesetzes) zu erwartenden
       Steuererhöhungen impliziert ist.
       Diese fiskalpolitischen Maßnahmen wurden folgendermaßen in das modellbasierte Szenario aufgenommen:
     z Senkung des effektiven Körperschaftsteuersatzes um 8 Prozentpunkte im Jahr 2018 und 7 Prozent-
       punkte im Jahr 2019, die anschließend langsam abklingt. Die dadurch verursachte Reduzierung der
       Körperschaftsteuereinnahmen um rd. 0,5% des BIP im Jahr 2018 und 0,8% des BIP im Jahr 2019 approxi-
       miert die Auswirkungen der Änderungen, die derzeit insgesamt am Körperschaftsteuer system vor-
       genommen werden. In Bezug auf die sonstigen Steueränderungen wurde eine Senkung des effektiven
       Einkommensteuersatzes unterstellt, durch die sich die Einnahmen bis 2019 um rd. 0,6% des BIP redu-
       zieren, bevor dieser Effekt langsam abklingt.
     z Für die Anhebung der Ausgabenobergrenzen wurde unterstellt, dass sie den Staatsverbrauch (gegen-
       über dem Basisszenario) 2018 um 0,3% des BIP und 2019 um 0,6% des BIP steigen lässt.
       Durch die kurzfristigen Auswirkungen der fiskalpolitischen Maßnahmen insgesamt erhöht sich das BIP-
     Wachstum der Vereinigten Staaten den Schätzungen zufolge sowohl 2018 als auch 2019 um ½-¾ Prozent-
     punkte (vgl. Abbildung). Dieser Impuls ist zu etwa zwei Dritteln auf den Gesamteffekt der Steueränderungen
     zurückzuführen. Die Unternehmensinvestitionen steigen relativ rasch, was auf einen anhaltenden Rückgang
     der Kapitalkosten um rd. 10% und die Erwartung künftiger Produktionssteigerungen zurückzuführen ist. Die
     kräftigere Endnachfrage in den Vereinigten Staaten kurbelt auch das Importwachstum an und verschärft
     die Spannungen am Arbeitsmarkt, so dass die Arbeitslosenquote 2018-2019 um ½ Prozentpunkt zurückgeht
     und die Reallöhne bis 2019 um rd. 1% gegenüber dem Basisszenario steigen. Das starke Nachfragewachstum
     in den Vereinigten Staaten begünstigt 2019 eine weitere Vergrößerung des US-amerikanischen Leistungs-
     bilanzdefizits um rd. ¾% des BIP. Da sich die kurzfristig anziehende Konjunktur auf den Haushaltssaldo
     auswirkt, liegt der Anstieg des Defizits 2019 insgesamt näher bei 1½% des BIP. Die Geldpolitik wird auf kurze
     Sicht gestrafft, so dass die Leitzinsen 2019 um rd. ¾ Prozentpunkte höher liegen dürften als im Basisszenario,
     was eine Aufwertung des effektiven Wechselkurses des US-Dollar zur Folge hat.
       Andere Länder profitieren von der anziehenden Importnachfrage der Vereinigten Staaten (unter der
     Annahme einer unveränderten Handelspolitik), insbesondere enge Handelspartner wie Kanada und
     Mexiko. Dies wird jedoch teilweise dadurch ausgeglichen, dass die Geldpolitik in vielen Ländern aufgrund
     der durch die Währungsabwertung gegenüber dem US-Dollar bedingten stärkeren Importpreisinflation
                                                                                              (Fortsetzung nächste Seite)

                                                   OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
16
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

   (Fortsetzung)

                    The US fiscal stimulus is set to strengthen short-term GDP growth
                                           Difference from baseline, percentage points

   % pts                                                                                                                   % pts
     0.8                                                                                                                   0.8
                                                             2018        2019
     0.7                                                                                                                   0.7

     0.6                                                                                                                   0.6

     0.5                                                                                                                   0.5

     0.4                                                                                                                   0.4

     0.3                                                                                                                   0.3

     0.2                                                                                                                   0.2

     0.1                                                                                                                   0.1

     0.0                                                                                                                   0.0
           United States                      Mexico                            Korea                         Euro area
                                G20                           Canada                           BRIICS

   Source: OECD calculations.
                                                                           1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728508

   etwas straffer ausgerichtet wird, als dies sonst der Fall wäre, was die Spannungen an den Finanzmärkten,
   mit denen einige Volkswirtschaften derzeit konfrontiert sind, verschärft.
     Das in der Analyse unterstellte zukunftsgerichtete Verhalten begrenzt den kurzfristigen Impuls auf die
   gesamtwirtschaftliche Produktion etwas, da die Verbraucher künftige Steuererhöhungen antizipieren
   und beginnen mehr zu sparen, um diese Steuern zahlen zu können. Das unterstellte zukunftsgerichtete
   Verhalten begrenzt auch den Umfang der geldpolitischen Straffung im Zeitraum 2018-2019. In einem
   alternativen Szenario, in dem die Verbraucher keine höheren künftigen Steuern antizipieren, wäre der
   Effekt auf das BIP-Wachstum 2018-2019 mit durchschnittlich mehr als ¾ Prozentpunkten pro Jahr etwas
   stärker, der Inflationsdruck wäre jedoch größer, und das Leistungsbilanzdefizit würde sich ausweiten.
     Auf mittlere Sicht lässt sich die volle Wirkung der US-Steuerreform und der Grad, in dem deren Vorteile
   der Bevölkerung insgesamt zugutekommen, nur schwer schätzen und im Modell darstellen (Barro und
   Furman, 2018). Es herrscht viel Unsicherheit in Bezug auf die Veränderungen der Anreize und Verhaltens-
   weisen, die sich aus ihr ergeben können, insbesondere im Hinblick auf Investitionsstandortentscheidungen
   und die Frage, inwieweit die direkten Einkommensteuersenkungen, von denen Haushalte mit hohem Ein-
   kommen profitieren, der Ersparnis anstatt den Ausgaben zugutekommen. Die dauerhafte Senkung des
   Grenzsteuersatzes für Unternehmen bedeutet, dass die realen Kapitalnutzungskosten niedriger sind, als
   dies sonst der Fall wäre, was zu einem langanhaltenden Anstieg des Kapitalstocks der Unternehmen führt,
   der das Angebot erhöht 2. Insgesamt ist das gesamtwirtschaftliche Produktionspotenzial im betrachteten
   Szenario Mitte der 2020er Jahre um rd. ¾% und 2030 um rd. 1% höher. Bis dahin werden höhere Zinssätze
   jedoch beginnen, die mittelfristigen Effekte abzuschwächen, und die Staatsschuldenquote wird den
   Schätzungen zufolge bis Mitte der 2020er Jahre um rd. 6-7 Prozentpunkte ansteigen, was die Risikoprämien
   auf Staatsanleihen und die langfristigen Zinsen nach oben treiben wird.
   1. Diese Beurteilung stützt sich auf das globale makroökonomische Modell NiGEM des britischen National Institute of Economic
      and Social Research. Die Simulation wurde auf der Basis zukunftsgerichteter Erwartungen durchgeführt, wobei unterstellt
      wurde, dass die Unternehmen und die privaten Haushalte über sämtliche künftige fiskalische Änderungen informiert sind. Die
      Geldpolitik wurde in allen Volkswirtschaften als endogener Faktor behandelt, außer im Euroraum und in Japan, wo unterstellt
      wurde, dass die Leitzinsen nicht vor 2020 geändert werden. Ferner wurde davon ausgegangen, dass die Haushaltsregel ab
      2020 wieder in Kraft ist, um die Schuldenquote der Vereinigten Staaten bis Mitte der 2020er Jahre wieder auf das Niveau des
      Basisszenarios zu bringen, was einen allmählichen Anstieg des effektiven Steuersatzes bedeutet, der auf die Einkommen
      der privaten Haushalte erhoben wird.
   2. Es ist auch möglich, dass Veränderungen der Besteuerung der Einkommen der privaten Haushalte Erwerbsentscheidungen
      beeinflussen, was hier jedoch nicht modelliert wird.

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                                   17
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

          Konjunktur durch eine Lockerung der Geldpolitik und eine aufgehellte Stimmung gestützt
          wird. Höhere Ölpreise und niedrigere Zinssätze dürften auch in Russland dazu beitragen,
          das Wachstum trotz der straffen Fiskalpolitik zu stützen.
               Das Welthandelswachstum hat 2017 unter dem Einfluss der Erholung in Europa, der
          Belebung des Elektronikhandels in Asien und der Verschiebung der Nachfragestruktur hin
          zu Investitionen auf 5¼% angezogen. Das Importwachstum hat in vielen Rohstoffexport-
          ländern ebenfalls zugenommen. Das Handelswachstum wird 2018-2019 den Projektionen
          zufolge nachlassen, aber breitbasiert bleiben und unter der Annahme, dass sich die
          Handelsspannungen nicht deutlich stärker verschärfen, auf durchschnittlich 4½-4¾%
          pro Jahr ansteigen (Abb. 1.4). Bei diesem Tempo würde die Handelsintensität im Vergleich
          zur Zeit vor der Krise zwar verhalten bleiben, aber etwas über dem durchschnittlichen
          Niveau der Jahre 2012-2017 liegen. Die globalen Leistungsbilanzungleichgewichte werden
          den Projektionen zufolge 2018-2019 leicht zunehmen, wobei das Leistungsbilanzdefizit der
          Vereinigten Staaten (u.a. aufgrund der derzeitigen fiskalischen Lockerung) um rd. ¾% des BIP
          steigen dürfte und die Defizite in einigen aufstrebenden Volkswirtschaften, insbesondere
          in Ländern mit einem relativ starken Wachstum der Inlandsnachfrage, voraussichtlich
          ebenfalls zunehmen werden. Die Leistungsbilanzüberschüsse Japans, des Euroraums und
          Chinas dürften 2018-2019 mit rd. 4% (Japan und der Euroraum) bzw. 1¼% des BIP weitgehend
          stabil bleiben. Die außenwirtschaftliche Position der großen Ölförderländer (einschließlich
          Russlands) wird sich infolge der höheren Ölpreise verbessern.
               Das stetige Beschäftigungswachstum wird sich den Projektionen zufolge 2018-2019
          in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften fortsetzen, wobei die Beschäftigung
          im OECD-Raum um jahresdurchschnittlich 1¼% zunehmen dürfte. Die Arbeitslosenquote
          ist im OECD-Raum endlich wieder unter das Vorkrisenniveau gesunken und wird den
          Projektionen zufolge bis Ende 2019 weiter auf 5% zurückgehen. Dies wäre die niedrigste
          Quote im OECD-Raum seit 1980 und läge mehr als ½ Prozentpunkt unter der geschätzten
          langfristig tragfähigen Arbeitslosenquote. Auch Unternehmensumfragen zufolge gibt es

                                   Figure 1.4. A broad-based upturn in trade growth,
                                 but trade intensity remains lower than before the crisis
            A. Contributions to world trade growth                                                     B. Global trade intensity²
% pts
                                                                                  2.4
                 China                            Rest of the world                                        Average 1990-2007 = 2.25
     6
                 Other Asia                       World                           2.2
                 Commodity producers¹
     5           Euro area                                                        2.0
                 North America
     4                                                                                                     Average 1970-2015 = 1.78
                                                                                  1.8

     3                                                                            1.6

                                                                                  1.4
     2
                                                                                  1.2
     1
                                                                                  1.0
     0                                                                            0.8

     -1                                                                           0.6
          2013      2014    2015        2016   2017   2018      2019                    2002-2007           2014           2016              2018
                                                                                                    2013            2015              2017          2019
1. Commodity producers include Argentina, Australia, Brazil, Chile, Colombia, Indonesia, Norway, New Zealand, Russia, Saudi Arabia,
   South Africa and other oil-producing countries.
2. World trade volumes for goods plus services; global GDP at constant prices and market exchange rates. Ratio of average annual world
   trade growth to average annual GDP growth in the period shown.
Source: OECD Economic Outlook 103 database; and OECD calculations.
                                                                                 1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728983

                                                                      OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
18
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

         Figure 1.5. Survey evidence is now pointing to labour shortages in some economies
    A. US small businesses reporting labour shortages                            B. Balance of euro area firms citing constraints
                                                                                      on production from labour shortages
 Normalised, six-month moving average                                    Normalised, %
   2.0                                                                      4
              Lack of qualified applicants                                             Services
   1.5
              Unable to fill job openings                                              Manufacturing
                                                                            3
   1.0

   0.5                                                                      2

   0.0
                                                                            1
  -0.5

  -1.0                                                                      0

  -1.5
                                                                            -1
  -2.0

  -2.5                                                                      -2
          2004    2006     2008     2010     2012   2014   2016   2018              2004   2006   2008   2010   2012   2014   2016   2018

Note: Normalised values over the period 2003-2018, expressed in standard deviations.
Source: National Federation of Independent Business; European Commission; and OECD calculations.
                                                                                1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933729002

         Anzeichen dafür, dass sich die Arbeitskräfteengpässe in einigen großen Volkswirtschaften
         zu verschärfen beginnen (Abb. 1.5), insbesondere in Deutschland und einigen mittel- und
         osteuropäischen Volkswirtschaften, was möglicherweise auf zunehmende Kompetenz-
         engpässe zurückzuführen ist (EIB, 2017).
              Es gibt inzwischen Anzeichen dafür, dass der Lohndruck stärker geworden ist, ins-
         besondere in den Vereinigten Staaten, Kanada, Deutschland und mehreren kleineren
         europäischen Volkswirtschaften, wie der Tschechischen Republik, Ungarn und Polen, wo
         die Anspannung auf den Arbeitsmärkten zunimmt. In Japan, wo die Arbeitskräfteeng pässe
         ebenfalls sehr akut sind, ist das Lohnwachstum nach wie vor verhalten; neue Steuer-
         gutschriften für Unternehmen, die die Löhne um mindestens 3% anheben, könnten jedoch
         ein stärkeres Lohnwachstum begünstigen. Die Reallöhne werden im OECD-Raum den
         Projektionen zufolge 2018-2019 insgesamt um durchschnittlich rd. 0,9% pro Jahr steigen,
         stärker als im Zeitraum 2014-2017, in dem ein jahresdurchschnittlicher Zuwachs um rd. 0,3%
         verzeichnet wurde (Abb. 1.6). Da diese Belebung zu etwa drei Vierteln auf ein etwas stärkeres
         Arbeitsproduktivitätswachstum zurückzuführen ist, erhöht sich der Lohnstückkosten-
         anstieg in vielen Volkswirtschaften nur geringfügig.
              Dennoch ist das Lohnwachstum nach wie vor schwächer als angesichts der rückläufigen
         Arbeitslosigkeit und der offenbar zunehmenden Kompetenzengpässe zu erwarten wäre. Dies
         lässt vermuten, dass konventionelle Messgrößen der Arbeitslosigkeit den aktuellen Umfang
         der konjunkturbedingten Angebotsüberhänge auf den Arbeitsmärkten des OECD-Raums
         unterzeichnen könnten, womit in einigen Volkswirtschaften noch Spielraum bestünde, die
         Arbeitsnachfrage weiter zu erhöhen, ohne den Lohnauftrieb deutlich zu steigern.
              Die Angebotsüberhänge unterscheiden sich in den großen Volkswirtschaften, in eini-
         gen Ländern ist der Anteil der unfreiwilligen Teilzeitbeschäftigung jedoch vergleichsweise
         hoch, und eine hohe Zahl von Personen weist zwar eine schwache Arbeitsmarktbindung
         auf, steht dem Arbeitsmarkt aber zur Verfügung. Diese Faktoren scheinen in Europa relativ
         bedeutsam zu sein, fallen in den Vereinigten Staaten und Japan jedoch offenbar weniger
         ins Gewicht (Abb. 1.7). Außerdem bestehen im Ländervergleich erhebliche Unterschiede
         in Bezug auf die Erwerbsquoten verschiedener Altersgruppen (Abb. 1.8). In den meisten
         Ländern ist ein allgemeiner Anstieg der Erwerbsquoten festzustellen, insbesondere bei älteren

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                                                                                                                                            19
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

 Figure 1.6. Real wage growth is projected to pick up, helped by improving productivity growth
                         A. Real wage growth                                                     B. Labour productivity growth
 %                                                                          %
     2.0                                                                        2.0
                                         1995-2007                                                                    1995-2007
     1.8                                 2007-2017                              1.8                                   2007-2017
                                         2017-2019                                                                    2017-2019
     1.6                                                                        1.6

     1.4                                                                        1.4

     1.2                                                                        1.2

     1.0                                                                        1.0

     0.8                                                                        0.8

     0.6                                                                        0.6

     0.4                                                                        0.4

     0.2                                                                        0.2

     0.0                                                                        0.0
              OECD                        Euro area                                          OECD                      Euro area
                         United States                      Japan                                     United States                      Japan

Note: Labour productivity growth is the average annual growth rate of output per person employed. Real wage growth is calculated from
nominal wage growth and the GDP deflator. 2018-2019 are projections.
Source: OECD Economic Outlook 103 database.
                                                                                 1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933729021

             Arbeitskräften, was das Arbeitsangebot erhöht; die Vereinigten Staaten stellen allerdings eine
             nennenswerte Ausnahme dar. Der Anstieg der Erwerbsquoten ist u.a. auf den kumulierten
             Effekt vergangener Arbeitsmarktreformen zur Verstärkung der Arbeitsplatzschaffung, zur
             Verringerung der Frühverrentungsmöglichkeiten sowie zum Abbau von Hindernissen für
             die Erwerbsbeteiligung von Frauen zurückzuführen. In einigen europäischen Ländern
             leistet der Zustrom von Asylsuchenden ebenfalls einen kleinen Beitrag zum Wachstum
             der Erwerbsbevölkerung. Die in den Vereinigten Staaten zu beobachtende rückläufige
             Erwerbsbeteiligung von Personen im Haupterwerbsalter (Altersgruppe 25-54 Jahre) hängt

                            Figure 1.7. There are high numbers of involuntary part-time
                                and marginally attached workers in some countries
                                                            As a percentage of labour force
                  A. Involuntary part-time workers                                             B. Marginally attached workers
 %                                                                          %
      7                                                                         5.0
                                                        United States                         United States
                                                        Euro area               4.5
      6                                                                                       Euro area
                                                        Japan                                 Japan
                                                                                4.0
                                                        United Kingdom                        United Kingdom
      5
                                                                                3.5
      4                                                                         3.0

      3                                                                         2.5

                                                                                2.0
      2
                                                                                1.5
      1
                                                                                1.0

      0                                                                         0.5
           2004   2006   2008    2010     2012       2014    2016                     2004     2006    2008    2010     2012      2014   2016
Note: Involuntary part-time workers are people working less than 30-usual hours per week because they could not find a full-time job.
Marginally attached workers are persons aged 15 and over, neither employed or in the labour force, nor actively looking for work, but who
are willing to work and available to take a job. Additionally, when this applies, they have looked for work during the past 12 months.
Source: OECD Labour Market Statistics; Eurostat; Bureau of Labour Statistics; Statistics Bureau of Japan; and OECD calculations.
                                                                                     1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933729040

                                                                 OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
20
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                  Figure 1.8. Substantial differences remain in activity rates across countries
                          In per cent of the working age population in each age group; four-quarter moving average

                    A. Activity rate 15-64 year olds                                     B. Activity rate 25-54 year olds
 %                                                                      %
     80                                                                     90

     75                                                                     85

     70                                                                     80

                                                    United States                      United States
     65                                             Euro area               75         Euro area
                                                    Japan                              Japan
                                                    United Kingdom                     United Kingdom
     60                                                                     70
          2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016                           2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016

                    C. Activity rate 55-64 year olds                                     D. Activity rate 15-24 year olds
 %                                                                      %
     80                                                                     70
     75                                                                     65
     70                                                                     60
     65                                                                     55
     60                                                                     50
     55                                                                     45
                                                       United States
     50                                                Euro area
                                                                            40
                                                       Japan                            United States      Japan
     45                                                                     35
                                                       United Kingdom                   Euro area          United Kingdom
     40                                                                     30
          2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016                           2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016

Source: OECD Short-Term Labour Market Statistics; and OECD calculations.
                                                                                       1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933729059

            teilweise mit einer Zunahme von Krankheit und Erwerbsunfähigkeit zusammen, wobei
            auch der hohe Opioidkonsum eine Rolle spielt (CEA, 2018). In allen Ländern sind verstärkte
            Anstrengungen zur Umsetzung von Strukturreformen erforderlich, um das Kompetenzniveau

                      Figure 1.9. Income and employment gains remain uneven in the OECD
                  A. Employment rates by age group                                    B. Household real disposable income
Index 2008q1 = 100                                                      Index 1985 = 100
  115                                                                     170
                  15-24                                                                Top 10%
                  25-54                                                                Median
                                                                            160
                  55-64                                                                Bottom 10%
  110             All
                                                                            150

  105                                                                       140

                                                                            130
  100
                                                                            120

                                                                            110
     95
                                                                            100

     90                                                                     90
           2008       2010        2012      2014      2016                    1985      1990      1995   2000    2005       2010   2015

Note: The OECD employment rate of each age group is the ratio of the number of employed people to the working age population in the
age group. The income series are averages of the 17 OECD member countries for which data are available over the full period.
Source: OECD Short-Term Labour Market Statistics; OECD Income Distribution database; and OECD calculations.
                                                                               1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933729078

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                                          21
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

            anzuheben, die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt zu erhöhen und die Erwerbsbeteiligung
            zu steigern und so die Arbeitsmarktchancen zu verbessern und die derzeitige Expansion
            aufrechtzuerhalten.
                 Der Anstieg des Beschäftigungswachstums und der Einkommen ist nach wie vor
            uneinheitlich. Die Beschäftigungsquoten älterer Arbeitskräfte (ab 55 Jahren) sind in den
            letzten Jahren stark gestiegen, die Beschäftigungsquoten von Personen im Haupterwerbs-
            alter und jungen Menschen liegen in vielen Ländern jedoch lediglich auf – oder immer
            noch unter – Vorkrisenniveau. Das verfügbare Realeinkommen vieler Haushalte, vor allem
            solcher mit niedrigem Einkommen, ist in den letzten zehn Jahren nur geringfügig gestiegen
            (Abb. 1.9). Das verhaltene Lohnwachstum ist auch einer der Gründe für die weitverbreitete
            Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Entwicklung.

Entscheidende Fragen und Risiken
            Wird die Inflation anziehen?
                 Höhere Rohstoffpreise haben die Gesamtinflation in zahlreichen fortgeschrittenen
            Volkswirtschaften, u.a. im Euroraum, in Japan und in den Vereinigten Staaten, bereits stei-
            gen lassen. Zugleich entwickelt sich die Trendrate der Inflation weiterhin verhalten, was z.T.

           Figure 1.10. Inflation is projected to approach, or slightly exceed, inflation objectives
                                            in the main OECD areas
                                                         Year-on-year percentage changes

                     A. Monthly headline inflation                                                B. Monthly core inflation
 %                                                                         %
      3                                                                        3
                     United States                                                           United States
                     Euro area                                                               Euro area
      2              Japan                                                     2             Japan

      1                                                                        1

      0                                                                        0

      -1                                                                       -1
              2015                 2016         2017              2018                2015               2016         2017          2018

                                                             C. Annual headline inflation
 %                                                                                                                                               %
     3.0                                                                                                                                   3.0
                         2017
     2.5                 2019                                                                                                              2.5

     2.0                                                                                                                                   2.0

     1.5                                                                                                                                   1.5

     1.0                                                                                                                                   1.0

     0.5                                                                                                                                   0.5

     0.0                                                                                                                                   0.0
                                                                                                                              JPN
                                                                                             EA
              AUS

                                          USA
                             CAN

                                                                     DEU

                                                                                                             ITA

                                                                                                                     FRA
                                                       GBR

                                                                                KOR

Note: Headline and core inflation are measured by the harmonised consumer price index for the euro area, the euro area countries and
the United Kingdom; the national headline consumer price series for Canada and Japan; and the personal consumption deflator for the
United States. Core inflation excludes prices of food and energy, including in Japan. In Japan, headline and core inflation in 2019 are
affected by the expected increase in the consumption tax rate.
Source: OECD Economic Outlook 103 database; OECD Main Economic Indicators database; and OECD calculations.
                                                                                 1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728565

                                                                  OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
22
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

          auf das langsame Tempo der Erholung von der Krise zurückzuführen ist (Abb. 1.10). Auch
          in den aufstrebenden Volkswirtschaften hält sich der Preisauftrieb im Großen und Ganzen
          in Grenzen. Frühere Währungsabwertungen und die höheren Rohstoffpreise verstärken
          gegenwärtig jedoch den Inflationsdruck in einigen Ländern, etwa in Argentinien, Mexiko
          und der Türkei (Abb. 1.11).
              Die Inflationserwartungen, insbesondere die der Unternehmen, haben im Euroraum
          und in den Vereinigten Staaten leicht zugenommen (Abb. 1.12). Zusammen mit dem
          Ölpreisanstieg und der geringfügigen Arbeitskostensteigerung (siehe weiter oben) wird
          dies den Verbraucherpreisauftrieb in den Vereinigten Staaten auf ein leicht über dem
          Inflationsziel liegendes Niveau steigen lassen; im Euroraum und in Japan dürfte er jedoch
          unter der Zielvorgabe verharren (Abb. 1.10). Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben
          gezeigt, dass eine Abnahme der Kapazitätsüberhänge u.U. nicht sofort zu einer deutlich
          höheren Inflation führt. Tatsächlich scheint der Zusammenhang zwischen Preisauftrieb
          und Kapazitätsüberhängen in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften schwach
          ausgebildet zu sein3.
               Aufwärtsrisiken für die Inflation gehen zumindest kurzfristig von einem möglichen
          stärkeren Anstieg der Rohstoffpreise und insbesondere der Ölpreise aus. Diese Risiken dürf-
          ten besonders groß werden, sollte die geopolitische Unsicherheit anhalten oder eskalieren.

          Figure 1.11. Inflation remains modest in some large emerging market economies
                                                Year-on-year percentage changes

 %                                                               %
     20                                                              8
                                     Brazil                                                          China
                                     India                           7                               Indonesia
                                     Russia                                                          South Africa
     15                                                              6

                                                                     5

     10                                                              4

                                                                     3

     5                                                               2

                                                                     1

     0                                                               0
          2015        2016    2017       2018      2019                   2015       2016     2017       2018       2019

 %                                                               %
     14                                                              50
             Mexico                                                          Argentina¹
     12      Turkey                                                  45

                                                                     40
     10
                                                                     35
     8
                                                                     30
     6
                                                                     25
     4
                                                                     20
     2                                                               15

     0                                                               10
          2015        2016    2017       2018      2019                   2015       2016     2017       2018       2019

Note: Historic data are at monthly frequency, projections are at quarterly frequency.
1. Based on unofficial data until March 2017 (Congressional Inflation Index). Coverage is for the Greater Buenos Aires area until
   November 2017, nationwide thereafter.
Source: OECD Economic Outlook 103 database; OECD Main Economic Indicators database; and OECD calculations.
                                                                                  1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728584

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                                                                                                                              23
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

                      Figure 1.12. Corporate expectations of selling prices have strengthened
                                  United States                                                                       Euro area
 Normalised, 3-month moving average                                                  Normalised, 3-month moving average
    3                                                                                   3
                  Manufacturing                                                                     Industry
                  Services                                                                          Services
      2                                                                                 2

      1                                                                                 1

      0                                                                                 0

     -1                                                                                 -1

     -2                                                                                 -2

     -3                                                                                 -3
               2004   2006   2008     2010    2012       2014   2016     2018                    2004   2006   2008    2010   2012    2014   2016   2018

Note: The percent balance of the number of firms reporting expectations of higher prices compared with the number of firms reporting
expectations of lower prices. Normalised values over the period 2003-2018, expressed in standard deviations.
Source: US Federal Reserve; European Commission; and OECD calculations.
                                                                                1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728603

      Figure 1.13. Large changes in inflation rates have frequently been driven by big changes
                                      in energy and food prices
                                  Change in the year-on-year inflation rates over the year, in percentage points

                                  United States                                                                       Euro area

     10                                                                         2       3                                                                  3

                                                                                        2                                                                  2
     5                                                                          1
                                                                                        1                                                                  1
     0                                                                          0       0                                                                  0

     -5                                                                         -1     -1                                                                  -1

                                                                                       -2                                                                  -2
  -10                                                                           -2
                                                       Food and energy                 -3                                                                  -3
                                                       Core
  -15                                                                           -3     -4                                                                  -4
          -2            -1                0                 1              2                -2            -1              0             1             2
                                  Headline inflation                                                             Headline inflation
                                      Japan

     3                                                                          3

     2                                                                          2

     1                                                                          1

     0                                                                          0

     -1                                                                         -1

     -2                                                                         -2

     -3                                                                         -3

     -4                                                                         -4
          -2            -1                0                 1              2
                                  Headline inflation

Note: Horizontal axes show the change in the annual headline inflation rate over the 12-month period using monthly series between 2002
and early 2018. Vertical axes show the equivalent changes for core inflation and food and energy price inflation, respectively. Core
inflation excludes prices of energy and food, and in Japan it differs from the domestic definition.
Source: Ministry of Internal Affairs and Communications, Japan; Bureau of Economic Analysis; Eurostat; and OECD calculations.
                                                                                  1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728622

                                                                         OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
24
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

          Besorgnis darüber hat in den vergangenen Wochen bereits zu einem Anstieg der Ölpreise um
          rd. 10% gegenüber dem im Basisszenario unterstellten Niveau von 70 USD pro Barrel geführt
          (siehe weiter oben). In den vergangenen Jahrzehnten waren die stärksten Veränderungen
          der Inflation durch große Veränderungen der Energie- und Nahrungsmittelpreise bedingt
          (Abb. 1.13; Choi et al., 2017). Zudem könnte sich der Energie- und Nahrungsmittelpreis-
          anstieg in Anbetracht der offenbar schwindenden Kapazitätsüberhänge relativ stark in
          der Gesamt inflation niederschlagen und sich auch auf die Preise für sonstige Waren und
          Dienstleistungen (ohne Energie und Nahrungsmittel) auswirken. In den aufstrebenden Volks-
          wirtschaften, vor allem in den anfälligeren unter ihnen, wird die Inflation wahrscheinlich
          höher ausfallen, wenn sich die jüngste Abwertung ihrer Währungen fortsetzt4.

          Das Investitionswachstum hat sich erholt, ist jedoch nach wie vor schwächer als in
          früheren Expansionsphasen
               Das Investitionswachstum hat sich im Jahresverlauf 2017 in den meisten Volkswirt-
          schaften belebt, was durch eine kräftigere inländische und weltweite Nachfrage sowie die Ver-
          ringerung der finanziellen Engpässe begünstigt wird. Die Investitionsgüterproduktion hat im
          vergangenen Jahr angezogen, und Ergebnisse von Unternehmensumfragen lassen auf steigende
          Investitionsabsichten in vielen großen Volkswirtschaften schließen (Abb. 1.14), auch wenn
          Besorgnis über Handelsprotektionismus das Vertrauen dort teilweise einzutrüben begonnen
          hat5. Der Aufschwung ist jedoch nach wie vor schwächer als in früheren Expansionsphasen,
          und das Wachstum des produktiven Nettokapitalstocks verharrt unter dem vor der Krise

                  Figure 1.14. Survey evidence points to stronger investment intentions
                                                                 Normalised

         A. Investment intentions in the United States                        B. Balance of large manufacturing firms
                                                                                 with insufficient capacity in Japan
3-month moving average
    2                                                                    2

    1                                                                    1
    0
                                                                         0
    -1
                                                                        -1
    -2
                                                 Manufacturing
    -3                                           Services               -2

    -4                                                                  -3
          2004   2006    2008   2010   2012   2014   2016   2018              2004   2006   2008   2010   2012   2014   2016   2018

            C. Balance of euro area manufacturing                              D. Balance of German manufacturing
            firms citing constraints on production                            firms citing constraints on production
                  from equipment shortages                                           from equipment shortages

    3                                                                    4

    2                                                                    3
                                                                         2
    1
                                                                         1
    0
                                                                         0
    -1                                                                  -1

    -2                                                                  -2
          2004   2006    2008   2010   2012   2014   2016   2018              2004   2006   2008   2010   2012   2014   2016   2018

Note: Normalised values over the period 2000-2018, expressed in standard deviations.
Source: Bank of Japan; European Commission; US Federal Reserve; and OECD calculations.
                                                                                1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728641

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                                      25
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

           erreichten Tempo (OECD, 2017a). Dies ist ein wichtiger Faktor, der die Aussichten für das
           Wachstum der Produktivität und des Produktionspotenzials auf mittlere Sicht beeinträchtigt.
                 Das Tempo des Wachstums der Unternehmensinvestitionen wird in den fortgeschrit-
           tenen Volkswirtschaften im Zeitraum 2018-2019 voraussichtlich bei durchschnittlich
           zwischen rd. 3½ und 3¾% jährlich liegen. In den Vereinigten Staaten werden die Unter-
           nehmensinvestitionen dank der Auswirkungen der Steuerreformen und der günstigen
           Finanzierungsbedingungen den Projektionen zufolge besonders kräftig ausfallen und im
           Zeit raum 2018-2019 durchschnittlich um 5½% jährlich steigen. Auch in vielen mittel- und
           osteuropäischen Ländern wird mit einem anhaltend kräftigen Investitionswachstum
           gerechnet. Dennoch dürften die Bruttoanlageinvestitionsausgaben im OECD-Raum 2018-2019
           ungefähr 12% (Medianwert) unter dem Niveau liegen, das nötig wäre, um sicherzustellen,
           dass das Produktivkapital im Jahresdurchschnitt netto genauso stark expandiert wie in
           den zehn Jahren vor der Krise. Dies erklärt sich aus dem Anstieg der Abschreibungsrate
           des Kapitals im Zeitverlauf (OECD, 2017a). In einer Reihe aufstrebender Volkswirtschaften
           wird eine kräftige Investitionstätigkeit erwartet, insbesondere in Indien, Indonesien und
           der Türkei, insgesamt dürfte die Investitionsintensität jedoch weltweit (auch in China) nur
           geringfügig über den längerfristigen Durchschnittswerten liegen (Abb. 1.15).
                Zu den potenziellen Hindernissen für eine nachhaltige Erholung zählen geringere lang-
           fristige Wachstumserwartungen, eine mangelnde Unternehmensdynamik in manchen
           Volkswirtschaften sowie Unsicherheit, u.a. bezüglich der weltweiten Handelspolitik. Auch
           in unproduktiven Unternehmen gebundene Ressourcen (Andrews et al., 2017) sowie die
           Abnahme der Reformanstrengungen zur Beseitigung von Vorschriften, die den Produkt-
           marktwettbewerb behindern (OECD, 2018b), verringern die Investitionsanreize. Die Hurdle-
           Raten für Unternehmensinvestitionen liegen ebenfalls nach wie vor deutlich über den
           Kapitalkosten; sie verharren trotz gleichzeitiger Fluktuationen der Finanzierungskosten
           im Zeitverlauf auf hohem Niveau und sind relativ unelastisch (OECD, 2017a). Infolgedessen
           hat sich die durchschnittliche Sachkapitalrendite vor Steuern in einigen Ländern seit der

                                    Figure 1.15. Global investment intensity has picked up
                    A. OECD investment intensity¹                                                 B. Global investment intensity²

  2.0                                                                           1.6
                Business plus government
                Housing                                                         1.5
                                                                                1.4
  1.5
                                                                                1.3                                    Average 1990-2007 = 1.2
                                  Average
                                  1990-2007 = 1.12
                                                                                1.2
  1.0                                                                           1.1

                                                                                1.0
                                                                                0.9
  0.5
                                                                                0.8
                                                                                0.7

  0.0                                                                           0.6
        2002-2007          2014            2016             2018                      2002-2007          2014           2016           2018
                    2013           2015              2017          2019                           2013          2015            2017             2019

Note: Ratio of average annual investment growth to average annual GDP growth in the period shown.
1. Ratio of OECD investment growth to OECD GDP growth in period shown.
2. Fixed capital investment and GDP growth in the OECD, Brazil, China, Chinese Taipei, Hong Kong - China, India, Indonesia, Malaysia,
   the Philippines, Russia, Singapore, South Africa, Thailand and Vietnam, at constant prices.
Source: OECD Economic Outlook 103 database; IMF World Economic Outlook database; Consensus Economics; and OECD calculations.
                                                                                 1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728660

                                                                    OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
26
1. GESAMTBEURTEILUNG DER WIRTSCHAFTSLAGE

             Figure 1.16. The rate of return on fixed assets remains high in some countries
 %                                                                   %
     18                                                                  18
                 United States                                                       OECD
     16          Japan                                                   16          Germany
                 Korea                                                               France
     14                                                                  14
                                                                                     Italy
     12                                                                  12

     10                                                                  10

     8                                                                   8

     6                                                                   6

     4                                                                   4

     21996     2000        2004     2008       2012       2016
                                                                         21996      2000         2004    2008       2012       2016

 %                                                                   %
     18                                                                  18
                                                                                     Mexico
     16                                                                  16          Australia
                                                                                     Canada
     14                                                                  14

     12                                                                  12

     10                                                                  10

     8                                                                   8
                 United Kingdom
     6                                                                   6
                 Netherlands
     4           Belgium                                                 4
                 Sweden
     21996     2000        2004     2008       2012       2016
                                                                         21996      2000         2004    2008       2012       2016

Note: The return on capital is calculated as the net operating surplus relative to net fixed assets in all countries apart from Canada,
Australia and Mexico where it is the net operating surplus relative to net non-financial assets. Non-financial assets include the value of
natural resources. The OECD series is a PPP-weighted average of the rate of return on net fixed assets in 18 OECD countries.
Source: OECD Annual National Accounts; and OECD calculations.
                                                                                   1 2 http://dx.doi.org/10.1787/888933728679

          Krise stabilisiert oder sogar erholt (Abb. 1.16; Weale, 2015). Daraus lässt sich der Schluss
          ziehen, dass die Unternehmen nicht alle marginalen, aber profitablen Investitionen
          tätigen, die normalerweise durch niedrige Zinsen begünstigt werden. Zugleich ist sowohl
          volumen- als auch wertmäßig eine starke Fusions- und Übernahmetätigkeit zu beobachten,
          insbesondere in den Vereinigten Staaten; damit fließen die Ressourcen eher in den Ankauf
          bereits vorhandenen Sachkapitals anderer Unternehmen als in die Vergrößerung des
          aggregierten Kapitalstocks.

          Höhere Zinssätze könnten zu Spannungen führen und Finanzmarktrisiken zutage
          treten lassen
               Die finanziellen Rahmenbedingungen sind nach wie vor wachstumsfreundlich, wenn-
          gleich sie seit der Veröffentlichung des letzten OECD-Wirtschaftsausblicks im November 2017
          in vielen großen Volkswirtschaften restriktiver geworden sind. Die höheren langfristigen
          Zinssätze sind großenteils darauf zurückzuführen, dass sich die Konjunkturaussichten
          günstiger entwickelt haben als von den Märkten erwartet, weshalb nun mit einer etwas
          höheren Inflation und einer etwas weniger akkommodierenden Geldpolitik gerechnet wird
          (Abb. 1.17). Die Aktienkurse, die in jüngster Zeit Höchststände erreicht hatten, sind in den
          großen Volkswirtschaften gesunken, und die Volatilität der Aktienmärkte hat nach dem
          ungewöhnlich niedrigen Niveau des vergangenen Jahres wieder zugenommen, was die
          Gefahr einer überhöhten Risikobereitschaft verringern dürfte (Abb. 1.18). An den Kredit-

OECD-WIRTSCHAFTSAUSBLICK, AUSGABE 2018/1 © OECD 2018 – VORLÄUFIGE AUSGABE
                                                                                                                                      27
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