Grosse Geste Neubau - Schaller Architekten

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Grosse Geste Neubau - Schaller Architekten
wohnen 11/2011       N e u ba u
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     Genossenschaft der Baufreunde erstellt am Mötteliweg in Zürich Affoltern Ersatzneubausiedlung

     Grosse Geste
     Kleinräumige und günstige Altbauten habe sie in der Siedlung Holzmatt in Zürich Affoltern schon
     genug, fand die Genossenschaft der Baufreunde. Beim Ersatzneubau am Mötteliweg richtete
     die Genossenschaft deshalb mit der grossen Kelle an – und erstellte erstaunlich grosszügige und
     luxuriöse Neubauwohnungen. Eine Strategie, die nicht allen gefällt. Der neuen Mieterschaft aber schon.

     Von Rebecca Omoregie                         freuen», strahlt sie nach einem kurzen Blick    beschloss, die Siedlung aus dem Jahr 1952
        			                                       auf den Zettel. «Sie bekommen eine der          durch einen Neubau zu ersetzen. Eigentlich
     Es ist fast wie beim Weihnachtsmann: Die     schönsten Wohnungen!» Und drückt ihm            hatte der Vorstand zwar im Sinn gehabt, die
     Menschen stehen brav in der Schlange –       gleich noch je eine Fernbedienung für Rol-      58 Wohnungen und 22 Reihenhäuschen in
     und kommen mit vollen Armen und einem        läden und Tiefgaragentor sowie ein neues        Zürich Affoltern umfassend zu sanieren – so
     Lächeln auf dem Gesicht wieder zur Türe      Pfannenset und, als persönliches Willkom-       wie er es 1998 mit der Reihenhaussiedlung
     heraus. Den Santa mimt in diesem Fall eine   menspräsent der Genossenschaft, eine Mu-        Holzmatt 1 und 2 gleich auf der anderen
     Mitarbeiterin der Genossenschaft der Bau-    sical-CD in die Hand.                           Strassenseite gemacht hatte. Hübsch und
     freunde in Zürich. In diesem Moment fä-                                                      frisch sehen sie aus, die blau gestrichenen
     chert sie einem jungen Mann einen nigel-     Gehobener Standard                              Reihenhäuschen. Dass die Sanierung sehr
     nagelneuen Satz Schlüssel auf den Tresen,    Den neuen Mietern am Mötteliweg soll es         teuer zu stehen gekommen war und nicht
     während sie im Ordner den Empfangs-          an nichts fehlen. Das war für die Genossen-     alle Probleme der Altbauten wie kleinräu-
     schein heraussucht. «Wow, sie können sich    schaft der Baufreunde schon klar, als sie       mige Grundrisse und Ringhörigkeit hatte

                                                                                                 Grosszügigkeit im Konzept: Bis 77 Quadratmeter
                                                                                                 grosse Wohn-/Essräume bieten die neuen
                                                                                                 Wohnungen am Mötteliweg.
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                                                                                                                    Glas und in den Baukörpereingeschnittene
                                                                                                                    Terrassenflächen sorgen für Transparenz und
                                                                                                                    viel Licht.

                       lösen können, sieht man ihnen nicht an. Bei    Durchmischung statt Ghetto
                       der Siedlung Mötteliweg zeichnete sich eine    Dieser Standard und die grosszügigen Woh-
                       zusätzliche Herausforderung ab. Die Keller,    nungsflächen – 4½-Zimmer-Wohnungen
                       stellte sich heraus, waren aufgrund des leh-   sind über 150, die geräumigsten 5½-Zim-
                       migen Untergrunds in einem desolaten Zu-       mer-Wohnungen bis knapp 170 Quadrat-
                       stand.                                         meter gross – werfen Fragen auf. Ist es die
                          Schweren Herzens schwenkte der Vor-         Aufgabe der gemeinnützigen Bauträger,
                       stand deshalb um: Die Häuser am Mötteli-       Wohnungen in diesem Segment für eine          Die transparente Architektur fördert
                                                                                                                    nachbarschaftliche Kontakte. Bei Bedarf
                       weg sollten abgebrochen werden. Bei den        gutverdienende Mieterschaft zu erstellen?     bietet die Genossenschaft für die Balkone
                       Baufreunden hat der Vorstand die Kompe-        Wäre das günstige eigene Land nicht eine      einen textilen Sichtschutz an.
                       tenz, über Bauprojekte zu entscheiden.
                       Dennoch war es ihm ein Anliegen, das Vor-
                       haben nicht über die Köpfe der Genossen-
                       schaftsmitglieder hinweg zu planen. Dank
                       der frühen und transparenten Information,
                       meint Geschäftsführer Thomas Volkart, hät-
                       ten diese das Projekt bald begeistert mitge-
                       tragen. Und das, obwohl die Genossen-
                       schaft einen grossen Wurf im Sinn hatte:
                       Kein Zimmer sollte kleiner als 16 Quadrat-
                       meter sein, und die Ausstattung technisch
                       und ökologisch «State of the Art»: Jede der
                       96 Wohnungen verfügt über Waschmaschi-
                       ne und Wärmepumpentrockner sowie In-
                       duktionsherde und separate Tiefkühler der
                       besten Energieklasse, und in den Bädern
                       sorgen energiesparende kleine Led-Leuch-
                       ten für funkelnde Lichteffekte. Die miner-
Fotos: Susanne Völlm

                       giezertifizierte Siedlung ist ausserdem mit
                       Komfortlüftung, elektrischen Storen, drei
                       Steckdosen und Glasfaseranschluss in je-
                       dem Zimmer ausgestattet.
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                                                       Chance gewesen, etwas bescheidenere              – und biete fast ebenso viel Fläche wie die
                                                       Neubauwohnungen zu moderaten Mietzin-            alten Einfamilienhäuschen.
        Baudaten
                                                       sen zu erstellen, wie dies andere Baugenos-
        Bauträgerin:                                   senschaften tun?                                 Atmosphärisches Wesen
        Genossenschaft der Baufreunde, Zürich             Thomas Volkart, der auch beim SVW Zü-         Wie auch immer man die Strategie der Ge-
                                                       rich als Vorstandsmitglied amtet, ist sich       nossenschaft beurteilt, klar ist: Für dieses
        Architektur:
        KSA Kyncl Schaller Architekten GmbH, Zürich    dieser Kritik bewusst – und steht zu seiner      Geld erhalten die neuen Mieterinnen und
                                                       Meinung: «Wenn wir nur sehr günstige             Mieter einiges. Dass sie mit der Kleinräu-
        Baurealisation:                                Wohnungen bauen, schaffen wir Ghettos.           migkeit der Altbausiedlung endgültig auf-
        Pro Domo Architekten AG, Zürich
                                                       Wir finden, ein gut verdienender Uniprofes-      räumen soll, sieht man der Neubausiedlung
        Unternehmen (Auswahl):                         sor soll genau so bei uns wohnen dürfen wie      auch im Ausdruck an. Die Architekten vom
        Marti AG (Baumeister)                          der Bauarbeiter, der an der Erstellung der       Büro Kyncl Schaller, das sich im internen
        G. Baumgartner AG (Fenster)                    Siedlung mitgearbeitet hat.» Was übrigens        Studienauftrag durchsetzte, bezeichnen ihn
        Nyffenegger Storenfabrik AG (Lamellenstoren)
        Sanitas Troesch AG (Küche, Geräte Bad)         tatsächlich der Fall sei. Und schliesslich ha-   nicht ganz zu Unrecht als «atmosphärisch».
        Schindler Aufzüge AG (Aufzüge)                 be die Genossenschaft ja genau auf der an-       Geschosshohe Verglasungen, Balkonbrüs-
        Müller Innenausbau AG (Schreinerarbeiten)      deren Strassenseite noch sehr günstige Alt-      tungen aus Glas und in den Baukörper ein-
                                                       bauwohnungen im Angebot: «Wer wollte,            geschnittene Terrassenflächen sorgen für
        Umfang:
        7 Häuser, 96 Wohnungen, Tiefgarage mit         konnte in eine beinahe identische Wohnung        Transparenz und viel Licht. Dank der bis zu
        98 Plätzen, Kinderkrippe                       umsiedeln.» Viele Mitglieder hätten aber         den Balkonen und Terrassen durchgehen-
                                                       auch die Gelegenheit genutzt, in den Neu-        den Feinsteinzeugbeläge scheint der Innen-
        Baukosten (BKP 1–5):
        53 Mio. CHF total (ca. 49,766 Mio. ohne        bau zu zügeln. So sei das eine oder andere       raum nahtlos in den Aussenraum überzu-
        Parkierung)                                    der gefragten Reiheneinfamilienhäuschen          fliessen. Die Grundrisse sind mit einer
        3874 CHF pro m2 HNF (ohne Parkierung)          wieder für weniger finanzkräftige Familien       funktionalen Trennung von Wohn- und Auf-
                                                       frei geworden. Thomas Volkart betont: «Wir       enthaltsräumen und Schlaf- und Sanitär-
        Mietzinsbeispiele:
        3 ½-Zimmer-Wohnung (110–135 m2):               bauen nicht teurer als andere: Die Wohnun-       räumen geschickt organisiert. Einbau-
        2030–2350 CHF plus 150 CHF NK                  gen kommen auf 216 Franken pro Quadrat-          schränke, unter anderem auch eingebaute
        4 ½-Zimmer-Wohnung (136–156 m2):               meter zu stehen.» Die günstigste Neubau-         Schuhschränke, bieten viel Stauraum. Den
        2480–2810 CHF plus 180 CHF NK
        5 ½-Zimmer-Wohnung (154–168 m2):
                                                       wohnung, eine 65 Quadratmeter grosse             Bewohnern gefällts offenbar: Sämtliche
        2650–2950 CHF plus 200 CHF NK                  2½-Zimmer-Wohnung, koste 1280 Franken            Wohnungen waren lange vor Bezug vermie-

     Die durchgehenden Feinsteinzeugplatten                                                               Die Badezimmer sind in allen
     und geschosshohen Verglasungen schaffen                                                              Wohnungen mit Waschmaschinen
     einen fliessenden Übergang zwischen                                                                  und Wärmepumpentrocknern
     innen und aussen.                                                                                    ausgestattet.
Grosse Geste Neubau - Schaller Architekten
wohnen 11/2011

                                                                                                                                                                                                25

         tet. Für die Vermietung nahm sich der Ge-
         schäftsführer viel Zeit. Über 1700 Interes-
         senten meldeten sich, die er jeweils sam­-
er       stagnachmittagsZimmerin Gruppen von zwanzig                                 Zimmer                    Zimmer                                  Zimmer
m²                         16.5 m²                                                   20.0 m²                   13.5 m²                                 16.5 m²
         bis dreissig Personen durch die Siedlung
         führte. Dabei betonte er gerne, dass die Ge-
         nossenschaft Wert auf Gemeinschaft lege
         und dass, wer in einem so transparenten
                                             Korridor                                                          Korridor
         Umfeld
           Du
                   leben wolle, offen für Kontakte
                  Du
                                              5.5 m²  sein                Lift                                 12.0 m²
                                                                                                                                                                          Du
     T   müsse.            W         T                                                                                                             W         T

            Kontakte, die sich die Genossenschaft
         übrigens über die Strasse hinaus wünscht.                                                   Entrée
                                                                                                     5.5 m²
         Es soll kein Graben entstehen zwischen der
         luxuriösen Neubausiedlung und den be-         L                                                  L

         scheidenen Altbauten,         sondern ein durch-
                             Wohnen / Essen
                                 54.0 m²
                                                                                                                                  Wohnen / Essen
                                                                                                                                     65.0 m²
         mischtes Quartier. Die neuen Mieter sind
en       jedenfalls hand­verlesen, und angesichts der
         Wohnungs­grössen wandte die Genossen-
         schaft einen strengeren Massstab an, als die
         Belegungsvorschriften dies fordern. «In den
         grossen Wohnungen haben alle Mieter min-
         destens zwei Kinder»,
                         Loggia
                                       betont Thomas Vol-                                                                                              Loggia
         kart. «Mit einer11.5 m² Ausnahme», räumt er                                                                                                   16.0 m²

         schmunzelnd ein: Der Geschäftsführer und
         seine Frau werden ebenfalls in eine der neu-
         en Wohnungen ziehen. Noch ist er aber               Grundriss einer typischen 4½-Zimmer-Wohnung
         nicht am Kisten packen. Erst sollen die üb-         mit 148 Quadratmetern. Wohn-/Aufenthaltsräume
                                                             öffnen sich in allen Wohnungen nach Süden
         rigen Neumieter willkommen geheissen                oder Westen, Schlaf- und Sanitärräume sind nach
         werden.                                            Osten und Norden ausgerichtet.

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                                                              4.5 Zimmerwohnung

                                                                                                                            Haus B                                  Haus A
                                                             Fläche: 148 m²                                       B23R       B13 R        B13 L           A 23R      A13 R        A13 L
                                                             Loggia: 16 m²                                      B 2 2R    B2 2L   B12 R    B12 L         A 2 2R A 2 2 L   A12 R    A12 L
                                                             Abbildungsmassstab: 1:100                          B 2 1R    B 21L   B11R     B11L          A 21R    A 21L   A11R     A11L
                                                             1 cm entspricht 1 Meter                            B20R B20L         B10 R    B10 L         A 20R A 20 L     A10 R    A10 L

                                                                                                                                                                      Ansicht vom Garten

                                                                                                                                                                                           25
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