Hilfen für Wohnungslose - ein MUSS - diakonie-frankfurt-offenbach.de
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Hilfen für Wohnungslose – ein MUSS Liebe Leserinnen und liebe Leser, die prekäre Situation obdachloser und woh- schon seit mehreren Jahren in Frankfurt ohne bittet das Diakonische Werk für Frankfurt nungsloser Menschen spitzt sich weiter zu. Wohnung. Tom und seine Freundin schlafen und Offenbach auch in diesem Jahr um Dies verdeutlichen auch die oben abgedruck- auf der Straße, Eleana und ihr Partner sind in finanzielle Unterstützung. ten Zahlen, die ausschnittsweise Hilfeleis- einer zugigen undichten Gartenhütte unter- tungen des Diakonischen Werkes für Frank- gekommen. Sie haben uns ihre Geschichte Ihre Spende trägt dazu bei, die Lebenssitua- furt und Offenbach zeigen. Den Wunsch nach erzählt und erlaubten uns, sie zu fotografie- tion von Menschen ohne Wohnung zu ver- einem Leben mit einem Job und einer Woh- ren. In den Einrichtungen der Wohnungs- bessern. Niemand soll ohne Aussicht auf ein nung geben dennoch viele, die auf der Straße losenhilfe des Diakonischen Werkes für besseres Leben auf der Straße bleiben müs- leben, nicht auf. Frankfurt und Offenbach erfahren sie Hilfe sen. Es gibt zahlreiche Hilfen: Straßensozial- und Unterstützung. arbeit, um die Menschen zu erreichen, die ih- So wie Eleana und Tom, die dringend ein fes- re Platten nicht mehr verlassen. Sie erhalten tes Dach über dem Kopf brauchen und sich Rund 300 Männer und Frauen sind in Frank- heiße Getränke, Isomatten und Schlafsäcke eine sichere Bleibe wünschen. Beide leben furt ohne Obdach, die Dunkelziffer ist hoch. gegen die Kälte. In unseren Einrichtungen In Unterkünften der Stadt Frankfurt leben gibt es Duschen und frische Kleidung, Essen rund 7300 Menschen, unter ihnen circa 4000 und Computer. Beratung bei Anträgen auf Ar- Geflüchtete. In Offenbach kamen circa 500 beitslosengeld, Wiederaufnahme in die Kran- Spenden Sie für Menschen ohne Wohnung in verschiedenen kenversicherung und Entschuldung sowie Menschen in Not kommunalen Unterkünften unter. die Hoffnung auf eine eigene Wohnung auf Herzlichen Dank! dem hart umkämpften Wohnungsmarkt er- Nun beginnt der zweite Winter mit Corona. In öffnen Schritt für Schritt neue Lebensper- Empfänger: den Tagestreffs des Diakonischen Werkes für spektiven. Diakonisches Werk Frankfurt und Offenbach finden Frauen und für Frankfurt und Offenbach Männer Schutz vor Regen und Kälte. Viele, Egal wie groß die Not und wie schwierig die die regelmäßig in den Tagestreff des WESER5 Lebenssituation ist – wir geben niemanden Evangelische Bank eG Diakoniezentrums im Frankfurter Bahnhofs- auf. IBAN: DE 11 52060410 0104 0002 00 viertel, in den 17 Ost-Tagestreff für Frauen BIC: GENODEF1EK1 und in die Teestube in Offenbach kommen, Helfen Sie obdachlosen und wohnungslosen Verwendungszweck: sind inzwischen geimpft. Mit Impfaktionen Menschen mit Ihrer Spende. Obdachlosenhilfe 22 direkt in den Tagestreffs und vielen persönli- chen Gesprächen gelang es, sie zu überzeu- Herzlichen Dank. Online-Spenden sind möglich unter gen. Aber Fieber messen, Maske tragen, Ab- www.diakonie-frankfurt-offenbach.de stand halten, regelmäßig Lüften und Plätze reduzieren gilt immer noch. Ihr Das Diakonische Werk für Frankfurt Dr. Michael Frase und Offenbach ist mit dem PCI DSS Gü- Für die Arbeit mit Menschen, die auf der Stra- Leiter des Diakonischen Werkes tesiegel zertifiziert Diakonie-Leiter Dr. Michael Frase ße oder in schwierigen Lebenslagen leben, für Frankfurt und Offenbach
II WOHNUNGSLOSENHILFE – DIAKONISCHES WERK FÜR FRANKFURT UND OFFENBACH NR. 46 / 14. NOVEMBER 2021 Eleana lebt seit zwei Jahren in einer Gartenhütte in Frankfurt. Der Tag beginnt um 3.30 Uhr Eleana wohnt mit ihrem Freund seit zwei Jahren in einer Gartenhütte in Frankfurt Ihr wirklicher Name ist schöner, als man ihn Mit einer Taschenlampe leuchtet sie das auf- an schlechten nimmt sie fünf Euro ein. Gegen sie ist fest entschlossen, ihren Plan umzuset- erfinden könnte. Ihr Lachen haut einen um. geweichte Holz an und den Vorrat an Gasfla- 13 Uhr kommt sie zurück, kocht, trifft Freun- zen. Aber jetzt kommt der Winter und die Eleana mit der grauen Wollmütze auf dem schen. de, ruht sich aus. Sonntags schläft sie länger, feuchte zugige Gartenhütte ist für die ge- Kopf läuft schnell, spricht schnell, lacht ger- „Sonntag ist Ruhetag“. sundheitlich stark angeschlagene Frau keine ne, zieht an ihrer Zigarette. Seit zwei Jahren Den versprochenen Job geeignete Bleibe mehr. Für die kalte Jahres- wohnt sie mit ihrem Freund in einem Garten gab es gar nicht Hilfe im WESER5 zeit suchen Eleana und ihr Freund einen irgendwo in Frankfurt. Platz zum Schlafen in einem richtigen Haus, In Rumänien arbeitete die lebhafte Frau Diakoniezentrum dann hätte sie auch eine Meldeadresse, was Eine schwere Eisenkette verschließt das zwölf Jahre lang bei einem Sicherheitsdienst. Zwei Mal in der Woche geht Eleana auf ihrer den Kontakt zum Konsulat erleichtern würde. Gartentor, der Walnussbaum hat schon im Sozialhelfer Qutaiba Al Jendi ist mitgekom- Runde ins Bahnhofsviertel, zum WESER5 September keine Nüsse mehr, Eleana wun- men, um zu übersetzen. Seit Jahren berät er Diakoniezentrum. „Im Tagestreff habe ich Eine Abschlagszahlung dert sich, wer sie wohl geerntet hat. Von ei- Eleana im WESER5 Diakoniezentrum. Er immer die Hilfe gekriegt, die ich brauche,“ ner Tanne fallen Zapfen auf die Planen, die sieht sich staunend um, wie und wo Eleana sagt sie und lacht tief. Dort duscht sie, be- für die Gartenhütte ihr Zuhause vor Regen und Kälte schützen wohnt hat er vorher nicht gewusst. In Rumä- wahrt Sachen sicher in einem Schließfach Eleana zeigt stolz die große Porzellanvase mit sollen. nien jobbte Eleana in Restaurants, „aber auf, isst zu Mittag, zieht frische Kleidung aus Goldrand, die gleich vor dem Eingang zu ih- In der Holzkonstruktion über dem Bett dann hat Mama das Haus verkauft“, erzählt der Kleiderkammer an, holt ihre Post, geht in rer Hütte im Gras steht, im Sommer wie im brüten Spatzen, sie sind laut und das Holz ist sie und hustet, „ich hatte keinen Platz mehr, die Sozialberatung. Ist das Leben hier wirk- Winter. Viele wollten sie gerne haben, aber feucht. „Wenn es draußen regnet, regnet es um zu leben.“ Al Jendi, der selbst 13 Jahre in lich besser als in Rumänien? „Ja, hier kann Eleana gibt sie nicht her. Sie stand schon da, hier drinnen auch“, sagt Elena. Abends stapelt Rumänien lebte, sagt, das Leben sei dort im ich überleben mit dem Geld, was ich verdie- als sie und ihr Freund einzogen. Das Garten- sie Fahrräder vor den Eingang, damit keiner Vergleich zu den Verdienstmöglichkeiten ne, auch ohne Wohnung. In Rumänien kann grundstück hatten sie von anderen Rumänen reinkommt. Drinnen brennt auch tagsüber teuer. Eleana folgte einem Tipp von Lands- man nicht überleben ohne Wohnung.“ Eleana gegen eine Abschlagszahlung erhalten. Die eine rote und eine weiße Kerze, ein bisschen leuten und ging zum Arbeiten nach England, spricht viel mit den Händen, plötzlich geht Besitzerin sei schon seit Jahren nicht mehr Licht im Halbdunkel. Ein zweiflammiger allerdings war, als sie dort ankam, von einem sie ein bisschen in die Knie, um ihren Worten gekommen, erfuhr Eleana, aber sie sorgt sich, Gaskocher neben der Matratze sorgt für et- Job keine Rede mehr, und so ging sie 2015 noch mehr Nachdruck zu verleihen und rich- dass das Grundstück verkauft werden könnte, was Wärme, aber im Winter wird es auch nach Deutschland: „Es war eine Möglichkeit tet sich dann voll auf: „Mein großer Wunsch denn dann müsste sie wegziehen. nach mehreren Stunden maximal 16 Grad in zu leben.“ ist es, nach Rumänien zu reisen, dort alle Pa- der halboffenen Hütte aus Brettern und Pla- piere in Ordnung zu bringen, und dann in Die Wertsachen nen. Auf einem Schemel weicht gerade ein Kaffee kochen und Frankfurt einen Job zu finden und eine Woh- im Schlaf umklammern glänzender Topf mit Spülwasser ein. nung, in der ich dann jeden Tag duschen pünktlich losgehen kann, duschen, duschen, duschen.“ Die ersten drei Jahre in Frankfurt hatten Wasser holen Morgens um 3.30 Uhr klingelt der Wecker. Eleana und ihr Freund unter einer Brücke am auf dem Friedhof Eleana steht auf, wäscht sich, kocht Kaffee, Neue Papiere Mainufer geschlafen. Eleana erzählt, dass sie verschließt pünktlich um 4.45 Uhr das Gar- selbst im verschlossenen Schlafsack ihre Wasser holt die 46-Jährige mit einem Hand- tentor mit der Eisenkette und geht los. Die kosten Zeit und Geld Wertsachen fest umklammert hielt: „Es ist ge- wagen. Er ist angekettet, denn er sichert die graue Mütze schützend über den Ohren, den Ihr Personalausweis ist abgelaufen, neue Pa- fährlich auf der Straße“. Einmal als sie auf- Versorgung aus dem Brunnen am Friedhof. Einkaufstrolley neben sich herziehend – piere zu beschaffen kostet Zeit und Geld. Da wachte, stand ein Mann neben ihr und starrte 20 Liter reichen für drei Tage. Im Winter, „mein Mercedes“, sagt sie und lacht. Angst ist ein Dokument vom rumänischen Konsulat sie böse an. Da ist der Garten schon besser, wenn die Friedhöfe das Wasser abdrehen, hat sie keine, je früher sie dran ist, desto mehr in Bonn nötig, um überhaupt nach Rumänien wo im April der Flieder blüht und die Tulpen, kauft sie Flaschen, 1,40 Euro für fünf Liter. Chancen gibt es, Pfand zu finden. Wenn der einreisen zu können. „In Rumänien dauert es „im Frühling ist es ein gutes Gefühl“, sagt Zehn Euro kostet es, die Gasflasche aufzufül- Trolley ganz voll mit Flaschen und Dosen ist, dann eine Woche, sie braucht für die Zeit ein Eleana. Aber jetzt, wenn der Regen und die len, im Winter muss das alle drei Tage sein. kann sie sechs bis sieben Euro Pfand ein- Hotel, muss zudem die Reise bezahlen, das Kälte kommen, muss sie ausziehen: „Ich Eleana öffnet einen Holzschrank. Drin liegt lösen. An guten Tagen findet sie auf ihren lan- ist ganz schwierig“, sagt Sozialhelfer Al Jendi. wünsche mir ein Zimmer zum Abschließen etwas Brot, Frischkäse, Zwiebeln, Kartoffeln. gen Wegen durch die Stadt für 15 Euro Pfand, Eleana gibt trotz der Hindernisse nicht auf, mit Wänden aus Stein.“
NR. 46 / 14. NOVEMBER 2021 WOHNUNGSLOSENHILFE – DIAKONISCHES WERK FÜR FRANKFURT UND OFFENBACH III Tom lebt mit seiner Freundin in Frankfurt auf der Straße. Eine Unterkunft für die Nacht wäre gut. Hauptsache ein Dach über dem Kopf Tom lebt mit seiner Freundin seit drei Jahren in Frankfurt auf der Straße Wer genau hinhört, erkennt ihn noch ein des Flughafengebäudes „mussten wir mal sammeln viele, und wenn es kühler wird, ha- den öfter wach, weil es regnet oder sonst was bisschen, den leicht bayrischen Sing-Sang. wieder raus und unterm Sternenhimmel ben die Leute auch weniger Durst“. ist, manchmal sind wir jede Stunde wach und Dabei ist Tom schon länger weg aus seiner schlafen.“ Im Laufe seiner Zeit auf den Straßen morgens dann wie gerädert.“ Heimatstadt Dachau. Der gelernte Maschi- Frankfurts ist Tom härter geworden. „Früher Wenn es Winter wird, möchte Tom gerne nenbaumechaniker lebte schon in vielen Manche laden uns hab‘ ich nur Dosen und Pfandflaschen ge- für sich und seine Freundin ein Zimmer: „Ein Städten, vor drei Jahren kam er nach Frank- nommen, die irgendwo rumstanden, ich Bett, ein Schrank, ein Tisch, wir haben keine furt, lernte in der Bahnhofsmission seine zum Essen ein schämte mich, im Müll nach was zu gucken, hohen Ansprüche, Hauptsache ein Dach Freundin kennen und blieb. Zum Übernachten haben Tom und seine heute mach ich das.“ Und auch Leute zu fra- über dem Kopf, wo wir abends hinkönnen Freundin ein paar Stammplätze. „Eigentlich gen, wenn er dringend ein paar Euro braucht, und die Tür zumachen.“ Die Stadt Frankfurt Seit drei Jahren lebt das Paar in Frankfurt auf habe ich keine Sorge vor Überfällen“, sagt fiel Tom früher schwer. „Schnorren“ nennt er könnte doch leerstehende Häuser ein biss- der Straße. „Die vorletzte Nacht war echt Tom, „nur einmal am Main war ne stressige das und schnorren mag er nicht. Aber auch chen aufpäppeln und 100 Plätze für Men- blöd, es hat geregnet, die Schlafsäcke und die Situation.“ Nachts bindet das Paar alle seine das hat er sich angeeignet: „Am Flughafen schen auf der Straße schaffen, „das wär‘ doch Matte waren nass. Heute Nacht war es tro- Sachen zusammen, legt sie hinter sich an die habe ich jeden gefragt, das mache ich auch mal was.“ cken, Gott sei Dank.“ Tom legt seine Bröt- Wand, „da müsste schon einer über uns drü- nicht gerne, aber das muss man machen, es chentüte vor sich hin, nimmt den schweren bersteigen, und wenn sich jemand an den Sa- ist notwendig, um zu überleben.“ Auch arbeiten Rucksack mit all seinen Sachen von den chen zu schaffen macht, wachen wir auf.“ Schultern. Die Wertvollsten trägt er in einer Zwar kommen schon mal „komische Per- Als ob man wäre nicht schlecht kleinen Umhängetasche, seinen Impfpass sonen“ vorbei, sagt Tom, „aber manchmal Tom hat nach seiner Ausbildung zum Ma- zum Beispiel. Tom zeigt die beiden Einkleber fragen Leute auch ‚wie geht’s, wollt ihr eine gar nicht da wäre schinenbaumechaniker ein bisschen gear- seiner Corona-Impfung: „Schon am 22. Juni rauchen, hier habt ihr Zigaretten, behaltet die Tom und seine Freundin kommen regel- beitet, „dann ging es halt so los“, sagt er. Alko- wurde ich geimpft“, sagt er stolz. Schachtel‘ oder sie fragen, ob wir Hunger ha- mäßig in die Bahnhofsmission, gelegentlich hol trinkt er selten, „mein Vater war Alkoholi- ben.“ Tom kann einige Szenen erzählen von auch ins WESER5 Diakoniezentrum: „Mich ker, und meine Mama sagte, es sei besser zu Mal wieder unterm Passanten, die das Paar zum Essen in ein kennen hier wirklich viele“, erzählt Tom. kiffen, mit zwölf habe ich angefangen.“ Schon Schnellrestaurant einluden, und er erinnert Manchmal hat er Glück, „einmal habe ich ge- mit 20 Jahren lebte Tom kurze Zeit auf der Sternenhimmel schlafen sich auch ganz genau an die Frau, die ihnen schnorrt und auf Anhieb 50 Euro bekommen, Straße, dann hatte er sich wieder gefangen, Die erste Zeit der Corona-Pandemie ver- beim Chinesen zwei Nudelboxen kaufte, „da da habe ich dann gleich Feierabend ge- war acht Jahre mit einer Frau zusammen, brachte er mit seiner Freundin am Frankfurter waren wir echt hungrig und hatten schon macht.“ Aber es gibt auch Leute, „die frage ich dann kam die Trennung. Flughafen. Da ist es warm und trocken, es nach Essen gesucht.“ nach einer kleinen Spende, die sehen einen „Ich hab schon viel gesehen“, sagt Tom. In gibt rund um die Uhr kostenlose Toiletten dann gar nicht und tun so, als ob man gar Berlin und Hamburg, Bremen, Fulda, Mün- und Waschräume und WLAN. „Wir waren da Schnorren nicht da wäre.“ chen, Karlsruhe und Wiesbaden hat er gelebt. elf Monate, in der ersten Zeit war es wie aus- Mal mit Wohnung, mal bei der Heilsarmee, gestorben, wir schliefen direkt neben der Po- ist nicht schön Ein Bett, ein Schrank, ein Tisch mal auf der Straße. 39 Jahre ist er jetzt alt. lizei, da hatten wir keinen Stress.“ Das Paar Tom und seine Freundin leben vom Fla- „Auch Arbeiten wäre nicht schlecht“, sagt ging auch ins Büro der Aufsuchenden Sozial- schensammeln. Vor Corona kamen da So was ärgert ihn: „Das ist keine feine Art, die Tom, „aber dafür muss man richtig schlafen, arbeit der Diakonie im Terminal 1. „Sie gaben manchmal in ein paar Stunden Pfandfla- können doch zumindest ‚Nein‘ sagen, das hat auf der Straße zu übernachten ist da nix.“ uns einen Gutschein für ein Mittagessen im schen im Wert von 30 Euro zusammen, im doch auch was mit Anstand und Höflichkeit Wenn man arbeitet, sagt Tom, „hat man über WESER5 Diakoniezentrum, sie waren sehr Moment ist das schwieriger, „gerade in der zu tun und mit Respekt.“ Nachts schlafen Tom den Tag was zu tun und am Ende des Monats nett.“ Nach fast einem Jahr unter dem Dach Gegend um den Frankfurter Hauptbahnhof und seine Freundin selten durch. „Wir wer- würde man sehen, was man gemacht hat“.
IV WOHNUNGSLOSENHILFE – DIAKONISCHES WERK FÜR FRANKFURT UND OFFENBACH NR. 46 / 14. NOVEMBER 2021 „Je länger jemand auf der Straße lebt, desto schwieriger ist der Weg in ein anderes Leben“ Diakonie-Expertin Karin Kühn über wohnungslose EU-Bürger:innen und Deutsche auf der Straße Frau Kühn, wie ist die rechtliche Situation von Küchenhilfe angestellt zu werden? EU-Bürger:innen, die in Deutschland Fuß fas- sen wollen, aber auf der Straße landen? KÜHN: EU-Bürger:innen ohne angemeldeten Wohnsitz haben keinen Anspruch auf einen KARIN KÜHN: Grundsätzlich gilt der freie Zu- Sprachkurs, aber im Tagestreff des WESER5 gang zum deutschen Arbeitsmarkt aufgrund Diakoniezentrums bietet ein Ehrenamtlicher der Freizügigkeitsregelungen innerhalb der einen Deutschkurs an. Allerdings sind nur EU. Auf der Straße lebt nur ein sehr kleiner Teil wenige dazu zu motivieren, daran teilzuneh- der EU-Bürger:innen, denen es aus unter- men. Klar ist: Menschen aus Südosteuropa, schiedlichen Gründen kaum gelingt, hier er- die hier vom Flaschensammeln und Betteln werbstätig zu sein. Manche kommen in unsere leben und trotzdem bleiben, haben in ihren Einrichtungen, wo wir ihnen Hilfe anbieten. Herkunftsländern noch schlechtere Lebens- bedingungen. Unter welchen Voraussetzungen erhalten EU- Bürger:innen denn überhaupt Unterstützung? Eng verzahnt mit dem WESER5 Diakoniezen- trum arbeitet die Mehrsprachige Beratung für KÜHN: Nur wer hier einer regulären Arbeit EU-Bürger:innen MIA. Was tut MIA? nachgeht, erwirbt auch Anspruch auf Ar- beitslosengeld II und im Falle von Woh- KÜHN: Das multinationale Team unterstützt nungslosigkeit Anspruch auf eine Unterkunft. die Aufsuchende Straßensozialarbeit des Karin Kühn leitet beim Diakonischen Werk die Wohnungslosenhilfe in Frankfurt und Offenbach. Das heißt, jemand, der keine Arbeitsstelle WESER5 Diakoniezentrums und eine Bulga- findet, erhält auch keine Sozialleistungen. risch sprechende Mitarbeiterin von MIA Auch Menschen, die hier geboren sind, Grundsätzlich gilt: Je länger jemand auf der übersetzt regelmäßig im Tagestreff bei deutsch sprechen und einen Beruf erlernt ha- Straße lebt, desto schwieriger wird der Weg Was sind denn die Haupthindernisse, hier- Sprachproblemen. MIA ist vor allem für be- ben, leben in Frankfurt auf der Straße. Wie in ein anderes Leben. Die Aufsuchende So- zulande einen Job zu bekommen? dürftige und in prekären Wohnverhältnissen werden sie unterstützt? zialarbeit baut Kontakte zu denjenigen auf, lebende EU-Bürger:innen tätig. Wer hier als die noch nicht im Hilfesystem angekommen KÜHN: Fehlende berufliche Qualifikationen, EU-Bürger:in den Job verliert, hat lediglich KÜHN: Wer ein Jahr in Frankfurt gelebt hat, sind, zum Beispiel, weil sie psychisch er- wenige Sprachkenntnisse und zudem kom- sechs Monate lang Anspruch auf Sozialleis- kann sich beim Amt für Wohnungswesen re- krankt sind, Suchtprobleme haben oder men auch Menschen mit Suchtabhängigkeit, tungen. Ist danach keine neue Arbeit in Sicht, gistrieren lassen. In der Regel vergehen zwei ganz isoliert leben. Die Sozialarbeiter:innen gesundheitlichen und psychischen Proble- droht oft der Wohnungsverlust. Manche le- bis drei Jahre bis zum ersten Wohnungs- ebnen den Weg zum Hilfesystem. Aber der men nach Deutschland. ben auch in privaten Unterkünften und dür- angebot. Menschen, die auf der Straße le- Schritt, die eigene Lebenssituation zu ver- fen sich dort nicht offiziell anmelden, obwohl ben, sind zwar in der vordersten Prioritä- ändern, muss letztlich von den Betroffenen Gibt es Sprachkurse, die Basiskenntnisse ver- sie für ein Bett in einem Mehrbettzimmer bis tenliste, aber auch dort ist die Konkurrenz selbst ausgehen. Wir können sie nur dazu mitteln, um zum Beispiel als Putzkraft oder zu 300 Euro im Monat bezahlen. um eine bezahlbare Wohnung sehr groß. ermutigen. „Hier, in der Diakonie, kann die Seele aufatmen“ Das Zentrum für Frauen ist ein sicherer Ort für wohnungslose Frauen in Frankfurt Seit mehr als 100 Jahren finden wohnungs- Partnerschaft ausziehen mussten und des- matet ist, wird die Post für 268 Frauen hinter- lation. „Häufig leiden sie unter mehrfachen lose Frauen im Zentrum für Frauen ver- halb wohnungslos wurden, andere konnten legt. Rund 250 Frauen besuchten 2020 den gesundheitlichen Einschränkungen und schiedene Hilfen unter einem Dach. 2020 ihre überteuerten Unterkünfte von ihrem ge- Tagestreff, manche kamen täglich, andere schweren seelischen Krisen.“ meldeten sich mehr Frauen in der Bera- ringen Einkommen nicht mehr bezahlen. nur ab und zu, beispielsweise, um die Küche Im 17 Ost-Tagestreff können diese Frauen tungsstelle, weil sie finanzielle Hilfen benö- 2020 gab es insgesamt 753 Fälle von Frauen, zu nutzen, am PC zu recherchieren, Doku- zur Ruhe kommen: „Hier kann die Seele auf- tigten, denn sie hatten ihren Arbeitsplatz die sich zum Thema Wohnungslosenhilfe be- mente auszudrucken oder Wäsche zu wa- atmen“, sagte eine Besucherin. Sozialarbei- verloren oder bezogen nur Kurzarbeiter- raten ließen, 40 Frauen sagten, sie hätten gar schen. „Die Frauen erleben immer wieder ter:innen beraten sie, es gibt kostenlose Ge- geld. keine Unterkunft, 98 übernachteten bei Be- Gewaltsituationen“ heißt es im Jahresbericht sundheitskurse und Bildungsangebote sowie kannten. 2020 des Tagestreffs. Finanziell lebten die Be- Malkurse. Insgesamt verzeichnete der 17 Ost- Frauen ließen sich zudem beraten, weil sie Im 17 Ost-Tagestreff für Frauen, das im sucherinnen oft unter dem Existenzmini- Tagestreff im Zentrum für Frauen 7102 Besu- nach einer Trennung aus einer gewaltvollen Erdgeschoss des Zentrums für Frauen behei- mum, und zudem in gesellschaftlicher Iso- che im Jahr 2020. Von der Straße in die eigene Wohnung Die Angebote des WESER5 Diakoniezentrums im Bahnhofsviertel sind in Zeiten von Corona sehr gefragt Die Zahl der ausgegebenen Essen im Tages- sönliche Gespräche geführt. Der zeitliche Straße und suchte insgesamt 114 Obdachlose ner mit einem qualifizierten Schulabschluss. treff des WESER5 Diakoniezentrums kletterte Umfang pro Beratung wuchs stark, weil der auf. 39 Prozent haben einen Hauptschul- 2020 auf 34 000, 2019 waren es 23 500. Kontakt zu Behörden und anderen Institutio- Da viele aus Angst vor Corona weit aus- abschluss, 16 Prozent Mittlere Reife und nen coronabedingt sehr erschwert war. einanderliegende Schlafplätze wählten, wur- knapp 18 Prozent Hochschulreife. Rund 62 150 Besucher:innen kamen 2020 pro Tag in 600 Postadressen für Menschen ohne Mel- de ein PKW eingesetzt, um sie regelmäßig zu Prozent verfügen zudem über eine Berufs- den Tagestreff im Untergeschoss der Dia- deadresse werden verwaltet. Fast 60 Prozent besuchen und mit Schlafsäcken, Isomatten, ausbildung. 60 Prozent sind alkoholkrank koniekirche, die größte Gruppe bildeten EU- der Menschen, die in die Soziale Beratungs- heißen Getränken und warmer Kleidung zu und rund 70 Prozent sind verschuldet. Bürger:innen aus Rumänien und Bulgarien. stelle kamen, haben einen Schulabschluss, 23 versorgen. Auch die Hinweise von Bürger:in- Die WESER5 Notübernachtung mit acht Rund 65 Prozent der Besucher:innen hatten Prozent erhalten Lohnzahlungen. 18 Rat- nen nahmen zu, die Sensibilität für Menschen Plätzen wurde 2020 von 178 Männern ge- keinen festen Wohnsitz, unter ihnen sind viele suchende erhielten mit Unterstützung der auf der Straße wächst, heißt es im WESER5 nutzt, eine Auslastung von 92 Prozent. psychisch Erkrankte. Beratungsstelle einen Mietvertrag. Tätigkeitsbericht 2020. Die WESER5 Aufsuchende Sozialarbeit am In der Sozialen Beratungsstelle des WESER5 Die WESER5 Straßensozialarbeit zählte Im WESER5 Übergangswohnhaus mit ins- Flughafen Frankfurt zählte 2020 1946 Kontak- Diakoniezentrums wurden 2020 2580 per- 2020 1056 Kontakte zu Menschen auf der gesamt 39 Plätzen stieg der Anteil der Bewoh- te, fast 50 Prozent mehr als 2019. Ein Zuhause auf Zeit IMPRESSUM Beim Sozialdienst Offenbach sind Beratung und Lebensmittelgutscheine gefragt Beilage in der Evangelischen Sonntags-Zeitung. V.i.S.d.P.: Im Sozialdienst Offenbach Wohnungsnotfall- ben ein Faxgerät oder einen Scanner zu Hau- ternotübernachtung in der Teestube wurde Evangelischer Regionalverband hilfe verzeichnet die Fachberatung auch im se, wenn sie überhaupt ein Zuhause haben“, binnen eines Monats 176 Mal genutzt. Frankfurt und Offenbach zweiten Jahr unter Corona-Bedingungen sagt Thomas Quiring, der den Sozialdienst Of- Die Nachfrage nach Lebensmittelgut- Fachbereich II Diakonisches Werk einen konstant großen Beratungsbedarf. fenbach Wohnungsnotfallhilfe leitet. scheinen ist gestiegen. Gerade am Monatsen- für Frankfurt und Offenbach, Zum Sozialdienst Offenbach gehört auch de wird das Geld meist knapp, etwa für Men- Kurt-Schumacher-Straße 31, Die Hilfe beim Ausfüllen von Formularen die Kurzübernachtung für wohnungslose schen in schlecht bezahlten Jobs, für diejeni- 60311 Frankfurt am Main, ist weiterhin stark nachgefragt, denn nach wie Männer mit fünf Plätzen sowie das stationäre gen, die auf Pfandflaschensammeln angewie- Leiter: Dr. Michael Frase vor ist der Zugang zu Behörden für Publikum Wohnen für Männer mit 17 Plätzen. „Wir hat- sen sind und für Menschen, für die der ALG II- Konzept, Redaktion: Susanne Schmidt-Lüer, noch nicht wieder in dem Umfang möglich ten dort eine gute Auslastung“, sagt Thomas Satz einfach nicht ausreicht. „Wir geben je- Dagmar Keim-Hermann wie vor Corona. Der Aufforderung, Anträge zu Quiring. 6880 Übernachtungen verzeichnete weils Lebensmittelgutscheine im Wert von Texte: Susanne Schmidt-Lüer mailen, zu faxen oder einzuscannen können die Diakonie in Offenbach im Jahr 2020. Die zehn Euro aus, dafür sind wir allerdings auf Fotos: Christoph Boeckheler (3), Rolf Oeser, viele nicht nachkommen: „Die wenigsten ha- im eiskalten Winter 2021 neueröffnete Win- Spenden angewiesen“, sagt Quiring. David-W- / photocase.de
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