Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse zur An- siedlung eines Edeka Supermarktes in Stadtilm, Weimarische Straße
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Fokussiert auf die Zukunft von Stadt und Land. Seit 1988. Stadt+Regionalentwicklung Städtebauliche Verträglichkeitsanalyse zur An- Handel Marketing siedlung eines Edeka Supermarktes in Stadtilm, Digitale Stadt Management Weimarische Straße Wirtschaftsförderung Immobilien Überprüfung gemäß § 34 Abs. 3 BauGB CIMA Beratung + Management GmbH Walter-Heinze-Str. 27 04229 Leipzig T 0341-69603-0 cima.leipzig@cima.de München Stuttgart Forchheim Projektleitung: Dipl.-Geogr. Martin Kremming Frankfurt a.M. Bearbeitung: Dipl.-Geogr. Katharina Groß Köln Leipzig Leipzig, April 2020 Berlin Hannover Lübeck Ried (AT) www.cima.de
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Nutzungs- und Urheberrechte Die vorliegende Ausarbeitung ist durch das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) und andere Gesetze ge- schützt. Die Urheberrechte verbleiben bei der CIMA Beratung + Manage- ment GmbH. Der Auftraggeber kann die Ausarbeitung innerhalb und außerhalb seiner Organisation verwenden und verbreiten, wobei stets auf die angemessene Nennung der CIMA Beratung + Management GmbH als Urheber zu achten ist. Jegliche - vor allem gewerbliche - Nutzung darüber hinaus ist nicht ge- stattet, sofern nicht eine gesonderte Vereinbarung getroffen wird. Veranstalter von Vorträgen und Seminaren erwerben keinerlei Rechte am geistigen Eigentum der CIMA und ihrer Mitarbeiter. Inhalte von Präsenta- tionen dürfen deshalb ohne schriftliche Genehmigung nicht in Dokumen- tationen jeglicher Form wiedergegeben werden. Haftungsausschluss gutachterlicher Aussagen Für die Angaben in diesem Gutachten haftet die CIMA gegenüber dem Auftraggeber im Rahmen der vereinbarten Bedingungen. Dritten gegen- über wird die Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der im Gut- achten enthaltenen Informationen (u.a. Datenerhebung und Auswertung) ausgeschlossen. Sprachgebrauch Aus Gründen der Lesbarkeit wird bei Personenbezügen die männliche Form gewählt. Die Angaben beziehen sich jedoch immer auf Angehörige aller Geschlechter, sofern nicht ausdrücklich auf ein Geschlecht Bezug genom- men wird. 2
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Inhalt 1 Auftrag / Rechtsgrundlagen für die Bewertung der vorliegenden Einzelhandelsansiedlung nach § 34 Abs. 3 BauGB / Projektdaten ............................................................... 5 1.1 Auftrag ...................................................................................... 5 1.2 Rechtsgrundlagen für die Bewertung der vorliegenden Einzelhandelsansiedlung nach § 34 Abs. 3 BauGB ................. 5 1.3 Projektdaten .............................................................................. 7 2 Einzelhandelsstandort „Stadtilm“ / Projektstandort „Weimarische Straße“ ............................................................... 9 2.1 Einzelhandelsstandort „Stadtilm“ ........................................... 9 2.2 Projektstandort „Weimarische Straße“ .................................. 9 3 Einzugsgebiet des Edeka Supermarktes in Stadtilm ............ 12 3.1 Einzugsgebiet und Bevölkerung ............................................ 12 3.2 Kaufkraft im Einzugsgebiet ................................................... 13 4 Wettbewerbsanalyse ............................................................... 14 5 Ökonomische Wirkungsanalyse ............................................. 17 5.1 Umsatzerwartung ................................................................... 17 5.2 Auswirkungsanalyse ............................................................... 17 6 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse / Auswirkungen gemäß § 34 Abs. 3 BauGB ............................. 20 Anlage ......................................................................................... 22 3
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Abbildungen Abb. 1: Lageplan des projektierten Edeka Supermarktes .............................................. 8 Karten Karte 1: Projektstandort des Edeka Supermarktes in Stadtilm .................................. 10 Karte 2: Einzugsgebiet des Edeka Supermarktes in Stadtilm ..................................... 12 Karte 3: Lage der Hauptwettbewerber im Hauptort Stadtilm .................................... 15 Fotos Foto 1: Projektstandort des Edeka Supermarktes............................................................. 7 Foto 2: Hochverdichtete Wohnbebauung am Projektstandort................................ 10 Foto 3: Nördlicher Bereich des Marktplatzes Stadtilm ................................................ 15 4
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 1 Auftrag / Rechtsgrundlagen für die Bewertung der vorliegen- den Einzelhandelsansiedlung nach § 34 Abs. 3 BauGB / Pro- jektdaten 1.1 Auftrag 1.2 Rechtsgrundlagen für die Bewertung Erstellung einer Verträglichkeitsanalyse zur Ansiedlung eines Edeka Super- der vorliegenden Einzelhandelsansied- marktes in der Weimarischen Straße 52b in der Stadt Stadtilm gemäß § 34 Abs. 3 BauGB. lung nach § 34 Abs. 3 BauGB Der hier projektierte Edeka Supermarkt ist in Absprache mit dem Auftrag- Auftraggeber geber und der Genehmigungsbehörde auf Basis der Festlegungen des INNOVA Bau GmbH § 34 Abs. 3 zu prüfen. Gumpersdorfer Weg 7 95346 Stadtsteinach Gemäß § 34 Abs. 1 BauGB sind Einzelhandelsprojekte grundsätzlich ge- nehmigungsfähig, wenn sie sich in die bauliche Eigenart der näheren Um- gebung einfügen und die Erschließung gesichert ist. Der Absatz 3 des Ge- Analysezeitraum setzes führt in diesem Zusammenhang aber ergänzend aus, dass keine März - April 2020 schädlichen Auswirkungen auf Zentrale Versorgungsbereiche in der eige- nen Gemeinde oder anderen Gemeinden von dem Einzelhandelsprojekt ausgehen dürfen. Der Begriff des „Zentralen Versorgungsbereiches“ ist als Planungskategorie erstmals mit der Neuregelung des § 34 Abs. 3 BauGB in das Baurecht eingeführt worden. Zentrale Versorgungsbereiche zeichnen sich durch ein gemischtes Ange- bot an öffentlichen und privaten Versorgungseinrichtungen (Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen, Handwerksbetriebe, Büronutzungen, Wohnungen) aus, die städtebaulich und funktional eine Einheit bilden. Die Vielfalt der erforderlichen Angebote hängt von der Funktion des Zentralen 5
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Versorgungsbereiches ab. Die für einen Zentralen Versorgungsbereich Nach den Ergebnissen einer Langzeitstudie sind wirtschaftliche Auswir- i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB (in ländlichen Gemeinden auch Grund- oder Nah- kungen auf Einzelhandelsgeschäfte im Einzugsbereich eines Einzelhan- versorgungszentrum) zumindest erforderliche Sicherstellung einer woh- delsprojektes in der Regel erst ab einem Umsatzverlust zwischen 10 % und nortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den 20 % relevant.2 Der Literatur und der Rechtsprechung lässt sich die Ten- kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt. Dabei denz entnehmen, dass selbst diese Prozentsätze lediglich Bedeutung für muss das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs aber nur die Frage der Abwägungsrelevanz eines Einzelhandelsgroßprojektes ha- die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbeson- ben, nicht jedoch schon zwangsläufig die Obergrenze für noch zumutbare dere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln. Ein- Auswirkungen markieren. zelne Lebensmittelhandwerker oder Apotheken (für Drogeriewaren) rei- chen für eine Grundversorgung jedoch nicht aus.1 Unzumutbar im Sinne eines „Hindernisschwellenwertes“ ist ein Kaufkraft- abfluss nach der obergerichtlichen Rechtsprechung zumeist erst dann, Ein maßgebliches Beurteilungskriterium für die Auswirkungen von Plan- wenn die Umsatzumverteilung deutlich mehr als 10 % beträgt. Genannt vorhaben ist die Umsatzumlenkungsquote, die in Mio. € und in % ausge- wird – allerdings abhängig unter anderem vom maßgeblichen Sortiment drückt wird. Allerdings bedeutet nicht jeder Kaufkraftabfluss eine unzu- – ein Mindestwert von etwa 20 bis 25 %.3 Das VG Göttingen hat in seinem mutbare Auswirkung. Denn die Veränderung der bestehenden Wettbe- Beschluss vom 10.03.2004, 2 B 51/04 einen zwischengemeindlichen Um- werbslage allein ist baurechtlich irrelevant. Vielmehr ist eine Wirkungsin- satzabfluss von bis zu 20 % für vertretbar gehalten und die Berufung zum tensität erforderlich, die sog. „städtebauliche Effekte“ nach sich zieht OVG zugelassen. Neuere Rechtsprechungen gehen demnach davon aus, (Schließen von Einzelhandelsbetrieben mit städtebaulichen Folgen, wie dass erst bei einer Kaufkraftumlenkung von etwa 20 % schädliche Auswir- Verödung einer Innenstadt, Unterversorgung der Bevölkerung, Funktions- kungen zu erwarten sind.4 Einschränkend muss angefügt werden, dass die verlust des Zentralen Versorgungsbereiches). Abwägung in Abhängigkeit vom Standort erfolgt. Außerdem geht die cima bei der Bewertung von Vorhaben davon aus, dass die reine Berech- nung der Umsatzumlenkungsquote nicht allein ausschlaggebend für oder Bei der Beurteilung des Kaufkraftabzuges ist zwischen dem „Abstim- gegen die Realisierung eines Planvorhabens sein sollte. Es bleibt bei der mungsschwellenwert“ einerseits und dem „Hindernisschwellenwert“ ande- Abwägung zu bedenken, dass der Umsatzabfluss nur ein Indiz im Sinne rerseits zu unterscheiden. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage ei- eines „Anfangsverdachtes“ ist. nes numerisch-präzisen Schwellen- oder Rahmenwertes bislang offenge- lassen. Gesunde Einzelhandelsstrukturen sind z.B. bezüglich der Verträglichkeit anders zu bewerten als Zentren, die bereits durch „Trading-Down-Effekte“ 1 Vgl. VGH Baden-Württemberg Urteil vom 20.4.2012, 8 S 198/11 4 Vgl. Prof. Dr. Berkemann, Großflächiger Einzelhandel: Auswirkungen der Entscheidungen 2 Moench/Sandner, Die Planung für Factory-Outlet-Center, NVwZ 1999, 337. des Bundesverwaltungsgerichts auf die kommunale Praxis, Hannover 2006. 3 OVG Koblenz, Urteil vom 25.04.2001, 8 A 11441/00, NVwZ-RR 2001, 638 = BauR 2002, 577; VGH München, Urteil vom 07.06.2000, 26 N 99.2961, NVwZ-RR 2001, 88 = BRS 63 Nr. 62. 6
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 gekennzeichnet sind. Maßgeblich sind bei Bewertungen letzten Endes er- Foto 1: Projektstandort des Edeka Supermarktes hebliche städtebauliche Funktionsverluste. Als Richtwert für die Verträglichkeit eines Vorhabens verwendet die cima im Allgemeinen die oben genannte 10 %-Grenze als wesentli- chen Bewertungsmaßstab. Je nach der Situation vor Ort sind dabei jedoch branchenspezifische Abweichungen (nach oben und unten) grundsätzlich möglich, um den speziellen Gegebenheiten des Einzel- falls gerecht zu werden. Umsatzumverteilungsquoten im Bereich von 10 % und mehr werden nachfolgend für jedes tangierte Sortiment vertiefend diskutiert und gutachterlich bewertet. 1.3 Projektdaten Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2020 Der projektierte Edeka Supermarkt soll an der Weimarischen Straße, am ehemaligen Standort des verlagerten Netto Lebensmitteldiscounters, er- richtet werden (vgl. Foto 1). Nach dem Abriss der aktuell leer stehenden Nordöstlich des Neubaus sind ebenerdige PKW-Stellplätze projektiert. Die Altimmobilie und dem Neubau soll der Supermarkt dann über eine Ver- Zufahrt erfolgt von der Weimarischen Straße aus (vgl. Abb. 1). kaufsfläche von 1.500 m² verfügen. 7
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Abb. 1: Lageplan des projektierten Edeka Supermarktes Quelle: Architekt Dipl.-Ing. (FH) Klaus Bornschlegel 2020 8
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 2 Einzelhandelsstandort „Stadtilm“ / Projektstandort „Weima- rische Straße“ 2.1 Einzelhandelsstandort „Stadtilm“ Die Siedlungsstruktur Stadtilms ist kleinteilig und mit 22 Ortsteilen recht weitläufig zersiedelt. Der Hauptort Stadtilms mit Oberilm wird maßgeblich durch die Lage in einem Flusstal geprägt. Entlang der Ilm und der B 87 Die thüringische Stadt Stadtilm wurde landesplanerisch als „Grundzent- erstreckt sich hier der Stadtkörper weitgehend bandförmig, auf einer rum“ eingestuft und hat somit die Aufgabe für ihre eigene Bevölkerung Länge von etwa 3,5 km. Die übrigen Ortsteile verteilen sich auf einer Fläche sowie den Menschen im zugeordneten Grundversorgungsbereich die von insg. ca. 120 km². Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen zu übernehmen und sicherzustellen.5 Bei den nächstgelegenen Mittelzentren handelt es sich Aktuell wohnen im Stadtgebiet 8.420 Menschen.6 In den vergangenen um Arnstadt (ca. 14 km Distanz) und Ilmenau (ca. 18 km Distanz). Die Lan- zehn Jahren verzeichnete Stadtilm in diesem Zusammenhang leider einen deshauptstadt Erfurt ist als Oberzentrum ausgewiesen und liegt ca. 27 km leichten Bevölkerungsrückgang. Die Einwohnerzahl nahm seit 2008 um ca. nördlich von Stadtilm entfernt. 510 Personen ab. Stadtilm ist verkehrlich prinzipiell gut erreichbar. Die Bundesautobahn 71 (Schweinfurt – Suhl – Erfurt) quert das Stadtgebiet an seinem westlichen 2.2 Projektstandort „Weimarische Straße“ Rand in Nord-Süd-Richtung. Über die Anschlussstelle „Stadtilm“ und die Bundesstraße 90n ist der Hauptort nur etwa 7 Fahrkilometer entfernt. Eine Der Standort des zur Ansiedlung vorgesehenen Edeka Supermarktes be- wichtige Rolle als regionaler Verbindungsweg spielt darüber hinaus die findet sich im Norden des Hauptortes Stadtilm an der Weimarischen Bundesstraße 87 (Bad Berka – Ilmenau), die durch den Hauptort verläuft. Straße, die zugleich die Bundesstraße 87 ist und als solche den Ort quert. Das Projektgelände ist ca. 500 m vom historischen Ortszentrum Stadtilms Auch an den öffentlichen Personennahverkehr ist die Stadt gut ange- (Markt) entfernt und befindet sich in einem Gewerbegebiet östlich der schlossen. Mehrere Regionalbuslinien fahren den Ort an. Darüber hinaus Weimarischen Straße / B 87 (vgl. Foto 1). Hier ist auch der neu errichtete existiert ein Bahnanschluss. Hier verkehren Züge der Erfurter Bahn nach Netto Lebensmitteldiscounter ansässig. Westlich der Straße befinden sich Erfurt und Saalfeld. mehrere vier- bis fünfgeschossige Mehrfamilienhäuser, so dass im fußläu- figen Umfeld ein beachtliches Bevölkerungsaufkommen zu konstatieren ist (vgl. Foto 2). Über einen direkten ÖPNV-Anschluss verfügt das Areal indes nicht. 5 Der Grundversorgungsbereich umfasst neben der Stadt Stadtilm die Gemeinden Bösle- 6 Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik, Stand: 31.12.2018. ben-Wüllersleben und Witzleben (s. Regionalplan Mittelthüringen 2011 Ziel 1-2). 9
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Foto 1: Gewerbeimmobilien nördlich des Projektstandortes Karte 1: Projektstandort des Edeka Supermarktes in Stadtilm Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2020 Foto 2: Hochverdichtete Wohnbebauung am Projektstandort Die wichtigsten Eigenschaften des Projektstandortes der Firma Edeka kön- nen in positive und negative Kriterien eingeteilt werden. Nachfolgend wer- den diese Aspekte im Überblick präsentiert: Positive Standortfaktoren ▪ Zentralörtliche Funktion Stadtilms als Grundzentrum. ▪ Revitalisierung eines gewerblichen Leerstandes. ▪ Siedlungsstrukturelle Integration / fußläufige Nahlage eines verdichte- ten Wohnquartiers / Nahversorgungsfunktion. ▪ Nachhaltige Qualifizierung eines eingeführten Handelsstandortes. Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2020 10
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Negative Standortfaktoren ▪ Bevölkerungsrückgang in Stadtilm. ▪ Kein ÖPNV-Haltepunkt am Vorhabenstandort. In der Zusammenschau aller Eigenschaften ist der Projektstandort des Edeka Supermarktes in der Weimarischen Straße als siedlungsstruk- turell integriert zu klassifizieren. Ein verdichtetes Wohnquartier be- findet sich unmittelbar am Projektstandort, so dass eine Nahversor- gungsfunktion des Supermarktes konstatiert werden kann. Das Planareal ist aufgrund seiner Lage an der zentralen Verkehrsachse Stadtilms (B 87) auch für PKW-Kunden aus dem restlichen Stadtge- biet gut erreichbar. 11
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 3 Einzugsgebiet des Edeka Supermarktes in Stadtilm Karte 2: Einzugsgebiet des Edeka Supermarktes in Stadtilm 3.1 Einzugsgebiet und Bevölkerung Zur Bestimmung der potenziell erschließbaren Kaufkraft von Einzelhandels- betrieben ist es notwendig ein Einzugsgebiet abzugrenzen, in dem die Konsumenten – zumindest teilweise – auf den Projektstandort orientiert sein werden. Der Grad der Fokussierung hängt dabei vor allem von der Wettbewerbssituation, der verkehrlichen Erreichbarkeit und der Attraktivi- tät im Vergleich mit anderen Einkaufsorten derselben Branche ab. Bei der konkreten Abgrenzung des Einzugsgebietes für den mit ca. 1.500 m² Verkaufsfläche projektierten Edeka Supermarkt wurden vor allem fol- gende Einflussfaktoren in die Betrachtung einbezogen: ▪ Die Marktreichweite des neuen Supermarktes. ▪ Der Standort als gelernter Einkaufsort aufgrund des seit Jahren ansäs- sigen Netto Lebensmitteldiscounters. ▪ Die verkehrliche Erreichbarkeit des Standortes für verschiedene Ver- kehrsträger. ▪ Die Kopplungseffekte durch den Standortverbund mit einem Lebens- Der projektierte Edeka Supermarkt wird unter Berücksichtigung der ge- mitteldiscounter. nannten Einflussfaktoren nach gutachterlicher Einschätzung ein Einzugsge- ▪ Die Verteilung von Konkurrenzbetrieben und die allgemeine Wettbe- biet ausbilden, welches neben der Stadt Stadtilm noch die Gemeinden Bös- werbssituation (vgl. Kapitel 4 „Wettbewerbsanalyse“). leben-Wüllersleben und Witzleben umfasst (vgl. Karte 2). Limitierend auf die Größe des Einzugsgebietes wirken sich die umliegenden Mittelzentren Arnstadt (ca. 14 km Distanz) und Ilmenau (ca. 18 km Distanz) sowie das Oberzentrum Erfurt (ca. 27 km Distanz) und der mittelzentrale 12
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Städteverbund Rudolstadt/Saalfeld/Bad Blankenburg mit Teilfunktionen Mittelpunkt stehen hierbei die Kernsortimente eines Lebensmittelsuper- eines Oberzentrums (ca. 20 km Distanz) aus. Hier befinden sich großflä- marktes (= Lebensmittel). In diesem Warenbereich ist mit folgender Pro- chige Supermärkte in Solitärlagen oder eingebunden in Einzelhandelsag- Kopf-Ausgabe zu rechnen: glomerationen, so dass eine Vergrößerung des Einzugsgebietes durch die Ansiedlung eines großen Supermarktes mit 1.500 m² Verkaufsfläche nicht ▪ Lebensmittel ca. 2.240 €. möglich ist. Aktuell leben in dem so abgegrenzten Einzugsgebiet 9.674 Menschen.7 Ca. Im Rahmen der Ermittlung des Kaufkraftvolumens innerhalb des projekt- 87 % davon entfallen auf das Stadtgebiet von Stadtilm, ca. 13 % auf das bezogenen Einzugsgebietes ist darüber hinaus die sog. „Kaufkraftkennzif- ländlich geprägte Umland. In seiner Ausdehnung entspricht dieses Ein- fer“ zu berücksichtigen. Sie gibt lokale Kaufkraftniveauunterschiede im Ver- zugsgebiet dem regionalplanerisch ausgewiesenen Grundversorgungsbe- gleich mit dem bundesweiten Durchschnitt wieder. Der Wert liegt in Stad- reich des Grundzentrums Stadtilm. tilm nach Angaben der Firma MB Research bei ca. 88,1 und in Bösleben- Wüllersleben und Witzleben (nach Einwohnern gewichtet) bei ca. 90,2.9 Un- ter Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt (100,0) ist also ein relativ niedriges Kaufkraftniveau im Einzugsgebiet zu konstatieren. 3.2 Kaufkraft im Einzugsgebiet Führt man nunmehr alle ermittelten Einwohner- und Nachfragedaten zu- Zur Ermittlung der Kaufkraft im Einzugsgebiet verwendet die CIMA aktuelle sammen, dann ergibt sich im Einzugsgebiet des geplanten Edeka Super- Kaufkraftdaten, welche insgesamt für über 30 Einzelsortimente vorliegen. marktes im Lebensmittelsektor ein Kaufkraftvolumen von ca. 19,1 Mio. €. Bezogen auf die zwei periodischen Bedarfsbereiche ist demnach von fol- Davon entfallen ca. 16,6 Mio. € auf die Stadt Stadtilm und ca. 2,5 Mio. € auf genden Pro-Kopf-Ausgaben auszugehen: die Gemeinden Bösleben-Wüllersleben und Witzleben. ▪ Periodischer Bedarf ca. 2.764 € Lebensmittel sind – wie bereits erwähnt – als „Kernsortimente“ des geplan- ▪ Aperiodischer Bedarf ca. 2.801 €. ten Supermarktes einzustufen. Sie stehen deshalb im Mittelpunkt der Be- trachtung des hier vorgelegten Verträglichkeitsgutachtens. Selbstverständ- Insgesamt liegt die Pro-Kopf-Kaufkraft für alle Warengruppen des Einzel- lich wird das Planobjekt aber auch in gewissem Umfang Kaufkraft mit handels somit bei ca. 5.565 €.8 Zur Kalkulation des speziell vom projektier- Randsortimenten des Nonfood-Sektors bzw. mit „Aktionswaren“ binden. ten Edeka Supermarkt erschließbaren Nachfragepotenzials ist es indes not- Der Umsatzanteil solcher Sortimente erreicht in Edeka Märkten nach CIMA- wendig, sortimentsspezifische Kaufkraftwerte zu verwenden. Im Erfahrungswerten einen maximalen Wert von ca. 15 %. 7 Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik, Stand: 31.12.2018. 9 MB Research, Nürnberg 2019. 8 Die Angabe zur Pro-Kopf-Kaufkraft beinhaltet keine verschreibungspflichtigen Apothe- kenwaren. 13
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 4 Wettbewerbsanalyse Nachfolgende Wettbewerbsanalyse basiert auf Erhebungen, die die CIMA umsatz (ohne Nonfood) von ca. 16,8 Millionen €. Der Gesamtumsatz (inkl. Anfang April 2020 vor Ort durchgeführt hat. Dabei wurden alle Betriebe Nonfood) lag bei ca. 18,9 Millionen €. des Lebensmittelsektors (u.a. Supermärkte, Lebensmitteldiscounter, Le- bensmittelgeschäfte, Lebensmittelhandwerker) erfasst. Erhoben wurde die Stadtzentrum der Stadt Stadtilm Lage, die Firmierung, die Branche, der Betriebstyp und die Verkaufsfläche. Die Größe der Verkaufsräume war dann Ausgangspunkt für eine Umsatz- §34 Abs. 3 BauGB bestimmt, dass von Ansiedlungsvorhaben keine schädli- schätzung auf Basis realistischer Flächenproduktivitäten, die – in Abhän- chen Auswirkungen auf Zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten sein gigkeit von der jeweiligen Leistungsfähigkeit der Betriebe und der beo- dürfen. Häufig werden von Kommunen Zentrale Versorgungsbereiche in bachteten Kundenfrequenz – schließlich noch an die individuelle Standort- Einzelhandels- und Zentrenkonzepten abgegrenzt. Neuansiedlungen oder situation angepasst wurden. Erweiterungen von Einzelhandelsbetrieben außerhalb dieser immobilien- scharf abzugrenzenden, vom Stadtrat zu beschließenden und baupla- nungsrechtlich zu sichernden Teilräume, dürfen Geschäfte in „Zentralen Die Hauptwettbewerber des hier in Rede stehenden Edeka Supermarktes Versorgungsbereichen“ in ihrer Funktion nicht wesentlich beeinträchtigen konzentriert sich auf den Hauptort der Stadt Stadtilm. Strukturprägend oder gar städtebauliche Fehlentwicklungen (zum Beispiel „Leerstandsbil- sind hier die vier Lebensmittelmärkte Netto, Nahkauf (2x) und Norma (vgl. dung“) auslösen. Karte 3). Neben diesen Betrieben sind darüber hinaus auch noch Kleinbe- Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass Stadtilm über kein Einzelhan- triebe ansässig. Dabei handelt es sich in Stadtilm um 12 Lebensmittelhand- dels- und Zentrenkonzept verfügt. Insofern ist zu prüfen, ob in der Stadt werker (7 Bäcker, 5 Fleischer), 2 Getränkemärkte und 2 kleine Getränkege- einer oder mehrere faktische Zentrale Versorgungsbereiche vorhanden schäfte, 4 Lebensmittelgeschäfte, 3 Spezialgeschäfte sowie zwei Tankstel- sind. lenshops. Die Erdgeschosslagen des Marktplatzes in Stadtilm sind nahezu vollständig In der Gemeinde Bösleben-Wüllersleben befindet sich ein Bäcker, ein Flei- mit kleinflächigen Einzelhandels-, Gastronomie- und sonstigen Dienstleis- scher, ein Lebensmittelgeschäft sowie ein Tankstellenshop. In der Ge- tungsbetrieben belegt (vgl. Foto 3). Allerdings bieten nur zwei Bäcker und meinde Witzleben ist dagegen kein Lebensmittelbetrieb ansässig. ein Fleischer Lebensmittel an. Darüber hinaus gibt es keinen Lebensmittel- oder Drogeriemarkt, um ein zumindest notwendiges Grundversor- Alle Lebensmittelbetriebe innerhalb des Einzugsgebietes erreichen aktuell eine aggregierte Verkaufsfläche von ca. 4.575 m² und generierten nach gutachterlicher Einschätzung im Geschäftsjahr 2019 einen Lebensmittel- 14
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 gungsangebot zu gewährleisten.10 Die für einen Zentralen Versorgungsbe- Nahversorgungsstufe abgegrenzt werden können. Gleichwohl handelt es reich i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB notwendigen Kriterien (vgl. hierzu Kapitel 1.2, sich bei den nahkauf Standorten um städtebaulich integrierte Nahversor- S. 5) erfüllt die Einkaufslage im historischen Stadtzentrum Stadtilms dem- ger mit entsprechender Funktion für das Wohnumfeld. nach nicht. In den Gemeinden Bösleben-Wüllersleben und Witzleben existiert eben- Foto 3: Nördlicher Bereich des Marktplatzes Stadtilm falls kein faktischer Zentraler Versorgungsbereich. In Witzleben ist kein Le- bensmittelanbieter ansässig. Karte 3: Lage der Hauptwettbewerber im Hauptort Stadtilm Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2020 Weitere Hauptwettbewerber im Einzugsgebiet In Stadtilm sind derzeit vier Lebensmittelmärkte ansässig. Dabei handelt es sich um die zwei Lebensmitteldiscounter Norma (Ilmenauer Straße) und Netto (Weimarische Straße) sowie um zwei kleine nahkauf Supermärkte in der Teichgartenstraße und der Feldstraße (vgl. Karte 3). Bis auf Netto han- delt es sich hier um kleinflächige Betriebe < 800 m² Verkaufsfläche. Sie be- finden sich in keiner Einzelhandelsagglomeration, so dass auch hier keine faktischen Zentralen Versorgungsbereiche der Grund- oder 10 Der nächstgelegene Lebensmittelmarkt liegt ca. 250 m westlich des Marktplatzes (nahkauf zwischen dem Markt und dem Lebensmittelmarkt kann hier nicht von einer gemeinsamen in der Teichgartenstraße). Aufgrund fehlender Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe Lage gesprochen werden. 15
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 B-Plan "Quartier Innenstadtmarkt" In der Stadt Stadtilm ist auf einen gültigen B-Plan hinzuweisen, der wett- bewerbsrelevante Wirkungen entfalten kann. Hierbei handelt es sich um den B-Plan "Quartier Innenstadtmarkt", der sich auf das Gebiet zwischen der Bahnhofstraße und Teichgartenstraße sowie der Lindenstraße und der Richard-Koch-Straße bezieht. Hier ist die Ansiedlung eines Lebensmittel- marktes von bis zu 2.000 m² Verkaufsfläche zulässig. Aktuell ist die westli- che Hälfte des Gebietes unbebaut und in der östlichen Hälfte befindet sich einer der beiden kleinen nahkauf Supermärkte. Nach Angaben der Stadt- verwaltung ist hier die Ansiedlung weiterer Einzelhandelsbetriebe jedoch nicht mehr vorgesehen. Der B-Plan soll aufgehoben werden und die Fläche einer Wohnnutzung zugeführt werden. Aktuell ist der B-Plan jedoch rechts- gültig. In der Prognoserechnung der ökonomischen Wirkungsanalyse wird davon ausgegangen, dass der bestehende B-Plan aufgehoben wurde und baurecht- lich hier keine Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes mehr möglich ist. Im Einzugsgebiet konnten keine faktischen Zentralen Versorgungsbe- reiche ermittelt werden. Die Wettbewerbsintensität für den zur An- siedlung vorgesehenen großflächigen Edeka Supermarkt ist aktuell als moderat einzustufen. Insgesamt ist die Ansiedlung eines modernen Supermarktes mit zeitgemäßem Verkaufsflächenkonzept im Grund- zentrum Stadtilm sicherlich wünschenswert, da die zwei kleinen Su- permärkte ein adäquates Angebot nicht offerieren können. Allerdings sind die Marktanteile für Lebensmittel bereits stark gebunden und aufgrund der starken Wettbewerbsstandorte außerhalb des Einzugs- gebietes wird eine Vergrößerung des Einzugsgebietes mit neuer Kauf- kraftbindung nicht möglich sein. Diese Bedingungen werden in Stad- tilm zu einer starken Wettbewerbsauseinandersetzung führen. Eine Veränderung bestehender Wettbewerbslagen allein ist baurechtlich jedoch irrelevant. 16
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 5 Ökonomische Wirkungsanalyse 5.1 Umsatzerwartung einer Prognose seiner betrieblichen Umsatzherkunft. Grundsätzlich sind in diesem Zusammenhang folgende Kategorien zu unterscheiden: Zur Berechnung der Umsätze sind Flächenproduktivitäten zu Grunde ge- legt worden, die sich an der örtlichen Wettbewerbssituation im Untersu- ▪ Streuumsätze von außerhalb des abgegrenzten Einzugsgebietes chungsgebiet orientieren sowie auf Grundlage der durchschnittlichen Flä- chenproduktivitäten (= Brutto-Umsätze je m² VK/Geschäftsjahr) entspre- Umsätze von außerhalb des abgegrenzten Einzugsgebietes, zum Beispiel chender Betriebstypen und vergleichbarer Verkaufsflächendimensionie- durch Arbeitspendler, Zufallskunden oder Touristen, treten insbesondere rungen im Bundesdurchschnitt ermittelt worden sind. dann auf, wenn Planobjekte eine gute verkehrliche Erreichbarkeit aufwei- sen (z.B. Lage an einer Ein- oder Ausfallstraße, an einem zentralen Ver- kehrsknotenpunkt, größere Gewerbebetriebe in der Umgebung) oder Der projektierte Edeka Supermarkt wird demnach in seiner speziellen durch einen Standortverbund von Kundenzuführungseffekten durch an- Standortlage und bei einer perspektivischen Verkaufsfläche von 1.500 m² dere Betriebe profitieren. eine Produktivität von ca. 3.500 € je m² VK erreichen. Sie entspricht einem Jahresumsatz von ca. 5,3 Millionen €. Abzüglich eines Nonfood-Anteils von Streuumsätze werden in die Kalkulation von Umsatzumverteilungen ca. 15 % (ca. 0,8 Millionen €) errechnet sich somit ein reiner Lebensmit- meist nicht einbezogen, weil die konkrete Herkunft der Kunden nicht be- telumsatz von ca. 4,5 Millionen €. kannt oder ermittelbar ist. ▪ Umsätze durch eine Erhöhung der Kaufkraftbindung innerhalb des 5.2 Auswirkungsanalyse Einzugsgebietes Wenn Planobjekte das bestehende Versorgungsangebot ergänzen (z.B. In der Modellrechnung der ökonomischen Wirkungsanalyse wird da- bei Ansiedlung eines „neuen Betriebstyps“) oder qualitativ aufwerten von ausgegangen, dass der bestehende B-Plan "Quartier Innenstadt- (zum Beispiel bei Erweiterung des Sortimentsspektrums, bei Modernisie- markt" aufgehoben wurde und baurechtlich hier keine Ansiedlung ei- rung oder bei Ansiedlung eines besonders leistungsfähigen Betriebes), nes Lebensmittelmarktes mehr möglich ist. kann es zu einer Steigerung der Kaufkraftbindung vor Ort bzw. zu einer Reduzierung von Kaufkraftabflüssen kommen. Die Beurteilung möglicher städtebaulicher Effekte bei Ansiedlung des Edeka Supermarktes an der Weimarischen Straße basiert wesentlich auf Diese Prozesse werden gutachterlich i.d.R. dann nicht als „umsatzumver- teilungsrelevant“ eingestuft, wenn sie in einer Verbesserung der 17
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 wohngebietsnahen Versorgung resultieren oder wenn das Planobjekt in Die prognostischen Kalkulationsergebnisse der Kaufkraftbewegungen einem Zentralen Versorgungsbereich gelegen ist. können im Hinblick auf die städtebauliche Verträglichkeit einer An- siedlung des Edeka Supermarktes in der Weimarischen Straße folgen- dermaßen interpretiert werden: ▪ Umsatzumverteilungen gegenüber Bestandsbetrieben innerhalb des Einzugsgebietes ▪ Aufgrund der Lage an einer Bundesstraße und der Kopplungsvorteile Umsätze, die nicht von Streukunden stammen und nicht durch eine Stei- durch den benachbarten Netto Lebensmitteldiscounter kann der pro- gerung der Kaufkraftbindung im Einzugsgebiet generiert werden, gehen jektierte Edeka Supermarkt ca. 10 % seines Lebensmittelumsatzes, d.h. in der Regel zulasten von Bestandsbetrieben und schmälern deren Um- ca. 0,5 Mio. €, mit Streukunden von außerhalb des abgegrenzten Ein- satzleistung. Dies kann im Extremfall zur Schließung von Geschäften füh- zugsgebietes generieren. Hierbei handelt es sich z.B. um Arbeitspendler, ren und in der Folge zu negativen städtebaulichen Entwicklungen (zum welche die Weimarische Straße/Bundesstraße 87 auf dem Weg zu oder Beispiel „Leerstandsbildung“) oder sogar zu einem teilweisen Funktions- von ihrer Arbeitsstätte nutzen. verlust von Geschäftslagen, etwa bei Wegfall eines Magnetbetriebes. ▪ Aufgrund der aktuell bereits hohen bestehenden Kaufkraftbindung wird Unter Beachtung der vorstehenden Erläuterungen kann auf Basis einer es dem projektierten Edeka Supermarkt nicht gelingen, zusätzliche aus komplexen Gravitationsberechnung (Huff)11 bei einer Ansiedlung des dem Einzugsgebiet abfließende Kaufkraft zu binden. Edeka Supermarktes in der Weimarischen Straße mit der Auslösung folgen- der Kaufkraftbewegungen gerechnet werden: ▪ Die Umsatzumverteilung gegenüber Bestandsbetrieben im Einzugsge- biet erreicht nach Berechnungen der CIMA eine Größenordnung von ca. ▪ Streuumsätze 4,0 Mio. € und entspricht unter Bezugnahme auf die Bestandsumsätze (ca. 10 % des Lebensmittelumsatzes) = ca. 0,5 Mio. € einer Umverteilungsquote von ca. 24 %. Diese sehr hohe Umsatzumver- teilungsquote wird die Bestandsbetriebe in der Stadt Stadtilm unter- ▪ Steigerung der Kaufkraftbindung im schiedlich stark betreffen. Einzelne Betriebsaufgaben sind hier wahr- Einzugsgebiet scheinlich. Allerdings sind hiervon keine Betriebe in faktischen Zentralen (0 % von ca. 19,1 Mio. €) = --- Mio. € Versorgungsbereichen i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB betroffen, da sich in der ▪ Umsatzumverteilung gegenüber Stadt Sadtilm keine ausgebildet haben. Darüber hinaus ergibt sich durch die Ansiedlung keine grundlegende Störung in der Grundversor- Bestandsbetrieben im Einzugsgebiet gung, die durch die Ansiedlung eines modernen Supermarktes viel (ca. 24 % von ca. 16,8 Mio. €) = ca. 4,0 Mio. €. mehr qualifiziert wird. 11 In das Gravitationsmodell flossen u.a. folgende Variablen ein: Entfernung/Fahrzeit, Lage und Leistungsfähigkeit der Wettbewerber, Verkaufsflächengröße, Umsatzleistung, Kun- denakzeptanz/Attraktivität eines modernen Supermarktes. 18
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 ▪ Die bei Ansiedlung des Edeka Supermarktes zusätzlich generierten Nonfood-Umsätze liegen bei ca. 0,8 Mio. €. Sie verteilen sich auf zahl- reiche Warengruppen des Nonfood-Bereiches, so dass sie mit Sicher- heit keine negativen städtebaulichen Wirkungen induzieren können. Aufgrund fehlender faktischer Zentraler Versorgungsbereiche in der Stadt Stadtilm sowie den Gemeinden Bösleben-Wüllersleben und Witzleben sind durch die Ansiedlung des Edeka Supermarktes keine schädlichen Auswirkungen i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB möglich. Durch die starken Wettbewerbsstandorte außerhalb des Einzugsge- bietes ist eine Vergrößerung des Einzugsgebietes und eine zusätzliche Kaufkraftbindung nicht realistisch, so dass auch hier schädliche Aus- wirkungen auf (faktische) Zentrale Versorgungsbereiche nicht zu er- warten sind. Aufgrund der hohen Umsatzumverteilungsquote sind einzelne Be- triebsaufgaben in Stadtilm wahrscheinlich. Darüber hinaus ergibt sich jedoch keine grundlegende Störung in der Grundversorgungsfunktion der Stadt Stadtilm, die durch die Ansiedlung eines modernen Super- marktes viel mehr qualifiziert wird. 19
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 6 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse / Auswir- kungen gemäß § 34 Abs. 3 BauGB Die gutachterlichen Analysen zu den Auswirkungen der Ansiedlung eine Vergrößerung des Einzugsgebietes durch die Ansiedlung des eines Edeka Supermarktes in Stadtilm gemäß § 34 Abs. 3 BauGB ha- Edeka Supermarktes mit 1.500 m² Verkaufsfläche nicht möglich ist. ben folgende wesentliche Erkenntnisse gebracht: Aktuell leben in dem so abgegrenzten Einzugsgebiet 9.674 Menschen. ▪ Die INNOVA Bau GmbH plant in Stadtilm, Weimarische Straße, die An- Ca. 87 % davon entfallen auf das Stadtgebiet von Stadtilm, ca. 13 % auf siedlung eines Edeka Supermarktes mit einer Verkaufsfläche von das ländlich geprägte Umland. In seiner Ausdehnung entspricht dieses 1.500 m². Einzugsgebiet dem regionalplanerisch ausgewiesenen Grundversor- gungsbereich des Grundzentrums Stadtilm. ▪ Der Standort des Edeka Supermarktes in der Weimarischen Straße ist als siedlungsstrukturell integriert zu klassifizieren. Ein verdichtetes ▪ Im Einzugsgebiet konnten keine faktischen Zentralen Versorgungsbe- Wohnquartier befindet sich unmittelbar am Projektstandort, so dass reiche ermittelt werden. Die Wettbewerbsintensität für den zur Ansied- eine Nahversorgungsfunktion des Supermarktes konstatiert werden lung vorgesehenen großflächigen Edeka Supermarkt ist aktuell als mo- kann. Das Planareal ist aufgrund seiner Lage an der zentralen Verkehr- derat einzustufen. Insgesamt ist die Ansiedlung eines modernen Su- sachse Stadtilms (B 87) auch für PKW-Kunden aus dem restlichen permarktes mit zeitgemäßem Verkaufsflächenkonzept im Grundzent- Stadtgebiet gut erreichbar. rum Stadtilm sicherlich wünschenswert, da die zwei kleinen Super- märkte ein adäquates Angebot nicht offerieren können. Allerdings sind die Marktanteile für Lebensmittel bereits stark gebunden und aufgrund ▪ Der Edeka Supermarkt wird ein Einzugsgebiet ausbilden, welches ne- der starken Wettbewerbsstandorte außerhalb des Einzugsgebietes ben der Stadt Stadtilm noch die Gemeinden Bösleben-Wüllersleben wird eine Vergrößerung des Einzugsgebietes mit neuer Kaufkraftbin- und Witzleben umfasst. Limitierend auf die Größe des Einzugsgebietes dung nicht möglich sein. Diese Bedingungen werden in Stadtilm zu ei- wirken sich die umliegenden Mittelzentren Arnstadt (ca. 14 km Distanz) ner starken Wettbewerbsauseinandersetzung führen. Eine Verände- und Ilmenau (ca. 18 km Distanz) sowie das Oberzentrum Erfurt (ca. 27 rung bestehender Wettbewerbslagen allein ist baurechtlich jedoch ir- km Distanz) und der mittelzentrale Städteverbund Rudolstadt/Saal- relevant. feld/Bad Blankenburg mit Teilfunktionen eines Oberzentrums (ca. 20 km Distanz) aus. Hier befinden sich großflächige Supermärkte in Soli- tärlagen oder eingebunden in Einzelhandelsagglomerationen, so dass ▪ Der projektierte Edeka Supermarkt wird in seiner speziellen Standort- lage und bei einer perspektivischen Verkaufsfläche von 1.500 m² eine 20
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Produktivität von ca. 3.500 € je m² VK erreichen. Sie entspricht einem Auswirkungen auf (faktische) Zentrale Versorgungsbereiche nicht zu Jahresumsatz von ca. 5,3 Millionen €. Abzüglich eines Nonfood-Anteils erwarten sind. von ca. 15 % (ca. 0,8 Millionen €) errechnet sich somit ein reiner Le- Aufgrund der hohen Umsatzumverteilungsquote sind einzelne Be- bensmittelumsatz von ca. 4,5 Millionen €. triebsaufgaben in Stadtilm wahrscheinlich. Darüber hinaus ergibt sich jedoch keine grundlegende Störung in der Grundversorgungsfunk- ▪ In der Modellrechnung der ökonomischen Wirkungsanalyse wird tion der Stadt Stadtilm, die durch die Ansiedlung eines modernen Su- davon ausgegangen, dass der bestehende B-Plan "Quartier Innen- permarktes viel mehr qualifiziert wird. stadtmarkt" aufgehoben wurde und baurechtlich hier keine An- siedlung eines Lebensmittelmarktes mehr möglich ist. Bei Ansiedlung des Edeka Supermarktes an der Weimarischen Straße kann unter vorgenannter Bedingung mit der Auslösung folgender Kaufkraftbewegungen gerechnet werden: - Streuumsätze (ca. 10 % des Lebensmittelumsatzes) = ca. 0,5 Mio. € - Steigerung der Kaufkraftbindung im Einzugsgebiet (0 % von ca. 19,1 Mio. €) = --- Mio. € - Umsatzumverteilung gegenüber Bestandsbetrieben im Einzugsgebiet (ca. 24 % von ca. 16,8 Mio. €) = ca. 4,0 Mio. €. Aufgrund fehlender faktischer Zentraler Versorgungsbereiche in der Stadt Stadtilm sowie den Gemeinden Bösleben-Wüllersleben und Witzleben sind durch die Ansiedlung des Edeka Supermarktes keine schädlichen Auswirkungen i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB möglich. Durch die starken Wettbewerbsstandorte außerhalb des Einzugsge- bietes ist eine Vergrößerung des Einzugsgebietes und eine zusätzli- che Kaufkraftbindung nicht realistisch, so dass auch hier schädliche 21
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Anlage Karten in ganzseitigem Format 22
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Karte 1: Projektstandort des Edeka Supermarktes in Stadtilm 23
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Karte 2: Einzugsgebiet des Edeka Supermarktes in Stadtilm 24
Verträglichkeitsanalyse Edeka Supermarkt, Stadtilm 2020 Karte 3: Lage der Hauptwettbewerber im Hauptort Stadtilm 25
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