INTERVIEW MIT OSTR MAG. EMMI TRINKAUS - BEI LERNPLATTFORM.SCHULE.AT
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Interview mit OStR Mag. Emmi Trinkaus Am Donnerstag, den 3. April 2014 durfte das BORG-2020-Team eine der erfahrensten ehemaligen Pro- fessorinnen unserer Schule interviewen. Frau OStR. Mag. Emmi Trinkaus unterrichtete knapp 40 Jahre lang Mathematik und Physik und war darüber hinaus als Kustodin und Fachkoordinatorin tätig. Mit Lena Truppe (7D) und Sebastian Fürst (7A) sprach sie über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des BORG Deutschlandsberg. Die Antworten, die Frau Mag. Trinkaus den beiden Interviewern gab, können im Folgenden teils wort- wörtlich, teils paraphrasiert nachgelesen werden. Was sind Ihrer Meinung nach die Stärken und Schwächen unserer Schule? Frau Mag. Trinkaus sieht die Stärken des BORG Deutschlandsberg einerseits in der Fächervielfalt, aber noch viel mehr in der Typenvielfalt: „Wir sind eine der wenigen Schulen im Bezirk, die fünf Typen anbie- ten, soweit ich weiß – und das spricht für die Schule.“ Die Schwächen ortet sie nicht an der Schule selbst, sondern diese lägen ihrer Meinung nach „ganz allge- mein im Schulsystem“. Wie zufrieden waren Sie mit der Ausrüstung, die die Schule für Ihren Unterricht zur Verfügung stellte? Wie hat sich das Ausrüstungsangebot im Laufe Ihrer Dienstzeit verändert? Bei der Auswahl der Ausrüstung genoss Frau Mag. Trinkaus von Anfang an viel Mitspracherecht, da die Physikausrüstung, als sie am BORG zu unterrichten begann, so gut wie nicht vorhanden war. Ab 1978 ging es dann durch die Übersiedlung von den Räumlichkeiten der heutigen Volksschule in das Bundesschulzentrum mit der Ausrüstung bergauf: es gab beispielsweise zwei eigene Säle für den Physi- kunterricht, die auch dementsprechend ausgestattet waren. Dann kam, so die ehemalige Mathematik- und Physik-Lehrerin, das Problem, „dass wir nicht wussten, wohin mit den Klassen“, woraufhin einer der beiden Physiksäle zum Klassenraum „umfunktioniert“ wurde. Frau Mag. Trinkaus konnte diese Maßnahme zwar nachvollziehen, sah sie aber auch mit großem Bedenken und Bedauern. Ihrer Ansicht nach seien nämlich die Steckdosen zu wenig abgesichert gewe- sen und außerdem habe sie die Funktionsräume für das Labor, die Physikolympiade sowie den regulären Unterricht gebraucht: „Wenn ich Labor hab‘, dann brauch‘ ich den Physiksaal, wenn ich Physikolympiade hab‘ – und ich hatte das – dann brauch‘ ich den Physiksaal und eine Stunde pro Woche wär‘s auch güns- tig im Unterricht.“
Gibt es Fächer, die Sie während Ihrer Dienstzeit am BORG vermisst haben? Wenn ja, welche? Frau Mag. Trinkaus vermisste speziell in den siebten bzw. achten Klassen ein Angebot an Präsentations- übungen, denn „man muss sein Wissen auch verkaufen können in der heutigen Zeit“. Darüber hinaus hielte sie es für wichtig, über die Bedeutung von Körpersprache Bescheid zu wissen, da immerhin „mehr als die Hälfte unserer Informationen non-verbal“ abliefen. “ Was das Sprachenangebot betrifft, meint sie, dass es interessant und wichtig wäre, die Sprachen der Nach- barländer mehr zu fördern, damit „wir diese zumindest sprechen könnten“. Immerhin, sagt sie, verstünden Man muss sein Wissen „ bzw. sprächen beispielsweise in Slowenien oder Kroati- auch verkaufen können en sehr viele Menschen Deutsch. In Österreich, findet sie, fehle ein bisschen die Einstellung, die Sprachen der in der heutigen Zeit. Nachbar- bzw. Urlaubsländer zu lernen. Wie haben sich die Schülerinnen bzw. Schüler im Laufe der Jahre verändert? Im Laufe ihrer Dienstzeit beobachtete Frau Mag. Trinkaus, dass sich immer mehr die Fun-Gesellschaft durchgesetzt hatte, was aber nicht an den Schülerinnen und Schülern lag, sondern an der Gesellschaft selbst. Die Auswirkungen, die dieser neue Zeitgeist auf die Schülerinnen und Schüler hat, zeigt Frau Mag. Trinkaus am Ergebnis einer Umfrage zum Thema „Warum hast du dich für das BORG entschieden?“, die vor Jahren in einer 5. Klasse des BORG Deutschlandsberg durchgeführt wurde. Demnach hätten von 27 Schülerinnen und Schülern lediglich drei gesagt, sie wollten etwas lernen. Der Rest würde die Schule besuchen, um Fun zu haben, unterhalten zu werden, die Liebe des Lebens zu finden, Freunde zu finden, nicht arbeiten gehen zu müssen und länger schlafen zu können. Die ehemalige Mathematik- und Phy- sik-Lehrerin schockierte dieses Ergebnis sehr, denn ihrer Ansicht nach könne es nicht sein, dass nur drei wirklich etwas lernen wollten. Freunde zu finden, sagt sie, sei ja in Ordnung, aber „nur deswegen gehe ich nicht in die Schule. Da kann ich woanders auch hingehen. Ich muss, finde ich, etwas lernen wollen.“ Welche Eigenschaften erachten Sie bei einer Schülerin bzw. einem Schüler als besonders wichtig? Wie sieht für Sie die perfekte Schülerin bzw. der perfekte Schüler aus? Laut Frau Mag. Trinkaus gebe es keine perfekte Schülerin bzw. keinen perfekten Schüler, da niemand voll- kommen ist: „Es gibt keinen perfekten Menschen, es gibt keinen perfekten Schüler, es gibt keinen perfek- ten Lehrer.“. Die Eigenschaften, die sie bei einer Schülerin bzw. einem Schüler als besonders wichtig erachtet, sind „Ehrlichkeit, Offenheit und ein gewisses Timing“. Ihrer Meinung nach sei es unabdingbar, zu lernen bzw. zu wissen, wann man was machen müsse, um nicht zu viel Stress zu bekommen und seine Freizeit genie- ßen zu können. Was halten Sie davon, dass das neue Lehrerdienstrecht Lehrerinnen und Lehrer berechtigt bzw. verpflich- tet, Fächer zu unterrichten, für die sie nicht ausgebildet sind? „Es ist für mich erkennbar, nachdem was von Oben kommt, dass das Fachspezifische ein bissl in den Hintergrund gedrückt wird – allein durch die Aussage ‚Man denkt daran, dass bis zur 8.Schulstufe, das ist also bis zur 4. Klasse Unterstufe oder 4. Klasse NMS, jeder Lehrer alles unterrichten kann.‘. Und das finde ich reichlich überheblich oder reichlich dumm, wie immer man das nennt – Entschuldigung! Denn ich kann zwar Englisch, aber ich könnt‘s nicht unterrichten. Und nach der Definition wäre Deutsch überhaupt überflüssig, weil wir können alle Deutsch, nicht? Und das ist es überhaupt nicht!“ Wie stehen Sie zur Zentralmatura? Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in der zentralisierten Reifeprü- fung? Frau Mag. Trinkaus hält die Zentralmatura prinzipiell für eine gute Idee, kritisiert aber den Modus und die Art der Aufgabenstellung, speziell in Mathematik: Einerseits, meint sie, würden Beweise verlangt, die niemand brauche (z.B. Teilbarkeitslehre), andererseits dürften aber keine Beispiele gegeben werden, die in den Raum gehen, obwohl die Welt, in der wir leben, drei Dimensionen hat. Daher fordert sie: „Ein bissl mehr mitdenken und ein bissl mehr für die Schüler denken“.
„Ich muss, finde ich, etwas lernen wollen.“ Wie sieht für Sie eine perfekte Unterrichtsstunde aus? Frau Mag. Trinkaus war mit einer Unterrichtsstunde dann zufrieden, wenn sie den Eindruck hatte, dass die Einheit den Schülerinnen und Schülern etwas gebracht hatte. Zudem war ihr wichtig, die Schülerin- nen und Schüler darin zu fördern, Fragen zu stellen und ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie dies jederzeit tun könnten und dürften. Was werden Sie von Ihrer Schulkarriere in die Zukunft mitnehmen? Frau Mag. Trinkaus nimmt die Ruhe und Gelassenheit, die sie während ihres Lehrerinnendaseins er- worben bzw. „ausgebaut“ hat, mit in die Zukunft. Diesbezüglich erzählt sie, dass sie während ihrer 40 Dienstjahre mit keiner Schülerin bzw. keinem Schüler je geschrien habe. Sie halte nichts davon, da für sie Schreien ein Zeichen der Schwäche sei. Die ehemalige Mathematik- und Physik-Lehrerin löste das Prob- lem steigender Lautstärke anders: „Ich hab eine andere Methode gehabt, vielleicht nicht ganz angenehm, aber es hat funktioniert. Ich war der Meinung, wenn Schüler laut sind, dann ist es ihnen langweilig. Wenn es ihnen langweilig ist, muss ich schneller werden. Das hat eigentlich recht gut funktioniert.“ Was Frau Mag. Trinkaus ebenfalls in die Zukunft mitnimmt, sind die Überzeugung und Gewissheit, dass es sich beim Lehrberuf um einen sehr schönen Beruf handelt, der aber nur dann ergriffen werden soll, „wenn man die Jugend mag“. Hingegen sollte man die Lehrerlaufbahn nicht wegen der Ferien einschla- gen, denn der Aufwand zuhause sei groß. Vielen Dank für das Interview! Lena Truppe und Sebastian Fürst
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