Kommunale Einwirkungen und Steuerungsmöglichkeiten bei der Umsetzung des SGB II

 
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Kommunale Einwirkungen und Steuerungsmöglichkeiten bei der
                       Umsetzung des SGB II
Ein Diskussionsbeitrag aus dem VOSP zur Entwicklung der Zusammenarbeit von Bundes-
agentur für Arbeit und dem kommunalen Leistungsträger in der ARGE

von Mathias Brabandt, Susanne Cordts, Ulrike Cramer, Kerstin Dellemann, Ingo Gottschalk

1. Vorbemerkung

Von 2005 bis 2006 arbeiteten auf Anregung des Arbeitskreises Sozialplanung, Organisation
der Sozialen Arbeit und Qualitätssicherung im Deutschen Verein Vertreterinnen und Vertre-
ter des kommunalen Leistungsträgers an einem Diskussionspapier zur Entwicklung der Zu-
sammenarbeit von Bundesagentur für Arbeit und dem kommunalen Leistungsträger in der
ARGE. Auslöser für die Arbeitsgruppe war die vom Gesetzgeber im SGB II geforderte ge-
meinsame Erbringung der Leistungen für langzeitarbeitslose Hilfebedürftige durch die Bun-
desagentur für Arbeit und den kommunalen Leistungsträgern.
Sozialplaner/-innen und Führungskräfte des kommunalen Leistungsträgers brachten Ihre
unterschiedlichen Perspektive in eine mögliche Umsetzung des SGB II ein.

Schon bei Einführung des SGB II wurde deutlich, dass einer Zusammenarbeit beider Behör-
den auf gleicher Augenhöhe rechtliche, finanzielle, und zeitliche Faktoren im Wege standen.
In der praktischen Umsetzung des SGB II vor Ort dominierten die Interessen der Bundes-
agentur für Arbeit.

Das SGB II weist dem kommunalen Leistungsträger spezielle Leistungsverpflichtungen zu,
wofür ihm das Recht zur Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens bei der Umsetzung zu-
zubilligen ist. Unter den Gesichtspunkten von Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung
scheint es legitim, wenn die fachlichen Ressourcen und methodischen Kompetenzen des
kommunalen Leistungsträgers aus jahrzehntelangen Erfahrungen der sozialen Versorgung in
die Umsetzung des SGB II eingebracht werden.

Der vorliegende Diskussionsbeitrag fokussiert die Umsetzung des SGB II aus der Perspekti-
ve der kommunalen Sozialplanung. Ziel ist es, Ansatzpunkte für eine Steuerung der Versor-
gung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nach SGB II im Kontext kommunaler Interessen und
Leistungsverpflichtungen aufzuzeigen. Im Blick der Betrachtung sind auch die Folgewirkun-
gen des SGB II auf die Sozial-, Wohn- und Wirtschaftstruktur der Kommunen und Landkrei-
se.

Im Mai 2006 beendete die Arbeitsgruppe ihre Arbeit an dem Diskussionspapier. Die Hoff-
nung, dass sich über Mindeststandards und Zielvereinbarungen kommunale Interessen bei
der Umsetzung des SGB II gleichwertig zu den Interessen der Bundesagentur für Arbeit Be-
rücksichtigung finden werden, haben sich nicht wirklich erfüllt. Mit der gegenwärtigen Veröf-
fentlichung über den VSOP verbindet die Arbeitsgruppe den Wunsch und die Hoffnung, dass
die damals aufgezeigten Ansätze zur Umsetzung des SGB II auch heute noch einen Beitrag
zur kommunalen Umsetzung des SGB II leisten können.

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2. Kommunale Aspekte und Perspektiven für die Steuerung bei der Umsetzung des
SGB II

Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe durch das SGB II sind die Leis-
tungen zur Grundsicherung für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seine Eingliederung
in den Arbeitsmarkt durch die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen gemeinsam zu
erbringen. Der Kommune werden mit dem SGB II Aufgaben auf unterschiedlichen Steue-
rungsebenen zugewiesen.

Die Kommune ist zuständiger Leistungsträger für die Kosten der Unterkunft, Einmalleis-
tungen außerhalb der Regelleistungen und flankierende Eingliederungsleistungen. Sie hat
ihr Leistungsbestimmungsrecht bei der Umsetzung ihrer Leistungen in der ARGE über die
Trägerversammlung sicher zu stellen. Wenn mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in der
Eingliederungsvereinbarung kommunale flankierende Leistungen verankert werden, hat die
Bundesagentur bzw. im Rahmen der Umsetzungsverantwortung die ARGE nach § 15 SGB II
Abs.1 Einvernehmen mit der Kommune herzustellen.

Aus der an die ARGE delegierten Umsetzungsverantwortung der Leistungsträgerschaft der
Bundesagentur für Arbeit und der Kommune ergeben sich für die Kommune besondere An-
forderungen an die Zusammenarbeit.
Neben den direkten Kooperationsleistungen trägt die Kommune Verantwortung für die Si-
cherstellung der sozialen Infrastruktur. Angebote für Kinderbetreuung, psychosoziale Be-
treuung sowie Schuldner- und Suchtberatung müssen bedarfgerecht verfügbar sein.

Im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge ist die Kommune auch von den Auswirkun-
gen des SGB II betroffen, die außerhalb der Eingliederung in den Arbeitsmarkt liegen. Ab-
hängig von der tatsächlichen und möglichen Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürfti-
gen in den Arbeitsmarkt wird die Kommune mit Folgen des SGB II konfrontiert, die mit der
Wirkungsforschung nach § 55 SBG II und der damit verbundenen Fokussierung auf die Ein-
gliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt nicht erfasst werden.

                            externer Steuerungskreis
                                                                         Kinderbetreuung

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              Kommunalverwaltung
                                                                         Suchtberatung

                                                                         psychosoziale Betreuung
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                                        ARGE            eHb
                                                                                             Arbeitsplätze

                                                                                    Arbeitsplätze      Arbeitsplätze
                             interner Steuerungskreis
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               Agentur für Arbeit                                Arbeitsplätze

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Abb. 1: Steuerungssystem SGB II

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Im internen Steuerungskreis werden die neuen Anforderungen des SGB II beleuchtet, die
sich an die Arbeitsweise der Beschäftigten und im Umgang mit dem erwerbsfähigen Hilfebe-
dürftigen ergeben. Es wird reflektiert, welche Ressourcen die Kommune in die ARGE ein-
bringen kann.

Im externen Steuerungskreis werden die Handlungsfelder außerhalb der ARGE beschrie-
ben. Dazu gehören die Verfahrens- und Zugangsregelung zur Inanspruchnahme kommuna-
ler Leistungen. Es wird die Übertragung kommunaler Aufgaben auf die ARGE erörtert und es
werden Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur analysiert.

3. Die ARGE – der interne Steuerungskreis

Im internen Steuerungskreis werden alle personenbezogenen Leistungen zur Grundsiche-
rung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ausge-
reicht bzw. vermittelt. Die ARGE trägt dabei auch die Umsetzungsverantwortung für die
kommunalen Leistungen. Die Kommune bleibt gegenüber dem erwerbsfähigen Hilfebedürfti-
gen rechtlich und finanziell für ihre Leistungen in der Gewährleistungsverpflichtung.

3.1 Fallmanagement

Von zentraler Bedeutung für den Steuerungsprozess im SGB II ist der persönliche Ans-
prechpartner gemäß § 14 SGB II. Sein Instrument zur Fallsteuerung ist die Eingliederungs-
vereinbarung nach § 15 SGB II.

Der fachlicher Hintergrund für die Fallsteuerung durch den persönlichen Ansprechpartner ist
das Fallmanagement nach dem Konzept des Case Managements 1/2 .

Das SGB II begründet ein neues Rechtsverhältnis zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebe-
dürftigen und dem jeweiligen Leistungsträger. Es verändert ihr bisheriges Rollenverständnis
voneinander. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige ist zu fordern und zu fördern (§2 SGB II). Er
soll alle erforderlichen Hilfen, unabhängig von der Leistungsträgerschaft, vereinfachend aus
einer Hand erhalten. Er hat die Pflichten zur Mitwirkung zu erfüllen und ist andererseits Leis-
tungsberechtigter. Die Forderung nach höherer Eigenverantwortung schließt ein, dass der
erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Ressourcen einbringt. Diese sind durch den persönli-
chen Ansprechpartner zu berücksichtigen.

Das Fallmanagement basiert auf der Koproduktion bzw. einem Arbeitsbündnis zwischen dem
persönlichen Ansprechpartner und dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Zwischen ihnen
werden mögliche und erforderliche Wege zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt analysiert,
besprochen, ausgehandelt und in der Eingliederungsvereinbarung kontraktiert.

Zu den Aufgaben des persönlichen Ansprechpartners gehört es, den erforderlichen indivi-
duellen Hilfebedarf mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen festzustellen und den bedarfs-
gerechten Zugang zu ermöglichen.

Die Feststellung des Hilfebedarfs kann im Konzept des Case Managements als Teil des
Assessments verstanden werden. Ihm kommt eine strategische Bedeutung für die gesamte
Fallsteuerung zu. Nach § 44a SGB II liegt die Feststellung der Erwerbfähigkeit und des Hil-
febedarfs allein in der Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit. Derzeit ist nicht erkenn-
1
    vgl.: Empfehlungen des Deutschen Vereins zu Qualitätsstandards für das Fallmanagement, NDV 2004,
    149-153.
2
 Mit der gegenwärtigen sächlichen und personellen Ausstattung der ARGE können die nötigen Qualitätsstan-
dards für das Fallmanagement nicht umgesetzt werden

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bar, dass die Bundesagentur dafür ein verfahrenstheoretisch oder wissenschaftlich abgesi-
chertes standardisiertes Verfahren vorgibt.

Praktisch wird in der ARGE vielfach mit der aus dem SGB III übernommenen Kundengrup-
penzuordnung in

        §   Marktkunden,
        §   Beratungskunden - Aktivieren
        §   Beratungskunden - Fördern
        §   Betreuungskunden

gearbeitet. Diese Kundenzuordnung ist nicht geeignet, eine am individuellen Bedarf ausge-
richtete Auswahl über die Eingliederungsleistungen zu treffen.

Unzulänglich durch die Bundesagentur für Arbeit geklärt sind gegenwärtig auch die Art und
der Umfang der in der Eingliederungsvereinbarung zu verankernden flankierenden Ein-
gliederungsleistungen.

Sowohl bei der noch ausstehenden Entwicklung der erforderlichen Verfahren zur Feststel-
lung des Hilfebedarfs für die flankierenden kommunalen Eingliederungsleistungen und als
auch bei der Entscheidung über ihre Verankerung in der Eingliederungsvereinbarung ist die
Beteiligung der Kommune unverzichtbar. Nur durch die Mitwirkung der Kommune kann letz-
tlich gesichert werden, dass sich der Fallmanager an dem Angebotsnetz der kommunalen
Leistungen bedarfsgerecht und verbindlich orientieren kann.

3.2 Beauftragung Dritter

Die kommunalen Eingliederungsleistungen werden in weiten Teilen durch freigemeinnützige
oder gewerbliche Träger erbracht. Der § 17 SGB II normiert die Anforderungen an die Träger
der einzubeziehenden Einrichtungen und Dienste sowohl für die Bundesagentur für Arbeit
als auch für die Kommune.

Aus der gesetzlich verankerten Nutzung vorhandener Einrichtungen und Dienste lässt sich
weder eine Ausschreibungspflicht für die Leistungen ableiten noch damit begründen. Unzu-
lässig erscheint, wenn eine Kommune oder ARGE flankierende Eingliederungsleistungen
selbst durchführt, ohne zuvor die Möglichkeit ihrer subsidiären Erbringung geprüft zu haben.

Die kommunalen flankierenden Eingliederungsleistungen sollen über das bestehende Ange-
botsnetz erbracht werden. Das trägt zum wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der kom-
munalen Mittel sowie zur Sicherung einer qualitativen Leistungserbringung bei. Der Aufbau
von Doppelstrukturen wird vermieden.

3.3 Kommunale Ressourcen und Hemmnisse für die Aufgabenerledingung in der AR-
GE

Die Kommunen haben sich insbesondere auch mit eigenem Personal in die Organisation der
ARGE eingebracht. Auf diese Weise kann ein Transfer kommunaler Erfahrungen in die Auf-
bau- und Ablauforganisation der ARGE vorgenommen werden. Dazu gibt es folgende An-
satzpunkte:

Die Kommunen befassen sich seit einigen Jahren mit der Einführung von Fallmanagement
und Hilfeplanverfahren in den verschiedenen sozialrechtlichen Bereichen. Die Anwen-
dungsfelder reichen von ehemaligen Projekten der Hilfe zur Arbeit über die Eingliederungs-

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hilfe für behinderte Menschen bis hin zum Case Management im Altenhilfe- bzw. Pflegebe-
reich. Diese Erfahrungen sollten genutzt werden.

Eine andere Erfahrung sollte zu Veränderungen in der aktuellen Organisation der Leis-
tungssachbearbeitung führen. Die Gewährung und Zahlbarmachung von finanziellen Leis-
tungen erfolgt in der ARGE i. d. R. in vom Fallmanagement und Vermittlungsbereich abge-
koppelten Leistungsbereichen.
Diese Aufgabentrennung wurde insbesondere in der Anfangszeit als sachgerecht angese-
hen, um eine termingerechte Ausreichung der finanziellen Unterstützungsleistungen sichers-
tellen zu können. Vielfach ist es den kommunalen Trägern im Zuge der Verhandlungen der
ARGE-Verträge auch gelungen, eine ganzheitliche Leistungssachbearbeitung durchzuset-
zen. Oftmals sind jedoch die Zuständigkeiten der Sachbearbeitenden z. B. nach Endnum-
mern oder Buchstaben gegliedert.
Für Leistungen aus einer Hand ist diese Organisation nicht zielführend. So ist die Schaffung
von sozialräumlich ausgerichteten Teams sinnvoller, die sowohl für die Leistungssach-
bearbeitung als auch Vermittlung und Eingliederung in Arbeit verantwortlich sind und damit
Fach- als auch Ressourcenverantwortung tragen.

Ein grundsätzliches Problem für die ARGE ist die Frage der Personalgestellung. So hat die
ARGE noch immer keine Möglichkeit, selbst Personal einzustellen. Das Personal wird i. d. R.
vom kommunalen Träger bzw. von der Agentur zugewiesen.

Die Personalproblematik ist sehr komplex:

       §   In den Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit bestehen unterschiedliche Ver-
           gütungs- und Besoldungsstrukturen.
       §   In den Kommunen, Arbeitsverwaltungen und auf dem Arbeitsmarkt steht nicht ausrei-
           chend qualifiziertes Personal zur Verfügung.
       §   Finanzierungsprobleme und örtlich besondere tarifvertragliche Situationen erschwe-
           ren Neueinstellungen.

Eine generelle Lösung kann nur durch die Dienstherrenfähigkeit der Geschäftsführung der
ARGE nach der geltenden Rechtslage in den Länder 3 hergestellt werden.

4. Die Kommune – der externe Steuerungskreis

4.1. Verfahrens- und Zugangsregelung zur Inanspruchnahme kommunaler Leistungen

Unabhängig davon, wie die Kommune sich in die neu gegründete Institution ARGE eingeb-
racht hat, verbleibt bei der Kommune eine eigene Verantwortlichkeit nach SGB II.

Diese Verantwortlichkeit ergibt sich aus § 6 Abs. 1, Nr. 2 SGB II, wonach die Kommune zu-
ständig ist für die

           § Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II)
           § Einmalleistungen außerhalb der Regelleistung (§ 23 Abs. 3 SGB II)
           § flankierenden Eingliederungsleistungen (§ 16 Abs. 2, Satz 2, Nr. 1– 4 SGB II)
             − Kinderbetreuung oder häusliche Pflege Angehöriger
             − Schuldnerberatung
             − psychosoziale Betreuung
             − Suchtberatung.

3
    Eine Einstellung von Personal ist z. B. in den Ländern ( z. B. NRW) möglich, die den ARGEn den Anstaltsweg
    eröffnet haben.

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Grad der Verbindlichkeit für kommunale Leistungen

Für das Erbringen der Leistungen regelt der Gesetzgeber den Grad der kommunalen Ver-
bindlichkeit unterschiedlich.

Die Leistungen für Unterkunft, Heizung und Einmalleistungen außerhalb der Regelleistungen
sind für die Kommune Pflichtleistungen. Bei der Entscheidung über diese Leistungen ist sie
angemessen zu beteiligen.
Alle flankierenden Eingliederungsleistungen sind kommunale „Kann“-Leistungen. Der er-
werbsfähige Hilfebedürftige hat darauf keinen Rechtsanspruch. Die Kommune hat bei der
Leistungsgewährung das pflichtgemäße Ermessen auszuüben und nachzuweisen.

Bei der Kinderbetreuung und der häuslichen Pflege Angehöriger ist für den erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen zusätzlich die Zumutbarkeit nach § 10 SGB II zu berücksichtigen.

Aus den fehlenden Vorgaben des Gesetzgebers zur Operationalisierung ergibt sich für die
örtliche Umsetzung sowohl eine Chance als auch eine Notwendigkeit zur Ausgestaltung
der Gewährleistungs- und Umsetzungsverantwortung. Das Gestaltungsinteresse ergibt sich
sowohl aus Gründen des effizienten Kosteneinsatzes als auch aus dem Interesse, erfolgrei-
che Hilfe zur
Selbsthilfe und zur Arbeitsmarktintegration zu ermöglichen.

Gewährleistungsverantwortung

Die Kommune trägt die Gewährleistungs- und Umsetzungsverantwortung für die ihr durch
das SGB II zugewiesenen Leistungen. Im Rahmen ihrer Gewährleistungsverantwortung ob-
liegt der Kommune das Leistungsbestimmungsrecht und sie trifft für den anspruchberechtig-
ten Personenkreis die Entscheidung über

    §   die Erforderlichkeit der Leistung
    §   die Art und den Umfang der Leistung
    §   den möglichen Leistungserbringer
    §   die Evaluierung der erbrachten Leistung.

Sie kann das Zugangsverfahren und die Standards für die Leistungserbringung definieren.
Bei der gesetzeskonformen Ausgestaltung sollte sich die Kommune davon leiten lassen,
dass sie für die ausgewählten Hilfebedarfslagen auch nach anderen Gesetzen (SGB V, SGB
VI, SGB VIII, SGB IX, SGB XI, SGB XII, Landesgesetze) und Rechtsverordnungen leis-
tungsverpflichtet oder im Hilfeverfahren Beteiligte ist.

Umsetzungsverantwortung

Die rechtliche Grundlage für die Übertragung der Aufgaben von den Kommunen an die AR-
GE bildet der § 44b, Abs. 3, Satz 2 SGB II: „Die kommunalen Träger sollen der Arbeitsge-
meinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben“ übertragen. Die Kommune hat die Entschei-
dungsgewalt, ob sie Aufgaben an die ARGE überträgt. In jedem Fall verbleibt die Gewähr-
leistungsverantwortung bei der Kommune (§ 6 Abs. 2 SGB II). Die detaillierte Bewertung der
Aufgabenübertragung und ihre rechtliche Bedeutung sind abhängig von den Regelungen in
dem Gründungs- und Ausgestaltungsvertrag.

Daraus leitet sich ab, dass die Entscheidung der Kommune darüber, ob oder wie sie ihre
Leistungen an die ARGE überträgt und dadurch exklusiv für SGB-II-Klienten sicherstellt oder
nicht, eine besonderen Bedeutung hat.

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Für die Übertragung der Aufgaben auf die ARGE wird in der Regel angeführt, dass es der
Verwaltungsvereinfachung dient.

Der § 15 Abs. 1 SGB II verlangt, „die Agentur für Arbeit soll im Einvernehmen mit dem
kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung
erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung).“ Das Einvernehmen
mit der Kommune in jedem einzelnen Fall vor Vereinbarung einer kommunalen Eingliede-
rungsleistung herzustellen, wäre einerseits ein sehr verwaltungsaufwändiges Verfahren. An-
dererseits scheint ein schneller Zugang des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zur Leistung
kaum möglich zu sein.

Um dies zu umgehen, orientiert die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Handlungsempfehlung
Nr. 40/ Randziffer 15.9 auf folgende Umsetzung dieser Rechtsnorm:

     „Es wird … davon ausgegangen, dass in der ARGE zwischen den Trägern des SGB II
     vereinbart wird, dass das Einvernehmen nicht in jedem Einzelfall hergestellt werden
     muss, sondern als grundsätzlich erteilt gilt.“ 4

Mit dieser Empfehlung der Bundesagentur würde die Kommune nicht nur die Umsetzungs-
verantwortung, sondern de facto auch ihre Gewährleistungsverantwortung an die ARGE
abtreten. Die ARGE würde befugt, die Entscheidung über den anspruchberechtigten Perso-
nenkreis für die Kommune zu treffen über

       §   die Erforderlichkeit der Leistung
       §   die Art und den Umfang der Leistung
       §   den möglichen Leistungserbringer
       §   die Evaluierung der erbrachten Leistung.

Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die Kommune letztlich in Verantwortung genommen
wird, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige Rechtsmittel gegen den Bescheid der ARGE
einlegt.

Davon ausgehend, dass die Kommune rechtlich und finanziell in der Verantwortung ist, sollte
die Steuerung bei der Kommune verbleiben. Das kann mit vertretbar geringem Verwaltungs-
aufwand sichergestellt werden. Eine mögliche Verfahrensweise wird nachfolgend vorgestellt.

4.2. Aufgabenübertragung auf die ARGE durch Vorgaben zur Umsetzung

Die Kommune erarbeitet das Verfahren für den Zugang, das Erbringen und die Evaluation
der Leistungen. Sie gibt alle damit verbundenen Verfahrensvorschriften, einschließlich stan-
dardisierter Formulare sowie Muster vor und überträgt der ARGE die Umsetzung des Re-
gelwerkes. Das betrifft sowohl die Kosten der Unterkunft, Einmalleistungen und die in
kommunaler Zuständigkeit zu erbringenden Eingliederungsleistungen.

Eine Dokumentation wird als Handakte den Beschäftigten der ARGE zur Verfügung gestellt.
In einer Schulung wird das Verfahren erläutert und fachliches Anschlusswissen z. B. zur
Sucht- und Schuldnerberatung oder Wohnungsmarktbeobachtung vermittelt.

In jedem Fall, in dem das Verfahren exakt angewendet wird, gilt das Einvernehmen der
Kommune als erteilt. Mit dieser Herstellung des Einvernehmens behält die Kommune, die

4
    Quelle: Randziffer 15.9 zu § 15 SGB II in der Anlage 1 zur Handlungsempfehlung / Geschäftsanweisung
            in: Aktuelles Nr. 40 vom 26.11.2004, Zentralbereich - Steuerung Regionaldirektionen

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fachliche und fiskalische Steuerung. Für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen kann mit die-
sem Vorgehen der unverzügliche und verbindliche Zugang zu den erforderlichen kommuna-
len Leistungen gesichert werden. Das ist eine wichtige Bedingung für die wirksame Anwen-
dung der Eingliederungsvereinbarung.
Die Kommune bestimmt den für ihre Leistung erforderlichen Hilfebedarf, entscheidet über
den Zeitpunkt der Hilfegewährung und über die Art der Verankerung in der Eingliederungs-
vereinbarung. So kann sich die Kommune zum Beispiel mit ihren Vorgaben auf die Gewäh-
rung der Leistungen beschränken, wenn sie in der Eingliederungsvereinbarung verankert ist
und eine konkrete Vermittlung in Arbeit direkt bevorsteht. Die Kommune kann die Leistung
aber auch präventiv (z.B. bei Suchtmittelmissbrauch) gewähren, um einer Verschlimmerung
(Suchtmittelabhängigkeit) entgegen zu wirken.

So kann die Kommune sicherstellen, dass die Maßnahme nicht abgebrochen wird, wenn der
Anspruchsgrund auf „SGB-II-Leistung“ durch Vermittlung in Arbeit entfällt. Die finanziellen
Aufwendungen wären nicht vergeblich erbracht worden.

Mit dieser Verfahrensweise bleibt die Kommune Vertragspartner der Leistungserbringer.
Dadurch ist sie in der Lage, die Qualität der Leistungen über die unterschiedlichen Hilfebe-
darfsgruppen (insbesondere SGB II, SGB XII) in ihrer Zuständigkeit zu sichern. Die Abrech-
nung der erbrachten Leistung erfolgt zwischen Leistungserbringer und Kommune. Dadurch
erfolgt die Vermittlung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in die Beratung durch die ARGE
als Sachleistung. Es erübrigt sich, der ARGE für diese Leistungen ein Budget zu übertragen.

4.3. Leistungsspezifische Besonderheiten der kommunalen Leistungen

Unterschiedlicher Verbindlichkeitsgrad und Beteiligungserfordernis des kommunalen Trägers
durch die Bundesagentur für Arbeit führen zu leistungsspezifischen Besonderheiten bei der
Gewährung der Ermessensleistungen. Fehlende Vorgaben des Gesetzgebers verbinden sich
mit regionalen Rahmenbedingungen und führen bundesweit zu einer großen Umsetzungs-
vielfalt. In welchen Bereichen das vorrangig der Fall ist, soll nachfolgend dargestellt werden.

4.3.1. Die Kosten der Unterkunft

Die durch das SGB II vorgegebene Kostenträgerschaft der Kommune für die KdU ist ein we-
sentliches Finanzierungselement in Hartz IV. Daneben soll so die sozialpolitische Mitverant-
wortung der Kommunen für die effiziente Arbeitsmarkteingliederung erhöht werden. Sie stellt
sich in der Praxis aber als eine wenig beeinflussbare Größe der Leistungsgewährung des
SGB II dar.

Zwar kann die Kommune über die KdU-Richtlinien für die ARGE Einfluss auf die Höhe der
als angemessen anzusehenden Mietkosten nehmen, die örtlichen Miethöhen und das Woh-
nungsangebot an kostengünstigem Wohnraum lassen sich jedoch nicht direkt beeinflussen.

Erst nach Ablauf des Jahres 2005 wurde in der kommunalen Praxis deutlich, wie viele Be-
darfsgemeinschaften hier über der Mietobergrenze liegen und nun dringend aufgefordert
sind, die Kosten für ihre Unterkunft zu reduzieren. Ob dies etwa durch einen Wohnungs-
wechsel realisiert werden kann, ist sicher sowohl von der regionalen Angebotssituation als
auch vom Einzelfall abhängig. In jedem Falle handelt es sich hier um eine kommunale Ver-
sorgungslage oder ein Versorgungsproblem, das nicht allein über das Instrumentarium des
SGB II geregelt werden kann.

Durch die Regelungen des § 22 SGB II Abs. 5 in Verbindung mit § 34 SGB XII ist der kom-
munale Träger des SGBII auch für die Übernahme von Mietschulden und dadurch für die
Verhinderung von Obdachlosigkeit zuständig.

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Interventionsmöglichkeiten zur Vermeidung von Mietrückständen und damit zur Sicherung
der Wohnung müssen daher bereits bei der SGB II-Leistungsgewährung registriert und bei
den individuellem Eingliederungsvereinbarungen im Blickfeld bleiben.

Die bisher in der ARGE eingesetzten EDV-Verfahren lassen allerdings keine Auswertung der
Bedarfsgemeinschaften z. B. nach Höhe der Überschreitung der KdU - Angemessenheits-
grenze zu. Aus Sicht des kommunalen Kostenträgers und zur Gewährleistung der angemes-
senen Intervention im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürfti-
gen ist es aber wichtig, über folgende Aspekte einen kontinuierlichen Überblick aus den
Leistungsdaten der ARGE zu erhalten:

    §   Wie viele Bedarfsgemeinschaften liegen über der Angemessenheitsgrenze?
    §   Wie hoch ist die Überschreitung der KdU in den Überschreitungsfällen?
    §   Welche Wohnungsgrößen sind betroffen?
    §   Wie viele erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten nur KdU-Leistungen als ergänzende
        Leistung zum eigenen Einkommen?

Zentrales Ziel der Kommune als Ordnungsbehörde, als Sozialhilfeträger und kommunaler
Leistungsträger der KdU im Rahmen des SGB II ist es

    § allen Bedarfsgemeinschaften eine angemessene Wohnung zu sichern
    § Mietrückstände und Wohnungsverlust zu vermeiden
    § die eingesetzten Mittel sowohl für KdU als auch die Leistungen der Bundesagentur für
      Arbeit effizient und effektiv einzusetzen.

Die Vorgaben der Angemessenheitsgrenzen für KdU in der Kommune müssen sich an der
realen Situation des örtlichen Wohnungsmarktes orientieren und hier am unteren Segment
des Wohnraumbestandes. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige mit überschreitender KdU muss
eine reale Chance haben, eine Wohnung in Rahmen der Angemessenheitsgrenze zu finden.
Der kommunale Kostenträger muss im Streitfalle belegen, dass die Angemessenheitsgrenze
dem Wohnungsmarkt der Region entspricht. Um nun diesen Nachweis und den Abgleich mit
den Entwicklungen des Wohnungsmarktes vornehmen zu können, sind die Kommunen mehr
und mehr dazu übergegangen, systematische Analysen und Auswertungen des Wohnungs-
angebotes (Wohnungsmarktbeobachtung) vorzunehmen.

Regionale Interventionsmöglichkeiten zur Steuerung der KdU

In einer Region mit einer Arbeitslosenquote von mehr als 15 % dürfte der kommunale Kos-
tenträger im gesamten Wohnungsmarkt für mehr als 10 % der Bevölkerung die Mietkosten
tragen. Aus dieser nicht unbedeutenden „Markt-Stellung“ ergibt sich ein gewisser Einfluss
auf die Mietpreisentwicklung. Wie dieser Markteinfluss steuernd geltend gemacht werden
kann, ist bisher noch wenig entwickelt. Die Angemessenheitsgrenze der Kommune für KdU
nutzen zum Beispiel auch Vermieter als Orientierung ihre Mitpreisgestaltung. Ob über KdU-
Vorgaben auf das Wohnraumangebot Einfluss genommen werden kann, ist offen.

Einwirkungsmöglichkeiten bestehen auf die Form der Umsetzung der KdU-Vorgaben. Erste
Interventionsansätze werden zurzeit erprobt; z. B. der Einsatz von Sozialberatung als Hilfe
für Bedarfsgemeinschaften, die wegen überschreitender KdU zu Mietsenkungen oder Woh-
nungs-wechsel aufgefordert sind. Es zeigt sich, dass Vermieter durchaus mit sich verhandeln
lassen. Ein verlässlicher Mieter wird mehr geschätzt als Wohnungsleerstand. Die bereits im
BSHG enthaltene Möglichkeit, bei unregelmäßiger Mietzahlung die Miete direkt an den Ver-
mieter zu zahlen (§ 22 SGB II Abs. 4), wird ebenfalls genutzt.

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Es empfiehlt sich, systematisch vorzugehen. Es sind sowohl der Wohnungsmarkt zu beo-
bachten als auch in enger Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft Interventionsverfah-
ren für den Einzelfall abzustimmen.

Drei Aspekte bei der Steuerung der KdU

Mit der Kostenträgerschaft für KdU ist die Rolle der Kommune auf dem örtlichen Woh-
nungsmarkt neu zu definieren. Sie steht vor einer großen Verantwortung und Herausforde-
rung zugleich. Die Notwendigkeit, diese Verantwortung regional auszugestalten ist unabhän-
gig von der Höhe der Refinanzierung der Kosten durch den Bund. Sie setzt aber den Dialog
mit der Wohnungswirtschaft voraus. Die Entwicklung des Mietpreises, des konkreten Bedarfs
und die Erschließung von preiswertem Wohnraum werden dabei die zentralen Themen sein.
Ziel dieses Dialogs ist es , ein gemeinsames Problembewusstsein zu schaffen, Interventions-
verfahren abzustimmen bzw. gemeinsame Aktionen zu vereinbaren.

Bei all diesen Überlegungen zur Beeinflussung des Wohnungsmarktes darf nicht verkannt
werden, dass die beste Möglichkeit der Steuerung und Verringerung der KdU-Leistungen die
Vermittlung in Arbeit ist. Und auch hier ergibt sich aus kommunaler Sicht eine weitere Qua-
litätsanforderung. Die Vermittlung in einen Mini- oder Midi-Job mag zwar die erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen aus der Arbeitslosenstatistik und dem Leistungsbezug der Bundesagentur
für Arbeit entlassen. In der Zuständigkeit des kommunalen Trägers für die KdU-Leistungen
nach SGB II wird die betroffene Bedarfsgemeinschaft vermutlich weiter verbleiben. Ihr Er-
webseinkommen reicht meist nicht aus , um den notwendigen Lebensunterhalt vollständig
selbstständig zu bestreiten. Aus Sicht der Kommune gibt es also auch hierdurch ein großes
Interesse an der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und der Realisierung von Ar-
beitsverhältnissen mit existenzsicherndem Einkommen.

Bisher gibt es im Bundesgebiet deutlich unterschiedliche Wohnstandards. Es ist anzuneh-
men, dass sich der Wohnungsmarkt und die Mietpreisentwicklung weiter auseinander bewe-
gen werden Eine bundesweite Analyse dieser Entwicklungen ist notwendig, um die Entwick-
lung zu beobachten

4.3.2. Die flankierenden kommunalen Eingliederungsleistungen

An dieser Stelle muss vermerkt werden, dass der Gesetzgeber im SGB II § 16 Abs. 2, Satz
2 Nr. 1 und 4. der Kommune teilweise als kommunale Leistungen auch Zuständigkeiten
anderer Leistungsträger aufführt.

Z. B liegt die häusliche Pflege Angehöriger nach dem SGB XI in der Zuständigkeit der Pfle-
gekassen. Die Kommunen gewähren nur ergänzende Leistungen nach SGB XII, wenn die
Leistungen des SGB XI nicht ausreichen, um den individuellen Bedarf zu decken. Bei der
Suchtberatung sind für therapeutische und rehabilitative Leistungen Krankenkassen bzw.
Landesversicherungs- und Bundesversicherungsanstalt einzubeziehen.

Die flankierenden kommunalen Eingliederungsleistungen sind Ermessensleistungen, die die
Kommune gewährt.
Zugangsverfahren und Evaluation

Aufgrund der Zumutbarkeitsregelung (§ 10 Abs. 1, Nr. 3 u. 4 SGB II) kann der erwerbsfähige
Hilfebedürftige nur bedingt verpflichtet werden, die Kinderbetreuung als Hilfe anzunehmen.
Der Zugang zur Kinderbetreuung wird vorrangig ein regional unterschiedliches Versorgungs-
problem sein.

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Für den Zugang zur Schuldner- und Suchtberatung und deren Evaluation sind die beste-
henden Zugangsregelungen zu überprüfen und ggf. zu modifizieren.

Die Praxis zeigt, dass der Erfolg beider Beratungsangebote maßgeblich durch die Motivation
des Klienten bestimmt wird. Zur Vermeidung krisenhafter und/ oder irreversibler Situationen
muss die Hilfe frühzeitig erfolgen. Der freiwillige Zugang zu einer niederschwellig erreichba-
ren Beratungsstelle erleichtert die Annahme von Hilfe.

Durch die im SGB II vorgegebene Verknüpfung der Beratungsleistungen mit der Eingliede-
rungsvereinbarung nach § 15 SGB II sind diese Wirkzusammenhänge nicht hinfällig gewor-
den. Sie sind bei der Hilfebedarfsfeststellung und bei der Ausgestaltung des Fallmanage-
ments in der ARGE zu berücksichtigen. Unter Beteiligung der Kommune und ggf. von Fach-
diensten ist zu klären, was wann fachlich sinnvoll für die Eingliederungsvereinbarung mit
dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ausgehandelt werden sollte. Der Gesetzgeber hat dafür
keine Operationalisierungen vorgegeben.

Entsprechend der Zielstellung im SGB II ist die Evaluation im Einzelfall und die Abrechnung
der Beratungsleistungen neu zu gestalten.

Die psychosoziale Betreuung ist keine im SGB XII oder einem anderen Sozialgesetz expli-
zit ausgewiesene Hilfeart. Aufgrund fehlender Vorgaben des Gesetzgerbers gibt es sehr un-
terschiedliche Lösungsansätze.

Häufig wird die psychosoziale Betreuung mit psychosozialer Beratung übersetzt. Sie wird in
gemeindepsychiatrische Strukturen, in bestehende Angebote für Menschen in besonderen
Lebenslagen eingeordnet und/ oder dem sozialmedizinischen Krisendienst zugeordnet.

Daneben steht der Ansatz, psychosoziale Betreuung sozialräumlich zu etablieren. Als nie-
derschwellige Treffs in sozialen Schwerpunktgebieten organisiert, sind sie offen für alle er-
werbsfähigen Hilfebedürftigen. Ihre primäre Aufgabe besteht in der gemeinwesenorientierten
aktivierenden Sozialarbeit. Bedarfsgerecht soll im Einzelfall die erforderliche Motivierung und
Weitervermittlung in fachspezifische Hilfen (Schuldner- und Suchtberatung, Ehe- und Fami-
lienberatung, Erziehungsberatung u.s.w.) erfolgen. Mit diesem Ansatz der psychosozialen
Betreuung können und sollen die sozialräumlichen Ressourcen zum Nutzen des erwerbsfä-
higen Hilfebedürftigen erschlossen und mit den aktivierenden Instrumenten der ARGE ver-
knüpft werden. Es ist empfehlenswert, die fachliche Abgrenzung zu anderen Fachdiensten
vorzunehmen und die Schnittstellen zu gestalten.

4.4. Die Wirkung des SGB II auf dem regionalen Arbeitsmarkt

Aus der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung der Kommune für die sozialpolitischen
Auswirkungen und Entwicklungen des Arbeitsmarktes ergibt sich ein großes Interesse daran,
die durch das SGB II bewirkten Veränderungen im Blick zu behalten und gegebenenfalls
(Gegen-) Steuerungseinfluss geltend zu machen.
Mit der Umsetzung des SGB II in den regionalen Strukturen der ARGE ist das Budget für
aktive Eingliederungsmaßnahmen in die regionale Verantwortung gegeben. Die Zahl der
SGB II-Klienten übersteigt die Zahl der SGB III-Klienten um ein Vielfaches. Folglich sind
auch die Eingliederungsbudgets der ARGE die maßgebliche Größe für den Einsatz von ar-
beitsmarktpolitischen Instrumenten in den Regionen.

Der Einsatz dieser Bundesmittel ist zwar in hohem Maße an die Vorgaben der Bundesagen-
tur für Arbeit gebunden, dennoch bestehen kommunale Einflussmöglichkeiten auf die Um-
setzung der Eingliederungsmaßnahmen vor Ort.

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Die Kommunen haben durch die von ihnen geleistete Hilfe zur Arbeit gerade wegen Ihrer
guten und engen Zusammenarbeit mit der örtlichen Wirtschaft effektive Vermittlung geleistet.
In vielen Kommunen bestehen erfolgreiche Kooperationen mit der örtlichen Wirtschaft. Diese
gilt es im Sinne einer erfolgreichen Integration in Arbeit weiter zu nutzen, zu erhalten und
gegebenenfalls auch weiter zu entwickeln.

Ob es sich nun um die Abstimmungsprozesse bei der Genehmigung und Ausgestaltung
der Arbeitsgelegenheiten handelt, oder um die Entwicklung von neueren Beschäftigungsfel-
dern in Zusammenarbeit mit den Betrieben der Region. Die Kommune hat ein großes Inter-
esse an einer wirtschafts- und sozialverträglichen Ausgestaltung der Eingliederungsmaß-
nahmen und an der nachhaltigen Arbeitsmarktintegration der Bürgerinnen und Bürger. Sie
kann und sollte im Rahmen der Trägerversammlung Einfluss auf die örtliche Ausgestaltung
nehmen.

Gerade für Menschen im Niedriglohnsektor wird die ergänzende SGB II-Leistung mehr oder
weniger dauerhaft zur Existenzsicherung beitragen müssen. Neue Tätigkeitsfelder im bür-
gerschaftlichen oder sozialen Bereich können für durch das SGB II geförderte Menschen
eine sinnstiftende Beschäftigung bieten und zur Verbesserung des gesellschaftlichen Zu-
sammenlebens in den Kommunen beitragen. 5

Die Realisierung der Arbeitsmarktchancen ist davon abhängig, ob es gelingt, neue Arbeits-
plätze in der Region anzusiedeln oder zu entwickeln. Hier verknüpft sich die kommunale
Wirtschaftsförderung mit der Auftragslage des SGB II, erwerbsfähige Hilfebedürftige in den
Arbeitsmarkt einzugliedern.

Aus der Verknüpfung sozialpolitischer und arbeitsmarktpolitischer Anliegen mit der Wirt-
schaftsförderung gibt es aus kommunaler Sicht ein beachtliches Eigeninteresse, die Umset-
zung der Eingliederungsmaßnahmen des SGB II intensiv zu begleiten und im Sinne einer
erfolgreichen Umsetzung Einfluss zu nehmen.

5. Verortung der ARGE - Steuerung im Steuerungssystem der Kommune

Mit der ARGE tritt ein neuer Akteur in das Netzwerk sozialer Angebote der Kommune ein.
Ihre Auftragslage leitet sich aus der gesetzlichen Grundlage des SGB II ab. Sie wird unter
Berücksichtigung des Einzelfalls grundsätzlich in vier Aufgabenfeldern tätig.

Die ARGE

       § hat die Grundsicherung für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sicher zu stellen
       § hat den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt einzugliedern
       § soll den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeitsgelegenheiten vermitteln, wenn
         keine regulären Arbeitsplätze verfügbar sind
       § kann flankierend beim erwerbsfähigen Hilfebedürftigen Vermittlungshemmnisse besei-
         tigen, die begründet sind durch seine
             − beruflichen Qualifikation bzw.
             − soziale Situation (familiäre Verpflichtung oder verhaltensbedingte Hemmnis-
                 se).

Für einen klar umschriebenen Personenkreis bündelt die ARGE einzelfallbezogen die Um-
setzung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und der Kommune.

5
    Vgl. auch: Dr. Eugen Baldas „Gefährden „1-€-Jobs“ die Qualität und Möglichkeiten ehrenamtlicher/ freiwilliger
               Tätigkeit?, In: Nachrichten Dienst des Deutschen Vereins, Nr. 3/2006, S. 124 ff.

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Aus kommunaler Perspektive ist zu erörtert, welche Konsequenzen das Hinzutreten dieses
neuen Akteurs für die Entwicklung der sozialen Infrastruktur und auf die kommunalen Steue-
rungsinstrumente hat.

Die vorhandene soziale Infrastruktur der Kommune wird sich fachlich und organisatorisch auf
dieses neue Situation ausrichten und weiter entwickeln müssen. Durch die kommunale Sozi-
alberichterstattung im Rahmen der Sozialplanung können die Entwicklungen dokumentiert
und die fachlichen sowie organisatorischen Anforderungen für die Weiterentwicklung und
Ziele abgeleitet werden.

Die Trägerversammlung der ARGE und die Instrumente zur Steuerung, wie die Vereinbarun-
gen über Mindeststandards und Ziele, sind für eine gemeinsame Steuerung durch beide
Leistungsträger zu nutzen.

5.1. Soziale Infrastruktur für die flankierenden Eingliederungsleistungen

Gesetzlich normiertes Ziel der ARGE ist es, erwerbsfähige Hilfebedürftige mit Vermittlungs-
hemmnissen in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Dafür soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige
alle erforderlichen Hilfen aus einer Hand durch den persönlichen Ansprechpartner erhalten.
Durch diese Koordinierung von Hilfen unterschiedlicher Leistungsträger werden die Kommu-
nikation und Kooperation in der sozialen Infrastruktur komplexer. Zum originären Bezie-
hungsmuster zwischen dem kommunalen Leistungsträger, dem Leistungsberechtigten und
dem Leistungserbringer kommt die ARGE als Vermittler in Fachdienste hinzu.

Aus der Perspektive des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen steuert der persönliche Ansprech-
partner für ihn sein Netzwerk an Hilfen. Aus der Perspektive der kommunalen Steuerung
vermittelt der persönliche Ansprechpartner den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das örtli-
che Hilfenetzwerk nach Zugangsvoraussetzungen, die der kommunale Leistungsträger re-
gelt.

Unter Berücksichtigung der ARGE sind die Kommunikations- und Organisationsstrukturen im
Netzwerk der sozialen Hilfen neu zu gestalten. Die Planung und Organisation der Hilfen er-
fordert eine Abstimmung über die Fallverantwortung und zur Fallübergabe zwischen den
Akteuren. Eine trägerübergreifende Standardisierung der einzelnen Schritte im Hilfepla-
nungsverfahren ermöglichen die Koordinations- und Kooperationsprozesse im Einzelfall.

Für die weitere Infrastrukturentwicklung leitet sich der Auftrag ab, eine trägerübergreifende
Fallsteuerung für die kommunale Ebene zu konzipieren.
Bestandteil dieses Konzeptes muss die methodische Verknüpfung der individuellen Fall-
steuerung mit der von den Trägern vorgehaltenen kommunalen Infrastruktur sein. Ziel der
Verknüpfung beider Ebenen ist eine über den Einzelfall ermittelte bedarfsgerechte Steuerung
der sozialen Infrastruktur einer Kommune.

Die sich entwickelnden trägerübergreifenden Managementstrukturen werden als neue in-
frastrukturelle Netzwerke sozialer Hilfen in der Infrastrukturplanung abzubilden sein.

Anpassung und bedarfsgerechte Weiterentwicklung der bestehenden Angebotsstruk-
tur

Zur Gewährleistungsverantwortung der Kommune gehört die bedarfsgerechte Sicherstellung
ihrer flankierenden Eingliederungsleistungen. Die ARGE kann in der Eingliederungsvereinba-
rung mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen praktisch nur die Leistungen kontraktieren, die
auch vor Ort zur Verfügung stehen.

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Da nach § 17 SGB II zuerst auf die bestehende n Angebote zurückgegriffen werden soll,
bleibt das vorhandene Angebotsnetz der freien Träger und der Kommune selbst (wie z. B.
die Hilfen bei Räumungsklagen) bestehen. Dadurch stehen dem erwerbfähigen Hilfebedürfti-
gen praktisch bewährte Aufbau- und Ablauforganisation, als auch die damit verbundenen
Vernetzungen der Angebote zur Verfügung.

Kurzfristig müssen lediglich die vertraglichen Regelungen, die zwischen der Kommune und
den Leistungserbringern bestehen, an die Rechtsgrundlagen des SGB II angepasst werden.
Möglicherweise existieren noch nicht in jedem Fall schriftliche Vereinbarungen, dann sollten
diese entsprechend dem Bedarf nachgeholt werden.

Die flankierenden Eingliederungsleistungen werden gegenwärtig aus unterschiedlichen Quel-
len und auf unterschiedliche Weise finanziert. Es gibt finanzielle Zuschüsse der Länder z. B.
für die Kinderbetreuung und/ oder die Suchtberatung. Die Kommune reicht ebenfalls z. B.
institutionelle Zuschüsse über verschiedene Fachbereiche aus oder finanziert die Leistungen
im Einzelfall über Vereinbarungen nach SGB XII.

Mit dem Ziel einer nachhaltigen finanziellen Sicherstellung der flankierenden Eingliederungs-
leistungen steht die Kommune vor der Aufgabe unter Beteiligung aller Akteure, fachbe-
reichsübergreifend Verfahrensweisen und Standards für die Leistungsgewährung zu
vereinheitlichen bzw. aufeinander abzustimmen.
Die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Infrastruktur wird maßgeblich davon geprägt,
wie der Zugang (Hilfebedarf, Verfahren) zu den kommunalen flankierenden Eingliederungs-
hilfen geregelt ist. Die Steuerung der flankierenden Leistungen über eine Budgetvorgabe
garantiert nicht zwangsläufig die bedarfsgerechte fachliche Steuerung nach kommunalen
Kriterien. 6

Der Zugang zu kommunalen flankierende Eingliederungsleistungen sollte nicht erst mit der
Feststellung bereits sichtbarer Vermittlungshemmnisse in den Arbeitsmarkt erfolgen, son-
dern steht im Kontext einer kommunalen Gesamtverantwortung. Beispielsweise kann bei
Jugendberufshilfe, Erziehungsberatung oder Hilfen für Menschen in besonderen Lebensla-
gen der rechtzeitige Zugang zur Hilfegewährung wichtig für die nachhaltige positive Wirkung
sein.

5.2. Sozialplanung und Sozialberichterstattung

Die Gesamtverantwortung für die Steuerung der sozialpolitischen kommunalen Handlungsfel-
der liegt ausschließlich bei der Kommune. Sozialplanung und Sozialberichterstattung sind da-
für bewährte Instrumente zur Steuerungsunterstützung.

„Sozialplanung hat den grundlegenden Auftrag, fachliche Zielsetzung und gesetzliche Vor-
gaben in das örtliche Hilfesystem zu übersetzen und dabei die Perspektiven der Adressaten
und Leistungsträger miteinander zu vermitteln. Sie soll Bedarfe feststellen, die Vorausset-
zungen für eine effiziente Mittelverteilung und für eine effektive Steuerung von Leistungspro-
zessen schaffen sowie die Wirkung sozialpolitischer Maßnahmen systematisch überprüfen.“7

In diesem Sinne kommt der Sozialplanung eine besondere Bedeutung zu bei:

    § der Unterstützung zur Festlegung von gemeinsamen Zielen zwischen ARGE, Kom-
      mune, Bundesagentur für Arbeit, freie Träger und regionale Wirtschaft
6
  Es wird deutlich, dass die Art und der Umfang der Aufgabenübertragung der kommunalen Leistungen auf die
  ARGE direkte fachliche und finanzielle Auswirkungen haben.
7
  Fachpolitische Stellungnahme des VSOP „Sozialplanung in die Steuerungsverantwortung bei der Umsetzung
  des SGB II (Hartz IV)“, 13.12.2005, S. 4 ff.

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§ der Entwicklung von örtlichen Verfahren, Netzwerken und Hilfe-Settings
    § der Planung der sozialen Infrastruktur
    § der Sicherung der Transparenz über Entwicklungen und Wirkungen in den kommu-
      nalen sozialpolitischen Handlungsfeldern.

Die Kommunale Sozialberichterstattung ist ein wesentliches Instrument der kommunalen
Sozialplanung. Ihre Aufgabe ist es, soziale Entwicklungen zu beobachten, zu dokumentieren
und zu analysieren. Sie ermittelt Handlungsbedarfe frühzeitig und unterstützt strategische
Entscheidungen der kommunalpolitischen Akteure (Politik, Führungsebene der Sozialverwal-
tung, interessierte Öffentlichkeit). Sie steht am Anfang des Steuerungs- und Management-
kreislauf als Instrument zur Ableitung von Zielen. Am Ende des Managementkreislaufes dient
sie der Überprüfung der Umsetzung von Maßnahmen zur Zielerreichung.

Die Sozialberichterstattung stützt sich auf Daten aus der Kommunalverwaltung. Sie benötigt
aber gleichermaßen kommunal aufbereitete amtliche Statistiken der Bundesagentur für Ar-
beit und personenbezogene Daten, die im Verwaltungsvollzug der ARGE entstehen.

Das SGB II macht es erforderlich, Hilfeangebote der kommunalen und der freien Träger mit
arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Programmen zu verknüpfen (z. B. Alleinerzie-
hende und Kindertagesplätze, Beschäftigung zur rehabilitativen Nachsorge für Suchtkranke).
Im Rahmen der Sozialberichterstattung können die erforderlichen Informationen über die
Entwicklung der sozialen Lage in den Kommunen kleinräumig und ganzheitlich abgebildet
sowie Maßnahmen und Hilfeangebote analysiert werden.

Kommunale Sozialberichterstattung muss sich soweit wie möglich ein eigenes relevantes
Datensystem aufbauen. Dazu ist es sachdienlich, soweit wie möglich die eigenen kommuna-
len Leistungen, die in eigenen Organisationseinheiten oder bei vertraglich gebunden Dienst-
leitern erbracht werden zu erheben und sich dadurch den Zugang zu den erforderlichen Da-
ten zu sichern.
Der Zugang der Kommune zu Daten, die sie für ihre Prognose der Entwicklungen in der So-
zialstruktur der Bedarfe und damit verbundenen Kosten benötigt, ist gesetzlich nicht geregelt.
Es ist zurzeit noch nicht geklärt, ob und wie die für die kommunale Steuerung relevanten
Datenerhebungen aus den Prozessdaten der ARGE von der Bundesagentur für Arbeit ermit-
telt werden oder ob die Kommunen hier auf Zusatz- und Sondererhebungen angewiesen
sind. Die von der Bundesagentur für Arbeit erhobenen Daten und die angewendete Software
sind mit den in den Kommunen gängigen Systemen bisher nicht kompatibel. Die Thematik ist
aber auf Bundesebene erkannt und Verhandlungsgegenstand der Weiterentwicklung der
Rahmenbedingungen für die SGB II-Umsetzung.

Für die lokalen Zielvereinbarungen ist die Sozialberichterstattung ein wichtiges Diagnose-
instrument. Mit ihr lassen sich Ansatzpunkte für z. B. spezifische lokale Zielgruppenansätze
ermitteln, die Gegenstand der lokalen Zielvereinbarung mit der ARGE sein können. Erst die-
se lokale Konkretisierung der Eingliederungsziele dürfte ein Garant dafür sein, das die Ar-
beitsmarkteingliederung nachhaltig und sozialverträglich erfolgt.

5.3. Instrumente für die Steuerung der ARGE

In privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verträgen zur Errichtung der ARGE vereinbar-
ten die Träger der Leistungen eine einheitliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Die Arbeits-
gemeinschaften nehmen einerseits die Aufgaben der Agentur für Arbeit, andererseits die ihr
durch die kommunalen Träger übertragenen Aufgaben wahr. Die geschlossenen Verträge
binden die beiden Leistungsträger.

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Entscheidungsträger in der ARGE ist die Trägerversammlung. Sie beschließt in der Regel
über alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung. Die Kommune kann über dieses
Gremium Einfluss auf die operative Umsetzung ihrer Leistungen nehmen. Dazu können Ver-
einbarungen zu Mindeststandards und über Ziele eingebracht werden.

Während die Bundesagentur für Arbeit für die Umsetzung ihrer Gewährleistungsverantwor-
tung durch die ARGE bereits Rahmenvereinbarungen für Mindeststandards und Zielverein-
barungen vorgegeben hat, fehlen bundesweite Empfehlungen für die operative Umset-
zung kommunaler Grundsicherungs- und Eingliederungsleistungen.

Für die Einführung von Mindeststandards für die Umsetzung der kommunalen Leistun-
gen empfehlen sich:
    § Vereinbarungen zur Sicherung des kommunalen Leistungsbestimmungsrechtes mit
      Regelungen zu Anspruchvoraussetzungen und zur Inanspruchnahme von Leistungs-
      erbringern
    § Vorschriften zur Auslegung von Ermessensentscheidungen (KdU)
    § Datenlieferung nach § 51b SGB II insbesondere für die Sicherstellung kommunaler
      Leistungen
    § Verfahrensregelungen zum gemeinsamen Handeln (z. B. Mietschuldenübernahme)

Sie können in die lokalen Zielvereinbarungen mit der ARGE als Umsetzungsvorgabe für die
kommunalen Leistungen einmünden.

Das Konzept zum Abschluss von Zielvereinbarungen zur Umsetzung des SGB II sieht -
neben den bundeseinheitlichen Zielvereinbarungen gemäß § 48 Abs. 1 SGB II, die zwischen
Bundesagentur für Arbeit und ARGE geschlossen werden - auch nicht gesetzlich geregelte
lokale Zielvorgaben vor, die zwischen der Trägerversammlung und der Geschäftsführung der
ARGE geschlossen werden können. Das ermöglicht eine regionale Konkretisierung der ge-
setzlichen Zielstellungen.

Zur Steuerung der örtlichen Weiterentwicklung der Zusammenarbeit der Leistungsträger des
SGB II unter kommunalpolitischen und wissenschaftlichen Aspekten sind weitere Gremien
denkbar. Dazu können z.B. ein Beirat für die ARGE gebildet oder ein kommunales Wirt-
schaftsforum genutzt werden.

Bestehende Gremien, wie die Arbeitsgemeinschaften nach § 68 Abs. 3 SGB XII oder die
kommunale Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft, müssen die flankierenden Eingliederungs-
hilfen thematisch aufnehmen und mit den speziellen Zielstellungen des SGB II in das kom-
munale Hilfenetz integrieren.

Für die Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit ist es unter Steuerungs-
aspekten unabdingbar an der Etablierung eines abgestimmten Steuerungssystems zwi-
schen den Leistungsträgern des SGB II zu arbeiten, das den Steuerungsanforderungen der
Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Träger gerecht wird. Beachtung finden sollte
dabei:

    § die Abstimmung von Programm- und Projektschwerpunkten - Leistungsanalyse
    § die Erfassung und Bewertung gemeinsamer Aufgabenfelder - Kompetenzanalyse
    § der Abgleich und die Entwicklung von Verfahren zur Leistungserbringung - Organisa-
      tionsanalyse
    § der Austausch relevanter Informationen hinsichtlich der Entwicklung des Leistungs-
      angebotes der Leistungsträger - Informationsmanagement.

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Die Kernelemente eines Steuerungssystems SGB II der Bundesagentur für Arbeit (Klarheit
über Aufgaben und Ziele, Vergleichbarkeit, Transparenz über Aufwendungen und Wirkun-
gen, Stringentes Geschäftsmodell) müssen um die kommunalen Steuerungsanforderungen
ergänzt werden.

In der örtlichen Trägerversammlung sollten die Bundesagentur für Arbeit und die Kommune
ihre unterschiedlichen Interessen bei der Umsetzung des SGB II partnerschaftlich und auf
gleicher Augenhöhe analysieren, besprechen und aushandeln. Im Ergebnis wäre eine ge-
meinsame Vereinbarung beider Leistungsträger über Ziele und Mindeststandards mit der
ARGE zu kontraktieren. Eine solche gemeinsame Vereinbarung über Ziele und Mindeststan-
dards beider Leistungsträger des SGB II könnte eine glaubwürdige und praktikable Grundla-
ge für das Erbringen der Leistungen aus einer Hand sein. Ein Auftrag, dem der persönliche
Ansprechpartner der ARGE verpflichtet ist und der dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu-
gesichert wurde.

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