LABORWELT - Gene Quantification
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LABORWELT Nr. 6 / 2006 - Vol. 7 Das -Themenheft RNAi als Grundlage neuer Therapeutika: aktueller Stand Drug Delivery therapeutischer siRNA-Moleküle RNAi-Knock-out Species-übergreifende Ressource für RNAi- Daten und Phänotypen Marktübersicht: PCR-Kits Large Scale RNAi-Screens für Maus und Mensch Mausmodelle: Target- Validierung in vivo Optimierung des siRNA-vermittelten Gene Silencing BIOCOM AG
I N T R O Zum Thema INHALT Siegeszug der STATEMENT Was die Nobelpreise für die Entwicklung der 4 RNA-Interferenz RNA-Technologien bedeuten Prof. Dr. Volker Erdmann, Freie Universität Berlin Spätestens seit der diesjährigen Nobelpreisvergabe ist die RNA-Interfe- REPORT renz (RNAi) in aller Munde. Mitte Dezember werden die US-Forscher Einschleusung therapeutischer siRNA-Moleküle 6 Craig Mello und Andrew Fire den wohl renommiertesten Wissen- HD Dr. Achim Aigner et al., Philipps-Universität Marburg schaftspreis in Stockholm in Empfang nehmen (vgl. S. 4). Angesichts Tausender von Publikationen seit Entdeckung der RNAi beim Faden- BLITZLICHT wurm C. elegans hatte das Nobel-Komitee es nicht leicht mit der Aus- Target-Validierung in vivo 11 wahl – trotz zahlreicher bahnbrechender Anwendungen entschieden Dr. Jost Seibler et al., Artemis Pharmaceuticals GmbH, Köln sich die Juroren diesmal für die Erstbeschreibung des Phänomens. Diese Themenausgabe widmet sich den aktuellen Anwendungen WISSENSCHAFT der RNAi-Technologie, die klassische Verfahren zur Genfunktionsbe- PhenomicDB: speziesübergreifende Ressource 14 stimmung ergänzt. Der Focus liegt dabei auf neuen Optionen, die die für RNAi-Daten und klassische Phänotypen RNA-Interferenz in Forschung und Klinik eröffnet – sei es in Krank- Dr. Bertram Weiss et al., Bayer Schering Pharma AG, Berlin heitsmodellen (vgl. S. 11), der klinischen Wirkstoffentwicklung (vgl. S. 29) und dem damit eng verknüpften Wirkstofftransport (vgl. S. 6), BLITZLICHT bei der Genfunktionszuordnung (vgl. S. 18-26) oder der Nutzung von Optimierung des siRNA-vermittelten Gene Silencing 18 Orthologiebeziehungen mit Hilfe neuer Datenbank-Werkzeuge (vgl. S. Dr. Steve Kulisch et al., Bio-Rad Laboratories Inc., Hercules, USA 14). Auch in vivo-Nebenwirkungen und das Überlappen mit natürlichen RNA-Regulationsmechanismen werden diskutiert (vgl. S. 18, 22). BLITZLICHT siRNA-Design: Voraussetzung für effiziente 22 Bitte nutzen Sie unseren Kennziffer-Service: online unter Geninaktivierung www.biocom.de oder auf unserer Fax-Seite (S. 48). Wenn Dr. Eric Lader et al., Qiagen Sciences, Germantown, USA Sie ein Produkt interessiert, einfach Nummer ankreuzen, Name und Adresse angeben und faxen/mailen – Sie BLITZLICHT erhalten umgehend Informationen unserer Inserenten. Neue Plattform für zellbasierte Genfunktions- 24 Analysen Dr. Christian Thirion et al., Sirion GmbH, Martinsried Mit einem Sonderbeitrag zum Thema MRSA-Diagnostik (vgl. S. 27) begrüßt LABORWELT zudem insgesamt 1.900 neue Leser aus der BLITZLICHT medizinischen Mikrobiologie – die Mitglieder unseres neuen Part- Large Scale RNAi-Screens in Maus und Mensch 26 nerverbandes Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie Dr. Andreas Hewelt, RZPD GmbH, Berlin (DGHM). Herzlich willkommen! Die Redaktion freut sich über Ihre thematischen Anregungen, Dis- BLITZLICHT kussionsbeiträge, Statements zu politisch heißen Eisen und natürlich Sensitive Schnelldiagnostik von S. aureus und MRSA 27 auch, wenn Sie unseren kostenfreien akademischen Stellenmarkt Dr. Urs Wick et al., Biosynth AG, Staad, Schweiz nutzen (s. S. 41). Mit der stärkeren Orientierung in Richtung Medizin wird LABORWELT, eine gemeinsame Plattform für biologische und BLITZLICHT medizinische Inhalte schaffen. RNAi als Grundlage neuer Therapeutika – 29 Mit den neuen Lesern kommt LABORWELT auf aktuell 20.000 quali- der aktuelle Entwicklungsstand fizierte Fachleser aus Biowissenschaften und Medizin in Deutschland, Dr. Roland Kreutzer, Alnylam Europe AG, Kulmbach Österreich und der Schweiz, wie durch die Vergabe des IVW-Logos zur Auflagenkontrolle seit kurzem auch verläßlich dokumentiert ist. MARKTÜBERSICHT Wir hoffen sehr, daß Sie dieses wissenschaftliche Forum weiterhin Fast cycling PCR – höherer Durchsatz durch 32 rege nutzen werden und freuen uns über jeden Hinweis auf neuentwik- Zeitersparnis kelte, spannende Methoden und Publikationen, die wir auch künftig Dr. Ulla Deutsch, Dr. Dirk Löffert, Qiagen GmbH, Hilden zeitnah in die Wissenschaftsgemeinschaft transportieren werden. MARKTÜBERSICHT Thomas Gabrielczyk PCR-Kits 34 Verbände 40 Anders als beim Boxen dient der Knock-down mit Hilfe der RNA-Interferenz dem Informationsgewinn. Mit kur- Stellenmarkt 41 zen doppelsträngigen RNAs lassen sich Genfunktionen durch gezielte mRNA-Zerstörung ermitteln. Fax-Seite 48 Produktwelt 49 Kennziffer 11 LW 06 · Informationen ordern? · www.biocom.de Termine/Impressum 50 LABORWELT 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 | 3
L E S E R F O R U M Statement Was die Nobelpreise für die RNA-Technologien bedeuten Prof. Dr. Volker A. Erdmann, FU Berlin und Berliner Netzwerk für RNA-Technologien Selten hat eine Entdeckung so schnell zu der rungen durchzuführen, so daß allein in der Verleihung eines Nobelpreises geführt wie Pharmaindustrie in absehbarer Zeit mit Milli- Prof. Dr. Volker A. Erdmann (65) ist Inhaber die der RNA-Interferenz (RNAi), für die An- arden Euro-Umsätzen pro Jahr zu rechnen ist. des Lehrstuhls für Biochemie und Mole- drew Z. Fire (Stanford University) und Craig Bevor allerdings diese Ziele erreicht werden, kularbiologie der Freien Universität Berlin C. Mello (University of Massachusetts) den müssen noch Delivery-Verfahren mit höchster und Initiator und Vorstandsvorsitzender des diesjährigen Nobelpreis für Medizin erhalten. Targetspezifität entwickelt werden. Berliner Netzwerkes für RNA-Technologien. Und noch seltener hat sich die Industrie so Nicht nur die Forscher auf diesem Gebiet, Durch seine Expertise auf dem Gebiet der schnell und mit einem derartigen finanziellen sondern auch die Industrie ist von der Zukunft RNA-Biochemie und Genexpression (mehr Aufwand einer Entdeckung zugewandt. Was der Technologie bereits jetzt so überzeugt, daß als 420 Publikationen, zahlreiche Patente) also steckt hinter der sogenannten RNA- zum Beispiel Novartis eine Investition von gehört er zu den Vorreitern bei der Etablie- Interferenz, die den Interferenz-Teil ihres bis zu 700 Millionen US-$ für das auf siRNA- rung der RNA-Technologien in Deutschland. Namens aus der Physik übernommen hat? Wirkstoffe spezialisierte Unternehmen Alny- Prof. Erdmann studierte bis zum M.Sc. Warum das unmittelbare Interesse der Indu- lam Pharmaceuticals vertraglich festgelegt hat. an der University of New Hampshire und strie an dieser Entdeckung? Weshalb wurden GlaxoSmithKline stellt dem Alnylam-Konkur- promovierte 1968 am Max-Planck-Institut nicht deutsche Wissenschaftler wie Thomas renten Sirna, vormals Ribozyme Pharmaceu- für experimentelle Medizin in Göttingen Tuschl an dem Nobelpreis beteiligt? Und was ticals, einen Betrag von US-$ 700 Millionen in und der Technischen Universität in Braun- bedeutet die Vergabe der Nobelpreise für Aussicht, sofern bestimmte Entwicklungsziele schweig. Nach einer Postdoktorandenzeit Medizin und zusätzlich für Chemie an Roger bei einer Reihe von Arzneimittelkandidaten an der University of Wisconsin in Madison Kornberg (ebenfalls Stanford University) – erreicht werden. (1969-71) und als Arbeitsgruppenleiter am für seine Arbeiten zur Struktur und Funktion Max-Planck-Institut für molekulare Genetik der RNA-Polymerase – für die Zukunft der Auszeichnung für Erstentdeckung in Berlin (1971-80) folgte Prof. Erdmann dem RNA-Technologien? Wie stark ist die Bundes- Ruf auf den Lehrstuhl an der FU Berlin. republik Deutschland heute und morgen an Nachdem Fire und Mello die RNA-Interfe- der Erforschung und Entwicklung der RNA- renz erstmals im Fadenwurm Caenorhabditis Technologien beteiligt? Und wie wird dieser elegans entdeckt hatten, übertrugen eine Reihe Jahren das Berliner Netzwerk für RNA-Tech- Einsatz von der internationalen Konkurrenz anderer Wissenschaftler den Mechanismus nologien ins Leben gerufen wurde – zu einer eingeschätzt? Was kommt eigentlich nach auf weitere Systeme. Da der deutsche Wis- Zeit, als die Gründung eines Netzwerkes mit RNAi und der RNA-Polymerase? All diese senschaftler Thomas Tuschl maßgeblich daran diesem Fokus äußerst risikoreich erscheinen Fragen sind hochinteressant und verlangen beteiligt war zu zeigen, daß kurze synthetische mußte. Das Bundesministerium für Bildung auch den Blick in die Zukunft. RNA-Moleküle auch bei Säugerzellen die und Forschung (BMBF), der Senat von Berlin RNA-Interferenz auslösen können, wurde und die Industrie verpflichteten sich bereits Einzigartiges Werkzeug zum vielerorts erwartet, daß auch er bei der Vergabe damals die Kosten für die gesamte zehn- Stummschalten von Genen des Nobelpreises mit dabeisein würde. Das jährige Förderperiode zu gleichen Teilen zu Nobelpreiskomitee hat sich leider anders ent- übernehmen. Auch die Deutsche Forschungs- Die RNAi-Methode ist durch ihr Potential, schieden, und man kann diese Entscheidung gemeinschaft trug durch ihre Schwerpunkt- hochspezifisch RNA-Moleküle zu zerschnei- auch respektieren, wenn davon ausgegangen programme zur RNA-Biochemie maßgeblich den, hervorragend für die Inaktivierung von wird, daß sich das Komitee ausschließlich auf zur Stärkung der RNA-Grundlagenforschung messenger-RNAs (mRNAs) geeignet. Kon- die Erstentdecker beschränken wollte. in Deutschland bei. Ob der Umfang der Förde- sequenz dieser hydrolytischen Aktivität ist, Die Vergabe der diesjährigen Nobelpreise rung mit Blick auf die neuen Aspekte, die sich daß die entsprechenden Proteine nicht mehr für die Bereiche der Medizin und der Chemie nun für die RNA-Technologien ergeben, in der hergestellt werden und ihre Funktionen für die bestätigt auch das große Interesse, das den Zukunft deutlich ausgebaut wird, erwartet Zelle oder ein Virus verlorengehen. Es scheint RNA-Technologien gerade durch die wis- die Forschung mit Spannung. Wie unlängst beinahe so, als ob die Molekularbiologen, senschaftliche Presse seit zwei bis drei Jahren auf einer von 150 Wissenschaftlern besuchten Biotechnologen, Mediziner und die Industrie entgegengebracht wird. Wer erinnert sich nicht Tagung der Fachgruppe Biochemie der Gesell- förmlich auf diese Methode gewartet haben, an die zahlreichen internationalen Journale, schaft für Biochemie und Molekularbiologie in denn nur so ist zu erklären, daß die RNA- die auf ihren Coverseiten die Aktualität der Kassel klar wurde, besteht großes Interesse, Interferenz wie ein Lauffeuer beinahe jedes RNA-Technologien dokumentierten, und die das Berliner Netzwerk für RNA-Technologien biochemische Labor in der Welt erobert hat. vielen Kommentare und Besprechungen der zu einem bundesweiten „Deutschen Netzwerk Darüber hinaus besteht die Hoffnung, mit Technologien in renommierten Journalen wie für RNA-Technologien“ auszubauen. der RNA-Interferenz künftig möglicherweise NATURE, NATURE BIOTECHNOLOGY und SCIENCE. Auch die internationale Konkurrenz hat Tumorerkrankungen und Virusinfektionen Angesichts der rapiden Entwicklung des die Bedeutung des Themas längst erkannt. behandeln zu können, darüber hinaus Phä- Forschungsthemas erscheint es heute als Erst im vergangenen Jahr besuchte eine japa- notypisierungen und Transfektionsoptimie- glückliche Entscheidung, daß bereits vor acht nische Delegation das Berliner Netzwerk für 4 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT
L E S E R F O R U M Martini Laborwelt 250x90 6/10/06 2:40 pm Page 1 RNA-Technologien, um sich über dessen Aufbau und Organisation zu informieren. Hintergrund des Besuches: die Delegation vertritt ein Kon- sortium von 92 Firmen mit dem Auftrag, in Japan ein Netzwerk für den Bereich der sogenannten noncoding RNAs zu gründen. In diesem Jahr gab es zudem eine Vortrags- und Diskussionsrunde mit französischen RNA-Forschern in Berlin, mit dem Ziel bei einer ins Auge gefaßten Gründung eines RNA-Netzwerkes in Frankreich behilflich zu sein. Zukunft der RNA-Technologien Weil die RNA-Interferenz indessen als natürlicher Regulationsme- chanismus etabliert ist und siRNAs als eine vielversprechende neue Wirkstoffklasse eingeschätzt werden, ergibt sich die Frage, was in der Zukunft von den RNA-Technologien noch zu erwarten ist. Zunächst einmal kommt hierzu vielleicht ein Hinweis vom Nobelpreiskomitee, und zwar mit der Vergabe des diesjährigen Nobelpreises für Chemie an Roger Kornberg für seine Arbeiten über die RNA-Polymerase. Für die Arbeiten an dem Enzym also, das unter anderem den Regulator siRNA synthetisiert und reguliert. Damit dürfte die RNA-Polymerase nicht nur von akademischem Interesse sein. Mit den microRNAs stehen zudem weitere kleine noncoding RNAs zur Verfügung, die ebenfalls regulatorisch in die Genexpression ein- greifen und – zumindest in der Theorie – für künftige therapeutische Maßnahmen geeignet erscheinen. Aber auch die Riboswitches, die zu- nächst nur bei Bakterien als Regulatoren der Genexpression beschrie- ben wurden, wären auch für einen Einsatz in Eukaryonten denkbar Perfekt trocken und somit – wiederum theoretisch – therapeutische Maßnahmen der Zukunft. Neben den bisher erwähnten kleinen noncoding RNAs, von denen es, vorsichtig geschätzt, einige Tausend in der Zelle gibt, exi- stieren auch große noncoding RNAs mit einer den messenger-RNAs vergleichbaren Länge. Im Gegensatz zu diesen werden sie allerdings Der perfekte “Dry Martini” ist eine Kunst - perfekt nicht translatiert. Bisherige Schätzungen ergeben hier, daß für diese trockene organische Proben ebenso, es sei denn, Sie noncoding RNAs auf den Chromosomen des Menschen zwischen verwenden den Genevac HT- 4X Evaporator. 40.000 und 65.000 Loci existieren (also doppelt soviel „Gene“ als für Proteine) und daß niedriger einzustufende Lebewesen bedeutend Nur der HT-4X oder die kleinere Zahlen dieser „Gene“ besitzen. Zur Zeit sind von weniger als größeren Systeme HT-8 und hundert humanen noncoding RNAs die Funktionen bekannt. Eines HT-12 vereinen patentierte erscheint aber bereits sicher: daß die noncoding RNAs regulatorisch Technologien wie Dri-Pure™, von Bedeutung sein müssen, da die bisher identifizierten Moleküle Sample Guard™ und entweder mit Tumorerkrankungen oder mit vererbten Krankheiten Coolheat ® um den in Zusammenhang stehen. Es ist also durchaus denkbar, daß die Trocknungsvorgang Ihrer Regulation dieser noncoding RNAs sich als therapeutisch relevant Proben mit absoluter Präzision erweisen könnte. zu kontrollieren. Neben den kleinen und großen, regulatorischen noncoding RNAs zählen auch katalytisch aktive RNAs (Ribozyme), Antisensemolekü- Diese “High Troughput” Evaporatoren bieten das le, hochaffine Nukleinsäuren (Aptamere und Spiegelmere) sowie in Maximum an Geschwindigkeit und Sicherheit ohne vitro-Systeme zur zellfreien Proteinbiosynthese, zu den RNA-Tech- ständige Kontrollen oder Einschränkungen. nologien und bieten ein gewaltiges Potential für die Biotechnologie und Medizin. Leider machen sie (noch) keine “Dry Martinis” . Zusammenfassend muß also festgestellt werden, daß die Entwick- lung der RNA-Technologien mit ihren vielseitigen Möglichkeiten rasant voranschreitet und sich momentan erst am Anfang befindet; daß für diesen Bereich eine glänzende Zukunft in den kommenden 20 Jahren in Wirtschaft und Medizin vorausgesagt werden kann; daß Deutschland auf diesem Gebiet bisher zu den weltweit führenden Nationen gehört, nichtsdestotrotz aber erhebliche Anstrengungen erforderlich sein werden, die den derzeitigen finanziellen Rahmen Genevac Ltd Farthing Road Ipswich UK IP1 5AP um einiges überschreiten. Die Gründung eines Deutschen Netzwerkes Telephone +44 (0)1473 240000 für RNA-Technologien erscheint unabdingbar, damit die Grundla- Fax +44 (0)1473 742987 gen- und angewandte Forschung durch innovative Finanzierungs- www.genevac.com möglichkeiten den Handlungsspielraum erhält, sich weiter gegen die immer stärker werdende internationale Konkurrenz erfolgreich Fordern Sie unsere Produktbroschüre an : zu behaupten. www.genevac.de/products/range.html oder per Telefon / Fax Kennziffer 12 LW 06 · Informationen ordern? · www.biocom.de LABORWELT 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 | 5
R E P O R T Drug Delivery Kennziffer 13 LW 06 · www.biocom.de Einschleusung therapeutischer Bei vielen Erkrankungen, zum Beispiel bei Krebs, viralen Infektionen, neurodegenerati- ven Erkrankungen oder der Macula-Degene- siRNA-Moleküle ration, spielt eine veränderte oder gesteigerte Expression bestimmter Gene eine zentrale Rolle. Therapeutische Ansätze können dem- zufolge auf die Inhibition dieser als relevant HD Dr. Achim Aigner, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, erkannten Gene oder Genprodukte abzielen. Medizinische Forschungseinheiten, Philipps-Universität Marburg Dabei kommen auch sogenannte Gentarge- ting-Strategien in Frage, die darauf abzielen, die Expression eines Targetgens ganz auszu- Seit der Entdeckung der RNA-Interferenz (RNAi) sind Gentargeting-Strategien auch im Hinblick schalten oder zumindest zu bremsen. auf die Entwicklung von Therapeutika wieder im Mittelpunkt des Interesses. RNAi basiert auf Nach der Antisense-Technologie und dem der intrazellulären Wirkung kleiner doppelsträngiger RNA-Moleküle (siRNAs), die jedoch dazu Ribozym-Targeting wurde mit der RNA-In- erst ihren Wirkort erreichen müssen. Die Applikation therapeutischer siRNAs in vivo kann über terferenz (RNAi) Ende der neunziger Jahre verschiedene Strategien gelingen. Polyethylenimine (PEIs) gestatten den Schutz von siRNAs ein weiterer Mechanismus zur selektiven In- vor Degradation sowie ihre zelluläre Einschleusung und Freisetzung. Sie können so – zumal hibition der Genexpression aufgeklärt. Schnell nach chemischen Modifikationen und Funktionalisierungen – eine attraktive Plattform für den wurde erkannt, daß RNAi eine besonders therapeutischen Einsatz von siRNAs bieten. effiziente und – zumindest in vitro – einfach anzuwendende Methode ist, um Gene auszu- schalten. Entsprechend rasch hat vor allem in vitro die Verwendung von RNAi-basierten An- sätzen, etwa in Genfunktionsstudien oder in High-Throughput-Analysen, zugenommen RNAi: vom Mechanismus zur siRNA RNAi ist ein sequenzspezifischer und post- transkriptionell ansetzender Mechanismus, der auf kurzen, doppelsträngigen RNA-Mo- lekülen beruht. Die Entdeckung der RNAi in C. elegans durch Fire et al.1 wurde kürzlich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet; es wur- de auch rasch klar, daß RNAi – wenngleich vom Mechanismus her komplizierter – auch in höheren Organismen vorkommt. RNAi beruht auf einem mehrere Schritte umfassen- den intrazellulären Weg, der in zwei Phasen aufgeteilt werden kann: die Initiationsphase, in der doppelsträngige RNA-Moleküle endo- genen (z.B. miRNA) oder exogenen Ursprungs durch die Spaltungsaktivität eines Proteins vom Ribonuklease III-Typ (Dicer) in kleine, 21 bis 23 Basenpaare (bp) umfassende siRNAs (small interfering RNAs) prozessiert werden, und die Effektor-Phase, wo diese siRNAs in den RNA-induced silencing complex (RISC) eingebaut werden und die Spaltung der Ziel- mRNA erfolgt. Hierzu binden die siRNAs sequenzspezifisch durch Hybridisierung an die Ziel-mRNA und bringen so den RISC-Komplex mit seinen RNA-Helicase- und Nuklease- Aktivitäten in räumliche Nähe. Es erfolgt die Entwindung und Spaltung der Ziel-mRNA, die daraufhin durch ihre jetzt ungeschützten Enden rasch durch intrazelluläre Nukleasen Abb. 1: Mechanismus der RNA-Interferenz. Kleine doppelsträngige siRNA-Moleküle werden in abgebaut wird. Der RISC-Komplex kann wie- den RISC-Komplex eingebaut und binden nach dessen Aktivierung sequenzspezifisch an ihre derum an eine neue Ziel-mRNA binden, ent- Ziel-mRNA. RISC kann nun die mRNA spalten, die daraufhin rasch abgebaut wird und nicht mehr faltet also eine katalytische Aktivität. Den zur zur Translation zur Verfügung steht. Zur Induktion von RNAi genügt die Einschleusung der siRNA- Ziel-mRNA komplementären siRNAs, die nach Moleküle, da alle anderen Komponenten in der Zelle vorhanden sind, und auch die natürlicher- bestimmten Auswahlregeln abgeleitet werden weise vorgeschaltete intrazelluläre Prozessierung längerer doppelsträngiger RNA-Moleküle zu können, kommt damit eine zentrale Rolle bei siRNAs (nicht gezeigt) ist prinzipiell nicht nötig. der Induktion von RNAi zu2 (Abb. 1). 6 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT
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R E P O R T Zur Induktion der RNAi können siRNAs ent- niger Sekunden in die Schwanzvene injiziert weder als DNA-basierte Expressionssysteme werden, entsprächen rund drei Litern einer (shRNAs) oder direkt als RNA-Oligonukleoti- intravenösen Bolus-Injektion im Menschen. de (siRNAs) in die Zelle gebracht werden. Alternative Strategien zur Applikation nackter siRNAs sind häufig auf die lokale in vivo-siRNA-Drug Delivery Anwendung oder zumindest eine Applikation nahe dem Zielgewebe oder Zielorgan be- Vorteile der direkten Applikation von siRNAs grenzt. So wurden etwa intravenöse, intrape- bestehen darin, daß sie chemisch relativ ritoneale, subretinale, intrathecale, intranasale, leicht synthetisiert werden können und ein intratracheale, intradermale, intratumorale, geringes Gefahrenpotential aufweisen, da intraoculare oder intraventrikulare Applika- ihre Einschleusung nicht auf virale Systeme tionen beschrieben. Beachtet werden sollte angewiesen ist und sie nicht in das Genom in- auch, daß zahlreiche Studien relativ große tegriert werden können. Es müssen allerdings Mengen siRNA (im Bereich zehn bis hundert folgende Bedingungen erfüllt sein: Schutz der mg/kg Körpergewicht) verwenden, was die sehr instabilen siRNA gegen Abbau durch Gefahr unspezifischer Nebenreaktionen wie (Serum-) Nukleasen, effiziente zelluläre Auf- einer intrazellulären Immunantwort erhöhen nahme, keine intrazelluläre Immunstimulati- kann. Alternative Ansätze für die Applikation on und effiziente intrazelluläre siRNA-Frei- von siRNAs basieren auf ihrer Verpackung setzung sowie in vivo geringe Toxizität und in verschiedenen, teilweise modifizierten keine schnelle Elimination durch Leber oder Liposomen oder kationischen Lipiden zur Niere. In der Zellkultur stehen zahlreiche systemischen oder lokalen Anwendung. Transfektionsreagenzien zur Verfügung. Weit Mit gegen apoB gerichteten siRNAs in so- schwieriger ist die Applikation von siRNAs genannten SNALPs (stable nucleic acid lipid zu therapeutischen Zwecken in vivo. particles) wurde kürzlich die erste Studie in Hierzu ist in den vergangenen Jahren eine Primaten veröffentlicht. Schließlich sind eine größere Zahl an Studien publiziert worden, Reihe anderer Strategien, wie beispielsweise die verschiedene Strategien zur systemischen chemische Modifikationen von siRNA-Mole- Abb. 2: Einschleusen von siRNA-Molekülen oder lokalen Applikation beschreiben. Unter- külen, Elektropulsation, Virosomen, die Ver- durch Polyethylenimin (PEI)-Komplexierung. scheidungsparameter sind unter anderem der wendung von Polyaminen, anderer basischer Negativ geladene siRNAs (rot) und positiv ge- Applikationsort beziehungsweise die Appli- Komplexe oder Atelocollagen zur Komple- ladenes PEI (blau) bilden einen nicht-kovalen- kationsart, siRNA-Modifikationen und der xierung, sowie die Kopplung an bestimmte ten Komplex, der über Endozytose in die Zelle Einsatz verschiedener Carriersysteme. Protein-Präparationen oder niedermolekulare aufgenommen und dort – vermutlich aufgrund So können zur systemischen Applikation Verbindungen beschrieben worden (vgl. Tab. des „Protonenschwamm-Effektes“ – aus dem chemisch unmodifizierte siRNAs verwendet 1). Obwohl die Entwicklung von auf siRNAs Endosom wieder freigesetzt wird. Die siRNA werden, deren Injektion häufig ohne weiteres basierenden Therapeutika erst vor wenigen kann nach Zerfall des Komplexes in RISC ein- Reagenz durch die sogenannte hydrodyna- Jahren begonnen wurde, haben erste Phase gebaut werden und RNAi induzieren. mische Transfektion erfolgt. Während diese I-Studien bereits begonnen oder sind bereits Methode in einigen Fällen zur effizienten abgeschlossen. Acuity Pharmaceuticals (Phila- des PEI und Phosphoratomen der DNA (sog. Induktion von RNAi in Leber, aber auch in delphia, USA) testeten erfolgreich eine gegen N/P-Verhältnis) sowie der Kettenlänge und Lunge, Milz, Pankreas und Niere führte, ist sie VEGF gerichtete siRNA bei der feuchten Form dem Verzweigungsgrad des PEI kommen für die Therapie am Menschen ungeeignet: die der Altersblindheit (Altersabhängige Macula- dabei im Hinblick auf Größe und Ladung des mehr als 1 ml, die einer Maus innerhalb we- degeneration AMD), von der in Deutschland Komplexes sowie der Transfektionseffizienz etwa 490.000 Personen betroffen sind; auch Al- entscheidende Bedeutung zu. Tab. 1: Applikationsformen von siRNAs zur nylam (Respiratory Syncytial Virus, RSV) und Vermutlich kommt es nach Endozytose Induktion von RNAi in vivo die von Merck Inc. Ende Oktober akquirierte intrazellulär in den Endosomen/Lysosomen Sirna (AMD) haben Phase I-Studien initiiert. durch die Protonenakzeptorfunktion des PEI Applikationsform an den noch nicht protonierten Stickstoffato- Nackte siRNA Polyethylenimin-Komplexierung men zu einem „Protonenschwammeffekt“, Liposomen der zum Abpuffern des sauren pH-Wertes in Lipoplexe Polyethylenimine (PEIs) sind synthetische diesen Kompartimenten sowie zum osmotisch Kationische Lipide Polymere, die linear oder verzweigt in einem bedingten Platzen der Endosomen/Lyso- Virosomen + kationische Lipide breiten Molekulargewichtsbereich von 1000 kDa vorliegen können. Aufgrund Komplexe führt. Chemische Modifikationen einer protonierbaren Stickstoffgruppe in In neueren Studien wurden Polyethylen- Chemische Modifikationen + jeder dritten Position besitzen sie eine hohe, imin-basierte Systeme für das Einschleusen Lipid-Einkapselung vom pH-Wert abhängige, aber bereits unter kleiner RNA-Moleküle wie siRNAs etabliert5-7 Elektropulsation physiologischen Bedingungen kationische (Abb. 2). Während chemisch nicht-modifizier- Histidin-Lysin-Komplexe Ladungsdichte. Daher sind sie in der Lage, te siNRAs vergleichsweise rasch degradiert Atelocollagen-Komplexierung negativ geladene DNAs nicht-kovalent zu werden und im Serum nur eine Halbwertszeit Inaktivierte HVJ-Suspension komplexieren. Da die so gebildeten kompakten von wenigen Minuten besitzen, sind sie nach Kopplung an Protamin-Antikörper- kolloidalen Partikel von Zellen über verschie- PEI-Komplexierung über Stunden hinweg Fusionsprotein dene Endozytosewege aufgenommen werden fast vollständig gegen enzymatischen oder Kopplung an Cholesterin können, wurde PEI zunächst als in vitro-DNA- Nanoplexe Transfektionsreagenz eingeführt3,4. Dem Mi- Polyethylenimin-Komplexe schungsverhältnis zwischen Stickstoffatomen Kennziffer 14 LW 06 · www.biocom.de 8 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT
96 PPARg 96 90 LMNA ON-TARGETplus 94 Unmodified 94 GAPD 91 88 MEK1 88 83 PPIB 85 % Target 0 10 20 30 40 50 Knockdown Gene Number of Off-Targets www.perbio.com
R E P O R T a b Toxizität oder unspezifische, beispielsweise immunstimulierende Effekte der Komplexe oder der applizierten siRNAs. Zur Erhöhung der Biokompatibilität und Gewebespezifität und/oder intrazellulären Freisetzung wurden in zahlreichen Studien derivatisierte PEIs beschrieben. Die Kopp- lung mit Polyethylenglykol (=PEGylierung) führt unter anderem zu verminderter un- spezifischer Adsorption der Komplexe an c d Proteine und allgemein zu veränderten pharmakokinetischen Eigenschaften, die wiederum von der PEG-Kettenlänge und dem PEGylierungsgrad mit bestimmt wer- den. Ebenso wird durch PEGylierung die Komplexstabilität von PEI/siRNA-Kom- plexen beeinflußt, was zu vermindertem Schutz der siRNA, aber auch zu verbesserter intrazellulärer Freisetzung führen kann8. Die Kopplung mit gewebespezifischen Liganden wie Antikörpern, kleinen Peptiden oder Wachstumsfaktoren kann zur selektiveren Abb. 3: Anwendung von PEI/siRNA-Komplexen als anti-tumoraler Wirkstoff in vivo.5,6 Aufnahme solcher Komplexe in den jeweili- (a) Die rasterkraftmikroskopische Aufnahme zeigt homogene PEI/siRNA-Komplexe, in denen gen Zielgeweben führen. die siRNA vollständig geschützt ist. (b) Systemische Applikation von PEI-komplexierter (+) bzw. nackter (-) siRNA, die hier zur besseren Detektion 32P-markiert ist, in Mäuse mit subkutanen Fazit Tumor-Xenotransplantaten. Es wird in verschiedenen Geweben und vor allem auch im Tumor intakte siRNA nachgewiesen. (c) Durch Behandlung (Pfeile) von tumortragenden Mäusen mit Die Verwendung von siRNAs bietet eine PEI-komplexierter, gegen den tumorrelevanten Wachstumsfaktor Pleiotrophin (PTN) gerichteter leistungsfähige und sichere Methode zur siRNA wird ein signifikanter anti-tumorigener Effekt beobachtet. (d) Dieser ist auf die spezifische Induktion von RNAi, und zahlreiche Stu- Reduktion von PTN in den Tumoren zurückzuführen. dien beschreiben Formulierungen, die die in vivo-Applikation von siRNAs gestatten. nicht-enzymatischen Abbau geschützt. Ein siRNAs gegen eine nachfolgende tödliche Polyethylenimine stellen hier eine gute Mög- auf radioaktiv markierter siRNA beruhender Infektion partiell geschützt. Viele Studien lichkeit dar, da sie den Schutz, die zelluläre Assay zeigt, daß selbst die Behandlung mit wurden in Mausmodellen mit subkutanen Aufnahme und die intrazelluläre Freisetzung RNase A nicht zu einem Abbau der siRNAs Tumorxenotransplantaten aus Zellinien ver- von siRNAs gewährleisten, eine geringe führt. In Übereinstimmung damit zeigen ra- schiedener Tumorentitäten (u.a. Glioblastom, Toxizität zeigen und durch chemische Modi- sterkraftmikroskopische Aufnahmen, daß die Ovarialkarzinom, Prostatakarzinom) durch- fikationen weiter verfeinert werden können. siRNA-Moleküle tatsächlich vollständig von geführt. Sie beinhalteten die Inhibition der Ziel sind damit doppelspezifische Präparate, PEI umschlossen und damit geschützt sind Expression verschiedener tumorrelevanter die hohe Gewebeselektivität beim siRNA- (Abb. 3a). Während dies für alle PEIs zuzu- Gene wie der Rezeptoren HER-2 (c-erbB2/ Einschleusen mit hoher Zielgen-Spezifität der treffen scheint, wird nur bei bestimmten nie- neu) und VEGF-R2, der Wachstumsfaktoren siRNA verbinden und so neue therapeutische dermolekularen PEIs eine hinreichend hohe Pleiotrophin (PTN) und Vascular Epithelial Optionen eröffnen. siRNA-Transfektionseffizienz beobachtet, Growth Factor (VEGF) sowie dem Fibroblast also zelluläre Aufnahme der Komplexe und Growth Factor-Binding Protein (FGF-BP). Literatur intrazelluläre Freisetzung der siRNAs. Hierzu Nach Applikation PEI-komplexierter spezi- gehören u.a. das kommerziell erhältlich jetPEI fischer siRNAs wurden jeweils signifikante [1] Fire, A., Xu, S., Montgomery, M.K., Kostas, S.A., Driver, S.E., Mello, C.C., Nature 391 (1998), 806-11. (Biomol) sowie das kürzlich beschriebene, 5 antitumorigene Effekte beobachtet (Abb. 3c), [2] Elbashir, S.M., Harborth, J., Lendeckel, W., Yalcin, A., Weber, K., Tuschl, T., bis 10 kDa kleine PEI F25-LMW. In diesem die auf die Reduktion des jeweiligen Gen- Nature 411 (2001), 494-8. Fall können die PEI/siRNA-Komplexe auch produktes auf mRNA- und auf Proteinebene [3] Boussif, O., Lezoualc‘h, F., Zanta, M.A., Mergny, M.D., Scherman, D., De- meneix, B., Behr, J.P., Proc Natl Acad Sci U S A 92 (1995), 7297-301. lyophilisiert und damit dauerhaft gelagert (Abb. 3d) zurückzuführen waren. Injektionen [4] von Gersdorff, K., Sanders, N.N., Vandenbroucke, R., De Smedt, S.C., Wagner, werden7. Obwohl die PEI-vermittelte siRNA- wurden alle im Sinne einer systemischen und E., Ogris, M., Mol Ther 14 (2006), 745-53. [5] Urban-Klein, B., Werth, S., Abuharbeid, S., Czubayko, F., Aigner, A., Gene Ther Transfektion nur transient ist, wurden stabile klinisch relevanten Applikation intravenös, 12 (2005), 461-6. Gentargeting-Effekte für mindestens sieben intraperitoneal oder subkutan, jedoch nicht [6] Grzelinski, M., Urban-Klein, B., Martens, T., Lamszus, K., Bakowsky, U., Tage beobachtet. intratumoral vorgenommen. Die Mengen Hobel, S., Czubayko, F., Aigner, A., Hum Gene Ther 17 (2006), 751-66. [7] Werth, S., Urban-Klein, B., Dai, L., Hobel, S., Grzelinski, M., Bakowsky, U., Vor allem erlaubt die PEI-Komplexierung waren mit 10 µg siRNA/Injektion deutlich Czubayko, F., Aigner, A., J Control Release 112 (2006), 257-70. von siRNAs jedoch deren Anwendung in vivo. geringer als in vielen Vergleichsstudien. Bio- [8] Mao. S., Neu, M., Germershaus, O., Merkel, O., Sitterberg, J., Bakowsky, U., In mehreren Studien wurde gezeigt, daß PEI/ verteilungsstudien mit radioaktiv markierter Kissel, T., Bioconj. Chem. 17 (2006), 1209-1218. siRNA-Komplexe systemisch appliziert wer- siRNA belegten ferner, daß intakte siRNA- den können und Gentargeting-Effekte zeigen. Moleküle tatsächlich in das Tumorgewebe Korrespondenzadresse So konnte nach intravenöser Injektion von aufgenommen werden (Abb. 3b). In einem PEI-komplexierten siRNAs die Produktion orthotopen Glioblastom-Mausmodell wurde HD Dr. Achim Aigner von Influenza A-Viren in der Lunge infizierter ferner die intrathekale Applikation von 2 µg Institut für Pharmakologie und Toxikologie Mäuse reduziert werden; in einer anderen PEI-komplexierter siRNA getestet und führte Philipps-Universität Marburg Studie waren Mäuse nach Behandlung gleichfalls zu signifikanten antitumorigenen Tel./Fax: +49-(0)6421-2862262/-2865600 mit PEI-komplexierten Ebola-spezifischen Effekten. In keinem Fall gab es Hinweise auf eMail: aigner@staff.uni-marburg.de 10 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT
B L I T Z L I C H T Mausmodelle Targetvalidierung in vivo Dr. Jost Seibler, Prof. Dr. Frieder Schwenk, Artemis Pharmaceuticals GmbH, Köln RNAi zur Identifizierung und Validierung von Targetgenen in Zellen hat in jüngerer Zeit eine breite industrielle Anwendung gefunden. In zunehmendem Maß gewinnt auch die in vivo-Validierung für die Medikamentenentwicklung an Bedeutung. Daher wurde bei Artemis eine Technologiebasis etabliert, die eine breite Nutzung von Mäusen zur Targetvalidierung erlaubt. Artemis führt in vivo-’Knock-down’-Studien für pharmazeutische und akademische Partner im hohen Durchsatz durch. Dadurch können erstmals Targets in vivo in einem Durchsatz validiert werden, wie dies bisher nur in vitro durch Zellkulturexperimente erreicht werden konnte. Die Arzneimittelindustrie leidet weltweit Prozesses in vitro und in vivo genutzt. Als unter einem Innovationsdefizit: die Zahl eine der leistungsfähigsten Methoden auf der pro Zeiteinheit neu zugelassenen Arz- dem Gebiet der Functional Genomics gilt das neimittel mit sehr großen Umsatzpotential Stummschalten von Genen (Gene-Silencing) (Blockbuster) stagniert seit Jahren, obwohl mittels RNAi in vitro, also in Zellkultursyste- die industriellen Forschungs- und Entwick- men in Verbindung mit einer anschließenden lungsaufwendungen kontinuierlich stiegen. Analyse der daraus resultierenden Effekte. Es Um diesem Problem zu begegnen, setzt die ist mittlerweile das Verfahren der Wahl für Abb. 1: ‘knockdown’ von LacZ als Reportergen im Herzmuskel. Dargestellt sind Schnitte des Herzmuskels, die nach der Fixierung mit X-Gal gefärbt worden sind. wt: Wildtyp, LacZ: Negativ- Kontrolle ohne shRNA, Maus 1 + 2: LacZ + shRNA Pharmaindustrie vor allem auf neuartige die Funktionsanalyse von Screening- und wissenschaftliche Methoden, die die Effizienz Wirkstoff-Targets. Die beiden meistgenutz- des Pharmaentwicklungsprozesses steigern ten Methoden zum Gene-Silencing in Zellen können. Diese werden meist in akademischen sind der Einsatz von kurzen, chemisch Forschungslabors oder Biotech-Firmen zur synthetisch hergestellten doppelsträngigen Anwendungsreife gebracht, um dann von RNA-Molekülen (siRNAs) und die Expression den Pharmafirmen, etwa über strategische von short hairpin RNA (shRNA)-Molekülen Allianzen, mit den Biotech-Unternehmen nach Transfektion der Zellen mit Hilfe von in die industrielle Forschung implementiert Plasmiden oder viralen Vektoren. zu werden. Entscheidend für den Erfolg der Pharmainnovation ist dabei die Targetvalidie- Von der Knock-out- zur rung. Diese eröffnet die Auswahl besonders Knock-down-Maus vielversprechender Screening- oder Wirkstoff- targets. So kann insbesondere die Zahl der Bei den genetisch manipulierbaren Modell- MEDICA 2006 · Hall 03 · Booth A 58 Wirkstoffe verringert werden, die während organismen nimmt die Labormaus (Mus der klinischen Entwicklung abgesetzt werden musculus) eine herausragende Rolle in Stu- www.mn-net.com müssen und daher hohe Kosten verursachen, dien von humanen Erkrankungen und der MACHEREY-NAGEL MN MACHEREY-NAGEL GmbH & Co. KG ohne zu einem Produkt zu führen. präklinischen Arzneimittelentwicklung ein. Neumann-Neander-Str. 6-8 · 52355 Düren · Germany Neben der großen Homologie der murinen MACHEREY-NAGEL Germany Das Verstummen der Gene und menschlichen Genome und Ähnlichkeiten MN MACHEREY-NAGEL and international: in vielen physiologischen Aspekten lassen die Tel.: +49 (0) 24 21 969 270 MN ZERTIFIZIERT NACH EN ISO 9001 : 2000 e-mail: tech-bio@mn-net.com Für derartige Validierungen nehmen die vielfältigen Möglichkeiten zur Manipulation EN ISO 9001: 2000 CERTIFIED France: Methoden der RNA-Interferenz (RNAi), die des Genoms die Maus als idealen Modellorga- MACHEREY-NAGEL EURL Tel.: +33 (0) 3 88 68 22 68 seit etwa 2001 in der industriellen Forschung nismus für die Pharmaforschung erscheinen. e-mail: sales-fr@mn-net.com der Arzneimittelkonzerne und der Biotechfir- Seit den späten achtziger Jahren wurde die ge- Switzerland: men ständig an Bedeutung gewonnen haben, MACHEREY-NAGEL AG Tel.: +41 (0) 62 388 55 00 einen wichtigen Platz ein. RNAi wird zur e-mail: sales-ch@mn-net.com Targetvalidierung für alle Stufen des F&E- Kennziffer 15 LW 06 · www.biocom.de LABORWELT 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 | 11
B L I T Z L I C H T Neue, RNAi-basierte Methoden müssen sich direkt mit den Vorteilen der bestehenden Technologien der konditionalen Mutagenese messen. Eine enorm wichtige Aufgabe in der Technologieentwicklung ist die Etablierung zuverlässiger und breit einsetzbarer Methoden für die RNAi-vermittelte Targetvalidierung in vivo. Dabei muß die RNAi gegenüber bisherigen Knock-out-Verfahren Vorteile be- züglich Zeitersparnis, Durchsatz, Kosten und Anwendungsvielfalt aufweisen, um am Markt zu bestehen. Die Erfolge in in vivo-Anwendun- gen waren bisher jedoch noch begrenzt: die lokale und systemische Verabreichung von siRNA-Agenzien wird unter anderem durch den Einfluß pharmakokinetischer Parameter kompliziert. An einer Optimierung, etwa der chemischen Struktur und Formulierung, wird derzeit daher intensiv gearbeitet. Eine leistungsfähige Alternative bietet die Expression von shRNAs, bestehend aus kurzen invertierten Sequenzabschnitten, die durch einen Spacer getrennt sind. Diese erlauben im Abb. 2: Generierung von Mausmutanten mittels der Technologiebasis von Artemis. Schematisch Gegensatz zur Applikation von siRNAs eine ist die Kombination des Kassettenaustausches in embryonalen Stammzellen und der Komple- dauerhafte Inaktivierung von Genen. Zur mentation tetraploider Blastocyzten dargestellt. Fünf Wochen alte Mäuse können innerhalb von Ausprägung dieser shRNAs werden RNA- drei bis vier Monaten generiert werden. Polymerase III-abhängige Promotoren wie U6 und H1 verwendet, die besonders kurze Tran- zielte Manipulation embryonaler Stammzellen und die Untersuchung anderer Fragestel- skripte erzeugen. Exprimierte shRNAs werden (ES-Zellen) genutzt, um genetisch modifizierte lungen in adulten Mäusen. Eine verbesserte in der Zelle zu aktiven siRNAs prozessiert. Mit Mausstämme zu generieren. Zunächst wurden Strategie stellt die konditionale Mutagenese dieser Technologie lassen sich in Zellkultur Gene durch die Insertion eines Markergens in dar, die die Inaktivierung von Genen in einem RNAi-Effizienzen von mehr als 80% erreichen. die Keimbahn inaktiviert. Der größte Teil der bestimmten Organ und zu einem bestimmten Daher verspricht diese Technologie ein großes rund 3.000 beschriebenen Knock-out-Mäuse Zeitpunkt erlaubt. Die konditionale Mutage- Potential für die Anwendung in der Maus. basiert auf diesem Vorgehen. Da die Tiere eine nese wurde 1997 von dem Artemis-Gründer Außerdem muß gegenüber der Knock-out- homozygote Inaktivierung eines bestimmten und -Berater Klaus Rajewsky (Harvard Medi- Technologie nur ein einzelnes Transgen in das Gens aufweisen, sind sie ein geeignetes Modell cal School, Boston, USA) entwickelt. Artemis Genom eingebracht werden, und der Aufwand für Erbkrankheiten, führen aber in rund 30% hat diese Methoden optimiert und für den bei der Herstellung der Vektoren ist deutlich der Fälle zu embryonaler oder postnataler industriellen Einsatz angepaßt1. Auf diese geringer. Die Herausforderung bestand für Ar- Mortalität. Zudem eignen sich die Mäuse nicht Weise sind mehrere hundert Mausmodelle für temis in der Etablierung geeigneter Methoden für die Validierung von Arzneimitteltargets Artemis-Kunden entwickelt worden. für die Maus, die die Expression der shRNA in allen Geweben ermöglichen. A B In den letzten Jahren wurden mehrere shR- NA-basierte, transgene Mausmodelle beschrie- ben. Diese wurden mit Hilfe von Technologien, wie der Pronukleusinjektion, der Transfektion von Plasmiden oder der lentiviralen Integrati- on generiert, die alle zu einer zufälligen Inte- gration der Transgene in das Genom führen. Abhängig von der Integrationsstelle variierte die Stärke des Knock-downs (position effect variegation). Daher müßte sich an die Gene- rierung der shRNA-transgenen Mäuse eine zeit- und arbeitsaufwendige Charakterisierung verschiedener Mauslinien anschließen, was Abb. 3: Schema des tet-Repressor-Systems und die Effizienz des Knock-downs in vivo. A. Durch eine routinemäßige Anwendung im hohen die Bindung des tet-Repressors wird die Polymerase III sterisch an der Transkription der shRNA Durchsatz vereiteln würde. Um diese Kompli- gehemmt. Nach der Administration von Doxycyclin fällt der tet-Repressor von der tet-Operator- kationen zu vermeiden, wurden bei Artemis Bindungsstelle ab, und die Expression der shRNA führt zum Knock-down des Targetgens. Anstrengungen zur Identifikation einer geno- B. Effizienz des Knock-downs der Firefly-Luciferase in verschiedenen Geweben der Maus. Es mischen Integrationsstelle unternommen, die wurden zwei bis vier Mäuse in einem Alter von 8-10 Wochen analysiert. Die Reprimierung der eine definierte und reproduzierbare Ausprä- Firefly-Luciferase ist prozentual dargestellt: für die nicht-induzierten Kontrollen als graue Bal- gung der shRNA in allen Geweben der Maus ken und nach 10tägiger Induktion mit 2 mg/ml Doxycyclin im Trinkwasser als weiße Balken. Als erlaubt. Hierzu wurde das rosa26-Gen gewählt, Negativkontrollen dienten Tiere die keine shRNA gegen die Firefly-Luciferase, aber das Target- da es in jeder Zelle und während der gesamten gen exprimieren (schwarze Balken). Die relativen Werte der Firefly-Luciferase-Expression wur- Entwicklung der Maus ausgeprägt wird2. Diese de mit Hilfe der Renilla-Luciferase als Referenzgen kalkuliert. Eigenschaft ließ den rosa26-Integrationsort viel- 12 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT
B L I T Z L I C H T EGT_pub Laborwelt2006 7/02/06 9:06 Page 1 Kennziffer 16 LW 06 · Informationen ordern? · www.biocom.de versprechend erscheinen. Unsere Erwartungen bestätigten sich, da eine einzelne shRNA-Kopie in diesem Lokus zu einer hohen RNAi-Effizienz zwischen 80% und 95% in nahezu allen Organen führt (Abb. 1)1. Um zudem eine schnelle Generierung der shRNA-Mausmodelle zu erreichen, wurde ein Kassettenaustauschsystem für den rosa26-Lokus in ES-Zellen entwickelt, das die effiziente Einschleusung von shRNA-Vek- toren mittels genspezifischer Rekombination in einem einzigen Schritt erlaubt (Abb. 2). Die Nutzung zweier inkompatibler Erkennungsstellen erlaubt das Einbringen von DNA-Abschnitten in einen definierten Lokus, der die gleichen Erkennungsstellen trägt. Anders als Verfahren, die nur eine einzelne Erkennungsstelle nutzen, ist das rekombinierte Produkt in Anwesenheit der Rekombinase stabil. Bisher sind nur einige erfolgreiche Beispiele für einen solchen Kassettenaustausch (‚recom- binase mediated cassette exchange’, RMCE) in ES-Zellen beschrieben worden. In diesen Experimenten kam es jedoch zur nicht vollständigen Rekombination und damit zu einer unerwünschten Konfiguration des Transgens. Außerdem variierte die Effizienz in den bisherigen Entdecken Sie die Real-Time Welt! RMCE-Beispielen abhängig von der Wahl der Erkennungsstellen, der Selektionsmethode und des chromosomalen Ortes. Daher mußten eine Starten Sie durch mit Reihe von Verbesserungen implementiert werden, um die Technologie zur Anwendungsreife zu bringen. Die Optimierung aller dieser Fakto- Eurogentec qPCR & RTqPCR Kits! ren führte dazu, daß die RMCE-Effizienz auf mehr als 95% gesteigert werden konnte. Somit steht erstmals eine Methode zu Verfügung, die eine zielgerichtete Integration von shRNA-Vektoren in hohem Durchsatz und mit geringem Aufwand ermöglicht1. Bislang wurden auf diese Weise mehrere hundert shRNA-Vektoren erfolgreich in das Genom embryonaler Stammzellen eingebracht. Dies schafft die Voraussetzung für eine Hochdurchsatz-Nutzung der RNAi zur Targetvalidierung in vivo. Zudem führt der Einsatz der sogenannten info.de@eurogentec.com ES-Maustechnologie zur schnellen Generierung von Mäusen aus Zellen mit shRNA-Expression. Diese Methode wurde bereits 2001 bei Artemis in Zusammenarbeit mit Rudolf Jaenisch etabliert und hat sich als äußerst robuste Technologie erwiesen3. Abbildung 2 zeigt die bei Artemis eta- für die induzierbare Konfiguration in einer Kassette eingebaut werden blierte Technologieplattform zur Erzeugung derartiger Mausmutanten können. Damit eignet sich das System für die Herstellung induzierbarer innerhalb von vier Monaten. Gegenüber der bisherigen Vorgehensweise Mausmodelle in einem einzigen Schritt. bedeutet dies eine Zeitersparnis um mehr als die Hälfte. Die beschriebenen Beispiele zeigen, daß Erkenntnisse aus der aka- demischen Forschung oft erst nach aufwendiger Optimierung aller Genfunktionsanalyse im Hochdurchsatz Einzelschritte in die industrielle Nutzung transferiert werden können. Diese Optimierung muß neben dem Aspekt der Zeit- und Kostener- Der erfolgreiche Knock-down konnte inzwischen für viele verschiedene sparnis auch eine breite und reproduzierbare Anwendbarkeit der Gene erfolgreich demonstriert werden1 (Abb. 1). So führte zum Beispiel Technologie ermöglichen. Artemis hat sich durch die Entwicklung ihrer die Ausprägung einer Leptin-Rezeptor-spezifischen shRNA zu einer Technologiebasis in die Lage versetzt, ihren pharmazeutischen Partnern Knock-down-Effizienz von mindestens 90% in fast allen untersuchten maßgeschneiderte Modelle für die Pharmaentwicklung anzubieten. Geweben, was eine deutliche Gewichtszunahme der Mausmodelle Durch ihre RNAi-Technologie kann Artemis erstmals Medikamenten- zur Folge hatte. Dies zeigt, daß der Phänotyp von Knock-out-Mäusen Targets in vivo in einem Durchsatz validieren, wie dies bisher nur in schnell und kostengünstig reproduziert werden kann. Weiterhin wurde vitro durch Zellkulturexperimente erreicht werden konnte. Das große in Zusammenarbeit mit der Firma Grünenthal ein neues Schmerzmo- Interesse der Pharmaindustrie an der Artemis-Technologiebasis bestätigt dell generiert. Auch hier konnte gezeigt werden, daß der Knock-down diese Strategie. den entsprechenden publizierten Knock-out reproduzieren kann. Die entsprechenden Daten sind zur Publikation eingereicht. Literatur Ein weiterer Meilenstein ist mit der Entwicklung eines induzierba- [1] Seibler, J., Kuter-Luks, B., Kern, H., Streu, S., Plum, L., Mauer, J., Kuhn, R., Bruning, J. C. and Schwenk F. Nucleic Acids Res. ren Systems für die RNAi-Technologie bei Artemis erreicht worden. 33 (2005) e67. Entscheidend war es hierbei, ein effizient aktivierbares und zugleich [2] Seibler, J., Zevnik, B., Kuter-Luks, B., Andreas, S., Kern, H., Hennek, T., Rode, A., Heimann, C., Faust, N., Kauselmann, G. et „dichtes“ System zu etablieren. Induzierbare Technologien wiesen in der al. Nucleic Acids Res. 31 (2003) e12. [3] Eggan, K., Akutsu, H., Loring, J., Jackson-Grusby, L., Klemm, M., Rideout, W.M. 3rd, Yanagimachi R. and Jaenisch, R. Proc. Maus oft eine unzureichende Regulation auf. Daher war es notwendig, Natl. Acad. Sci. USA 98 (2001) 6209-6214. sowohl den tet-Repressor als auch die induzierbaren Promotoren zu optimieren. Hierzu wurde eine spezielle Variante des Doxycyclin-abhän- Korrespondenzadresse gigen tet-Repressor-Systems genutzt (Abb. 3a). Nachdem verschiedene Konfigurationen des U6- und H1-Promoters in der Maus gestestet wor- Dr. Jost Seibler und Prof. Dr. Frieder Schwenk den sind, konnte eine Variante identifiziert werden, die eine optimale Artemis Pharmaceuticals GmbH Charakteristik aufweist: Die Kombination war nach Fütterung mit Doxy- Neurather Ring 1, D-51063 Köln cyclin stark aktiviert, wies jedoch in Abwesenheit des Induktors keine Tel.: +49-(0)221-9645342, Fax: +49-(0)221-9645321 Hintergrundaktivität auf. Hierbei war entscheidend, daß alle Elemente eMail: seibler@artemispharma.com LABORWELT 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 | 13
W I S S E N S C H A F T PhenomicDB Phänot ypen sind in der post-genomi- schen Ära wieder stärker ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Ohne sie ist es Eine speziesübergreifende unmöglich, der großen Menge bioinfor- matisch identifizierter Gene biologische Funktionen zuzuweisen. Auch erlauben es Ressource für RNAi-Daten jüngere Entwicklungen neuer Technologien wie etwa der RNA-Interferenz (RNAi) 1, experimentell (verifizierte) Phänotypen mit und klassische Phänotypen hohem Durchsatz zu generieren und mit den Genotypen zu assoziieren. Mittlerweile gibt es viele Ressourcen, die Phänotypdaten im genomischen Kontext vorhalten – meist Philip Groth und Dr. Bertram Weiss, Genomics & Bioinformatics, Schering AG, Berlin fokussiert auf Organismus, Krankheit oder experimentelle Methode. Die Bedeutung der Phänotypen, die wichtigsten Datenbanken Phänotypen sind Gegenstand intensiver biomedizinischer Forschung. Die Daten sind jedoch und hilfreiche Analysemethoden haben wir über viele verschiedene Ressourcen verstreut, die sich meist einer bestimmten Spezies oder erst kürzlich in einem Übersichtsartikel 2 Krankheit verschrieben haben. Da Phänotypen mittlerweile im Hochdurchsatz generiert beschrieben. Besonders vielversprechend werden, wächst nicht nur deren Zahl, sondern auch die Notwendigkeit, die entsprechenden ist es, Phänotypen miteinander zu verglei- Daten zu sammeln, zu ordnen und sinnvoll zu strukturieren. Zu diesem Zweck haben wir chen (vergleichende Phänomik), um etwa PhenomicDB – eine Genotyp/Phänotyp-Datenbank – geschaffen und frei verfügbar gemacht Hinweise für neue Mitglieder bekannter (www.phenomicDB.de). Hier sind Phänotypen mit den verursachenden Genen verlinkt, und Signal- oder Synthesewege (Pathways) oder Orthologiebeziehungen werden verwendet, um unerkannte Zusammenhänge über Spezies die Funktion von Genen zu erhalten, deren hinweg aufzuzeigen. Wir haben PhenomicDB erweitert, um quantitative und qualitative Orthologe schon phänotypisch aufgefallen Phänotypen aus RNAi-Screens aufzunehmen. Die Integration klassischer Phänotypen (z.B. sind. Knock-out-Mäuse) mit zellulären Phänotypen aus Hochdurchsatzscreenings (z.B. RNAi) über Artengrenzen hinweg wird unser biologisches Verständnis verbessern und diesen Spezies-übergreifende wertvollen Funktions-Daten die nötige Beachtung im Laboralltag bringen. Phänotyp-Datenbanken Bisher gab es jedoch nur wenige Ansätze, Genotypen und Phänotypen speziesüber- greifend zusammenzustellen. Aus diesem Grund haben wir vor zwei Jahren in Zusammenarbeit mit der Firma Metalife PhenomicDB3,4 geschaffen – eine Datenbank, in der Genotypen und Phänotypen für viele verschiedene (vor allem Modell-) Organis- men zusammengefaßt sind. PhenomicDB ist frei und ohne Einschränkungen unter www. phenomicdb.de zugänglich. Die speziesüber- greifende Suche wird durch die Einbindung von Orthologiebeziehungen zwischen den Genen ermöglicht. Da Gene in Orthologie- gruppen zusammengefaßt sind, werden die Informationen der Phänotypen aus verschiedenen Organismen auf einen Blick strukturiert sichtbar. PhenomicDB verfügt über phänotypische Daten aus Mutanten- screens, Knock-out- und RNA-Interferenz- Studien, aber auch Beschreibungen von Krankheiten oder natürlichen Mutanten, beispielsweise aus Drosophila melanogaster, sind enthalten. Phänotypen mehrerer Spezies sind sonst nur noch in der Online Mendelian Inheri- tance in Animals-Datenbank (OMIA)2,4 zu- sammengefaßt – einer kleinen für Haus- und Nutztiere angelegten Variante der Online Mendelian Inheritance in Man (OMIM)2,4- Abb. 1: Typische Ergebnisliste aus PhenomicDB für die Frataxin-Orthologiegruppe (einige Datensammlung – oder in ENSEMBL, die Einträge wurden ausgelassen, um die Übersichtlichkeit zu verbessern). Zu jedem Gen der Fra- phänotypische high-level-Daten auch von taxin-Orthologiegruppe werden eingerückt und grün unterlegt die dazugehörigen Phänotypen orthologen Genen vorhält4. Jedoch ist Phe- angezeigt. Die Hyperlinks führen zu den Quelldatenbanken, der „Show Entry“-Knopf zeigt den nomicDB bis dato die einzige Datenbank, die vollständigen Eintrag für Gen und Phänotyp. Es gibt keinen Phänotypen für Gallus gallus, und Phänotypen detailliert für mehrere Spezies daher ist diese Zeile rot unterlegt [Abb. mit freundl. Genehmigung aus 4]. nebeneinander präsentiert. Aufgrund der 14 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT
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