Leben & Wohnen - Vorarlberger ...

Die Seite wird erstellt Silvester Rieger
 
WEITER LESEN
Leben & Wohnen - Vorarlberger ...
Leben & Wohnen
    Immobilienbeilage
    Samstag/Sonntag, 3./4. Juli 2021

                                                                                Heute:
                                                                           Designkl
                                                                                   assik
                                                                              Möbel mi er/
                                                                                      t
                                                                             Geschich
                                                                                     te

Zuwachs für die Wiener Boku
Die Universität für Bodenkultur wächst. Das Vorarlberger Architekturbüro
Baumschlager Hutter Partners erweiterte sie um einen nachhaltigen Bau.
Leben & Wohnen - Vorarlberger ...
4 Leben & Wohnen                                                                         Samstag/Sonntag, 3./4. Juli 2021
                                                                                                  Vorarlberger Nachrichten
                                                                                                                             Samstag/Sonntag, 3./4. Juli 2021
                                                                                                                             Vorarlberger Nachrichten                                                                                                                                         5
                                                                                                                                                                                                                  SONNENSCHUTZ Die haushohen Lärchenlamellen, die der Fassade
                                                                                                                                                                                                                  einen Rhythmus verleihen, sind nicht nur schön, sie dienen auch als fixer
                                                                                                                                                                                                                  Sonnenschutz.

                                                                                                                                                                                                                  UNTERIRDISCH Die Architekten Baumschlager Hutter ordneten mehr als
                                                                                                                                                                                                                  die Hälfte der Nutzfläche des Institutsgebäudes ,TüWi‘ unterirdisch an. So
                                                                                                                                                                                                                  bleibt der Neubau in der Maßstäblichkeit der umgebenden Villen (rechts).

                                                                                                                                                                                                                                                      INNENHOF Der abgesenkte Innenhof
                                                                                                                                                                                                                                                      dient dem neuen ,TüWi‘-Lokal und dem
                                                                                                                                                                                                                                                      Hofladen im Untergeschoß als kommu-

  Zuwachs für die Wiener Boku
                                                                                                                                                                                                                                                      nikativer Vorhof im Freien.
                                                                                                                             Am Rand des Türkenschanzparks          wendevillen in schönen Gärten das         Der Bauplatz liegt schräg gegen-
                                                                                                                             liegt die Wiener Universität für Bo-   Gegenüber der Uni. An ihrer Rück-      über dem Eingang zum Türken-
                                                                                                                             denkultur (Boku) auf einer Anhö-       seite stehen viele Gewächshäuser,      schanzpark an einer Kreuzung.
                                                                                                                             he über der Stadt. Hier treffen die    Beete und Kräutergärten für die        Früher befand sich hier in einem
                                                                                                                             Nobelbezirke Währing und Ober-         Studierenden.                          Gründerzeithaus der sogenannte
  Die Universität für Bodenkultur (Boku) erforscht die Umwelt in allen Facetten.                                             Döbling aufeinander. 1872 wurde           Die Boku hat sich dem Schutz        Türkenwirt, liebevoll ‚TüWi‘ ge-
Das ist wichtiger denn je, die Zahl der Studierenden wächst rasant. Das Vorarlberger                                         die „k.k. Hochschule für Boden-
                                                                                                                             cultur“ mit dem Ziel gegründet, „...
                                                                                                                                                                    und der Verbesserung der Lebens-
                                                                                                                                                                    grundlagen, dem Management na-
                                                                                                                                                                                                           nannt. Dieses autonom von Studie-
                                                                                                                                                                                                           renden betriebene Lokal war eine
     Architekturbüro Baumschlager Hutter Partners steckte über die Hälfte des                                                die höchste wissenschaftliche Aus-     türlicher Ressourcen und ähnlichen     Institution, kaum ein Boku-Absol-
    geforderten Volumens wohltemperiert in die Erde. Lärchenlamellen an der                                                  bildung in der Land- und Forstwirt-
                                                                                                                             schaft zu erteilen.“ Oberingenieur
                                                                                                                                                                    Themen verschrieben. Keine ande-
                                                                                                                                                                    re Universität in Österreich wächst
                                                                                                                                                                                                           vent, der hier nicht sein Diplom
                                                                                                                                                                                                           feierte. Mit der Maßstäblichkeit
  Fassade, Solarkollektoren, Betonkernaktivierung und mehr schaffen das erste                                                Alois Koch plante den prächtigen       so stark. Über 12.000 Studierende      der Villen war das Raumprogramm
                           universitäre Plus-Energie-Haus.                                                                   Universitätsbau, der 1896 eröffnet
                                                                                                                             wurde. „An der Türkenschanze“
                                                                                                                                                                    verteilen sich derzeit auf mehrere
                                                                                                                                                                    Standorte. 2014 schrieb man einen
                                                                                                                                                                                                           kaum zu vereinbaren. Die Archi-
                                                                                                                                                                                                           tekten Baumschlager Hutter lösten
                                                                                                                             hieß die Adresse damals, heute ist     Wettbewerb für einen Neubau mit        das Dilemma klug: „Wir ordneten
                                                                                                                             es die Gregor-Mendel-Straße. Vor       5650 m2 aus. Darin waren ein Hör-      mehr als die Hälfte der Nutzfläche
                                                                                                                             der Hauptfassade breitet sich im       saal für 400 Personen, Lehr- und       unterirdisch an“, erklärt Projekt-
                          Autorin: Isabella Marboe| Fotos: Kurt Hörbst, Lukas Schaller                                       Osten der Linéeplatz aus, einmal       Arbeitsräume, eine Mensa, drei Ins-    leiter Gerhard Müller. „So muss-
                                                                                                                             ums Eck, im Norden an der Peter-       titute sowie die historische Minera-
                                                                                                                             Jordan-Straße, bilden Jahrhundert-     liensammlung unterzubringen.                    FORTSETZUNG auf Seite 6
Leben & Wohnen - Vorarlberger ...
6 Leben & Wohnen                                                                                            Samstag/Sonntag, 3./4. Juli 2021
                                                                                                                     Vorarlberger Nachrichten
                                                                                                                                                Samstag/Sonntag, 3./4. Juli 2021
                                                                                                                                                Vorarlberger Nachrichten                                                                7
FORTSETZUNG der Geschichte Zuwachs für die Wiener Boku von Seite 5

                                                                                                            „Wir haben mehr als
                                                                                                           die Hälfte der Nutzflä-
                                                                                                            che unterirdisch an-
                                                                                                           geordnet. Das ist ein
                                                                                                            Low-Tech-Ansatz.
                                                                                                            Dadurch müssen wir
                                                                                                           im Sommer nicht mit
                                                                                                            viel Energieaufwand
                                                                                                           kühlen und im Winter
                                                                                                                  heizen.“
                                                                                                                   Gerhard Müller
                                                                                                                     Architekt,
                                                                                                                                                     2
                                                                                                             Baumschlager Hutter Partners

                                                                                                                                                                                               Pflanzen spielen auf der Boku eine
                                                                                                  1                                                                                        3   zentrale Rolle – sie sind auch in
                                                                                                                                                                                          der Architektur des Institutsgebäudes
                                                                                                                                                                                          ,TüWi‘ sehr präsent. Hier die Pflanzen-
                                                                                                                                                      Die Dachterrasse ist ein Experi-
       Eine Baukulturgeschichte von
                                                                     ten wir das maximale Volumen,        Staatspreis für Architektur und        1    mentierfeld für Pflanzen und als
                                                                                                                                                                                          kaskaden im Lichthof über der
                                                                     das die Bauordnung erlaubt hätte,    Nachhaltigkeit ausgezeichnet.         Freiluftklasse bei den Studierenden
                                                                                                                                                                                          Essensausgabe.
                                                                     nicht ausnutzen. Wir konnten auf        Die Architekten teilten Funk-      sehr beliebt. Hier werden Photovoltaik-
       Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und           ein Staffelgeschoß verzichten.“ So   tionen und Volumen geschickt          paneele zur Pergola.
       Gestaltung in Vorarlberg. Themenschwerpunkt 2021/22:          fügt sich die Kubatur gut ein.       auf. Im Nordosten am Eck bei der                                                     Multifunktional: Dieser helle
       Architektur und Bildung. Mehr unter: www.v-a-i.at                Der Hörsaal verschwindet de-      Kreuzung hat das Haus einen qua-                                                 4   Raum im Erdgeschoß ist mittags
                                                                     zent im wohltemperierten Erd-        dratischen Grundriss von 29 Meter                                               Mensa, sonst ein Aufenthaltsraum zum
                                                                                                                                                     Foyer des neuen Institutsgebäu-
                                                                     reich. „Das ist ein Low-Tech-        Seitenlänge: Hier bezieht es städ-     2   des ,TüWi‘: Eine nachhaltige
                                                                                                                                                                                          Lernen, Warten, Treffen zwischen den
       Mit freundlicher Unterstützung durch                                                                                                                                               Vorlesungen.
                                                                     Ansatz. Dadurch müssen wir im        tebaulich Position und hier sind      Universiät wie die Boku muss auf
                                                                     Sommer nicht mit viel Energie-       die öffentlicheren Funktionen un-     natürliche, möglichst lösungmittelfreie
                                                                     aufwand kühlen und im Winter         tergebracht. Im Erdgeschoß beim       Materialien setzen. Der Boden ist aus
       Daten und Fakten                                              heizen“, so Müller. Auch sonst       Foyer befinden sich Haupterschlie-
                                                                                                                                                geschliffenem Estrich, die Türen und
                                                                                                                                                Fenster sind aus geölter Lärche.           5
                                                                                                                                                                                                Dieser Hörsaal bietet 400
                                                                                                                                                                                                Personen Platz. Dass er im
                                                                     ist das Gebäude vom Keller bis       ßung, Mensa, Seminarräume, in                                                   Untergeschoß liegt, ist ihm dank eines
                                                                                                                                                                                                                                    3
       Objekt	Türkenwirtgebäude BOKU Wien                           zum Dach nachhaltig: Alle erd-       den Untergeschoßen der Hörsaal,
       Bauherr	Bundesimmobiliengesellschaft (BIG)                                                                                                                                        sehr klugen Belichtungskonzepts nicht
                                                                     berührenden Bauteile und die         in den zwei Geschoßen darüber die                                               anzumerken. Er bietet perfekte
       Architektur	Baumschlager Hutter Partners,
                       Dornbirn, Niederlassung Wien
                                                                     Tragstruktur sind aus Beton, die     Institute. Diese kragen über dem                                                Verhältnisse für Vorlesungen.
                       www.baumschlager-hutter-partners.com          Fassaden in Holzelementbauwei-       Eingangsbereich aus und schaffen
       Statik	Buschina Partner ZT, Wien                             se mit Mineralwolle gedämmt.         ihm so einen Vorplatz. Der daran
                       www.buschina.at                               Die haushohen Lärchenlamellen,       anschließende, abgesenkte Innen-
       Fachplanung	Energie: HL Technik, München; Hei-               die der Fassade einen Rhythmus       hof spielt eine Schlüsselrolle. Er
                       zung Lüftung Sanitär: pgg Blueberg            verleihen, sind nicht nur schön,     belichtet das Untergeschoß und
                       Control, Kapfenberg und RUSS, Bruck
                                                                     sie dienen auch als fixer Sonnen-    wirkt als einschnürende Zäsur
                       an der Mur; Elektro: pgg Blueberg
                       Control und Helmut Fortmüller, Bruck
                                                                     schutz. Natürliche Materialien,      zwischen dem Kopf des Gebäudes
                       an der Mur; Brandschutz Röhrer, Wien;         raumhohe Fenster aus geölter         und seiner halb so schmalen, um
                       Bauphysik: Buschina Partner ZT, Wien;         Lärche, die in Büros zu französi-    ein Stockwerk niedereren Fort-
                       ÖGNI-MNachhaltigkeits-Zertifizierung:         schen Fenstern werden, ein gro-      setzung. Der Hof ist direkt vom
                       Drees & Sommer, Wien: BOKU Arbeits-           ßer Lichthof und viel Grün sorgen    Gehsteig aus über eine Treppe zu
                       gruppe Ressourcenorientiertes Bauen;          rundum für Wohlbefinden. Das         erreichen, die mit einer Viertel-
                       Landschaftsarchitektur Rajek Barosch,
                                                                     Büro Rajek Barosch gestaltete        drehung von einem kleinen Podest
                       Wien
       Planungsbeginn	2014 – 2016
                                                                     den Freiraum: Der Steingarten zu     im abgesenkten Freiraum landet.
       Ausführung      2016 - 2018                                   ebener Erde sowie die Pflanzbeete    Er dient dem neuen ‚TüWi‘-Lokal
       Grundstücksgröße 2924 m²                                      und Bänke unter den Solarpanee-      mit Hofladen als Lichtquelle und
       Nutzfläche      7779 m²                                       len am Dach sind als Freiluftklas-   Vorhof. Hier steht nun eine Ibiza-
       Bauweise        Holzhybridbauweise                            sen sehr beliebt. Von oben stürzen   Bar, jammt eine Band, hocken
       Besonderheiten Leuchtturmprojekt für nachhaltiges             Pflanzenkaskaden den Lichthof        Studierende auf Palettenmöbeln.
                       Bauen                                         bei der Essensausgabe herab. Das     Villenbewohner(innen), die um
       Energiekennwert 10 kWh/m² im Jahr (HWB)
                                                                     Institutsgebäude ‚TüWi‘ ist mit      ihre Nachtruhe bangten, nahm die
       Fotos: Kurt Hörbst, Lukas Schaller                            ÖGNI-Platin für seine Nachhaltig-    abgesenkte Lage des ‚TüWi‘ den             4                                                                              5
                                                                     keit zertifiziert und u.a. mit dem   Wind aus den Segeln.
Leben & Wohnen - Vorarlberger ... Leben & Wohnen - Vorarlberger ... Leben & Wohnen - Vorarlberger ... Leben & Wohnen - Vorarlberger ... Leben & Wohnen - Vorarlberger ... Leben & Wohnen - Vorarlberger ... Leben & Wohnen - Vorarlberger ...
Sie können auch lesen