Leben & Wohnen - Ein großes Boot mit vielen kleinen Segeln - Immobilienbeilage - Vorarlberger Architektur Institut
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Leben & Wohnen Immobilienbeilage Samstag/Sonntag, 5./6. Jänner 2019 Heute: Skulptura le Design s Ein großes Boot mit vielen kleinen Segeln Drei kleine Schulen in einem großen Gerüst, das viel Freiraum zur Aneignung bietet.
4 Leben & Wohnen Samstag/Sonntag, 5./6. Jänner 2019 Vorarlberger Nachrichten Samstag/Sonntag, 5./6. Jänner 2019 Vorarlberger Nachrichten 5 EINPRÄGSAMER RHYTHMUS. Der große Baukörper ist in drei Abschnitte gegliedert. Hier wird jahrgangsübergreifend unterrichtet. Die Schule bietet dafür das notwendige Gerüst. KONSTRUKTIVES KONZEPT. Der Neubau ist als klar ablesbares Gerüst aus Ortbeton mit umlaufenden Balkonen ausgeführt, das mit einer Außen- haut aus Holz und Glas ausgestattet ist. STÄDTEBAULICHE WIRKUNG. Der Neubau reicht an die bestehenden Sporthallen heran, mit denen er zwar nicht direkt verbunden ist, aber einen Ein großes Boot W städtebaulichen Dialog eingeht, der gut proportionierte Außenräume ovon hängt der Erfolg Was haben diese Faktoren mit dem zwischen Alt und Neu entstehen lässt. von Schule ab? Wer Haus zu tun, in dem der Unterricht das genau wissen will, stattfindet? Auf den ersten Blick we- mit vielen kleinen Segeln schlägt bei John Hattie nig, denn es geht hier nicht um Klas- nach, einem Pädagogen aus Aus- sengrößen oder Gangbreiten. Wer tralien. Hattie hat aus Tausenden einen Tag in der neuen Schule am wissenschaftlichen Studien die Fak- See in Hard verbringt, erkennt aber toren herausgefiltert, die wirklich sehr rasch die Zusammenhänge. Ei- Drei kleine Schulen in einem großen Gerüst, das viel Freiraum zur Aneignung bietet: einen Unterschied machen. Das Ergebnis ist überraschend. An ers- gentlich besteht die Schule aus einer Volksschule und einer Neuen Mittel- In unmittelbarer Nähe zum See hat die Gemeinde Hard eine Schule für 6- bis ter Stelle steht das Selbstvertrauen schule (NMS), die hier unter einem 14-Jährige errichtet, die beispielhaft für eine neue, ebenso anspruchsvolle wie offene Lern- der Lehrerinnen und Lehrer, mit ih- rem Unterricht etwas zu bewirken; gemeinsamen Dach zu einer großen Einheit zusammengefasst sind. 350 kultur steht. Die Architekten aus dem Büro Baumschlager und Hutter haben mit ihrem an zweiter Stelle die Fähigkeit der Kinder besuchen die Volksschule Projekt den idealen Ort dafür entworfen. Im Verbund mit den bestehenden Sporthallen ist Schülerinnen und Schüler, ihr eige- nes Leistungsniveau einzuschätzen; und 300 die NMS. Wie lässt sich an- gesichts dieser Zahl ein Unterricht ein Leuchtturmprojekt entstanden, das Offenheit und Präzision verbindet. und an dritter Stelle, dass der Unter- herstellen, der individuell auf die richt an die Entwicklungsstufe jedes Bedürfnisse des einzelnen Kindes Autor: Christian Kühn | Fotos: Petra Rainer, Albrecht Imanuel Schnabel einzelnen Kindes angepasst ist. zugeschnitten ist? FORTSETZUNG auf Seite 6
6 Leben & Wohnen Samstag/Sonntag, 5./6. Jänner 2019 Vorarlberger Nachrichten Samstag/Sonntag, 5./6. Jänner 2019 Vorarlberger Nachrichten 7 FORTSETZUNG der Geschichte Ein großes Boot mit vielen kleinen Segeln von Seite 5 „Die möglichst viel- fältigen Optionen entsprechen den Ideen von im Fluss befindli- chen Lehr- und Lern- 1 programmen.“ Carlo Baumschlager 2 Eine Baukulturgeschichte von Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at Mit freundlicher Unterstützung durch Die pädagogischen Leiter der alen Ort für diese Art von Unter- Daten und Fakten beiden Schulen, Karin Dorner in richt geschaffen, der einprägsam der Volksschule und Christian und gleichzeitig offen für Verän- Objekt Schule am See Hard Grabher von der NMS, haben da- derung ist. Einprägsam ist er vor Bauherr Marktgemeinde Hard für ein genial einfaches Konzept allem durch den Rhythmus, in Architektur Baumschlager Hutter Partners Projektleitung Ralf Bernhardt | Sporthalle: Bernd Haslinger gefunden. Aus der großen Schu- dem der große Baukörper geglie- Örtliche Bauaufsicht gbd ZT GmbH, Dornbirn le werden drei kleine, die in sich dert ist. In den Ausmaßen reicht Fachplaner|innen: Tragwerksplanung: Mader & Flatz ZT GmbH, Bregenz; nochmals dreigeteilt sind: Im Erd- der Neubau an die bestehenden Geotechnik: 3P Geotechnik ZT GmbH, Bregenz; HKLS-Planung: E-Plus geschoß gibt es Raum für den ers- Sporthallen heran, mit denen er GmbH, Egg; Elektroplanung: Ingenieurbüro Brugger GmbH, Thüringen; ten bis dritten Jahrgang, im ersten zwar nicht direkt verbunden ist, Bauphysik: DI Dr. Lothar Künz GmbH und Co KG, Hard; Landschaftspla- Obergeschoß für den vierten bis aber einen städtebaulichen Di- nung: terra.nova, München; Ökologische Beratung: Umweltverband, sechsten, und im obersten Ge- alog eingeht, der gut proportio- Dornbirn; Bauökologie: SPEKTRUM Bauphysik & Bauökologie GmbH, Dornbirn; Infrastrukturplanung: Rudhardt+Gasser, Bregenz; Lichtpla- schoß für den siebenten und ach- nierte Außenräume zwischen Alt nung: Bartenbach GmbH, Aldrans; Tageslichtberechnung: TeamGMI ten. In den einzelnen Geschoßen und Neu entstehen lässt. Sie wir- Ingenieurbüro Liechtenstein AG, Schaan; Bausicherheitskoordination: gibt es keine an einem Gang auf- ken beinahe städtisch, obwohl im BSK Wolfgang Günter, Dornbirn; Vermessungswesen: Klocker & Wahl gereihten Klassenzimmer, son- Hintergrund die Weite des Sees Ziviltechniker GmbH, Bregenz; Brandschutzplanung: K&M Brandschutz- dern einen großen, durch Glas- zu erahnen ist. technik GmbH, Lochau; Küchenplanung: Gastro-Plan, Götzis; Grafische wände unterteilten Raum. Jeder Offen für Veränderungen ist das Gestaltung Leittechnik: Werkstatt West, Hard Jahrgang hat zwar seinen eigenen Haus durch sein konstruktives Beteiligte Firmen (Auswahl): i+R Spezialtiefbau GmbH, Lauterach; Kostmann GmbH, St. Andrä; Pfeiffer GmbH + Co KG, Lauterach; Dobler Bereich, aber zusätzlich gibt es Konzept. Der Neubau ist als klar 3 Holzbau GmbH, Röthis; Carl Günther GmbH, Röthis; ARGE Stolz – Inte- Projekträume und einen großen ablesbares Gerüst aus Ortbeton mann, Bregenz; Elmar Graf GmbH, Dornbirn; Ender Klimatechnik GmbH, Bereich in der Mitte, der von allen mit umlaufenden Balkonen aus- Altach; Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH, Dornbirn; Wallner genutzt werden kann. Hier lässt geführt, das mit einer Außenhaut schützt, Scheifling; Starmann Metallbau GmbH, Klagenfurt; MGT Mayer es sich gut jahrgangsübergrei- aus Holz und Glas ausgestattet Glastechnik GmbH, Feldkirch; AF Fußbodentechnik GmbH, Amtzell; fend und im Team unterrichten, ist. Im Inneren bestehen die Bö- Markus Kalb GmbH, Dornbirn; Wolf Metall GmbH, Weiler; Tischlerei Telser OHG, Mals; Rene Bechtold GmbH, Weiler; Raumbau Josef Reumil- um so besser auf die einzelnen den aus demselben Holz, was den ler GmbH, Hard; Malerbetrieb Werner Bösch, Höchst; Fliesenpool GmbH, Kinder eingehen zu können. Die Räumen trotz der großen Glas- Aus der großen Schule werden Sport und Bewegung spielen in Nenzing; Josef Feuerstein GmbH & Co KG, Nüziders; M. Berthold GmbH, Projekträume erleichtern den fä- flächen einen sehr wohnlichen 1 drei kleine, die in sich nochmals 3 den Schulen am See eine große Rankweil; Wohlgenannt, Dornbirn; Lenz Nenning GesmbH, Dornbirn; cherübergreifenden Unterricht, Charakter gibt. Als Schutz gegen dreigeteilt sind. Rolle. Weiler Möbel, Weiler; FHE Franke, Dornbirn; Reiter Wohn- und Objektein- bei dem oft über längere Phasen Überhitzung und Blendung die- richtung GmbH, Rankweil; Paterno Bürowelt Gmbh & Co KG, Dornbirn; jenseits der 50-Minuten-Stunde nen Markisen aus einem hellen Steurer Bauelemente, Hard; Hilti & Jehle GmbH, Feldkirch; Wilhelm + Leitsystem und Beschriftung sind Mayer Bau GmbH, Götzis; Brunner GmbH, Höchst u.a. an einem Thema gearbeitet wird. Stoff, die aus der Schule ein gro- Räume, die nach innen und außen 4 wichtig in jedem großen Bau mit Fotonachweis: Albrecht Imanuel Schnabel Seite 5 (2), 7 (2), Seite 8 (5,6), Die Architekten aus dem Büro ßes Boot mit vielen kleinen Se- 2 wirken. Die Schule am See punktet vielen Akteur(inn)en. Das grafische alle übrigen: Petra Rainer Baumschlager und Hutter haben geln machen, wenn sie ausgefah- mit Funktionalität und atmopsphäri- Konzept kommt aus der Werkstatt 4 mit der Schule am See einen ide- ren sind. scher Dichte. West.
8 Leben & Wohnen Samstag/Sonntag, 5./6. Jänner 2019 Vorarlberger Nachrichten Samstag/Sonntag, 5./6. Jänner 2019 Vorarlberger Nachrichten 9 FORTSETZUNG der Geschichte Ein großes Boot mit vielen kleinen Segeln von Seite 7 Jedes Details der Schule ist überlegt und mit großer Präzi- sion ausgeführt. Innerhalb des Gerüsts haben die Nutzer er- staunlich viele Möglichkeiten, durch Möblierung und Gestal- tung im Kleinen eigene Wün- sche umzusetzen. Folgerichtig unterscheiden sich die Etagen, die ja drei unterschiedlichen Altersgruppen dienen, deutlich voneinander. Jeder „Cluster“ – so werden diese Einheiten heute oft genannt – kann so seine eige- ne Lernkultur entwickeln. Eine 7 8 Art von Anleitung dafür, wie sich das Gerüst ganz unterschiedlich weiterbauen lässt, sind die drei Spielhöfe, die jeweils einen spe- zifischen Charakter haben. Der erste Hof ist mit großen Find- lingen möbliert, die als felsige Kletterlandschaft dienen, der zweite als Bühne mit kleinen Plattformen aus Holz und der dritte als Wasserlandschaft. Wer viel Fantasie hat, sieht die Kin- der diese Räume in Besitz neh- men und sie umbauen, verdich- ten und erweitern. Dann werden die Segel ausgefahren, und die 5 Schule hebt ab. 9 10 11 12 Im Inneren bestehen die Böden 7 Jedes Haus hat einen Bereich zum Ankommen, zum Ablegen, für private Dinge. 5 aus Holz, was den Räumen trotz der großen Glasflächen einen sehr Cluster. In den einzelnen Geschoßen gibt es keine an einem Gang aufgereihten Klassenzimmer, sondern einen großen, durch Glaswände unterteilten wohnlichen Charakter verleiht. 8 9 10 11 Raum. Jeder Jahrgang hat zwar seinen eigenen Bereich, aber zusätzlich gibt es Projekträume und einen großen Bereich in der Mitte, der von allen genutzt werden kann. Hier lässt es sich gut jahrgangsübergreifend und im Team unterrichten, um so besser auf die einzelnen Kinder eingehen zu können. Die Projekträume erleichtern den fächerübergreifenden Unterricht. Gangflächen und Stiegenhäuser 6 haben räumliche Qualität und 6 können mitbespielt und qualitativ 12 genutzt werden. Autor und Schulbauexperte Christian Kühn im Gespräch über das Konzept der Schulcluster mit den verantwortlichen Pädagog(inn)en.
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