Lehrhilfen Unterrichtsanregungen für die Alltagspraxis Sport - Deutscher Sportlehrerverband
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Monatsschrift zur Wissenschaft und Praxis des Sports mit Lehrhilfen Offizielles Organ des Deutschen Sportlehrerverbandes e.V. (DSLV) Lehrhilfen Unterrichtsanregungen für die Alltagspraxis Sport aus: Lehrhilfen für den Sportunterricht, Schorndorf, 63 (2014), Heft 1 Steinwasenstraße 6–8 • 73614 Schorndorf www.hofmann-verlag.de Telefon (0 71 81) 402-0 • Fax (0 71 81) 402-111 sportunterricht@hofmann-verlag.de
Gleiten, Rollen, Fahren – Rollsport/Schneesport Eislaufen als Alternative zum Schwimmen Veit Dubiel Mit zu den beliebtesten Sportarten im Schulsport zäh- Obwohl die verschiedenen Eislaufsportarten hinsicht- len der leichtathletische Lauf, die Spielsportarten und lich ihrer Leistungsfaktoren unterschiedlich gewichtet „Kleine Spiele“. Eislaufen wird bisher eher gemieden, sind, gibt es grundlegende Basisfähigkeiten, auf deren obwohl es ebenso Lauf-, Spiel- und Staffelformen Entwicklung der Schulsport ausgelegt sein sollte. abdecken könnte und mit Eiskunst-, Eisschnelllauf und ••Höchste Priorität hat zunächst das Erlernen des Ab- Eishockey drei in Deutschland stark geförderte Olym stoßens und des Gleitens, vergleichbar mit den ge- pische Disziplinen auf dem Eis beheimatet sind. nauso wichtigen Schwimmelementen „Abdruck und Eislaufsportarten beanspruchen den Körper ganzheit- Schweben“. lich wie kaum eine andere Sportart, da alle konditionel- ••Danach sollte intensiv die Kantenschulung geübt len und viele koordinativen Fähigkeiten gefördert wer- werden. Sie bildet die Grundlage für alle weiterge- den: henden Fähigkeiten wie Richtungswechsel, Überset- ••Ausdauer und Schnelligkeit können sowohl im An- zen oder Bremsen. fänger- als auch im Fortgeschrittenenstatus spiele- risch geschult werden. Folgende Hierarchie ist demnach zu empfehlen: ••Muskulär werden vor allem die Bein- und Gesäß- ••Richtiger Stand Veit Dubiel muskeln belastet (gluteus m.; m.gastrocnemius/so- ••Abstoß ist z. Z. Teaching Assistent leus; m. quadrizeps f.). und Germanistikstudent ••Gleitfähigkeit an der University of ••Koordinativ spielen bei der Erlernung v. a. die Rhyth- ••Kantenschulung (rückwärts, einbeinig) Washington/USA. misierungs-, Orientierungs- und Kopplungsfähigkeit ••Übersetzen Als Bundeskaderathlet im (u. a.) eine wichtige Rolle. ••Bremsen Eisschnelllauf nahm er an zahlreichen internationalen Die auf dem Eis relativ hohe Geschwindigkeit wirkt sich Wettkämpfen teil. Er ist bei der DESG dabei auf alle Sinne reizverstärkend aus. Hinzu kommt, (Deutsche Eisschnelllauf- dass Bewegungen auch rück- oder seitwärts ausge- Richtiger Stand Gemeinschaft e.V.) als führt werden können. Trainer beschäftigt. Eislaufen besitzt eine ähnlich gute Infrastruktur wie Zu empfehlen sind Eishockeyschlittschuhe; auch Eis- das im Schulsport fest etablierte Schwimmen. Zwar kunstlaufschuhe sind denkbar. Der Schuh darf nicht gibt es bundesweit wenige 400-Meter-Bahnen, jedoch drücken, sollte aber eng anliegen und fest geschnürt sind die zahlreichen Eislaufflächen, wie sie bspw. das werden. Der Fuß sollte nicht viel Spielraum haben und Eiskunstlaufen nutzt, bestens für den Schulsport ge kein Wegknicken im Bereich des Fußgelenks erlauben. eignet. Die Eissaison geht üblicherweise von Anfang Die Kufen sollten in einem geschliffenen Zustand sein Oktober bis April. I.d.R. können Schlittschuhe an der (Hohlschliff). Eisbahn ausgeliehen werden. Unbedingt zur Kleidung zählen sollten neben den Der Pinguin (zum Lernen des Abstoßes Schlittschuhen auch Handschuhe, Mütze und auf dem Eis) nicht zu locker sitzende, lange Sportkleidung. V. a. im Anfängerbereich können auch Helm und Knie-/ Die Arme sind zur Seite ausgestreckt oder an der Hüfte Ellenbogenschoner zusätzlichen Schutz bieten. abgestützt; die Oberkörperposition ist aufrecht. Die Spitze Accessoires oder Kaugummis sollten wie Fußspitzen werden ca. 45° nach außen gedreht. Nun üblich entfernt werden, da die Gefahr hinzufallen wird ein Bein gehoben und ein kleiner Schritt nach gegeben ist. vorn gesetzt. Das Standbein bewegt sich nicht. Nach- dem das Bein sicher steht, macht das ehemalige Stand- 180 aus: Lehrhilfen für den Sportunterricht, Schorndorf, 63 (2014), Heft 1
Gleiten, Rollen, Fahren – Rollsport/Schneesport Abb. 1: Das einbeinige Rollern bein einen Schritt nach vorn. Je nach Sicherheit soll die ••Skaterschritt (zum Erlernen des vollständigen Schrittlänge vergrößert werden. Abstoßes) (Abb. 2) Diese Übung dient dazu, dass der Eislaufabstoß, im Den Skaterschritt erlernt man, indem man das Rollern Gegensatz zum Laufen auf dem Land, diagonal nach beidseitig ausführt. Dabei ändert sich Folgendes: hinten gerichtet ist. Während des Abstoßes wird das Standbein zum Schwung- bzw. Spielbein. Es wird nun leicht angeho- ••Das einbeinige Rollern (zum Abstoßerlernen) ben, die Fußspitze zeigt aber weiterhin nach vorne. (Abb. 1) Drückt sich das rechte Bein ab, wird der linke Arm nach Die Arme sind – bei aufrechter Oberkörperposition – hinten gezogen, der rechte Arm nach vorne in Rich- zur Seite ausgestreckt oder an der Hüfte abgestützt. tung Nase (bzw. linker Abstoß/linker Arm vorn). Je Die Fußspitze des Standbeins zeigt nach vorne; die des nach Sicherheit und Geschwindigkeit wird in der Hüfte Abstoßbeins wird ca. 45° nach außen gedreht. Dabei gebeugt und der Oberkörper in eine gebückte Haltung sind die Knie leicht gebeugt. gebracht. Die Abstoßrichtung seitlich nach hinten Nun drückt sich das Abdruckbein vom Boden ab; die bleibt in jedem Fall erhalten. gesamte Kufe bleibt dabei auf dem Eis. Der Abdruck erfolgt über die gesamte Schlittschuhkufe seitlich nach hinten und ist erst vollendet, wenn das Abstoßbein ge- streckt ist. Das Standbein wird zum Gleitbein und glei- Gleitübungen – Gleiten auf beiden Beinen tet nach vorne. Das Abstoßbein wird wieder zurückge- führt und wiederholt den Abdruck. Je nach Sicherheit Nach kurzem Anlauf wird beidbeinig geglitten. Die sollen die Beugung der Knie und damit die Abstoßlän- Arme sind (bei aufrechtem Oberkörper) zur Seite aus- ge verstärkt werden. gestreckt oder an der Hüfte abgestützt. Die Fußgelen- Abb. 2: Skaterschritt (Rollern beidseitig) aus: Lehrhilfen für den Sportunterricht, Schorndorf, 63 (2014), Heft 1 181
Gleiten, Rollen, Fahren – Rollsport/Schneesport ke dürfen nicht nach innen oder außen wegknicken; es Abstoßbein) wird leicht nach oben gehoben und nach soll auf der Schneide geglitten werden. Vollendung des Halbkreises wieder neben das Stand- Bei Fortschritt soll das Gleiten in einer leichten Hocke bzw. Gleitbein gesetzt. Nun wird der Vorgang mit dem geschehen, zunehmend soll die Hocke tiefer ausfallen. anderen Bein wiederholt, das Stand- bzw. Gleitbein Weisen Sie die Kinder ruhig an, bei tiefer Hocke ab ei- wird also zum neuen Abstoßbein. ner gewissen Stelle absichtlich hinzufallen und auf dem Hintern zu rutschen. Das nimmt ihnen die Sturzangst. ••Zwiebeln (Abb. 3) Bei Fortschritt kann man die Übung weiter erschwe- Die Arme sind zur Seite ausgestreckt (aufrechter Ober- ren: Zunächst bleibt die Oberkörperposition aufrecht, körper) oder an der Hüfte abgestützt. Die Übung be- aber ein Bein wird kurz angehoben und danach wieder ginnt aus dem Stand, es sollte leicht in die Knie gegan- neben das andere gestellt. Variierend kann ein Bein gen werden. Beide Schuhe werden nun 45° nach au- auch zur Seite angehoben oder nach hinten kurz hän- ßen ausgerichtet, beide Innenkanten stehen also in gen gelassen werden. etwa 90° zueinander. Nun wird aus den leicht gebeug- Bei Beherrschung können die Übungen wieder in leich- ten Knien Druck auf beide Innenkanten ausgeübt. Bei- ter bzw. tiefer Hocke ausgeführt werden. de Kufen sollen einen Halbkreis beschreiben, so dass Bevor man mit der Kantenschulung beginnt, sollten am Ende des Zyklus beide Schlittschuhe wieder neben- diese Übungen nun auch rückwärts geübt werden. einander stehen. Der Vorgang wird fließend wieder- Abb. 3: Zwiebeln Übungen zur Kantenschulung holt. Bei sicherer Ausführung kann zunächst verstärkt in die Knie gegangen, später die Übung rückwärts aus- ••Holländer vorwärts auswärts geführt werden. Die Arme sind zur Seite ausgestreckt, die Oberkörper- position ist aufrecht und zeigt 45° versetzt in Richtung ••Slalom (für Fortgeschrittene) der Abstoßbeinseite. Wir beginnen aus dem Stand. Mit Es werden auf dem Eis hintereinander Hütchen in ei- dem Abdruckbein stößt man sich wie beim Rollern ab. nem gleichmäßigen Abstand von etwa 0,75 m aufge- Während nun aber das Abdruckbein nach dem Abstoß stellt. Die Übung beginnt mit einem zügigen Anlauf, seitlich leicht über dem Boden gehalten wird, gleitet der Oberkörper ist aufrecht und bleibt nach vorne das Stand- bzw. Gleitbein kurvenförmig über die Au- gerichtet. Nach dem Anlauf sollen beide Beine aufs ßenkante und beschreibt einen Halbkreis. Anschlie- Eis gestellt werden und nur mit Hüfteinsatz und dem ßend wird das kurvenäußere Bein (das Abdruckbein) Kantenwechsel durch die Hütchen gecarvt werden. wieder neben das Stand- bzw. Gleitbein gesetzt. Nun Abstoßunterstützend sollte vor jedem Hütchen leicht wird der Vorgang mit dem anderen Bein wiederholt; in die Knie gegangen werden. Die Arme können seit- das Stand- bzw. Gleitbein wird also zum neuen Abstoß- lich gehalten zur Stabilisierung genutzt werden. bein. ••Holländer vorwärts einwärts (auch: „Kanadier“) Das Erlernen des Übersetzens Die Arme sind zur Seite ausgestreckt, die Oberkörper- position ist aufrecht und zeigt 45° versetzt in Richtung Begonnen wird durch einbeiniges Rollern im Kreis; je- der Abstoßbeinseite. Beginn aus dem Stand. Im Ge- weils das kurvenäußere Bein ist dabei das Abstoßbein. gensatz zum Holländer vorwärts einwärts gleitet das Dafür bieten sich die Eishockeybullies an. Es soll in bei- Stand- bzw. Gleitbein jedoch über die Innenkante und de Richtungen geübt werden. Bei sicherer Ausführung beschreibt einen Halbkreis. Das kurveninnere Bein (das soll nun, bevor der Rollerabstoß vollzogen wird, das 182 aus: Lehrhilfen für den Sportunterricht, Schorndorf, 63 (2014), Heft 1
Gleiten, Rollen, Fahren – Rollsport/Schneesport Gleitbein leicht angehoben und erst mit dem Abstoß- geglitten werden. Dabei sollen alle 3 Kanten (Schnei- vollzug wieder aufs Eis gesetzt werden. de, Innen-/Außenkante) für eine kurze Zeit klar sicht- Nach sicherer Ausführung wird nun das Abstoßbein bar eingesetzt werden. nach dem Abstoß vor der Kufe nach innen neben das Folgende Abstufungen sind für eine Bewertung mög- Gleitbein geführt. Das Abstoßbein bleibt dabei die ge- lich: samte Zeit auf dem Eis und wird lediglich vor das Standbein geschoben. 15 Punkte: Sehr sicherer, geradliniger Einsatz aller Bei Beherrschung der Übung soll nun das Abstoßbein Kanten beidbeinig für mindestens je 2 Sekunden in ei- nach dem Abstoßvorgang nach oben gehoben, über ner Laufhocke + Wiederholung der Übung einbeinig das Standbein und letztendlich daneben gesetzt wer- (Seite nach Wahl) in aufrechter Position. den. Die Übung soll auch rechtsrum durchgeführt wer- den. Zur Schulung beider Seiten bietet es sich an, die 12 Punkte: Sicherer, geradliniger Einsatz aller Kanten Schüler eine „8“ laufen zu lassen. beidbeinig für mindestens 2 Sekunden in einer Lauf Fortgeschrittene können das Übersetzen auch rück- hocke + Wiederholung der Übung einbeinig (Seite wärts durchführen. nach Wahl) in aufrechter Position mit 1-sekündigem Kanteneinsatz. Bremsen 9 Punkte: Überwiegend sicherer Einsatz aller Kanten beidbeinig für mindestens 2 Sekunden in einer über- ••Pflugbremse wiegend geradlinigen Gleitrichtung. Der Oberkörper ist nach vorn gerichtet und aufrecht; die Arme werden zunächst seitlich gehalten. Nun wird 6 Punkte: Einsatz aller Kanten beidbeinig für mindes- die Geschwindigkeit abgebremst, indem beide Schlitt- tens 1 Sekunde mit einer erkennbaren leicht gebeug- schuhspitzen 45° nach innen gerichtet werden. Die ten Körperhaltung mit einer höchstens leicht schrägen Schlittschuhe haben dabei eine Schlittschuhlänge Ab- Gleitrichtung. stand. Der Oberkörper soll zusammen mit den Armen leicht nach vorn gerichtet werden, um die Bremsrich- 3 Punkte: Einsatz mindestens zweier Kanten für min- tung auszugleichen. destens 1 Sekunde in kaum gebeugter Körperhaltung und welliger Gleitrichtung. ••Turn Der Oberkörper ist nach vorn gerichtet und aufrecht; ••Weitere Bewertungsmöglichkeit: die Arme werden zunächst seitlich gehalten. Es muss Rollern um das Bulli in die Knie gegangen werden. Nun wird die Geschwin- Abstufbar bspw. nach Beidseitigkeit, Geschwindigkeit, digkeit abgebremst, indem beide Schuhe ruckartig 90° Länge und Aktivität des Abstoßes, Knieeinsatz des zur Seite gedreht werden. Gleichzeitig muss ins Eis ge- Standbeins. drückt werden, so dass sich die Beine strecken. Das Ge- wicht liegt dabei eher auf der Hacke. Die Arme müssen als Ausgleichsbewegung in die entgegengesetzte Rich- Mögliche Spiele tung zur Schuhspitze gebracht werden. ••T-Brake Rundenstaffel; Staffel mit verschiedenen Übungen wie Die Arme sind zur Seite ausgestreckt oder an der Hüfte rückwärts, mit 360°-Drehung, mit Sturz bei Bahnmitte, abgestützt (Oberkörper aufrecht). Ein Schlittschuh zwiebelnd, als Paar, als Gruppe, „Wer hat Angst vorm wird nun angehoben, 90° nach außen gedreht und schwarzen Mann“, „Steh – Geh!“, Staffelwettbewer- leicht nach hinten versetzt wieder aufs Eis gesetzt. Die be, „Paarhasche/Kettenhasche“ und weitere „Kleine Innenkante bremst die Geschwindigkeit ab. Spiele“. Empfehlung: Hierfür ist ein gewisser Grundlevel nötig. Möglichkeiten der Leistungskontrollen Der sichere Kanteneinsatz sollte von der Mehrzahl der Schüler beherrscht werden. Bei Schülergruppen, in de- ••Gleittest nen das Bremsen noch nicht sicher ist, sollte darauf Es soll nach einem 10 m langen Anlauf auf beiden Bei- verzichtet werden, die Banden als Spielflächenbegren- nen (bzw. einem Bein) ein 30-m-Abschnitt geradlinig zung zu nutzen. Aufgeschnappt „Ideale Übungen sind diejenigen, die sowohl den Körper als auch den Geist einbeziehen und stärken. Nur sol- che Übungen können den Menschen gesund erhalten.“ (Mahatma Gandhi) aus: Lehrhilfen für den Sportunterricht, Schorndorf, 63 (2014), Heft 1 183
Sie können auch lesen