Max Mutzke - Kölner Philharmonie
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Max Mutzke So vielseitig, dass man nur den Hut vor ihm ziehen kann. Gemeinsam mit monoPunk stellt er sein Programm Colors vor. Vergängliche Gedichte Vijay Iyer und Craig Taborn im musikalischen Zwiegespräch. Klingende Kaisergeschichte Jordi Savall und HESPÈRION XXI mit Musik aus der Zeit Karls V. NR. 1 MRZ / APR 2020
Editorial FRÜHJAHRSAUKTIONEN 2020 / EINLADUNG ZU EINLIEFERUNGEN Liebe Besucherinnen und Besucher, Moderne und Zeitgenössische Kunst, Photographie, Alte Kunst, Schmuck, Kunstgewerbe, Asiatische Kunst liebe Freundinnen und Freunde der Kölner Philharmonie, ein langgehegter Menschheitstraum sind Zeitreisen in die ferne Zukunft oder in vergangene Jahrhunderte. Inwieweit dies möglich sein wird, diese Frage wird die Menschheit noch lange beschäftigen, ohne einer Lösung nah zu kommen. Es bleibt ein faszinierender Gedanke, einmal in der Thomaskirche sitzend Bach beim Orgel- spiel zuzuhören, Jean-Philippe Rameau am Hofe Ludwig XV. zu begegnen oder Franz Schubert beim Komponieren über die Schulter zu blicken. Musikalisch in unterschied- lichste Epochen und Welten versetzt werden Sie in der Kölner Philharmonie durch das vielseitige Konzertprogramm. Martin Grubinger nennt das 21. Jahrhundert ein Jahrhundert des Schlagwerks. Eine Viel- zahl von Neukompositionen für die Perkussionsinstrumente scheint diese Annahme zu bestätigen. Alle Werke sind jüngeren Datums. Aus einer Trommlerdynastie stammt auch der in Frankreich lebende Keyvan Chemirani, der mit Familienmitgliedern und Freunden sein Programm auf die persische Tradition bezieht, aber auch Brücken zu Jazz und Welt- musik schlägt. Hervorragende Chöre, Solisten und Orchester, versiert in historisch-informierter Auffüh- rungspraxis, bringen uns die vor fast drei Jahrhunderten entstandenen Passionen von Johann Sebastian Bach näher. Neue Interpretationsansätze in Bezug auf die Johannes- und Matthäuspassion liefern Masaaki Suzuki, der seit 30 Jahren als Bach-Instanz gilt, und Philippe Herreweghe, der sich bekanntermaßen um eine Neuinterpretation vieler Barock- komponisten verdient gemacht hat. Nicht zu vergessen Konrad Junghänel, der gemein- sam mit der Emanuele Soavi incompany eindrucksvoll zeigt, dass auch Bachs Kantaten sich choreografisch in starke Bilder umsetzen lassen. Die Tenebrae des Bach-Zeitgenos- sen Heinichen stimmen am Gründonnerstag auf Ostern ein. Ob Sie sich, wie im aktuellen Programm des jungen britischen Pianisten Benjamin Grosvenor, gleich an einem Abend von der kunstvollen Barockmusik Jean-Philippe Rameaus über Beethovens umfangreiche Klaviersonate Nr. 4 bis hin zur schwergewichti- gen Sonate h-Moll von Franz Liszt bezaubern lassen, oder von den Klavierwerken Mozarts und Schumanns, die Grigory Sokolov im Gepäck hat, wird Ihnen anheimgegeben. Wenn Sie auch einer Reise nach Wien nicht abgeneigt sind: Die Wiener Philharmoniker zeigen im Frühjahr in zwei Konzerten in Köln – mit Andris Nelsons und Zubin Mehta als Gastdirigenten – wie unvergleichlich sie sind. Drei Sänger, die auf internationalen Opern- bühnen zuhause sind, machen einen Aufbruch in andere europäische Städte überflüssig und beehren die Kölner Philharmonie als Solisten in Liederabenden oder sinfonischen Werken: Christopher Maltman, Matthias Goerne und Gaëlle Arquez. Auch in den kommenden Monaten finden in der Kölner Philharmonie die unterschied- lichsten musikalischen Reisen ihren Anfang. Stellen Sie sich Ihre persönliche Reiseroute Max Liebermann. Judengasse in Amsterdam. 1909. Öl auf Leinwand, 128 x 178 cm. Ergebnis: 1.000.000 € zusammen, wir freuen uns auf Sie! Ihr Neumarkt 3 50667 Köln T 0221-92 57 290 Berlin T 030-27 87 60 80 Bruxelles T +32 2 514 05 86 info@lempertz.com Louwrens Langevoort Intendant Das Magazin 3
MÄRZ / APRIL 2020 Überblick 6 TITELTHEMA 06 Colors Max Mutzke & monoPunk Colors – Max Mutzke 10 Wiener Klang par excellence Zwei glanzvolle Konzerte mit den Wiener Philharmonikern & monoPunk 13 Tenebrae Reinhard Goebel und Echo di Rheno stimmen auf Ostern ein 14 Außergewöhnlich normal Der britische Pianist Benjamin Grosvenor Startschuss für die Karriere war für Max Mutzke der ESC 2004, wo er mit seinem melancholischen Song einen Platz unter den ersten 10 erreichte. Mit seinem aktuellen Programm »Colors«, das er mit dem deutsch-niederländischen Trio monoPunk gestaltet, berei- chert er die deutsche Musikszene um erfrischende Cover-Songs Max Mutzke von R’n‘B bis Soul. Jakob Bro 40 PORTRÄT Magnus Holmander 42 Die Stärke der Zerbrechlichkeit Perfektionist Der Jazz-Gitarrist Jakob Bro 16 Rising Star Magnus Holmander 44 Ein »non bthvn projekt« als mutige Alternative und Sportskanone Der Zauberer auf der Klarinette Das Arditti Quartet gastiert einen Abend lang mit Zeitgenössischem 16 Komische Vögel in der Philharmonie 46 Die Alchemie des Rhythmus Hall&Rauch mit seinem »Konzert für 13 Vögel« Keyvan Chemiranis »Rhythm Alchemy« 17 Musik entdecken 48 Immer neue Verbindungen Der Klarinettist hätte sich auch vorstellen können, Leistungssport- Kinder- und Familienprogramm März – Juni 2020 Martin Grubinger verändert das Bild vom Schlagwerk ler zu werden. Aber sein Talent und Leistungswille haben ihn an 18 Denkanstöße eines Meisters 51 »O FORTUNA!« die Weltspitze einer anderen Disziplin geführt: Seit 2011 ist And- Mahler Chamber Orchestra mit Haydn, Widmann, Mozart Jubiläumskonzert – 50 Jahre Kölner Kurrende reas Ottensamer Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker. Der 20 Nachdenken über Bach 52 Klingende Kaisergeschichte Andreas Ottensamer talentierte Musiker ist in der Kölner Philharmonie mit dem Ameri- Masaaki Suzuki und Philippe Herreweghe dirigieren Jordi Savall mit Musik aus der Zeit Karls V. can String Quartet zu Gast. 54 Exklusiv: Vorteile für Abonnenten Mit Bestellcoupon 55 Plus 48 IM GESPRÄCH ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln: 15 Konzerte – ein Pass Immer neue Verbindungen Martin Grubinger hat durch seine Virtuosität und seine Begeiste- rung für das Schlagwerk eine große Fangemeinde. Für das Konzert Craig Taborn und Vijay Iyer mit seinen Musikerfreunden, die die Leidenschaft für das Instru- Martin Grubinger ment teilen, hat der Österreicher ein anspruchsvolles Programm zusammengestellt. Details dazu erläutert er in einem Interview. 22 Vergängliche Gedichte Vijay Iyer & Craig Taborn Gaëlle Arquez 24 Bewegend Emanuele Soavi incompany und Cantus Cölln 26 Tierisch gut! 56 Wie Samt und Seide 59 IM FOKUS Musikalischer Zoo-Besuch mit Christopher Maltman Mezzosopranistin Gaëlle Arquez überzeugt mit Bühnenpräsenz 28 PHILMUSIK: Keine melodische Gefälligkeit 58 Das kleine Gespenst Von Stille und Klang Ennio Morricones Musik zu »The Hateful Eight« 37 PHILMUSIK: Minimalistik in CinemaScope Ennio Morricones Musik zu »Spiel mir das Lied vom Tod« Singen mit Klasse! geht in die elfte Runde 59 Von Stille und Klang Bundesjugendorchester mit einem außergewöhnlichem Projekt Was bedeutet Hören? Was bedeutet der Verlust des Gehörs? Gibt 38 Der Einsiedler-Pianist 60 On the sunny side es andere Formen des Hörens? In einem spannenden Experiment Grigory Sokolov gibt eines seiner legendären Recitals Blues-Musiker sieht mit Hoffnung in die Zukunft geht das Bundesjugendorchester unter der Leitung von Christoph 39 Rätsel 61 Lieblingsstück Altstaedt der Wahrnehmung von Musik nach und schlägt mit drei Spieglein, Spieglein an der Wand – Name des Asteroiden Julian Steckel zeigt seine spieltechnische Klasse Christoph Altstaedt Werken einen Bogen von Beethovens Ertaubung zu einem neuen 40 Perfektionist und Sportskanone 62 Infos zum Kartenkauf – Impressum – Bildnachweis Opus, das die Eigenständigkeit von Klang neu entdecken lässt. Der Klarinettist Andreas Ottensamer Kontaktdaten und Sitzplan
Titel Colors Max Mutzke & monoPunk Mutzkes langjähriges Markenzeichen: die Mütze. Sei einiger Zeit ist es der Hut. Es gab schon einmal jemanden im deut- schen Showbiz, den man unweigerlich mit seiner Kopfbede- ckung in Verbindung brachte: den 2016 verstorbenen Sänger Roger Cicero, und der wollte privat – ohne Hut – nicht behel- ligt werden. Auch Max Mutzke macht ähnliche Gründe geltend: »Das ist meine Arbeitskleidung. Ohne Hut erkennen mich die Leute manchmal gar nicht.« Keine Frage, das Bedürfnis nach geschützter Privatsphäre lässt sich durchaus nachvollziehen, gilt doch Mutzke aufgrund sei- ner stilistischen Vielseitigkeit als einer erfolgreichsten Sänger hierzulande, nachdem er 2004 aus Stefan Raabs eigentlich pa- rodistisch gedachter Casting Show »Stefan sucht den Super- Grand-Prix-Star«, mit dem Song »Can’t Wait Until Tonight« als Sieger hervorging und danach prompt Platz eins in den deut- schen Charts belegte. Auch die Vorentscheidung für den »Eu- rovision Song Contest« konnte Mutzke gewinnen; in Istanbul belegte er einen respektablen achten Platz. Wer nach dem Charterfolg in Mutzke noch eine Eintagsfliege vermutete, muss schon längst, nach mehreren erfolgreichen Alben, seinen Irrtum eingestanden haben. Mutzke spielt heu- te in einer Liga mit Cassandra Steen, Joy Denalane oder Xa- vier Naidoo um den Rang des besten populären Soul-Acts aus Deutschland. Immer um Abwechslung bemüht, ist ihm 2018 ein ganz besonderer Wurf gelungen: Wie wäre es, so seine Über- legung, wenn man versuchte, »alte Hip-Hop-Tracks [...] zurück zum Soul« zu bringen? »So wie der Hip-Hop aus der Zeit des Soul inspiriert ist, könnten wir uns als Soul-Musiker doch mal Max Mutzke vom Hip-Hop inspirieren lassen«. Das Magazin 7
Ein ambitioniertes Unterfangen, hält man sich vor Augen, dass der Hip-Hop a priori sehr textlastig ist und sich mitnichten von vor- neherein dazu eignet, ihn in ein melodiöseres Konzept einzubet- ten. Mutzke: »Was kann man also rausnehmen, ohne die Message kaputt zu machen oder dass der Sinn verloren geht? Der ‚Twist’ aus dem Song weg ist.« Mit Hilfe einer Musikprofessorin und aus- gewiesenen Expertin in Sachen Hip-Hop ist es Mutzke gelungen, mit »Colors« ein stimmiges Repertoire zu erarbeiten, das nicht nur als reine Studioproduktion überzeugt, sondern vor allem auch live besticht. Dazu braucht es natürlich kompetente Mitstreiter. Maik Schott an den Keyboards, Tobias Held am Schlagzeug und Danny Samar am Bass bilden zusammen monoPunk, ein Trio, das sich dadurch auszeichnet, auf die Stilistik wechselnder Vokalisten ent- sprechend reagieren zu können. Im Falle der bereits langjährigen Kooperation mit Max Mutzke gelingt das hervorragend. Dennoch war es für alle Beteiligten eine Herausforderung, den rechten »Spi- rit«, den angemessenen Zugang zum Originalmaterial zu finden. Immerhin reicht das künstlerische Spektrum, in dem sich Max Mutzke und monoPunk in »Colors« bewegen, von Grandmas- ter Flash, De La Soul, Warren G, Mary J. Blige, Will Smith bis hin zum Psychedelic Soul von Sly & the Family Stone. Aber auch an »Augenbling« von Seeed hat man sich gewagt. Ein weiteres Mal beweist der Soulman aus dem Schwarzwald damit, dass Deutsch Konzerttermin als musikalisches Ausdrucksmittel sich nicht hinter der Weltspra- Sonntag 19.04.2020 20:00 che Englisch verstecken muss. Das »Colors«-Konzept scheint auch Colors - live rhythmisch zu greifen, denn es »groovt«, wie man es hierzulande Max Mutzke voc eher selten erlebt. Schließt man die Augen, meint man mitunter monoPunk den smarten Soul eines Al Green zu hören, den steten Beat von Booker T. & the MGs zu spüren. Nicht zuletzt dem Einsatz analoger Sounds, die nur gelegentlich mit dem dezenten Einsatz neuerer Technologie angereichert werden, ist es zu verdanken, dass das Klangbild der Gruppe denkbar authentisch gerät. Skrupel allerdings, und das zeichnet ihn wohl auch aus, befällt Max Mutzke bei dem Gedanken, wer sich diese Musik eigentlich zu- eigen machen darf: »Es ist ja so, dass Hip-Hop eine Bewegung in den USA ist, eine Bewegung der Afroamerikaner, die sich daraus motiviert, ganz viel Kultur aus Blues und Jazz, R&B und Hip-Hop zu schaffen. Und jetzt kommen die ganzen ‚white kids’ und verdie- nen damit Geld und bedienen sich aber deren Kultur. Elvis Presley ist da eines der besten Beispiele. Der Rock 'n' Roll mit all den Be- wegungen und der Art zu singen, kam nicht von Elvis Presley, son- dern von einem Typen, der Afroamerikaner war (»Big Boy« Arthur Crudup, der Verf.). Und dann kam halt Elvis Presley, der da super reingepasst hat bei den Weißen, dass man den auf einem Emp- fang spielen und als Superstar behandeln konnte. Die Jungs, die das entwickelt haben, sind untergegangen und Elvis hat Millionen verdient. Das sind alles Dinge, da kann man gut ins Fettnäpfchen treten und Fehler machen.« Was Max Mutzke und Co. jedoch un- term Strich erfolgreich vermieden haben. Man darf gespannt sein auf das Konzert in der Philharmonie, die mit ihrer hervorragenden Akustik noch dazu beitragen könnte, die vielen weiteren, eher im verborgenen Schatzkästlein befindlichen Soul-Perlen zum Schim- Max Mutzke mern zu bringen. Tom Fuchs 8 Das Magazin Das Magazin 9
Es ist der charakteristische Klang, der die Wiener Philharmoniker unverwechselbar macht. Samtig klingen die Streicher, hell und weich die »Wiener Hörner«, was mit ihrer speziellen Bauart zusam- menhängt. Pauken und Trommeln sind mit Ziegenfell bespannt und erscheinen dadurch besonders nuancenreich. Der Klang der verschiedenen Instrumentengruppen addiert sich zum Gesamt- klang mit einem breiten Spektrum an unterschiedlichen Farben. Auch die internationale Besetzung trägt das Ihre zum Farbenreich- tum bei, um die 20 Nationalitäten sind in den Reihen des traditi- onsreichen Orchesters zu finden. So prägen viele unterschiedliche Faktoren den »Wiener Klang«, der von Generation zu Generation weitervermittelt wird. In diesem Klang lässt sich herrlich schwel- gen, probieren Sie es aus: Die Wiener Philharmoniker gastieren in diesem Frühjahr gleich zwei Mal in der Kölner Philharmonie, mit zwei eindrucksvollen Persönlichkeiten am Dirigentenpult – auch dies ist eine Besonderheit der Wiener: Sie verzichten auf einen Chefdirigenten und berufen stattdessen wechselnde Gastdirigen- ten. Pünktlich zum 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven, der den größten Teil seines Lebens in Wien verbrachte, haben die Wiener Philharmoniker unter dem Dirigat des lettischen Dirigen- ten Andris Nelsons alle neun Sinfonien aufgenommen und spielen sie auch im Konzertsaal. Bei ihrem Kölner Gastspiel präsentieren sie die revolutionäre »Eroica« und die tänzerische Achte an einem Abend. »Es ist ein so besonderes Orchester, weil die Musiker viel Opernrepertoire spielen und gewohnt sind, zuzuhören und zu be- gleiten, dadurch sind sie sehr sensibel und flexibel«, stellt Andris Nelsons fest, der seit 2014 Chefdirigent des Boston Symphony Or- chestra ist und seit 2018 zusätzlich als Gewandhauskapellmeister in Leipzig wirkt. Ihm wurde auch die Ehre zuteil, am 1. Januar 2020 das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker zu dirigieren. Maestro-Gehabe ist Andris Nelsons fremd, er nimmt sich selbst Pinchas Zukerman gern zurück und verwendet seine Energie, um die Musiker anzu- feuern und zu begeistern. »Meine Aufgabe als Dirigent und auch die Aufgabe des Orchesters bestehen darin, Beethovens Vorstel- lung von der Musik an das Publikum zu vermitteln. Dabei geht es Konzerttermine nicht um mich, sondern um Beethovens Vision von der Welt. Es ist Sonntag 01.03.2020 20:00 ein großes Glück für uns als Musiker, durch seine Musik mit dem Wiener Klang Wiener Philharmoniker Publikum zu kommunizieren.« Andris Nelsons Dirigent Mit Werken von Ludwig van Beethoven Dieses Glück der Kommunikation mit dem Publikum durch die Musik ist auch das Lebenselixier von Zubin Mehta. Einst kam der Mittwoch 22.04.2020 20:00 hochbegabte junge Inder als 18-Jähriger zum Studieren nach Pinchas Zukerman Violine Wien, belegte an der Wiener Musikakademie die Fächer Klavier, par excellence Wiener Philharmoniker Zubin Mehta Dirigent Komposition und Kontrabass und startete bald eine beispiellose Mit Werken von Edward Elgar und Antonín Dvořák Karriere. Mit Mitte zwanzig stand er zum ersten Mal am Pult der Wiener Philharmoniker, fünfmal dirigierte er das Neujahrskonzert mit ihnen, zuletzt im Jahr 2015. Generationen von Orchestermusi- kern hat Zubin Mehta geprägt, er war Chefdirigent des Los Angeles Philharmonic, des New York Philharmonic und Generalmusikdi- rektor der Bayerischen Staatsoper, um nur wenige seiner vielen Wirkungsstätten zu nennen. Fünf Jahrzehnte blieb er dem Israel Philharmonic Orchestra verbunden, bevor er sich dort 2019 als Chefdirigent verabschiedete – um weiterhin die großen Orchester Zwei glanzvolle Konzerte mit den Wiener Philharmonikern dieser Welt zu dirigieren. Bei seinem Kölner Konzert mit den Wie- ner Philharmonikern trifft Zubin Mehta auf einen alten Freund und Weggefährten: Pinchas Zukerman ist der Solist für Elgars impo- santes romantisches Violinkonzert. Sie kennen sich seit mehr als fünfzig Jahren, machten in jungen Jahren zusammen Kammermu- sik und verstehen sich blind, gute Voraussetzungen für Elgars ful- minantes Werk, das ein punktgenaues Zusammenspiel von Solist Zubin Mehta 10 Das Magazin
11. - 12.04.20 · Kölner Philharmonie www.the-bar-at-buena-vista.de Tenebrae DER DISNEY FILM IN EINEM EINZIGARTIGEN KONZERTERLEBNIS PRESENTATION LICENSED BY © Disney ALL RIGHTS RESERVED. 13.04.20, 16 Uhr · Kölner Philharmonie Reinhard Goebel und Echo di Rheno stimmen auf Ostern ein Winnetou - Live in Concert In den 1970er Jahren gründete Reinhard Goebel das legendä- re Alte-Musik-Ensemble Musica Antiqua Köln. Nicht nur bei der Andris Nelsons Interpretation von unangefochtenen Barockgrößen wie Johann Sebastian Bach sorgte das Ensemble für frischen Wind. Zu den spektakulärsten Entdeckungen von Reinhard Goebel gehörten die Werke des in Vergessenheit geratenen Dresdner Bach-Zeit- und Orchester erfordert. Pinchas Zukerman stammt aus einer mu- genossen Johann David Heinichen – 1996 legte Musica Antiqua sikalischen Familie, in der viel Klezmer-Musik gemacht wurde. Als Köln seine ungemein bewegenden »Lamentationes Jeremiae«, in 14-Jähriger erhielt er Unterricht an der Juilliard School of Music denen die Zerstörung Jerusalems um 586 beklagt wird, in einer Re- in New York bei Geiger-Legende Ivan Galamian und eroberte die ferenzaufnahme vor. Diese österlichen Klagegesänge präsentiert Der komplette Film mit Live-Orchester Konzertsäle bereits vor seinem zwanzigsten Geburtstag. Der gro- ße israelische Geiger und Bratscher, der seit vielen Jahren auch Reinhard Goebel nun, mit dem Kölner Elite-Barockorchester »Echo di Rheno« und Benjamin Appl, Franziska Gottwald sowie Marcel 13.04.20, 20 Uhr · Kölner Philharmonie der Dirigentenzunft angehört, hat nichts von seiner technischen Beekman als Solisten, im Rahmen seines »Tenebrae«-Konzerts Brillanz als Violinist, von seinem edlen, vollen Ton, seiner musika- am Gründonnerstag. Es folgen instrumentale Abschiedsgesängen lischen Weitsicht und seinem Humor eingebüßt. Seine Guarneri ganz anderer Art: Die Streicherwerke von Antonio Vivaldi waren für »del Gesù« aus Cremona nennt er augenzwinkernd »Spaghetti«, venezianische Bräuche in der Karwoche zugeschnitten – feierlich das gute Stück ist stets mit von der Partie, doch Pinchas Zuker- wurde die Grablegung mit Figuren nachgestellt, die in einen Nach- man räumt ein: »Es kommt nicht auf den Namen des Geigenbauers bau des Heiligen Grabes (it. Santo Sepolcro) gebettet wurden. km an, sondern auf die Art, wie man mit dem Instrument harmoniert.« Pinchas Zukerman ist auf angenehme Weise uneitel und unkom- pliziert und verzichtet auf jegliche Starallüren. Es ist ein Vergnü- Konzerttermin gen, ihn über Musik sprechen zu hören, dabei hat er verblüffende Donnerstag 09.04.2020 21:00 Lebensweisheiten parat wie diese: »‚Verletzbarkeit‘ ist ein wichtiges Benjamin Appl Bariton Franziska Gottwald Alt Wort für mich. Man muss seine Verletzbarkeit in etwas Positives Marcel Beekman Tenor verwandeln. Man ist verletzbar, weil man besser werden möchte. Echo di Rheno Wenn man sich für perfekt hält, dann ist man unverletzbar.« Dorle Ellmers Reinhard Goebel Dirigent Mit Werken von Johann David Heinichen und Antonio Vivaldi 26.04.20 · KÖLNER PHILHARMONIE TICKETS: 0221 - 280 280 Tickethotline: 02 21-28 01 12 Das Magazin www.bb-promotion.com
Aktuelle NEUHEITEN bei Sony Classical Außer- gewöhnlich www.wienerphilharmoniker.at normal Konzerttermin Sonntag 08.03.2020 20:00 Hans Imhoff Konzert Wiener Philharmoniker Neujahrskonzert 2020 Benjamin Grosvenor Klavier Ein musikalischer Genuss der Extraklasse: Andris Nelsons gab einen umjubelten Neujahrskonzert-Einstand, erstmals Mit Werken von Jean-Philippe Rameau, Ludwig van Beethoven und Franz Liszt auch mit Musik von Beethoven. „emotional und voller Genuss.“ rbb Kulturradio, CD der Woche Gefördert von der Imhoff Stiftung Der britische Pianist Benjamin Grosvenor 19:00 Einführung in das Konzert durch Christoph Vratz Erhältlich als Doppel-CD & Download, als DVD & Blu-ray und ab 7.2. als Vinyl Benjamin Grosvenor www.simone-kermes.de »Ich habe nur das getan, was ich konnte – nämlich Klavier spielen.« voll auszuspielen«, er sei »hyperbrillant im Anschlag, gesegnet mit dem kümmert sich vor allem um die Aufteilung von Stimmen, um die Ideen, Klingt einfach, und er sagt es mit einem verschmitzten Lächeln. Doch vielleicht schönsten Klavierton seit Solomon« und darüber hinaus ein wie man Form und Gefühle zueinander in Einklang bringen kann. Unter- die Einschränkung folgt sofort: »Es war aber vor allem mit harter Arbeit »Künstler mit unbegrenzten technischen Möglichkeiten«. Fazit: »So ei- richten macht ihm ebenso viel Spaß wie die Konzerte auf der Bühne. verbunden.« Denn Benjamin Grosvenor war mit seiner Musik bereits in nem Talent, aber auch so viel reifer Meisterschaft begegnet man selten. Völlig normal eben … Christoph Vratz einem Alter erfolgreich, in dem seine Altersgenossen sich überwiegend Und wo man auch hinhört, immer stellt sich sogleich derselbe Eindruck Simone Kermes Inferno e Paradiso auf dem Bolzplatz tummelten. »Schon im Alter von zehn Jahren habe ein: So muss es sein.« Simone Kermes präsentiert auf ihrem neuen Album das Thema „Sünde“ und „Paradies“ mit Musik von Bach, Caldera und ich Konzerte vor großem Publikum gegeben.« »Von allen Musikinstrumenten ist mir das Klavier das liebs- te. Wenn ich an meine Kindheit denke, sehe (und höre!) ich Albinoni, aber auch von Sting und Udo Jürgens. Zu Kopf gestiegen ist ihm diese fulminante Bewunderung aber nicht. meinen Vater, wie er am Klavier sitzend die Welt um sich he- Geboren im Juli 1992 beginnt Grosvenor mit sechs Jahren mit einer sys- Wer Grosvenor begegnet, erlebt einen völlig natürlichen Menschen – rum vergaß. Für ihn war es Entspannung, für uns Kinder das tematischen Ausbildung am Klavier. Seine Mutter ist seine erste Lehre- einen jungen Mann wie von nebenan, kein Star, keine Allüren. Ob in pure Glück. rin. »Sie war sehr einfühlsam und liebevoll, außerdem wusste sie, wie seinem Lachen oder seiner Gestik, nie kehrt er einen Künstler heraus, Musik kann, wenn wir es zulassen, so viele Gefühle in uns man ein Pensum gut einteilt.« Benjamin ist der Jüngste von fünf Brü- der im Elfenbeinturm aufgewachsen ist oder abgeschottet in seiner ei- auslösen. freudige und wehmütige, verborgene und sehr dern. Selbst als die vielen Reisen einsetzen, nutzt er die familiäre Ba- genen Welt lebt. Grosvenor ist fest verortet im Hier und Jetzt, und Mu- präsente. Es ist für mich immer wieder eine große Freude, wenn ich mich mit allen Sinnen in ein Klavierkonzert ver- www.jonaskaufmann.com sisstation in der Grafschaft Essex weiterhin zum Aufladen. Er studiert, sikmachen ist für ihn nicht höhere Weihe, sondern eine ganz normale senken darf. In diesen Momenten scheinen die Uhren still- wie so viele, in der Hauptstadt, an der Royal Academy of Music in Lon- Aufgabe, der er mit Feuereifer und Leidenschaft nachgeht. Trägt man zustehen, Zeit und Raum werden nebensächlich, was zählt ist einzig und allein die Künstlerin oder der Künstler auf der don. Mit elf Jahren gewinnt er, nach Erfolgen bei vier kleineren Wett- den Begriff vom Wunderkind an ihn heran, lächelt er milde und wiegelt Bühne. bewerben, den von der BBC veranstalteten »Young Musician of the Year ab, als wolle er sagen: Kommt mir doch nicht mit so was, nicht bei mir! Award« 2004. Mit 14 tritt Grosvenor in der riesigen Royal Albert Hall auf, Offen spricht er über das Down-Syndrom seines Bruders und was er Mein Vater, Ehrenbürger der Stadt Köln, wollte mit der Gründung der Imhoff Stiftung im Jahr 2000 den Menschen in dieser Stadt etwas Gutes tun, ihnen Freude schenken. Dass Musik in dem Olymp der britischen Musik. Kaum 20 darf er als jüngster Pianist von ihm lernen kann. Er erinnert sich an früheres Lampenfieber, das er der Lage ist, Menschen glücklich zu machen, stand für ihn immer außer Frage. der Geschichte die legendären Londoner Proms-Konzerte eröffnen. teilweise dadurch überwinden konnte, weil er vermehrt Kammermusik Es ist für die Imhoff Stiftung eine große Ehre, jungen Pianistinnen und Pianisten in der Köl- 2011 nimmt ihn schließlich die Decca als jüngsten britischen Musiker machte, und er erklärt, dass er in der Musik immer seine eigenen Ziele ner Philharmonie im Rahmen der »Hans Imhoff Konzerte« – eine auf insgesamt zehn Jah- Jonas Kaufmann Wien re angelegte Konzertreihe in Gedenken an die Klavierleidenschaft des Stifters – ein Forum aller Zeiten unter Vertrag – außerdem ist er seit fast sechs Jahrzenten verfolge, obwohl Horowitz, Cortot und Cherkassky zu seinen zentralen bieten zu können und damit zur herausragenden Qualität des musikalischen Angebotes für Das Bestseller-Album mit den Wiener Philharmonikern ist alle Kölnerinnen und Kölner beizutragen. eine Hommage an Wien, mit den schönsten Melodien der der erste britische Pianist bei diesem Label. Stöbert man sich durchs Ideengebern zählen. Traumstadt, wie Wien, du Stadt meiner Träume, Sag zum Presse-Echo nach Veröffentlichung seiner ersten CDs, wird schnell klar: Wenn ich am 8. März dem Spiel des talentierten britischen Jungpianisten Benjamin Abschied leise servus u.v.m. „Charmanter und glaubhafter Hier steckt mehr dahinter als die branchenübliche Lobhudelei. Grosve- Inzwischen unterrichtet Grosvenor auch gelegentlich, »eine echte He- Grosvenor lauschen darf, der nicht umsonst als einer der weltweit Besten seines Fachs kann man das nicht servieren.“ Opernglas gefeiert wird, werde ich mir wohl einmal mehr darüber im Klaren sein, dass es für mich nur nor, so liest man, verfügt über die »außergewöhnliche Fähigkeit, alle rausforderung« nennt er das. Grosvenor ist niemand, der gern große ein einziges Lieblingsinstrument geben kann: das Klavier. « kompositorischen Feinheiten der Musik ohne die geringste Forderung Worte macht oder seinen Schülern als Allwissender gegenübertritt. Er Susanne Imhoff WWW.SONYCLASSICAL.DE 14 Das Magazin
Rising Star Komische Vögel in MUSIK Magnus der Philharmonie Hall&Rauch mit seinem »Konzert für 13 Vögel« ENTDECKEN Holmander KINDER- UND FAMILIENPROGRAMM März – Juni 2020 Der Zauberer auf der Klarinette Magnus Holmander »Magnus Holmander ist ein absolut brillanter Klarinettist! Seine »Sie haben sich an das Leben auf der Straße gewöhnt. In Köln leben Musikalität und technischen Fähigkeiten sind erstaunlich und sein bereits über eine Million Exemplare, Tendenz steigend. Sie gedeihen in Bühnenauftritt ist in jeder Hinsicht magisch.« Wer wie der Kompo- der milden Klimazone der Rheinebene.« Die Rede ist vom Halsband- nist Rolf Martinsson den 25-jährigen Schweden Magnus Holman- sittich, die am weitesten verbreitete Papageienart, die schon seit den der einmal erlebt und gehört hat, der kommt aus dem Staunen 1970er Jahren auch in Köln beheimatet ist. Dass es eine Million Tiere nicht mehr heraus – schließlich kann der ehemalige Schüler von seien, ist natürlich eine überzogene Darstellung der Erzählerin, die das Martin Fröst auf der Klarinette mehr als nur einfach alles. Auf dem »Konzert für 13 Vögel« des Kölner Musikerkollektivs Hall&Rauch mit ih- Konzertpodium verblüfft er mit seiner atemberaubenden Technik, ren Einlassungen begleitet. In diesem Konzert wird die Geschichte um seiner Präsenz und seinen magischen Darbietungen zwischen die (wohl nur 3.000) in Köln lebenden Vögel und den Umgang der Ge- Zauberer und Tänzer. Es verwundert nicht, dass sich von einem sellschaft mit ihr, wie auch grundsätzlich der Umgang der Gesellschaft Geben Sie Ihrem Babysitter frei und packen Sie die vielseitigen Ausnahmetalent mittlerweile zahlreiche Komponisten mit »komischen Vögeln« aufs Korn genommen. Im Zentrum steht na- zu neuen Werken inspirieren lassen. türlich die Musik, deren Reiz in der Vielseitigkeit der Musikerinnen Lieblingskuscheltiere Ihrer Kinder ein, denn Musik erlebt sich und Musiker begründet liegt. Das interdisziplinäre Forschungsfeld von Bei seinem Kölner-Philharmonie-Debüt präsentiert Magnus Hol- Hall&Rauch umfasst die Beschäftigung und das Spiel mit Popmusik, mit der ganzen Familie am schönsten: Kommen Sie zu den mander daher neben Repertoireklassikern von Camille Saint- losen Klängen und Posen. Mit ihrem für die Kölner Philharmonie konzi- Konzerten von PhilharmonieVeedel in verschiedenen Stadtteilen Saëns und Francis Poulenc auch zwei brandneue Stücke von der pierten »Konzert für 13 Vögel« verbindet das Kollektiv sein Interesse an jungen schwedischen Komponistin Molly Kein und von seinem der rheinischen Fauna mit dem zeitgenössischen Phänomen der »Öko- Kölns! Genießen Sie in der großen Kölner Philharmonie großen Fan Rolf Martinsson. km Oper«. Das Ergebnis: ein audiovisueller Ringkampf zwischen Tradition unterhaltsame Kinderkonzerte und die »Familiensache«, bei der und Moderne, Mensch und Tier, Weltflucht und Wirklichkeit. og die Kinder während der ersten Konzerthälfte auf die Musik der Konzerttermin zweiten Hälfte vorbereitet werden, und erkunden Sie beim Sonntag 08.03.2020 16:00 Konzerttermin Nominiert von Stockholms Konserthus. Donnerstag 26.03.2020 21:00 Kindertag oder in einem Familienworkshop gemeinsam die Magnus Holmander Klarinette Round #8 David Huang Klavier Hall&Rauch unterschiedlichen Seiten der Musik! Eva Königshofen Sprecherin Mit Werken von Malcolm Arnold, Camille Saint-Saëns, Francis Poulenc, Paul Trachtenberg Gesang Molly Kein, Rolf Martinsson und Arvo Pärt Benjamin Adams Synthesizer 15:00 Einführung in das Konzert durch Niklas Rudolph Camillo Grewe Klavier Leonie Ludwig Chor Tobias Meyer Chor Illustration: Stefanie Kuppert/KölnMusik Malte Pries Chor Tobias Meyer Text, Benjamin Adams Musik, Camillo Grewe / Weitere Informationen zum Programm sowie zum Kartenkauf: Lukas Goersmeyer Bühnenbild, Thomas Meckel Dramaturgie, Max Brands Licht, Thomas Meckel / Hall&Rauch Konzept koelner-philharmonie.de/mit-kindern/ 0221 280 280 16 Das Magazin
Denkanstöße Eine Ausstellung im Foyer der Kölner Philharmonie gibt Einblicke in das Projekt #bebeethoven des alter- nativen Kammermusikfesti- vals PODIUM Esslingen, das eines 2009 von jungen Menschen gegründet wurde. Für das Projekt #bebeet- hoven haben sich zwölf junge Künstlerinnen und Künstler mit Beethoven und dessen Auswirkungen auf Meisters die Gegenwart beschäftigt und stellten sich u. a. die folgenden Fragen: Wie würden Kompositionen von Beethoven klingen, wenn er heute noch leben würde? Welche Musik würde er schreiben, auf welchen Instrumenten würde sie gespielt? In welcher Form würde er seine Werke auf- führen? In ihrer Kunst über- Das Programm des Mahler Chamber Orchestra setzten die zwölf Fellows dreht sich um Haydn, Widmann und Mozart die Tradition Beethovens ins Heute – irgendwo zwischen Komposition, Theater und Technologie. Die Ausstellung wurde von der Künstlerin Ariana Zustra kuratiert und ist noch bis Ende März zu sehen. Matthias Goerne Konzerttermin Eingefleischten Haydn-Fans sei er ans Herz gelegt, ein das Auseinandersetzungen von insgesamt 25 Kompo- Wiener Universität studiert, wo er sich in einer Haupt- Text von Johann Wolfgang von Goethe durch die Hinzu- Montag 02.03.2020 20:00 Besuch der Kirche Oratorio de la Santa Cueva in der nisten mit Ludwig van Beethoven bringt, formte Wid- seminarübung der Herausforderung stellen musste, fügung eines Orchestersatzes eine noch dramatische- Matthias Goerne Bariton andalusischen Stadt Cádiz. In diesem neo-klassizis- mann das »Choralquartett« in eine Neufassung für Flöte, Liedkompositionen von Franz Schubert mit einer Or- re Wirkung. Solist ist der Bariton Matthias Goerne, der Mahler Chamber Orchestra tischen Sakralbau erklang erstmals am Karfreitag des Oboe, Fagott, Celerta (ad. lib.) und Streichorchester um, chesterbegleitung zu versehen. Hierbei handelt es sich für seine Liedinterpretationen mehrfach ausgezeichnet Daniel Harding Dirigent Jahres 1787 im unterirdischen Raum der Doppelkirche, in Köln interpretiert vom Mahler Chamber Orchestra um lyrisch geprägte Frühwerke von Anton von We- wurde. Mit Werken von der von einer großen Kreuzigungsgruppe dominiert unter der Leitung von Daniel Harding. Beethoven selbst bern, noch völlig ohne den Einfluss der ihm später von Jörg Widmann, Franz Schubert und Wolf- wird, ein Werk von Joseph Haydn: seine Passionsmusik erhielt in Wien bei Joseph Haydn Kompositionsunter- Schönberg vermittelten Zwölftontechnik. Webern griff Über die Entstehungsgeschichte von Wolfgang Ama- gang Amadeus Mozart »Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze«. richt und sein Lehrer erkannte sofort das große Talent für seine Schubert-Bearbeitungen sowohl von »Trä- deus Mozarts Sinfonie D-Dur KV 504 ist wenig bekannt. Es war eine Auftragskomposition für den Domherrn von des damals 22-Jährigen. Das dokumentiert ein Empfeh- nenregen« aus dem Zyklus »Die Schöne Müllerin« als Fest steht, dass er sie 1786 komponierte und nach der Cádiz, verbunden mit der Bitte an Haydn, sieben lang- lungsschreiben, das Haydn seinem Schüler mit auf den auch für das in »Die Winterreise« enthaltene Lied »Der Fertigstellung eine Einladung aus Prag erhielt, die Sinfo- same meditative Sätze zu schreiben, einen für jedes Weg gab und in dem er ihm unter anderem bescheinig- Wegweiser« auf exakt die gleichen Instrumente zurück, nie dort unter seinem Dirigat während der Wintersaison der letzten Worte Jesu. Von diesem Werk ließ sich der te, dass er »mit der Zeit die Stelle eines der größten Ton- die schon zur Schubert-Zeit zum Orchester gehörten, uraufzuführen. Das brachte ihr den Beinamen »Prager zeitgenössische Komponist Jörg Widmann 2003 zu sei- künstler in Europa vertreten werde und ich werde stolz und schuf als Student weitgehend »werktreue« Über- Sinfonie« ein. Als Mozart Anfang Februar 1786 die Stadt nem zweiten Streichquartett anregen, das er als »Cho- sein, mich seinen Meister nennen zu können«. tragungen aus dem Klavier- in den Orchestersatz. Auch an der Moldau wieder verließ, hatte er einen Vertrag für ralquartett« bezeichnete. Es besteht aus einem einzigen Max Reger erweiterte Schuberts ursprünglich für Sing- die Komposition einer neuen Oper in der Tasche. Sie langsamen Satz, doch sein Stück bezieht sich nach Viele Jahre später kam es in Wien erneut zu der Be- stimme und Klavier erstellte Liedkompositionen durch trug den Titel »Don Giovanni«, und ein wenig von der Widmanns Aussage an keiner Stelle konkret auf die Mu- gegnung eines aufstrebenden Komponisten mit einem orchestrale Bearbeitungen. Sie wurden erst 1916 nach dämonischen Sphäre des Don Giovanni hat Mozart in sik von Haydns »Sieben letzte Worte «, wäre aber ohne für ihn sehr einflussreichen Mentor. Anton von Webern seinem Tod im Nachlass entdeckt. Von sanfter Stim- seiner Prager Sinfonie vorweggenommen. das Wissen um dieses kontemplative Werk undenkbar erhielt Unterricht bei Arnold Schönberg. Zuvor hatte mung getragen wird Regers Bearbeitung des Lieds »Im Jürgen Gauert gewesen. Im Rahmen des »non bthvn projekt 2020«, Webern 1903 am musikwissenschaftlichen Institut der Abendrot«. Hingegen entfaltet »Prometheus« auf einen 18 Das Magazin Das Magazin 19
Nachdenken über Bach Masaaki Suzuki dirigiert die Johannes-, Philippe Herreweghe die Matthäuspassion lich. Doch Masaaki Suzuki wuchs in Kobe in Welchem der beiden führenden Bach-Spezia- Konzerttermine einem christlichen Elternhaus auf und spielte listen die authentischere, eindringlichere, bes- Sonntag 15.03.2020 18:00 schon mit zwölf Jahren sonntags die Orgel. sere Interpretation gelingt – diese Frage lässt Hana Blažíková Sopran Er studierte in Amsterdam bei Ton Koopman sich wohl ebenso wenig beantworten wie die Damien Guillon Alt James Gilchrist Tenor (Evangelist) und gründete 1990 das Bach Collegium Japan, nach dem bedeutenderen Werk. Unter den Zachary Wilder Tenor mit dem er mittlerweile hochgelobte Einspie- beiden Vertonungen der Leidensgeschichte Christian Immler Bass lungen sämtlicher Kantaten und natürlich der Jesu, die von Bach erhalten sind, ist die 1727 ur- Bach Collegium Japan Masaaki Suzuki Dirigent Passionen vorgelegt hat. Dass sein Ensemble aufgeführte nach dem Matthäus-Evangelium Johann Sebastian Bach Johannespassion BWV trotz des vermeintlichen Standortnachteils zweifellos die monumentalere. Wie kein ande- 245, Oratorium für Soli, Chor und Orchester res Werk der Barockzeit nutzt sie systematisch das gesamte Formenrepertoire der damali- Sonntag 29.03.2020 18:00 gen Vokalmusik. Man hört Choräle, Cantus- Dorothee Mields Sopran firmus-Bearbeitungen und Stücke im motetti- Grace Davidson Sopran schen Satz, daneben verschiedene Arientypen, Alex Potter Countertenor William Shelton Countertenor Secco-Rezitative und Accompagnati, in denen Sebastian Kohlhepp Tenor Streicherakkorde gleich einem Heiligenschein Hugo Hymas Tenor Peter Kooij Bass die Worte Jesu umstrahlen. Altehrwürdige Tobias Berndt Bass Kompositionstechniken stehen neben visio- Reinoud Van Mechelen Tenor (Evangelist) när-modernen Klängen; abstrakt-spekulative Florian Boesch Bass (Jesus) und sinnlich-konkrete Formen der Textaus- Chor und Orchester des Collegium Vocale Gent deutung ergänzen sich zur allumfassenden Philippe Herreweghe Dirigent Darstellung der Passions-Historie. Johann Sebastian Bach Matthäuspassion BWV 244 Passion für Soli, zwei Chöre und Orchester. Philippe Herreweghe Masaaki Suzuki Text von Christian Friedrich Henrici-Picander Seine Johannespassion führte Bach erstmals Ein Konzert im Rahmen von am Karfreitag 1724 auf. Er gestaltete sie knap- Kölner Fest für Alte Musik 2020 per als das spätere Werk, und wohl aus diesem Dieses Konzert wird auch live auf philharmonie.tv »Ich habe mit Matthäus und Johannes mittler- konsistent auf höchstem Niveau musiziert, er- Grund hielt man sie nach Bachs Wiederentde- übertragen. Der Livestream wird unterstützt durch JTI weile Abertausende Kilometer von Rezitativen, klärt der perfekt deutsch sprechende Dirigent ckung im 19. Jahrhundert auch für weniger be- Medienpartner: Kölnische Rundschau Arien und Chorälen zurückgelegt, und auf die- so: »Für uns ist es natürlich sehr schwierig, den deutend. Dem widersprach aber schon Robert sen Strecken dringt man immer tiefer in die deutschen Text zu verstehen, deswegen muss Schumann in einem Brief an den Hamburger Materie ein, weil man beim Hören so unbarm- ich erstmal Übersetzungen machen, auch für Musikdirektor Otten: »Finden Sie sie nicht um herzig zum Nachdenken gezwungen wird.« die Instrumentalisten übrigens, und dabei den vieles kühner, gewaltiger, poetischer als die Sagt der Belgier Philippe Herreweghe, der mit Inhalt und den Kontext erklären. In Deutsch- nach d. Evang. Matthäus? Mir scheint letztere seinem Collegium Vocale Gent beide Passio- land ist der Inhalt etwa der Johannespas- [...] nicht frei von Breiten, und dann überhaupt nen Johann Sebastian Bachs unzählige Male sion wie selbstverständlich bekannt – für uns über das Maß lang – die andere dagegen wie aufgeführt und mehrfach auf CD festgehal- Japaner ist dies ganz neu, und wir müssen gedrängt, wie durchaus genial, namentlich in ten hat. Dass ein japanischer Musiker ebenso es immer erörtern. Aber vielleicht können wir den Chören, und von welcher Kunst!« Tatsäch- besessen von dem deutschen Barockmeister deswegen über den Inhalt mehr nachdenken, lich enthält die Johannespassion weniger re- sein könnte, scheint aufgrund der enormen und dadurch kommt jedem Wort eine beson- flektierende Arien, konzentriert sich stärker auf kulturellen Unterschiede kaum wahrschein- dere Wichtigkeit zu. Alle Sätze der Texte sind die eigentliche Passionsgeschichte. Sie wirkt gleich wichtig für uns, wir müssen alle Worte dadurch wesentlich dramatischer als die kon- ‚checken‘, wie man sie ausspricht und was sie templativere Matthäuspassion. Letztlich haben bedeuten.« beide Werke, ebenso wie beide Dirigenten und Ensembles, ihre je eigenen Stärken und Be- sonderheiten. Glücklicherweise muss man sich zwischen ihnen nicht entscheiden – beide sind in der kommenden Passionszeit in Köln Hana Blažíková zu erleben. Jürgen Ostmann 20 Das Magazin
Vergängliche Gedichte Vijay Iyer & Craig Taborn Kennengelernt haben sich die beiden Pianisten Vijay Iyer und nische Wissen auf das Klavier übertrug, um intuitiv mit der rhyth- Craig Taborn 2002, als sie im Solistenensemble Note Factory des mischen Komplexität Indiens und der harmonisch-melodischen Saxofonisten und »Instant-Composer« Roscoe Mitchell den har- Strahlkraft der europäischen Musiktradition zu experimentieren. monischen Raum entwerfen und gestalten mussten. In diesen Das legte die Basis für seinen späteren Erfolg als Jazzmusiker: solo Jahren mit Mitchells Band lernten sie, was es bedeutet, Musik in sowie mit seinem Trio und Sextett. »real-time« zu spielen: wenn einerseits der Ausdruck des Indivi- duums vom Ensembleklang geradezu verschluckt wird, anderer- Anders Taborn, 1970 in Minneapolis, Minnesota, geboren. Erst- seits aber die Kreativität der jeweiligen Persönlichkeit das Kollektiv mals ließ der Pianist Mitte der 1990er Jahre aufhorchen, als er den überhaupt einmalig klingen lässt. Echtzeit-Musik par excellence. rau-swingenden Jazz des Quartetts um den Tenorsaxophonisten James Carter mit seinem Spiel auf dem Flügel und E-Piano glei- Diese Zeit mit dem Saxophonisten und Mitgründer des legendä- chermaßen in der afroamerikanischen Tradition zu erden wusste ren, 1965 ins Leben gerufenen Chicagoer Musikerkollektivs »As- wie durch Experimente mit der Harmonik auf Augenhöhe mit der sociation for the Advancement of Creative Musicians« ist bis heute zeitgenössischen Avantgarde brachte. Aber wie sein Freund und auch das Herzstück für ihre Zusammenarbeit im Duo geblieben. Instrumentalkollege Iyer auch ist Taborn ein Kind seiner Zeit, dem »Unser Duo entstand im Schmelztiegel dieser Band«, heben die populäre Gattungen afroamerikanischer Musik wie etwa Hip-Hop beiden übereinstimmend hervor, »bei der Suche nach Musik, die oder Funk nicht fremd sind und der die vielfältigen Möglichkeiten ihre Einzigartigkeit dem Moment ihrer Entstehung verdankt.« Und digitaler Klangbearbeitungen und -verfremdungen beherrscht. sie lernten in Mitchells Band etwas, das sie seitdem, auch jeder für sich selbst, gleichsam zur Vollendung gebracht haben: »Wie man Für ihr gemeinsames Duo haben sich Iyer und Taborn ein außer- navigiert, wie man sich gegenseitig Platz lässt, wie man etwas ge- musikalisches Programm überlegt, das als »The Transitory Poems« meinsam aufbaut.« auch auf CD veröffentlicht worden ist. Mit ihren »vergänglichen Gedichten« huldigen die beiden Pianisten kreativen historischen Dabei setzen sie in ihrem Duo auf eine Dualität, die sich aus ihren Künstlerpersönlichkeiten – also nicht nur Jazzpianistinnen und grundverschiedenen Künstlerpersönlichkeiten und Spielkonzep- -pianisten wie Cecil Taylor oder Geri Allen, sondern zum Beispiel ten herleitet. Iyer wurde 1971 in Albany, New York, als Sohn indi- auch dem Maler und Bildhauer Jack Whitten. Ganz Improvisa- scher Eltern worden. Seine Herkunft wurde zum maßgeblichen tionsmusiker verflüchtigt sich dieser konkrete Anlass aber sofort, Impuls für die Suche nach der eigenen Identität: als Mensch und sobald sich Iyer und Taborn dem jeweiligen Schaffen annähern als Jazzpianist. Umgeben von der vielschichtigen Kultur der Hei- und es im Übersetzungsprozess einverleiben, um im interagieren- mat seiner Eltern durchlief er aber auch den Kanon klassischer den Zusammenspiel auf zwei Flügeln aus dem Stegreif das Vo- Bildung westlicher Prägung. Als Dreijähriger begann er, Geige zu kabular und die Grammatik einer idiosynkratischen Sprache zu lernen, während er später dann das auf der Violine erlernte harmo- entwickeln. Martin Laurentius Konzerttermin Samstag 21.03.2020 20:00 Vijay Iyer p Craig Taborn p v.l.: Craig Taborn und Vijay Iyer The Transitory Poems 22 Das Magazin Das Magazin 23
2019/2020 FORUM ALTE MUSIK KÖLN SONNTAGSKONZERTE 17 H m+k e.V. 02.02.20 17H TRINITATISKIRCHE franz vitzthum COUNTERTENOR stefan maass LAUTE flautando köln BLOCKFLÖTEN MUSIK AUS ENGLANDS GOLDENEM ZEITALTER 22.03.20 17H MUSEUM FÜR ANGEWANDTE KUNST jacquard quartet STREICHQUARTETTE VON JOSEPH HAYDN, ANTON FERDINAND TIETZ UND LUDWIG VAN BEETHOVEN 10.05.20 17H MUSEUM FÜR ANGEWANDTE KUNST les passions de l’ame LUDWIG VAN BEETHOVEN: SINFONIEN NR. 1 C-DUR OP. 21 UND Bewegend NR. 2 D-DUR OP. 36 IN KAMMERARRANGEMENTS 14.06.20 17H WDR-FUNKHAUS studierende der hochschule Konzerttermin für musik und tanz köln Mittwoch 15.04.2020 20:00 orchestra kairos #auferstanden – leitung: kai wessel GIACOMO GREBER: „GLI AMORI D’ERGASTO“ Eine Choral-Choreographie für Sänger, Tänzer und Ensemble Cantus Cölln Einheitspreis je Konzert 20 EUR (ermäßigt 12 EUR ) mspering@hotmail.com Konrad Junghänel Leitung Info und Tickets: 0221 552558 | www.forum-alte-musik-koeln.de Emanuele Soavi incompany Darko Petrovic Kostüme Heike Engelbert Kostüme Emanuele Soavi incompany und Cantus Cölln Carsten Hinrichs Dramaturgie Emanuele Soavi Choreographie, Leitung Mit Werken von Johann Sebastian Bach, Johann Rosenmüller und Johann Schelle Mit #auferstanden ist Konrad Junghänel und seinem Vokalensemble Im Spannungsfeld von Bewegung und Musik entsteht auf der Bühne Abgerundet hat Konrad Junghänel das Programm der Choral-Choreo- Cantus Cölln in Zusammenarbeit mit der Emanuele Soavi incompany ein Dialog, in dem die einzelnen Tänzer die Stimmen der Sänger reprä- graphie durch Werke, aus deren Tradition Bach in seinen geistlichen 2018 ein Projekt gelungen, in dem sich zeitgenössischer Tanz und geist- sentieren und dabei unter anderem menschliche Regungen wie Klage Kompositionen schöpfte und die sich ebenfalls um die Motivik von Tod liche Vokalmusik des Barock in einer Choral-Choreographie miteinan- und Kontemplation, Lust und Mitgefühl ausdrücken. Dabei geht es nicht und Auferstehung drehen. Die Choralmotette »Herr, wende dich und sei der verbinden. Jetzt ist die Produktion erneut in der Kölner Philharmonie um eine unmittelbare Übersetzung der Töne in physischen Ausdruck, mir gnädig« von Johann Christoph Bach d. Ä. beispielsweise oder auch zu Gast. sondern um eine neue künstlerische Dimension, die es dem Publikum die Streichersonaten des aus Leipzig geflohenen Musikers Johann Ro- ermöglicht, auch eigene Erfahrungen, Erinnerungen und Gefühle darin senmüller, die 1682 in Venedig gedruckt wurden und die trotz ihrer tän- Ein kleines Instrumentalensemble hat seinen Platz im Zentrum des Ge- zu finden und zu reflektieren. zerischen Anmut an Bachs frühe Kantaten erinnern. schehens, während sich die sechs Tänzerinnen und Tänzer der Emanu- ele Soavi incompany und die fünf Sängerinnen und Sänger von Cantus Die musikalischen Werke, die das Instrumentalensemble alleine und Die Choral-Choreografie erforscht die Passionsgeschichte physisch Cölln frei drumherum bewegen. Ungewöhnlich, aber gut durchdacht, gemeinsam mit Cantus Cölln interpretiert, hat Konrad Junghänel sensi- und musikalisch und blickt gleichzeitig ins Innere der menschlichen denn der italienische Choreograph Emanuele Soavi hat sich in der kre- bel auf den Kontext abgestimmt. Neben der frühen Kantate »Christ lag Seele. Das Experiment, das Konrad Junghänel und Emanuele Soavi mit ativen Planungsphase der Choral-Choreographie von philosophischen in Todes Banden« BWV 4, die Johann Sebastian Bach für den Oster- ihren Musikern und Tänzern nach dem Erfolg der Uraufführung 2018 Kreissystemen des Mittelalters zu dieser Aufstellung inspirieren lassen. sonntag komponiert hat, steht auch seine Motette »Jesu, meine Freude« nun erneut auf die Bühne bringen, kombiniert die verschiedenen künst- Durch die Positionierung der Künstler werden auf sakraler Ebene Bezü- BWV 227 auf dem Programm. Die vielen Strophen dieses Stücks, die lerischen Ausdrucksformen so formvollendet miteinander, dass man ge zu Themen wie Gott, Körper und Seele hergestellt. Überhaupt lebt Bach – von Soli über Duett, Terzett und Quartett bis Quintett – für ganz auf der Bühne mehr erleben kann als die Summe der einzelnen Teile. die Inszenierung von subtiler Emblematik, denn Konrad Junghänel und unterschiedliche Besetzungen komponiert hat, hat Emanuele Soavi im Katherina Knees Emanuele Soavi setzen nicht auf plakative Symbolik, sondern haben al- Hier und Jetzt in tänzerische »Situationen« übertragen, in denen man lein mit Musik und Tanz ein atmosphärisches Gesamtkunstwerk kreiert, vielschichtige Emotionen entdecken kann, die die Wechselhaftigkeit das völlig ohne Dekor und Requisiten auskommt und mit einer immen- des menschlichen Lebens widerspiegeln. sen ästhetischen Ausdruckskraft beeindruckt. 24 Das Magazin
Tierisch gut! Christopher Maltman lädt zum musikalischen Zoo-Besuch ein Spätestens seit den letzten Salzburger Fest- Tatsächlich spiegelt allein die Diskogra- So surreal es in diesem Tierpark anno 1919 spielen weiß es jeder Opernfan: Christo- phie des Liedsängers einen ungemein zugeht, so herrlich charmant und humorvoll pher Maltman ist ein Kerl von einem Mann. empfind- und einfühlsamen Umgang mit kommt außerdem das »Bestiarium« daher, Regie-Legende Achim Freyer hatte den den unterschiedlichsten Epochen und das aus der Feder des in England kultisch englischen Bariton nämlich für die Titel- Klangsprachen wider. Dazu gehört die verehrten Revue-Duos Michael Flanders partie von George Enescus »Oedipe« in ein deutsch-österreichische Romantik von & Donald Swann stammt. Immerhin findet »Rocky«-Double verwandelt, das sich mit Schubert, Schumann und Brahms ebenso sich in ihrem Reigen von 1963 das schöns- seinen Muskelpaketen und flotten Boxer- wie der vertraute Song-Kanon etwa eines te Liebeslied, das jemals für ein Gürteltier Shorts sehen lassen konnte. Doch erwar- Edward Elgar. Und auch in die französi- komponiert wurde. Wenn Christopher Malt- tungsgemäß machte Maltman nicht nur schen Chansons von Fauré, Debussy und man dieses mit entsprechendem Schmelz optisch was her, sondern zog auch sänge- Poulenc taucht er derart magisch ein, als singt, werden selbst die ebenfalls besun- risch alle Register, um dieser Neuinszenie- wären sie seine musikalische Mutterspra- genen Seepferdchen und Spinnen sich ein rung seinen Stempel aufzudrücken. Welche che. Tränchen der Rührung verdrücken müssen. Partien er auch in Angriff nimmt – stets fes- Guido Fischer selt und begeistert dieser Stimmschauspie- Davon können sich die Konzertbesucher ler das Publikum mit seiner Ausstrahlung der Kölner Philharmonie jetzt live überzeu- sowie einem Ausdrucksradius, der von gen. Denn für sein Recital verwandelt sich Konzerttermin Dienstag 17.03.2020 20:00 zart-lyrisch bis raumfüllend-heldisch reicht. Maltman in eine Art multilingualen Zoo- Karneval der Tiere Was der Kölner Opernbesucher bestäti- direktor. Bei dem musikalischen wie tieri- gen kann. Immerhin unterstrich der Mo- schen Vergnügen spannt er zusammen mit Christopher Maltman Bariton Malcolm Martineau Klavier zart-Sänger Maltman 2010 am hiesigen seinem pianistischen Alter Ego Malcolm Mit Liedern von Opernhaus seinen Ruf als einer der gegen- Martineau den Bogen etwa von Robert Emmanuel Chabrier, Michael Flanders / wärtig besten »Don Giovanni«. Schumanns »Löwenbraut« und Hugo Donald Swann, Francis Poulenc, Maurice Ravel, Max Reger, Robert Schumann und Hugo Wolf Wolfs »Storchenbotschaft« hin zur klassi- Der Startschuss für die Weltkarriere des schen Moderne Frankreichs, zu einem von studierten Biochemikers fiel 1997 gleich Maurice Ravel besungenen Perlhuhn sowie doppelt. In jenem Jahr sorgte Maltman mit einem »Zikaden«-Chor aus der Feder von seinem Debüt am Londoner Royal Opera Emmanuel Chabrier. Und gleich zu Beginn House in Benjamin Brittens »Peter Grimes« widmet sich Maltman dem Liederzyklus »Le erstmals international für Aufsehen. Zudem Bestiaire ou Cortège d'Orphée«, den Francis gewann er den renommierten Gesangs- Poulenc auf Texte von Guillaume Apolli- wettbewerb in Cardiff – in der Kategorie naire geschrieben hat. Im Mittelpunkt steht »Lied«. Bis heute ist für ihn dieses musi- da eine Prozession von Tieren im Gefolge kalisch intime Gespräch mit Pianist und von Orpheus. Und wie dieser mythische Publikum einfach unverzichtbar: »Der Lied- Sänger einst mit seinem Gesang selbst die gesang hilft mir, meine Stimme gesund zu wildesten Tiere zu zähmen verstand, so be- halten und sensibel zu bleiben für die Fein- singt Maltman nun gleichfalls verlockend Christopher Maltman heiten der Musik und vor allem der Spra- schön etwa ein Dromedar-Quartett, ein che«, so der gerade 50 Jahre alt gewordene tibetisches Schaf oder einen Karpfen. Maltman. 26 Das Magazin Das Magazin 27
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