Merkblatt Vollstreckung in Österreich in Zivil- und Handelssachen

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Stand: Juni 2012

                                                         Merkblatt
               Vollstreckung in Österreich in Zivil- und Handelssachen

Die Vollstreckung deutscher Titel – Urteile, Beschlüsse, Vollstreckungsbescheide etc. – in Öster-
reich beurteilt sich in Zivil- und Handelssachen anhand der österreichischen Exekutionsordnung
(EO) in der Fassung der Exekutionsordnungs-Novellen 2005 und 2008, der Verordnung (EG) Nr.
805/2004 über den Europäischen Vollstreckungstitel (EuVTVO) 1 und der Verordnung (EG) Nr.
44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO oder Brüssel I).2 Letztere verdrängt weit-
gehend mit Wirkung vom 1. März 2002 das sog. Brüsseler Übereinkommen (EuGVÜ)3 und den
deutsch-österreichischen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gericht-
lichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6.
Juni 1959.4

    A. Rechtslage nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 über den Europäischen
                                 Vollstreckungstitel am 21.10.2005

Durch diese Verordnung wird in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – mit Ausnahme Dä-
nemarks – ein europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Geldforderungen in Zivil- und Han-
delssachen eingeführt. Grundlage der Vollstreckung ist eine vom Ursprungsstaat ausgestellte „Bestä-
tigung als Europäischer Vollstreckungstitel“. Demnach beantragt der Gläubiger bei der Stelle, die
eine vollstreckbare Ausfertigung eines Titels erteilt, dass dieser als Europäischer Vollstreckungstitel
bestätigt wird.

                                                   I. Anwendungsbereich

Diese Verordnung gilt für Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden über
unbestrittene Forderungen.

1
    ABl. L 143/15; http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:143:0015:0039:DE:PDF.
2
    ABl. L 12/1; http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2001:012:0001:0023:DE:PDF.
3
    ABl. L 299/3.
4
    BGBl. - Deutschland - II 1960 S. 1246; http://www.bundesanzeiger.de/bgbl1.htm (Achtung: kostenpflichtig!);
    http://bgbl.makrolog.de (Achtung: kostenpflichtig!).

                                                                                                                               1
Eine Forderung gilt als unbestritten, wenn

a) der Schuldner ihr im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich durch Anerkenntnis oder durch einen
von einem Gericht gebilligten oder vor einem Gericht im Laufe eines Verfahrens geschlossenen Ver-
gleich zugestimmt hat oder
b) der Schuldner ihr im gerichtlichen Verfahren zu keiner Zeit nach den maßgeblichen Verfahrens-
vorschriften des Rechts des Ursprungsmitgliedstaats widersprochen hat oder
c) der Schuldner zu einer Gerichtsverhandlung über die Forderung nicht erschienen oder dabei nicht
vertreten worden ist, nachdem er zuvor im gerichtlichen Verfahren der Forderung widersprochen
hatte, sofern ein solches Verhalten nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats als stillschweigen-
des Zugeständnis der Forderung oder des vom Gläubiger behaupteten Sachverhalts anzusehen ist
oder
d) der Schuldner die Forderung ausdrücklich in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat (Art. 3 Abs.
1 S. 2 EuVTVO).

         II. Voraussetzung für die Bestätigung als „Europäischer Vollstreckungstitel“

Eine in einem Mitgliedstaat über eine unbestrittene Forderung ergangene Entscheidung wird auf je-
derzeitigen Antrag an das Ursprungsgericht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt, wenn

a) die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist und
b) die Entscheidung nicht im Widerspruch zu den Zuständigkeitsregeln in Kapitel II Abschnitte 3
und 6 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 steht und
c) das gerichtliche Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat im Fall einer unbestrittenen Forderung im
Sinne von Artikel 3 Abs. 1 lit. b) oder c) den Voraussetzungen des Kapitels III entsprochen hat, und
d) die Entscheidung in dem Mitgliedstaat ergangen ist, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz im
Sinne von Artikel 59 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 hat, sofern
        - die Forderung unbestritten im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 lit. b) oder c) ist,
        - sie einen Vertrag betrifft, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen
        hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden
        kann und
        - der Schuldner der Verbraucher ist (Art. 6 Abs. 1 EuVTVO).

Die Bestätigung kann sich auch nur auf einen Teil der Entscheidung beziehen („Teilbarkeit des Eu-
ropäischen Vollstreckungstitels“).

                                     III. Mindestvorschriften

Eine Entscheidung über eine unbestrittene Forderung kann nur dann als Europäischer Vollstre-
ckungstitel bestätigt werden, wenn das gerichtliche Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat bestimmten
verfahrensrechtlichen Erfordernissen genügt hat.

                                                                                                  2
Die Verordnung legt Mindestvorschriften für die Zustellung von Schriftstücken (verfahrenseinleiten-
des Schriftstück und gegebenenfalls Ladung) fest, damit die Verteidigungsrechte gewahrt werden.
Diese entsprechen weitgehend dem deutschen Zustellungsrecht. Wird eine von der Verordnung ab-
weichende Zustellungsart gewählt, kann die Entscheidung nicht als Europäischer Vollstreckungstitel
bestätigt werden.

Ferner muss das verfahrenseinleitende Schriftstück folgende Angaben enthalten:

a) die Forderung (Namen und Anschrift der Parteien, Höhe der Forderungen, bei der Forderung von
Zinsen der Zinssatz und Zeitraum, für den Zinsen gefordert werden, usw.)
b) die zum Bestreiten der Forderung erforderlichen Verfahrensschritte (Anfechtungsfrist, Konse-
quenzen des Nichtbestreitens usw.)

                                IV. Das Vollstreckungsverfahren

Unbeschadet der Bestimmungen der Verordnung gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht des
Vollstreckungsmitgliedstaats. Eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung wird
unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Ent-
scheidung. In Österreich richtet sich somit die Vollstreckung nach der Exekutionsordnung. Gem. § 2
Abs. 2 EO wird eine Gleichstellung von österreichischen und solchen Titeln normiert, die aufgrund
eines Rechtsaktes der Europäischen Union ohne gesonderte Vollstreckbarerklärung zu vollstrecken
sind. Der Gläubiger ist verpflichtet, den zuständigen Vollstreckungsbehörden Folgendes zu übermit-
teln:

a) eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen
erfüllt und
b) eine Ausfertigung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel, die die für ihre Beweis-
kraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt und
c) gegebenenfalls eine Transkription der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel oder eine
Übersetzung dieser Bestätigung in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats oder – falls es
in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt – nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses
Mitgliedstaats in die Verfahrenssprache oder in eine der Verfahrenssprachen des Ortes, an dem die
Vollstreckung betrieben wird, oder in eine sonstige Sprache, die der Vollstreckungsmitgliedstaat
zulässt.

                                      V. Zusammenfassung

Mit Inkrafttreten der Verordnung entfällt das zeit- und kostenintensive Verfahren zur Vollstreckbar-
keitserklärung, das bislang der Vollstreckung aus ausländischen Titeln vorgestellt war. Der Gläubi-
ger kann sich mit der „Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel“ direkt an das zuständige
Vollstreckungsorgan in Österreich wenden. Dies sind grundsätzlich die österreichischen Bezirksge-
richte, die dann den Gerichtsvollzieher mit der Ausführung des Vollstreckungsakts beauftragen.

Die Kosten für die Ausstellung dieser Bestätigung belaufen sich für den Antragsteller in Deutschland
auf 15 €, im arbeitsgerichtlichen Verfahren auf 12 €.

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Dem Gläubiger darf wegen seiner Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen
Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes im Vollstreckungsmitgliedstaat weder eine Sicherheitsleistung
noch eine Hinterlegung gleich welcher Art auferlegt werden.

Diese Verordnung berührt nicht die Möglichkeit, die Anerkennung und Vollstreckung einer Ent-
scheidung über eine unbestrittene Forderung, eines gerichtlichen Vergleichs oder einer öffentlichen
Urkunde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (sog. Brüssel-I-Verordnung) zu betreiben.

                       B. Rechtslage nach Inkrafttreten der Brüssel-I-Verordnung

Die Brüssel-I-Verordnung ist nur auf Klagen und öffentliche Urkunden anzuwenden, die nach ihrem
Inkrafttreten erhoben bzw. aufgenommen wurden. Auch soweit die Klage in Deutschland vor dem 1.
März 2002 erhoben wurde, werden nach dem 1. März 2002 ergangene Entscheidungen in Österreich
nach der Brüssel-I-Verordnung anerkannt und vollstreckt,

a) wenn die Klage in Deutschland erhoben wurde, nachdem das Brüsseler Übereinkommen oder das
Übereinkommen von Lugano sowohl in Deutschland als auch in Österreich in Kraft getreten war;
b) in allen anderen Fällen, wenn das Gericht aufgrund von Vorschriften zuständig war, die mit den
Zuständigkeitsvorschriften des Kapitels II oder eines Abkommens übereinstimmen, das im Zeitpunkt
der Klageerhebung zwischen Deutschland und Österreich in Kraft war (Art. 66 und 76 Brüssel-I-
Verordnung).

Für die übrigen Titel richtet sich die Vollstreckung nach dem Brüsseler Übereinkommen über die
gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Han-
delssachen vom 27. September 1968, dem Österreich am 29.11.1996 mit Wirkung vom 1. Dezember
1998 beigetreten ist,5 bzw. nach dem Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit
und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September
19886, das den deutsch-österreichischen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstre-
ckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Han-
delssachen vom 6. Juni 1959 mit Wirkung vom 1. September 1996 ersetzt.

Die Brüssel-I-Verordnung erstreckt sich auf Zivil- und Handelssachen und erfasst insbesondere nicht
Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten (Art. 1 Abs. 1 Brüssel-I-
Verordnung). Sie ist gemäß Art. 1 Abs. 2 Brüssel-I-Verordnung nicht anwendbar auf:

5
    ABl. C 15 vom 15.1.1997,, S. 1; BGBl. II 1998, S. 1411 ff.; eine konsolidierte Fassung des Übereinkommens wurde
    1998 veröffentlicht im ABl. C 27 vom 26.1.1998, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ.do?uri=OJ:C:1998:027:0001:
    0033:DE:PDF..
6
    BGBl. II 1994, S. 2658, 3372..

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a) den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von na-
türlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testa-
mentsrechts,
b) Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren,
c) die soziale Sicherheit und
d) die Schiedsgerichtsbarkeit.

Nach Art. 33 Abs. 1 Brüssel-I-Verordnung werden die in Deutschland ergangenen Entscheidungen in
Österreich grundsätzlich anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

Erforderlich und ausreichend zur Durchführung der Zwangsvollstreckung sind zwei Anträge: zum
einen auf Erklärung der Vollstreckbarkeit des deutschen Titels und zum anderen auf Bewilligung
der Exekution. Beide Anträge können gemäß § 84a Abs. 1 S. 1 EO miteinander verbunden werden.

                         I. Antrag auf Erklärung der Vollstreckbarkeit

In Deutschland ergangene und dort auch vollstreckbare Entscheidungen werden gemäß Art. 38 ff.
Brüssel-I-Verordnung in Österreich vollstreckt, wenn sie auf Antrag des Berechtigten in Österreich
für vollstreckbar erklärt worden sind.

Sachlich ist für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung gemäß Art. 39 Abs. 1 Brüssel-I-Verordnung
i.V.m. Anhang II der Verordnung das Bezirksgericht zuständig. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt
sich gemäß Art. 39 Abs. 2 Brüssel-I-Verordnung nach dem Wohnsitz des Vollstreckungsschuld-
ners oder dem Ort, an dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.

Vorzulegen sind die im Folgenden genannten Urkunden (Art. 40 Abs. 2, Art. 53 Brüssel-I-
Verordnung):

a) eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzun-
gen erfüllt und
b) die Bescheinigung unter Verwendung des Formblattes nach Art. 54 i.V.m. Anhang V Brüssel-
I-Verordnung. Diese erteilt wiederum auf Antrag das Gericht oder die sonst befugte Stelle in
Deutschland.

Der Antragsteller hat einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen (Art. 40 Abs. 2 Brüssel-I-
Verordnung). Eine Benennung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland ist hierbei nicht mög-
lich.

Nach Vorlage der o. g. Urkunden wird die Entscheidung unverzüglich für vollstreckbar erklärt; der
Vollstreckungsschuldner erhält insofern keine Gelegenheit zur Stellungnahme (Art. 41 Brüssel-I-
Verordnung).

                                                                                                5
II. Antrag auf Bewilligung der Exekution (Vollstreckbarkeit) des deutschen Titels

Neben dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zur Durchführung der Zwangsvollstreckung ein
Antrag auf Exekutionsbewilligung erforderlich. Diese Anträge können miteinander verbunden wer-
den (§ 84a EO). Für die Bewilligung der Exekution sind die in den §§ 18 und 19 EO bezeichneten
Bezirksgerichte zuständig (§ 4 EO). Die Exekution wird bewilligt, wenn aus dem Exekutionstitel die
Person des Berechtigten und des Verpflichteten, der Gegenstand, Art und Umfang und Zeit der ge-
schuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind (§ 7 Abs.1 EO). Der Antrag auf Exekuti-
onsbewilligung hat die anzuwendenden Exekutionsmittel genau zu bezeichnen und dem Formblatt
für Anträge auf Exekutionsbewilligung der ADV-Formverordnung (österr. BGBl. 1995, S. 560) zu
entsprechen.

Das Formblatt „Exekutionsantrag“ kann bei Bedarf beim

Formblattverlag TH. KOLLM, Riemergasse 6, A-1010 Wien,
Tel.: 0043-(0)1 512 64 82

angefordert werden. Ein Exemplar kostet zur Zeit 0,72 € zzgl. Mwst.
Ein entsprechendes Formular samt Erläuterung zum Antrag ist auch unter

http://www.justiz.gv.at/internet/html/default/2c9484852308c2a60123e627ffa70538.de.html
(Formular E-Antr1 "Exekutionsantrag")

erhältlich.

Der Vollzug einer bewilligten Exekution erfolgt von Amts wegen durch die Vollstreckungsorgane
des zuständigen Exekutionsgerichtes (Bezirksgericht).

                  C. Rechtslage vor Inkrafttreten der Brüssel-I-Verordnung

Für deutsche Titel, die vom zeitlichen Anwendungsbereich der Brüssel-I-Verordnung nicht erfasst
werden (s.o.), richtet sich die Vollstreckung in Österreich nach dem Brüsseler Übereinkommen über
die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen vom 27. September 1968, dem Österreich am 29.11.1996 mit Wirkung vom 1. De-
zember 1998 beigetreten ist.

Im Übrigen richtet sich die Vollstreckung nach dem insofern entsprechenden Luganer Überein-
kommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zi-
vil- und Handelssachen vom 16. September 1988, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Österreich am 1. September 1996 in Kraft getreten ist und den bis
dahin geltenden deutsch-österreichischen Vollstreckungsvertrag vom 6. Juni 1959 ersetzt hat.

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I. Antrag auf Erklärung der Vollstreckbarkeit des deutschen Titels

Gemäß Art. 31 ff. des Brüsseler/Luganer Übereinkommens werden die in Deutschland vollstreckba-
ren Entscheidungen auch in Österreich vollstreckt, wenn sie auf Antrag eines Berechtigten für voll-
streckbar erklärt worden sind. Die durch Gerichtsbeschluss zu erlassende Vollstreckbarkeitserklä-
rung (§ 83 Abs. 1 EO) hat die Wirkung, dass der deutsche Titel wie ein österreichischer Titel zu be-
handeln ist (§ 84b EO).

Für diesen Antrag ist das Bezirksgericht sachlich zuständig (Art. 32 Abs. 1 Brüsseler Übereinkom-
men, § 82 EO). Die örtliche Zuständigkeit wird durch den Wohnsitz des Schuldners in Österreich
bestimmt. Hat der Schuldner keinen Wohnsitz in Österreich, so ist das Gericht zuständig, in dessen
Bezirk die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll (Art. 32 Abs. 2 Brüsseler/Luganer Über-
einkommen).

Alternativ ist die Vollstreckbarkeitserklärung bei den in den §§ 18 und 19 EO bezeichneten Bezirks-
gerichten zu beantragen. In Wien ist das Bezirksgericht zuständig, welches für Exekutionssachen
nach dem Bezirks-Organisationsgesetz für Wien die Zuständigkeit besitzt, § 82 EO.

Ferner ist zu beachten, dass der Antragsteller einen in Österreich wohnhaften Zustellungsbevoll-
mächtigten zu benennen hat, sofern er nicht durch einen österreichischen Rechtsanwalt vertreten
wird (Art. 33 Brüssler/Luganer Übereinkommen). Eine Benennung der Botschaft der Bundesrepublik
Deutschland ist hierbei nicht möglich.

Gemäß Art. 33, 46, 47 Brüsseler/Luganer Übereinkommen i.V.m. § 80 EO sind dem Antrag folgende
Urkunden beizufügen:

a) eine Ausfertigung der Entscheidung, welche die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraus-
setzungen erfüllt;
b) bei einer im Versäumnisverfahren ergangenen Entscheidung die Urschrift oder eine beglaubigte
Abschrift dieser Urkunde, aus der sich ergibt, dass das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück oder
ein gleichwertiges Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden ist.

Die Partei, die die Zwangsvollstreckung betreiben will, hat ferner vorzulegen:
a) die Urkunden, aus denen sich ergibt, dass die Entscheidung
    i. nach deutschem Recht vollstreckbar ist und
    ii. zugestellt worden ist;
b) gegebenenfalls eine Urkunde, durch die nachgewiesen wird, dass der Antragsteller in Deutsch-
land Prozesskostenhilfe erhält.

Der Nachweis der Vollstreckbarkeit ist daher durch die Vollstreckungsklausel und – falls die Voll-
streckung von einer Sicherheitsleistung abhängig ist – durch eine öffentliche oder öffentlich beglau-
bigte Urkunde aus der sich ergibt, dass die Sicherheit geleistet wurde, zu erbringen. Die ordnungs-
gemäße Zustellung kann durch die Vorlage der Zustellungsurkunde oder durch eine beglaubigte Ab-
schrift derselben sowie durch eine gerichtliche Bestätigung über den Zustellungsvorgang belegt wer-
den.

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II. Antrag auf Bewilligung der Exekution (Vollstreckbarkeit) des deutschen Titels

Neben dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zur Durchführung der Zwangsvollstreckung ein
Antrag auf Exekutionsbewilligung erforderlich. Diese Anträge können miteinander verbunden wer-
den (§ 84a EO). Für die Bewilligung der Exekution sind die in den §§ 18 und 19 EO bezeichneten
Bezirksgerichte zuständig (§ 4 EO). Die Exekution wird bewilligt, wenn aus dem Exekutionstitel die
Person des Berechtigten und des Verpflichteten, der Gegenstand, Art und Umfang und Zeit der ge-
schuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind (§ 7 Abs. 1 EO). Der Antrag auf Exekuti-
onsbewilligung hat die anzuwendenden Exekutionsmittel genau zu bezeichnen und dem Formblatt
für Anträge auf Exekutionsbewilligung der ADV-Formverordnung (österr. BGBl. 1995, S. 560) zu
entsprechen.

Das Formblatt „Exekutionsantrag“ kann bei Bedarf beim

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Ein entsprechendes Formular samt Erläuterung zum Antrag ist auch unter

http://www.justiz.gv.at/internet/html/default/2c9484852308c2a60123e627ffa70538.de.html
(Formular E-Antr1 "Exekutionsantrag")

erhältlich.

Der Vollzug einer bewilligten Exekution erfolgt von Amts wegen durch die Vollstreckungsorgane
des zuständigen Exekutionsgerichtes (Bezirksgericht).

Alle Angaben in diesem Merkblatt beruhen auf Erkenntnissen und Einschätzungen der Botschaft
zum Zeitpunkt der Textabfassung. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere wegen zwi-
schenzeitlich eingetretener Veränderungen, kann jedoch keine Gewähr übernommen werden.

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