Michael Holdsworth Der International Standard Text Code (ISTC): Ein Arbeitsbericht

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Michael Holdsworth Der International Standard Text Code (ISTC): Ein Arbeitsbericht
Michael Holdsworth

    Der International Standard Text Code (ISTC):
                          Ein Arbeitsbericht
                Eine Perspektive für die Vermarktungskette
                                   März 2010

Übersetzung zur Verfügung gestellt von der Agentur für Buchmarktstandards
                             www.german-isbn.de

            http://www.bic.org.uk/files/pdfs/100401%20ISTC%20for%20BIC-
                       BISG%20bic%20Final%20corrected.pdf
Michael Holdsworth Der International Standard Text Code (ISTC): Ein Arbeitsbericht
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Inhalt

1.        Einführung ........................................................................................................................................3

2.        Wie der ISTC funktioniert .................................................................................................................4

3.        Nutzer und Nutzen ...........................................................................................................................8

     A.       Bündelung und Differenzierung für das Suchen und Finden .......................................................8

     B.       Bündelung für Reporting und Analyse bei Vertrieb und Bibliotheksleihverkehr.........................9

     C.       Differenzierung und Rechtemanagement....................................................................................9

     D.       Katalogisierung und Verwaltung von Bibliotheksbeständen .....................................................10

     E.       Interne Systeme (hauptsächlich Verlage, Autorenagenturen etc.) ...........................................11

4.        Bibliographische Funktionalität......................................................................................................11

5.        Abgeleitete Werke und Austauschbarkeit......................................................................................15

6.        Übersetzungen und Rechte ............................................................................................................19

7.        Fremdsprachige Ausgaben .............................................................................................................20

8.        Wie viele ISTC-Hierarchieebenen sind sinnvoll? ............................................................................22

9.        Praktische Aspekte bei der Einführung des ISTC ............................................................................25

10. Empfehlungen ................................................................................................................................27

Quellen und Hinweise .............................................................................................................................29

ISTC: A Work in Progress
von Michael Holdsworth. © 2010 Book Industry Study Group and Book Industry Communication
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1.     Einführung

Der International Standard Text Code (ISTC) ist ein neues Nummerierungs- und Identifizierungs-
system für den Buchmarkt. Während Internationale Standardbuchnummern (ISBNs) für jedes
einzelne Produktformat in der Vermarktungskette eine eindeutige Identifikation bieten (wobei es
sich um physische Produkte wie Hardcovers und Taschenbücher oder um digitale Produkte und
Formate wie Hörbücher zum Download, PDF-E-Books etc. handeln kann), kennzeichnet ein ISTC das
zugrunde liegende textliche Werk.

Im Rahmen des ISTC sind „textliche Werke“ (textual works) genau definiert: Sie sind das Produkt
einer kreativen oder intellektuellen Leistung in Form eines Textes (eine singuläre Kombination von
Wörtern in einer bestimmten Reihenfolge), der zur Veröffentlichung bestimmt ist. So sind
beispielsweise „Hamlet“ und „Stolz und Vorurteil“ textliche Werke und in diesem Kontext völlig
abstrakte Einheiten – unabhängig von den physischen oder digitalen Einbänden, Behältnissen,
Verpackungen, in denen sie präsentiert werden. Allen Ausgaben und Versionen mit demselben
inhaltlichen Kern wird ein eindeutiger ISTC zugeordnet. Durch die Verwendung von ISTCs werden
folglich alle Erscheinungsformen (Formate, Manifestationen) der zugrunde liegenden textlichen
Werke gekennzeichnet und klassifiziert.

Der ISTC ist ein durchdachter und flexibler Standard, aber seine potentiell komplexen Einsatz-
möglichkeiten können auf den ersten Blick schwer überschaubar erscheinen. In Bezug auf den
möglichen Nutzen von ISTCs für den Buchmarkt gibt es eine Reihe von vielversprechenden Über-
legungen. Dieses Papier geht über eine formale Dokumentation des Standards hinaus, um diese
Aussagen zu überprüfen. Es erläutert den zugrunde liegenden Kontext und bietet Hintergrund-
informationen. Darüber hinaus liefert es Beispiele, um Verlage und sonstige Interessenten
bei ihren ersten Schritten mit dem Standard zu unterstützen.

Eine erfolgreiche Einführung des ISTC durch den Buchmarkt wird von frühzeitigen gemeinsamen
Anstrengungen der Verlage und Registrierungsagenturen abhängen, eine solide Basis für die
Verknüpfungen zwischen den zugrunde liegenden kreativen Arbeiten und den veröffentlichten
Produkten zu schaffen. Notwendig sind hierfür ein einheitliches Vorgehen, große Genauigkeit und
eine konsistente Methodik. Zugleich ermöglichen jedoch freie und flexible Elemente innerhalb der
Kodierstruktur eine Wahl zwischen verschiedenen Optionen. Einige der eingebrachten
Anforderungen bedürfen noch einer sorgfältigen Prüfung und Validierung.

Dieses von Book Industry Communication (BIC) in Großbritannien und von der Book Industry Study
Group (BISG) in den USA in Auftrag gegebene Papier soll zu einem besseren Verständnis des ISTC und
seines potentiellen Nutzens beitragen. Ein erster Schritt in diese Richtung besteht darin, einfach die
Sachverhalte zu nennen, die im Zusammenhang mit dem Standard stehen, um eine Diskussion in
Gang zu bringen. Es wird versucht, einige der Fragen zu beantworten, die u.a. von Verlagen im

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Hinblick darauf gestellt wurden, wie die in den Standards festgeschriebenen Regeln am sinnvollsten
auszulegen sind und wie sie wirksam eingesetzt werden können. In diesem Papier wird darüber
hinaus ein erster Versuch unternommen, eine Perspektive für ein geeignetes zukünftiges Verfahren
zu entwickeln (best practice). In erster Linie gehen die Ausführungen jedoch auf das Anliegen von BIC
und BISG zurück, die Vermarktungskette zu verbessern. Sie sind praxisbezogen und realitätsnah, und
im Interesse des angestrebten produktiven Wandels liegt die Priorität nicht auf Komplexität, sondern
auf Verständlichkeit und Einfachheit.

2.     Wie der ISTC funktioniert

Der ISTC ist ein internationaler ISO-Standard (21047), der im März 2009 veröffentlicht wurde. Der
Standard wird, in vergleichbarer Weise wie beim ISBN-System, durch eine neue internationale ISTC-
Agentur geregelt, die wiederum Registrierungsagenturen die Lizenz erteilt, die Zuweisung der
Identifikatoren zu organisieren. Keine dieser Agenturen verfügt jedoch über eine Gebietsexklusivität.
Nielsen Book und Bowker betreiben Registrierungsagenturen in Großbritannien bzw. in den USA. Die
MVB betreibt eine ISTC-Registrierungsagentur in Deutschland, und zahlreiche weitere Organisationen
in Europa, Asien und Lateinamerika haben ihr Interesse an der Gründung von entsprechenden
Agenturen bekundet.

Zusätzlich zu dem veröffentlichten ISO-Standard hat die Internationale ISTC-Agentur Doku-
mentationsmaterial zur Unterstützung bei der Umsetzung des Standards herausgegeben: ein
Benutzerhandbuch und, zusammen mit EDItEUR, eine Spezifikation für eine ONIX for ISTC-Registrie-
rung (im Folgenden abgekürzt mit ONIX-for-ISTC). Hierbei handelt es sich um eine Sammlung von
XML-Nachrichten, die von registrierten Nutzern bei elektronischen Anträgen auf die Zuteilung von
ISTCs über das Standard Text Registration System (STRS) verwendet werden kann. STRS ist eine neue
globale Datenbank, die von allen Registrierungsagenturen gemeinsam genutzt wird. Auch wenn
bevorzugt elektronische Anfragen vorgesehen sind, können andere Eingabemethoden für die Nutzer
zur Verfügung gestellt werden.

ISTCs kennzeichnen die einzelnen Ergebnisse der kreativen, geistigen Leistungen, die sich im Text
niederschlagen – „kreative Werke“ wie Prosa, Dichtung, Liedtexte, Drehbücher, Hör- und
Bühnentexte. Diese Texte können natürlich auch Illustrationen enthalten; für Werke jedoch, die
vorwiegend aus Abbildungen bestehen – wie beispielsweise Bücher mit Fotografien und sehr wenig
Text –, kann kein ISTC beantragt werden. Bilderromane, Comics, Cartoons und Mangas sind
zugelassen, wobei durch den ISTC in diesen Fällen nur die Textelemente, nicht aber die Bilder
gekennzeichnet werden.

Autoren, Verlage, Agenturen, Bibliotheken, für die Rechteregistrierung zuständige Organisationen
und Verwertungsgesellschaften können ein neues Werk bei jeder der Registrierungsagenturen
eintragen lassen. Es ist nur wichtig, dass die Informationen über ein Textwerk von einer sach-
kundigen und für diese Aufgabe zuständigen Person bereitgestellt werden. Die gewählte
Registrierungsagentur nimmt dann anhand der Beschreibung des Werks einen elektronischen

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Abgleich mit den Daten im STRS-System vor und prüft so, ob der Text schon durch sie oder eine der
anderen Registrierungsagenturen eingetragen wurde. Wie bereits erwähnt, werden alle ISTCs in
einer globalen Datenbank vorgehalten – dem Standard Text Registration System (STRS).

Der ISTC wird dargestellt durch eine Zeichenfolge mit 16 Zeichen, die aus vier durch Bindestrich
getrennten Elementen besteht, z.B.:

        ISTC A02-2010-31F4CB2C-B

Das erste und das dritte Element sind „hexadezimal“, so dass die Zahlen 0-9 und die Buchstaben A-F
verwendet werden können. Das erste Element kennzeichnet die ausstellende Registrierungsagentur,
das zweite das Jahr der Registrierung. Das dritte Element ist der konkrete eindeutige Identifikator für
das Werk und das vierte eine Prüfziffer. Dieses hexadezimale Nummerierungssystem ermöglicht die
Anmeldung von 4.096 Registrierungsagenturen und 4.294.967.296 einzelnen Werken je
Registrierungsagentur pro Jahr.

Ein ISTC stellt einen Mechanismus zur Vernetzung einzelner Produkte mit demselben Inhalt bereit
(oder, in anderen Fällen, mit verschiedenen Inhalten, die dieselbe Quelle oder denselben Ursprung
haben – s. Kapitel 5). Dabei ist es wichtig, festzuhalten, dass der ISTC selbst über keinen Bestandteil
verfügt, der den Anmeldenden bezeichnet, und dass keine Komponente irgendeine Form des
Eigentums definiert. Ein klassisches Werk, wie beispielsweise „Stolz und Vorurteil“, das in einer
beliebigen Anzahl von Formaten und Sprachen von einer beliebigen Zahl von Verlagen veröffentlicht
sein kann, kann in der ISTC-Datenbank als genau ein originales schöpferisches Werk registriert sein.

Innerhalb der Vermarktungskette der Buchbranche zumindest ist – wie auch im ISTC-
Benutzerhandbuch erläutert wird – der Nutzen eines ISTC realisiert, wenn der Code einer textlichen
Erscheinungsform zugeordnet ist und damit das konkrete und einzigartige Werk kennzeichnet, auf
das diese sich bezieht. Diese Erscheinungsform muss ein Text sein, und es wird sich wahrscheinlich
um ein publiziertes Format (wie Hardcover, Taschenbuch, Hörbuch, E-Book) handeln, dem in einigen
oder vielen Fällen eine ISBN sowie ein Produktdatensatz (in einigen Fällen ONIX-for-Books)
zugewiesen wurden.

Folglich besteht das bibliographische Prinzip darin, dass ein ISTC ein Merkmal innerhalb der
beschreibenden Produktdaten einer oder mehrerer ISBNs ist. Die ISBNs, die mit demselben ISTC
verknüpft sind, sind innerhalb des ISTC-Datensatzes nicht lokalisierbar. Der ISTC ist kein Identifikator
in der Vermarktungskette für erwerbbare Produkte. Vielmehr ermöglicht er, wenn er innerhalb von
Katalogisierungsumgebungen, Content-Management-Systemen (CMS) oder anderen Buchsuche-
programmen und E-Commerce-Plattformen eingesetzt wird, einen präziseren Suchprozess. Statt alle
Titel zu kennen, unter denen ein Werk möglicherweise veröffentlicht worden ist, muss der Anwender
nur eine Ausgabe des Textes finden und kann während des Rechercheprozesses von dem
zugeordneten ISTC ausgehend alle weiteren Ausgaben lokalisieren und miteinander in Verbindung
bringen – insbesondere dann, wenn in der Suchanfrage eine Titelangabe verwendet wird.

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Entsprechend kann einem kreativen Textwerk mit einem eindeutigen ISTC (z.B. Stephenie Meyer:
„Twilight“, dt. „Bis(s) zum Morgengrauen“) eine beliebige Anzahl von textuellen Erscheinungsformen
(Formaten) zugeordnet werden, alle jeweils mit ihrer eigenen ISBN. Darüber hinaus sollte der
einzelne ISTC für jede der (in diesem Fall zehn) ISBNs, die im Folgenden aufgeschlüsselt werden, ein
Bestandteil der ONIX-for-Books-Produktdaten sein.

            ISBN 1         gebundene Ausgabe

            ISBN 2         Paperback

            ISBN 3         Begleitbuch zum Film – Paperback

            ISBN 4         Großdruck

            ISBN 5         Bibliotheksausgabe

            ISBN 6         als PDF herunterladbares E-Book

            ISBN 7         Kindle E-Book

            ISBN 8         Sony E-Book

            ISBN 9         herunterladbares ungekürztes Hörbuch

            ISBN 10        ungekürztes Hörbuch auf CD

Es ist wichtig, festzuhalten, dass all diese Erscheinungsformen sich auf den exakt gleichen Text mit
der gleichen Reihenfolge von Wörtern, Zeichen und Leerzeichen beziehen, die lediglich auf
unterschiedliche Weise präsentiert werden. Vorausgesetzt, dass die Wörter dieselben sind, ist es im
ISTC-Kontext unerheblich, ob ein Käufer möglicherweise eine Audioversion und eine gedruckte
gebundene Ausgabe nicht als „gleich“ wahrnimmt oder ob der Autor selbst oder eine andere Person
einen Text spricht.

Über den ISTC können die zehn Formate einerseits als „die gleiche Sache“ miteinander verknüpft
werden, und sie können für die verschiedensten Zwecke in Gruppen zusammengefasst („kollokiert“,
gebündelt) werden. Andererseits – und ebenso zweckmäßig – können die Produkte mit Hilfe des ISTC
von anderen Erzeugnissen unterschieden werden, die möglicherweise denselben oder einen
ähnlichen Titel haben oder Produktbeschreibungen aufweisen, die gleich erscheinen, denen aber
nicht dasselbe textliche Werk zugrunde liegt und die folglich einen anderen ISTC haben.

An dieser Stelle sollte angemerkt werden, dass die ISTC-Struktur es erlaubt, Manifestationen von
Texten mehr als einen ISTC zuzuordnen, wenn diese mehr als ein textliches Werk enthalten. Die ISTC-
Regeln schreiben auch vor, dass jedes registrierte Werk entweder als Originalwerk oder als ein davon
abgeleitetes bzw. verändertes Werk (derived work) gekennzeichnet werden muss. Innerhalb der
ISTC-Metadaten muss sich bei jedem abgeleiteten Werk jeweils ein Hinweis auf den ISTC des
entsprechenden Originalwerks und über die Art der Ableitung finden. Bei abgeleiteten Werken

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werden folglich zwei textliche Werke miteinander verknüpft – das abgeleitete Werk und das
ursprüngliche Werk; auf diesen Sachverhalt wird im Verlauf dieses Dokuments noch näher
eingegangen.

Hingewiesen werden muss auch darauf, dass der Nutzen des Einsatzes von ISTCs für die Vermark-
tungskette, wie so vieles in der Buchbranche, von präzisen Daten abhängt. Dies gilt sowohl in Bezug
auf die Beschreibung des jeweiligen Produkts als auch in Bezug auf die Metadaten-Ebene (Katalog-
daten und weitere Informationen) und die Metadaten im vorgegebenen Buchindustriestandard
ONIX-for-Books. Für die volle Ausschöpfung der Vorzüge des ISTC ist eine Bereitstellung aller
Produktformate mit präzisen ONIX-for-Books-Metadaten durch die Verlage erforderlich, wobei die
Produktmetadaten die entsprechenden ISTCs enthalten müssen. Die neue Version von ONIX-for-
Books (V. 3.0) wurde speziell an die Funktionalität der ISTCs angepasst: ISTCs können als wieder-
holbare Felder angegeben werden. Ein maximaler Nutzen der ISTCs ist außerdem davon abhängig,
dass Verlage und weitere Nutzer des Standards bei der Anfrage zur Registrierung neuer Werke
präzise ONIX-for-ISTC-Metadaten zur Verfügung stellen.

Manche Registrierungsagenturen bieten möglicherweise andere, technisch weniger anspruchsvolle
oder auch nicht-elektronische Mittel für Registrierungsaufträge und das Speichern der zugehörigen
Metadaten an. Trotzdem könnte die Abhängigkeit von ONIX-for-Books- und ONIX-for-ISTC-Meldun-
gen kleinere Verlage, die noch nicht über die technischen Voraussetzungen für die Verwaltung von
ONIX-Daten verfügen, deutlich benachteiligen.

Nielsen und Bowker haben zugesagt, ein öffentliches Internetsuchprogramm für einen Zugriff auf die
globale STRS-Datenbank zur Verfügung zu stellen. Diese Datenbank wird nur ISTCs enthalten – die
Identifikatoren für die einzelnen Werke – sowie die dazugehörigen Metadaten. Kunden aus der
Buchbranche, Autoren, Bibliotheken und Buchkäufer werden die Möglichkeit haben, die Datenbank
nach dem ISTC eines Werks zu durchsuchen, indem sie beispielsweise Titel oder Autor des Werks als
Suchbegriffe eingeben. Wer neue Produkte registrieren bzw. registrieren lassen will, wird prüfen
können, ob das der geplanten Veröffentlichung zugrunde liegende Werk bereits registriert ist.

Diese Nutzer der STRS-Datenbank werden jedoch keine Möglichkeit haben, nach ISBN-basierten
Produktdaten zu suchen. So werden sie beispielsweise bei der Suche nach dem Titel „Twilight“ (s.
weiter oben) keine Auflistung aller mit der Publikation verknüpften Produkte (in diesem Fall zehn
Formate) erhalten.

Die Datenbankeinträge können jedoch durchaus Hinweise auf ISBN-Produkte enthalten. Es werden
optionale Felder vorhanden sein, in die Nutzer strukturierte ISBN-Daten laden können; außerdem ist
ein zusätzliches Feld für beliebige Angaben vorgesehen. Der Hauptzweck dieser Informationen ist es
aber, den Registrierungsagenturen zu ermöglichen, bei der Registrierung neuer Werke zu klären, ob
diese nicht bereits registriert sind.

Der Metadatensatz, der in der STRS-Datenbank einem ISTC gegenübergestellt wird, wurde auf das
absolute Minimum reduziert, das erforderlich ist, um doppelte Registrierungen zu vermeiden. Wäre
ein duplikater ISTC-Datensatz erst einmal erzeugt, so wäre es schlicht nicht möglich, alle Hinweise auf

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verlinkte Formate innerhalb derselben Datenbank in diesem Duplikat nachzupflegen und aktuell zu
halten. Denn der Nutzer, der das Produkt ursprünglich registriert hat, könnte jederzeit neue Produkte
hinzufügen, und andere Nutzer – möglicherweise Agenturen, weitere Verlage oder Lizenzinhaber –
könnten weitere Produkte (z.B. Übersetzungen) ergänzen, von denen der ursprünglich registrierende
Nutzer keine Kenntnis hatte. Zwar sind auch Mechanismen für die dynamische Korrektur (falls
erforderlich), für die Erweiterung der ISTC-Datensätze und die Anlage zusätzlicher Verknüpfungen
vorgesehen. Aber letztlich ist, sobald ein Datensatz existiert, niemand der „Eigentümer“ des ISTC,
und nichts in dem ISTC-Datensatz impliziert eine „Eigentümerschaft“ oder bestimmte, auf ihn
bezogene Rechte.

Die Verwaltung der Verknüpfung von einem ISTC zu einer ISBN – und umgekehrt von einer ISBN zu
einem ISTC – wird grundsätzlich in der Verantwortung der bibliographischen Dienste, der
Lizensierungs- und Verwertungsgesellschaften sowie der Verlage selbst liegen (allerdings auf ihre
eigenen Produkte beschränkt).

3.     Nutzer und Nutzen

Es wird angenommen, dass ISTCs für zahlreiche Zielgruppen innerhalb der Buchbranche potentielle
Vorteile bergen: für Autoren, Agenturen und Interessenvertretungen von Autoren; für Verleger und
Rechteinhaber; für Wiederverkäufer (Einzelhandel, Großhandel, Auslieferungen); für Bibliotheken
und andere Serviceanbieter (Anbieter von bibliographischen und Produktinformationen, Lizenzgeber,
für die Rechteregistrierung zuständige Dienste).

Die Vorteile können unter den folgenden fünf Punkten zusammengefasst werden, von denen jeder
Punkt in den nächsten Abschnitten jeweils im Detail erläutert wird:

A. Bündelung und Differenzierung für das Suchen und Finden

Als ein Identifikator, der allen Erscheinungsformen (Produkten, Formaten, Ausgaben) zugewiesen
wird, denen der gleiche Text zugrunde liegt, ermöglicht es der ISTC, all diese Erscheinungsformen
innerhalb eines Suchergebnisses zu einer Gruppe zusammenzufassen (zu kollokieren, zu bündeln; s.
das „Twilight“-Beispiel weiter oben). Bei einer Recherche muss ein Nutzer also jeweils nur ein
Produkt finden und kann dann in dessen beschreibenden Metadaten den zugewiesenen ISTC
ausfindig machen, was ihm ermöglicht, alle anderen Formate zu finden, die dasselbe textliche Werk
enthalten – unter Ausschluss solcher Produkte, die gleiche oder ähnliche Beschreibungen haben,
deren Texte sich aber voneinander unterscheiden.

Zusammenstellungen dieser Art auf der Basis des ISTC ermöglichen auch das Auffinden von anderen
Produkten mit identischem Inhalt, die aus den verschiedensten Gründen unterschiedliche
beschreibende Produktmetadaten oder sogar einen anderen Titel oder Namen haben können.

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B. Bündelung für Reporting und Analyse bei Vertrieb und Bibliotheksleihverkehr

Neue Technologien und Möglichkeiten erlauben es Verlagen, ihre Produktinhalte zunehmend
vielfältiger zugänglich zu machen: physikalisch (in verschiedenen Taschenbuch-Formaten, in
Bibliotheksausgaben, in Großdruckausgaben, als Begleitbuch zum Film); als Hörversion (in einer
beliebigen Anzahl von Formaten, zum Download oder auf CD); in digitaler Form (online und offline,
für E-Book-Reader und Handys und für eine unbegrenzte Zahl von geräteabhängigen Formaten, mit
einer beliebigen Anzahl von Digital Rights Management-Paketen, die die Funktionalität oder den
Zugriff einschränken).

Im Bibliotheksbereich besteht ein starker Bedarf an aggregierten Daten, die es erleichtern sollen,
vielfältige Formate für den Leihverkehr voneinander abzugrenzen. Ebenso dürfte es in diesem
Bereich erwünscht sein, dass die jeweiligen Formate bei Leihbestellungen voneinander unter-
schieden werden können (dass z.B. zwischen Modellen von tragbaren E-Book-Lesegeräten und
Handys differenziert werden kann). Die Zusammenfassung von Daten mit den gleichen zugrunde
liegenden Inhalten, die durch ISTCs geleistet werden kann, sollte nicht nur für den Bibliotheks-
bereich, sondern auch für Dienste, die Bestsellerlisten für den Handel zusammenstellen, Journalisten
und Kommentatoren von Interesse sein.

C. Differenzierung und Rechtemanagement

In einem zunehmend globaler werdenden Internetmarkt kann es immer häufiger dazu kommen, dass
Händler durch die Listung und den Verkauf von Produkten (Ausgaben) in Märkten, in denen der
Verkauf nicht zulässig ist, unbeabsichtigt territoriale Rechtsvereinbarungen verletzen. Umfassende
ISTC-Registrierungen könnten es Wiederverkäufern im internationalen Markt ermöglichen, die für
verschiedene Märkte jeweils lieferbaren Ausgaben eines Werkes zu ermitteln und nur die für einen
bestimmten Markt zugelassenen Produkte auszuwählen. Ebenso können ISTCs von Händlerseite zur
Identifizierung von Produkten genutzt werden, deren Vertrieb durch Dritte gegen die ihnen von
einem vertrauenswürdig erscheinenden Geschäftspartner zugesicherten Exklusivrechte verstößt.

ISTC-Registrierungen erlauben eine korrekte Identifizierung von abgeleiteten Werken wie Über-
setzungen, die über eine Titelrecherche oder eine Suche nach anderen beschreibenden Daten in der
Originalsprache nur schwer auffindbar wären.

ISTC-Zusammenstellungen können weitere sich auf Rechte beziehende Aktivitäten unterstützen. Für
Rechteregistrierung zuständige Organisationen und für Verwertungsgesellschaften besteht die
Notwendigkeit, Produkte zum Zweck der Analyse und der Ausschüttung von Erlösen zu bündeln.

Die Aktivitäten der neuen Rechteregistrierungsagenturen, insbesondere BRR (Book Rights Registry) in
den USA (wenn etabliert) und ARROW in Europa (Accessible Registries of Rights Information and
Orphan Works towards Europeana), werden von besonderer Bedeutung sein.

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Rechte bestehen in den Werken, nicht den Erscheinungsformen, und mit Hilfe beider Regist-
rierungssysteme (und weiterer, vergleichbarer Rechtemanagement-Systeme) muss identifizierbar
sein, ob eine Erscheinungsform eines Werkes weiterhin lieferbar ist. Rechteregistrierungsstellen
müssen Gruppierungsalgorithmen entwickeln, um ihre eigenen spezifischen Rechtemanagement-
Anforderungen zu erfüllen. Eine wichtige Anforderung wird sich auf die Notwendigkeit beziehen, mit
anderen Rechtemanagement-Organisationen und weiteren Organisationen zu kommunizieren.
Zweifellos wird es zur Entstehung einer Art von standardisiertem Werkidentifikator kommen, um
diesem Bedarf gerecht zu werden. Momentan sind die neuen Rechteregistrierungsagenturen aber
noch nicht in der Lage, einzuschätzen, ob der ISTC und dessen Metadatensätze ihren Erfordernissen
umfassend entsprechen.

D. Katalogisierung und Verwaltung von Bibliotheksbeständen

Eine einheitliche Titelkontrolle – ein Verfahren, das die Ermittlung von Produkten (z.B. Büchern)
ermöglicht, die im Wesentlichen gleiche Inhalte haben, oder von Neubearbeitungen und
verschiedenen Auflagen früherer Veröffentlichungen – war immer schon ein Bestandteil der
Katalogpflege in Bibliotheken. Schließlich ist es für Bibliotheken wichtig, auf der Basis der ihnen zur
Verfügung stehenden beschreibenden Metadaten Anschaffungen von Werken zu vermeiden, die sich
bereits in ihrem Bestand befinden. Dies mag einfache Fälle betreffen, wie eine schon vorhandene
gebundene Ausgabe, zu der – möglicherweise bei einem Imprint oder in einem anderen Verlag – eine
Taschenbuchausgabe erschienen ist, oder komplexere Fälle wie das Vorhandensein mehrerer
digitaler Versionen eines Werkes. Eine einheitliche Titelsteuerung wird in umfassender Form
durchgeführt im Rahmen der zentralen Katalogisierung der U.S. Library of Congress, der British
Library und weiterer Bibliotheksservice-Anbieter wie dem OCLC. Zwar gibt es eine Reihe von
anerkannten Standards innerhalb der Bibliothekslandschaft, doch sind diese im Wesentlichen
nachrangig, und die präzise Behandlung von Werken, Erscheinungsformen und Produktversionen
auf ihrer Basis ist variabel, gelegentlich uneinheitlich und deshalb oft zwangsläufig subjektiv. Die
Bestimmung einer korrekten Werk-/Produkt-Hierarchie, von der Quelle und dem eigentlichen
Urheber oder Verleger des Werkes ausgehend, wie es der ISTC mit seinen strikten Regeln und
Klassifizierungsstandards vorsieht, wird grundsätzlich immer ein genaueres und verlässlicheres
Ergebnis erbringen.

Wie mit der Quellenkontrolle müssen sich Bibliotheken mit der Kontrolle des Autorennamens
befassen, insbesondere in Fällen, in denen Autoren verbreitete Namen haben oder unter Namens-
varianten oder Pseudonymen veröffentlichen. Diese Kontrolle der Autorennamen wird gegenwärtig
in Bibliotheken, weitgehend manuell, durch zentrale Katalogisierungsmechanismen (u.a. Library of
Congress, s. oben) geleistet. Eine striktere Kontrolle der Werk- und Produktbeziehungen, wie sie
durch den ISTC gewährleistet wird, wird zweifellos zu einer Verbesserung der Autorennamen-
kontrolle beitragen. Auf längere Sicht ist zu hoffen, dass der ISNI – der International Standard Name
Identifier (Entwurf ISO-Standard ISO 27729) – dieser Anforderung durch eine entsprechende
Registrierung an der Quelle des Werkes besser gerecht wird. Im ONIX-for-ISTC-Metadatenset ist die
Zuweisung eines ISNI für Autoren und Beitragende berücksichtigt.

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E. Interne Systeme (hauptsächlich Verlage, Autorenagenturen etc.)

Als ein ISO-Standard dient der ISTC vorrangig öffentlichen Interessen, indem er frei zugängliche
Recherchen sowie verbesserte Produktinformationen zwischen Handelspartnern im Rahmen der
Vermarktungskette ermöglicht. Es ist auch darauf hingewiesen worden, dass der ISTC im Laufe der
Zeit darüber hinaus von Nutzen für Verlage sein kann, wann immer im Bereich der internen Finanz-
und Verwaltungssysteme ein Bedarf besteht, Produkte zusammenzuführen.

Werken mit verschiedenen Erscheinungsformen liegt für Abrechnungszwecke bereits jeweils nur ein
Autorenvertrag zugrunde; diese Erscheinungsformen können für die Budgetplanung in einem
Einkaufsjournal zusammen aufgelistet werden oder für Verkaufsberichte und -analysen bzw. für die
Zahlung von Verkaufsprovisionen miteinander verbunden werden.

Auch Verlage müssen für ihre Marketingzwecke im Stande sein, Produktinformationen für den
Vertrieb in „titel“basierte (= werkbasierte) Einheiten zu bündeln (zu gruppieren) – sei es für das
Titelverzeichnis ihrer Webseite, für Bestellformulare und Schreiben mit Vorabinformationen oder für
Broschüren und Print- oder E-Mail-Werbung.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es Verlage aufgrund der Anforderung, einzelnen
handelbaren Produktformaten jeweils verschiedene ISBNs zuweisen zu müssen, mit „aufgeblähten“
Metadaten zu tun haben – wozu in vielen Fällen auch eine deutliche Zunahme von E-Book- und
Hörbuch-Formaten beiträgt. Die Notwendigkeit, in ONIX-for-Books auf ISBN-Ebene für jede
Erscheinungsform nahezu identische Metadatensets führen zu müssen (wobei ONIX-for-Books
derzeit nur auf ISBN-Ebene arbeiten kann), bringt zweifellos eine erhebliche Datenredundanz und
-duplikation sowie einen deutlichen Mehraufwand beim Datenmanagement mit sich.

Angesichts dieser Probleme nutzen Verlage bereits ihre eigenen Werk- oder Projekt-Identifikatoren,
um (mittels Metadaten) Beziehungen zwischen ihren ISBN-Datensätzen herstellen zu können. Einige
auf ISTC-Ebene mögliche Anwendungen, entweder auf der Basis des Datenmappings oder direkt
anstelle der proprietären Identifikatoren, bieten Chancen für eine höhere Effizienz. Der Einsatz eines
gemeinsamen Standards ermöglicht eine einfachere Integration von neuen, selbst- oder
fremdentwickelten Systemmodulen in bereits existierende Datenstrukturen. Systeme und Schnitt-
stellen werden kompatibel, und Daten können leichter ausgetauscht und wiederverwendet werden.

4.     Bibliographische Funktionalität

Einige Beispiele und Anwendungsfälle sollen dazu beitragen, im Detail zu erklären, welche Überle-
gungen hinter dem ISTC stehen.

Den meisten bibliographischen Funden geht eine Recherche über eine Suchmaschine oder auf einer
Buchhandelsplattform voraus. Eine bibliographische Recherche mit Hilfe des ISTC bietet den Vorzug,
dass die jeweils relevanten Ergebnisse – und nur diese – angezeigt werden. Daher hätte im

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vorherigen Kapitel noch eine sechste Gruppe genannt werden können, für die der ISTC von Nutzen
wäre: die der Konsumenten (Leser, Buchkäufer, Forschende, Studierende, Bibliothekare).

Die meisten Recherchen starten mit einer Titel- oder Autorensuche, und in vielen Fällen werden im
Ergebnis auch all die Produkte angezeigt werden, die für den Suchenden von Interesse sind. Jedoch
kann es sein, dass die Inhalte der zu einem Titel und/oder Autor angezeigten Produkte nicht exakt
miteinander übereinstimmen (im Falle der Übereinstimmung wären sie austauschbar und nur im
Format voneinander unterschieden). Solche Autor-/Titel-Kombinationen könnten auf etwas anderes
hinweisen, z.B. auf ein adaptiertes Drehbuch oder einen Textauszug. Es ist auch denkbar, dass sich
die Treffer nicht auf das jeweils benötigte oder zugängliche Format beziehen (das abhängig sein kann
von einem bestimmten E-Book-Reader oder einem verfügbaren Handy, von der jeweils zugrunde
liegenden digitalen Rechteverwaltung oder von territorialen Beschränkungen). Darüber hinaus wird
es nicht selten vorkommen, dass sich – beispielsweise im Kontext einer Sammlung von Texten –
gleiche Inhalte hinter vollkommen verschiedenen Titeln verbergen, die über eine Volltextsuche nach
Titel und Autor nicht gefunden werden.

Ein typisches Beispiel hierfür ist eine Recherche zu „Moby Dick”, die bei Amazon einige Tausend
Ergebnisse erbringt (Produkte/Formate in „Bücher“), wobei der Grund für deren Anzeige-Reihenfolge
nur Amazon bekannt ist.

Sollte man nach dem Roman selbst recherchiert haben, werden einige der Ergebnisse ungefähr dem
entsprechen, was man gesucht hat:

        ISBN 1             Moby-Dick Penguin Popular Classics

        ISBN 2             Moby-Dick Wordsworth Classics

        ISBN 3             Moby-Dick Norton Critical Editions

        ISBN 4             Moby-Dick Oxford World's Classics

        ISBN 5             Moby-Dick Barnes & Noble Classics

        ISBN 6             Moby-Dick Dover Giant Thrift Editions

        ISBN 7             Moby-Dick Penguin Classics Deluxe

        ISBN 8             Moby-Dick Longman Critical Editions

        ISBN 9             Moby-Dick Modern Library Classics

        ISBN 10            Moby-Dick Easy Read Large Print Edition

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Zugleich werden aber auch Ergebnisse erscheinen, die – so wertvoll sie auch sein mögen – nicht ganz
dem entsprechen, was man wollte:

        ISBN 11            Moby-Dick. Cliff's Notes

        ISBN 12            A Pop-up Moby-Dick

        ISBN 13            Moby-Dick. Naxos Audiobook

        ISBN 14            Moby-Dick. Shmoop Study Guide

        ISBN 15            Moby-Dick The Screenplay

        ISBN 16            Moby-Dick for the Kindle

        ISBN 17            Moby-Dick: The Good Parts

        ISBN 18            Moby-Dick: In Half the Time

        ISBN 19            Marvel Illustrated Presents Moby-Dick

        ISBN 20            Classic Comics: Moby-Dick

Darüber hinaus wird die Recherche aber auch einige auf „Moby Dick“ bezogene Ergebnisse
erbringen, nach denen man überhaupt nicht gesucht hat:

        ISBN 21            New Essays on Moby-Dick

        ISBN 22            Melville’s Moby-Dick: An American Nekyia – A Jungian Commentary

        ISBN 23            In Search of Moby-Dick: The Quest for the White Whale

        ISBN 24            Two Guys Read Moby-Dick

        ISBN 25            Moby-Dick or The Catfish – A Trailer Park Classic

        ISBN 26            Waleship Essex: The True Story of Moby-Dick

        ISBN 27            Moby-Dick and the Whaling Industry in the Nineteenth Century

        ISBN 28            Frank Stella’s Moby-Dick: Words and Shape

        ISBN 29            The Errant Art of Moby-Dick: The Canon, the Cold War and the …

        ISBN 30            Ungraspable Phantom: Essays on Moby-Dick

        ISBN 31            Commodore Perry as White Phantom: Moby-Dick in the Context of ...

Bei Amazon werden die Ergebnisse natürlich nicht so geordnet aufgelistet sein wie gerade
dargestellt, und gewünschte und nicht gewünschte Resultate werden in einer eher zufälligen

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Reihenfolge erscheinen. Darüber hinaus sind in der präsentierten Auswahl Tausende von
Suchergebnissen zu „Moby Dick“ noch gar nicht berücksichtigt …

Sobald für den reinen Romantext von „Moby Dick” jedoch ein ISTC (nennen wir ihn ISTC A) registriert
worden ist, wird dieser ISTC nur noch in den ONIX-for-Books-Daten von solchen Produkten enthalten
sein, die den kompletten ursprünglichen Text des Werks aufweisen (bei dem angeführten Beispiel
überwiegend Produkte aus der ersten Liste). Damit einhergehend könnten sich in der Folge
Möglichkeiten für eine gezielte erweiterte Suche ergeben, die es erlaubt, die angezeigte Auswahl auf
die Produkte zu begrenzen, die den ISTC A enthalten.

Grundsätzlich gilt es beim Einsatz von ISTCs zu bedenken, dass der größte Wert des Systems in seiner
Genauigkeit besteht, die in den meisten Fällen dadurch gewährleistet sein wird, dass die
Registrierung – durch einen Autor, eine Autorenagentur oder einen Verlag – an der Quelle des
Werkes vorgenommen wurde.

Amazon (wie oben erläutert), weitere Händler und die Bibliotheksdienstleister haben ausgeklügelte
Techniken entwickelt, um die Bündelung von Formaten sowie eine einheitliche Titelkontrolle zu
ermöglichen. Google Books hingegen bietet weiterhin die herkömmliche Volltext- und Meta-
datensuche an. Suchergebnisse zu dem Begriff „Moby Dick“ erscheinen dort ebenso undifferenziert
und zufällig sortiert wie bei Amazon. Die von Bibliotheksdienstleistern und bibliographischen
Diensten angebotenen Hilfen basieren überwiegend auf einem herkömmlichen ISBN-gestützten
Produktkatalog, wobei nur selten eine umfassende Zusammenstellung nach Werk oder „Titel“
möglich ist.

In einem Abschnitt des ISTC-Benutzerhandbuchs wird im Detail der Prozess beschrieben, über den
Registrierungsanfragen für das Standard Text Registration System (STRS) mit den Datensätzen von
bereits registrierten Werken verglichen werden, um festzustellen, ob ein neuer ISTC zugewiesen
werden muss. Im Rahmen dieses Prozesses werden diverse Vergleichstests im Hinblick auf Elemente
wie Titel, Autor etc. durchgeführt, um die Anzahl der exakt übereinstimmenden und der ähnlichen
Datensätze zu ermitteln.

Die Registrierungsagenturen Bowker und Nielsen Book bieten zusätzlich auch umfassende
bibliographische Dienste auf der Grundlage von ISBN-basierten Datensätzen an, die sie von Verlagen
erhalten. Sie sind in der Lage, daraus für Gruppen von Titeln ISTC-Registrierungssätze zu erzeugen,
indem sie ISTC-spezifische Metadaten manuell ergänzen und die im STRS-System zur Verfügung
stehenden Vergleichsmethoden anwenden. Sowohl Bowker als auch Nielsen beteiligen sich aktiv an
Pilotprojekten mit Verlagen, die das Ziel haben, Anforderungen und Voraussetzungen für Arbeits-
abläufe beim Einsatz von ISTCs zu prüfen. So wurden ISTCs probehalber bereits einer Reihe von Titeln
dieser Verlage wie auch einigen lizenzfreien Werken zugewiesen. Diese Bemühungen tragen ganz
wesentlich zur weiteren Entwicklung der STRS-Datenbank bei. Bowker hat auch die Absicht bekundet,
bei einigen Verkaufstiteln von US-Verlagen ISTCs im Voraus festzulegen. Über die damit verbundene
Verwendung von proprietären Titel-Verknüpfungs-Algorithmen soll die automatisierte Erstellung von
ONIX-for-ISTC-Metadaten aus ONIX-for-Books-Dateien erprobt werden. Noch sehr viel zusätzliche
manuelle Arbeit ist im Hinblick auf die Datenbereinigung und auf fehlende Felder erforderlich.

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Es ist auch wahrscheinlich, dass sich die Rechteorganisationen und die neuen Rechteregister – und
das möglicherweise in sehr bedeutendem Umfang – mit der systematischen Registrierung von ISTCs
für Backlist-Titel und verwaiste Werke befassen werden.

Wenn die erwähnten Projektarbeiten auch zweifellos notwendig und sinnvoll sind, besteht hier
dennoch das Risiko einer Gefährdung des grundlegenden Prinzips, dass die Vorteile des ISTC-Systems
nur dann voll ausgeschöpft werden können, wenn seine Anwendung durch Hintergrundkenntnisse
fundiert ist und vom Urheber oder Verlag gelenkt wird. Sicherlich wird es zu Ungenauigkeiten
kommen, und eine Reihe von Verfeinerungen (z.B. im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen
Werken, abgeleiteten Werken usw.) werden vielleicht geopfert werden müssen, wenn Werke als
„neu“ registriert werden, auch wenn sie möglicherweise abgeleitet sind. Wenn dies aber zu einem
wachsenden Interesse der Nutzer – Händler, Rechteregistrierungsdienste, Daten-Lizenznehmer (die
potentiellen „Abnehmer“ der ISTCs) – an den Standards führt und dazu beiträgt, dass sie weitere
Anwendungsfälle dokumentieren, ist der Preis möglicherweise nicht zu hoch.

Die Registrierungsagenturen können jedenfalls ganz richtig von sich behaupten, dass sie bei der
Registrierung von Werken bislang mit mindestens ebenso großer Sorgfalt vorgegangen sind, wie dies
bei der großen Mehrheit der Verlage im Hinblick auf ihre eigenen Produkt-Metadaten der Fall ist.

5.     Abgeleitete Werke und Austauschbarkeit

In der Einleitung zu diesem Papier wurde der ISTC als ein ausgereifter und flexibler Standard mit
vielfältigen Einsatzmöglichkeiten beschrieben. Die Entwickler des Standards haben den komplexen
Hierarchien von Beziehungen zwischen den Werken Rechnung getragen; dabei ist es ihnen wahr-
scheinlich gelungen, alle denkbaren Wechselbeziehungen zu berücksichtigen.

Eine genaue Überprüfung des gezeigten Beispiels zu „Moby Dick“ (s. Kap. 4) zeigt, dass es drei
Kategorien von Ergebnissen gibt. Die erste Kategorie, die sich hauptsächlich in der zuerst auf-
geführten Liste von ISBN-Nummern findet, bietet die „richtigen Ergebnisse“ für Recherchen nach
Volltextausgaben von „Moby Dick“. Dabei handelt es sich um mehr oder weniger identische Texte
mit der gleichen Anzahl und Anordnung von Zeichen, die somit im Hinblick auf den Kern des Werkes,
den reinen Romantext, untereinander austauschbar sind.

Die zweite Kategorie von Resultaten, die sich vor allem in der an dritter Stelle aufgeführten Liste von
ISBN-Nummern findet, enthält eindeutig Fehlangaben. Bei den aufgelisteten Titeln handelt es sich
um Bücher, die sich zwar auf den Roman „Moby Dick“ beziehen, die aber nicht den Romantext
enthalten. Da dieser Kern des Werkes in den Ergebnissen nicht auftaucht, müssen den Produkten als
eigenständigen Werken jeweils eigene, unterschiedliche ISTCs zugeordnet werden. Die ISTC-Struktur
ermöglicht keine Bündelung weiterführender oder sich auf den Kerntext beziehender Werke unter
einem ISTC, es ist also in diesem Rahmen nicht möglich, alle Texte zu „Moby Dick“ miteinander zu
verbinden – außer natürlich über die allen Titeln gemeine Zeichenfolge „Moby Dick“ im Produkttitel.

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Eine dritte Kategorie von Resultaten jedoch, die sich hauptsächlich in der angeführten zweiten Liste
von ISBN-Nummern findet, kann für Nutzer, die auf der Suche nach einer Textversion von „Moby
Dick“ sind, durchaus von Interesse sein. So werden beispielsweise folgende Produkte aufgelistet:

        ISBN 12 ISTC B           A Pop-up Moby-Dick

        ISBN 15 ISTC C           Moby-Dick The Screenplay

        ISBN 17 ISTC D           Moby-Dick: The Good Parts

        ISBN 18 ISTC E           Moby-Dick: In Half the Time

        ISBN 19 ISTC F           Marvel Illustrated Presents Moby-Dick

        ISBN 20 ISTC G           Classic Comics: Moby-Dick

In diesen Produkten werden sich zweifellos nicht 1000 Seiten des unverfälschten Melville-Textes
finden, sie sind aber dennoch Versionen des Kerntextes, ohne dass sie direkt mit ihm austauschbar
wären. Sie sind eindeutig eigenständige kreative Werke mit Anspruch auf jeweils einen eigenen ISTC.

Es ist bei der ISTC-Vergabe daher erforderlich, dass jedes registrierte Werk entweder als Originalwerk
oder als abgeleitetes Werk gekennzeichnet wird. Innerhalb der ISTC-Metadaten muss sich bei jedem
abgeleiteten Werk ein Verweis auf den ISTC des Ursprungstextes finden; darüber hinaus muss die Art
der Ableitung genannt werden. Folgende Ableitungstypen sind zulässig:

        Gekürzt (Abridged)

        Kommentiert (Annotated)

        Sammlung (Compilation)

        Kritisch (Critical)

        Auszug (Excerpt)

        Bereinigt (Expurgated)

        Hinzugefügter oder revidierter Nontext (Nontext added or revised)

        Neubearbeitet (Revised)

        Übersetzt (Translated)

        Adaptiert (Adaptation)

        Nicht näher bezeichnet (Unspecified)

Eine Recherche zu „Moby Dick“ könnte sich demnach auf den Kern des klassischen Textes (ISTC As,
s.o.) beschränken oder sich zusätzlich auf abgeleitete Versionen des Werkes (ISTCs B-G) ausdehnen.

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Darüber hinaus kann es natürlich für jeden dieser ISTCs (z.B. ISTC C „Moby Dick“ The Screenplay) eine
beliebige Anzahl von unterschiedlichen Erscheinungsformen geben – ISBN-basierte Produkte wie
Hardcover, Taschenbuch, E-Book etc.

Da ISTCs auf textliche Inhalte begrenzt sind, wäre es wahrscheinlich sinnvoll, im Vorfeld Produkte
ohne Text auszusortieren, denen im Buchhandelsbereich (möglicherweise fälschlich) eine ISBN oder
eine Artikelnummer zugeordnet wurde.

So ergibt sich, wenn man wieder mit „ISTC A“ den zugrunde liegenden Originaltext kennzeichnet,
folgendes Bild:

        ISTC A Meyer: „Twilight“

– das Ursprungswerk, das einen ISTC erhält.

        273 Resultate für = Meyer + Twilight unter „Bücher“ bei Amazon

Es erscheinen zahlreiche Manifestationen (bei Amazon „Formate“), alle mit demselben ISTC A (s.
auch die Abbildung des Suchergebnisses weiter unten):

        ISBN 1             gebundene Ausgabe

        ISBN 2             Paperback

        ISBN 3             Begleitbuch zum Film – Paperback

        ISBN 4             Großdruck

        ISBN 5             Bibliotheksausgabe

        ISBN 6             als PDF herunterladbares E-Book

        ISBN 7             Kindle E-Book

        ISBN 8             Sony E-Book

        ISBN 9             herunterladbares Hörbuch (ungekürzt)

        ISBN 10            Hörbuch auf CD (ungekürzt)

Damit nicht verbundene und nicht abgeleitete Werke werden herausgefiltert, alle jeweils mit
vielen ISBNs/Erscheinungsformen:

        ISTC B             Meyer: Eclipse (Twilight Saga 3)

        ISTC C             Meyer: New Moon (Twilight Saga 2)

        ISTC D             Twilight Illustriertes Buch zum Film

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        ISTC E             Twilight and Philosophy: Vampires and Vegetarians

        ISTC F             Stephenie Meyer: Author of the Twilight Saga

Weitere Produkte, von denen einige eine ISBN haben könnten, werden nicht berücksichtigt:

        Kein ISTC          Twilight Film-DVD

        Kein ISTC          Twilight Brettspiel

        Kein ISTC          Twilight Poster

        Kein ISTC          Twilight Bella Swan Spielzeug/Becher/Schlüsselring/Halskette

Natürlich wird Amazon in Bezug auf wichtige Titel wie Stephenie Meyers „Twilight“ alle
Anstrengungen unternommen haben, eine möglichst vollständige und „einheitliche“ Titelliste zu
erstellen, wofür mit ziemlicher Sicherheit eine manuelle Nachbearbeitung des Ergebnisses
erforderlich war. Es ist wahrscheinlich, dass die meisten Formate in der folgenden Abbildung genau
gleich und untereinander austauschbar sind. Eine durch den Verleger des Titels, Little, Brown,
initiierte und verwaltete ISTC-Vergabe würde aber mit Sicherheit eine exaktere Übersicht über die
verschiedenen Manifestationen ermöglichen. In diesem Fall würden zumindest einige der
aufgelisteten Audioformate wahrscheinlich nicht für eine vollständige und ungekürzte Textversion
stehen. Mit Hilfe des ISTC-Systems würde eine gekürzte Hörbuchausgabe einen separaten,
abgeleiteten ISTC erhalten, der mit dem ISTC A des Ursprungstextes verbunden ist.

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Stephenie Meyer: „Twilight“ bei Amazon am 12. Januar 2010:

6.     Übersetzungen und Rechte
Wie bereits weiter oben erwähnt, würde eine umfassende ISTC-Registrierung es Wiederverkäufern
im internationalen Markt ermöglichen, die für ein Gebiet verfügbaren Ausgaben eines Werks zu
ermitteln und nur die für den jeweiligen Markt angebotenen Werke auszuwählen. So könnte

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beispielsweise eine ISTC-Suche nach Produkten mit dem ISTC A: Stephenie Meyer „Twilight“ und
dem Format „Taschenbuch“ als Ergebnis zwei Erscheinungsformen mit identischem Inhalt erbringen:

        ISBN 1 Little, Brown (Megan Tinley) Taschenbuchausgabe USA und Kanada (ISTC A)

        ISBN 2 Little, Brown (ATOM) Taschenbuchausgabe GB und Europa (ISTC A)

Während in diesem Fall über den ISTC zwei Produkte mit demselben Kerntext korrekterweise
zusammengeführt wurden, sollten in den ONIX-for-Books-Metadaten der beiden ISBNs jeweils die
spezifischen und unterschiedlichen territorialen Einschränkungen der Produkte definiert sein. Auf
diese Weise kann ein Händler, der zwei Erscheinungsformen desselben Produkts findet, heraus-
finden, welche Version in der jeweiligen Region verkauft werden darf.

Um eine solchermaßen verfeinerte Verwendung von ISTCs zu ermöglichen, ist es jedoch ganz
wesentlich, dass die jeweiligen territorialen Rechte korrekt in den an die bibliographischen Dienste
gelieferten ISBN-basierten ONIX-for-Books-Datensatz eingepflegt wurden, dass die bibliographischen
Dienste die Unterscheidung weitergegeben haben und dass der Händler in der Lage ist, diese zu
verarbeiten. Es bestehen also eine ganze Reihe von Abhängigkeiten.

Es ist darauf hingewiesen worden, dass in künftigen Rechteverhandlungen die lizenzerteilenden
Verlage oder Agenturen auf eine Klausel bestehen könnten, die den Lizenznehmer dazu verpflichtet,
in all seinen ONIX-for-Books-Daten und anderen bibliographischen Angaben und Mitteilungen –
soweit praktizierbar – einen vom Lizenzgeber festgelegten ISTC zu verwenden.

Ein alternatives Szenario könnte darin bestehen, dass den Händlern exklusive Rechte von nur einer
der beteiligten Parteien (vorausgesetzt, sie ist vertrauenswürdig) zugesichert werden müssen.

7.     Fremdsprachige Ausgaben

Das ISTC-System unterscheidet sich von einigen anderen – insbesondere im Bibliotheksbereich
eingesetzten – Systemen für Werke/Manifestationen dadurch, dass Übersetzungen als abgeleitete
Werke von einer Originalquelle bzw. von dem ISTC des ursprünglichen Werks behandelt werden,
obwohl der Volltext der Übersetzung (in Bezug auf die verwendeten Zeichen und Leerzeichen)
eindeutig nicht identisch oder unmittelbar austauschbar ist.

Diese Funktionalität könnte sich als nützlich erweisen, da bei übersetzten Titeln in den meisten Fällen
keine eindeutigen Rückschlüsse auf die ursprünglichen Kerntexte möglich sind. Als Beispiel ließe sich
wieder die„Twilight“-Reihe heranziehen, bei der die ersten drei Bände der fremdsprachigen
Versionen Titel erhalten haben, die ohne Bezug zum Originaltitel sind, die also keine direkten
Übersetzungen der englischen Titel darstellen (man beachte z.B. die Wortspiele in der deutschen
Übersetzung). In jedem dieser Fälle hat die Übersetzung einen eigenen abgeleiteten ISTC, der aber
auf den ISTC der ursprünglichen englischsprachigen Quelle verweist.

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Es ergibt sich folgende Darstellung:

        ISTC A (1. Band)         Twilight                        englisch

        ISTC A + ISTC B          Fascination                     französisch

        ISTC A + ISTC C          Bis(s) zum Morgengrauen         deutsch

        ISTC A + ISTC D          Crepusculo                      spanisch

        ISTC E (2. Band)         New Moon                        englisch

        ISTC E + ISTC F          Tentation                       französisch

        ISTC E + ISTC G          Bis(s) zur Mittagsstunde        deutsch

        ISTC E + ISTC H          Luna Nueva                      spanisch

        ISTC I (3. Band)         Eclipse                         englisch

        ISTC I + ISTC J          Hesitation                      französisch

        ISTC I + ISTC K          Bis(s) zum Abendrot             deutsch

        ISTC I + ISTC L          Eclipse                         spanisch

Innerhalb des Systems kann es zu jedem dieser übersetzten, neu abgeleiteten Werke eine beliebige
Anzahl von Hardcover-, Taschenbuch- oder E-Book-Ausgaben mit einer beliebigen Anzahl von ISBNs
geben. Ebenso können einige dieser Werke bereits weitere Ableitungen (z.B. gekürzte Texte oder
Comic-Versionen) mit neuen ISTCs hervorgebracht haben, die wiederum auf die beiden höheren
Ebenen – auf die ursprüngliche Übersetzung und das übergeordnete Original – verweisen.

Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Funktionalität des ISTC eine komplexe und robuste Lösung
im Hinblick auf ein zukünftig mögliches Metadaten-Umfeld bereitstellt – wobei ein praktischer
Nutzen aber derzeit noch in weiter Ferne zu liegen scheint. Nur die Urheber bzw. Verleger solch
komplexer Ableitungen wären in der Lage, diese neuen ISTCs zu registrieren, und es lässt sich noch
nicht klar sagen, was sie dazu veranlassen könnte, sich entsprechend zu engagieren. Es stellt sich die
Frage, ob Urheber bzw. Verlage einen ausreichenden Nutzen darin sehen werden, dass auf die von
ihnen publizierten Ursprungswerke verwiesen wird. Grundsätzlich lässt sich einfach sagen, dass sich
das ISTC-System bei Bedarf für solche Zwecke anbietet.

(Das oben angeführte Beispiel zu „Eclipse“ zeigt zudem, wie es ohne eine ISTC-Identifikation auf-
grund der identischen Titel des englischsprachigen Originals und der spanischsprachigen Übersetzung

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von Band 3 der Reihe zu Verwechslungen kommen kann, beispielsweise auf US-Websites, die beide
Versionen der Publikation führen.)

8.     Wie viele ISTC-Hierarchieebenen sind sinnvoll?

In den vorherigen Kapiteln wurde ersichtlich, warum es für Verlage schwierig sein könnte, einzu-
schätzen, auf welchen Hierarchieebenen sie ISTCs einsetzen sollten. Es bestehen nicht nur Unsicher-
heiten darüber, was bei der ISTC-Registrierung zunächst zu beachten ist, sondern auch über den Grad
der Detailliertheit und Komplexität der möglichen Hierarchien.

Das Prinzip der zweckbestimmten Detailliertheit (functional granularity) wird bei Diskussionen über
Buchmarktstandards und Identifikatoren häufig thematisiert. Grob gesagt geht es dabei darum, dass
Objekte nur so weit identifiziert und klassifiziert werden müssen, wie es möglich und zweckmäßig
erscheint. Als Beispiel für diese Herangehensweise im Hinblick auf die Behandlung von klassischen
Romantexten soll wieder „Moby Dick“ dienen. In mancher Hinsicht erinnert dies an die Debatte in
der Zoologie über die zweckmäßigste Form der Klassifizierung von Arten: Zusammenfassen oder
Ausdifferenzieren.

Die Beispiele in den folgenden Auflistungen sind rein hypothetisch – es geht lediglich darum, die
potentielle Komplexität von hierarchischen Strukturen aufzuzeigen.

So könnte es beispielsweise die folgenden Volltext-Versionen von „Moby Dick“ geben:

        ISBN 1             Moby-Dick Penguin Popular Classics

        ISBN 2             Moby-Dick Wordsworth Classics

        ISBN 3             Moby-Dick Norton Critical Editions

        ISBN 4             Moby-Dick Oxford World's Classics

        ISBN 5             Moby-Dick Barnes & Noble Classics

        ISBN 6             Moby-Dick Dover Giant Thrift Editions

        ISBN 7             Moby-Dick Penguin Classics Deluxe

        ISBN 8             Moby-Dick Longman Critical Editions

        ISBN 9             Moby-Dick Modern Library Classics

        ISBN 10            Moby-Dick Easy Read Large Print Edition

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