Nach Corona: Szenarien für die künftige Bedeutung der Büronutzung - Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte - JLL

 
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Nach Corona: Szenarien für die künftige Bedeutung der Büronutzung - Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte - JLL
Deutschland | Juni 2020

Research Report
Jones Lang LaSalle Incorporated

Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte

Nach Corona:
Szenarien für die
künftige Bedeutung
der Büronutzung
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Nach Corona: Szenarien für die künftige Bedeutung der Büronutzung - Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte - JLL
Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Welchen nachhaltigen Einfluss wird Corona auf die Büromärkte haben?
Intro
Gegenwärtig kann noch niemand genau absehen, wie die Gesamtwirtschaft, einzelne Branchen oder
Unternehmen in einem Jahr dastehen oder sich mittel- und längerfristig entwickeln werden. Auch die Frage, was
Corona mittel- und langfristig für die Nutzung von Bürogebäuden und somit für den Büromarkt als Ganzes
bedeutet, lässt sich zurzeit noch nicht beantworten. Einerseits gibt es Meinungen mit der Grundaussage „es wird
fast keine Änderungen geben“, andererseits ist von Schätzungen zu lesen, die von verstärktem Remote Working
(Arbeiten von außerhalb des Büros, insbesondere im Home-Office) und in der Folge einem Fünftel weniger
Büroarbeitsplätzen ausgehen.

Quelle: GettyImages

Hier werden drei Szenarien vorgestellt, die eine Bandbreite möglicher Entwicklungen abbilden. Während einige
Büronutzer ihre Bürofläche nach den guten Erfahrungen mit Remote Working drastisch reduzieren, werden
andere ihre Büroflächen sogar noch erweitern. Jedes Szenario zeigt „die Summe“ der unterschiedlichen
realisierten Immobilienstrategien; also das qualitative und quantitative Ergebnis, das insgesamt, über alle
Büronutzer eines Büromarktes, die Folge ihrer unterschiedlichen Immobilienstrategien sein kann. Das Szenario 1
beispielsweise zeigt ein Ergebnis, bei dem unter dem Strich eine deutliche Reduktion der bisherigen Bürofläche in
einem Büromarkt überwiegt, im Szenario 3 hingegen wird nach Corona unter dem Strich sogar mehr Bürofläche
genutzt.

COPYRIGHT © JONES LANG LASALLE SE 2020.                                                                             2
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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Die 3 Szenarien
Die hier vorgestellten Szenarien beziehen sich auf die Zeit nach der Corona-Akutphase, sprich: es gibt keine
Pandemie-induzierten, einschränkenden Ausgangs- oder Abstandsregelungen mehr.

Für jedes der Szenarien ergeben sich Auswirkungen auf verschiedene Parameter, z.B. auf Objektanforderungen
und Standortwahl.

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Szenario 1: Home, sweet home
    Flächen             Wesentliche Änderungen1:
    (nutzungs)-         • Arbeitsplätze i.S.v. Schreibtischen:                         • Ruheräume, Projekträume, usw.:
    konzepte                                                                             quantitativ: +/-
                          quantitativ: -
                          qualitativ: +                                                  qualitativ: +
                        • Arbeitsplätze im Sinne spontan zu nutzender Arbeitsorte:     • Küchen, Lounges, usw.:
                          quantitativ: -                                                 quantitativ: -
                          qualitativ: +                                                  qualitativ: +
                        • Konferenz- / Meeting-Räume:
                          quantitativ: +/-                                             • Gesamtbürofläche:
                          qualitativ: +                                                  quantitativ: -
                                                                                         qualitativ: +

                         • Starke Differenzierung nach Abteilungen und Funktionen.
                         • Verstärkte Ausgestaltung und Nutzung des Büros als Ort der persönlichen Begegnung.
                         • Deutliche Einsparungen bei den Immobilienkosten; deutlich erhöhte Investitionen in IT- und
                           Kommunikationslösungen.
    Objekt-              • Hochleistungsfähige digitale Infrastruktur notwendig, um Remote Working in großem Umfang zu
    anforderungen          ermöglichen.
    Standortwahl         • Bedeutung des Standortes gerade im „Next Normal“ nach Corona sehr individuell nach Branchen
    Büro                   und Mietern. Bei einigen Unternehmen können die flächenmäßigen und damit monetären
                           Einsparungen dazu genutzt werden, an einen höherwertigen Standort zu ziehen.
                         • Erhöhte Inanspruchnahme von externen Flex Office-Angeboten.
    Standortwahl         • „People go where the jobs are” gilt hier nicht mehr. Im Gegenteil: die Remote Worker werden freier
    Wohnorte               bei der Wahl ihres privaten Lebensmittelpunktes.
    Mitarbeiter          • Die Ansprüche an die Ausstattung der privaten Wohnungen steigen (Balkone, Extra-
                           Arbeitszimmer).
    Austausch            • Der Austausch von Informationen findet zu einem gewissen Teil auf anderen Wegen statt als
                           bislang; dafür müssen moderne Kommunikationskanäle aktiv und regelmäßig genutzt werden.
                         • Die Unternehmenskultur, das Zusammengehörigkeitsgefühl und der Teamspirit müssen zum
                           überwiegenden Teil in anderer Weise gestaltet werden.

1   + bedeutet deutliche Zunahme
    - bedeutet deutliche Abnahme
    +/- bedeutet kaum Änderung

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Szenario 2: Back to Business
 Flächen            Wesentliche Änderungen:
 (nutzungs)-        • Arbeitsplätze i.S.v. Schreibtischen:                         • Ruheräume, Projekträume, usw.:
 konzepte             quantitativ: -                                                 quantitativ: +/-
                      qualitativ: +/-                                                qualitativ: +
                    • Arbeitsplätze im Sinne spontan zu nutzender Arbeitsorte:     • Küchen, Lounges, usw.:
                      quantitativ: +                                                 quantitativ: +/-
                      qualitativ: +                                                  qualitativ: +/-
                    • Konferenz- / Meeting-Räume:
                      quantitativ: +/-                                             • Gesamtbürofläche:
                      qualitativ: +/-                                                quantitativ: -
                                                                                     qualitativ: +

                    • Differenzierung nach Abteilungen und Funktionen.
                    • Verstärkte Ausgestaltung und Nutzung des Büros als Ort der persönlichen Begegnung.
                    • Einsparungen bei den Immobilienkosten; erhöhte Investitionen in IT- und
                      Kommunikationslösungen.
 Objekt-            • Verbesserte digitale Infrastruktur notwendig, um Remote Working in erhöhtem Umfang zu
 anforde-             ermöglichen.
 rungen
 Standortwahl       • Bedeutung des Standortes bleibt individuell nach Branchen und Unternehmen.
 Büro               • Keine wesentlichen Änderungen der Präferenzen bei der Standortwahl.
 Standortwahl       • „People go where the jobs are” gilt weiterhin für die Mehrzahl der Beschäftigten, da sie regelmäßig
 Wohnorte             ins Büro kommen.
 Mitarbeiter        • Die dauerhaften oder regelmäßigen Remote Worker hingegen werden freier bei der Wahl ihres
                      privaten Lebens-mittelpunktes; ihre Ansprüche an die Ausstattung der privaten Wohnungen
                      steigen (Balkone, Extra-Arbeitszimmer).
 Austausch          • Der Austausch von Informationen findet für die wenigen Remote Worker auf anderen Wegen statt
                      als bislang; dafür müssen moderne Kommunikationskanäle aktiv und regelmäßig genutzt werden.
                    • Die Unternehmenskultur, das Zusammengehörigkeitsgefühl und der Teamspirit müssen zum Teil
                      in anderer Weise gestaltet werden.

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Szenario 3: Let’s get together
 Flächen            Wesentliche Änderungen:
 (nutzungs)-        • Arbeitsplätze i.S.v. Schreibtischen:                       • Ruheräume, Projekträume, usw.:
 konzepte             quantitativ: +/-                                             quantitativ: +
                      qualitativ: +                                                qualitativ: +
                    • Arbeitsplätze im Sinne spontan zu nutzender Arbeitsorte:   • Küchen, Lounges, usw.:
                      quantitativ: +                                               quantitativ: +/-
                      qualitativ: +/-                                              qualitativ: +
                    • Konferenz- / Meeting-Räume:
                      quantitativ: +                                             • Gesamtbürofläche:
                      qualitativ: +                                                quantitativ: +
                                                                                   qualitativ: +

                    • Verstärkte Ausgestaltung und Nutzung des Büros als Ort der persönlichen Begegnung.
                    • Höhere Immobilienkosten durch größeren Flächenbedarf.
 Objekt-            • Verbesserte digitale Infrastruktur notwendig, um Remote Working in geringem Umfang zu
 anforde-             ermöglichen.
 rungen             • Ggf. Umbau der Erschließungswege, um den gewünschten größeren Abstand zu ermöglichen.
 Standortwahl       • Bedeutung des Standortes grade im „Next Normal“ nach Corona sehr individuell nach Branchen
 Büro                 und Mietern. Viele Unternehmen werden aufgrund des erhöhten Flächenbedarfs alternative und
                      damit günstigere Standorte in Betracht ziehen müssen. Einige Mieter hingegen dürften versuchen,
                      das von vielen ihrer Mitarbeiter als nicht mehr zeitgemäß empfundene Arbeitskonzept der
                      Anwesenheitspflicht vor Ort durch Optimierung des Standorts etwas zu „kompensieren“, so dass
                      zentrale und gut angebundene Lagen profitieren.
                    • Dezentralisierung gewinnt an Bedeutung: Mehrere kleinere Standorte in einer Stadt anstatt einer
                      großen Zentrale.
 Standortwahl       • „People go where the jobs are” gilt hier unverändert. Die Wohnraumnachfrage in den großen
 Wohnorte             Metropolen bleibt auf einem hohen Niveau.
 Mitarbeiter
 Austausch          • Der Austausch von Informationen kann weiterhin durch persönlichen Kontakt im Büro stattfinden.

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Zahlen, bitte!
Nach diesen primär qualitativen Einschätzungen werden nun mögliche quantitative Auswirkungen für die drei
Szenarien auf die Büroflächen bzw. -märkte skizziert:

Diese Annahmen werden einheitlich auf die Zahlen zum derzeit belegten Bürobestand der Big 7 angewandt:

Die Änderungen bei den Büros und Arbeitskonzepten werden sich natürlich über einen längeren Zeitraum
vollziehen. Die hier genannten Zahlen hingegen nehmen das Ergebnis bezüglich der belegten Bürofläche bereits
vorweg, und zwar ceteris paribus2, d.h. ohne Berücksichtigung sonstiger Einflüsse und Entwicklungen. Ansonsten
käme eine zeitlich unmittelbare Reduktion der belegten Fläche um 23 % (im Szenario 1) beispielsweise in
Frankfurt einem Anstieg des Leerstandsvolumens um das Fünffache auf dann 3,2 Mio. m² gleich, und einem
Anstieg der Leerstandsquote von derzeit rund 6 % auf dann 27 %.

2   Beispielsweise werden steigende Leerstände, etwa durch Unternehmensinsolvenzen, oder Bestandsminderungen im Wege von
    Umwidmungen von Büros in Wohnungen, in den Szenarien nicht abgebildet.

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Nun kommt es darauf an, welches Szenario sich realisiert - hinsichtlich des künftigen geänderten Bedarfs an
Bürofläche oder auch hinsichtlich der möglichen Änderungen der Mitarbeiter-Wohnorte und des damit
einhergehenden Einflusses auf die Wohnungsnachfrage vor Ort.
Im Szenario 1 geht der Büroflächenbedarf deutlich zurück, während die Wohnungsnachfrage am Ort des Büros
durch die beschriebenen Effekte leicht bis moderat sinkt. Im Szenario 2 geht der Büroflächenbedarf moderat, und
die Wohnungsnachfrage minimal zurück.
Die freiwerdende Bürofläche in Szenario 1 und 2 wird zunächst zu steigenden Leerständen führen. Vor dem
Hintergrund, dass in den Big 7-Büromärkten in den letzten 3 Jahren insgesamt durchschnittlich 153.000 m²
Bürofläche jährlich in andere Nutzungsarten umgewidmet3 wurden (schwerpunktmäßig in Wohnungen), besteht
hierdurch auf den ersten Blick nur ein geringes Potential zum Leerstandsabbau. Die künftig reduzierte Nachfrage
nach Wohnorten in der Nähe des Büros in den Szenarien 1 und 2 wird dieses Potential erneut verringern. Ob die
leerfallenden Büroflächen dabei dennoch durch die allgemeine Wohnungsnachfrage kompensiert werden
können, liegt letztlich aber vielmehr an weiteren Faktoren wie der konjunkturellen Entwicklung (u.a. den Folgen
von Arbeitsplatzverlusten oder Kurzarbeit).
Im Szenario 3 steigt die Büroflächennachfrage sogar an, und die Wohnungsnachfrage bleibt unverändert. Vor dem
Hintergrund sehr niedriger Leerstände aus Zeiten vor Corona und reduzierter Baupipeline-Volumina im Wege von
Corona, wird sich in diesem Szenario die Konstellation hoher Nachfrage und niedrigen Angebots (zumindest nach
der Konjunktur-Delle) fortsetzen.

3   Das gesamte jährliche Volumen an Bestandsminderungen von Büroflächen lag sogar bei 563.000 m², wobei hier auch temporäre
    Abgänge wie beispielsweise Bürosanierungen dabei waren.

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Zusammenschau
Die höchste Eintrittswahrscheinlichkeit messen wir dem Szenario 2 bei. Neben diesen Corona-bedingten Folgen
wirken natürlich auch konjunkturelle und strukturelle Einflüsse auf den Büromarkt. Die Auswirkungen, die sich
zum Teil zeitverzögert zeigen, haben unterschiedliche Implikationen für die verschiedenen Segmente des
Büromarktes:
    Vermietungs-            • Zum Teil werden die Flächenkonsolidierungen im Wege von Neuabschlüssen eine leicht erhöhte
    markt                     Take-up-Aktivität mit sich bringen. Auch die unten beschriebenen Vorzieh-Effekte bei
                              Projektanmietungen führen vereinzelt zu einer leicht erhöhten Take-up-Aktivität. In Summe wird
                              der Flächenumsatz aber für längere Zeit auf niedrigerem Niveau bleiben, da es mehr
                              Verlängerungen4 im Bestand geben wird; da auch bei Neuabschlüssen überwiegend geringere
                              Flächenvolumina angemietet werden. Darüber hinaus werden die Firmen insgesamt weniger
                              expandieren. Die Nachfrage wird sich mehr denn je auf das hochwertige Segment konzentrieren.
                            • Der Leerstand wird steigen - wegen der niedrigeren Gesamtnachfrage, aber auch aufgrund
                              zahlreicher Untervermietungen und Flächenrückgaben; dieses Überangebot kann nicht im Wege
                              von z.B. Umwidmungen in Wohnnutzung absorbiert werden.
                            • Bei der Nachfrage wird es zum Teil akzentuierte Ausdifferenzierungen nach Teilmärkten geben,
                              ggf. werden sogar neue Bürolagen erschlossen. Die Büromieten werden sich in nachgefragten
                              Lagen seitlich bewegen bzw. weniger stark zurückgehen, in anderen Lagen deutlicher
                              zurückgehen. Die Objekte, die die erneut gestiegenen Qualitäts- und Flexibilitätsanforderungen
                              erfüllen, können (Lage-unabhängig) sogar Mietsteige-rungen erfahren. Bei den Mieten wird es zu
                              einer deutlicheren Spreizung zwischen Nominal- und Effektivmieten kommen als bislang.
    Projektent-             • Laufende Entwicklungen mit hohem Vorvermietungsstand werden fertig gestellt, und zwar selbst
    wicklungs-                dann, wenn einzelne, bereits feststehende Mieter ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht
    markt                     nachkommen können. Ggf. springen Kapitalgeber ein. Allerdings wird es auch bei bereits im Bau
                              befindlichen Projekten zu Verzögerungen und Kostensteigerungen kommen.
                            • Noch nicht begonnene Projekte ohne ausreichende Vorvermietung könnten komplett
                              zurückgezogen werden.
                            • Da sich die Zahl der Projektentwickler im Wege einer Marktbereinigung reduzierten wird, sinkt der
                              Wettbewerbsdruck.
                            • Bei Projektanmietungen dürfte es zu Vorzieh-Effekten kommen, da viele Mieter die Incentives
                              nutzen wollen, die die Entwickler aktuell verstärkt anbieten. Andere Mieter, die ihre Umzugspläne
                              schnell umsetzen müssen, werden von Projektanmietungen Abstand nehmen und stattdessen
                              versuchen, zeitnähere Lösungen im Bestand zu realisieren.
    Investment-             • Steigende Finanzierungskosten limitieren das Transaktionsgeschehen. Eigenkapitalstarke
    markt                     Investoren profitieren.
                            • Ankäufe werden noch intensiver geprüft werden. Beispielsweise werden die avisierten Branchen
                              und Mieter sowie deren Hintergründe, Business Models und Art der Mietverträge viel dezidierter
                              analysiert werden (auch und gerade Flexible Office Space-Betreiber).
                            • Objekte und Flächen müssen hohe Anforderungen an Flexibilität erfüllen. Nicht nur innerhalb der
                              Nutzungsart Büro: auch die Drittverwendungsfähigkeit i.S.v. anderweitigen Nutzungen rückt
                              wieder mehr in den Fokus. Auch die digitale Infrastruktur von Gebäuden gewinnt mehr an
                              Bedeutung.
                            • Objekte, bei denen Standort, Flächenflexibilität, digitale Infrastruktur und Mieterstruktur den
                              geänderten Anforderungen entsprechen, werden zu den Gewinnern zählen. Sogar Objekte, die
                              vertretbare Schwächen aufweisen, dürften in Zeiten niedrigster Zinsen von TINA profitieren: There
                              Is No Alternative, was Investments in Immobilien mit solidem Cashflow angeht.
                            • Die ohnehin gestiegene Zahl von Forward Deals könnte weiter steigen, denn Projektwickler, die
                              bislang spekulativ und mit einer dünnen Eigenkapitaldecke agiert haben, könnten jetzt zu Forward
                              Deals gezwungen sein, um laufende Kosten über mehrere Projekte hinweg decken zu können.

4   Verlängerungen zählen statistisch nicht als Take-up.

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

                    • Sollte es wie befürchtet zu einer Konsolidierung im Entwicklermarkt kommen, wird das
                      mittelfristig die Angebotsseite für Investoren deutlich verkleinern, so dass der Wettbewerb um
                      einzelne Produkte nochmals deutlich steigt.
 Flexible Office    • Nachdem Corona bei den Anbietern von Flexible Office Space zunächst zu Nachfragerückgängen
 Space                und einer Marktbereinigung geführt hat, wird dieses Marktsegment bei vielen (auch bis dato
                      neuen) Nutzern großen Anklang finden - insbesondere bei Corporates.
                    • Flex Office Angebote werden vom Wunsch der Nutzer nach Flächen-, Service- und Laufzeit-
                      Flexibilität profitieren.
                    • Die Corporates werden sich exklusive Flächenkontingente sichern, die strikt von anderen
                      Mietern/Nutzern getrennt sind, die Flächen also ausschließlich für den jeweiligen Corporate
                      vorgehalten werden (Sicherheit / Flexibilität / Business Continuity Planning). Dadurch wird es
                      vermehrt zu größeren Anmietungen bzw. Nutzungsvereinbarungen kommen. Diese Flächen, auch
                      gezielt an dezentralen Standorten angemietet, werden dauerhaft Teil der Corporate Real Estate
                      Strategie.

Die Büroflächennutzer werden auch nach der Akut-Phase von Corona weiterhin kostensensibel bleiben und u.a.
Einsparungen im Immobilienbereich prüfen. Gleichwohl könnten einige Firmen die Arbeitsplatzdichte mittel- bis
langfristig etwas verringern, und zwar nicht nur mittels temporärem Remote Working, sondern dauerhaft, d.h.
entweder bei gleicher Mitarbeiterzahl mehr Quadratmeter nutzen, oder bei leicht reduzierter Mitarbeiterzahl die
Gesamtbürofläche unverändert belassen.
Wie sich die benötigte Bürofläche „unter dem Strich“ ändert - sprich: welches Szenario am Ende in einem
Immobilienmarkt überwiegt - hängt u.a. also einerseits davon ab, wie sich die Mitarbeiterzahl im Büro ändert, und
andererseits, welche qualitativen und quantitativen Anpassungen im Büro vorgenommen werden. Falls
Unternehmen befürchten, dass bei Home-Office der „drive / spirit“ der Mitarbeiter sowie der Informationsfluss
leiden könnten, werden sie versuchen, ihre Mitarbeiter nach der Phase der Abstands-Vorgaben wieder verstärkt
im Büro arbeiten zu lassen und weniger Fokus auf Home-Office legen; in diesen Fällen wird es auch weniger
quantitative Änderungen ihrer Flächennutzung geben.
Im Laufe der nächsten Monate wird man die Entwicklungen präzisieren können. Dann werden sich für
Unternehmen, die öffentliche Hand sowie Selbständige als Büroflächennutzer individuelle Auswirkungen
konkretisieren lassen. Ganz grundsätzlich ist natürlich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ein wesentlicher
Treiber des Büroflächenbedarfs - aber vielleicht nicht mehr der bedeutendste; das würde für den Fall gelten, dass
Remote Working-Anpassungen in Summe zu massiven Flächenreduktionen führen sollten.
Eine Befragung von Investoren, Nutzern und Entwicklern durch JLL zu Auswirkungen der Corona-Krise im
Zeitraum Ende März bis Ende April 2020, das „JLL-Thermometer“*, hatte unter anderem das Ergebnis, dass bei
65 % der Büronutzer Remote Working stark zunehmen wird. Ein weiteres Ergebnis war, dass 31 % der Büronutzer
davon ausgehen, dass die Corona-Krise signifikante Auswirkungen auf ihren Flächenbedarf haben wird. Nach
Branchen differenziert stellen sich die Einschätzungen dabei wie folgt dar:

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Diese Branchen zeichneten in den als Big 7 bezeichneten sieben größten deutschen Büromärkten in den letzten 5
Kalenderjahren für durchschnittlich 2,5 Mio. m² Flächenumsatz jährlich verantwortlich.
Dass Remote Working, und insbesondere Home-Office, ein fester Bestandteil der Bürokultur sein wird, zeigen
auch weitere Umfragen5. So deutet unter anderem die PWC CFO Survey6 aus April 2020 in diese Richtung, und zwar
bezüglich der längerfristigen Effekte: Demnach plant fast die Hälfte der CFOs, Remote Working für solche
Tätigkeiten und Funktionen dauerhaft anzubieten, für die das möglich und sinnvoll ist. Noch eindeutiger ist das
Ergebnis einer Umfrage von Corenet Global7, dem Verband der Corporate Real Estate Manager, von Ende April:
hier sind 94 % der Teilnehmer der Meinung, dass die verstärkte Nutzung des Remote Working über die Corona-
Krise hinaus andauern wird. Bei vielen Banken wird es beispielsweise dauerhaft eine gewisse Home-Office Quote
geben.
Vermehrtes Remote Working spricht also einerseits für eine reduzierte Gesamtfläche; andererseits muss die oben
zitierte Antwort bezüglich veränderter Flächenbedarfe nicht bei allen Unternehmen mittel- und langfristig
gleichzusetzen sein mit einem reduziertem Flächenbedarf. So stellen z.B. viele Firmen ihre in den letzten Jahren
eingeführten (oder aktuell in Prüfung befindlichen) Flächenkonzepte des flexiblen „open plan“ auf den Prüfstand,
und bevorzugen zum Teil (wieder) Zellenbüros. Andere reduzieren die Arbeitsplatzdichte in ihren offenen
Büroflächen. Hinzu kommen Backup-Flächen im Segment Flexible Office Space. Das wiederum spricht für eine
steigende Quadratmeterzahl pro Beschäftigten. Somit kommt es letztendlich nicht nur darauf an, wie viele

5 z.B. J.P.Morgan Cazenove: European Property: DATA-Driven: The Disruption Series: The Future of Work.
6 PwC COVID-19 CFO Pulse.
7 Corenet Member Survey.

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Beschäftigte (gleichzeitig) remote arbeiten werden, sondern auch, wie genau das Büro mit all seinen Flächenarten
gestaltet sein wird. Erst dann zeigt sich, ob auf Nutzer-Ebene in Summe mehr oder weniger Gesamtfläche benötigt
wird.
Szenario-übergreifend werden die Erfahrungen aus der Corona-Krise die Effekte haben, dass sowohl die
Nutzerseite, als auch Investoren, Entwickler und Finanzierer zunächst vorsichtiger agieren werden. Nutzer werden
vorwiegend kürzere und flexible Mietverträge präferieren, Investoren und Finanzierer ihre Risikoaufschläge (etwa
bei Rendite, Marge, LTV/LTC) erhöhen, und Projektentwickler weniger spekulativ bauen bzw. eine höhere
Vorvermietungsquote voraussetzen. Für einige Mietverhältnisse werden zusätzliche Sicherheiten wie etwa
Patronatserklärungen gefordert werden.
Auch wenn es ab der zweiten Jahreshälfte 2020 zu Nachholeffekten kommt, werden sich die Vermietungs-,
Investment-, Projektentwicklungs- und Finanzierungsvolumina mindestens kurzfristig auf einem niedrigeren
Niveau als vor Corona bewegen, nicht zuletzt weil sich auch der Welthandel und die Gesamtkonjunktur nach der
akuten Corona-Zeit ebenfalls mit verringerter Dynamik entwickeln dürften.

Fazit
                 In allen Szenarien wird das Büro als Ort der persönlichen Begegnung seine große Bedeutung behalten.
                 Begegnungs- und Gemeinschaftsflächen werden entsprechend qualitativ und quantitativ weiter ausgebaut.
                 Das Büro muss mehr denn je ein Ort sein, an dem die Mitarbeiter sich sicher und wohlfühlen und in ihrer
                 Produktivität bestmöglich unterstützt werden.

                 Dieser „Qualitätsoffensive“ wird im Szenario 1 und 2 jedoch eine reduzierte Quantität gegenüberstehen: Bei
                 den meisten Büronutzern wird in den beiden Szenarien die benötigte Fläche sinken, da mehr Büromitarbeiter
                 als bisher gleichzeitig von außerhalb des Büros arbeiten werden, und der quantitative Ausbau der
                 Gemeinschaftsflächen die Verkleinerung der eigentlichen Arbeitsbereiche nicht aufwiegt.

                 „One-style-fits-all“ gibt es nicht. Höchstwahrscheinlich wird unter dem Strich das Szenario „Back to Business“
                 überwiegen. Zahlreiche Umfragen haben ergeben, dass Remote Working (insbesondere Home-Office) bei
                 Bürobeschäftigten in ganz unterschiedlichen Branchen zunehmen und ein fester Bestandteil der Bürokultur
                 werden wird.

                 Quantitativ wird also eine moderate Büroflächenreduktionen die Folge sein. Qualitativ sind z.T. deutliche
                 Nachholeffekte bei vielen Büros und Arbeitskonzepten erforderlich. Zeitlich werden diese Änderungen nicht
                 nur kurzfristiger Natur sein, sondern zu nachhaltigen Anpassungen führen, sofern Remote Working zur
                 Unternehmenskultur passt. Dann machen sich Unternehmen in dieser Hinsicht krisen- und zukunftssicherer.

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Auswirkungen von Corona auf die Büromärkte | Juni 2020

Weiterführende Informationen

Zurück ins Büro:
Zurück ins Next Normal.
Die Türen ins Büro sind vielerorts wieder geöffnet. Doch der Alltag dahinter ist ein anderer. Und brummt noch
nicht weiter wie gewohnt. Wer wieder einzieht, braucht eine schrittweise Strategie. Muss strenge Vorgaben
umsetzen und ganze Arbeitsweisen in Frage stellen. Kann aber auch ganz neue Chancen nutzen.
https://www.jll.de/de/coronavirus-resources/zurueck-ins-next-normal

JLL-Thermometer:
Knapp die Hälfte der Investoren hält an Plänen fest
Interviews mit Eigentümern und Nutzern.
https://www.jll.de/de/presse/jll-thermometer-knapp-die-haelfte-der-investoren-haelt-an-plaenen-fest

The future of global office demand:
Increased working from home doesn’t equate to less demand. Our research identifies four key factors that will
play a major role in shaping future office spaces.
https://www.jll.co.uk/en/trends-and-insights/research/future-of-office-demand
(In Englischer Sprache)

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Kontakte

Helge Scheunemann                              Stephan Leimbach
Research Germany                               Head of Office Leasing Germany
+49 (0) 40 350011 225                          +49 (0) 69 2003 1245
helge.scheunemann@eu.jll.com                   stephan.leimbach@eu.jll.com

Autor:

Christian Ströder
Director Research
+49 (0) 69 2003 1074
christian.stroder@eu.jll.com

jll.de Alle Informationen rund um JLL und unsere Dienstleistungen
jll.de/research Alle Research-Berichte zu aktuellen Marktzahlen und Spezialthemen

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