Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015 - FIFA.com
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Inhaltsverzeichnis 3 INHALTSVERZEICHNIS Vorwort 5 Einleitung 6 Methodik 9 - Merkmale der Spielerinnen 9 - Datenerfassung 9 - Gemessene Parameter und Geschwindigkeitsbereiche 11 - Datenanalyse 13 Analysen und Ergebnisse 14 - Teamanalyse 14 - Positions- und Einzelanalysen 46 - Analyse des Endspiels: USA – Japan 5:2 (4:1) 63 Schlussfolgerungen 71 Praktische Empfehlungen für das physische Training und beispielhafte Trainingseinheit 74 Abkürzungsverzeichnis 83 Begriffsverzeichnis 84 Literaturverzeichnis 86 Editorial 88
Vorwort 5 VORWORT Die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ in Kanada war für den Frauenfussball und die FIFA ein Meilenstein. Die siebte WM-Ausgabe bot neben einem Publikumsansturm und TV- Rekorden auch etliche Premieren. So wurde erstmals mit 24 Teams und ausschliesslich auf Kunstrasen gespielt. Zudem gab es mit den USA den ersten dreifachen Weltmeister. Der Frauenfussball hat sich damit endgültig auf oberster Ebene im Sport etabliert und sein Niveau weiter gesteigert. Neben dem technischen, taktischen und mentalen Training ist in den letzten Jahren auch die körperliche Vorbereitung immer wichtiger geworden. Mit dem Tempo sind auch die physischen Anforderungen an die Spielerinnen enorm gestiegen. Eine intensive physische Vorbereitung unter fachlicher Anleitung ist deshalb auf jeder Stufe ein Muss. Um den Frauenfussball getreu ihrer Mission auch in dieser Hinsicht weiter zu fördern, präsentiert die FIFA hiermit die Ergebnisse der zweiten Studie zur physischen Leistung der Teams, praktische Empfehlungen für das Fitnesstraining und Beispiele für Trainings- einheiten. Fatma Samoura Generalsekretärin
6 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ EINLEITUNG Die Weltmeisterschaft ist für alle Akteure Umso mehr Informationen wir in Bezug auf im Fussballsport der absolute Höhepunkt. die körperlichen Anforderungen des Spiels Die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada insbesondere während solcher Turniere 2015™ war die siebte Auflage des Turniers zur Verfügung haben, desto spezifischer seit der ersten Ausgabe 1991 in der VR können wir auf die physische Vorbereitung China. 24 Teams nahmen an der Endrunde der Spielerinnen eingehen, die solchen 2015 teil – acht Teams mehr als 2011 und Belastungen standhalten müssen, und sogar doppelt so viele wie bei der Premiere somit die Leistungen optimieren und die 1991. Sieben Teams (Brasilien, Deutschland, Verletzungsgefahr verringern. Japan, Nigeria, Norwegen, Schweden, USA) haben an allen sieben Endrunden teilge- 2011 wurde erstmals eine physische Analyse nommen, während acht Teams (Costa Rica, der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ Ecuador, Elfenbeinküste, Kamerun, Nieder- durchgeführt. Dieser Bericht soll auf diesen lande, Spanien, Schweiz, Thailand) 2015 Erkenntnissen aufbauen. Der Bericht (FIFA, ihr WM-Debüt gaben. Insgesamt wurden 2012) nutzte Geschwindigkeitsbereiche und 146 Treffer erzielt, was eine Rekordmarke Definitionen, die zuvor noch nicht verwen- darstellt. Pro Spiel gab es durchschnittlich det wurden, was den Vergleich mit den 2,81 Treffer. Das sind zwar mehr als 2011, verfügbaren Forschungsdaten schwierig aber weniger als bei den vorangegangenen machte. Die wichtigsten Erkenntnisse der Turnieren. Die Zuschauerzahlen bei den Analyse aus dem Jahr 2011 lauteten, dass Spielen waren bei den beiden letzten die durchschnittliche Laufleistung der Feld- Endrunden konstant. Viele Begegnungen spielerinnen während der Spiele 10,2 km waren ausverkauft, was die anhaltende betrug, die sich wie folgt aufteilten: Unterstützung und das fortdauernde Inter- 2,3 km Läufe in mittlerem Tempo (12,1– esse am Frauenfussball belegt. Die FIFA und 18 km/h), 395 m Läufe in hohem Tempo die einzelnen Teams haben in zahlreichen (18,2–21 km/h), 235 m optimale Sprints Medienberichten und Filmaufnahmen (21,1–25 km/h) und 55 m maximale Sprints über das Turnier berichtet, was ebenfalls (25 km/h). Die Analyse zeigte ausserdem, Beleg für die zunehmende Beliebtheit dass die Spielerinnen der sechs bestplatzier- des Frauenfussballs ist. Derzeit spielen ten Teams im Turnier eine durchschnittliche 30 Millionen Frauen weltweit Fussball. Die Laufleistung von 10,6 km je Spiel aufwie- FIFA will diese Zahl bis zum Jahr 2019 auf sen, während die Spielerinnen der sechs 45 Millionen erhöhen. Der Frauenfussball Letztplatzierten pro Spiel durchschnittlich weltweit wächst und entwickelt sich eine Gesamtdistanz von 9,9 km zurück- permanent weiter. legten. Gegenüber den Gruppenspielen steigerten die Teams in der K.-o.-Phase ihr Die physische Vorbereitung der Spielerin- Laufpensum um durchschnittlich 3,6 % und nen ist eine Facette der fussballerischen im Bereich des maximalen und optimalen Leistung, und zusammen mit der techni- Sprints sogar um 21,7 %. Dies legt nahe, schen, taktischen und psychologischen Vor- dass die Intensität des Spiels und die kör- bereitung der Spielerinnen kann dies auf perlichen Anforderungen mit zunehmender Spitzenniveau über Erfolg oder Misserfolg Turnierdauer steigen, was Auswirkungen entscheiden. Die körperlichen Anforde- auf das Training und die Vorbereitung der rungen sind bei einem solchen Turnier, bei Spielerinnen hat. dem mehrere Spiele innerhalb eines kurzen Zeitraums zu absolvieren sind, enorm Trotz der zunehmenden Beteiligung und hoch. Die Spielerinnen müssen topfit sein, Einbindung von Mädchen und Frauen am um ihre Leistung bringen zu können und bzw. in den Fussballsport schlägt sich diese erfolgreich zu sein. Die physische Planung gesteigerte Popularität noch nicht in einer und Vorbereitung sind ganz entscheidend Zunahme der verfügbaren wissenschaftli- dafür, dass die Spielerinnen optimal auf die chen Untersuchungen nieder. Der Grossteil kurz aufeinanderfolgenden Spiele mit einer der Literatur und Forschungen bezüglich begrenzten Erholungszeit vorbereitet sind. der körperlichen Anforderungen des
Einleitung 7 Fussballs befasst sich mit der Arbeitsrate Spitzenspielerinnen stellt. Hierfür wurde von männlichen Spitzenspielern (Castellano eine einzigartige Gruppe von Spielerinnen et al., 2014). Folglich mangelt es an detail- der Weltelite beobachtet. Diese Studie soll lierten Informationen zu den körperlichen somit als eine Grundlage zur Weiterent- Anforderungen eines Spiels, zum Training wicklung des Frauenfussballs dienen. und zur Vorbereitung der Spielerinnen. Zwei kürzlich erschienene Studien (Datson Im Vergleich zu 2011 bot die Endrunde et al., 2014; Martinez-Lagunas et al., 2014) 2015 viele zusätzliche physische Herausfor- liefern einen Überblick über die bislang im derungen für die teilnehmenden Teams. Bereich des Frauenfussballs durchgeführten Hierzu zählten unter anderem die folgen- Forschungen. Ein Grossteil der Untersu- den Faktoren: chungen hat sich jedoch auf die physischen Eigenschaften der Spielerinnen konzent- 1. Anzahl Teams. Mit der Erweiterung des riert, und diese Daten umfassen demografi- Teilnehmerfelds auf 24 Teams mussten sche Variablen (Alter, Grösse und Gewicht) die Teams, die sich in der Gruppenphase sowie die körperlichen Fitnessprofile der durchgesetzt hatten, zusätzlich ein Spielerinnen. Weitaus weniger Studien Achtelfinale bestreiten. Die vier Halbfina- haben sich mit den körperlichen Anfor- listen absolvierten damit innerhalb von derungen des Spiels an Fussballerinnen 29 Tagen sieben statt sechs Spiele. Bei beschäftigt. Darüber hinaus wurden bei der Endrunde 2011 waren es noch sechs den bis dato durchgeführten Untersuchun- Spiele innerhalb von 21 Tagen gewesen. gen eine Reihe von Bewertungsmethoden, eine begrenzte Anzahl von Spielerinnen 2. Spielfeldbeschaffenheit. 2015 in Kanada und/oder Spielen sowie eine Vielzahl von wurde erstmals ein FIFA-Wettbewerb Geschwindigkeitsbereichen und Definitio- ausschliesslich auf Kunstrasen gemäss nen des Bewegungsapparates verwendet, den Spielregeln und den Wettbewerbs- was den Vergleich und die Interpretation bestimmungen ausgetragen. Alle sechs zu einer grossen Herausforderung macht. Austragungsorte verfügten über einen Noch jüngere Studien (Dwyer und Gabbett, FIFA-Recommended-2-Star-Kunstrasen 2012; Vescovi, 2012; Bradley und Vescovi, und folglich einen Kunstrasen mit dem 2015) haben versucht, über die Analyse höchsten Standard, den die FIFA speziell von per GPS-Geräten (Global Positioning für den Profifussball entwickelt hat. System) erfassten Sprintprofilen geeignete 2011 waren alle Spiele auf Naturrasen Geschwindigkeitsbereiche für Fussballe- ausgetragen worden. rinnen zu definieren und zu standardisieren. Ein Grossteil dieser Daten wurde jedoch 3. Umgebungsbedingungen. Die Durch- unter College-Spielerinnen und unterklassi- schnittstemperatur (Mittel ± SD) gen Fussballerinnen erfasst, und die vorge- während der Spiele betrug 22,1 ± 2,7 ºC schlagenen Bereiche sind niedriger als die, (Bereich: 16–27 ºC), die relative Luft- die viele Fachleute auf die weltweit besten feuchtigkeit lag bei 50,3 ± 12,6 % Frauennationalteams anwenden. Dieser (30–79 %), und die Windgeschwindigkeit Bericht versucht, einige der bislang in der betrug 12,8 ± 6,6 km/h (1–25 km/h). Literatur bestehenden Lücken zu schliessen. Die Bedingungen variierten je nach Zu diesem Zweck wird eine Kombination Spiel und Austragungsort. Ausserdem aus den in der wissenschaftlichen Literatur wurden neun Begegnungen im über- vorgeschlagenen Geschwindigkeitsberei- dachten Olympic Stadium in Montreal chen und den derzeit von den Fachleuten, ausgetragen. 2011 wurden alle Spiele die einige der weltweit besten Frauen- im Freien ausgetragen. Die durchschnitt- nationalteams unterstützen, verwendeten liche Temperatur lag bei 21,8 ± 4,5 ºC Bereichen genutzt, was einen Vergleich der (13–32 ºC), die relative Luftfeuchtigkeit Methoden ermöglicht. Abschliessend liefert bei 54,5 ± 13,8 % (34–97 %) und die dieser Bericht eine umfassende Übersicht Windgeschwindigkeit bei 11,3 ± 4 km/h über die Anforderungen, die das Spiel an (4,7–20,2 km/h).
8 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ 4. Jetlag und Reisemüdigkeit. Die sechs 3. Übersicht über die Positionsanforderun- Austragungsorte in Kanada erstreck- gen im Frauenfussball auf Spitzenniveau ten sich auf fünf Zeitzonen, was zur einschliesslich einer eingehenden Folge hatte, dass zwischen den Spielen Analyse der herausragenden Spielerin- teilweise sehr weite Strecken zurück- nen des Turniers. Hierzu gehören das gelegt werden mussten. Insgesamt FIFA-All-Star-Team und die Gewinnerin- wurden 20 Spiele an den westlichen nen der offiziellen FIFA-Auszeichnungen. Austragungsorten (Vancouver (UTC – 7 Std.), Edmonton (UTC – 6 Std.)), sie- 4. Erlass von Richtlinien zur physischen ben Begegnungen im mittleren Kanada Vorbereitung und zum Training der (Winnipeg (UTC – 5 Std.)) und 25 Spiele Spielerinnen auf der Grundlage der an den östlich gelegenen Spielorten Erkenntnisse dieses Berichts. (Ottawa (UTC – 4 Std.), Montreal (UTC – 4 Std.) und Moncton (UTC – 3 Std.)) 5. Abgabe von Empfehlungen für künftige ausgetragen. Bei der Endrunde 2011 Forschungen, um die Entwicklung des fanden alle Spiele in derselben Zeitzone Frauenfussballs weltweit weiter zu statt. Allein für das Finale 2015 reiste unterstützen. Hierzu gehört auch der das Nationalteam der USA von Montreal Versuch, die bei der Analyse der Leistung nach Vancouver. Die beiden Städte von Spitzenspielerinnen verwendeten liegen rund 4800 Kilometer und drei Geschwindigkeitsbereiche zu standardi- Zeitzonen auseinander. sieren. Auch wenn die aktuelle Analyse der Mit der Erhebung möglichst vieler physischen Leistungen während der Spiele Informationen über die körperlichen nicht beansprucht, wissenschaftlicher Natur Anforderungen während Spielen und dem zu sein, berücksichtigt sie bei der Interpre- Angebot von Hilfsmitteln zur physischen tation und Anwendung der Daten dennoch Vorbereitung von Spielerinnen können die oben aufgeführten Besonderheiten und noch wirksamere Trainingsprogramme verweist auf einige der derzeit verfügbaren entwickelt werden. Die Verbesserung des wissenschaftlichen Daten zum Frauenfuss- körperlichen Zustands der Spielerinnen ball. Die Analyse besitzt beschreibenden weltweit kann letztlich nur zu einer Charakter, versucht aber, das Verständnis Steigerung des Niveaus und der Intensi- für die körperlichen Anforderungen des tät der Spiele im Frauenfussball führen. Spitzenfussballs zu erhöhen und durch Wenn sich die besten Spielerinnen auf diese Informationen unser Spiel weltweit dem Rasen miteinander messen, wird der weiterzuentwickeln. Daher verfolgt die Frauenfussball technisch noch besser und Analyse diese zentralen Ziele: für Zuschauer attraktiver. Darüber hinaus gibt diese Publikation den aufstrebenden 1. Erweiterung der Wissensgrundlage und Ländern im Frauenfussball und Entschei- der verfügbaren Informationen zu den dungsträgern wie Trainern, technischen physischen Anforderungen an Spitzen- Direktoren, Fitnesstrainern und Betreuern spielerinnen und den zugehörigen Aufschluss darüber, wo die führenden körperlichen Anforderungen des Spiels Frauennationalteams physisch stehen und während eines Turniers. wie sie mit den Anforderungen des Spiels Schritt halten. 2. Umfassende Analyse der von den ein- zelnen Teams absolvierten körperlichen Belastungen unter Berücksichtigung der Auswirkungen von aufeinanderfolgen- den Spielen, der Zeitpunkte im Spiel, der Turnierphase, der Verbandszugehörig- keit und des Abschneidens beim Turnier.
Methodik 9 METHODIK Merkmale der Spielerinnen Datenerfassung Insgesamt waren 552 Spielerinnen aus Spieldaten und Informationen zum 24 verschiedenen Ländern (23 Spielerinnen Austragungsort je Nation) für die FIFA Frauen-Weltmeis- Die Daten wurden bei allen 52 Spielen der terschaft Kanada 2015™ vom 6. Juni bis FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada zum 5. Juli 2015 gemeldet. Ihr Alter, ihre 2015™ als Teil dieser Analyse erfasst. Aller- Körpergrösse und ihr Gewicht betrugen dings wurden aufgrund von technischen im Durchschnitt (Mittel ± SD) zu Beginn Problemen bei der Datenerfassung von des Turniers 25,6 ± 4,2 Jahre (Bereich: drei Spielen (Spiel Nr. 1 Kanada – VR China, 15,8–40 Jahre), 167,3 ± 6,6 cm (140–187 cm) Spiel Nr. 13 Kanada – Neuseeland und Spiel bzw. 60,6 ± 6,5 kg (42–82 kg). Nur 438 Nr. 31 Nigeria – USA) nur 49 Spiele bei der dieser Spielerinnen wurden jedoch tat- Datenanalyse berücksichtigt. Diese Spiele sächlich in mindestens einem Spiel offiziell wurden in sechs verschiedenen Städten eingesetzt. Daher stellt diese Zahl (n = 438) in Kanada ausgetragen (von West nach die spezifische Spielerinnen-Erhebungs- Ost): Vancouver, Edmonton, Winnipeg, grundlage dar, die für die vorliegende Ottawa, Montreal und Moncton, die sich Analyse betrachtet wurde. Das Alter, die in fünf verschiedenen Zeitzonen befinden. Grösse und das Gewicht dieser Spielerinnen- Tabelle 1 zeigt die Austragungsstädte und Erfassungsgrundlage betrug im Mittelwert -orte des Turniers. Die durchschnittlichen 25,9 ± 4 Jahre (16,6–40 Jahre), 167 ± 6,7 cm Umgebungsbedingungen für die 52 Spiele (140–187 cm) bzw. 60,3 ± 6,3 kg (45–82 kg). waren 22,1 ± 2,7 ºC (16–27 ºC), relative Luftfeuchtigkeit 50,3 ± 12,6 % (30–79 %) Wichtiger Hinweis: Die Daten bezüglich und Windgeschwindigkeit 12,8 ± 6,6 km/h Alter, Körpergrösse und Gewicht der Spiele- (1–25 km/h). rinnen wurden dem FIFA-Generalsekretariat gemäss Art. 25 des Reglements für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ von jedem teilnehmenden Team gemeldet. Folglich wurden diese Werte nicht direkt für die Zwecke dieses Berichts erhoben. Stadt Austragungsort Spielfeldgrösse Kapazität Zeitzone Anz. Spiele Vancouver BC Place Stadium 105 x 68 m 54 267 Pacific Daylight Time 9 (UTC – 7 Std.) Edmonton Commonwealth Stadium 105 x 68 m 56 335 Mountain Daylight Time 11 (UTC – 6 Std.) Winnipeg Winnipeg Stadium 105 x 68 m 33 318 Central Daylight Time 7 (UTC – 5 Std.) Ottawa Lansdowne Stadium 105 x 68 m 24 341 Eastern Daylight Time 9 (UTC – 4 Std.) Montreal Olympic Stadium 105 x 68 m 51 335 Eastern Daylight Time 9 (UTC – 4 Std.) Moncton Moncton Stadium 105 x 68 m 19 772 Atlantic Daylight Time 7 (UTC – 3 Std.) Tabelle 1: Austragungsstädte und -orte der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™
10 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ Messsystem und -verfahren Bediener im Stadion in der Nähe der Alle Spiele wurden mit einem mobilen, Mittellinie auf der Hauptkameraplattform videobasierten Trackingsystem gefilmt, das installiert, die sich in einer Mindesthöhe drei hochauflösende Kameras mit einer von 10 m über dem Spielfeld befinden Abtastfrequenz von 20 Hz nutzt (Prozone® muss (Abbildung 1). Nach der Kalibrierung System, Prozone Sports Ltd., Leeds, Gross- des Systems wurde die Erfassung der britannien). Dieses System ermöglicht die Spieldaten durchgeführt. Nach dem Spiel simultane Erfassung der Bewegungsmuster wurden die Daten dann im Prozone Pro- aller 22 an einem Fussballspiel teilnehmen- duction Centre analysiert. Diese Analyse den Spielerinnen. Die wissenschaftliche umfasst eine strenge Qualitätskontrolle, Forschung unterstützt die Präzision und bevor die kompletten Spieldaten für die Reproduzierbarkeit dieses Systems für weitere Analyse mit individuell anpassba- diesen Zweck (Di Salvo et al., 2006). Vor ren Geschwindigkeitsbereichen verfügbar jedem Spiel wurde das mobile, videobasier- gemacht werden. Abbildung 2 veran- te Trackingsystem von einem geschulten schaulicht diesen Prozess. Abbildung 1: Mobiles Trackingsystem Prozone® im BC Place Stadium vor einem Spiel Prozone Algorithm & Quality Control System im Video- Produktions- Daten als Software, Bericht und Stadion übertragung prozess Datenbank verfügbar Abbildung 2: Prozone® Spieldaten-Produktionsprozess
Methodik 11 Gemessene Parameter und Geschwindigkeitsbereiche (Speed Geschwindigkeitsbereiche threshold, ST) sind in Tabelle 3 zusammen- gefasst. Diese Geschwindigkeitsbereiche Die physischen Leistungsparameter sind wurden nach einer akribischen Überprü- nicht die einzigen Erfolgsfaktoren im fung der aktuellen wissenschaftlichen Fussball, und diese Parameter werden in Forschung bezüglich der physischen hohem Mass von technischen und takti- Spielleistungsanalyse von Fussballerinnen schen Aspekten sowie von psychologischen (Datson et al., 2014; Martinez-Lagunas et und diversen anderen Faktoren beeinflusst al., 2014) und der derzeit von den Fachleu- (Castellano et al., 2014). Daher wurden ten, die einige der weltweit besten Frauen- physische und technisch-taktische Leis- nationalteams unterstützen, verwendeten tungsparameter zusammen mit anderen Geschwindigkeitsbereiche festgelegt. Variablen als Teil dieses Berichts in einem ganzheitlichen Ansatz ausgewertet, um Weitere Argumente, die für die Auswahl deren Auswirkungen untereinander und dieser Geschwindigkeitsbereiche sprechen: auf den allgemeinen Erfolg im Fussball besser verstehen zu können. Tabelle 2 zeigt 1) Die Verwendung von 16 km/h und die Parameter, die als Teil dieses Berichts 20 km/h als generische Grenzwerte für gemessen und analysiert wurden. die Festlegung der Geschwindigkeitsbe- reiche für Laufen in hohem Tempo und Die für die Nutzung in diesem Sprint für die Analyse der physischen Bericht ausgewählten spezifischen Leistung während Frauenspielen wird Spieldauer Physische Leistung Technisch-taktische Leistung Spieldauer Gesamtdistanz (GD) % eigener Ballbesitz Effektive Spielzeit Mit und ohne Ball zurückgelegte Distanz Pässe insgesamt Im defensiven, neutralen und offensiven Spielfelddrittel % erfolgreiche Pässe zurückgelegte Distanz Zurückgelegte Distanz, Anzahl der Läufe, durchschnittliche Torschüsse Distanz der Läufe und Erholungszeit zwischen den Läufen in unterschiedlichen Geschwindigkeitsbereichen Mittlere Geschwindigkeit Eckstösse Maximale Geschwindigkeit Treffer pro Spiel Gegentreffer pro Spiel Endplatzierung im Turnier Tabelle 2: Für diesen Bericht gemessene und bewertete Parameter Geschwindigkeitsbereich-Nr. Geschwindigkeitsbereich (km/h) Bewegungskategorie ST1 0–6 Gehen ST2 6–12 Joggen ST3 12–16 Laufen in mittlerem Tempo ST4 16–18 Laufen in hohem Tempo, Zone 1 ST5 18–20 Laufen in hohem Tempo, Zone 2 ST6 20–23 Sprintzone 1 ST7 > 23 Sprintzone 2 Tabelle 3: Für diese Analyse ausgewählte Geschwindigkeitsbereiche (GB = Geschwindigkeitsbereich)
12 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ durch wissenschaftliche Untersuchun- hohem Tempo und der Sprints genauer gen gestützt (Bradley and Vescovi, die Bedürfnisse der entwickelten Länder 2015). Darüber hinaus ermöglicht die und der erfahreneren/talentierteren Nutzung von 2–3-km/h-Inkrementen im Feldspielerinnen beim Turnier. Hochgeschwindigkeits- und Sprintbe- reich eine präzisere Identifikation der 3) Wissenschaftler und Fachleute nutzen Unterschiede in der physischen Leistung derzeit für die Quantifizierung der physi- bei diesen Geschwindigkeiten zwischen schen Spielleistung von Fussballerinnen den teilnehmenden Nationen verschie- weltweit eine Vielzahl von Geschwindig- denen Niveaus (z. B. hoch entwickelte keitsbereichen, was den Vergleich der gegenüber weniger entwickelten Ergebnisse aufgrund eines mangelnden Ländern). Diese Auswahl der Geschwin- globalen Konsenses hinsichtlich der digkeitsbereiche verhindert auch die zu diesem Zweck standardisierten „Überschätzung“ der hoch entwickelten Geschwindigkeitsbereiche zu einer Länder und die „Unterschätzung“ der grossen Herausforderung macht. Daher weniger entwickelten Länder in Bezug hoffen wir, dass dieser Bericht auch als auf die mit hohem Tempo und im Sprint Ausgangspunkt für die Standardisierung absolvierten Distanzen, indem zwei dieser Geschwindigkeitsbereiche dienen verschiedene Zonen in diese Bewegungs- kann. Dank identischen Bereichen kategorien aufgenommen wurden, die können Daten präziser verglichen und präziser mit deren tatsächlichen physi- genutzt werden und so spezifische schen Fähigkeiten übereinstimmen. physische Trainingsprogramme für jede einzelne Spielposition entwickelt 2) Der untere Geschwindigkeitsbereich werden. Dies wird den Frauenfussball (Zone 1) der Bewegungskategorien weltweit weiter voranbringen. „Lauf mit hohem Tempo“ und „Sprint“ spiegelt nicht nur die physischen Fähig- Kombinierte Geschwindigkeitsbereiche keiten der weniger entwickelten Länder Für einige Variablen wurden die Ergebnisse präziser wider, sondern auch die der auch in kombinierten Geschwindigkeits- ebenfalls am Turnier teilnehmenden Tor- bereichen wie beispielsweise < 12 km/h hüterinnen und jüngeren Spielerinnen (Bewegungskategorien mit niedriger Inten- (U-20 und U-17). An die Torhüterinnen sität: ST1+ST2), < 16 km/h (Bewegungskate- werden während des Spiels geringere gorien mit niedriger bis mittlerer Intensität: körperliche Anforderungen als an die ST1+ST2+ST3), > 16 km/h (Bewegungska- Feldspielerinnen gestellt. Ebenso ver- tegorien der Zone 1 mit hoher Intensität fügen die jüngeren Spielerinnen (U-20 und Sprint: ST4+ST5+ST6+ST7), > 18 km/h und U-17) im Allgemeinen über eine (Bewegungskategorien der Zone 2 mit geringere physische Leistungsfähigkeit hoher Intensität und Sprint: ST5+ST6+ST7) als die älteren Spielerinnen (> U-20). und > 20 km/h (Sprint-Bewegungskatego- Folglich kann die Festlegung von zu rien: ST6+ST7) erfasst. hohen Geschwindigkeitsbereichen für sie auch zu einer Unterschätzung der Im gesamten Text wird hauptsächlich über Anzahl der tatsächlich während eines die quantitativen Geschwindigkeitsbereiche Spiels von ihnen absolvierten Läufe mit in km/h anstelle entsprechender beschrei- hohem Tempo und der Sprints führen. bender Bewegungskategorien auf die Gleichzeitig erfüllt der höhere Geschwin- verschiedenen Geschwindigkeitsbereiche digkeitsbereich (Zone 2) der Läufe mit verwiesen.
Methodik 13 Datenanalyse Daten von 31 der 32 Spiele für dieses Turnier erneut analysiert. Unterschiede bei Die Analyse der Spieldaten umfasst die den methodischen Vorgehensweisen und folgenden Hauptkategorien: Datenauswertungsverfahren zwischen dem aktuellen Bericht (Turnier 2015) und dem • Analyseebene (Spiel, Team und individu- zuvor veröffentlichten Bericht vom Turnier ell) 2011 (FIFA 2012) können der Grund für • Spielphase (gesamtes Spiel, erste oder die Diskrepanz der endgültigen Ergebnisse zweite Hälfte, 15-Minuten-Intervalle, sein. Verlängerung) • Turnierphase (Gruppen- oder K.-o.- Für die meisten Parameter wurden – sofern Phase, Endspiel) nicht anders angegeben – Mittelwerte • Verbandszugehörigkeit (CONCACAF aufgeführt (so wurden z. B. auch einige (4 Teams: Kanada (CAN), Costa Rica Standardabweichungen und Bereiche (CRC), Mexiko (MEX), USA (USA)), UEFA aufgeführt). Für ausgewählte Parameter (8 Teams: England (ENG), Deutschland wurden statistische Tests wie etwa t-Tests, (GER), Frankreich (FRA), Niederlande ANOVA-Tests und Produkt-Moment-Kor- (NED), Norwegen (NOR), Schweden relationen berechnet. Die statistische (SWE), Schweiz (SUI), Spanien (ESP)), Signifikanz wurde bei p < 0,05 festgesetzt. CONMEBOL (3 Teams: Brasilien (BRA), Die von jedem Team aufgezeichneten Ecuador (ECU), Kolumbien (COL)), CAF physischen Leistungswerte wurden für alle (3 Teams: Elfenbeinküste (CIV), Kamerun Feldspielerinnen berechnet, die jedes Spiel (CMR), Nigeria (NGA)), AFC (5 Teams: bestritten haben. Hierzu zählen auch die Australien (AUS), VR China (CHN), Japan Auswechselspielerinnen. Die Daten der (JPN), Republik Korea (KOR), Thailand Torhüterinnen wurden jedoch nicht berück- (THA)), OFC (1 Team: Neuseeland (NZL)) sichtigt (Summe der Werte aller Einzelnen • Endplatzierung im Turnier geteilt durch 10). Die torwartspezifischen • Position (Torhüterinnen und Feldspiele- Ergebnisse wurden separat errechnet. rinnen einschliesslich Innenverteidigerin- Sämtliche Analysen wurden über die Dauer nen, Aussenverteidigerinnen, zentrale eines normalen Spiels, d. h. der regulären Mittelfeldspielerinnen, äussere Mittel- Spielzeit berechnet (z. B. 90–94 Minuten feldspielerinnen/Aussenstürmerinnen einschliesslich jeglicher Nachspielzeit, und zentrale Angreiferinnen) jedoch ohne Verlängerung), mit Ausnahme • Herausragende Spielerinnen (FIFA- der Analyse des Endspiels 2011, die auch All-Star-Team und Gewinnerinnen der Ergebnisse aus der Verlängerung enthält. offiziellen FIFA-Auszeichnungen) Für die Positionsanalyse der physischen • FIFA Frauen-Weltmeisterschaften Leistungsvariablen wurden nur die Daten- Kanada 2015™ und Deutschland 2011™ sätze der Spielerinnen ausgewertet, die – Vergleich der wichtigsten Ergebnisse das gesamte Spiel absolviert haben. Die für jede Spielerin aufgezeichnete Spielposition entspricht der Hauptposition, die jede Wichtiger Hinweis: Die Spieldaten der Spielerin während jedes einzelnen Spiels FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutsch- eingenommen hat. land 2011™ mussten anhand der neuen Geschwindigkeitsbereiche und der in der aktuellen Studie verwendeten aktuellen Datenanalyseverfahren erneut analysiert werden, um die Ergebnisse präziser mit der Endrunde 2015 vergleichen zu kön- nen. Es fehlten die Daten eines der Spiele aus dem Jahr 2011 (Spiel Nr. 18 Kanada – Nigeria), die nicht wiederhergestellt werden konnten. Daher wurden nur die
14 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ ANALYSEN UND ERGEBNISSE Teamanalyse mit 26:23 Minuten geringfügig unter dem Mittelwert der ersten Halbzeit. 1. Spieldauer Die mittlere Dauer aller Spiele während Zusammenfassung der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada • Die Spieldauer war während der FIFA 2015™ betrug 95:02 (Bereich: 91–100 Frauen-Weltmeisterschaft Kanada Minuten) einschliesslich Nachspielzeit, 2015™ (95:02) und der FIFA Frau- jedoch ohne Berücksichtigung von Verlän- en-Weltmeisterschaft Deutschland gerungen, wobei die effektive Spielzeit 2011™ (95:07) nahezu identisch. bei 53:21 lag. Bei der FIFA Frauen-Welt- • Die effektive Spielzeit war bei der End- meisterschaft Deutschland 2011™ betrug runde 2015 mit 53:21 Minuten geringer die durchschnittliche Spieldauer 95:07 als im Jahr 2011 mit 56:21 Minuten. und die effektive Spielzeit 56:21, also drei • Mögliche Gründe für Unterschiede bei Minuten mehr als bei der Endrunde 2015. der effektiven Spielzeit zwischen und Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft innerhalb der Turniere sind die Spielfeld- China 2007™ lag sie bei 53:40 Minuten. beschaffenheit, die Dauer und die Logis- Während des Turniers 2011 stieg die tik der Ballrückgabe, nachdem dieser aus effektive Spielzeit von 56:56 während der dem Spiel war, sowie technische Fakto- Gruppenphase auf mehr als 60:00 während ren, insbesondere die Spielstrategien der der K.-o.-Phase. Während des Turniers einzelnen Teams. 2015 stieg die effektive Spielzeit von 53:28 während der Gruppenphase auf mehr als 53:00 während der K.-o.-Phase. Die mitt- 2. Analyse der während der Spiele lere Dauer der ersten Halbzeit der Spiele absolvierten Gesamtdistanzen betrug 46:18 Minuten, wobei der Ball 26:56 Eine Analyse der Laufleistungen aller Minuten im Spiel war, während die Dauer Teams zeigt eine mittlere Gesamtdistanz der zweiten Hälfte im Mittel über zwei (GD) von 10 860 m je Feldspielerin pro Minuten länger war. Die durchschnittliche Spiel während der FIFA Frauen-Weltmeis- Spieldauer der zweiten Halbzeit belief sich terschaft Kanada 2015™ (Abbildung 3b) auf 48:45 Minuten, allerdings lag die effek- und 10 965 m während der FIFA Frauen- tive Spieldauer für den zweiten Durchgang Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ 344 m (3 %) 179 m (2 %) 306 m (3 %) 354 m (3 %) 170 m (1 %) 302 m (3 %) IK F 502 m (4 %) 514 m (5 %) IK F 2923 m (27 %) 2850 m (26 %) IK F 2099 m (19 %) 2021 m (19 %) IK F 4612 m (42 %) 4648 m (43 %) IK F IK F IK F a) 2011 b) 2015 Abbildung 3: Analyse der durchschnittlich je Feldspielerin pro Spiel bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ und der FIFA Frauen- Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ absolvierten Distanzen
Teamanalyse Analysen und Ergebnisse 15 (Abbildung 3a). Die durchschnittliche GD 2015 zwischen Endplatzierung und Lauf- bei der Endrunde 2011 war tatsächlich leistung bei 0–6 km/h (r = –0,41), was höher als im Bericht für 2011 (10 200 m), nahelegt, dass die schlechter platzierten da der aktuelle Bericht die Daten aus Teams eine grössere Distanz im niedrigsten dem Jahr 2011 neu analysiert hat und die Geschwindigkeitsbereich absolviert haben, Nachspielzeit am Ende der beiden Halb- sowie bei der Endplatzierung und der im zeiten umfasst. Die GD beider Turniere Geschwindigkeitsbereich von 12–16 km/h sind nahezu identisch, ebenso wie die (r = 0,42) absolvierten Läufe, was impliziert, Aufschlüsselung der in den verschiedenen dass die besser platzierten Teams aufgrund Geschwindigkeitsbereichen absolvierten der umgekehrten Beziehung eine grössere Entfernungen, wobei die Spielerinnen im Entfernung in diesem Geschwindigkeits- Durchschnitt 1 % mehr Läufe zwischen bereich absolviert haben. Es gab ausserdem 20–23 km/h während der Endrunde 2011 eine gemässigtere inverse Beziehung absolvierten. zwischen der Platzierung und der Gesamt- distanz (r = –0,34) und der bei 18–20 km/h Das Verhältnis zwischen der Endplat- (r = –0,34) zurückgelegten Entfernung zierung der Teams bei den Endrunden und der Distanz bei > 23 km/h (r = –0,37). 2011 und 2015 und den Distanzen in den Auch diese Beziehungen legen nahe, dass verschiedenen Geschwindigkeitsbereichen die besser platzierten Teams beim Turnier (Tabelle 4) zeigt, dass die Korrelationen 2015 tendenziell grössere Entfernungen in während des Turniers 2015 tendenziell den höchsten Geschwindigkeitsbereichen stärker ausgeprägt waren. Dies ist mögli- absolviert haben. Während des Turniers cherweise auf die gestiegene Anzahl der an 2011 gab es geringfügige Wechselbezie- der Endrunde teilnehmenden Teams und hungen zwischen der Endplatzierung und eine grössere Bandbreite hinsichtlich des der Gesamtlaufleistung (r = –0,20) sowie Niveaus und der physischen Eigenschaften zwischen der bei 20–23 km/h (r = –0,18), bei der Teams zurückzuführen. Die stärksten 12–16 km/h (r = –0,17) und bei 6–12 km/h Korrelationen gab es bei der Endrunde (r = –0,23) zurückgelegten Entfernung. Turnier 0–6 km/h 6–12 km/h 12–16 km/h 16–18 km/h 18–20 km/h 20–23 km/h > 23 km/h GD 2011 0,01 –0,23 –0,17 0,04 0,04 –0,18 –0,07 –0,20 2015 0,41 –0,29 –0,42 –0,28 –0,34 –0,25 –0,37 –0,34 Tabelle 4: Korrelation zwischen der durchschnittlich in jedem Geschwindigkeitsbereich (ST) zurückgelegten Distanz und der Endplatzierung bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ und der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ Gesamt- 0–6 km/h 6–12 km/h 12–16 km/h 16–18 km/h 18–20 km/h 20–23 km/h > 23 km/h distanz (m) m % m % m % m % m % m % m % Gruppenphase 10 830 2909 26,9 4563 42,1 2031 18,8 502 4,6 346 3,2 174 1,6 305 2,8 2011 (n = 46) K.-o.-Phase 2011 11 099 2937 26,5 4660 42,0 2167 19,5 502 4,5 342 3,0 184 1,7 307 2,8 (n = 16) Gruppenphase 10 816 2885 26,7 4618 42,7 1992 18,4 510 4,7 350 3,2 164 1,5 297 2,7 2015 (n = 68) K.-o.-Phase 2015 10 904 2815 25,8 4678 42,9 2050 18,8 519 4,8 359 3,3 176 1,6 307 2,8 (n = 30) Tabelle 5: Analyse der durchschnittlich von den Teams während der Gruppen- und K.-o.-Phase bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ und der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ absolvierten Distanzen
16 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ Tabelle 5 zeigt eine Zusammenfassung Abbildung 4 zeigt die mittleren Gesamt- der durchschnittlichen Distanzen und eine distanzen je Team, zurückgelegt im Aufschlüsselung nach Prozenten für die Geschwindigkeitsbereich von 0–16 km/h Gruppen- und K.-o.-Phase der FIFA Frauen- und > 16 km/h, dargestellt im Vergleich Weltmeisterschaft Kanada 2015™ und der zum durchschnittlichen Ballbesitz der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland Mannschaft und der Torschüsse jedes 2011™. Wie zu sehen ist, unterscheidet Teams für alle Spiele während des Turniers. sich die mittlere Laufleistung zwischen Die Grafik ist nach der bei > 16 km/h den beiden Turnieren oder zwischen der absolvierten Distanz mit den niedrigsten Gruppen- und der K.-o.-Phase bei jedem Werten von links nach rechts sortiert. Es sei Turnier nicht sehr. Diese Werte liegen etwas darauf hingewiesen, dass Daten aus den höher als einige der zuvor in der Literatur Gruppenspielen CAN – CHN, CAN – NZL veröffentlichte Laufleistungen für Fussbal- und USA – NGA fehlen. Folglich basieren lerinnen wie etwa 9900 m (Andersson et die Ergebnisse für NZL auf dem Mittelwert al., 2010), 9970 m (Gabbett und Mulvey, aus nur zwei Spielen, für CAN aus drei 2008) oder 10 300 m (Krustrup et al., 2005), Begegnungen, für CHN aus vier Parten und was jedoch erwartet werden konnte, da die für die USA aus sechs Spielen. Insgesamt hat FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ für den NZL (17 %) die grösste Distanz im höchs- Frauenfussball die höchste Wettbewerbs- ten Geschwindigkeitsbereich (> 16 km/h) stufe darstellt. Die Distanzen (m und % der absolviert, gefolgt von GER (15 %) und USA GD) im Bereich von 0–6 km/h und 6–12 km/h (15 %). Die beiden anderen Halbfinalisten sind sowohl für die Gruppen- und K.-o.- (ENG, JPN) absolvierten beide 14 % der Phase als auch für beide Endrunden quasi Läufe > 16 km/h. Fünf der acht Teams, die identisch. Sowohl für 2011 als auch für in der Gruppenphase ausgeschieden sind, 2015 gab es eine unerhebliche Zunahme befanden sich unter den sechs am schlech- (136 m, 0,7 %; 58 m, 0,4 % für 2011 bzw. testen platzierten Teams im Hinblick auf die 2015) bei der im Bereich von 12–16 km/h bei > 16 km/h absolvierte Distanz, wobei absolvierten Distanz. Insbesondere für die CIV, ECU, ESP und COL (11 %) die geringste Weltmeisterschaft 2015 gab es eine gering- Laufleistung in diesen Geschwindigkeitsbe- fügige Zunahme bei der Laufleistung in reichen zurückgelegt haben. In der aktuel- den Bereichen von 18–20 km/h, 20–23 km/h len Analyse sind die Beziehungen zwischen und > 23 km/h von der Gruppenphase zur den bei 0–16 km/h absolvierten Läufen und K.-o.-Phase, die sich auf insgesamt 31 m pro dem Ballbesitz (r = 0,05), 0–16 km/h und Spielerin beläuft. Der direkte Vergleich der den Torschüssen (r = 0,06) sowie > 16 km/h intensiveren Geschwindigkeitsbereiche mit und dem Ballbesitz (r = 0,07) allesamt zu der einschlägigen Literatur ist schwierig vernachlässigen, während es eine geringfü- und sollte mit entsprechender Sorgfalt gige Korrelation zwischen der bei > 16 km/h durchgeführt werden, da die in der Lite- absolvierten Distanz und den Schüssen auf ratur verwendeten Analysemethoden und das Tor (r = 0,21) gab. Daher scheint es, Geschwindigkeitsbereiche insbesondere dass für die aktuelle Analyse der Ballbesitz für Studien, die sich auf den Frauenfussball in keiner Relation zur Intensität der Läufe konzentrieren, nicht einheitlich sind. steht, die die Teams absolviert haben. Den- noch ist es so, dass die Teams, die eine grös- In diesem Abschnitt bezieht sich die sere Laufleistung bei > 16 km/h absolviert physische Analyse für jedes Team auf die haben, etwas mehr Torschüsse zu verzeich- Gesamtdistanz, wie angegeben, je Feldspie- nen hatten. FRA (60 %) hatte mit Abstand lerin und Spiel und wird durch Division der den höchsten Durchschnitt in Bezug auf den von jedem Team absolvierten Gesamtdis- Ballbesitz bei seinen fünf Spielen, während tanz durch 10 wie im Bereich „Verfahren“ es hinsichtlich der im Bereich von > 16 km/h beschrieben berechnet. Die Ergebnisse absolvierten Distanz den 13. Platz belegte. beziehen sich – sofern nicht anders ange- ECU und THA (39 %) wiesen den nied- geben – auf die Spiele während der FIFA rigsten Durchschnitt beim Ballbesitz auf, Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™. und beide Teams befanden sich unter den
Teamanalyse Analysen und Ergebnisse 17 12 000 70 60 60 10 000 58 57 55 53 54 53 51 51 51 52 49 50 50 49 50 48 48 Torschüsse/Ballbesitz (%) 8000 46 46 Distanz (Meter) 42 43 43 40 39 39 6000 30 4000 25 20 20 19 16 16 16 14 14 2000 14 12 13 13 13 10 11 11 10 9 9 9 7 8 6 5 4 0 0 CIV ECU ESP COL THA NGA NOR KOR NED CMR CHN FRA MEX AUS JPN ENG SWE CRC BRA SUI CAN USA GER NZL 1112 1140 1172 1205 1215 1237 1247 1270 1277 1277 1312 1324 1335 1367 1368 1377 1380 1387 1389 1392 1397 1437 1500 1567 8964 8818 9640 9281 9360 8706 9761 9639 9548 9116 9234 9722 9687 9411 9682 9509 9888 9912 9528 9487 9744 9593 9772 9157 49 39 53 42 39 51 54 43 51 48 50 60 48 46 55 46 50 43 58 57 51 52 53 49 14 4 16 7 6 12 16 10 9 20 13 19 9 11 13 13 9 5 16 14 8 14 25 11 016 km/h > 16 km/h Ballbesitz (%) Torschüsse (%) Abbildung 4: Analyse der absolvierten Gesamtdistanz (0–16 km/h und > 16 km/h), Torschüsse und Ballbesitz 6000 10 5574 5697 5685 5615 5608 5726 5571 5567 5565 5564 5555 5464 5536 5535 5545 5654 5589 5488 5485 5475 5475 5474 5468 5456 5442 5485 8 5425 8 5410 5395 5500 5354 5351 5345 5344 5308 5274 5267 8 5261 5276 5210 5150 5143 5119 5082 5126 6 4949 5027 4916 5000 6 4816 4 Veränderung der GD (%) 4 4 4500 3 3 Distanz (Meter) 2 2 2 4000 1 1 1 1 1 0 3500 -1 -1 -1 -2 -2 -2 -2 -3 -3 3000 -3 -4 2500 -6 -6 2000 -8 ECU GER CIV CAN FRA NGA SUI CRC COL THA MEX NOR ENG AUS USA ESP SWE CMR JPN BRA KOR NED CHN NZL 1. HZ 2. HZ % GD-Differenz Abbildung 5: Analyse der während der ersten und zweiten Halbzeit absolvierten Distanzen
18 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ fünf am schlechtesten platzierten Teams CAN (2 %), wobei GER (5726 m) die grösste in Bezug auf die bei > 16 km/h zurück- Distanz in der ersten Halbzeit zurücklegte. gelegten Entfernungen. Rampinini et al. NZL (425 m; 8 %), CHN (382 m; 8 %) und (2007) berichteten, dass die Läufe mit hoher NED (302 m; 6 %) wiesen die grösste Stei- Geschwindigkeit ca. 8 % der während gerung der Laufleistung von der ersten zur eines Spiels zurückgelegten Gesamtdistanz zweiten Halbzeit auf. Wie zuvor erwähnt, im Männerfussball ausmachen (12 % für war der Ball in der zweiten Hälfte der die aktuellen Ergebnisse > 16 km/h). Die Spiele ca. 33 Sekunden weniger im Spiel als Studien zum Frauenfussball haben ergeben, in der ersten Halbzeit, was bedeutet, dass dass die Läufe mit hohem Tempo 12,5 % für die Spielerinnen effektiv weniger Zeit für inländische skandinavische Ligaspielerinnen ihre Läufe zur Verfügung hatten. (Mohr et al., 2008) und bis zu 24,7 % für australische internationale Spielerinnen Bei Berücksichtigung der Dauer jeder Halb- (Gabbett und Mulvey, 2008) ausmachen. zeit kann die durchschnittliche Laufleistung Beim Vergleich der Zahlen der Studie ist für jede Spielerin jedes Teams durch Vorsicht geboten, da eine Vielzahl von Division der absolvierten Distanz durch Methoden (Videoaufzeichnungen, GPS, die genaue Dauer der ersten und zweiten handschriftliche Aufzeichnungen, com- Halbzeit berechnet werden (Abbildung 6). puterbasierte Systeme) genutzt und eine Wie zu sehen ist, verzeichneten einige Reihe von Geschwindigkeitsbereichen auf Mannschaften von der ersten zur zweiten die Daten angewandt wurden. Ausserdem Halbzeit einen erheblichen Rückgang der haben Gregson et al. (2010) festgestellt, Laufleistung, insbesondere ECU, das von dass die von den Spielerinnen während 111 m/Minute auf 99 m/Minute in der der Begegnungen absolvierten Läufe mit zweiten Halbzeit abfiel (11 % Rückgang). hohem Tempo zwischen den Spielen sehr Die Gesamtdistanz liess auch bei CIV, GER, variabel sind und durch Faktoren wie CAN (8 %) von der ersten zur zweiten etwa die Spielposition und den Ballbesitz Halbzeit stark nach. Viele Teams wiesen beeinflusst werden, die wiederum durch die eine nahezu identische Laufleistung auf, Veränderungen der taktischen und tech- die Unterschiede zwischen erster und nischen Anforderungen des Spiels bedingt zweiter Halbzeit sind vernachlässigbar. sind. Diese Beobachtung kann bei einem NZL (3 %) und CHN (2 %) verzeichneten Turnier noch ausgeprägter sein, wenn das die grösste Zunahme von der ersten zur Spielergebnis mit Fortschreiten des Turniers zweiten Halbzeit. Viele Faktoren können immer entscheidender wird, was die Teams hierzu beitragen, unter anderem die Spiel- dazu führt, Formation und Spielerinnen weise, die Notwendigkeit, zu verteidigen/ abhängig von dem im jeweiligen Spiel einen Treffer zu erzielen, die Formation erforderlichen Resultat zu ändern. einer Mannschaft und die des Gegners, Ermüdung, die individuelle Fitness der Abbildung 5 zeigt einen Vergleich der Spielerinnen, Einwechselungen und deren mittleren Laufleistung aller Teams in der Einfluss sowie technische Faktoren. ersten und zweiten Hälfte (beide Zeit- räume umfassen jegliche Nachspielzeiten Zusammenfassung aufgrund von Spielunterbrechungen). Mit • Bei den Gesamtdistanzen oder den Ausnahme von THA und MEX ist bei allen Läufen innerhalb der verschiedenen anderen Mannschaften ein geringfügiger Geschwindigkeitsbereiche gab es Unterschied zwischen der in der ersten geringfügige Unterschiede zwischen den und zweiten Hälfte absolvierten Distanz Endrunden 2011 und 2015. festzustellen. Zehn Mannschaften wiesen • Bei der Weltmeisterschaft 2015 ist eine in der zweiten Spielhälfte eine geringere geringfügige Zunahme der Laufleistung Gesamtlaufleistung auf. ECU (382 m; 6 % > 18 km/h zwischen der Gruppen- und Abnahme) verzeichnete den grössten der K.-o.-Phase festzustellen. Abfall bei der Laufleistung gegenüber der • Die Korrelationen zeigen, dass die ersten Hälfte, gefolgt von GER, CIV und besser platzierten Teams beim Turnier
Teamanalyse Analysen und Ergebnisse 19 2015 tendenziell grössere Distanzen in den Torschüssen, was nahelegt, dass die den oberen Geschwindigkeitsbereichen Mannschaften, die eine grössere Distanz zurücklegten. Diese Beziehungen waren bei > 16 km/h zurücklegten, tendenziell während der Weltmeisterschaft 2011 mehr Torschüsse zu verzeichnen hatten. weniger offensichtlich. • Bei der Mehrheit der Mannschaften • NZL (17 %), GER (15 %) und die USA lag nur ein geringfügiger Unterschied (15 %) legten die grössten Strecken zwischen der in der ersten und zweiten > 16 km/h zurück, CIV, ECU, ESP und COL Spielhälfte zurückgelegten Gesamt- (11 %) die geringsten. distanz vor. NZL und CHN (8 %) wiesen • Es gab keinen Zusammenhang zwischen jedoch die höchste Zunahme auf, wäh- der bei < 16 km/h zurückgelegten rend ECU (6 %) den grössten Rückgang Gesamtdistanz und dem Ballbesitz oder verzeichnete. den Torschüssen. Es gab nur eine gering- • Durch Angabe der Gesamtdistanz pro fügige Korrelation zwischen der bei Minute kann die Laufleistung (Meter- > 16 km/h absolvierten Laufstrecke und zahl) der Spielerinnen bestimmt werden. 130 *?SkCGQRSLE+CRCP +GLSRC 125 120 115 110 105 100 95 ECU GER CIV CAN FRA NGA SUI CRC COL THA MEX NOR ENG AUS USA ESP SWE CMR JPN BRA KOR NED CHN NZL 1. HZ 2. HZ Abbildung 6: Analyse der durchschnittlichen Laufleistung während der ersten und zweiten Halbzeit 900 797 789 800 770 727 724 713 710 711 706 703 703 697 Distanz (Meter) 693 689 687 687 687 708 700 681 679 702 679 675 671 662 661 649 648 645 643 646 631 628 624 621 621 615 608 605 604 604 601 593 592 591 600 567 520 519 500 400 300 ECU CIV FRA GER CAN NGA NOR CRC ENG CMR USA SWE JPN COL SUI NED NZL BRA THA MEX ESP AUS KOR CHN 1. HZ 2. HZ Abbildung 7: Analyse der während der ersten und zweiten Halbzeit absolvierten Distanzen bei > 16 km/h
20 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ Hierbei hatte ECU den grössten Rück- (siehe Abbildung 8), wobei die Unterschiede gang der Laufleistung zu verzeichnen. für USA, SWE, JPN und COL zu vernach- Sie fiel von der ersten zur zweiten Hälfte lässigen sind. CHN (13 %) und KOR (9 %) von 111 m/Minute auf 99 m/Minute ab haben die bei den Läufen > 16 km/h grösste (11 % Rückgang). Die Gesamtdistanz Zunahme von der ersten zur zweiten liess auch bei CIV, GER, CAN (8 %) von Hälfte zu verzeichnen. Dagegen weisen der ersten zur zweiten Halbzeit stark ECU (–16 %), CIV (–12 %), FRA (–10 %) nach. NZL (3 %) und CAN (2 %) ver- und GER (–10 %) den grössten Rückgang zeichneten die grösste Zunahme von der der bei höherem Tempo absolvierten ersten zur zweiten Halbzeit. Distanzen zwischen der ersten und der • Zu den Faktoren, die möglicherweise zweiten Halbzeit auf. Abbildung 9 zeigt die zu diesen Beobachtungen beigetragen Veränderung der Laufleistung bei > 16 km/h haben, zählen unter anderem die von der ersten zur zweiten Halbzeit für Spielfeldbeschaffenheit, der Spielcha- die Mannschaften unter Berücksichtigung rakter, das Niveau der gegnerischen der Dauer jeder Halbzeit. Während NED, Mannschaft, die Notwendigkeit, zu NZL, BRA und THA eine Zunahme der verteidigen/einen Treffer zu erzielen, tatsächlichen Distanz bei > 16 km/h in der die Formation einer Mannschaft und die zweiten Hälfte zu verzeichnen hatten, war des Gegners, Ermüdung, die individuelle die eigentliche Laufleistung identisch, da Fitness der Spielerinnen, Einwechselun- die zweite Halbzeit der Spiele länger war gen und deren Einfluss sowie technische (48:45 gegenüber 46:18 Länge der ersten Faktoren. Halbzeit). Während GER (17 m/Minute) die • Der direkte Vergleich der intensiveren höchste Laufleistung in der ersten Halbzeit Geschwindigkeitsbereiche mit der ein- aufzuweisen hatte, fiel diese in der zweiten schlägigen Literatur sollte mit entspre- Halbzeit der Spiele auf 15 m/Minute ab. chender Sorgfalt durchgeführt werden, Dies kann, wie schon erwähnt, auf eine da die in der Literatur verwendeten Reihe unterschiedlicher Faktoren wie unter Analysemethoden und Geschwindig- anderem Fitness und Ermüdungszustand keitsbereiche insbesondere für Studien, der Spielerinnen, Umgebungsbedingungen, die sich auf den Frauenfussball konzent- Niveau der gegnerischen Mannschaft und rieren, nicht einheitlich sind. Spielstand sowie Ein-/Auswechselungen und Änderung der Formation während der zweiten Spielhälfte zurückzuführen sein. 3. Analyse der Läufe mit hohem Tempo (16–20 km/h) und Sprints (> 20 km/h) Abbildung 10 zeigt die bei > 16 km/h Abbildung 7 zeigt die in den höheren absolvierten Distanzen (einschliesslich der Geschwindigkeitsbereichen durchschnitt- Aufschlüsselung für die vier Geschwin- lich absolvierten Läufe in der ersten und digkeitsbereiche mit höherem Tempo) im zweiten Halbzeit (nur > 16 km/h, die als Vergleich zur durchschnittlichen Anzahl die Geschwindigkeitsbereiche betrachtet von Pässen je Spiel. Es gibt einen geringfü- werden, in denen die Spielerinnen mehr gigen Zusammenhang zwischen der durch- am Spiel beteiligt sind und einen grösseren schnittlichen Anzahl der Pässe und der bei Einfluss auf das Resultat haben können). 16–18 km/h (r = 0,23), 18–20 km/h (r = 0,22) und 20–23 km/h (r = 0,06) zurückgelegten Wie bereits zuvor erwähnt, schwankt dies Strecke und eine mittlere Korrelation bei zwischen den Spielen, was in hohem Mass den Distanzen der mit > 23 km/h (r = 0,31) auf die individuellen physischen Faktoren absolvierten Läufe. Wenn eine Mannschaft sowie auf die taktischen und technischen in Ballbesitz ist, tendieren die nicht am Ball Anforderungen des Spiels zurückzuführen befindlichen Spielerinnen dazu, intensive ist (Gregson et al., 2010). Bei intensiverer Bewegungen auszuführen, um Raum zu Untersuchung dieser Daten ist festzustellen, schaffen, sich von ihrer Gegenspielerin zu dass sich der Prozentsatz für alle Teams lösen und den Ball annehmen zu können, von der ersten zur zweiten Halbzeit ändert was Läufe mit höherer Intensität involviert
Teamanalyse Analysen und Ergebnisse 21 Veränderung der Distanz in ST 4-7 (%) 15 13 10 9 7 7 6 6 5 5 4 3 2 0 0 -1 -1 -2 -2 -5 -4 -4 -6 -10 -8 -8 -10 -12 -12 -15 -16 -20 ECU CIV FRA GER CAN NGA NOR CRC ENG CMR USA SWE JPN COL SUI NED NZL BRA THA MEX ESP AUS KOR CHN Abbildung 8: Analyse der Veränderung der bei > 16 km/h absolvierten Distanzen von der ersten zur zweiten Halbzeit 18 *?SkCGQRSLE+CRCP +GLSRC 17 16 15 14 13 12 11 10 ECU CIV FRA GER NGA CAN NOR CRC ENG CMR USA SWE JPN COL SUI NED NZL BRA THA MEX AUS ESP KOR CHN 1. HZ 2. HZ Abbildung 9: Analyse der durchschnittlichen Laufleistung > 16 km/h während der ersten und zweiten Halbzeit 1600 700 1400 600 580 562 1200 540 508 500 .ÈQQCECQ?KR 495 482 1000 457 452 452 433 Distanz (Meter) 398 388 394 396 400 374 375 377 800 362 333 321 329 302 307 300 288 600 200 400 200 100 0 0 CIV ECU ESP COL THA NGA NOR KOR NED CMR CHN FRA MEX AUS JPN ENG SWE CRC BRA SUI CAN USA GER NZL 255 259 249 264 280 287 282 303 292 269 296 310 270 309 315 315 299 325 322 298 322 311 349 335 177 98 127 139 169 212 167 130 170 162 136 180 181 196 144 193 160 161 191 157 191 202 177 186 274 318 310 327 318 312 325 335 308 332 365 350 353 359 369 353 369 374 365 384 373 376 402 436 406 466 485 476 448 427 474 502 507 514 514 485 531 504 539 516 552 528 511 553 511 548 572 611 374 288 495 333 302 398 457 375 452 362 433 580 321 377 562 329 452 307 540 508 388 394 482 396 IK F IK F IK F IK F .ÈQQCECQ?KR Abbildung 10: Analyse der bei > 16 km/h absolvierten Läufe im Zusammenhang mit der durchschnittlichen Anzahl der Pässe pro Spiel
22 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ und wiederum zum Teil diesen stärkeren Phase vor der Halbzeit keinen Gegentreffer Zusammenhang zwischen der Anzahl der hinnehmen möchte, zurückzuführen. Die Pässe und der Läufe mit einem Tempo von zwischen der 45.–60. Minute zurückgelegte mehr als 23 km/h erklärt. Distanz war geringer als die der ersten 15 Minuten, 20 % und 12 % weniger im Während der FIFA Frauen-Weltmeister- Jahr 2011 bzw. 2015. Dies lässt vermuten, schaft 2015™ absolvierten die Spielerinnen dass die Spielerinnen physisch nicht für im Durchschnitt eine Gesamtdistanz von den Beginn der zweiten Hälfte vorbereitet 1320 m je Spiel bei Geschwindigkeiten von sind und/oder sie von der ersten Halbzeit > 16 km/h. Bei der FIFA Frauen-Weltmeis- immer noch teilermüdet sind und sich nicht terschaft 2011™ lag dieser Wert noch bei optimal erholt haben. Dies stimmt mit den 1266 m. Abbildung 11 zeigt einen Vergleich immer mehr evidenzbasierten Erkennt- der durchschnittlichen Distanz, die in jedem nissen überein, die einen Rückgang der 15-minütigen Abschnitt des Spiels absol- Läufe mit hohem Tempo unmittelbar nach viert wurde. Die letzte Viertelstunde jeder der Halbzeit im Vergleich zu den ersten Halbzeit umfasst auch die Nachspielzeit. 15 Minuten des ersten Durchgangs belegen Bei beiden Endrunden nahm die Laufleis- (Bradley et al., 2009, Mohr et al., 2003). tung bei > 16 km/h gegenüber der ersten Lovell et al. (2007) haben in einer kont- Viertelstunde während der 15. bis zur 30. rollierten Studie festgestellt, dass aktive Minute um 25 % bzw. 14 % im Jahr 2011 Wiederaufwärmmethoden vor Beginn der bzw. 2015 ab. Bei beiden Turnieren war die zweiten Spielhälfte dazu beitragen, die absolvierte Distanz zwischen der 15.–30. fussballspezifische Ausdauerleistung auf- Spielminute und zwischen der 30.–45. rechtzuerhalten, und die Coaches/Trainer Minute + Nachspielzeit identisch und gerin- sollten auswerten, was ihre Spielerinnen ger als die Laufleistung während der ersten während der Halbzeit und insbesondere 15 Minuten des Spiels. Dies legt nahe, dass vor Beginn der zweiten Hälfte machen. die Spielerinnen optimal auf den Spiel- Während der zweiten Hälfte nahmen beim beginn vorbereitet waren, dann jedoch Turnier 2011 die mit hohem Tempo absol- während der späteren Spielphasen der vierten Läufe in der letzten Viertelstunde + ersten Halbzeit aufgrund der zunehmen- Nachspielzeit zu. Die Laufstrecke lag aber den Ermüdung und aufgrund einer Kom- 8 % unter der in den ersten 15 Spielminu- bination aus mangelnder Fitness und/oder ten absolvierten Distanz. Bei der Endrunde inadäquater Ernährung/Flüssigkeitszufuhr 2015 absolvierten die Spielerinnen 3 % erschöpft waren. Möglicherweise ist dieser mehr Distanz bei > 16 km/h während Rückgang auch auf taktische Gründe oder der letzten Viertelstunde verglichen mit die Tatsache, dass man während der letzten den ersten 15 Spielminuten. Dies steht 300 275 253 248 Distanz (Meter) 250 225 241 215 212 232 207 200 197 204 175 192 193 192 150 +GL +GL +GL +GL +GL +GL 2011 2015 Abbildung 11: Vergleich der absolvierten Distanz je 15 Minuten bei > 16 km/h für die Endrunden 2011 und 2015
Sie können auch lesen