PRESS REVIEW Friday, October 30, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

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PRESS REVIEW Friday, October 30, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
PRESS REVIEW

         Daniel Barenboim Stiftung
Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

         Friday, October 30, 2020
PRESS REVIEW Friday, October 30, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
PRESS REVIEW                                                       Friday, October 30, 2020

Der Tagesspiegel, PBS
Florian Weber & Ensemble Modern im Pierre Boulez Saal

NDR Kultur, PBS
Eine Disco und den Pierre Boulez Saal dürfe man nicht in einen Korb werfen, sagt der Geiger Christian
Tetzlaff

Der Tagesspiegel
Vorverkauf ausgesetzt (1) Wie die Kulturszene auf den November-Lockdown reagiert

Der Tagesspiegel
Vorverkauf ausgesetzt (2) Das DSO spielt sein vorerst letztes Konzert in der Philharmonie

Rbb Inforadio
Intendant Kosky zur Corona-Zwangspause: „Es ist schmerzhaft“

Der Tagesspiegel
Tatendrang mit Weitsicht: Dirigent Ud Joffe, sein Potsdamer Festival und die neue Synagoge

Der Tagesspiegel
„Lohengrin“ Premiere in der Oper Leipzig wird vorgezogen

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Ausrichtung der Preußenstiftung

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Neuer Musikchef am Theater Hof

Frankfurter Allgemeine Zeitung
In München, Berlin und im tschechischen Aussig eröffnen neue Museen

Süddeutsche Zeitung
Jazzpianist Michael Wollny feiert auf seinem neuen Album die Einsamkeit
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DER TAGESSPIEGEL vom 29.10.2020

Seite:                 22                                  Mediengattung: Tageszeitung
Ressort:               TICKET                              Auflage:       74.985 (gedruckt) ¹ 98.861 (verkauft) ¹
                                                                          101.249 (verbreitet) ¹
Rubrik:                KONZERTE                            Reichweite:    0,309 (in Mio.) ²
¹ von PMG gewichtet 07/2020
² von PMG gewichtet 07/2020

NEUE MUSIK
Ensemble Modern
Das international besetzte Solistenen-   lig konzertieren sie mit dem Jazzpiani- Pierre Boulez Saal, Fr 30.10., 19.30
semble feiert in diesem Jahr das 40.     sten Florian Weber. Das Programm ist Uhr, 15-45 €
Jubiläum. Die Musiker sind speziali-     inspiriert von Arnold Schönbergs ***
siert auf zeitgenössische Werke, jedes   „Koalitionsschach“, bei dem sich vier
Jahr zeichnen sie für mindestens 20      Parteien mit unterschiedlichen Instru-
Uraufführungen verantwortlich. Erstma-   menten gegenüberstehen.

Wörter:                           64

© 2020 PMG Presse-Monitor GmbH
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Internet
Quelle:    NDR Online vom 29.10.2020 (Internet-Publikation, Hamburg)

Visits:    18.940.500                      Reichweite:     631.350     Autor:   k.A.                  Weblink

                   11 Fü
                      r uns sind diese Monate und die kommenden
                   Zeiten bitter11
                   Eine Disco und den Pierre Boulez Saal dürfe man nicht in einen Korb werfen, sagt
                   der Geiger Christian Tetzlaff.

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PRESS REVIEW Friday, October 30, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
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        Freitag, 30.10.2020, Tagesspiegel / Kultur

        Frust und Bitterkeit
        Vorverkauf ausgesetzt (1): Wie die Kulturszene auf den November-Lockdown
        reagiert
        Von Gunda Bartels/Christiane Peitz

        Die Galerien gelten als Einzelhandelsgeschäfte, sie bleiben geöffnet. Aber wie ist es mit den
        Museen? Am Donnerstag herrschte zunächst Verwirrung, weil sie im Lockdown-Katalog des
        Bundes nicht eigens genannt sind. Dann die Nachricht, dass die Kulturminister sich auf die
        einmonatige Schließung auch der Kunsttempel geeinigt hätten. Der Deutsche Museumsbund
        forderte für die Häuser prompt einen finanziellen Ausgleich. Es könne nicht sein, dass nach
        Corona auch noch eine Sparwelle auf die Museen zukomme, so Präsident Eckart Köhne.

        Immerhin, Bibliotheken, Archive und Musikschulen bleiben offen. Sind weitere Ausnahmen
        möglich, gerade in Berlin? Nein, Kultursenator Klaus Lederer spricht vom nicht zu
        unterschätzenden Wert bundeseinheitlicher Regelungen. Also wieder gecancelte Premieren
        und Eröffnungen, geschlossene Vorhänge. Gleichzeitig gesteht Lederer, er finde manche
        Punkte „in ihrer Rigorosität nicht richtig.“ Vier Wochen Verzicht auf jede kulturelle Teilhabe,
        das sei krass. Die Zusage: die Fortsetzung der Hilfeprogramme, neue schnelle Soforthilfen.

        Erste Reaktionen: Proteste. Der Lockdown schieße weit übers Ziel hinaus, so Gerald Mertens
        von der Deutschen Orchestervereinigung. Die Beschäftigten seien „verärgert und extrem
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        frustriert“. Christine Berg vom Hauptverband Deutscher Filmtheater ist überzeugt, dass die
        Kinos nur mit Soforthilfen die „erneute Radikalkur“ durchstehen. Thomas Nägele, Präsident
        der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft, weist auf die besondere Härte für die Verleiher
        hin. Sie hätten „echte Branchensolidarität“ bewiesen und vielversprechende Starts für den
        Winter angekündigt.

        Von Produzentenseite meldet sich Martin Moszkowicz zu Wort. „Wir sind dabei, einen
        großen, wichtigen Teil unserer Kultur zu beschädigen oder zu verlieren“, so der Constantin-
        Chef. Die Krimikomödie „Kaiserschmarrndrama“ bringt Constantin nun später heraus,
        möglichst noch vor Jahresende. Auch der Berlinale-Gewinnerfilm „Doch das Böse gibt es
        nicht“ muss wieder verschoben werden.

        Der Bundesverband Schauspiel spricht von einer unsinnigen Maßnahme, befürchtet einen
        kulturellen Kahlschlag. Wie andere Kulturverbände verweist er darauf, wie vorbildlich der
        CoronaSpielbetrieb organisiert wurde. „Bitte schließen Sie nicht die Zuschauerräume in
        Theatern, Opern und Konzertsälen“, hatte Bühnenvereins-Präsident Ulrich Khuon gefleht,
        vergeblich. Barbara Mundel (Münchner Kammerspiele) spricht von kompletter Willkür,
        Marc-Oliver Hendriks (Staatstheater Stuttgart) von Symbolpolitik. Immerhin, der
        Probenbetrieb darf weitergehen, damit der Spielbetrieb im Dezember wieder starten kann –
        wie vorerst geplant.

        Neben den freien Theatern sind auch die Kleinkunstbühnen frustriert, wie ein schneller
        Rundruf in Berlin ergibt. So konnte der Wintergarten Berlin seit dem Neustart gerade mal
        fünf Wochen spielen, „mit immerhin wieder 1000 Besuchern pro Woche“, sagt Chef Georg
        Strecker. „Da ist eine erneute Schließung besonders bitter.“ Die Privattheater seien gewiss
        keine Pandemie-Treiber, dennoch zeigt er auch Verständnis für die Entscheidung. Wichtig
        sei zu wissen, ob die Schließung auf den November beschränkt bleibt. „Sonst ist der
        Weihnachtsvorverkauf zerstört.“

        Im Mehringhoftheater, wo Komiker Fil ab dem 5. November für ausverkaufte Plätze gesorgt
        hätte, sieht Chef Christian Luschtinetz das genauso. Dort soll ab 15. Dezember der
        „Kabarettistische Jahresrückblick“ steigen. „Im November und Dezember verdienen wir
        normalerweise das Geld fürs ganze Jahr.“ Die vom Bund für kleine Firmen angekündigte
        Krisenkompensation von 75 Prozent des Vorjahresumsatzes wäre hier sehr willkommen.

        Das BKA-Theater, im März ein Vorreiter unter den Kultur-Streamern, will ein neues
        Onlineangebot auflegen. „Einnahmemäßig können wir den Winter nun wohl abschreiben“,
        sagt Chef Uwe Berger. Und die Bar jeder Vernunft, das Tipi am Kanzleramt? „Wir haben
        70000 Euro in Hygienekonzept, Belüftung und Ionisierungsanlage investiert“, erinnert Chef
        Holger Klotzbach. Es bedürfe dringend eines neuen Konzepts für öffentliche Orte, in Form
        einer Zertifizierung für Hygienekonzepte oder eines Ampelsystems.

        Der Ernst der Lage ist auch der Kulturstaatsministerin klar. Die Künstler hätten sich in der
        Krise ungeheuer fair verhalten, obwohl es an ihren Lebensnerv geht, so Monika Grütters auf
        Anfrage des Tagesspiegel. 1,5 Millionen Beschäftigte, ein 100-Milliarden- Euro-Beitrag zum
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        Bruttoinlandsprodukt: „Wir müssen über andere Hilfsstrukturen als bisher reden.
        Einnahme- und Verdienstausfälle müssen kompensiert werden. Auch muss der
        Lebensentwurf der Soloselbstständigen endlich ernst genommen werden“. Auf deren
        Probleme „müssen wir ganz anders reagieren als bisher“, so die CDU-Politikerin.

        Und 2021? Das Medienboard Berlin-Brandenburg hat seine Berlinale-Party bereits abgesagt.
        Gunda Bartels/Christiane Peitz

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        Freitag, 30.10.2020, Tagesspiegel / Kultur

        Trauer und Überschwang
        Vorverkauf ausgesetzt (2): Das DSO spielt sein vorerst letztes Konzert in der
        Philharmonie
        Von Ulrich Amling

        „Das geht doch nicht“, ruft eine ältere Dame auf den Treppen in derPhilharmoniel. Den
        erneuten Lockdown für die Kultur kann sie nicht verstehen. „Hier sind doch alle vernünftig,
        da kann doch nichts passieren.“ Beim Blick auf die weiten Abstände, mit denen sich
        maskierte Konzertgänger auf dem Wegesystem durchs Haus bewegen, kann man ihr intuitiv
        kaum widersprechen. Am Abend nach der Entscheidung, im November auch die Kultur zu
        schließen, macht sich Ernüchterung breit. Umgebaute Programmfolgen, reduzierte
        Sitzpläne, Umbuchungen, Desinfektionsmittel und maximale Lüftung – es hat alles hat nicht
        geholfen.

        Das Deutsche Symphonie-Orchester spielt in der Philharmonie nun überraschend sein
        letztes Konzert vor der nächsten Zwangspause. Eigentlich hätten die Musiker in November
        einen besonders arbeitsreichen Monat gehabt, mit einem Konzert unter Simon Rattle und
        einem eigenen Festival. Es hätte unter Leitung von Chefdirigent Robin Ticciati um Wagner
        gehen sollen, doch dessen Besetzungen passten unter Pandemie-Regeln nicht aufs Podium.
        Also wurde eine Konzertreihe zu Wien erdacht, in der Klassik und Moderne lustvoll
        aufeinanderprallen. Liest man, was nun doch ausfallen muss, möchte man in die Maske
        schluchzen.

        Die Philharmonie hat inzwischen wie das Konzerthaus seinen Vorverkauf ausgesetzt.
        Abgesagt sind die Konzerte im November offiziell noch nicht, dafür braucht es auch aus
        rechtlichen Gründen zuerst die neue Verordnung des Landes, mit der am Montag gerechnet
        wird. Völlig unklar bleibt bis dahin auch, ob es während des Lockdowns Konzerte ohne
        Publikum geben kann, die gestreamt oder für CD produziert werden. Simon Rattle wohnt in
        Berlin, das DSO will unbedingt mit ihm musizieren. Doch es könnte sein, dass Dirigent und
        Orchester zu Hause bleiben müssen. Denn darauf zielt letztlich der Stopp für die öffentliche
        Kultur.

        Jakub Hrusa gibt am Pult des DSO einen lebendigen Eindruck dessen, was wir die nächsten
        Wochen vermissen werden. Smetanas Ouvertüre zur Oper „Die verkaufte Braut“ saust wie
        ein bestens geöltes Räderwerk durch den Saal. Den Anklängen an den Volksmusikton seiner
        tschechischen Heimat begegnet der Chefdirigent der Bamberger Symphoniker mit
        wohlkalkulierter Schärfe, die bis an den Rand der Ungemütlichkeit reicht.

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        Auf diesem herben Humus schlägt Martinus 1. Cellokonzert wundersame Triebe, denen der
        Solist Tomas Jamnik traumverloren folgt. Er streift Mondnacht und Trauergesang, inneres
        Glühen und einen Überschwang, der direkt mitnimmt in Dvoráks 3. Symphonie, die das DSO
        in den bald 75 Jahren seines Bestehens nie zuvor gespielt hat.

        Es ist ein kippeliges Werk, das jäh zwischen Schumanns Poesie und Wagners Klangallmacht
        schwankt. Jede Aufwärtsbewegung birgt einen Absturz, ein Netz gibt es hier nicht. Der
        Applaus ist lang und ein bisschen länger, weil man nicht geschieden sein will von diesem
        Kulturraum. Ulrich Amling

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Stand vom 29.10.2020
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        Freitag, 30.10.2020, Tagesspiegel / Kultur

        Der Widersänger
        Tatendrang mit Weitsicht: Dirigent Ud Joffe, sein Potsdamer Festival und die
        neue Synagoge
        Von Lena Schneider

        Ud Joffe hätte Schauspieler werden können, aber die Position war schon besetzt – durch
        seine ältere Schwester. Auch Kampfpilot hätte er nach dem Militärdienst sein können – aber
        er wollte lieber künstlerische Höhenflüge. So kam er zur Musik. Früher am liebsten Jimi
        Hendrix; heute Bach und Mendelssohn oder, wie beim Konzert am Sonntag, Arvo Pärts
        Chorwerke. Ein Umschwung von der U- zur E-Musik? Das würde Joffes aufbrausenden
        Widerspruch erregen. Unterhaltung ist beides, sagt er. Ernst auch.

        Ud Joffe, 1967 bei Tel Aviv geboren, kennt man in Berlin als ehemaligen Leiter des Sibelius
        Orchesters und des Neuen Chores Berlin. In Potsdam hat er den Ruf eines stadtbekannten
        Widersprechers. 1997 kam er als Kantor der Erlöserkirche dorthin, ein 30 Jahre junger UdK-
        Absolvent. Davor hatte er in Jerusalem studiert, in Paris gewohnt, und in Berlin. Er kam in
        eine Stadt im Umbruch. Theater spielte man in Potsdam in einem Provisorium aus Blech, der
        Theaterchor war bereits abgewickelt. Die Brandenburgische Philharmonie Potsdam wurde
        1999 aufgelöst.
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        Joffe spürte ein Vakuum und hielt mit Neugründungen dagegen: 1999 der Neue Kammerchor
        Potsdam, 2000 das Neue Kammerorchester Potsdam, 2001 das Gesangsfestival „Vocalise“. Die
        erste Ausgabe war bescheiden: ein Rezital. Bald kamen die King’s Singers, Mojca Erdmann,
        Nordic Voices. Mit dem 20. Jubiläum des Festivals kam auch Corona.

        Im Frühjahr entdeckte Joffe jedoch: Singen mit Maske, das geht. Im Juni lud er erstmals
        wieder zur Probe. Mit Mundnasenschutz, ohne wäre nur Platz für sechs Sänger und
        Sängerinnen. Was den Klang anbelangt, macht das keinen Unterschied, sagt Joffe. Von der
        Verständlichkeit her schon: mehr Vokale, weniger Konsonanten. Er singt es raumgreifend
        vor. „Hören Sie?“, ruft er. „Der Schmelz! Der Klang!“

        Um „Vocalise“ auch im Jubiläumsjahr zu ermöglichen, streckte Ud Joffe das Programm über
        20 Konzerte und 20 Wochen, er plante um, dünnte aus. „Corona will uns etwas sagen“, sagt er.
        Das ImmerSchneller, Immer-Mehr sei nicht gut. „Einfach mal 30 Prozent runter fahren.
        Dann erreichen wir den Mars eben in 60 Jahren, und nicht in 20. Na und?“

        Dass das jemand sagt, der so viele Projekte initiierte – jüngst einen Knabenchor –, erstaunt.
        Aber Joffe sagt: „Ich muss nicht mehr jedes Mal auf den Everest klettern.“ Vielleicht heißt
        auch nur der Gipfel jetzt anders. Ud Joffe ist nicht nur Künstler, sondern als orthodoxer Jude
        auch Vorsitzender der Potsdamer Synagogengemeinde. Den ökumenischen Gottesdienst
        anlässlich des 30. Jahrestags der Deutschen Einheit leitete er mit Kippa und Gebetstuch. „Ich
        bin bekennender Jude, und will auch erkannt sein.“ Zuhause in Israel gab es Tränen, als man
        ihn so im Fernsehen sah. Im Gewand orthodoxer Juden am Jahrestag der Deutschen.

        Joffe will nicht nur als Jude erkannt sein, er will auch, dass man die für Potsdam geplante
        Synagoge als solche sofort erkennt. Die Finanzierung durch das Land wurde bereits 2005
        beschlossen. Auf einen mehrfach umgearbeiteten Entwurf des Architekten Jost Haberland
        hatte man sich im Frühjahr dieses Jahres geeinigt; wenig später kippte die Zustimmung. Die
        Gemeinde sei vom Land überrumpelt worden, sagt Joffe. Die Regierung habe die Mitsprache
        an der Innenausgestaltung der Synagogeausschließlich in die Hände des Architekten legen
        wollen. Das machte Joffe nicht mit. Es kam zum Eklat.

        „Man will uns mundtot machen“, sagt er, und meint die Landesregierung. „Aber um mich
        mundtot zu machen, muss man mich erschießen.“Das Problem liegt aus seiner Sicht darin,
        dass das LandBrandenburg Bauherr des geplanten Neubaus sei. „Wir müssen Bauherren
        sein.“ Das Land dürfe keine Sakralbauen in Auftrag geben, es dürfe sie nur fördern.

        Joffe polarisiert. Einige Gemeindemitglieder haben aus Protest gegen ihn seine Gemeinde
        verlassen. Dafür, sagt Joffe, seien 30 neue dazugekommen. Er weiß, dass es viel
        Unverständnis für den Streit zwischen den beiden großen Potsdamer Gemeinden gibt, der
        Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam und Joffes Synagogengemeinde. Joffe zitiert gern
        Henryk M. Broder: „Wenn man Juden dafür kritisiert, wofür man andere nicht kritisiert,
        dann ist das Antisemitismus.“

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        Im Potsdamer Synagogenstreit heißt es tatsächlich oft, wenn auch nicht offen: Die Juden
        streiten wieder. Und die Garnisonkirche? Die Alte Fachhochschule? Das Stadtschloss?
        Gestritten wird in Potsdam überall. Toleranz beginnt da, sagt Joffe, wo ein Widerstand
        überwunden werden muss. Sonst ist es nur Akzeptanz. Das reicht ihm nicht. Lena Schneider

        Erlöserkirche Potsdam: Johann Sebastian Bach „Ein feste Burg“, Sa 31.10., 11 Uhr; Arvo Pärt
        „Berliner Messe“, So 1.11., 17 Uhr

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        Freitag, 30.10.2020, Tagesspiegel / Kultur

        NACHRICHTEN

        „Lohengrin“-Premiere in der

        Oper Leipzig wird vorgezogen

        Wegen des kurzfristig für November beschlossenen bundesweiten Lockdowns auch im
        Kulturbereich zieht der Leipziger Intendant und Generalmusikdirektor Ulf Schirmer die
        ursprünglich für den 7. November angekündigte Premiere von „Lohengrin“ vor. Die gekürzte
        Version des Wagnerschen Bühnenwerks findet bereits an diesem Sonntag, den 1. November
        um 18 Uhr in der Leipziger Oper statt. „Wann, wenn nicht jetzt?!“, lautet Schirmers Motto.
        Tsp

        Kulturschaffende in Italien protestieren gegen Schließungen

        In Italien sind Theaterleute und Tänzer auf die Straße gegangen, um gegen die Schließung
        ihrer Häuser wegen verschärfter Corona-Maßnahmen zu protestieren. In Rom hielten am
        Donnerstag schwarz gekleidete Kulturschaffende Plakate hoch mit der Aufschrift: „Tötet
        nicht die Kultur“. Die Regierung von Premierminister Giuseppe Conte hatte angeordnet, dass
        Freizeiteinrichtungen schließen müssen. Viele italienische Verbände laufen dagegen Sturm.
        dpa

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          F.A.Z. - Feuilleton                                                                                             Freitag, 30.10.2020

                                        Ausrichtung der Preußenstiftung

          Die Reformkommission für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) will bis zum Sommer 2021 eine
          Entscheidung zur Ausrichtung der Preußenstiftung vorlegen. Darauf haben sich die Mitglieder verstän-
          digt, wie Kulturstaatsministerin Grütters gestern mitteilte. Es sei ihr wichtig, dass in die Reformdebatte
          nicht nur die Leitung der SPK und die Länder, sondern auch die Direktoren der Einrichtungen und die
          Mitarbeiter eingebunden würden. Ziel sei es, die Stiftung modern und zukunftsfähig zu gestalten, damit
          die Museen und Kultureinrichtungen ihr Potential besser entfalten können. Der Wissenschaftsrat hatte
          im Juli in einem Gutachten unter anderem eine Aufteilung der SPK in vier unabhängige Sparten vorge-
          schlagen. Unter ihrem Dach sind die Staatlichen Museen zu Berlin mit ihren fünfzehn Sammlungen und
          neunzehn Gebäuden sowie die Staatsbibliothek mit zwei Standorten, das Geheime Staatsarchiv, das
          Ibero-Amerikanische Institut und das Staatliche Institut für Musikforschung versammelt.epd

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                                        Neuer Musikchef am Theater Hof

          Von der Saison 2021/2022 an wird Ivo Hentschel Musikdirektor und Chefdirigent am Theater Hof. Er
          folgt auf Roland Kluttig, der die musikalische Leitung der Oper Graz übernommen hat. Hentschel arbei-
          tete an den Theatern in Heidelberg, Hof und Cottbus. Er war Kapellmeister an der Komischen Oper
          Berlin, der er als regelmäßiger Gastdirigent verbunden bleibt. Am Mecklenburgischen Staatstheater ist
          er Erster ständiger Gastdirigent. Das frisch renovierte Haus in Hof will er mit „Médée“ von Luigi Cheru-
          bini wiedereröffnen. F.A.Z.

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                                                      Säulen einer Brücke
             Wie an Vertreibung erinnern? In München, Berlin und im tschechischen Aussig eröffnen neue Museen

          Hinter dem gläsernen Foyer leuchtet ein Zitat von Václav Havel: „Nichts Geringeres und nichts Größe-
          res als das Erlebnis namens Heimat.“ Gründervater des neuen Sudetendeutschen Museums in München
          ist der tschechische Dichterpräsident nicht. Als solcher kann Edmund Stoiber gelten, der als bayerischer
          Ministerpräsident 2006 die vertriebenen Deutschen aus dem heutigen Tschechien aufrief, sich ein eige-
          nes Museum zu bauen. Nach Jahren konzeptioneller Überarbeitungen und baulicher Verzögerungen ist
          es nun vom jetzigen bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und von Kulturstaatsministerin
          Monika Grütters eröffnet worden.

          Schon die markante Architektur fast ohne rechten Winkel zeigt, dass die Heimatvertriebenen das
          Stigma der Ewiggestrigen ablegen wollen. Auch im Inneren geht es zeitgemäß zu. Die rund 1500
          Quadratmeter Ausstellungsfläche sind barrierefrei zugänglich und alle Beschreibungen auf Deutsch,
          Tschechisch und Englisch gehalten. Bernd Posselt, der „Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe“,
          ließ vor wenigen Jahren die Forderung nach „Wiedergewinnung der Heimat“ aus der Satzung der Sude-
          tendeutschen Landsmannschaft streichen. Der konservative Europaenthusiast aus der Paneuropa-
          Denkschule hat den Verband von deutschnationalem Ballast befreit und lässt keine Gelegenheit aus, die
          Vertriebenen als Brückenbauer zu Ostmitteleuropa darzustellen.

          Wer das Museum betritt, erfährt gleich auf der ersten Tafel, dass es die Sammelbezeichnung der „Sude-
          tendeutschen“ so lange noch nicht gibt. Sie setzte sich erst in der 1918 gegründeten Ersten Tschechoslo-
          wakischen Republik durch. Die Dauerausstellung sei kulturgeschichtlich konzipiert, sagt der Museums-
          leiter Michael Henker. Dem Besucher tönt zur Begrüßung ein Stimmengewirr von unterschiedlichen
          deutschböhmischen und deutschmährischen Dialekten entgegen. Zentral für die Schau sei ein „nicht
          ideologischer Heimatbegriff“, betonte Henker schon bei einer Online-Podiumsdiskussion des
          Forschungsinstituts Collegium Carolinum zur Eröffnung des Museums. Denn die Ausstellung soll weder
          unter Vertriebenen und deren Nachfahren noch in Tschechien Anstoß erregen.

          Man wolle Gegenstände zum Reden bringen, sagt Henker, ein gebürtiger Österreicher. So wird das
          zentrale Thema „Heimat“ etwa durch den Nachbau eines Aussichtsturms im Altvatergebirge illustriert.
          Es ist eine Schülerarbeit von 1960, die eine generationenübergreifende Heimatverbundenheit veran-
          schaulicht. Zudem wird vermittelt, dass die Deutschen aus den böhmischen Ländern ein Volk voll
          Schaffenskraft und Erfindergeist waren. Das zeigt etwa ein 1900 im südböhmischen Winterberg
          gedruckter Koran im Miniaturformat. Oder das in den zwanziger und dreißiger Jahren in Nordböhmen
          produzierte Böhmerland-Motorrad, angeblich das längste Motorrad der Welt.

          Die Ausstellung verschweigt nicht, dass die immer stärker mit der NSDAP verbundene Sudetendeutsche
          Partei (SdP) 1938 bei den letzten freien Gemeindewahlen in der Tschechoslowakei neunzig Prozent der
          Stimmen in den Sudetengebieten erhielt. Über den Aufstieg der SdP und ihres Parteichefs Konrad
          Henlein hätte man gern mehr erfahren. Die Konzentrationslager im Reichsgau Sudetenland und im
          Protektorat Böhmen und Mähren werden hingegen äußerst materialreich an einer interaktiven Medien-
          station vorgestellt. Hier schlägt sich die Handschrift des Leiters der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
          nieder, der dem wissenschaftlichen Beirat des Museums angehört.

          Die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg, das Leid von drei Millionen Sudetendeutschen während
          der wilden und der „ordnungsgemäßen“ Vertreibung dokumentiert die Ausstellung mit Empathie, aber
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          ohne Polemik. Eher als aufzählende Selbstdarstellung wird dann über die sudetendeutschen Organisa-
          tionen in der Bundesrepublik informiert. Der Besucher erfährt nicht, dass die Landsmannschaft die
          „Wiedergewinnung der Heimat“ nicht mehr beansprucht. Während sich der heutige Volksgruppenspre-
          cher Posselt in der jüngsten Podiumsdiskussion als Föderalist gab und sein Amt mit der „Queen im
          Commonwealth“ verglich, strebten viele seiner Vorgänger eine größtmögliche Homogenität der „Volks-
          gruppe“ an. Das stieß unter sudetendeutschen Vertriebenen auch auf Widerspruch, etwa von Seiten des
          kulturorientierten Adalbert Stifter Vereins oder der „Gesinnungsgemeinschaften“ wie der katholischen
          Ackermann-Gemeinde und der sozialdemokratischen Seliger-Gemeinde. Auch davon erfährt man in der
          Ausstellung nichts.

          Es ist ein Glücksfall, dass im kommenden Frühjahr auch im nordböhmischen Aussig ein Museum über
          die Deutschen in den böhmischen Ländern eröffnet wird. Im Sommer folgt dann in Berlin die Daueraus-
          stellung der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung. In Aussig soll der tschechische Blick auf
          „unsere Deutschen“ präsentiert werden, erklärte der dortige Museumsleiter Petr Koura in der Podiums-
          diskussion. Der tschechische Historiker geriet mit Posselt aneinander, als er darauf hinwies, dass nicht
          alle Deutschen in den böhmischen Ländern sich als Sudetendeutsche bezeichnet hätten. Koura
          versprach, in Aussig die Begriffsgeschichte von „sudetendeutsch“ zu erläutern. Doch wie das Münchner
          will auch das Aussiger Museum Kulturgeschichte vermitteln. Und Posselt sagte am Ende der Diskussion
          versöhnlich, die beiden Häuser seien „zwei Säulen einer Brücke“.

          Bei der Berliner Dauerausstellung zu Flucht, Vertreibung und Versöhnung soll der Schwerpunkt auf der
          politischen Geschichte liegen. Vor wenigen Jahren gab es heftigen Streit, als 2015 der damalige Stif-
          tungsdirektor Manfred Kittel abberufen wurde. Kittel habe, so der Vorwurf des wissenschaftlichen
          Beirats, den historischen Kontext der Vertreibung zu wenig berücksichtigt. Das muss ein von der
          Bundesrepublik Deutschland getragenes Museum ungeachtet des Leids der Vertriebenen leisten. Das
          neue Konzept gelobt Besserung. Angepeilt wird eine Synthese von historischem Forschungsstand und
          Empathie den Vertriebenen gegenüber.

          In München besitzen die sudetendeutschen Vertriebenen nun ein Museum, das ihre Kultur und
          Geschichte würdigt. In Tschechien hat das Museum, wie ein tschechischer Historiker berichtete, keine
          negativen Reaktionen ausgelöst. Wie aus der Zeit gefallen wirkte jener einsame Demonstrant aus dem
          deutschnationalen Witikobund, der zur feierlichen Eröffnung des Museums auf seinem Plakat die Frage
          stellte, ob die Forderungen nach dem „Recht auf Heimat“ nun „musealisiert“ werden sollen. Niklas
          Zimmermann

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         Merkwürdige Wiegenlieder

         Jazz pia nist Mi cha el Woll ny fei ert auf sei nem neu en Al bum die Ein sam keit

         Es hieß, er sei der ein sams te Mann in der Ge schich te der Mensch heit gewe sen. Mehr als 24 Stun den lang be fand sich Micha el
         Col lins al lei ne im All. Wäh rend Neil Arm strong und Buzz Aldrin als ers te Men schen den Mond be tra ten, ro tier te Col lins mit dem
         Raum schiff „Co lum bia“ in der Um lauf bahn. Bei je der Run de war Col lins auf der dunk len Sei te des Mon des ei ne Dreivier tel-
         stun de lang von jeg lichem Funk kon takt mit der Erde ab ge schnit ten. Die längs te Blackout-Pha se währ te 46 Mi nu ten und 38 Se -
         kun den – ge nau so lang dauert nun das neue Al bum von Micha el Woll ny. Ei ne So lo plat te hat te der Pia nist ge plant, ei ne Mi-
         schung aus ei ge nen Kom po si tio nen und Im provi sa tio nen über be kann te Songs. Ein Kon zept al bum zum The ma Iso la tion ist es
         geworden.

         „Noch ein sa mer geht es ja nicht“, sagt Woll ny über Col lins’ Er fah rung. „Wie al le wirk lich gro ßen Ereig nis se ist sein Trip so fort
         zur Me ta pher geworden. Es ist der Arche typ ei ner Si tua tion, die wir al le im Klei nen ken nen. Ei ne So lo auf nah me ist so ei ne Si-
         tua tion. Al lein in ei ner Kap sel, und in die sen 50 Mi nu ten wird al les es sen ziell.“

         Woll ny hat schon lan ge ei ne Vorlie be für Science und Science-Fic tion. „Wel ten t raum“ hat der Leip zi ger Jaz zer, des sen Al ben im
         Trio und Quar tett es seit ei ni gen Jah ren re gel mä ßig in die Pop-Charts schaf fen, ein mal ein Al bum ge nannt; auf dem letz ten
         fand sich ein Song na mens „Hel lo Dave“, das die Wor te zi tiert, mit de nen der mörde ri sche Su percom pu ter HAL in Ku bricks
         „2001“ ei nen As tro nau ten an spricht. „Mon den kind“ (ACT) heißt nun das neue Werk, und Woll ny bit tet, dass ihm der Na me
         nicht als neues Al ter Ego ver passt werden soll. Ei ner Fi gur aus Micha el En des „Un end licher Ge schich te“ hat er den Na men ent -
         lehnt, meh re re Song ti tel spie len auf Li te ra tur an: Cy ra no de Ber ge rac, Mac beth und H.P. Love craft.

         Woll ny ist be le sen, aber da bei kein Bil dungs hu ber. Der 41-jäh ri ge ist eher der net te Nerd im Woll pul li, mit dem man eben so gut
         über die Hin de mith-Brü der wie über Net flix-Se rien strei ten kann. Ein aus ge sucht höf licher und zu gewand ter Ge sprächs part -
         ner, fast ganz in schwarz ge klei det, der im mer wie der lan ge Denk pau sen ein legt.

         Die Songs auf „Mon den kind“, die Woll ny nicht selbst ge schrie ben hat, sind von ei ni gen gro ßen Ei gen bröt lern der Mu sik ge -
         schich te: Suf jan Stevens, To ri Amos oder Ru dolf Hin de mith.

         „Al le samt So lis ten, die mit sich und ih rem In stru ment et was Spe ziel les ma chen“, so Woll ny. „Sie sind nicht Teil ei ner Schu le.
         Ru dolf Hin de mith war der ein sa me Bru der von Paul, der zu Leb zei ten so gar den Nach na men ab ge legt hat, um sich zu eman zi-
         pie ren. Sei ne ‚So na ti ne Nr. 7, 2. Satz‘ ist ein fach Rei bungs ma te ri al. Ich find’s hoch me lo disch, aber es ist na türlich merk würdig,
         ei ne selt sa me Ton spra che.“

         In die Schub la den „emp find sa mer Jazz“, „ro man ti sche Klas sik“ und „In die-Pop-Be hag lich keit“ könn te man „Mon den kind“
         ein sor tie ren. Die klei nen Merk würdig kei ten he ben es je doch von ak tuel len So lo-Pia no-Schön geis tern wie Chil ly Gon za les und
         Nils Frahm ab. Be klem mend ho he Ar peg gien lei ten das skiz zen haf te „Lu nar Land scape“ zu Be ginn des Al bums ein.

         Naht los folgt „Fa ther Luci fer“, das sich eng an To ri Amos’ Ge sangs me lo die orien tiert. Aber dann bricht Woll nys rech te Hand auf
         geis ter haf te Art aus.

         Hin ter je der ge tupf ten No te des stu dier ten Pia nis ten lauert die un heim liche Schwär ze und die ewi ge Stil le, in die Ku bricks HAL
         sei ne mensch lichen Kol le gen ka ta pul tiert.

         „Wenn ich den Ein druck ha be, dass zu viel aus ei nem Ge fühl kommt, dann baue ich ein Ge gen gewicht ein“, er klärt der Mu si ker
         die in ta ge lan ger Ar beit fest ge leg te Son grei hen fol ge. Auf die be mer kens wert ein gän gi ge Version von Al ban Bergs Kunst lied
         „Schlie ße mir die Au gen“ folgt das stak ka to haf te „The Rain Never Stops On Ve nus“, das ka ko fo ni sche „Space ca ke“ wird vom
         bei na he kit schi gen Fi na le „Mercu ry“ ge erdet. „Un Ani mal Ima giné Par Méliès“ klingt wie ein un heim liches Wie gen lied aus ei-
         nem Hor rorstrei fen.

         Clever von Woll ny, so hat er aus ge schlos sen, dass das Al bum als Klang ta pe te für Café-Ket ten-Be schal lung miss braucht wird.
         Sei ne ers te So lo-Samm lung seit 13 Jah ren hat er wäh rend der Hoch zeit des Lockdowns auf ge nom men. En de April, al lein im Ho -
         tel, al lein auf den Stra ßen, al lein im Teldex Stu dio in Berlin-Lich ter fel de. Ei ne zu nächst selbst verord ne te, lan ge vor dem In -
         kraft tre ten von So ci al-Dis tan cing-Re geln ge plan te Iso la tion, die durch Co ro na noch po ten ziert wurde: „Wenn man den gan zen
         Tag nie man den ge se hen hat, und dann al lein in ei nem fens terlo sen Raum sitzt, in ei nem Stu dio wie ei ne Raum kap sel, stellt sich
         das Ge fühl ein: jetzt ge hen al le An ten nen auf.“

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         Die Kon zen tra tion hat sich ge lohnt: so kon se quent in tro spek tiv und leicht hin zwi schen Schön heit und Düs ter nis schwe bend
         klang Woll ny nie zuvor.

         Die Idee, ein Al bum von der Dauer von Micha el Col lins’ Blackout im All zu ma chen, kam dem Pia nis ten üb ri gens, als ihm auf-
         fiel, dass das fer ti ge Werk knapp un ter 47 Mi nu ten lang war. Drei Se kun den kür zen, fer tig war das „Mon den kind“.

         JA N PA E R S C H

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