PRESS REVIEW Monday, August 2, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
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PRESS REVIEW Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal Monday, August 2, 2021
PRESS REVIEW Monday, August 2, 2021 Berliner Morgenpost, PBS, DB, DIVAN Daniel Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra spielen open-air Klassik, DIVAN, DB Rheingau Musik Preis 2020 geht nachträglich an das West-Eastern Divan Orchestra und Dirigent Daniel Barenboim MDR, DIVAN, DB Internationaler Orchesternachwuchs beweist sich auf Berliner Bühnen Berliner Morgenpost Ein deutsch-französisches Jugendorchester eröffnet das Festival Young Euro Classic Frankfurter Allgemeine Zeitung Die Wagner-Festspiele kehren zurück. Mit der ersten Dirigentin. Einem feministischen „Holländer“ Frankfurter Allgemeine Zeitung Kann man Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“ Zehnjährigen zumuten? Man kann, wie die Bayreuther Festspiele zeigen. Das Publikum macht mit und verstrickt sich spielend in Tragik Der Tagesspiegel Zwei Kinderopern bei den Bayreuther und Salzburger Festspielen mit „Tristan“ und „Der Fischer und seine Frau“ Berliner Morgenpost Impfungen seien eine Voraussetzung für Großveranstaltungen, sagt der Berliner Festivalorganisator Gerhard Kämpfe
Der Tagesspiegel Nach dem Lockdown ist vor der Bundestagswahl: Was steht der Kultur in der nächsten Legislaturperiode bevor? Ein Blick in die Programme der großen Parteien Berliner Zeitung Marta Górnickas Chorstück „Still Life“ eröffnete am Gorki-Theater die neue Saison Frankfurter Allgemeine Zeitung Libanon, ein Jahr nach der Katastrophe im Hafen von Beirut: Welche Geschichte will man erzählen?
2.8.2021 Berliner Morgenpost VERMISCHTES SEITE 41 | SAMSTAG 31. JULI 2021 Waldbühne Daniel Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra spielen open-air Endlich wieder live in Berlins Naturbühne Daniel Barenboim dirigiert Werke von Beethoven und Brahms. Monika Rittershaus https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1003/articles/1417972/41/1 1/3
2.8.2021 Berliner Morgenpost Erleben Sie Daniel Barenboim und die jungen Musikerinnen und Musiker des West-Eastern Divan Orchestra beim Open-Air-Konzert in der som- merlichen Naturkulisse der Wald- bühne Berlin! Nach dem großen Jubi- läumsjahr 2019 zu seinem 20-jährigen Bestehen holt das Orchester am Samstag, den 14. August den im ver- gangenen Sommer aufgrund der Co- rona-Pandemie verschobenen Auftritt in Berlin nach: Unter der Leitung von Maestro Barenboim stehen Brahms’ Doppelkonzert für Violine und Cello mit den Solisten Michael Barenboim und Kian Soltani, Beethovens „Pro- metheus-Ouvertüre“ sowie die Sym- Michael Barenboim ist dem WEDO seit mehr als 20 Jahren verbunden phonie in d-moll von César Franck Marcus Hoehn auf dem Programm. Seien Sie mit der ganzen Familie bei diesem außerge- wöhnlichen Event dabei und genießen Sie und Ihre Liebsten Musik unter freiem Himmel in einzigartiger Atmosphäre! Alles begann mit einem Workshop, zu dem Daniel Barenboim und Edward W. Said im Jahr 1999 junge Musikerinnen und Musiker aus Israel, Palästina und an- deren Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas in die damalige europäische Kulturhauptstadt Weimar einluden. Das Ziel: durch die Erfahrung gemeinsamen Musizierens und des Zusammenlebens auf Augenhöhe einen Dialog zwischen Menschen zu ermöglichen, die sich sonst nur im Klima feindseliger Auseinan- dersetzungen begegnen konnten. Beim Namen des Projekts stand Johann Wolf- gang von Goethe mit seiner Gedichtsammlung „West-östlicher Divan“ Pate, ei- ner poetischen Brücke zwischen Kulturen des Ostens und Westens. Die Reso- nanz machte deutlich, dass der musikalische und zwischenmenschliche Aus- tausch über den Workshop hinaus fortgesetzt werden musste: „Keiner von uns hatte damit gerechnet, doch sofort war klar, dass wir ein Orchester vor uns hat- ten“, erinnert sich Daniel Barenboim an die Geburtstunde des West-Eastern Di- van Orchestra. „Niemals aber hätten wir uns damals im Traum vorstellen kön- nen, dass dieses Orchester über 20 Jahre später als musikalischer Botschafter der Verständigung durch die ganze Welt reisen würde.“ https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1003/articles/1417972/41/1 2/3
2.8.2021 Berliner Morgenpost Die ersten Arbeitsphasen und Konzerte fanden in Weimar und Chicago statt, und schnell wurde das West-Eastern Divan Orchestra zu den wichtigsten internatio- nalen Festivals und in die bedeutendsten Konzertsäle eingeladen. Heute sind die Musikerinnen und Musiker regelmäßig bei den Festspielen in Salzburg und Lu- zern, den BBC Proms in London, im Wiener Musikverein, der Carnegie Hall, in der Mailänder Scala und im Centro Cultural Kirchner in Buenos Aires zu Gast. Die Arbeit des West-Eastern Divan Orchestra führte schließlich 2012 zur Grün- dung der Barenboim-Said Akademie und fünf Jahre später zur Eröffnung des Pierre Boulez Saals im ehemaligen Magazingebäude der Staatsoper Unter den Linden im Herzen Berlins. Seitdem sind die drei Institutionen vereint in ihrer Mission, die Musik zu einer Botin des Humanismus und der transkulturellen Verständigung zu machen – und die Vision Daniel Barenboims und Edward W. Saids weiterzutragen. Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten. https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1003/articles/1417972/41/1 3/3
Internet Quelle: Klassik.com 30.07.2021 (Internet-Publikation, Freiburg) AÄW: 11 € Visits: 7.576 Reichweite: 252 Autor: k.A. Weblink Rheingau Musik Preis 2020 geht nachträglich an das West-Eastern Divan Orchestra und Dirigent Daniel Barenboim West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung von Daniel Barenboim (2013), © WolfD59 < Wiesbaden, 30.07.2021. Das Rheingau Musikfestival zeichnet Anfang August nachträglich das West-Eastern Divan Orchestra und dessen künstlerischen Leiter Daniel Barenboim mit dem Rhein- gau Musikpreis aus. Durch die Pandemie wurde die Verleihung des Preises von 2020 aufgescho- ben. Nun wird der Preis des Rheingau Musik Festivals Anfang August zum 27. Mal vergeben, ein Jahr nach der geplanten Verleihung. Dem Festival liege es am Herzen, den Preis in dieser Krisen- zeit noch zu verleihen, hieß es. Barenboim wurde dafür ausgewählt, da er "nicht nur einer der re- nommiertesten Dirigenten und Künstlerpersönlichkeiten unserer Zeit [ist], sondern auch ein großer Humanist, Freidenker und Visionär von unschätzbarem gesellschaftlichen Wert". Gerade die Mitbe- gründung und Leitung des West-Eastern Divan Orchestra zeuge von seinem Engagement für Frie- den und Völkerverständigung, so die Begründung weiter. Barenboims Glaube an die Kraft der Kunst sei gerade in den aktuell herausfordernden Zeiten wichtig. Die hessische Kulturministerin An- gela Dorn (Bündnis 90/Die Grünen) nannte Barenboim zusätzlich "einen Mann mit Rückgrat, der Herausforderungen mutig angeht – musikalisch ebenso wie gesellschaftlich". Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert und wird im Kurhaus Wiesbaden verliehen. Das West-Eastern Divan Orchestra wurde 1999 gegründet. Daniel Barenboim und der verstorbene palästinensische Literaturwissenschaftler Edward Said riefen einen Workshop für junge Musiker ins Leben, um den interkulturellen Dialog zu fördern. Sie benannten das Orchester und den Workshop nach Johann Wolfgang von Goethes Gedichtsammlung „West-östlicher Diwan“, einem zentralen Werk für die Entwicklung des Konzepts der Weltkultur. Die ersten Probensitzungen des Orchesters fanden in Weimar und Chicago statt. Mittlerweile ist es Beispiel für zahlreiche ähnliche künstleri- sche Unternehmungen. Israelis und Araber spielen in dem Klangkörper zusammen Seite an Seite und bilden einen "Leuchtturm der Völkerverständigung". Barenboim wurde 1942 in Buenos Aires geboren. Im Alter von 10 Jahren gab Barenboim sein ers- tes internationales Konzert. Es folgten Auftritte in Paris 1955, London 1956, New York 1957 sowie regelmäßige Tourneen durch Europa, die USA, Südamerika, Australien und Fernost. Ab 1967 war er als Dirigent in London mit dem New Philharmonia Orchestra tätig, später ab 1969 auch in Berlin, New York und Chicago. 1975 übernahm er die Nachfolge Georg Soltis als Dirigent des Orchestre de Paris. Von 1973 bis 1989 war er Chefdirigent des English Chamber Orchestra und von 1987 bis 1989 künstlerischer Direktor der Opéra de la Bastille in Paris. 1981 debütierte er in Bayreuth mit "Tristan und Isolde", 1988 übernahm er den "Ring des Nibelungen". Von 1991 bis 2006 war er Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra, 1992 wurde Daniel Barenboim Generalmusikdirek- tor der Berliner Staatsoper Unter den Linden, im Jahr 2000 „Chefdirigent auf Lebenszeit“ ihres Or- 3
chesters, der Staatskapelle Berlin. Im Juni 2019 wurde nicht nur sein Vertrag mit der Staatsoper um weitere fünf Jahre von 2022 bis 2027 verlängert, sondern er wurde auch Ehrendirigent der Berliner Philharmoniker, die diesen Titel damit erstmals vergaben. In den letzten Jahren war Barbenboim mehrfach wegen seines Führungsstils in den Schlagzeilen. Mehrere Musiker und Personen aus sei- nem Umfeld hatten ihm u. a. Wutanfälle, Demütigungen, Machtspiele und Ausraster vorgeworfen. Barenboim ist Schirmherr der Selbsthilfegruppe Musiker mit Dystonie der Deutschen Dystonie Ge- sellschaft und initiierte die Gründung eines staatlich geförderten Musikkindergartens in Berlin. 2012 gründete er ebenfalls in Berlin eine Akademie für Nachwuchsmusiker aus dem Nahen Osten, die Barenboim-Said-Akademie, die 2016 ihren Betrieb aufnahm. Der Rheingau Musikpreis wurde durch das Rheingau Musik Festival initiiert und ist mit 10.000 Euro dotiert. Das Preisgeld wird vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst zur Verfügung gestellt. Erstmals wurde der Preis im Jahr 1994 vergeben, in diesem Jahr wird die Auszeichnung zum 27. Mal verliehen. Die bisherigen Preisträger des Rheingau Musik Preises sind Volker David Kirchner (1994), Alexan- der L. Ringer (1995), Gidon Kremer (1996), das Ensemble Recherche (1997), Toshio Hosokawa (1998), Tabea Zimmermann (1999), Helmuth Rilling und die Internationale Bachakademie Stuttgart (2000), das Artemis Quartett (2001), Michael Quast (2002), Peter Greiner (2003), die Deutsche Ge- sellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin (2004), Niki Reiser (2005), Hugh Wolff (2006), der Windsbacher Knabenchor mit Karl-Friedrich Beringer (2007), Heinz Holliger (2008), Christian Gerhaher (2009), die Taschenoper Lübeck (2010), Bidla Buh (2011), die Lautten Compagney (2012), Fazil Say (2013), Christoph Eschenbach (2014), Andreas Scholl (2015), Walter Renneisen (2016), Enoch zu Guttenberg und die Chorgemeinschaft Neubeuern (2017), Yannick Nézet-Séguin (2018) und Paavo Järvi mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen (2019). 2021 erhält der Posaunist Nils Landgren den Rheingau Musikpreis. 4
Internet Quelle: mdr.de 30.07.2021 (Internet-Publikation, Leipzig) Visits: 6.692.310 Reichweite: 223.077 Autor: k.A. Weblink Internationaler Orchesternachwuchs beweist sich auf Berliner Bühnen Young Euro Classic wurde im Jahr 1999 gegründet und versteht sich als internationale Plattform für den Orchesternachwuchs. Während in der ersten Festivalwoche vor allem Konzerte von Jugendensembles aus einer Nation auf dem Programm stehen - aus Griechenland, Portugal, Spanien, Deutschland, Rumänien u.a. - bestimmen anschließend international besetzte Ensembles den Spielplan. Auch das Moritzburg Festival Orchester ist wieder dabei. Beim Festival "Young Euro Classic" stehen bis zum 15. August Jugendorchester aus ganz Europa im Berliner Kon- zerthaus auf der Bühne. Bildrechte: MUTESOUVENIR Kai Bienert Zeichen für Frieden und Toleranz Young Euro Classic verfolgt ambitionierte kulturelle und künstlerische Ziele: Es möchte eine inter- nationale Plattform für den Orchesternachwuchs sein, wo es zum Austausch von klassischen Mu- siktraditionen und deren Entwicklungen kommen kann. Zugleich möchte das Musikfest ein Zeichen für Frieden und Toleranz setzen. Dafür kommen jeden Sommer Jugendorchester aus aller Welt zu- sammen und geben zweieinhalb Wochen lang Konzerte in Berlin. Für viele Musizierende, die eine professionelle Karriere anstreben, zählen diese Auftritte im Konzerthaus am Berliner Gendarmen- markt oder in der Philharmonie zu sehr prägenden Ereignissen. Young Euro Classic befördert mit seinen Orchestern aus aller Welt die Wertediskussion. Das Or- chester als utopisches Miteinander, als Gesellschafts- und Gemeinschaftsmodell der Teilhabe: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Hier wird auf höchstem Niveau von jungen Musiker_innen das gepflegt, was die europäische Orchesterkultur seit Jahrhunderten auszeichnet. Diese Idee multinationaler Jugendorchester führt Young Euro Classic auf Edward Said und Daniel Barenboim zurück, die Ende der 90er das West-Eastern Divan Orchestra gründeten. Ziel war und ist es, mit den Mitteln der Musik zu einer friedlichen Lösung arabisch-israelischer Konflikte beizutra- gen. 6
Das Moritzburg Festival Orchester als Gast Bildrechte: MUTESOUVENIR Kai Bienert Jan Vogler hat 1993 mit zwei gleichgesinnten Musikern das Moritzburg Festival gegründet. Dadurch ist er der Stadt und damit auch dem Orchester sehr verbunden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK Jedes Jahr im August werden nach einem strengen Auswahlverfahren etwa 50 Musikstudentinnen und Musikstudenten aus aller Welt nach Moritzburg eingeladen, die dann das Moritzburg Festival Orchester formieren. Bereits mehr als einmal ist das Orchester mit Erfolg bei Young Euro Classic zu Gast gewesen. Am 13. August 2021 wird die diesjährige Formation Ludwig van Beethovens Tri- pelkonzert für Violine, Violoncello, Klavier und Orchester (C-Dur op. 56) spielen. Zu hören sind Ke- vin Zhu (Violine), Jan Vogler (Violoncello) und Mishka Momen Rushdie (Klavier) gemeinsam mit dem jungen Orchester. Außerdem wird die Symphonie Nr. 2 C-Dur op. 61 von Robert Schumann gespielt. Am Pult steht der Katalane Josep Caballé-Domenech, der seit 2018 Chefdirigent des Mo- ritzburg Festival Orchesters ist. 7
Jugendorchester aus aller Welt Das Konzerthaus in Berlin beim Young Euro Classic 2019. Bildrechte: Lars Reimann Neben dem Schleswig-Holstein Festival Orchestra stehen das Jong Metropole (Niederlande) und die LGT Young Soloists mit Ensemblemitgliedern aus 15 Nationen auf der Bühne. Außerdem sind das Chelyabinsk Symphony Orchestra aus Russland zu hören. Mit Klassik meets Jazz geht die 22. Ausgabe des Festivals der Jugendorchester zu Ende. Begleitet wird das Festival von einem Work- shop für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren. Außerdem findet am 8. August ein Fa- milientag statt. Wegen der pandemiebedingten verringerten Zuschauerplätze im Schauspielhaus werden die Konzerte vom 5. bis 9. August auch kostenlos live auf den Gendarmenmarkt vor dem Schauspielhaus übertragen, nur eine vorherige Anmeldung ist dafür nötig. 8
2.8.2021 Berliner Morgenpost KULTUR SEITE 11 | SONNTAG 1. AUGUST 2021 Aljinovic grätscht dazwischen Ein deutsch-französisches Jugendorchester eröffnet das Festival Young Euro Classic Geigerin Hyeyoon Park und Dirigentin Marzena Diakun. KAI BIENERT Von Volker Blech Die Stimmung vorm Konzerthaus ist voller Vorfreude, drinnen auf der Bühne wirkt ein Mitwirkender verunsichert. Unruhig rutscht Schauspieler Boris Aljinovic auf sei- nem Lehnstuhl hin und her. Erst kommt der Regierende Bürgermeister Michael Mül- ler von links auf die Bühne und macht Impfwerbung, wofür er Applaus erhält. Dann kommt Willi SteulEx-Intendant des Deutschlandradios, von rechts und erklärt vor der offiziellen Eröffnung, dass er die deutsche und französische Staatsbürgerschaft habe. Schließlich tritt Dirigentin Marzena Diakun zielstrebig ans Pult und will losle- gen. Aljinovic grätscht in letzter Sekunde dazwischen. Aber dazu später mehr. Es ist eine der bezaubernden Ideen des Festivals Young Euro Classic , neben natio- nalen Jugendorchestern aus aller Welt immer auch Kooperationen zu ermöglichen. Zur Eröffnung am Freitag präsentiert sich ein knapp 30-köpfiges Ensemble aus Mit- gliedern des Bundesjugendorchesters und des Orchestre Français des Jeunes. Der gemeinsame Weg ist das Ziel, zumal in Corona-Zeiten. Man ahnt einen Abend lang, wie engagiert sich jeder der jungen Musiker mit den Werken auseinandergesetzt hat und das Beste einbringen will. In den Werken französischer und deutscher Kompo- nisten wird nach Homogenität gestrebt. https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1004/articles/1418507/11/8 1/2
2.8.2021 Berliner Morgenpost Für das spontane Young Euro Classic Orchester erweist sich die 40-jährige polnische Dirigentin Diakun, die sich beim Orchestre Philharmonique de Radio France einen internationalen Namen gemacht hat, als genau die Richtige. Sie vermag es, die jun- gen Musiker mit klarer Zeichengebung mitzuziehen und an ihre gestalterischen Grenzen zu führen. Bei Jean-Philippe Rameau gefällt das federnde Miteinander. François-Joseph Gossecs Symphonie op. 4/4 gewinnt durch seine Stringenz, auch wenn das Adagio etwas unmotiviert dahinschwebt. Ähnlich ergeht es Moderator Boris Aljinovic, den wir als Schauspieler normaler- weise lieben. Er liest zwischendurch aus dem Briefwechsel von Voltaire und Fried- rich dem Großen, der aus der gleichen Zeit wie die gespielte Musik stammt. Die mo- ralischen Lektionen des preußischen Monarchen und des französischen Philosophen sind Folklore für Bildungsbürger, um die gemeinsame Aufklärung zu illustrieren. Im Konzerthaus wirkt es aus der Zeit gefallen. Der Widerspruch zwischen Beweihräucherung und ehrlichen Gefühlen tut sich auf, denn die jungen Musiker ringen im Jetzt um die Werke. Höhepunkt ist Felix Men- delssohn-Bartholdys Violinkonzert von 1822, bei dem die Koreanerin Hyeyoon Park auf virtuose Weise einen romantischen Ton vorgibt. Das sanfte Wechselspiel mit dem Orchester ist hervorhebenswert, alle ziehen an einem Strang. Am Ende des fast zweistündigen Abends gibt es viel Applaus. Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten. https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1004/articles/1418507/11/8 2/2
2.8.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467401/41 F.A.S. - Feuilleton Sonntag, 01.08.2021 Die Innereien von Bayreuth Die Wagner-Festspiele kehren zurück. Mit der ersten Dirigentin. Einem feministischen „Holländer“. Und virtuellem Drachentöten für alle. Applaus ist ein Geräusch, das so aufgeladen ist mit Affekten, Wünschen und Bedürfnissen, dass er genauso schwer zu deuten sein kann wie die Kunst, auf die er folgt. Am vorigen Sonntag, bei der Premiere der Bayreuther Festspiele 2021, bebte und lärmte der Saal nach dem letzten Ton des „Fliegen- den Holländers“ minutenlang. Weil die einen mit den Füßen stampften und die anderen „Brava“ oder „Bravo“ riefen, je nachdem, wer auf die Bühne kam. Und wieder andere buhten. Aber sie buhten nicht so laut und dominant, wie die anderen jubelten, und so ging das minutenlang. Eigentlich hatte man sich schon in der Sekunde nach dem letzten, süßen, todesseligen Ton dieser Oper, als das Beben losging, gefragt, wer hier eigentlich wen oder was genau feiern wollte. Ging es um Musik? Oder mehr darum, sie wieder mit anderen an diesem Ort hören zu dürfen? Zu viel war bei der Premiere abseits der Oper im Spiel gewesen. Das ist zwar bei Richard Wagner immer so, aber diesmal ging es in Bayreuth ausnahmsweise nicht um Familienintrigen, Onkel Wolf Hitler oder Besetzungsdramen. Dieser „Holländer“ war einfach der erste Premierenabend nach den ausgefallenen Festspielen vom vergange- nen Jahr, als hier in Bayreuth wegen Covid gar nichts ging. Abgehalten werden die Festspiele 2021 unter strikten Hygiene- und Registrierungsregeln, auch, was Chor und Orchester angeht: Die Musikerinnen und Musiker tragen Maske, der Chor singt hinter der Bühne. In den Saal darf nur die Hälfte des Publikums. Das ist zwar immer noch eng, je länger es dauert, aber nicht mehr ganz so sagenumwoben stickig und schlimm für den Rücken, und wem da was fehlte vom Mythos Bayreuth, konnte sich ja mit der zugelassenen Zuschauerzahl von 911 trösten, das ist auch so eine sagenumwobene deutsche Zahl. Es gab also wieder Oper in den Bayreuther Motorenwerken der Wagner-Anbetung, nachdem sie ein Jahr stillstehen mussten. Es gab eine Wiederaufnahme der „Meistersinger“ von 2017. Und den „Tann- häuser“ in Tobias Kratzers gefeierter Regie von 2019. Den kompletten „Ring“ hatte der finnische Diri- gent Pietari Inkinen eigentlich schon im vergangenen Jahr auf die Bühne bringen sollen, er ist auf 2022 vertagt worden. In diesem Jahr werden trotzdem alle vier Teile neu, aber anders zu sehen und hören sein, und zwar an einem Tag: Es beginnt als Puppenspieladaption des „Rheingold“-Stoffs von Gordon Kampe und Paulus Hochgatterer im Park des Festspielhauses und endet dort wieder mit einer Installa- tion der japanischen Künstlerin Chiharu Shiota; Für die Zeit der Festspiele hat sie die „Götterdämme- rung“ in ein riesiges blutrotes Geflecht aus Schicksalsfäden verwandelt, in dem dann auch gleich die Kinder herumkletterten, kaum war es aufgestellt. Zwischen den Puppen und dem Schicksalsklettergerüst liegt der einzige so gut wie herkömmliche vorge- tragene Teil des Rings: eine konzertante „Walküre“, dirigiert von Pietari Inkinen, in Farben umgesetzt vom Aktionskünstler Hermann Nitsch und dessen Team (später mehr). Für die Pausen der „Walküre“ hat wiederum der Multimedia-Regisseur Jay Scheib den „Siegfried“ in ein Virtual-Reality-Spiel verwan- delt. Damit wäre der Zyklus dann komplett: Wer will, kann wie der Titelheld den Drachen töten, und deswegen sah man am Premierendonnerstag in kleinen Boxen vor dem Festspielhaus Damen in Abend- kleidern und Herren in Smoking, die mit der „VR“-Brille vor den Augen mit einem Schwert fuchtelten, das nur sie sehen konnten. Doch so sehr sie auch fuchtelten und tricksten, der Drache stirbt in diesem Spiel immer auf die gleiche Weise. Und das war möglicherweise auch ein subtiler Kommentar auf die ewigen Bayreuther Diskussionen, ob sich Regie und Dirigat dem Geist des Meisters genug unterworfen hatten. https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467401/41 1/3
2.8.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467401/41 „Meister“: So hatte Oksana Lyniv bei der Auftakt-Pressekonferenz (im Zoom-Call) Wagner genannt. Vielleicht wollte sie da ein beruhigendes Signal abgeben. Obwohl sie das nicht nötig hat, wie ihr „Flie- gender Holländer“ am Premierensonntag dann zeigte. Der war eine Premiere nicht nur nach einjähri- ger, sondern nach hundertfünfundvierzigjähriger Wartezeit: Denn so lange hatte es gedauert, bis die erste Frau im Graben von Bayreuth dirigieren durfte. Eigentlich ein Tag der kleinlauten Scham für Bayreuth, aber andererseits natürlich nicht. Wie viel deshalb vom Applaus und dem Fußstampfen die Erleichterung darüber gewesen sein mag, dass Bayreuth nicht nur 2021 wieder stattfinden durfte, sondern auch das 21. Jahrhundert dort endlich angekommen war: Das war also nur schwer zu deuten. Wobei die Bayreuther Festspiele natürlich schon seit Langem von einer Frau geleitet werden, Katharina Wagner. Seit 2015 tut sie es allein, und inzwi- schen zeigt sich deutlich, wie das in sich gekehrte Bayreuth sich seither der Gegenwart geöffnet hat. In der Kommunikation mit der Außenwelt, in den künstlerischen Entscheidungen. Aber auf eine Dirigen- tin hat man trotzdem zu lange warten müssen, hier. Oksana Lyniv hatte an diesem also historischen, wenn auch etwas peinlichen Abend ein Frühwerk Wagners über einen Mann dirigiert, der sich mit den Mächten des Schicksals anlegt. Und am Ende erlöst wird, weil sich eine Frau für ihn opfert. So geht die Geschichte vom „Fliegenden Holländer“ eigentlich. Der Regisseur Dmitri Tcherniakov hatte aus dieser männerseligen, männerproblembelaste- ten, männerfantasiebefeuerten Wagner-Oper aber mit deutlichen Eingriffen eine weibliche Selbster- mächtigung gemacht. Sodass am Ende nicht Senta in die Wellen geht, damit der zum ewigen Segeln verdammte Holländer endlich seinen Frieden findet: Der Holländer selbst stirbt. Er wird erschossen. Die erste Frau am Pult von Bayreuth dirigiert eine Regie, die Wagners chronisches Frauenopfer zum Seelenheil der Männer umdeutet als Geschichte einer Frau, die nicht heimisch werden, sondern aufbre- chen will, raus aus ihrer miesen Hafenstadt, raus aus der männlichen Projektion. Das hatte schon etwas von Geisteraustreibung. Ziemlich überrumpelt stand man da und klatschte und lachte über diesen move. Ganz sicher galt vom Jubel des Premierenabends also eine Menge der Dirigentin Oksana Lyniv, und sicher war da auch klammheimliche Freude über Tcherniakovs Regie zu spüren, der sich den „Flie- genden Holländer“ so zurechtgebogen hatte, dass in einer Wagner-Oper am Ende ausnahmsweise einmal nicht die Frau die Verlängerung männlicher Ambitionen sein muss. Solche Umdeutungen sind zwar schwierig in der Zentrale des Wagner-Kults in Bayreuth. Aber andererseits, welcher Hardcore- Wagnerianer hätte sich nicht schon mal gewünscht, dass Senta überlebt? Ziemlich viel von diesem Applaus war deswegen Begeisterung über Asmik Grigorian gewesen, the girl who lived. In ihrem umwerfenden Auftritt als Senta hatte die Litauerin auch das Unstimmige und Erzwungene der Inszenierung aufgelöst. Denn auch wenn sich die Dynamik dieses Familienalbtraums sofort erschloss, erzählt Wagners Musik hin und wieder trotzdem eine andere Geschichte. Was zu kognitiven Dissonanzen führte, die Asmik Grigorian aber einfach von der Bühne fegte. Nicht nur mit ihrem Sopran, sondern auch mit ihrer schauspielerischen Präsenz, die selten in der Oper ist, wo es oft über aufgerissene Augen und rudernde Arme nicht hinausgeht. Grigorian aber zeigt allein damit, wie sie da steht als Senta, dass es so für sie bestimmt nicht laufen wird, egal, was die anderen singen (Georg Zeppenfeld als Daland, John Lundgren als Holländer, Eric Cutler als ein umwerfender Erik.) Wie untrennbar der Erfolg dieser „Holländer“-Umdeutung 2021 davon abhing, dass Grigorians Senta alles andere mitreißen würde, konnte man dann auch beim Applaus sehen: als sich der Regisseur und sein Star am Bühnenrand in die Arme fielen und gar nicht mehr loslassen wollten, während der Saal rollte und bebte. Und auch wenn trotzdem gebuht wurde, wann immer sich Tcherniakow zeigte: Den Regisseur zu schmähen, aber seinen Star anzubeten, war ein performativer Widerspruch. Asmik Grigo- rian zu feiern bedeutete diesmal nichts anderes als Tscherniakows Umdeutung gutzuheißen. Sie hat gezeigt, dass diese Variante in den Noten Wagners liegt, und wenn es nur mit der Idee beginnt, dass die Geschichte eines Kapitäns, der verflucht ist, so lange über die Meere zu segeln, bis er die Treue einer Frau findet, eben auch die Geschichte einer jungen Frau ist, die aus ihrer öden Hafenstadt weg will und in diesem Holländer mit seinem Größenwahn nur das Ticket zur Flucht erkennt. Der ausgetriebene Geist kehrt mit dem Aktionskünstler Hermann Nitsch am „Walküren“-Donnerstag dann aber für ein paar Stunden wieder zurück. Jedenfalls auf die Bühne, wo Nitschs Team zum respekt- https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467401/41 2/3
2.8.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467401/41 vollen Dirigat Pietari Inkinens Farbe auf dem weißen Boden und den Wänden verschüttet. Nitsch leitet seine Leute per Funk dabei an, die also gossen, schütteten und schmierten, während Wotans Zwillinge Siegmund (Klaus Florian Vogt) und Sieglinde (Lise Davidsen) im Inzest den Helden Siegfried zeugen. Was die Pläne des Göttervaters (Tomasz Konieczny) stört, sich den Ring zurückzuholen. Und mal wieder damit endet, dass eine Frau, Brünnhilde (Iréne Thorin) für das Chaos der Ambitionen büßen muss. Zu versuchen, das ganze Schwarz und Orange und Blau und Blutrot mit dem Drama der Oper zu verbin- den, endete aber in Ermüdung. Darüber, sich stundenlang die in Farbe verwandelten Innereien des Wagner-Verehrers Nitschs anschauen zu müssen. Ermüdung auch über diese Idee einer Kunst als Gottesdienst am Genie. Sie wirkt im langsam, aber sicher erneuerten Bayreuth von heute einfach wie von vorvorgestern. Tobias Rüther https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467401/41 3/3
2.8.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467407/13 F.A.Z. - Feuilleton Montag, 02.08.2021 Mit Schiff und Schwert Kann man Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“ Zehnjährigen zumuten? Man kann, wie die Bayreuther Festspiele zeigen. Das Publikum macht mit und verstrickt sich spielend in Tragik. Die Kajüte von Isolde und Brangäne hat eine Minibar, ziemlich cool: ausfahrbares Rollregal mit Beleuchtung. Darin allerlei Flakons mit farbigen Drinks, softes Zeug und harte Sachen. Man kann davon hopsgehen. Brangäne fragt: „Den Todestrank willst du mit Tristan trinken?“ Darauf Isolde: „König Marke kann sich die Hochzeit abschminken.“ Man redet hier offenbar schon in Reimen, bevor man den Stoff runtergekippt hat. Und nun kommt der partizipative Teil der Show. Im Bayreuther Kino Reichshof sitzen nämlich, hochprozentig konzentriert, zwei Schulklassen mit knapp zehnjährigen Kindern, die zumindest eine Ahnung von den bewusstseinsverändernden Wirkun- gen der Tunken und Tinkturen haben. Brangäne (Simone Schröder) fragt sie: „Am Ende haben wir zwei Leichen. Soll ich ihnen wirklich diesen Todestrank reichen?“ Ist ja klar, dass das keiner wollen kann, der sich nicht zuvor Richard Wagners Tristanchromatik intrazerebral injiziert und sich mit Schopen- hauers „Welt als Wille und Vorstellung“ identifiziert hat. Also gibt’s stattdessen den Liebestrank beim Captain’s Cocktail mit Tristan. Am bösen Ende ändert das nichts. Für die Reihe „Wagner für Kinder“ bei den Bayreuther Festspielen haben Markus Latsch und Dennis Krauß zusammen mit Katharina Wagner „Tristan und Isolde“ bearbeitet, sicherlich neben „Parsifal“ die schwerste Aufgabe, die Wagners Werk für kindgerechte Bearbeitungen bereithält. Die Frage lautet ja nicht nur, wie, sondern ob man Kindern überhaupt etwas von den erotischen Verheißungen des Paar- suizids erzählen sollte, von den Erlösungsversprechen einer ewigen Nacht jenseits des Lebens, vom Einswerden mit dem Dunkel des Nichts. Das passiert hier auch nicht. Es geht darum, dass Tristan und Isolde sich lieben, aber nicht heiraten dürfen, weil Isolde schon mit Tristans Freund, König Marke, verheiratet ist. Eigentlich wollen die beiden bloß in Frieden zusammen leben, nicht zusammen sterben. Bei Prinzen, Prinzessinnen, Königen, Rittern, Liebe und so sind Kinder natürlich Experten. Und sie merken gar nicht, wie das Stück sie in eine Falle führt. Denn nachdem sie alle gegen den Todestrank waren, fragt sie gegen Ende König Marke – und er ist wirklich ein König mit seinen Löwenlöckchen und seinem bauchfellfarbenen Samtleibchen – ganz gutmütig: „Aber Tristan hat mich hintergangen. Soll er jetzt noch mein Freund sein?“ Besonders die Jungen im Publikum, die so ihre Erfahrungen mit Freunden haben, sagen entschieden: „Nein!“ Buch und Regie bringen die Kinder in die tragische Zwickmühle, das Gute zu wollen und das Böse zu bewirken. Das ist eine ernste Dimension, die man dem märchenhaften Bühnenbild von Johanna Meyer mit Schiffsmast, Bordwand und Festungsturm nicht mehr sofort zutraut, wenn man durchs Gegen- wartstheater für Erwachsene verzogen worden ist. Aber auch mit Schiff und Schwert, ganz märchenhaft, lassen sich ziemlich vertrackte Geschichten erzählen, die einem das Herz wie den Kopf zerbrechen können. Fantastisch ist dabei, dass die Kinder Wagners Musik für Gesang und Orchester in der gut einstündigen Fassung von Marko Zdralek auch zu hören bekommen. Bei dieser Musik mit ihrer sehn- suchtsvoll schwankenden Tonalität hörend das Ruder in der Fahrrinne zu halten verlangt eine Menge Übung. Sehr geschickt wurde das Vorspiel zu einem Melodram für König Marke eingerichtet. Der Diri- gent Azis Sadikovic lässt die dreißig Musiker des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt (Oder) an den Fermaten so lange pausieren, dass Jens-Erik Aasbø Schritt für Schritt in die Fabel einführen kann. Den Tristan singt, mit sichtlichem Vergnügen, kein Geringerer als Stephen Gould, der ihn zuletzt auch auf der Bühne des Festspielhauses gesungen hatte und der am selben Abend als Tannhäuser wieder auf der Bühne steht. https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467407/13 1/2
2.8.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467407/13 Kelly God bietet den Kindern „Isoldes Liebestod“ in voller Länge. Das alles ist durchaus eine Zumutung, eine wunderschöne, die auf keinen Fall unterbleiben sollte. Zum schönstinstrumentierten H-Dur- Schlussakkord der Musikgeschichte finden sich Tristan und Isolde hinterm Vorhang – im Jenseits, sonnenklar – als monumentale Schattenrisse Hand in Hand zusammen. Endlich sind sie Braut und Bräutigam. Und wenn sie nicht gestorben wären, lebten sie noch heute. Jan Brachmann Bayreuther Festspiele https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467407/13 2/2
2.8.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476791/20-21 Sonntag, 01.08.2021, Tagesspiegel / Kultur Wenn Wünsche immer irrer werden Singen, klatschen, lärmen: Zwei Kinderopern bei den Bayreuther und Salzbur- ger Festspielen mit „Tristan“ und „Der Fischer und seine Frau“ Von Eleonore Büning Nach wie vor sind die Wiener Philharmoniker das sommerliche Hausorchester der Salzburger Festspiele. Zum Glück. Restlos glücklich, wer die Wiederaufnahme-Premiere der „Elektra“ in der Felsenreitschule miterlebt hat. Es ist dies ein blutiges Stück, ohne Ausweg, ohne Moral, nichts für Kinder. Und doch ist die Orchestersprache, die Richard Strauss benutzt, um in die Ab- gründe der Atriden-Seelen hinabzusteigen, voller Wärme, Licht und Menschlichkeit. All der Schlachtenlärm wird, dank Franz Welser-Möst am Pult, leicht. Man hört das Mitleid heraus, in den Holzbläserkantilenen. Man hört die Hunde bellen, in den Hörnern. Und man wünscht sich, wenn man den schonungslosen Wahrheiten lauscht, die Elektra und Chrysothemis, die beiden Schwestern, einander klagen, dass es wenigstens dieses eine Mal bitte anders ausgehen möchte. Die Wiener Philharmoniker legen, wie jedes große Orchester heutzutage, auch ein Programm für die Jüngsten auf, die noch daran glauben, dass Wünschen helfen kann. Zur Hundertjahrfeier der Festspiele in Salzburg haben sie eine ihrer Kinderopern-Komponistinnen mitgebracht, Eli- sabeth Naske bringt das Musikmärchen „Der Stern, der nicht leuchten konnte“ zur Urauffüh- rung. Die neue Salzburger Programmschiene „Jung und jede*r“ präsentiert neben Theaterstü- cken und Konzerten drei Musiktheaterstücke. Das Erfolgskinderstück „Gold!“ vom niederländischen Komponisten Leonard Elvers ist ein Lehrstück in Sachen Bescheidenheit. Man braucht dafür nur Licht und ein Stück Stoff als Büh- nenbild, eine gute Schlagzeugerin und einen sportlichen Tenor. Er erzählt, teils gesprochen, teils gesungen, teils getanzt, eine Low-Budget-Version des Märchens vom Fischer und seiner Frau und spielt alle Rollen: Ist zugleich der Fisch und der Fischer, aber auch die Frau und das Kind des Fischers. Jan Petryka macht das virtuos. Das Libretto ist sophisticated, da reimt sich Mangosaft auf fabelhaft. Einige Kinder lauschen mit offenem Mund. Andere können den Blick nicht wenden von Vivi Vas- sileva und all den schimmernden Instrumenten, aus denen sie Meereswellen und Mondnächte zaubert, Geräusche und Musikbilder. Jedes Mal, wenn ein neuer Wunsch auftaucht, den der Fisch erfüllen soll, spielt sie auf dem Marimbaphon ein diatonisches Leitmotiv. Als die Wünsche irrer werden, das Meer wilder, dröhnt die große Trommel, kommt es zu Sturmböen, die Kinder klatschen und lärmen mit. Ein großer Spaß. Bei den Festspielen in Bayreuth sind sie da schon einen Schritt weiter. Normalerweise sitzen die Kinder schon fast mit im Bühnenbild, so dicht rückt ihnen die Musik auf den Pelz. Auch der Di- rigent, Chor und Orchester sind integriert. Außerdem spielt man ganze Wagneropern, gesungen von echten Wagnersängern, wie sie auch im Festspielhaus auf der Bühne stehen, mit all den schönen Stellen, die überwältigen und eine Gänsehaut erzeugen. Das ist Konzept, das macht auch den Vorbildcharakter der Bayreuther Kinderoper aus: Für die Kinder nur das Beste, Echte, ohne kindgerechte Verniedlichung, ohne erhobenen Zeigefinger! Doch diesmal springt der https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476791/20-21 1/2
2.8.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476791/20-21 Funke nicht recht über. Das liegt daran, dass die Neuproduktion des Nachtstücks „Tristan und Isolde“ aus Coronagründen verlegt werden musste von der Probebühne in das alte Reichshof- Kino, mit viel Luft zwischen Kind und Musik. Eine verfremdende, abstrakte Guckkasten-Situa- tion. Das Brandenburgische Staatsorchester, unter Leitung von Azis Sadikovic, spielt versteckt auf dem Balkon, hinter dem Rücken des jungen Publikums. Auch das mobile Bühnenbild, bei dem sich das Schiffsdeck im Handumdrehen in König Markes Burg verwandelt und für Held und Heldin ausziehbare Liebeslotterbetten bereit stehen, verfehlt seinen Zweck. Alles zu weit oben, zu weit weg. Wundersam schmiegen sich die Knittelverse der neuen Textfassung ein in die Musik. Kelly God, im großen Festspielhaus eine der Walküren, ist hier eine strahlende Isolde, singt herrlich, rollt zornig die Augen und wirft mit toten Fischen nach den Seeleuten. Stephen Gould, stattlicher Tristan mit güldenen Sauerkrautlocken, schmachtet sie filmreif an. Simone Schröder gibt wieder einmal volltönend die treusorgende Brangäne, Kay Stiefermann einen trompetenstarken Kurwenal. Und doch blieb die Personen- führung von Dennis Krauß hölzern. Höchst lebendig dagegen die Stimmbildungs-Tipps im Pro- grammheft: mit Noten und der Aufforderung, doch mitzumachen in einem Kinderchor: „Nu nu nu! Moi moi moi! Liebestrank! Liebestrank!“. Eleonore Büning https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476791/20-21 2/2
2.8.2021 Berliner Morgenpost KULTUR SEITE 9 | MONTAG 2. AUGUST 2021 „Ich bin ein Zweckoptimist“ Impfungen seien eine Voraussetzung für Großveranstaltungen, sagt der Berliner Festivalorganisator Ger- hard Kämpfe Gerhard Kämpfe ist Intendant des Kurt-Weill-Fests in Dessau und leitet die Jüdischen Kulturtage in Berlin. Maurizio Gam- barini FUNKE Foto Services Von Volker Blech Derzeit bereitet er das Kurt-Weill-Fest in Dessau vor, das am 27. August eröffnet wird. Im November folgen die Jüdischen Kulturtage in Berlin . Normalerweise ist Gerhard Kämpfe Berlins großer Festivalmacher, aber in der Pandemie musste der frühere Musikproduzent das Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt und die Pyronale absagen. Herr Kämpfe, Sie gehören zu den Festivalchefs, die drinnen und draußen planen. Was bewegt Sie angesichts der Entwicklungen und Auflagen? Gerhard Kämpfe Es ist grundsätzlich kompliziert, Open-air-Veranstaltungen zu ma- chen, weil das Wetter immer ein Risikofaktor ist. Aber in der Pandemie ist es dop- pelt schwierig, weil es Unterschiede in der Platzierung für drinnen und draußen gibt. Was sage ich einer sechsköpfigen Familie, die plötzlich auseinander sitzen soll? Es stellt sich die Frage, wie die drei Gs – geimpft, genesen oder getestet – kontrolliert werden. Es ist viel mehr Aufwand erforderlich. Auf der anderen Seite müssen wir alle Möglichkeiten finden, um Konzerte jeder Art zu veranstalten. Ihr Festival Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt ist erneut ausgefallen, statt- dessen sind jetzt Open-air-Übertragungen aus dem Konzerthaus für maximal 500 Besucher angekündigt. Ab wie vielen Besuchern lohnt sich für Sie das Geschäft? https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1005/articles/1418655/9/3 1/3
2.8.2021 Berliner Morgenpost Die Bespielung des Gendarmenmarkts ist extrem aufwendig. Wir brauchen mindes- tens 2300 bis 2500 zahlende Gäste, um bei Plusminus Null zu sein. Mit 1700 Besu- chern, die wir nach geltenden Auflagen haben könnten, würden wir jeden Abend viel Geld verlieren. Bei den Jüdischen Kulturtagen, die im November stattfinden, ist die Situation eine andere, weil wir drinnen spielen und von der Jüdischen Gemeinde und dem Kultursenat finanziert werden. Die Veranstaltungen finden mit Auflagen in der Synagoge Rykestraße oder im Renaissance-Theater statt. Ihr Kurt-Weill-Fest in Dessau lassen Sie verstärkt als sommerliches Open-air stattfinden? Wir haben in den ersten Lockdown-Situationen zusammen gesessen und darüber nachgedacht, was in der üblichen Festivalzeit im Februar und März möglich sein wird. Wir haben dann fünf Konzerte aus dem Bauhaus Dessau gestreamt, was eine interessante Erfahrung war. Aber das Live-Publikum fehlte. Den Schwerpunkt mit 28 Konzerten haben wir auf August und Anfang September gelegt. Die meisten Konzerte sind open-air. Aber einen Standort im Freien neu zu bespielen ist doch schwieriger als einen eta- blierten Konzertsaal? Das stimmt. Im Theater gibt es eine Bühne, Technik, Bestuhlung und Toiletten. Beim Open-air muss ich das alles erst organisieren. Problematisch sind in der Pande- mie Großveranstaltungen mit stehendem Publikum. Nehmen wir die Pyronale, bei der wir 12.000 Sitzplätze haben, darüber hinaus aber 30.000 Leute stehen können. Man muss alle kontrollieren, ob sie geimpft, genesen oder getestet sind. Man kann auch keine Kreise auf den Boden zeichnen, in denen das Publikum stehen darf. Wann wird es wieder Großveranstaltungen geben? Ich bin ein Zweckoptimist, ansonsten hätte ich den falschen Beruf. Ich denke, dass wir im nächsten Jahr Großveranstaltungen erleben werden. Wir planen sowohl Clas- sic Open Air als auch die Pyronale. Ich glaube an die Vernunft der Menschen, sich impfen zu lassen. Erst dann wird im Bereich der Großveranstaltungen vieles wieder möglich sein. Das Dessauer Festival hat das ziemlich politische Motto „Wo ist Heimat?“. Was ist Ihre persönliche Antwort? Wir diskutieren das Motto, seitdem wir es gewählt haben. Wir sind davon ausgegan- gen, dass Kurt Weill exemplarisch für viele Künstler im vorigen Jahrhundert sein Heimatland Deutschland verlassen musste. Aus Paris musste er auch wieder weg, als die Nazis kamen. Er ging nach New York. Kurt Weill sagte später klar und deutlich, dass er Amerikaner sei. Für viele Emigranten war es eine wichtige Frage: Ist das jetzt meine neue Heimat oder zerreißt mich das Heimweh? Für mich ist Heimat dort, wo ich liebe und geliebt werde. https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1005/articles/1418655/9/3 2/3
2.8.2021 Berliner Morgenpost Wer tritt beim Kurt-Weill-Fest in Dessau auf? Schauspieler Axel Prahl kommt mit seiner Band und hat sich extra Weill-Titel aus- gesucht. Der erfolgreichste deutsche Elektronik-Künstler Schiller hat auch sofort ja gesagt und wird den Komponisten neu interpretieren. Katharina Mehrling und Barrie Kosky machen einen Weill-Abend. Von den Jüdischen Kulturtagen ist bislang nur das Datum bekannt. Wie weit sind Ihre Planungen? Im Planungsbereich haben wir das Glück im Unglück. Dadurch, dass wir im vergan- genen Jahr die Jüdischen Kulturtage absagen mussten, haben wir viele der Künstler und Künstlerinnen in diesem Jahr. Sie sind uns verbunden. Dank des Vorstands der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und des Kultursenators Klaus Lederer waren wir in der Lage, wenigstens Ausfallhonorare zu zahlen. Das war nicht nur eine ökonomi- sche Frage für die Künstler, sondern auch eine psychologische. Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten. https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/1005/articles/1418655/9/3 3/3
2.8.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476793/18-19 Montag, 02.08.2021, Tagesspiegel / Kultur Mehr Staatsziel, mehr Existenzgeld Nach dem Lockdown ist vor der Bundestagswahl: Was steht der Kultur in der nächsten Legislaturperiode bevor? Ein Blick in die Programme der großen Parteien Von Anna Thewalt © Imago Im Zauberberghain. Die Pandemie hat gezeigt, wie prekär Kulturarbeit ist, nicht nur in den Clubs. Viele Parteien ge‐ hen explizit auf die Corona-Erfahrungen ein. Wer sich die Wahlprogramme der Parteien durchliest, tut dies unweigerlich vor dem Hinter- grund der Pandemie. Das gilt auch bei der Kulturpolitik. Kunst sei „die weitere, unbescheide- nere Liebe“, schrieb Rainer Maria Rilke – doch im Lockdown wurde die Kultur nicht selten zur verschmähten Liebe. Die harten Monate für die Branche finden durchaus Erwähnung in den Programmen, einige knüpfen Forderungen explizit an diese Erfahrung. Was planen die Parteien für die Kultur, wo setzen sie Akzente, wo finden sich Gemeinsamkeiten? Eine Übersicht, in der Reihenfolge der Wahlergebnisse von 2017. CDU/CSU Die Union plant in erster Linie ein großes „Weiter so“. Nach 16 Jahren Regierungsverantwortung wäre alles andere auch verwunderlich. Der erste Satz gibt oft den Ton vor, im Kultur-Abschnitt bei der Union lautet er: „Kultur ist wichtiger Standortfaktor“. Im Vordergrund stehen also die wirtschaftlichen Belange. Um die Lage der Kreativen zu verbessern, möchten CDU und CSU die Künstlersozialkasse stärken, indem sie die Unterstützung bei den Kranken- und Pflegeversiche- rungskosten auch dann garantieren, wenn eine selbstständige, nichtkünstlerische Nebentätig- keit ausgeübt wird. In der Corona-Zeit war das für viele KSK- Mitglieder zum Problem geworden. https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476793/18-19 1/4
2.8.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476793/18-19 Auch soll geprüft werden, ob die Arbeitslosenversicherung für Kulturschaffende erweitert wer- den kann. Die Union möchte Kultureinrichtungen dabei unterstützen „ihren ökologischen Fuß- abdruck deutlich“ zu verkleinern – die Grünen wollen das auch. Die Film-, Musik-, Literatur, Ver- lags- und Games-Förderung von Bund, Ländern und der Filmförderanstalt soll fortgeführt und stärker aufeinander abgestimmt werden. Die Union erwähnt eigens die Bedeutung der deutschen Sprache als schützenswertes Gut, „alte Bräuche, Trachten und Volkstänze sowie heimatliches Liedgut“ will sie pflegen und erhalten. Für die Erinnerungskultur bleibt die Aufarbeitung der NS-Zeit und SED-Diktatur eine „dauer- hafte Aufgabe“. Gefordert werden auch für mehr Provenienzforschung sowie die Beschäftigung mit dem Kolonialismus. SPD Die SPD betont zu Beginn den dialogischen Charakter der Kultur: „Kultur ist lebensnotwendig, als Inspirationsquelle und Katalysator von Debatten“. Die Sozialdemokraten wollen die Diskus- sion über einen „neuen Kulturkonsens“ anstoßen, die kulturpolitischen Spitzengespräche zum „bundesweiten Kulturplenum“ weiterentwickeln und die Kultur als Staatsziel im Grundgesetz verankern. Vor vier Jahren waren die Linken noch allein mit der Forderung, inzwischen haben sich SPD, FDP und Grüne angeschlossen. Ein seltsamer Widerspruch zur Vernachlässigung des Kulturbereichs etwa bei den Debatten zum Infektionsschutzgesetz. Mit den Grünen und den Linken gibt es viele Anknüpfungspunkte. Wie die Linke verspricht die SPD Mindestgagen für Freischaffende. Auch möchte sie auf eine geschlechtergerechte und di- verse Verteilung in Gremien, Jurys und bei Führungsposten achten, anders als bei den Grünen ist aber nicht die Rede von einer Quote. Da die Coronakrise den Bedarf an digitalen Angeboten gezeigt habe, soll die Vernetzung von Ak- teuren aus Medien, Kultur und Bildung vorangetrieben werden, ebenso die Digitalisierung von Mediatheken. Wichtig ist den Gründen der internationale Austausch im Sinne der europäischen Werte. Der „Umgang mit kolonial belastetem Sammlungsgut in Museen“ soll sich ändern , die postkoloniale Erinnerungskultur gefördert werden. Von großer Bedeutung bleibt weiterhin die Aufarbeitung der NS-Verbrechen und der SEDDiktatur. Da immer weniger NS-Zeitzeugen leben, sollen neue Formen der Gedenkkultur gefördert werden. AfD Die AfD spricht sich für die deutsche Leitkultur aus: „Unsere Identität ist geprägt durch unsere deutsche Sprache, unsere Werte, unsere Geschichte und unsere Kultur“ Ansonsten erschließt sich das kulturpolitische Programm vor allem über das, was die AfD ablehnt: Sie spricht sich ge- gen „Kulturrelativismus und Multikulturalismus“ aus, gegen gendergerechte Sprache, die „Schmähung des Deutschen Kaiserreichs“ und gegen eine Dekolonialisierungsdebatte. Sie wen- det sich auch gegen die Rückgabe kolonialer Sammlungsgüter. Besonders wichtig ist der AfD wie schon 2017 die deutsche Sprache: Sie soll als Staatssprache im Grundgesetz festgeschrieben werden. Auf europäischer Ebene möchte die AfD erwirken, dass Deutsch in den europäischen Institutionen den Verfahrenssprachen Englisch und Französisch gleichgestellt wird. Kulturpolitische Aktivitäten des Bundes möchte die Partei begrenzen, Kultur sei vor allem Sache der Bundesländer. Erinnerungspolitisch ist ihr die Pflege des Brauchtums und der Mundarten wichtig, ebenso die Geschichte der Heimatvertriebenen und die Bewahrung oder Rekonstruk- tion historischer Innenstädte. Auch ein Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewalt- https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/476793/18-19 2/4
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