RECHTSEXTREMISMUS, GEWALTBEREITSCHAFT, ANTISEMITISMUS UND VERSCHWÖRUNGSMENTALITÄT: AFD-WÄHLER_INNEN WEISEN DIE HÖCHSTE ZUSTIMMUNG ZU ...

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RECHTSEXTREMISMUS, GEWALTBEREITSCHAFT, ANTISEMITISMUS UND VERSCHWÖRUNGSMENTALITÄT: AFD-WÄHLER_INNEN WEISEN DIE HÖCHSTE ZUSTIMMUNG ZU ...
Rechtsextremismus, Gewaltbereitschaft, Antisemitismus
   und Verschwörungsmentalität: AfD-Wähler_innen weisen die
                     höchste Zustimmung zu
               anti-demokratischen Aussagen auf

                                        Autoren
    Julia Schuler, Dr. Johannes Kiess, PD Dr. Oliver Decker, Prof. Dr. Elmar Brähler
                                            -
              Aus der Arbeitsgruppe der Leipziger Autoritarismus-Studien
Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung, Universität Leipzig
Studie:                   Leipziger Autoritarismus-Studien – Rechtsextremismus,
                          Gewaltbereitschaft, Antisemitismus: AfD-Wähler_innen weisen
                          die höchste Zustimmung zu anti-demokratischen Aussagen auf

Befragungszeitraum:       Mai bis Juli 2018
Art der Befragung:        Repräsentative Befragung (Selbstausfüller, Face-to-face) von 2.344
                          Personen im Alter von 18 bis 91 Jahren

Projektleiter:            PD Dr. Oliver Decker, Prof. Dr. Elmar Brähler
Autoren:                  Julia Schuler, Dr. Johannes Kiess, PD Dr. Oliver Decker,
                          Prof. Dr. Elmar Brähler

Kontakt:                  PD Dr. Oliver Decker
                          Direktor des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und
                          Demokratieforschung
                          Universität Leipzig
                          Philipp-Rosenthal Str. 55
                          04103 Leipzig
                          Email: oliver.decker@uni-leipzig.de

                          Dr. Johannes Kiess
                          Universität Siegen
                          Adolf-Reichwein-Str. 2
                          57068 Siegen
                          Email: kiess@soziologie.uni-siegen.de

                          Julia Schuler, M.Sc.
                          Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und
                          Demokratieforschung
                          Philipp-Rosenthal Str. 55
                          04103 Leipzig
                          Email: julia.schuler@medizin.uni-leipzig.de

                          Prof. Dr. Elmar Brähler
                          Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und
                          Demokratieforschung
                          Universität Leipzig
                          Philipp-Rosenthal Str. 55
                          04103 Leipzig
                          Email: elmar.braehler@medizin.uni-leipzig.de

Veröffentlichungsdatum:   25.02.2020

                                            2
Inhalt
 1.   DATENERHEBUNG UND STICHPROBE ................................................................................................... 4
 2.   SOZIODEMOGRAPHIE ....................................................................................................................... 5
 3.   RECHTSEXTREME EINSTELLUNG .......................................................................................................... 8
 4.   GEWALTBEREITSCHAFT ................................................................................................................... 11
 5.   VERSCHWÖRUNGSMENTALITÄT ........................................................................................................ 12
 6.   ANTISEMITISMUS (UMWEGKOMMUNIKATION) ................................................................................... 14
 7.   MUSLIMFEINDSCHAFT UND ABWERTUNG VON ASYLSUCHENDEN ........................................................... 16
 8.   LITERATUR ................................................................................................................................... 20

                                                                       3
1. Datenerhebung und Stichprobe

Die vorliegenden Daten wurden im Rahmen der Leipziger Autoritarismus-Studie 2018 erhoben. Es
handelt sich um eine bevölkerungsrepräsentative Befragung, die im Zeitraum von Mai bis Juli 2018
im Auftrag der Studiengruppe vom Meinungsforschungsinstitut USUMA durchgeführt wurde. Die
Zufallsauswahl der Personen erfolgte nach dem ADM-Stichprobensystem. Soziodemographische
Angaben sowie Angaben zum Wahlverhalten wurden face-to-face durch eine_n Interviewer_in
erfasst, alle weiteren Angaben zu politischen Einstellungen wurden von den Befragten im
Selbstausfüllerverfahren gemacht. Insgesamt 2.416 Personen im Alter von 14 bis 91 Jahren nahmen
an der Befragung teil. Für die vorliegenden statistischen Auswertungen wurden nur die Befragten ab
18 Jahren berücksichtigt (n = 2.344).

Die folgenden Auswertungen beruhen auf den Antworten zur sogenannten Sonntagsfrage, also der
beabsichtigten Wahlentscheidung, sollten am nächsten Sonntag Bundestagswahlen stattfinden.1
Neben der Entscheidung für eine Partei (CDU: n = 346; CSU: n= 992; SPD: n = 425; FDP: n = 92;
Bündnis90/Die Grünen: n = 173; Die Linke: n = 167; AfD: n = 160), werden auch Nichtwähler (n =
313), Personen, die zum Befragungszeitpunkt noch nicht wissen, ob sie wählen werden
(Wahlteilnahme unklar, n = 203) und Personen, die beabsichtigen zu wählen, aber zum
Befragungszeitpunkt noch nicht wissen, welcher Partei sie ihre Stimme geben („weiß nicht, welche
Partei“; n = 137) in der Gegenüberstellung betrachtet.

Im Zentrum der Analyse steht neben Darstellungen nach soziodemographischen Merkmalen die
Frage, inwiefern sich Unterschiede zwischen potentiellen Wähler_innen der jeweiligen Parteien
zeigen in Hinblick auf rechtsextreme Einstellung, Antisemitismus in der Umwegkommunikation,
Verschwörungsmentalität, Gewaltbereitschaft, Muslimfeindschaft und Abwertung von
Asylsuchenden.

Der Leipziger Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung (FR-LF) umfasst sechs Dimensionen:
Befürwortung     einer    rechtsautoritären   Diktatur,  Chauvinismus,   Ausländerfeindlichkeit,
Sozialdarwinismus, Antisemitismus sowie Verharmlosung des Nationalsozialismus. Jede Dimension
wird mit drei Aussagen erfasst (Decker et al. 2013). Darüber hinaus kamen zusätzlich Items zum
Einsatz, um neben primärem Antisemitismus auch Antisemitismus in der Umwegkommunikation zu
erfassen. Verschwörungsmentalität wurde mit drei weiteren Aussagen erfasst (Imhof & Decker,
2013). Gewaltbereitschaft wurde mit einem Fragebogen erhoben, welcher zwischen der Bereitschaft,
selbst Gewalt anzuwenden und der Akzeptanz von Gewalt, wenn sie von anderen verübt wird,
unterscheidet (Ulbrich-Herrmann, 1995). Für die Erfassung von Muslimfeindschaft und Abwertung
von Asylsuchenden wurden Aussagen aus dem Erhebungsinstrumentarium Gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit angewandt (Heitmeyer, 2012).

1
  Zur einfacheren Lesbarkeit wird im Folgenden von Wähler_innen und Anhänger_innen gesprochen, auch
wenn es sich im eigentlichen Sinne um eine Wahl-Intention bzw. Wahlpräferenz handelt.
2
  CDU und CSU-Wahl wurden zunächst als eine Kategorie erfasst. Entsprechend des tatsächlichen Wohnortes
der Befragten und der damit verbundenen Möglichkeit, CDU oder CSU wählen zu können, wurden die
Befragten nachträglich für die vorliegende Gegenüberstellung in CSU- und CDU-Wählerschaft aufgegliedert.

                                                    4
2. Soziodemographie

   2.1. Wahlpräferenz und Haushaltsnettoeinkommen

Der Anteil der Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 1250 Euro pro Monat ist unter den
Nichtwähler_innen (26,8 %) und den Personen, die noch unentschieden sind, welcher Partei sie ihre
Stimme geben wollen, am höchsten (25,5 %, siehe Abb. 1). Unter den Wähler_innen der CDU finden
sich die wenigsten Personen, die in einem Haushalt mit niedrigem Nettoeinkommen leben (9,2 %).

       Nichtwähler_innen                                                26,8
 weiß nicht, welche Partei                                           25,5
                Die Linke                                        23,4
    Wahlteilnahme unklar                                      21,2
                     AfD                        15
                   Grüne                   13,3
                     FDP                  13
                     CSU                 12,1
                     SPD                 11,8
                     CDU           9,2

                             0   10                  20                  30                   40             50               60

Abbildung 1: Wahlpräferenz und Haushaltsnettoeinkommen unter 1250 Euro pro Monat (in %)

Aus Abbildung 2 geht hervor, dass Befragte mit einem Haushaltseinkommen ab 2500 Euro pro Monat
besonders häufig unter den Wähler_innen der CSU (52,5%) sowie unter den Wähler_innen der FDP
(50%) anzutreffen sind. Den kleinsten Anteil an Personen mit entsprechendem Haushaltseinkommen
finden wir unter den Nichtwähler_innen (30,4%) und den Wähler_innen der Linken (33,5%).
Wähler_innen der Grünen und der AfD unterscheiden sich hinsichtlich der Einkommenssituation
nicht.

                     CSU                                                                                               52,5
                     FDP                                                                                          50
 weiß nicht, welche Partei                                                                                   47,4
                     SPD                                                                                  45,6
                     CDU                                                                                  45,1
                   Grüne                                                                           41,6
                     AfD                                                                           41,3
    Wahlteilnahme unklar                                                                 36
                Die Linke                                                             33,5
       Nichtwähler_innen                                                       30,4

                             0   10                  20                  30                   40             50               60

Abbildung 2: Wahlpräferenz und Haushaltsnettoeinkommen ab 2500 Euro pro Monat (in %)

                                                          5
2.2. Wahlpräferenz und Geschlecht

Der höchste Frauenanteil findet sich unter den Wähler_innen der Grünen: etwa zwei Drittel der
Befragten, die angeben, sie würden die Grünen wählen, sind Frauen. Für die AfD zeigt sich ein
umgekehrtes Bild: mit einem Anteil von nur 37,5% wird die AfD deutlich seltener von Frauen gewählt
als alle anderen Parteien.

                     AfD                               62,5                                               37,5
                     FDP                        53,3                                               46,7
                Die Linke                       52,1                                               47,9
                     CDU                     44,2                                               55,8
       Nichtwähler_innen                     44,1                                               55,9
                     SPD                     43,8                                               56,2
 weiß nicht, welche Partei               41,6                                               58,4
                     CSU                 41,4                                               58,6
   Wahlteilnahme unklar                 39,4                                               60,6
                   Grüne              32,4                                               67,6
                             0   10      20           30           40          50   60      70         80           90           100

                                                     Männer           Frauen

Abbildung 3: Wahlpräferenz und Geschlecht (in %)

   2.3. Wahlpräferenz und Bildung

Abbildung 4 stellt den Anteil der Befragten mit Abitur dar. Unter den Wähler_innen der Grünen (37,6
%), der FDP (35,9 %) und der Linken (35,9 %) ist der Anteil der Abiturient_innen am höchsten. Am
seltensten Abitur haben die Wähler_innen der CSU (12,1 %) sowie die Nichtwähler_innen (13,4 %).

                     CSU                                                87,9                                              12,1
       Nichtwähler_innen                                             86,6                                                13,4
                     SPD                                             86,5                                                13,5
   Wahlteilnahme unklar                                              85,6                                                14,4
                     AfD                                           82,5                                                 17,5
                     CDU                                       77,1                                               22,9
 weiß nicht, welche Partei                                    72,8                                               27,2
                Die Linke                              64,1                                               35,9
                     FDP                               64,1                                               35,9
                   Grüne                               62,4                                               37,6
                             0   10      20           30           40          50   60      70         80           90           100

                                                    Kein Abitur          Abitur

Abbildung 4: Wahlpräferenz und Abitur (in %)

                                                               6
2.4. Wahlpräferenz und Konfession

   Mit Blick auf die konfessionelle Zugehörigkeit fällt besonders die CSU auf. Ihre Wähler_innen sind
   nahezu alle an eine christliche Kirche gebunden, davon ist der überwiegende Teil katholisch, 16 %
   sind evangelisch. Unter den Anhänger_innen der CDU finden sich ebenfalls fast ausschließlich
   Christ_innen, allerdings ist auch jede_r siebte Wähler_in konfessionslos. Unter den
   Anhänger_innen der AfD ist fast jede_r zweite konfessionslos, was beim programmatischen
   Bezug auf die „christlichen Wurzeln“ Europas mehr überrascht, als bei der Linken. Diese Partei
   hat unter ihren Anhänger_innnen den geringsten Anteil Christ_innen.

                Die Linke                 28,1                 13,2                                  53,9                                  4,8
                     AfD                    32,5                         23,8                                 38,8                         5,0
       Nichtwähler_innen                    32,8                             32,5                                    31,8                  2,9
                     FDP                    34,8                                30,4                             29,3                      5,4
   Wahlteilnahme unklar                      37,4                                 30,5                                29,1                 3,0
 weiß nicht, welche Partei                       38,7                               30,7                              27,7                 2,9
                   Grüne                      37,6                                  32,9                             23,1                  6,4
                     SPD                                52,0                                    25,2                    16,9               5,9
                     CDU                         40,2                                         41,6                           13,6          4,6
                     CSU           15,2                                                80,8                                          1,0   3,0

                             0,0     10,0        20,0      30,0       40,0      50,0       60,0        70,0      80,0         90,0    100,0

                       Evangelisch          Katholisch         Konfessionslos            Sonstige/ Keine Angabe

Abbildung 4: Wahlpräferenz und Konfession (in %)

                                                                  7
3. Rechtsextreme Einstellung

Im Folgenden werden die Zustimmungswerte zu den sechs Dimensionen der rechtsextremen
Einstellung vorgestellt. Für die vorliegende Darstellung werden die Mittelwerte je Dimension über
alle drei Aussagen berichtet (Abbildungen 6 bis 11). Die Befragten konnten ihre Zustimmung zu den
jeweiligen Aussagen auf einer 5-stufigen Skala angeben (1 = „lehne völlig ab“; 5 = „stimme voll und
ganz zu“). Der Mittelwert über alle drei Aussagen einer Dimension bewegt sich folglich zwischen
einem Minimalwert = 3 (vollständige Ablehnung aller Aussagen) und dem Maximalwert = 15 (völlige
Zustimmung aller Aussagen). Die statistischen Unterschiede zwischen den Gruppen wurden mittels
Varianzanalyse und anschließenden Post-Hoc-Tests (Scheffé-Test) geprüft.

Diese Vergleiche ergaben, dass AfD-Wähler_innen über alle Dimensionen hinweg signifikant höhere
Zustimmungswerte in Bezug auf die Dimensionen des Rechtsextremismus zeigten, als die
Wähler_innen der anderen Parteien, Nichtwähler_innen und Unentschlossene. Neben der sehr
hohen Zustimmung zu Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeit unter AfD-Wähler_innen zeigt sich
auch eine im Schnitt deutlich erhöhte Ablehnung der Demokratie (Befürwortung einer
Rechtsautoritären Diktatur) sowie hoher Antisemitismus, Sozialdarwinismus und ein ausgeprägter
Hang zur Verharmlosung des Nationalsozialismus.

In der Dimension Antisemitismus können auch CSU-Wähler_innen stärker zustimmen, in der
statistischen Überprüfung unterscheiden sie sich nicht von den Anhänger_innen der AfD, bei denen
das antisemitischen Ressentiment am deutlichsten zu Tage tritt. Während Wähler_innen von SPD,
CDU, CSU und FDP oft gleich hohe Zustimmungswerte aufweisen, erreichen Grüne- und Linke-
Wähler_innen im Durchschnitt die niedrigsten Werte. Einzige Ausnahme ist der Antisemitismus, wo
die Linke vor der FDP liegt. Allerdings ist dieser Unterschied nicht statistisch signifikant.

 15
 13
 11
  9
  7
  5
          5      5,4      5,6      5,7      5,8       6        6,1      6,1      6,4       8
  3

Abbildung 6: Wahlpräferenz und Befürwortung einer Rechtsautoritären Diktatur, Mittelwerte und
Standardabweichungen; Aussagen: (1) „Im nationalen Interesse ist unter bestimmten Umständen
eine Diktatur die bessere Staatsform.“, (2) “Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke
Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert., (3) „Wir sollten einen Führer haben, der
Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert.“

                                                  8
15
 13
 11
  9
  7
  5
        7,2      7,5      8,2      8,4      8,4       8,5     8,7      8,7      8,8     10,9
  3

Abbildung 7: Wahlpräferenz und Chauvinismus, Mittelwerte und Standardabweichungen; Aussagen:
(1) „Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben.“, (2) „Das oberste Ziel
der deutschen Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm
zusteht.“, (3) „Was unser Land heute braucht, ist ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher
Interessen gegenüber dem Ausland.“

 15
 13
 11
  9
  7
  5
        6,7      7,2      8,2      8,4      8,4       8,5     8,5      9,1      9,3     11,5
  3

Abbildung 8: Wahlpräferenz und Ausländerfeindlichkeit, Mittelwerte und Standardabweichungen;
Aussagen: (1) „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“, (2) „Wenn
Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken.“, (3)
„Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet.“

                                                  9
15
 13
 11
  9
  7
  5
        4,8       5        5,4      5,5      5,5        5,7     5,9      6,1      6,1       7,5
  3

Abbildung 9: Wahlpräferenz und Antisemitismus, Mittelwerte und Standardabweichungen;
Aussagen: (1) „Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als großen Staatsmann ansehen.“, (2)
„Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß.“, (3) „Die Juden arbeiten mehr als andere
Menschen mit üblen Tricks, um das zu erreichen, was sie wollen.“

 15
 13
 11
  9
  7
  5
        4,7       5,1      5,4      5,4      5,5        5,6     5,7      5,9      5,9       7,1
  3

Abbildung 10: Wahlpräferenz und Sozialdarwinismus, Mittelwerte und Standardabweichungen;
Aussagen: (1) „Wie in der Natur sollte sich in der Gesellschaft immer der Stärkere durchsetzen.“, (2)
„Es gibt wertvolles und unwertes Leben.“, (3) „Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von
Natur aus überlegen.“

                                                   10
15
 13
 11
  9
  7
  5
           4,5       5,1         5,3       5,3           5,4             5,5             5,7        5,9        6,1        7,3
  3

Abbildung 11: Wahlpräferenz und Verharmlosung des Nationalsozialismus, Mittelwerte und
Standardabweichungen; Aussagen: (1) „Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als großen
Staatsmann ansehen.“, (2) „Die Verbrechen des Nationalsozialismus sind in der Geschichtsschreibung
weit übertrieben worden.“, (3) „Der Nationalsozialismus hatte auch seine guten Seiten.“

      4. Gewaltbereitschaft

Gewaltbereitschaft wurde in der vorliegenden Untersuchung mit zwei Aussagen erfasst. Die erste
Aussage bildet die Bereitschaft ab, selbst Gewalt gegen andere anzuwenden, um eigene Interessen
durchzusetzen. Die zweite Aussage erfasst die Akzeptanz der Gewalt durch andere.

Abbildung 12 zeigt, dass unter den Wähler_innen der AfD der Anteil der Personen, die bereit wären,
selbst Gewalt anzuwenden mit 20 % deutlich höher ist, als unter den Anhänger_innen der anderen
Parteien. Jede_r fünfte der AfD-Wähler_innen stimmt der Aussage zu, dass er oder sie bereit wäre,
auch körperliche Gewalt anzuwenden, um eigene Interessen durchzusetzen. Mit 18,2 % finden wir
unter den Nichtwähler_innen noch eine vergleichbar hohe Gewaltbereitschaft.

                      AfD                                                           20
         Nichtwähler_innen                                                     18,2
      Wahlteilnahme unklar                                        13,8
                 Die Linke                                        13,8
                      CDU                                    12,2
                      FDP                                    12
 weiß nicht, welche Partei                             10,3
                      SPD                              9,9
                    Grüne                          9,2
                      CSU                        8,1

                             0         5         10               15           20              25         30         35         40

Abbildung 12: Wahlpräferenz und eigene Gewaltbereitschaft (in %); Zustimmung zu der Aussage
„Ich bin in bestimmten Situationen durchaus bereit, auch körperliche Gewalt anzuwenden, um meine

                                                               11
Interessen durchzusetzen.“; 4-stufige Antwortskala von 1 = „stimmt überhaupt nicht“ bis 4 = „stimmt
voll und ganz“; Antwortkategorien 3 und 4 wurden zusammengefasst zu „eigene Gewaltbereitschaft“

Aber auch die Akzeptanz gegenüber Gewalt durch Andere ist innerhalb der Wähler_innenschaft der
AfD deutlich höher ausgeprägt als unter Wähler_innen der anderen Parteien. Über ein Drittel der
AfD-Wähler_innen gibt an, zwar selbst keine Gewalt anwenden zu wollen, aber es zu befürworten,
wenn andere „ihre Fäuste sprechen lassen“ (Abbildung 13). Die geringste Gewaltakzeptanz findet
sich unter den Anhänger_innen der Grünen.

                     AfD                                                                     35
       Nichtwähler_innen                                                        26,8
 weiß nicht, welche Partei                                             22,8
                     CDU                                            20,9
                     SPD                                        19,6
 Wahlteilnahme unlarklar                                       19,2
                     CSU                                     18,2
                Die Linke                                    18,1
                     FDP                              15,2
                   Grüne                      12,2

                             0   5      10       15          20            25      30   35        40

Abbildung 13: Wahlpräferenz und Akzeptanz der Gewalt durch Andere (in %); Zustimmung zu der
Aussage „Selber würde ich nie Gewalt anwenden. Aber es ist schon gut, dass es Leute gibt, die mal
ihre Fäuste sprechen lassen, wenn´s anders nicht mehr weitergeht.“, 4-stufige Antwortskala von 1 =
„stimmt überhaupt nicht“ bis 4 = „stimmt voll und ganz“; Antwortkategorien 3 und 4 wurden
zusammengefasst zu „Akzeptanz der Gewalt durch Andere“

   5. Verschwörungsmentalität
Mit Verschwörungsmentalität wird das Bedürfnis von Personen bezeichnet, hinter politischen oder
sozialen Ereignissen in der Welt rational kalkulierende Personen oder Gruppen auszumachen. Diese
Verschwörungsmentalität wurde mit drei Aussagen erfasst.

Über alle drei Aussagen hinweg zeigt sich, dass die Wähler_innen der AfD deutlich häufiger das
Bedürfnis haben, Verschwörungen anzunehmen, als die Wähler_innen der anderen Parteien. Über
ein Drittel der AfD-Wählerinnen meint, dass die meisten Menschen nicht erkennen, in welchem
Ausmaß unser Leben durch Verschwörungen bestimmt wird (Abbildung 14). 43,8 % der AfD-
Wählerinnen stimmen zu, dass es geheime Organisationen mit großem Einfluss auf politische
Entscheidungen gibt (Abbildung 15). Aber auch 37,7 % der Wähler_innen der Linken sind dieser
Überzeugung.
Ein noch deutlicherer Unterschied zwischen AfD-Wähler_innen und den Anhänger_innen anderer
Parteien zeigt sich in Hinblick darauf, ob Politiker als Marionetten von dahinterstehenden Mächten
wahrgenommen werden: 60 % der AfD-Wähler_innen nehmen dies an (Abbildung 15), bei allen
anderen Gruppen sind es deutlich weniger.

                                                12
AfD                                                35
       Nichtwähler_innen                              24,4
                Die Linke                         24
   Wahlteilnahme unklar                          23,3
                     SPD                       20,8
 weiß nicht, welche Partei              17,6
                     CDU                17,4
                     FDP              15,2
                     CSU              15,2
                   Grüne              15,1

                             0   10     20               30                  40            50   60   70

Abbildung 14: Wahlpräferenz und Zustimmung zur Aussage: „Die meisten Menschen erkennen
nicht, in welchem Ausmaß unser Leben durch Verschwörungen bestimmt wird, die im Geheimen
ausgeheckt werden.“ (in %); 7-stufige Antwortskala von 1 = „stimme überhaupt nicht zu“ bis 7 =
„stimme voll und ganz zu“; Antwortkategorien 5 - 7 zusammengefasst zu „Zustimmung“

                     AfD                                                            43,8
                Die Linke                                                    37,7
 weiß nicht, welche Partei                                            33,1
    Wahlteilnahme unklar                                       29,9
       Nichtwähler_innen                                       29,7
                   Grüne                                      29,2
                     CSU                                     28,3
                     SPD                                26,2
                     FDP                          23,9
                     CDU                       21,2

                             0   10     20               30                  40            50   60   70

Abbildung 15: Wahlpräferenz und Zustimmung zur Aussage: „Es gibt geheime Organisationen, die
großen Einfluss auf politische Entscheidungen haben.“ (in %); 7-stufige Antwortskala von 1 =
„stimme überhaupt nicht zu“ bis 7 = „stimme voll und ganz zu“; Antwortkategorien 5 - 7
zusammengefasst zu „Zustimmung“

                                                 13
AfD                                                                        60
                   Die Linke                                                  36,7
          Nichtwähler_innen                                                   36,6
                        FDP                                                   35,9
    weiß nicht, welche Partei                                          32,1
       Wahlteilnahme unklar                                          30,2
                        CSU                                   26,3
                      Grüne                                 25,9
                        SPD                              24,3
                        CDU                            22,6

                                0     10         20            30              40    50       60         70

Abbildung 16: Wahlpräferenz und Zustimmung zur Aussage: „Politiker und andere
Führungspersönlichkeiten sind nur Marionetten der dahinterstehenden Mächte.“ (in %); 7-stufige
Antwortskala von 1 = „stimme überhaupt nicht zu“ bis 7 = „stimme voll und ganz zu“;
Antwortkategorien 5 - 7 zusammengefasst zu „Zustimmung“

      6. Antisemitismus (Umwegkommunikation)

Da tradierter Antisemitismus, wie wir ihn mit unserem Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung
erheben, in der Bundesrepublik einer starken sozialen Sanktion unterliegt, wird er von vielen
Menschen nicht offen geäußert. Deshalb wurde auch die Zustimmung zu Aussagen erfasst, welche
Antisemitismus in der sogenannten Umwegkommunikation erhoben.3 Kennzeichnend für
Antisemitismus in der Umwegkommunikation ist a) die indirekte Äußerung des Ressentiments durch
Verständnis für diejenigen, die es äußern, b) der Schuldabwehrantisemitismus, weil durch Jüd_innen
die Erinnerung an den Angriffs- und Vernichtungskrieg Nazi-Deutschlands wachgehalten wird und c)
der Israelbezogene Antisemitismus. Beispielhaft sind im Folgenden die Zustimmungswerte zu drei
entsprechenden Aussagen dargestellt.

Über alle drei Aussagen hinweg zeigt sich, dass die Zustimmungswerte bei Wähler_innen der AfD am
höchsten ausfallen. Mehr als die Hälfte der AfD-Wähler_innen findet Ressentiments gegen Jüd_innen
verständlich (Abbildung 17). Bei keiner anderen Partei nutzen die Anhänger_innen so offen die
Möglichkeit, ihren Antisemitismus zu äußern. Entsprechendes gilt auch für die Bereitschaft, die
Politik der Regierung in Israel als Rationalisierung für die Ablehnung von Jüd_innen zu nutzen:
Wieder mehr als die Hälfte der AfD-Wähler_innen nutzt diesen Bezug auf Israel um ihr Ressentiment
gegen Jüd_innen zu begründen (Abbildung 18).

Am auffälligsten zeigt sich der Antisemitismus in der Aussage zur Relativierung der Shoa: Jede_r
zweite Anhänger_in der AfD gibt an, dass er_sie wütend darüber sei, dass die Bombardierung
deutscher Städte und Vertreibung Deutscher als kleinere Verbrechen angesehen werden (Abbildung
19). Weitere 24,4 % stimmen der Aussage noch teilweise zu. Aber auch bei den Anhänger_innen der
anderen Parteien fällt auf, dass es einen erheblichen Anteil gibt, welche die Aussagen nicht eindeutig
ablehnt, sondern die Möglichkeit der „teils/teils“-Antwortkategorie nutzt.

3
    Für eine Darstellung der unterschiedlichen Erscheinungsformen von Antisemitismus siehe Decker et al. 2018b.

                                                       14
AfD                 43,1                                      33,1                             23,8
   Wahlteilnahme unklar                                 65,8                                              25,1                  9
       Nichtwähler_innen                                66,6                                         20,5                     13
                     CDU                                    67                                             25,8                 7,2
 weiß nicht, welche Partei                                  68,4                                           22,8                 8,8
                Die Linke                                   69,3                                            24,1                6,6
                     SPD                                    69,5                                           20,8                9,7
                     CSU                                     70,7                                         15,2            14,1
                   Grüne                                           79,7                                            15,7            4,7
                     FDP                                            81,5                                           9,8          8,7

                             0   10      20            30           40     50          60     70            80           90           100

                                      Ablehnung             teils/ teils   Zustimmung

Abbildung 17: Wahlpräferenz und Zustimmung zur Aussage: „Ich kann es gut verstehen, dass
manchen Leuten Juden unangenehm sind.“ (in %); 5-stufige Antwortskala von 1 = „stimme
überhaupt nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“; Antwortkategorien 4 und 5 zusammengefasst
zu „Zustimmung“, 3 = „teils/teils“, 1 und 2 zusammengefasst zu „Ablehnung“

                     AfD                 41,9                                   28,1                              30
                Die Linke                       51,8                                           38                             10,2
                     CSU                        52,5                                        30,3                         17,2
 weiß nicht, welche Partei                        57,4                                         30,1                           12,5
   Wahlteilnahme unklar                           57,6                                             31,3                       11,1
       Nichtwähler_innen                               62,2                                        23,5                   14,3
                     SPD                               62,8                                         24,9                      12,3
                     CDU                               63,1                                           27,9                      9
                     FDP                                      72,5                                          18,7                8,8
                   Grüne                                         76,2                                            16,3           7,6

                             0   10      20            30           40     50          60     70            80           90           100

                                      Ablehnung             teils/teils    Zustimmung

Abbildung 18: Wahlpräferenz und Zustimmung zur Aussage: „Durch die israelische Politik werden
mir die Juden immer unsympathischer.“ (in %); 5-stufige Antwortskala von 1 = „stimme überhaupt
nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“; Antwortkategorien 4 und 5 zusammengefasst zu
„Zustimmung“, 3 = „teils/teils“, 1 und 2 zusammengefasst zu „Ablehnung“

                                                               15
AfD          26,3                         24,4                                49,4
                     CSU                 43,4                                  30,3                            26,3
   Wahlteilnahme unklar                   46,5                                 26,2                            27,2
 weiß nicht, welche Partei                    47,8                                    31,3                       20,9
                     CDU                      48,8                                28,2                           23
       Nichtwähler_innen                       50,3                                    29                        20,6
                Die Linke                      50,3                                    30,1                       19,6
                     SPD                       51,8                                   24,5                      23,8
                     FDP                              61,5                                    20,9                    17,6
                   Grüne                               64,5                                        20,9                14,5

                             0   10      20           30           40    50     60            70          80      90          100

                                      Ablehnung            teils/teils   Zustimmung

Abbildung 19: Wahlpräferenz und Zustimmung zur Aussage: „Es macht mich wütend, dass die
Vertreibung der Deutschen und die Bombardierung deutscher Städte immer als kleinere
Verbrechen angesehen werden.“ (in %); 5-stufige Antwortskala von 1 = „stimme überhaupt nicht zu“
bis 5 = „stimme voll und ganz zu“; Antwortkategorien 4 und 5 zusammengefasst zu „Zustimmung“, 3
= „teils/teils“, 1 und 2 zusammengefasst zu „Ablehnung“

   7. Muslimfeindschaft und Abwertung von Asylsuchenden

Die Debatte um Zuwanderung insbesondere muslimischer Personen hat sich als das Kernthema des
politischen Programms der AfD etabliert. So zeigt sich auch, dass insbesondere die Anhänger_innen
der AfD anti-muslimischen Aussagen deutlich stärker zustimmen als die Anhänger_innen der anderen
Parteien. 80,6 % der Wähler_innen der AfD geben an, sich durch „die vielen Muslime“ fremd im
eigenen Land zu fühlen (Abbildung 20). Über 70 % finden, Muslimen sollte die Zuwanderung nach
Deutschland untersagt werden (Abbildung 21).

Die Ablehnung von Muslima und Muslimen geht einher mit der Ablehnung des Menschenrechts auf
Asyl. Erfasst wurde diese Ablehnung mit der Infragestellung triftiger Asylgründe. Über 80 % der AfD-
Wähler_innen sind der Überzeugung, die meisten Asylsuchenden befürchten nicht wirklich in ihrem
Heimatland verfolgt zu werden (Abbildung 22). Bei allen anderen Gruppen sind es deutlich weniger.

Auf die stärkste Ablehnung stoßen diese muslimfeindlichen und asylfeindlichen Aussagen unter den
Wähler_innen der Grünen und der Linken.

                                                              16
AfD                                                                             80,6
   Wahlteilnahme unklar                                                                64,9
       Nichtwähler_innen                                                              63,5
                     SPD                                                       55,7
                     CDU                                                       54,7
                     CSU                                                50,5
 weiß nicht, welche Partei                                              49,6
                     FDP                                      42,9
                   Grüne                                    41
                Die Linke                                38,9

                             0   10   20    30         40          50           60      70      80          90   100

Abbildung 20: Wahlpräferenz und Zustimmung zur Aussage: „Durch die vielen Muslime hier fühle
ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“ (in %); 4-stufige Antwortskala von 1 =
„stimme voll und ganz zu“ bis 4 = “stimme überhaupt nicht zu“; Antwortkategorien 1 und 2
zusammengefasst zu „Zustimmung“

                     AfD                                                                      73,8
       Nichtwähler_innen                                                  53,2
   Wahlteilnahme unklar                                                  51,2
                     CDU                                         45,2
                     CSU                                    40,4
                     SPD                                 38,8
 weiß nicht, welche Partei                             36,5
                     FDP                           34,4
                Die Linke                         32,9
                   Grüne                   24,3

                             0   10   20    30         40          50           60      70      80          90   100

Abbildung 21: Wahlpräferenz und Zustimmung zu der Aussage: „Muslimen sollte die Zuwanderung
nach Deutschland untersagt werden.“ (in %); 4-stufige Antwortskala von 1 = „stimme voll und ganz
zu“ bis 4 = “stimme überhaupt nicht zu“; Antwortkategorien 1 und 2 zusammengefasst zu
„Zustimmung“

                                                  17
AfD                                                                         83,8
        Nichtwähler_innen                                                            65,7
                     FDP                                                             65,6
   Wahlteilnahme unklar                                                             64,2
                     CDU                                                            63,5
 weiß nicht, welche Partei                                                     60
                     SPD                                                   59
                     CSU                                                  57,1
                Die Linke                                          47,9
                   Grüne                                    42,8

                             0   10   20     30        40     50          60          70    80     90   100

Abbildung 22: Wahlpräferenz und Zustimmung zu der Aussage: „Die meisten Asylbewerber
befürchten nicht wirklich, in ihrem Heimatland verfolgt zu werden.“ (in %); 4-stufige Antwortskala
von 1 = „stimme voll und ganz zu“ bis 4 = “stimme überhaupt nicht zu“; Antwortkategorien 1 und 2
zusammengefasst zu „Zustimmung“

    8. Zusammenfassung und Diskussion

    •    AfD-Wähler_innen zeigen auf allen Dimensionen der rechtsextremen Einstellung deutlich
         höhere Werte als die Wähler_innen der anderen Parteien.

    •    Es finden sich bei AfD-Wähler_innen nicht nur ein höherer tradierter Antisemitismus, sie
         nutzen auch deutlich häufiger die Möglichkeit, ihr antisemitisches Ressentiment über die
         Umwegkommunikation zu äußern, als die Wähler_innen der anderen Parteien.

    •    Die Verschwörungsmentalität ist unter AfD-Wähler_innen sehr weit verbreitet.

    •    Es gibt keine andere Wähler_innengruppe, unter denen sich Muslimfeindschaft häufiger
         findet, als bei AfD-Wähler_innen.

    •    Insgesamt sind antidemokratische Einstellungen unter AfD-Wähler_innen mit deutlichem
         Abstand zu allen anderen Partei-Anhänger_innen am weitesten verbreitet.

Die AfD hat in ihrer bisher kurzen Geschichte mehrere Wandlungen durchlaufen: als national-liberale
Partei geründet, konnte sie einen Platz am rechten Rand des Parteienspektrums etablieren. Fast im
Zeitraffer durchlief die AfD dann eine inhaltliche Neuorientierung, von einer national-liberalen Anti-
Euro-Partei ging es über die konservativ-nationalistische AfD hin zur Dominanz durch die
nationalistisch-völkische Fraktion. Die politischen Äußerungen von Repräsentant_innen der AfD sind
vermehrt von Motiven der Muslimfeindschaft, einer völkisch-homogenen Volksgemeinschaft und des
Schuldabwehrantisemitismus durchzogen. Hinzu tritt eine aggressive Rhetorik des Kampfes, welche
eine Umsturzsituation suggeriert.

Diese inhaltliche Programmatik findet ihr Echo unter den AfD-Wähler_innen. Ein großer Teil der
Anhänger_innen wählt die AfD nicht trotz, sondern wegen dieser anti-demokratischen Positionen.
Jene Bundesdeutschen, die zwar schon lange extrem-rechte Einstellungen teilten, sei es
Chauvinismus, Befürwortung einer Diktatur, Antisemitismus oder Ausländerfeindlichkeit, aber bis

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2014 SPD oder CDU wählten, wählen jetzt eine Partei, die eine Programmatik entsprechend ihrer
Einstellung umsetzt. Diese Mitbürger_innen haben in der AfD eine politische Heimat gefunden.

Vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Monate ist diese klare Positionierung gegen den
demokratischen Zusammenhalt mit Sorge zu betrachten. Die Ermordung des hessischen Politikers
Walter Lübcke, das Attentat auf die Synagoge in Halle und die anschließende Morde, wie auch der
jüngste rassistische Terroranschlag in Hanau mit 10 Ermordeten waren von derselben
rechtsextremen Ideologie der Ungleichwertigkeit motiviert, einer Mischung aus Antisemitismus,
Verschwörungsmentalität, Antifeminismus und anti-muslimischen Rassismus. Dass diese Motive in
relevanten Teilen der Bevölkerung geteilt werden, diese eine parlamentarische Repräsentanz haben
und damit auch als legitim erfahren werden, macht das Risiko weiterer rassistischer Terroranschläge
groß. Wir sehen die Vertreter_innen der AfD in der Verantwortung, sich sowohl inhaltlich als auch in
der Rhetorik für den demokratischen Zusammenhalt in einer pluralen und liberalen Demokratie
einzusetzen.

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9. Literatur

Decker, O. & Brähler, E. (Hrsg.) (2018a), Flucht ins Autoritäre. Rechtsextreme Dynamiken in der Mitte
der Gesellschaft. Gießen: Psychosozial-Verlag.

Decker, O., Kiess, J., Brähler, E. (2018b). Antisemitische Ressentiments in Deutschland: Verbreitung
und Ursachen. In: O. Decker & E. Brähler (Hrsg.), Flucht ins Autoritäre. Rechtsextreme Dynamiken in
der Mitte der Gesellschaft. (S. 179-216), Gießen: Psychosozial-Verlag.

Decker, O., Hinz, A., Geißler, N. & Brähler, E. (2013). Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung –
Leipziger Form (FR-LF). In: O. Decker, J. Kiess & E. Brähler (Hrsg.), Rechtsextremismus der Mitte. Eine
sozialpsychologische Gegenwartsdiagnose (S. 197-212). Gießen: Psychosozial.

Decker, O., Kiess, J. & Brähler, E. (2013). Rechtsextremismus der Mitte. Eine sozialpsychologische
Gegenwartsdiagnose. Gießen: Psychosozial.

Heitmeyer, W. (Hrsg.) (2012). Deutsche Zustände – Folge 10. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Imhoff, R. & Decker, O. (2013). Verschwörungsmentalität als Weltbild. In O. Decker, J. Kiess & E.
Brähler (Hrsg.), Rechtsextremismus der Mitte. Eine sozialpsychologische Gegenwartsdiagnose (S. 146-
162). Gießen: Psychosozial.

Ulbrich-Herrmann, M. (1995). Zur Verbreitung von gewaltbefürwortenden Einstellungen und
Gewaltverhalten. In W. Heitmeyer (Hrsg.), Gewalt. Schattenseiten der Individualisierung bei
Jugendlichen aus unterschiedlichen Milieus (S.127-141). Weinheim: Juventa.

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