Reformansätze zum Planungsrecht von Windenergieanlagen

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I

         Würzburger Studien zum Umweltenergierecht

       Reformansätze zum Planungs-
       recht von Windenergieanla-
       gen

       Eine rechtliche Einordnung aktueller Reformvor-
       schläge und Handlungsoptionen des Gesetzge-
       bers

       # 26 | 11.02.2022

       erstellt von
       Dr. Nils Wegner, LL.M. (Stockholm)

ISSN 2365-7146
II Reformansätze zum Planungsrecht von Windenergieanlagen

Zitiervorschlag:
Wegner, Reformansätze zum Planungsrecht von
Windenergieanlagen,
Würzburger Studien zum Umweltenergierecht
Nr. 26 vom 11.02.2022.

Der Verfasser dankt zahlreichen
Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern,
insbesondere Monika Agatz (Kreis Borken), Dr. Ivo
Gerhards (RP Gießen), Ralf Krüger (juwi AG), Prof. Dr.
Marcel Raschke (HSP NRW), Urta Steinhäuser (Abo
Wind), Ulrich Tasch (MILIG S-H), Franz-Josef Tigges
(Engemann & Partner) sowie Hauke von Seht
(Bezirksregierung Düsseldorf) für wertvolle
Hinweise und praktische Einblicke.

Entstanden im Rahmen des Vorhabens:
„Rechtliche Analyse neuer Herausforderungen für
das Planungs- und Genehmigungsrecht bei der
Flächenbereitstellung und -realisierung für den
Ausbau der Windenergie an Land (NeuPlan Wind)“

Stiftung Umweltenergierecht
Friedrich-Ebert-Ring 9                                   Vorstand
97072 Würzburg                                           Thorsten Müller und Fabian Pause, LL.M. Eur.

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III

Zusammenfassung
Die erneuerbaren Energien sollen drastisch             insbesondere die Gesichtspunkte der Ver-
ausgebaut werden. Nach der „Eröffnungs-                bindlichkeit gegenüber Ländern und Pla-
bilanz Klimaschutz“ des BMWK ist bis zum               nungsträgern einerseits sowie des notwen-
Jahr 2030 für die Windenergie an Land eine             digen Zeitbedarfs für ihre Implementierung
installierte Leistung von 100 GW angepeilt.            andererseits in den Blick nehmen. Wegen
Neben den Zulassungsverfahren 1 ist die                kompetenzrechtlicher Unsicherheiten der
ausreichende Flächenbereitstellung für die             verschiedenen Vorschläge sollte die Ver-
Windenergie an Land ein Schlüsselbereich               bindlichkeit der Mengenvorgaben durch
für das Erreichen dieses Ausbauziels. In der           ihre Verknüpfung mit der Ausschlusswir-
vorliegenden Würzburger Studie, die unser              kung der Konzentrationszonenplanungen
im Oktober 2021 veröffentlichtes Hinter-               abgesichert werden. Dies entspricht der im
grundpapier vertieft 2, werden die aktuell             Koalitionsvertrag angekündigten Umset-
diskutierten Reformvorschläge sowie Hand-              zung der Mengenvorgabe im Baugesetz-
lungsoptionen des Bundesgesetzgebers                   buch. Wird die Verbindlichkeit auf diesem
zur Weiterentwicklung des maßgeblichen                 Weg herbeigeführt, ist auch eine Adressie-
planungsrechtlichen Rahmens umfassend                  rung der Vorgaben an Ebenen unterhalb
beleuchtet und rechtlich eingeordnet.                  der Länder möglich. Dies kann die Imple-
                                                       mentierung der Mengenvorgabe beschleu-
Zentrale Maßnahmen, die der Gesetzgeber
                                                       nigen.
dringend angehen sollte, sind:
                                                       Damit die Mengenvorgaben effektiv in kon-
▶ Die Implementierung einer bundesrecht-
                                                       krete Flächenausweisungen umgesetzt
  lichen Mengenvorgabe zur Umsetzung
                                                       werden, müssen auf Umsetzungsebene
  des im Koalitionsvertrag vereinbarten
                                                       gleich mehrere Stellschrauben neu justiert
  Ziels, zwei Prozent der Landesflächen für
                                                       werden: Die Einführung der Mengenvorga-
  die Windenergie auszuweisen sowie
                                                       ben ist durch Überleitungsvorschriften zu
▶ die Reform der sog. Konzentrationszo-                begleiten, um Fadenrisse bei der Flächen-
  nenplanung als zentralem Instrument                  bereitstellung zu vermeiden, die durch die
  der Flächenbereitstellung, um die Pla-               angestoßene Neuaufstellung und Fort-
  nungsverfahren zu beschleunigen und                  schreibung von Plänen drohen. Zudem ist
  zugleich rechtssicherer zu machen.                   die Flächenausweisung selbst weiterzuent-
                                                       wickeln. Dabei ist eine Reform der existie-
Beide Bereiche sind dabei eng miteinander
                                                       renden Konzentrationszonenplanungen ei-
verknüpft. Sie müssen als stimmiges Ge-
                                                       nem vollständigen Systemwechsel hin zu
samtkonzept konzipiert werden. Eine Ver-
                                                       einer fachplanerischen Zulassung mittels
einfachung der Planungsverfahren ist um-
                                                       Planfeststellungsentscheidungen genauso
fänglich nur dann möglich, wenn diese zu-
                                                       wie einer rein vorhabenbezogenen Zulas-
gleich auf quantitativ bestimmte Mengen-
                                                       sung auf Grundlage der Außenbereichspri-
vorgaben hin ausgerichtet werden. Die iso-
                                                       vilegierung (derzeit noch) vorzuziehen.
lierte Umsetzung allein einzelner Maßnah-
men droht dagegen neue Blockademög-                    Die Konzentrationszonenplanung kann
lichkeiten zu schaffen.                                durch gesetzgeberische Modifikation in
                                                       Richtung einer Positivplanung weiterentwi-
Die aktuell diskutierten, teils im Raumord-
                                                       ckelt werden. Dies erlaubt einen Verzicht
nungsrecht, teils im Fachplanungsrecht
                                                       auf die bislang erforderliche strenge Unter-
wurzelnden Ansätze zur Konzeption von
                                                       scheidung harter und weicher Tabuzonen
Mengenvorgaben, weisen zahlreiche Unter-
                                                       als Teil des bislang geforderten gesamt-
schiede auf, haben sich jedoch in vielen
                                                       räumlichen, schlüssigen Planungskonzepts.
Punkten auch gegenseitig angenähert. Der
                                                       Eine Fokussierung der Verfahren auf
Gesetzgeber sollte bei ihrer Umsetzung

 1                                                      2
  Hierzu siehe Schmidt/Sailer, Reformansätze zum Ge-      Schmidt/Wegner/Sailer/Müller, Gesetzgeberische
 nehmigungsrecht von Windenergieanlagen, Würzbur-       Handlungsmöglichkeiten zur Beschleunigung des
 ger Studien zum Umweltenergierecht Nr. 25 vom          Ausbaus der Windenergie an Land, Würzburger Be-
 28.01.2022.                                            richte zum Umweltenergierecht Nr. 53 vom 28.10.2021.
IV Reformansätze zum Planungsrecht von Windenergieanlagen

diejenigen Flächen, die der Windenergie         pauschal entzogene Flächentypen als regu-
tatsächlich zu Verfügung gestellt werden,       latorische Option des Bundes dar, die eine
wird dadurch ermöglicht und die bislang         unmittelbare bundesgesetzliche Regelung
relevanteste Fehlerquelle von Konzentrati-      erübrigen und landesrechtliche Spielräume
onszonenplanungen beseitigt. Planungs-          erhalten kann. Unter Beschleunigungsge-
aufwand und Fehleranfälligkeit des Instru-      sichtspunkten könnte die Beseitigung von
ments können so deutlich reduziert wer-         Hemmnissen unmittelbar durch den Bund
den. Die zentralen Eigenschaften des bis-       gleichwohl vorzugswürdig sein.
herigen Planungssystems – namentlich die
                                                Bei allen Bemühungen um Vereinfachun-
Funktion der allgemeinen Außenbe-
                                                gen bleiben Planungsverfahren für die Aus-
reichsprivilegierung der Windenergie –
                                                weisung von Flächen für die Windenergie
muss dabei unbedingt erhalten bleiben.
                                                an Land komplex. Eine ausreichende Flä-
Auch dürfen keine zusätzlichen Anreize für
                                                chenbereitstellung wird deshalb nur dann
Klagen geschaffen werden.
                                                gelingen, wenn hierfür auch die personel-
Über diese grundsätzlichen Änderungen           len und sonstigen außerrechtlichen Vo-
hinaus kann und sollte der Gesetzgeber          raussetzungen geschaffen werden.
weitere planungsrechtliche Themen adres-
sieren: Die Gerichtsfestigkeit der reformier-   Kernergebnisse
ten Konzentrationszonenplanungen kann
zusätzlich durch die Anpassung vorhande-        ▶ Der Gesetzgeber muss ein schlüssiges
ner und die Schaffung einer neuen Fehler-         Gesamtkonzept schaffen, das zum ei-
folgenregelung erhöht werden. Wo Pläne            nen das Zwei-Prozent-Flächenziel mit-
gleichwohl aufgehoben werden, könnte              tels Mengenvorgaben umsetzt und
eine subsidiäre, befristete Rückfalloption        zum anderen die Planungsverfahren
geschaffen werden, um langwierige Flä-            vereinfacht und beschleunigt. Beim
chensperrungen im Rahmen von Planneu-             Übergang zu einem reformierten Pla-
aufstellungen zu vermeiden. Die effektive         nungssystem sind Fadenrisse in der
Adressierung landesrechtlicher Moratorien         Flächenbereitstellung zu vermeiden.
bleibt gleichwohl drängend.
                                                ▶ Die Verbindlichkeit der Mengenvorga-
Hilfreich wäre zudem eine Klarstellung des        ben sollte über ihre Verknüpfung mit
Gesetzgebers zur Durchsetzungsfähigkeit           der Ausschlusswirkung der reformier-
von Konzentrationszonenplanungen ge-              ten Konzentrationszonenplanungen
genüber kommunalen Planungen. Verzö-              (heute § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB) abgesi-
gerungen bei der Umsetzung klarer plane-          chert werden.
rischer Vorgaben würden so in relevanten
Fällen deutlich reduziert.                      ▶ Die Konzentrationszonenplanung kann
                                                  in Richtung einer Positivplanung wei-
Sofern die umfassenden Vereinfachungen            terentwickelt und so Planungsaufwand
des Planungssystems nicht ohnehin weiter          und Fehleranfälligkeit dieses zentralen
gehen, könnten zudem Möglichkeit und              Instruments deutlich reduziert werden.
Grenzen einer erleichterten Ausweisung            Über flankierende Regelungen lassen
zusätzlicher Flächen neben bereits vorhan-        sich Gerichtsfestigkeit und Durchset-
denen Konzentrationszonenplanungen                zungsfähigkeit der Pläne weiter erhö-
ausdrücklich sowohl für die Bauleitpla-           hen.
nungs- als auch die Raumordnungsebene
geregelt werden. Zudem kann der Erhalt          ▶ Die grundlegendere Reform der Flä-
von Repoweringstandorten sowohl in be-            chenbereitstellung kann durch weitere
stehenden als vor allen Dingen auch in            Regelungen flankiert werden, um Mög-
künftigen Planungsverfahren zusätzlich ge-        lichkeit und Grenzen der Ausweisung
fördert werden. Die Einführung von Men-           zusätzlicher Flächen für die Windener-
genvorgaben würde allerdings ohnehin              gie zu klären, Repoweringstandorte in
den Druck erhöhen, vielfach akzeptierte           bestehenden und zukünftigen Planun-
und etablierte Standorte zu erhalten. Die         gen zu fördern und weitere Flächenty-
Einführung einer Mengenvorgabe stellt             pen für die planerischen Suchprozesse
sich hier, aber auch bei der Diskussion um        zu öffnen.
weitere, bislang den Planungsverfahren
V

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung ____________________________________________________________ III

A. Status quo und Anforderungen an ein System der Flächenbereitstellung ____ 1
I. Ausbau der Windenergie im Zielsystem des Klimaschutzes _____________________________ 1
II. Anforderungen an ein System der Flächenbereitstellung für die Windenergie _________ 2
III. Aktuelle Rechts- und Problemlage sowie Handlungsoptionen des Gesetzgebers im
Überblick __________________________________________________________________________________ 4
   1. Aktuelle Rechts- und Problemlage im Überblick _____________________________________ 4
   2. Handlungsoptionen des Gesetzgebers im Überblick _________________________________ 7

B. Verbindliche bundesrechtliche Mengenvorgaben implementieren _________ 9
I. Status quo und Reformziele______________________________________________________________ 9
II. Konzeptionelle Ansätze für die Schaffung von Mengenvorgaben _______________________ 11
   1. Raumordnerische Verankerung bundesrechtlicher Mengenvorgaben
   (Handlungsoptionen 1 und 2) __________________________________________________________ 11
   2. Bedarfsplanerische Mengenvorgaben und fachplanerische Umsetzung
   (Handlungsoption 3) __________________________________________________________________ 14
   3. Fachgesetzliche Anknüpfung an bedarfsplanerische „Windenergie-Beitragswerte“
   (Handlungsoption 4) __________________________________________________________________ 14
   4. Vergleichende Betrachtung ________________________________________________________ 15
     a) Bindungswirkung gegenüber Ländern und Planungsträgern ______________________ 16
     b) Prinzipien für die Zuweisung von Teilmengen______________________________________ 17
     c) Zeitlicher Bedarf der Umsetzung __________________________________________________ 18
     d) Bezugspunkt der Mengenvorgaben _______________________________________________ 20
     e) Mengenvorgaben als neue Fehlerquelle ___________________________________________ 22
     f) Kommunale Planungshoheit _______________________________________________________ 22
III. Übergang zu bundesweiten Mengenvorgaben gestalten _____________________________ 23
   1. Zeitliche Staffelung der Umsetzungsfristen _________________________________________ 24
   2. Antizipation zukünftiger Flächenausweisungen in Gebieten mit Altplänen _________ 25
   3. Verhinderung von Flächensperrungen insbesondere in Gebieten ohne Bestandspläne
   _______________________________________________________________________________________ 26

C. Flächensicherung und -bereitstellung vereinfachen und beschleunigen ___ 29
I. Status quo und Reformziele ____________________________________________________________ 29
   1. Wechsel zu fachplanerischer Zulassung? ___________________________________________ 30
VI Reformansätze zum Planungsrecht von Windenergieanlagen

   2. Wechsel zu rein vorhabenbezogener Steuerung? __________________________________ 32
   3. Beibehaltung reformierter Konzentrationszonenplanungen? ______________________ 33
II. Komplexität und Planungsaufwand bei Konzentrationszonenplanungen reduzieren _ 34
   1. Status quo und Reformziele ________________________________________________________ 34
   2. „Kleine Lösung“: Konkretisierung der Unterscheidung harter und weicher Tabuzonen
   _______________________________________________________________________________________ 35
   3. „Große Lösung“: Verzicht auf die Unterscheidung harter und weicher Tabuzonen __ 37
     a) Verzicht durch Umgestaltung der Privilegierung der Windenergie in Anlehnung an §
     35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ________________________________________________________________ 37
     b) Notwendigkeit einer Mengensteuerung bei Verzicht auf die Unterscheidung ______ 38
   4. Alternative Lösung: „Reine Positivplanung“ mit bedingter Teilentprivilegierung ___ 39
   5. Klärung von Maßstäben für Untersuchungs- und Abwägungstiefe _________________ 41
   6. Klare Mengenvorgaben statt unklares „Substanziell Raum Schaffen“ ______________ 42
   7. Klärung formeller Anforderungen __________________________________________________ 43
III. Umgang mit Planungsfehlern bei Konzentrationszonenplanungen – Vermeidung von
Verzögerungen für die Flächenbereitstellung ___________________________________________ 44
   1. Status quo und Reformziele ________________________________________________________ 44
   2. Fehlerfolgen bei harten und weichen Tabuzonen __________________________________ 45
   3. Zeitlich befristete Fortgeltung fehlerhafter Pläne __________________________________ 47
IV. Umgang mit Planaufhebungen und -anpassungen bei Konzentrationszonenplanungen
– Vermeidung von Verzögerungen für die Flächenbereitstellungen _____________________ 48
   1. Status quo und Reformziele ________________________________________________________ 48
   2. Schaffung einer alternativen befristeten Rückfalloption ____________________________ 49
   3. Durchsetzungskraft von Zielen der Raumordnung bis zur Anpassung von
   Bauleitplänen ________________________________________________________________________ 50

D. Ausweisung zusätzlicher Flächen vereinfachen ____________________________ 52
I. Status quo und Reformziele ____________________________________________________________ 52
II. Schaffung oder (ergänzende) Klärung gesetzlicher Grundlagen ______________________ 53

E. Repoweringstandorte erhalten _____________________________________________ 55
I. Status quo und Reformziele ____________________________________________________________ 55
II. Förderung des Repowerings in künftigen Planungsprozessen ________________________ 56
III. Erhalt von Repoweringstandorten entgegen momentaner Flächenausweisungen ___ 58

F. Hemmnisse bei bestimmten Flächentypen beseitigen______________________ 61
I. Status quo und Reformziele ____________________________________________________________ 61
II. Öffnung der Flächenkulisse auf Bundes- und Landesebene ___________________________ 61
   1. Wohnumfeldschutz _________________________________________________________________61
VII

     a) Pauschale Mindestabstandsregelungen i. S. v. § 249 Abs. 3 BauGB __________________ 62
     b) Pauschale Mindestabstandsregelungen i. S. v. landesplanerischer Festlegungen ____ 63
     c) Abstandsvorgaben aufgrund „optisch bedrängender Wirkung“ _____________________ 64
   2. Gewerbliche und anderweitig vorbelastete Flächen ________________________________ 65
   3. Wind im Wald ______________________________________________________________________ 66
   4. Wind in Landschaftsschutzgebieten________________________________________________ 66
   5. Rotorblattspitzen innerhalb der Gebietsgrenzen ____________________________________ 67
III. Mengenvorgaben des Bundes als regulatorische Alternative bei landesrechtlichen
Hemmnissen _____________________________________________________________________________ 68

G. Randbedingungen erfolgreicher Flächenbereitstellung verbessern _________ 71
I. Personalausstattung in den Planungsbehörden ________________________________________ 71
II. Datengrundlagen in den Ländern _____________________________________________________ 71
III. Akzeptanz _____________________________________________________________________________ 72

H. Fazit: Flächenbereitstellung konsistent reformieren _______________________ 73
1

A. Status quo und Anforderungen an ein
System der Flächenbereitstellung
Der Mangel an planerisch ausgewiesenen
geeigneten Flächen ist bereits heute eine
Ursache für den stockenden Windenergie-                    I. Ausbau der Windenergie im
ausbau 3. Mittelfristig wird dieser Mangel                 Zielsystem des Klimaschutzes
immer mehr zum Flaschenhals für die Um-
setzung des Ausbaus im erforderlichen
                                                           In § 3 Abs. 2 S. 1 des novellierten Bundes-Kli-
Umfang 4 – erst recht im Lichte der durch
                                                           maschutzgesetzes ist das Ziel der Netto-
die neue Bundesregierung angekündigten
                                                           Treibhausgasneutralität für das Jahr 2045
Ausbauziele 5. Wegen der Länge der Verfah-
                                                           nunmehr ausdrücklich verankert. Bis zum
ren zur Flächenbereitstellung von über fünf
                                                           Jahr 2040 sollen die Treibhausgasemissio-
Jahren 6 muss heute gehandelt werden, da-
                                                           nen um mindestens 88 Prozent gegenüber
mit die bestehenden Hemmnisse noch
                                                           dem Basisjahr 1990 gesenkt werden 8. Als
rechtzeitig beseitigt und der Windenergie-
                                                           Beitrag der Energiewirtschaft müssen als
ausbau zielgemäß stattfinden kann 7.
                                                           Zwischenziel die zulässigen Jahresemissi-
Die vorliegende Würzburger Studie stellt                   onsmengen in diesem Sektor von 280 Milli-
aktuell diskutierte Reformvorschläge für                   onen Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 2020
das heutige planungsrechtliche System der                  auf 108 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent
Flächenbereitstellung zusammen, ergänzt                    im Jahr 2030 absinken 9.
sie, ordnet sie ein und bewertet sie insbe-
                                                           Nach dem derzeitigen § 4 Nr. 1 e) Erneuer-
sondere dort, wo Vorschläge sich nicht ge-
                                                           bare-Energien-Gesetz 2021 (EEG 2021) soll
genseitig ergänzen, sondern in einem Al-
                                                           bis zum Jahr 2030 eine Steigerung der in-
ternativitätsverhältnis zueinander stehen.
                                                           stallierten Leistung von Windenergieanla-
Die Reformvorschläge zielen darauf ab, die
                                                           gen an Land auf 71 Gigawatt (GW) stattfin-
Flächenbereitstellung zu beschleunigen,
                                                           den. Laut verschiedener Szenarien dürfte
die Planungen rechtssicherer zu machen
                                                           dagegen für das Erreichen der Klima-
und einen Umfang an Flächenausweisun-
                                                           schutzziele ein Ausbau auf 80-120 GW in-
gen zu gewährleisten, wie er erforderlich
                                                           stallierte Leistung erforderlich sein 10.
ist, um die Windausbauziele zu erreichen.
                                                           Dadurch soll eine Stromerzeugung von 140-
Für vertiefte Analysen einzelner Vorschläge
                                                           145 Terrawattstunden pro Jahr erreicht
samt umfänglichen Nachweis der einschlä-
gigen Literatur und Rechtsprechung wird
auf vorhandene eigene Untersuchungen
verwiesen.

 3                                                          6
   SRU, Klimaschutz braucht Rückenwind: Für einen            Aktuell ca. 5-7 Jahre im Falle von Gesamtfortschrei-
 konsequenten Ausbau der Windenergie an Land, Stel-         bungen, 5,3 Jahre im Falle von sachlichen Teilfort-
 lungnahme, Februar 2022, S. 12.                            schreibungen, siehe BMI, Riedl/Materne/Hage, Pla-
 4
   Bons/Pape u.a., Analyse der kurz- und mittelfristigen    nungsbeschleunigung, MORO Informationen Nr. 20/1,
 Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergienut-          2021, S. 13, 17.
                                                            7
 zung an Land, UBA, Climate Change 38/2019, S. 146 ff.;      Vgl. BMWK, Eröffnungsbilanz Klimaschutz, 2022,
 siehe auch zu aktuellen Untersuchungsergebnissen           Kernaussage Nr. 4 sowie S. 3.
 https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-               8
                                                             Vgl. Scheuing/Müller, Die Koordination von Klima-
 energie/erneuerbare-energien/windenergie-an-               schutzzielen: Analyse des Klimaschutzgesetzes und der
 land#flaeche.                                              Maßnahmengesetze am Beispiel des EEG, UBA, Cli-
 5
   Danach sollen bei einem erwarteten Strombedarf im        mate Change 64/2021, S. 20 f.
 Jahr 2030 von 680-750 TWh 80 % aus erneuerbaren            9
                                                                 Anlage 2 zu § 4 KSG.
 Energien gewonnen werden. Idealerweise soll zudem          10
 der Kohleausstieg bereits bis 2030 gelingen, vgl.            Vgl. Prognos/Öko-Institut/Wuppertal Institut für
 SPD/BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/FDP, Mehr Fortschritt            Klima, Umwelt, Energie, Klimaneutrales Deutschland
 wagen, Koalitionsvertrag 2021 – 2025, 2021, im Weite-      2045, 2021, S. 31 f.; Fraunhofer ISE, Wege zu einem kli-
 ren: Koalitionsvertrag 2021, S. 56; BMWK, Eröffnungsbi-    maneutralen Energiesystem 2050, Update unter einer
 lanz Klimaschutz, 2022, S. 14.                             Zielvorgabe von 65% CO2-Reduktion in 2030 und 100%
                                                            in 2050, 2020, S. 5, 11 f.
2 Reformansätze zum Planungsrecht von Windenergieanlagen

werden 11. In der Eröffnungsbilanz des Bun-                 2030 mindestens eine Ziellücke von 600-
desministeriums für Wirtschaft und Klima-                   1000 km2 18. Damit bis zum Jahr 2030 die
schutz (BMWK) wurde nunmehr ein Aus-                        notwendige Anzahl an Windenergieanla-
bauziel für die Windenergie von 100 GW in-                  gen realisiert ist, müsste die Ausweisung
stallierter Leistung aus dem Koalitionsver-                 zusätzlicher Flächen zeitnah auf Grundlage
trag abgeleitet 12. Da zu dieser Zielformulie-              eines reformierten Rechtsrahmens in An-
rung die im EEG enthaltenen jährlichen                      griff genommen werden, da die notwendi-
Ausschreibungsmengen im Zeitraum bis                        gen Planungs-, Projektierungs-, Genehmi-
2028 von durchschnittlich 3,9 GW noch                       gungs- und Realisierungsphasen andern-
nicht passen, Studien vielmehr einen jährli-                falls nicht rechtzeitig abgeschlossen wer-
chen Zubau zwischen 4,5-8,4 GW für erfor-                   den können 19. Die neue Bundesregierung
derlich halten 13, wurde eine Erhöhung der                  hat angekündigt, hierfür erforderliche Maß-
Ausschreibungsmengen im EEG 2021 be-                        nahmen noch im ersten Halbjahr 2022 an-
reits für Frühjahr 2022 durch die neue Bun-                 zustoßen 20.
desregierung ins Auge gefasst 14.
Aktuell ist der Windenergieausbau von die-
sem Pfad jedoch deutlich entfernt. Wäh-                     II. Anforderungen an ein System der
rend der Zubau in den Jahren 2014-2018 im                   Flächenbereitstellung für die
Durchschnitt noch bei 4185 Megawatt (MW)
brutto lag, ist er in den letzten Jahren auf                Windenergie
unter 1000 MW (2019) bzw. unter 1500 MW
(2020) zurückgegangen 15, und erholt sich
bislang nur langsam 16, ohne zu den Größen-                 Überblick
ordnungen der Vergangenheit zurückzu-
kehren. Als ein Grund für den gegenwärtig                   ▶ Planerische Untätigkeit darf auch
stockenden Ausbau wird u. a. auch ein                         weiterhin keine Option zur Verhinde-
Mangel an Flächen identifiziert, auf denen                    rung von Standorten sein.
Windenergieanlagen planungsrechtlich zu-                    ▶ Klageanreize für Windenergiegegner
lassungsfähig sind. Mittelfristig reichen die                 müssen weiterhin vermieden wer-
gegenwärtig ausgewiesenen und in Plan-                        den.
entwürfen vorhandenen Flächen für die
Windenergie im Umfang von 0,9 Prozent                       ▶ Erforderliche Flächenmengen sind
der Gesamtfläche Deutschlands nicht zur                       bereitzustellen.
Umsetzung des notwendigen Zubaus aus 17.                    ▶ Eine ausreichende Flächeneignung
Wegen Beschränkungen der Nutzbarkeit                          ist zu gewährleisten.
auch der bereits ausgewiesenen Flächen
und weiterer Gründe besteht für das Jahr

 11                                                          17
  Zur Herleitung der Sektorenziele sowie das daraus            Bons/Pape u.a., Analyse der kurz- und mittelfristigen
 abgeleitete Zielmodell für den Ausbau erneuerbarer          Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergienut-
 Energien, Scheuing/Müller, Die Koordination von Kli-        zung an Land, UBA, Climate Change 38/2019, S. 146 ff.;
 maschutzzielen: Analyse des Klimaschutzgesetzes und         siehe auch zu aktuellen Untersuchungsergebnissen
 der Maßnahmengesetze am Beispiel des EEG, UBA Cli-          https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-
 mate Change 64/2021, S. 24 f.                               energie/erneuerbare-energien/windenergie-an-
 12
      BMWK, Eröffnungsbilanz Klimaschutz, 2022, S. 14.       land#flaeche sowie BMWK, Eröffnungsbilanz Klima-
 13
                                                             schutz, 2022, S. 14.
   Von durchschnittlich 4,5 GW gehen aus Prog-               18
 nos/Öko-Institut/Wuppertal Institut für Klima, Klima-         Vgl. Bericht des Bund-Länder-Kooperationsausschus-
 neutrales Deutschland 2045, 2021, S. 31; von 7,4 – 8,4      ses zum Stand des Ausbaus der erneuerbaren Ener-
 GW geht aus Fraunhofer ISE, Wege zu einem klima-            gien sowie zu Flächen, Planungen und Genehmigun-
 neutralen Energiesystem 2050 – Update unter einer           gen für die Windenergie an Land an die Bundesregie-
 Zielvorgabe von 65 % CO2-Reduktion in 2030 und 100%         rung gemäß § 98 EEG 2021, Berichtsjahr 2021, 22.10.2021,
 in 2050, S. 5, 12.                                          S. 47.
                                                             19
 14
      BMWK, Eröffnungsbilanz Klimaschutz, 2022, S. 36.         Zum zeitlichen Bedarf der Planungsphasen, siehe die
 15
                                                             Aufschlüsselung in BMI, Riedl/Materne/Hage, Pla-
  FA-Wind, Quentin, Ausbausituation der Windenergie          nungsbeschleunigung, MORO Informationen Nr. 20/1,
 an Land im Jahr 2020, 2021, S. 5.                           2021, S. 13 ff.; zum zeitlichen Bedarf der Zulassung von
 16
   FA-Wind, Quentin, Ausbausituation der Windenergie         Windenergieanlagen FA-Wind, Pietrowicz/Quentin,
 an Land im 1. Halbjahr 2021, 2021, S. 4; vgl. auch BMWK,    Dauer und Kosten des Planungs- und Genehmigungs-
 Eröffnungsbilanz Klimaschutz, 2022, S. 13.                  prozesses von Windenergieanlagen an Land, 2015.
                                                             20
                                                                  Koalitionsvertrag, 2021, S. 57.
3

▶ Der hohe politische Steuerungsan-                       Ausgestaltung hat zugleich zur Folge, dass
  spruch muss erfüllt werden.                             auch erfolgreiche Klagen gegen Konzentra-
                                                          tionszonenplanungen – jedenfalls für sich
▶ Komplexität und Planungsaufwand                         genommen 23 – nicht zu einer räumlichen
  sind zu minimieren.                                     Beschränkung der Zulässigkeit von Wind-
▶ Die Gerichtsfestigkeit von Plänen                       energievorhaben, sondern zur Wiederher-
  muss gestärkt werden – Planungs-                        stellung der Privilegierungswirkung im ge-
  fehler dürfen möglichst nicht zu Las-                   samten Außenbereich führt. Ein Anreiz für
  ten des Windenergieausbaus gehen.                       Klagen gegen entsprechende Planungen
                                                          mit dem Ziel, den Windenergieausbau zu
                                                          verhindern, wird so vermieden.
Ein System der planerischen Flächenbereit-
stellung 21 muss verschiedenen Anforderun-                In quantitativer Hinsicht muss das Pla-
gen genügen. Bei einer Reform des gegen-                  nungssystem zudem einen ausreichenden
wärtigen Rechtsrahmens geht es zunächst                   Umfang der ausgewiesenen Flächen ge-
darum, positive Eigenschaften des beste-                  währleisten. Ausreichend ist der Umfang
henden Systems zu bewahren und die Vo-                    der Flächen dann, wenn dieser – entspre-
raussetzungen für eine quantitativ wie qua-               chend der Zielvorgaben – die Realisierung
litativ ausreichende sowie rechtzeitige Flä-              von hinreichend vielen Windenergieanla-
chenausweisung dort zu schaffen, wo bis-                  gen mit den erforderlichen Leistungsmerk-
lang Defizite bestehen.                                   malen zulässt. Für die Bestimmung der
                                                          notwendigen Flächenmenge ist dabei nicht
Unter den zu bewahrenden Eigenschaften                    allein darauf abzustellen, auf wie vielen Flä-
des gegenwärtigen Systems ist insbeson-                   chen letztlich Windenergieanlagen betrie-
dere der Umstand zu nennen, dass planeri-                 ben werden müssen. Vielmehr sind bereits
sche Untätigkeit nach dem gegenwärtigen                   hier nie ganz zu vermeidende Mängel der
Rechtsrahmen keine Option darstellt, um                   Flächeneignung einzupreisen. Demgegen-
den Windenergieausbau zu blockieren. Er-                  über kann das Erfordernis, stets nicht nur
reicht wird dies nach der geltenden Rechts-               gerade genug, sondern so viele Flächen
lage dadurch, dass der rechtliche „Normal-                verfügbar zu haben, dass ein ausreichender
fall“ die Privilegierung der Windenergie im               Wettbewerb in den Ausschreibungsverfah-
gesamten Außenbereich nach § 35 Abs. 1                    ren nach dem Erneuerbare-Energien-Ge-
Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) ist und sich                  setz gestaltet werden kann, allenfalls von
diese Privilegierung nur unter Beachtung                  untergeordneter Bedeutung sein 24. Inso-
hoher Anforderungen auf bestimmte Flä-                    weit erscheint schon fraglich, inwieweit al-
chen konzentrieren lässt (sog. Konzentrati-               lein zu diesem Zweck die Ausweisung wei-
onszonenplanung) 22. Planungsträger sind                  terer Flächen gerechtfertigt werden kann.
durch diese Konzeption gezwungen, kon-
struktiv planerisch tätig zu werden, wenn                 Um das Maß notwendiger Flächen zu be-
sie den Ausbau der Windenergie steuern                    grenzen, muss die Eignung der ausgewie-
wollen. Unterbleibt dies, kann der Wind-                  senen Flächen so weit wie möglich sicher-
energieausbau gleichwohl auf Grundlage                    gestellt werden. Untersuchungen zeigen,
der allgemeinen Außenbereichsprivilegie-                  dass von den zuletzt ausgewiesenen Flä-
rung im Rahmen der planersetzenden Re-                    chen ein größerer Anteil letztlich nicht ge-
gelung des § 35 BauGB stattfinden. Diese                  nutzt werden konnte 25, was hier einen

 21                                                        24
   Mit Flächenbereitstellung ist vorliegend das Herbei-      Vgl. Mitteilung der Kommission vom 27.01.2022
 führen der planungsrechtlichen Voraussetzungen für        C(2022) 481 final, Leitlinien für staatliche Klima-, Um-
 die Zulassung von Windenergieanlagen gemeint. Dies        weltschutz- und Energiebeihilfen 2022, Ziff. 107 a) zur
 geht über die bloße Flächensicherung hinaus, die al-      Rechtfertigung von Ausnahmen von der Verpflichtung,
 lein verhindert, dass auf Flächen Nutzungen stattfin-     die Beihilfen auf der Grundlage einer Ausschreibung
 den, die mit Windenergienutzungen nicht vereinbar         zu gewähren.
 wären.                                                    25
                                                             Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass ca. 30 % der
 22
      Hierzu sogleich ausführlicher unter A. III. 1.       zwischen 2016 und 2020 auf Flächen geplanten Leis-
 23
    Im Einzelfall kann eine Beschränkung aber von ggf.     tung nicht umgesetzt werden konnte, siehe UBA,
 vorhandenen Planungen auf Flächennutzungsplane-           https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-
 bene ausgehen. Zur Problematik von Ausbaumorato-          energie/erneuerbare-energien/windenergie-an-
 rien und Plansicherungsinstrumenten siehe unten un-       land#flaeche; Bericht des Bund-Länder-Kooperations-
 ter B. III. 3. sowie C. IV.                               ausschusses zum Stand des Ausbaus der erneuerbaren
                                                           Energien sowie zu Flächen, Planungen und
4 Reformansätze zum Planungsrecht von Windenergieanlagen

Handlungsbedarf nahelegt. Zu beachten                    gleichzeitiger Steigerung der Rechtssicher-
wird bei der Adressierung dessen allerdings              heit und damit auch Gerichtsfestigkeit der
nicht nur sein, dass dieses Problem in vie-              Planungen zu erreichen. Hierfür ist es nicht
len Fällen nur durch Veränderungen im Zu-                nur nötig, deren Fehleranfälligkeit zu be-
lassungsrecht – namentlich eine erhöhte                  schränken, sondern auch den Umgang mit
Durchsetzungsfähigkeit von Windenergie-                  gleichwohl möglichen Fehlern so zu verän-
nutzungen gegenüber anderen öffentli-                    dern, dass diese nicht zu langwierigen Be-
chen Belangen – und nicht bereits auf Pla-               schränkungen des Windenergieausbaus in
nungsebene gelöst werden kann 26. Soweit                 den betroffenen Plangebieten führen.
das Problem auf Planungsebene adressier-
                                                         Wie diese verschiedenen Anforderungen
bar ist, muss zudem berücksichtigt werden,
                                                         miteinander in Einklang und in Ausgleich
dass eine verstärkte Prüfung der Flächen-
                                                         gebracht werden, stellt in erster Linie eine
eignung auf Planungsebene fast zwingend
                                                         politische Frage dar. Die nachfolgenden
zu einer Erhöhung des Planungsaufwands
                                                         Ausführungen gehen davon aus, dass der
und damit letztlich auch zu einer Verlänge-
                                                         bislang formulierte Steuerungsanspruch
rung der Planungsverfahren führt, so dass
                                                         aufrecht erhalten bleibt und weiterhin eine
hier letztlich eine Optimierung gegenläufi-
                                                         Konzentration des Windenergieausbaus in
ger Ziele erforderlich ist.
                                                         bestimmten Gebieten angestrebt wird.
In qualitativer Hinsicht genügt es zudem                 Würde der Steuerungsanspruch ganz oder
nicht, wenn die ausgewiesenen Flächen                    auch nur teilweise aufgegeben, eröffnete
nur geeignet sind. Der mit den Konzentrati-              dies zahlreiche Möglichkeiten, die Pla-
onszonenplanungen verfolgte Steuerungs-                  nungsverfahren weitergehend als hier dar-
anspruch geht vielmehr dahin, dass der                   gestellt zu vereinfachen und zu beschleuni-
Ausbau auf den geeignetsten Flächen                      gen 27.
stattfinden soll, das heißt auf denjenigen,
auf denen Windenergienutzungen andere
Raumnutzungen wie das Wohnen und die                     III. Aktuelle Rechts- und
Landwirtschaft sowie Raumfunktionen wie
die Erholungsfunktion oder die Bedeutung                 Problemlage sowie
des Raums für Natur- und Artenschutz                     Handlungsoptionen des
möglichst wenig beeinträchtigen und zu-
dem aufgrund der Windverhältnisse eine                   Gesetzgebers im Überblick
Nutzung auch wirtschaftlich sinnvoll ist.
Auch an diesem hohen Steuerungsan-
spruch sind Planungen in der Vergangen-                  1. Aktuelle Rechts- und Problemlage im
heit vielfach gescheitert, da er mit entspre-            Überblick
chend hohen Rechtfertigungsanforderun-
gen der Rechtsprechung an die Flächen-                   Das gegenwärtige System der Flächenbe-
auswahl einherging. Es stellt eine erhebli-              reitstellung für die Windenergie funktio-
che Herausforderung dar, diesen Steue-                   niert im Wesentlichen über das sog. Au-
rungsanspruch mit den quantitativen und                  ßenbereichsregime des § 35 BauGB. Der
zeitlichen Anforderungen des Windener-                   Bebauungsplanung kommt demgegen-
gieausbaus in Einklang zu bringen.                       über nur eine untergeordnete Bedeutung
                                                         zu 28. In aller Regel vollzieht sich der Ausbau
Gleichzeitig müssen neben der Erfüllung
                                                         im planerischen Außenbereich. § 35 BauGB
des vorgenannten Steuerungsanspruchs
                                                         umfasst in Absatz 1 Nr. 5 sowie Absatz 3 S. 1
nämlich Komplexität und Aufwand der Ver-
                                                         sowohl eine gesetzgeberische planerset-
fahren zur Flächenausweisung erheblich
                                                         zende Regelung, welche für sich stehen
reduziert werden. Ziel muss es sein, eine
                                                         kann und einen Ausbau der Windenergie
Verkürzung der Verfahrensdauer bei

                                                          27
 Genehmigungen für die Windenergie an Land an die           Zu einem in diese Richtung gehenden Vorschlag
 Bundesregierung gemäß § 98 EEG 2021, Berichtsjahr        siehe unter C. I. 2.
 2021, 22.10.2021, S. 23.                                 28
                                                            FA-Wind, Pietrowicz/Quentin, Dauer und Kosten des
 26
   Vgl. zu Überlegungen in diese Richtung Schmidt/Sai-    Planungs- und Genehmigungsprozesses von Wind-
 ler, Reformansätze im Genehmigungsrecht von Wind-        energieanlagen an Land, 2015, S. 23.
 energieanlagen, Würzburger Studien zum Umwelte-
 nergierecht Nr. 25, Januar 2022, S. 18 ff.
5

ermöglicht. Daneben enthält sie aber mit                     Instrument der sog. Konzentrationszonen-
dem Planvorbehalt des Absatz 3 Satz 3 zu-                    planung geschaffen 31. Mit deren Hilfe kann
gleich die zentrale Regelung der sog. Kon-                   die Privilegierungswirkung des § 35 Abs. 1
zentrationszonenplanung, mittels derer                       Nr. 5 BauGB letztlich auf bestimmte Berei-
sich die räumliche Wirkung der Privilegie-                   che im Plangebiet konzentriert und solche
rung der Windenergie weitergehend steu-                      Vorhaben im übrigen Plangebiet gleichzei-
ern und insbesondere räumlich konzentrie-                    tig ausgeschlossen werden.
ren lässt.
                                                             Diese Steuerung der Standorte mittels Kon-
Aus der Privilegierung der Windenergie                       zentrationszonenplanungen kann von Ge-
nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB folgt im Aus-                   setzes wegen gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB
gangspunkt, dass jede Windenergieanlage                      sowohl auf Flächennutzungsplanebene
im Außenbereich planungsrechtlich zulas-                     (Gemeindeebene) als auch auf Raumord-
sungsfähig ist, sofern ihr nicht im Einzelfall               nungsebene (Landes- und Regionalebene)
ein öffentlicher Belang nach § 35 Abs. 3 S. 1                vorgenommen werden. Wird sie auf Raum-
BauGB (Naturschutz, Denkmalschutz etc.)                      ordnungsebene als abschließende Planung
entgegensteht. Davon ist aber nicht schon                    betrieben 32, haben die Kommunen schon
dann auszugehen, wenn einer der in § 35                      heute nur sehr wenig bei den Fragen des
Abs. 3 S. 1 BauGB genannten öffentlichen                     „Ob“, des „Wieviel“ oder auch des „Wo“ ei-
Belange nur beeinträchtigt wird. Der be-                     ner Flächenausweisung im jeweiligen Plan-
troffene Belang muss vielmehr in Abwä-                       gebiet mitzubestimmen. Während in den
gung mit dem Realisierungsinteresse an                       Flächenbundesländern
der Windenergieanlage im konkreten Fall
                                                             ▶ Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklen-
höher zu gewichten sein und dieser der Zu-
                                                               burg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-
lassung der Windenergieanlage im so ver-
                                                               Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen
standenen Sinne entgegenstehen 29.
                                                               und Teilen von Niedersachsen
Bereits auf Grundlage dieser Regelung, die
                                                             auf Ebene der Regionalplanung eine solche
eine vorhabenbezogene Prüfung im Einzel-
                                                             abschließende Steuerung mit Ausschluss-
fall und damit eine primär kleinräumige
                                                             wirkung stattfindet, werden auf dieser
Koordinierung von Windenergievorhaben
                                                             Ebene in
mit öffentlichen Belangen ermöglicht 30,
können Windenergievorhaben planerisch                        ▶ Baden-Württemberg, Teilen von Nord-
zugelassen werden. Eine gewisse Steue-                         rhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem
rungswirkung wird so durchaus erreicht,                        Saarland und den übrigen Teilen von Nie-
eine Koordinierung des Windenergieaus-                         dersachsen
baus bleibt jedoch unvollständig. Insbeson-
                                                             nur bestimmte Mindestgebiete für die
dere eine Konzentration der Vorhaben in
                                                             Windenergienutzung ausgewiesen. In die-
bestimmten Bereichen lässt sich auf der
                                                             sen Ländern verbleibt die abschließende
Grundlage der gegenwärtigen Privilegie-
                                                             Steuerung bei den Kommunen Diese ent-
rung nicht erreichen.
                                                             scheiden mithin über die Ausweisung zu-
Zur Wahrung der Steuerungsinteressen der                     sätzlicher Flächen für die Windenergie und
Kommunen, aber auch der übergeordneten                       treffen die Entscheidung über das Herbei-
Ebenen hat der Gesetzgeber deshalb be-                       führen einer Ausschlusswirkung jenseits
reits 1996, gleichzeitig mit Einführung der                  der raumordnerisch vorgegebenen Min-
Außenbereichsprivilegierung von Wind-                        destgebietsausweisungen.
energievorhaben, den sog. Planvorbehalt
des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB und damit das

 29
   Siehe nur Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzber-           Funktionswandel der Privilegierung und Perspektiven
 ger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 35 Rn. 68.                planerischer Steuerung, ZfBR 2015, S. 224 (228).
 30                                                           32
   Vgl. Münkler, Ansiedlungssteuerung im Außenbe-               Abschließend meint hier, dass das gesamte Plange-
 reich, VerwArch 2015, S. 475 (477, 492) sowie Bruns/Fut-     biet einer „Schwarz-Weiß-Planung“ unterzogen und
 terlieb/Wenzel u. a., Instrumente für eine verbesserte       vollständig in Bereiche eingeteilt wird, in denen Wind-
 räumliche Steuerung der Stromerzeugung aus erneu-            energievorhaben vorgesehen werden (regelmäßig we-
 erbaren Energien, 2016, S. 42.                               niger als 2 % des Plangebietes) und solche, in denen sie
 31
   Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs vom                 ausgeschlossen sind (regelmäßig mehr als 98 % des
 30.07.1996, BGBl I, S. 1189 sowie hierzu Kümper, Zur Pri-    Plangebietes).
 vilegierung erneuerbarer Energien in § 35 Abs. 1 BauGB:
6 Reformansätze zum Planungsrecht von Windenergieanlagen

Aus Gründen im Zusammenhang mit der                             auf die Bundesziele ausreichenden Flä-
planerischen Abwägung und um zu verhin-                         chenausweisung hat dies jedoch bislang
dern, dass Konzentrationszonenplanungen                         nicht geführt.
als Instrument zur Verhinderung von Wind-
                                                                Auch an die Eignung der ausgewiesenen
energieanlagen genutzt werden, hat das
                                                                Flächen werden bereits heute Anforderun-
Bundesverwaltungsgericht an die Herbei-
                                                                gen gestellt. Nach der Rechtsprechung
führung der Ausschlusswirkung von Kon-
                                                                muss gewährleistet werden, dass sich die
zentrationszonenplanungen strenge Anfor-
                                                                Windenergie auf diesen Flächen regelmä-
derungen formuliert 33. Insbesondere muss
                                                                ßig und nicht nur im Einzelfall durchsetzen
danach ein schlüssiges gesamträumliches
                                                                kann. Dies ist zugleich Voraussetzung für
Planungskonzept aufgestellt werden, in
                                                                die Rechtfertigung des Ausschlusses von
dessen Rahmen nicht nur begründet wird,
                                                                Windenergienutzungen im übrigen Plan-
warum bestimmte Flächen für die Wind-
                                                                gebiet 38. Eine Pflicht, die am besten geeig-
energie ausgewiesen werden. Vielmehr
                                                                neten Flächen für die Windenergie auszu-
muss auch der Ausschluss aller anderen
                                                                weisen, geht damit aber nicht einher 39. Un-
Flächen, der sog. harten Tabuzonen sowie
                                                                tersuchungen zeigen, dass trotz dieser An-
letztlich nicht ausgewiesener Potenzialflä-
                                                                forderungen ein nicht geringer Anteil der
chen 34, gerechtfertigt werden. Dieser Aus-
                                                                ausgewiesenen Flächen aus verschiedenen
schluss ist zudem nur dann zulässig, wenn
                                                                Gründen dauerhaft nicht genutzt werden
der Windenergie insgesamt substanziell
                                                                kann 40.
Raum verschafft wird (sog. Substanzgebot).
Eine Mengenvorgabe, die an die Ausbau-                          Die Verfahren von Konzentrationszonenpla-
ziele für die Windenergie rückgekoppelt ist,                    nungen sind nicht zuletzt aufgrund der an
liegt hierin jedoch nicht 35. Das Substanzge-                   sie gerichteten rechtlichen Anforderungen
bot ist vielmehr stark von den jeweiligen                       äußerst zeitaufwändig. Die zumeist als
sonstigen Nutzungen und Raumfunktionen                          sachliche Teilfortschreibungen zustande
im Plangebiet abhängig und wurde in der                         kommenden Planungen dauern aktuell im
Vergangenheit vielfach bereits dann als er-                     Durchschnitt 5,3 Jahre 41. Trotz des nicht nur
füllt angesehen, wenn in Plangebieten ca.                       zeitlich hohen Planungsaufwands weisen
ein Prozent der Fläche oder gar weniger für                     zahlreiche Pläne formelle und/oder inhaltli-
die Windenergie ausgewiesen wurde 36. An-                       che Fehler auf 42. Insbesondere die Unter-
derweitige quantitative Vorgaben für die                        scheidung harter und weicher Tabuzonen
Flächenausweisung finden sich im Bundes-                        bereitet Schwierigkeiten. Die entspre-
recht nicht. In einzelnen Ländern sind sol-                     chende Anforderung der in Teilen unein-
che zwar vorhanden 37. Zu einer mit Blick                       heitlichen Rechtsprechung ist erheblicher
                                                                Kritik ausgesetzt 43. Viele Pläne werden vor

 33
  Grundlegend BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01;            Rn. 59; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.09.2010 – 2 A
 BVerwG, Beschl. v. 15.09.2009 – 4 BN 25/09; BVerwG,             5.10, juris Rn. 35; Gatz, Die planerische Steuerung der
 Urt. v. 13.12.2012 – 4 CN 1/11.                                 Windenergienutzung in der Regional- und Flächen-
 34
   Vgl. zur Unterscheidung harter Tabuzonen einerseits           nutzungsplanung, DVBl 2017, S. 461 (467).
                                                                 39
 und Potenzialflächen andererseits Gatz, Die planeri-              OVG Koblenz, Urt. v. 26.05.2021 – 8 C 11151/20, juris Rn.
 sche Steuerung der Windenergienutzung in der Regio-             146; OVG Lüneburg, Urt. v. 15.03.2018 – 12 KN 38/17, juris
 nal- und Flächennutzungsplanung, DVBl 2017, S. 461              Rn. 76; Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs-
 (461 f.).                                                       und Gerichtspraxis, 3. Aufl. 2019, Rn. 105.
 35
   Siehe hierzu unten unter B. I. und ausführlich bei            40
                                                                      Siehe bereits oben unter Fn. 25.
 Wegner, Ansätze zur Begrenzung der Fehleranfällig-              41
                                                                      Siehe bereits oben unter Fn. 6.
 keit und des Aufwands von Konzentrationszonenpla-               42
 nungen, 2021, S. 20 f.                                            Zu der Fehlerquelle der Unterscheidung harter und
 36
                                                                 weicher Tabuzonen siehe noch unten unter C. II. 3 a)
    Vgl. die Nachweise bei Bruns/Futterlieb/Wenzel u. a.,        und b).) siehe Wegner, Fehlerquellen von Windkon-
 Instrumente für eine verbesserte räumliche Steuerung            zentrationszonenplanungen, Würzburger Berichte
 der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, 2016,             zum Umweltenergierecht Nr. 14 vom 07.09.2015 sowie
 S. 54.                                                          das Update in Würzburger Berichte zum Umweltener-
 37
    Vgl. die Übersicht in der Stellungnahme der FA-Wind          gierecht Nr. 37 vom 14.12.2018 und Wegner, Ansätze zur
 vom 25.01.2019 zum „Fragenkatalog der Koalitions-AG             Begrenzung der Fehleranfälligkeit und des Aufwands
 Akzeptanz/Energiewende“, S. 3 f., abrufbar unter                von Konzentrationszonenplanungen, Würzburger Stu-
 FA_Wind_Stellungnahme_AGAkzeptanz_25012019.pdf                  dien zum Umweltenergierecht Nr. 22 vom 04.08.2021
 (fachagentur-windenergie.de).                                   jeweils mit Verweis auf weitere Untersuchungen.
 38                                                              43
  OVG Lüneburg, Urt. v. 23. 06.2016 – 12 KN 64/14, juris          Statt vieler Tyczewski, Konzentrationszonen für
 Rn. 85; OVG Schleswig, Urt. v. 20.01.2015 – 1 KN 7/13, juris    Windenergieanlagen rechtssicher planen – Illusion
7

Gericht angegriffen und schließlich jeden-                    Bundesländern sind hier nur die augen-
falls hinsichtlich ihrer Ausschlusswirkung                    scheinlichsten Beispiele.
aufgehoben 44. Um einen Rückfall auf den
rechtlichen Ausgangszustand der privile-
gierten Zulässigkeit von Windenergieanla-                     2. Handlungsoptionen des Gesetzgebers
gen im gesamten Außenbereich zu verhin-                       im Überblick
dern, werden von den Planungsträgern in
solchen Fällen vielfach erneut Planungsver-                   In der fachlichen Diskussion zur Stärkung
fahren begonnen. Zur zwischenzeitlichen                       der Flächenbereitstellung werden verschie-
Sicherung der neuen Planung werden                            dene Handlungsoptionen des Gesetzgebers
dann landesrechtlich sog. Windenergiemo-                      diskutiert, um die vorstehend skizzierten
ratorien 45 erlassen oder es wird ein zwi-                    Hemmnisse für eine ausreichende Flächen-
schenzeitlicher Ausbau außerhalb der künf-                    bereitstellung zu minimieren oder zu besei-
tigen Flächenkulisse mittels der (auch)                       tigen und damit den oben beschriebenen
bundesrechtlich geregelten sog. Plansiche-                    Anforderungen an ein System der Flächen-
rungsinstrumente verhindert. Praktisch                        bereitstellung für die Windenergie 47 zu ent-
kann dies in den betroffenen Plangebieten                     sprechen. Zur Gewährleistung einer ausrei-
zu einem Jahre währenden Ausbaustopp                          chenden Flächenbereitstellung bei gleich-
führen.                                                       zeitig verbesserter Koordination der Stand-
                                                              orte liegen verschiedene Vorschläge für die
Neben diesen grundlegenden Schwierig-
                                                              Schaffung bundesrechtlicher Mengenvor-
keiten bei der Handhabung des Instru-
                                                              gaben vor (dazu unter B.). Wie diese Vorga-
ments der Konzentrationszonenplanung
                                                              ben in Zukunft in konkrete Flächenauswei-
bestehen weitere Problemfelder 46: Recht-
                                                              sungen umgesetzt werden sollen, wird
lich umstritten ist nach wie vor, inwieweit
                                                              ebenfalls kontrovers diskutiert (dazu unter
der hohe Aufwand von Konzentrationszo-
                                                              C.).
nenplanungen dann verringert ist, insbe-
sondere auf eine erneute Gesamtabwä-                          Hier stellt sich zunächst die Frage, ob das
gung verzichtet werden kann, wenn neben                       Instrument der Konzentrationszonenpla-
einer bereits bestehenden Planung allein                      nungen überhaupt noch genutzt und hier-
zusätzliche Flächen für die Windenergie                       für lediglich reformiert werden sollte oder
ausgewiesen werden sollen. Ungeklärt sind                     ob es eines Systemwechsels hin zu einer
zudem Fragen im Konkurrenzverhältnis                          räumlichen Steuerung allein auf Grundlage
zwischen Flächenausweisungen auf den                          der Außenbereichsprivilegierung der Wind-
Ebenen der Raumordnung einerseits und                         energie oder einer fachplanerischen Steue-
der Bauleitplanung andererseits. Auch ist                     rung bedarf (dazu unter C. I.). Hält man am
die planerische Auswahl der geeignetsten                      Instrument der Konzentrationszonenpla-
Flächen erheblich dadurch erschwert, dass                     nungen fest, so liegen verschiedene Vor-
zahlreiche Flächentypen den Planungsver-                      schläge vor, wie deren Komplexität und der
fahren von vorne herein entzogen, die                         erforderliche Planungsaufwand reduziert
Suchräume der Planer damit erheblich ver-                     und ihre Gerichtsfestigkeit gesteigert wer-
kleinert werden. Der generelle Ausschluss                     den kann (dazu unter C. II.).
zahlreicher Repoweringstandorte aufgrund
                                                              Selbst wenn die Fehleranfälligkeit von Kon-
weitreichender Abstandsregelungen sowie
                                                              zentrationszonenplanungen bedeutend ge-
der vollständige Ausschluss von Windener-
                                                              senkt wird, müssen Vorkehrungen auch für
gienutzung im Wald in verschiedenen
                                                              die Fälle geschaffen werden, in denen

                                                               45
 oder Wirklichkeit?, BauR 2014, S. 934 (934); Hend-              In Schleswig-Holstein galt ein solches Moratorium
 ler/Kerkmann, Harte und weiche Tabuzonen: Zur Mi-             auf landesrechtlicher Grundlage zwischen 2016 und
 sere der planerischen Steuerung der Windenergienut-           Ende 2020. Es ist dort nach mehrfacher Verlängerung
 zung, DVBl 2014, S. 1369 (1376).                              mit Inkrafttreten der neuen Regionalpläne ausgelau-
 44
   Siehe einerseits BVerwG, Urt. v. 13.12.2018 – 4 CN 3/18,    fen. In Brandenburg gilt in Regionen ohne wirksame
 juris Rn. 29 und hierzu Kerkmann, NVwZ 2019, S. 494 ff.       Konzentrationszonenplanung seit Mai 2019 ein ver-
 und Raschke, Die Reichweite der Statthaftigkeit der           gleichbares Moratorium.
                                                               46
 Normenkontrolle gegen Planungen mit Rechtswirkun-               Zusammenfassend Kümper, Perspektiven einer
 gen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, ZfBR 2019, S. 329 ff.       Fachplanung für Windenergieanlagen, DÖV 2021, S.
 sowie andererseits OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v.            1056 (1058 f.).
 02.03.2021 – OVG 10 A 17.17.                                  47
                                                                    Siehe oben unter A. II.
8 Reformansätze zum Planungsrecht von Windenergieanlagen

Fehler gleichwohl passieren. Insoweit wer-
den spezielle Fehlerfolgenregelungen dis-
kutiert, die verhindern, dass gerade prak-
tisch relevante Fehler zur Aufhebung ent-
sprechender Pläne führen (dazu unter C.
III.). Gesetzliche Änderungen werden zu-
dem diskutiert um zu verhindern, dass in
Fällen, in denen es trotzdem zu Planaufhe-
bungen kommt, langwierige Neuaufstel-
lungen begleitet von Moratorien und Plan-
sicherungsinstrumenten zu erheblichen
Verzögerungen des Windenergieausbaus
führen (dazu unter C. IV.).
Vorschläge existieren vor dem Hintergrund
der Komplexität von Konzentrationszonen-
planungen zudem für eine rechtssichere
Ausgestaltung der Frage, in welchen Fällen
unter erleichterten Voraussetzungen zu-
sätzliche Flächen für die Windenergie aus-
gewiesen werden können, ohne dass hier-
für vorhandene Konzentrationszonenpla-
nungen aufwendig geändert oder neu vor-
genommen werden müssen (dazu unter
D.). Schließlich werden Regelungsmöglich-
keiten diskutiert, wie die Nutzung von
Repoweringstandorten weitergehend als
bislang gewährleistet werden kann (dazu
unter E.).
Da alle betrachteten Instrumente nur sol-
che Flächen für die Windenergie ausweisen
können, die nicht von Gesetzes wegen pla-
nerischen Abwägungsprozessen entzogen
sind, werden weiterhin Vorschläge aufge-
griffen, wie bestimmte Flächen überhaupt
wieder für Planungsprozesse geöffnet wer-
den können (dazu unter F.). Abschließend
wird zudem auf zentrale Randbedingungen
einer erfolgreichen Flächenbereitstellung
hingewiesen (dazu unter G) und ein Fazit
gezogen (dazu unter H.).
9

B. Verbindliche bundesrechtliche
Mengenvorgaben implementieren
Zur Steigerung der Flächenbereitstellung                      ▷ sich in ihrem Umfang an den Aus-
auf ein Niveau, das zum Erreichen der Aus-                      bau- bzw. Klimaschutzzielen von
bauziele für die Windenergie geeignet ist,                      EEG bzw. KSG orientiert,
wird vielfach die Einführung bundesrechtli-
cher Mengenvorgaben gefordert 48. Im Koa-                     ▷ für eine stärkere Gleichverteilung
litionsvertrag der Ampelparteien ist ihre                       der Flächenausweisungen zwi-
Umsetzung nun ausdrücklich vorgesehen,                          schen den Ländern sorgt,
ohne dass hiermit bereits eine Festlegung                     ▷ zeitlich abgestuft wird und bei
in Detailfragen getroffen scheint 49.                           Ausbleiben der benötigten Wind-
                                                                strommengen nachgesteuert wer-
                                                                den kann,
I. Status quo und Reformziele
                                                              ▷ die Bundesländer und auch die
                                                                Planungsträger bindet,
Überblick                                                     ▷ eindeutige mengenmäßige Vorga-
                                                                ben für die Planungsebene macht
Status quo:                                                     und die unklare Anforderung des
▶ Fehlen einer echten quantitativen                             Substanziell-Raum-Schaffens inso-
  Steuerung der Flächenbereitstellung                           weit ablöst.
  im Bundesrecht.
▶ Geltung von Mengenvorgaben allein                         Der derzeitige bundesrechtliche Rahmen
  in einzelnen Ländern, die jedoch                          für die Ausweisung von Flächen für die
  nicht an die Ausbauziele des Bundes                       Windenergie umfasst keine bezifferten
  rückgekoppelt, sondern allein am je-                      quantitativen Vorgaben für die Länder. Ein-
  weiligen Ambitionsniveau des Lan-                         ziges quantitatives Element ist das Gebot,
  des beim Ausbau der Windenergie                           der Windenergie substanziell Raum zu
  orientiert sind.                                          schaffen. Das Planungsergebnis von Kon-
                                                            zentrationszonenplanungen wird hieran
▶ Erhebliche Unterschiede im Umfang
                                                            gemessen. Seine Erfüllung ist Vorausset-
  der Flächenbereitstellung zwischen
                                                            zung für die Ausschlusswirkung solcher
  den Ländern in Relation zu den je-
                                                            Planungen. Das Substanzgebot lässt sich
  weils vorhandenen Flächenpotenzia-
                                                            aber weder verallgemeinernd quantifizie-
  len.
                                                            ren noch ist es seinem Umfang nach an die
Ziele:                                                      bundesrechtlichen Ziele für den Windener-
                                                            gieausbau oder die Klimaschutzziele ge-
▶ Schaffung einer bundesweiten Men-
                                                            koppelt 50. Laut der Rechtsprechung stellt
  genvorgabe, die
                                                            diese Voraussetzung für die Ausschlusswir-
                                                            kung von Konzentrationszonenplanungen
                                                            allein eine Grenze zu verbotenen Verhinde-
                                                            rungsplanungen dar. Wo diese

 48
    Siehe unter anderem SRU, Klimaschutz braucht Rü-         DNR/BUND/DUH/Germanwatch/NABU, Machbar. Er-
 ckenwind: Für einen konsequenten Ausbau der Wind-           neuerbar. Die Energiewende jetzt voranbringen, Au-
 energie an Land, Stellungnahme, Februar 2022, S. 16 ff.;    gust 2021; kritisch dagegen Stellungnahme des Präsidi-
 Stiftung Klimaneutralität, Wie kann die Verfügbarkeit       ums der ARL zur Forderung nach einem Fachrecht für
 von Flächen für die Windenergie an Land schnell und         Windenergieanlagen vom 06.10.2020, Ziff. 3.
 rechtssicher erhöht werden?, Januar 2021; Agora Ener-       49
                                                                  Koalitionsvertrag 2021, S. 57.
 giewende/Agora Verkehrswende/Stiftung Klimaneut-            50
 ralität, Das Klimaschutz-Sofortprogramm, August 2021,         Wegner, Ansätze zur Begrenzung der Fehleranfällig-
 S. 15; bdew, Positionspapier, Energiewende ermögli-         keit und des Aufwands von Konzentrationszonenpla-
 chen – 25 Vorschläge für mehr Tempo bei Planung und         nungen, Würzburger Studien zum Umweltenergier-
 Genehmigung, August 2021, S. 16;                            echt Nr. 22 vom 04.08.2021, S. 20.
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