Schweizer Pensionskassenstudie 2022 - Kommentierte Ergebnisse - investrends.ch

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Schweizer Pensionskassenstudie 2022 - Kommentierte Ergebnisse - investrends.ch
Schweizer
Pensionskassenstudie
2022
Kommentierte Ergebnisse
Schweizer Pensionskassenstudie 2022 - Kommentierte Ergebnisse - investrends.ch
Impressum
Herausgeberin Zürcher Kantonalbank ­Redaktion Peter Wirth Projektleitung Marcel Baumann,
Swisscanto Fondsleitung AG Autoren Heini Dändliker, Zürcher Kantonalbank; Iwan Deplazes, Zürcher
­Kantonalbank; Hanspeter Konrad, Schweizerischer Pensionskassenverband, ASIP Produktion
                 ­ ürcher Kantonalbank Gestaltung Neidhart + Schön AG Druck Zürcher Kantonalbank
 Simona Stalder, Z
 Titelbild Getty Images Bestellungen beruflichevorsorge@swisscanto.ch Adresse der Redaktion
 Zürcher Kantonalbank, Bahnhofstrasse 9, 8001 Zürich

2   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
Schweizer Pensionskassenstudie 2022 - Kommentierte Ergebnisse - investrends.ch
Editorial

                                                        Wie schön wäre es, wenn ich dem nichts mehr
                                                        hinzufügen müsste – leider ist damit aber
                                                        noch nicht alles gesagt. Die Folgen der Corona­
                                                        pandemie, des Kriegs in der Ukraine und nicht
                                                        zuletzt die steigende Inflation haben in den letz­
                                                        ten Monaten zu Korrekturen an den Finanz­
                                                        märkten geführt.

                                                        Betroffen sind davon alle Pensionskassen – unab­
Ich möchte eines vorwegnehmen: 2021 war für             hängig davon, ob sie auf eine hohe Aktienquote
die Pensionskassen und ihre Versicherten ein            oder eine hohe Obligationenquote setzen. Ge­
­sensationelles Jahr. Ein Blick auf die wichtigsten     mäss dem Pensionskassenmonitor von Swisscanto
 Kennzahlen zeigt: Es reiht sich Rekord an Re­          lagen die Deckungsgrade der Kassen zum Ende
 kord.                                                  des 1. Quartals 2022 denn auch wieder leicht un­
                                                        ter den Zielgrössen.
Ein wesentlicher Grund dafür ist die positive Ent­
wicklung an den Finanzmärkten. Die Pensions­            Immerhin: Es ist ein grosser Vorteil, dass die
kassen wussten diese geschickt zu nutzen: Sie er­       ­Turbulenzen an den Finanzmärkten die Pensions­
zielten im letzten Jahr eine durchschnittliche           kassen in so robuster Verfassung antreffen. Was
Rendite von satten 8,4 Prozent. So war es den            es jetzt braucht, ist ein umsichtiges und verant­
meisten Kassen möglich, ihre Wertschwankungs­            wortungsvolles Agieren seitens der Vorsorgeein­
reserven erstmals seit rund 20 Jahren wieder             richtungen – im Interesse der Versicherten und
vollständig zu äufnen und darüber hinaus freie           der gesamten Volkswirtschaft.
Mittel zu erwirtschaften.
                                                        Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre
Davon profitierten auch die aktiven Versicher­          und vielseitige Erkenntnisse.
ten. Für ihr Sparkapital erhielten sie 2021 durch­
schnittlich 4,25 Prozent Zins – auch dies gab es        Martin Scholl
zuletzt vor 20 Jahren. Ebenfalls im Interesse der       CEO Zürcher Kantonalbank
Ver­sicherten: Die Pensionskassen haben die
Folgen der Finanzkrise von 2008 vollends über­
wunden und stehen finanziell wieder sehr
komfortabel da – mit Deckungsgraden, wie man
sie zuletzt in den 1990er-Jahren sah.

                                    Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022   3
Schweizer Pensionskassenstudie 2022 - Kommentierte Ergebnisse - investrends.ch
Studienergebnisse 2022

Auf einen Blick

                                                              Rendite fliesst
                                                              in Reserven
    8,4%                                                      und Verzinsung
                                                              Kassen mit hohen Wertschwan­
    Rendite erzielten die Pensions­                           kungsreserven (>75%) verzinsten
    kassen 2021 im Durchschnitt – die                         die Altersguthaben doppelt
    zweitbeste Performance der letz­                          so hoch wie Kassen mit tiefen
                                                              Reserven. Im Durchschnitt
    ten 10 Jahre. Die Unterschiede
                                                              lag die Verzinsung bei
    zwischen den Kassen sind jedoch                           4,25% – so hoch wie
    gross.                                                    zuletzt 2001.

    Wenig Ambition
    bei CO2-Reduktion                                                   Rekordhohe
                                                                        Deckungsgrade
                       Nur 6% aller Vor­
                       sorgeeinrichtun­                Bei den öffentlich-rechtlichen Kassen
                       gen verfolgen ein
                       konkretes CO2-
                                                       beträgt der Deckungsgrad 90,8%
                       Reduktionsziel.                 (Teilkapitalisierung) bzw. 112,9%
                                                       (Vollkapitalisierung), bei den privat­
                                                       rechtlichen Kassen 122,1%.

86%
                   der Kassen weichen
                   vom gesetzlichen
                                                                               22%
                   Koordina­tionsabzug                                  beträgt der Frauenanteil
                   ab. 22% wenden                                       in den Stiftungsräten der
                   gar keinen ­Koordina-                                Pensionskassen. Er liegt
                   tionsabzug an.                                       damit deutlich unter dem
                                                                        Frauenanteil bei den Ver­
                                                                        sicherten (43%).

4   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
Schweizer Pensionskassenstudie 2022 - Kommentierte Ergebnisse - investrends.ch
Inhalt

Editorial3
Martin Scholl

Studienergebnisse 2022                                                                                      4
Auf einen Blick

Welche Leistungen Kassen erbringen                                                                          6
Heini Dändliker
Geraten Leistungsverbesserungen in Sichtweite?

Verwaltung der Anlagevermögen                                                                               9
Iwan Deplazes
Anlageseitiges Ausschöpfen der Risikofähigkeit zahlt sich abermals aus

Entwicklungen in der beruflichen Vorsorge                                                                  12
Hanspeter Konrad
Das Haus in Ordnung halten

Resultate der Umfrage 2022                                                                                 15
Pensionskassenstudie von Swisscanto

Verzeichnis der Vorsorgeeinrichtungen                                                                      79
Die Teilnehmer der Umfrage

                                 Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022    5
Welche Leistungen Kassen erbringen

Geraten Leistungsverbesserungen
in Sichtweite?

                                                                 von 122,1 Prozent. Das ist der höchste Wert, seit
                                                                 Swisscanto die Pensionskassenstudie im Jahr
                          Heini Dändliker                        2000 erstmals durchgeführt hat.
                          Leiter Key Account
                          Management/                            Ausbau der Wertschwankungsreserven
                          Firmenkunden Markt                     Die Pensionskassen haben die Belastungen über­
                          Schweiz, Zürcher                       wunden, welche die wiederholten Krisen der Ver­
                          Kantonalbank                           gangenheit hervorgerufen hatten. Nach den Un­
                                                                 terdeckungen infolge der Finanzkrise von 2008
                                                                 bewegte sich der durchschnittliche Deckungsgrad
Die Finanzierungssituation der Pensionskassen                    der privatrechtlichen Kassen lange auf einem Ni­
ist Ende 2021 so komfortabel wie schon lange                     veau um 110 Prozent. Ab 2018 setzte eine rasche
nicht mehr. Die gute Performance der Finanz­                     Erholung ein: Der Deckungsgrad der Kassen von
märkte im Jahr 2021 erlaubte es, die Wert­                       privaten Arbeitgebern nahm seither um über 13
schwankungsreserven bis zur Zielgrösse aufzu-                    Prozentpunkte zu – trotz gleichzeitig vorgenom­
füllen. Die freien Mittel wurden für Leistungs-                  mener Senkung des technischen Zinssatzes.
verbesserungen genutzt.
                                                                 Ermöglicht hat diese rasche Erholung die wieder­
Die Deckungsgrade der Pensionskassen haben                       holt gute Performance der Finanzmärkte. 2021
Ende 2021 ein Rekordhoch erreicht. Die privat­                   war nach 2019 das zweitbeste Börsenjahr der
rechtlichen Kassen steigerten den vermögens­                     letzten zehn Jahre. Die hohen Erträge ermög­
gewichteten Durchschnittswert im Vergleich                       lichten es, die Reserven aufzufüllen – ein Vor­
zum Vorjahr um beachtliche 6 Prozentpunkte                       haben, dem die Kassen in den letzten zwei Jahr­
und ­erzielten im Schnitt einen Deckungsgrad                     zehnten stets etwas hinterherhinkten.

Abbildung 1:                                      Deckungsgrad in %, vermögensgewichtet
Deckungsgrade auf Rekordhoch:               130
                                                                                Zielgrösse Wertschwankungsreserven 18,5%
Deckungsgradentwicklung 2011 bis 2022                                                                                       122,1
                                            120
                                                                                                            113,9 116,1
                                                                                                                             112,9   117,3
                                            110
                                                                                                                    109,2            108,4
                                                                                                            107,7
                                            100

                                                                                                                             90,8
                                             90
                                                                                                            82,4     87,7             87,0
                                             80

                                             70
                                                   2011   2012    2013   2014   2015   2016   2017   2018   2019 2020       2021     3.22*
                                                   Privatrechtlich
                                                   Öffentlich-rechtlich Vollkapitalisierung
                                                   Öffentlich-rechtlich Teilkapitalisierung
                                                  * Schätzung Swisscanto Pensionskassen-Monitor 31.03.2022

6   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
Zielgrössen wieder erreicht                                  Freie Mittel für hohe Verzinsung
Die grosse Mehrheit der Pensionskassen hat ihre              Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen dürfen
Zielgrösse für die Wertschwankungsreserven                   erst dann Leistungsverbesserungen vorsehen,
2021 erreicht. Dies ist umso erfreulicher, als die           wenn ihre Wertschwankungsreserven zu mindes­
Stiftungsräte die Vorgabe kontinuierlich nach                tens 75 Prozent geäufnet sind. Die grosse Mehr­
oben angepasst haben: Lag der Durchschnitts­                 heit verfügte 2021 wieder über freie Mittel für
wert für die privatrechtlichen Vorsorgeeinrich­              eine höhere Verzinsung: Bei den Sammel- und
tungen 2012 noch bei 15,9 Prozent, erhöhte                   Gemeinschaftseinrichtungen privater Arbeitgeber
sich die durchschnittliche Zielgrösse seither auf            haben 86 Prozent das gesetzliche Minimum von
18,5 Prozent.                                                75 Prozent erreicht; im Vorjahr waren dies noch
                                                             lediglich 56 Prozent.
Die jüngsten Kurskorrekturen an den Finanz­
märkten zeigten denn auch, wie rasch diese                   Auch die meisten eigenständigen Pensionskassen
­Reserven wieder dahinschmelzen können. Im                   hatten Spielraum für Leistungsverbesserungen.
 1. Quartal 2022 registrierte der Pensionskassen-            Die Versicherten profitierten von der höchsten
 Monitor von Swisscanto eine geschätzte Ge­-                 Verzinsung der letzten zwanzig Jahre. Der Zins­
 samt­rendite von –3,5 Prozent. Dadurch hat sich             satz lag im Schnitt bei 4,25 Prozent, doch man­
 der vermögensgewichtete Deckungsgrad der                    che Kassen verzinsten deutlich höher: Versicherte
 ­privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen auf                bei 14 Prozent der Kassen privater Arbeitgeber
  117,3 Prozent verringert und liegt damit bereits           erhielten eine Verzinsung von mindestens 8 Pro­
  wieder etwas unter der durchschnittlichen Ziel­            zent. Dabei hat die Umverteilung gedreht –
  grösse.                                                    die aktiven Versicherten wurden gegenüber den

Abbildung 2:                                   Technischer Zinssatz in %
Zinswende stoppt Sinkflug:               3,5
Entwicklung technischer Zins und                                                                                               1,5
                                         3,0
Rendite der 10-jährigen Bundes-
obligationen 2012–2021                                                                                                         1,0
                                         2,5

                                         2,0                                                                                   0,5

                                         1,5                                                                                   0,0

                                         1,0
                                                                                                                              – 0,5
                                         0,5
                                                                                                                              –1,0
                                         0,0
                                                 2012     2013    2014     2015    2016    2017   2018   2019   2020   2021

                                                Privatrechtlich
                                                Öffentlich-rechtlich
                                                 Rendite Bundesobligation 10 J. (rechte Skala)

                                   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022                      7
Rentnerinnen und Rentnern kaum mehr benach­               Der Reform einen Schritt voraus
teiligt und auch die Pensionierungsverluste               Die BVG-Reform des Bundesrats sieht keine Sen­
konnten weiter reduziert werden.                          kung der Eintrittsschwelle für die obligatorische
                                                          Versicherung vor. Nationalrat und Ständerats­
Trendwende beim technischen Zins                          kommission sehen jedoch eine tiefere Eintritts­
Mit den soliden Reserven sind die Pensionskassen          schwelle vor. Aktuell sind Teilzeitarbeitende
gut aufgestellt, um ihre Leistungsversprechen             und insbesondere Erwerbstätige mit mehreren
nachhaltig zu erfüllen. Eine zentrale Entschei­           Arbeitgebern im Nachteil, falls sie die Schwelle
dungsgrundlage für die langfristige Bewertung             von aktuell 21’510 Franken nicht erreichen. Ein
der Verpflichtungen der Vorsorgeeinrichtungen             Viertel der Vorsorgeeinrichtungen nimmt die
ist die empfohlene Obergrenze für den techni­             ­Reformbestrebungen vorweg und hat die Hürde
schen Zins gemäss Fachrichtlinie FRP 4 der                 bereits von sich aus tiefer angesetzt oder varia­
Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-­                bel angelegt.
Experten. Die Trendwende in der Zinspolitik der
Notenbanken hat den langanhaltenden Sinkflug              Im Rahmen der BVG-Reform wird auch die Re­
gestoppt: Die Obergrenze wurde 2021 nach                  duktion des Koordinationsabzugs diskutiert. Hier
oben korrigiert und für 2022 zeichnet sich eine           wirken die Pensionskassen der Benachteiligung
weitere Erhöhung ab. Grund dafür sind die stei­           von Teilzeitarbeitenden noch stärker entgegen:
genden Renditen bei 10-jährigen Bundesobli­               Bereits 86 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen
gationen. Bei den tatsächlich verwendeten tech­           haben vom Beschäftigungsgrad oder vom Lohn
nischen Zinssätzen der einzelnen Kassen zeigt             abhängige Koordinationsabzugsmodelle oder
sich bereits eine Verlangsamung des Abwärts­              berechnen keinen Koordinationsabzug. Fixe,
trends der letzten Jahre. Die Vorsorgeeinrichtun­         nicht mit dem Beschäftigungsgrad gewichtete
gen bewerten ihre Vorsorgeverpflichtungen                 Koordinationsabzugsmodelle setzt nur noch eine
also realistisch.                                         Minderheit ein. Das zeigt: Viele Pensionskassen
                                                          sind der Reform bereits einen Schritt voraus.
Weiterhin im Sinkflug befindet sich hingegen
der Umwandlungssatz. Hier ist vorerst keine               Frauen sind in den Stiftungsräten
Trendwende in Sicht: 2022 liegt der Umwand­               untervertreten
lungssatz bei Männern mit Rücktrittsalter 65 bei          Die erstmalige Befragung zur Zusammensetzung
5,43 Prozent und bis 2026 rechnen die befragten           und Arbeit der Stiftungsräte zeigt, dass nur
Vorsorgeeinrichtungen mit weiteren Senkungen              ­ge­rade 22 Prozent der Stiftungsräte Frauen sind –
auf 5,25 Prozent. Die von der BVG-Reform beab­            bei einem Anteil von 43 Prozent der versicherten
sichtigte Reduktion des Umwandlungssatzes                  Personen. Im Schnitt bestehen die Stiftungsräte
im obligatorischen Bereich von 6,8 auf 6 Prozent           aus acht stimmberechtigten Mitgliedern, externe
ist somit nicht mehr als eine notwendige An­               Stiftungsräte bilden die Ausnahme. Hingegen
näherung an die Realität.                                  verfügen rund 80 Prozent der Kassen über einen
                                                           Anlageausschuss, bei den grösseren Kassen sind
                                                           es nahezu alle Kassen.

8   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
Verwaltung der Anlagevermögen

Anlageseitiges Ausschöpfen
der Risikofähigkeit zahlt sich abermals aus

                                                               Stand der vergangenen zehn Jahre, die Aktien­
                                                               quote erreichte – begleitet vom Motto «TINA»
                                                               (There Is No Alternative) – ein Rekordhoch (vgl.
                          Iwan Deplazes                        Abbildung 1). Bis zum Ende des Jahres 2021 ging
                          Leiter                               diese Rechnung auf.
                          Asset Management,
                          Zürcher                              3. Beitragszahler hat abermals geliefert
                          Kantonalbank                         So konnte der 3. Beitragszahler, die Anlagerendi­
                                                               te auf dem Vermögensbestand der beruflichen
                                                               Vorsorge, seine Bedeutung abermals eindrücklich
Die Pensionskassen können auf ein erfolgreiches                demonstrieren. Die Pensionskassen haben das
Anlagejahr zurückblicken. So konnten sich die                  Anlagejahr 2021 im Mittel mit einer Nettoren-
Kassen zum Jahreswechsel 2021/2022 in einer                    dite von 8,4 Prozent abschliessen können. 2021
sehr robusten Verfassung präsentieren. Anfang                  darf sich damit im langfristigen Vergleich als sehr
2022 wird diese Leistungsfähigkeit kurzfristig                 guter Jahrgang präsentieren – im Durchschnitt
­herausgefordert. Durch die seit Jahresbeginn be­              der vergangenen zehn Jahre betrug die Anlage­
 schleunigte Zinswende verzeichnen alle Anlage­                rendite 5,35 Prozent.
 klassen mit Ausnahme der alternativen Anlagen
 Kursverluste.                                                 Weiter starke Spannbreite der Anlagerenditen
                                                               Diese durchschnittliche Rendite von 8,4 Prozent
Im Jahr 2021 haben sich bei den Schweizer Pensi­               geht wiederum mit einer erheblichen Spannbreite
onskassen die Anlagetrends der Vorjahre fortge­                der Renditen einher (vgl. Abbildung 2). Wie in
setzt. Die Obligationenquote sank angesichts                   den Vorjahren konnten wir auch im Rahmen der
schwacher Renditeerwartungen auf den tiefsten                  aktuellen Pensionskassenstudie strukturelle Gründe

Abbildung 1:                               Anteile in %                                                              in %
Aktienquoten auf Höchststand,        100      5,5       5,0     5,4    6,1    6,3    6,3     6,4     6,4   6,0     6,0
                                                                                                                              1,5
Obligationenquoten auf Tiefstand      90
                                             20,3       19,9   20,4   21,9   22,5    22,8   24,8    24,3   24,4   24,6
                                      80                                                                                      1,0
                                      70
                                      60     27,6       29,4   29,4   30,1   30,7    32,1   29,3    31,6   32,7   33,7        0,5
                                      50
                                      40                                                                                      0,0
                                      30
                                             35,8       34,5   34,7   33,3   32,4    30,3   30,9    29,3   28,9   27,4
                                      20                                                                                     –0,5
                                      10
                                              7,4       7,6    7,0     5,6    5,1    5,8     5,6     5,5   4,6     4,6
                                       0                                                                                     –1,0
                                            2012        2013   2014   2015   2016    2017    2018   2019   2020   2021

                                            Übrige                    Hypotheken      Obligationen      Rendite Bundes-
                                            Altern. Anlagen           Immobilien      Darlehen1         obligation 10 J
                                            Infrastrukturanlagen      Aktien          Liquide Mittel    (rechte Skala)

                                   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022                    9

                                                    -
für die Unterschiede der Performance ermitteln.                                    Finanzielle Fitness der Kassen deutlich
Dazu zählen beispielsweise die Grösse der Kassen,                                  gestiegen
die Asset Allocation oder Brancheneigenheiten.                                     Besser sieht es bei den Kassen angesichts der bei­
Dies sind nur einige der Merkmale, die zu einer                                    den grossen Herausforderungen – der steigen­
unterschiedlichen Einschätzung und Ausschöpfung                                    den Lebenserwartung und den Zinsen – aus. In
vorhandener Risikobudgets führen.                                                  den vergangenen Jahren haben die Pensionskas­
                                                                                   sen die notwendigen Massnahmen umgesetzt,
Abbildung 2:                                                                       um die Renten langfristig zu sichern:
Nettorenditen: Zweitbeste Performance der letzten
10 Jahre
                                                                                   §   Anpassung des technischen Zinssatzes
      Nettorenditen in %                                                           §   Äufnung der Wertschwankungsreserven
20
                                                                                   §   Verwendung von Generationentafeln
15
                                                                                   §   Senkung des Umwandlungssatzes
                                                                                   §   Erhöhung des Pensionierungsalters
10
                                                                            8,39
         7,17   6,26   7,31                 7,64           10,85
                                                                                   Gesundes Fundament ermöglicht Hand-
                                                                          Ø 5,35
 5
                                     3,58
                                                                   42
                                                                   3,97            lungsspielraum
 0
                              1,13                                                 Sind diese Hausaufgaben erledigt, eröffnen die
                                                   -2,81
                                                                                   guten Noten im Pflichtenheft neue Chancen.
 -5                                                                                Mit guten Anlagerenditen – wie denjenigen des
                                                                                   ­Anlagejahres 2021 – kann endlich wieder eine
-10
      2012         2014          2016          2018           2020                  höhere Verzinsung der Altersguthaben der aktiv
                                                                                    Versicherten angegangen werden. Handlungs­
Nachhaltigkeit:
    Mittelwert    ESG-Kriterien auf dem Vor-                                        spielraum haben besonders diejenigen Kassen,
marsch, CO2-Reduktionsziele treten am Ort                                           die ihre Wertschwankungsreserven bereits zu
Die Verankerung von Nachhaltigkeitsstrategien,                                      mindestens 75 Prozent geäufnet haben.
die wir im Vorjahr erstmals abgefragt hatten, ist
2021 weiter vorangeschritten. ESG-Kriterien sind                                   Aktive erhalten höchste Verzinsung seit
mittlerweile bei 33 Prozent der Kassen im Anla­                                    20 Jahren
gereglement verankert (Vorjahr 25 Prozent),                                        Insgesamt konnten sich die Schweizer Pensions­
bei den grossen Kassen ist das Vordringen von                                      kassen mit der Rückendeckung guter Anlageren­
ESG-Kriterien deutlich ausgeprägter als bei den                                    diten zum Jahreswechsel 2021/2022 robuster
kleinen Kassen. Das zögerliche Tempo der Um­                                       denn je präsentieren. Die aktiven Versicherten
setzung dürfte allerdings in die Kritik geraten.                                   haben mit durchschnittlich 4,25 Prozent eine
Das gilt vor allem bei der Messung von CO2-                                        gute Verzinsung ihrer Altersguthaben erhalten
Intensitäten der Portfolios. Bei der tatsächlichen                                 – nach jahrelanger Durststrecke und Umvertei­
Verankerung von CO2-Reduktionszielen herrscht                                      lung zugunsten der Rentner. Gute Anlageren-
noch weitgehend Fehlanzeige. Da besteht im                                         diten bleiben eine notwendige Bedingung,
Sinne der Selbstregulierung wohl Handlungs-                                        um weiterhin eine attraktive Verzinsung der
bedarf.                                                                            Altersguthaben sicherstellen zu können.

10      Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
Der Zinsschock und die Performance                        samtportfolio von – 4,8 Prozent berechnet und da­
Sind derart freundliche Aussichten angesichts des         mit die G
                                                                  ­ rössenordnung möglicher Verluste sehr
Zinsschocks und der Herausforderungen des Jah­            gut skizziert.
res 2022 nun bereits wieder Makulatur? Wir
möchten an dieser Stelle auf die Simulation eines         Feststellen mussten wir zudem, dass obligationen­
Zinsschocks von 1 Prozent (=100 Basispunkten) bei         lastige Portfolios ihre defensiven Qualitäten aktu­
CHF-Anleihen zurückgreifen, die wir im Rahmen             ell nicht ausspielen konnten – sie verzeichnen ein
der Präsentation der Pensionskassenstudie 2020            Minus von 5,2 Prozent und reagieren damit ge­
gezeigt hatten. Dort hatten wir die Kursverluste          nauso empfindlich wie Portfolios, die eher aktien­
inklusive Spill-over-Effekten auf andere Anlage­          lastig sind (– 5,1%, vgl. Abbildung 3).
klassen im Gesamtportfolio auf – 4,8 Prozent ge­
schätzt – ohne geopolitische Zusatzbelastungen            Lieber ein Ende mit Schrecken
wie die Ressourcenknappheit durch den Ukrai­              Nachdem die Pensionskassen die zahlreichen Her­
ne-Krieg und neue Lieferengpässe durch die chi­           ausforderungen angegangen sind, um ihre finan­
nesischen Covid-19-Massnahmen.                            zielle Situation zu sichern, wurden sie als Folge ei­
                                                          nes geldpolitischen Bremsmanövers mit einem
Zinsschock: Renditeeinbussen etwa so hoch                 Zinsschock konfrontiert. Dieser fällt kurzfristig
wie erwartet                                              stark aus. Mittel- bis langfristig wird ausschlagge­
Angesichts des starken Zinsanstiegs im 1. Quartal         bend sein, dass die Kassen ihre Leistungsfähigkeit
2022 möchten wir an dieser Stelle zeigen, wie ein         im Sinne der Destinatäre mit umfassenden Mass­
durchschnittliches Schweizer Pensionskassenport­          nahmenpaketen gesichert haben. Für das Negativ­
folio in dieser Belastungssituation reagiert.             zinsumfeld und sein Ende durch den Zinsschock
                                                          des 1. Quartals 2022 gilt:
Die Performance betrug von Anfang Januar bis
Ende April 2022 im Mittel – 4,82 Prozent (vgl.            Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken
Abbildung 3). Unsere Simulation eines Zinsschocks         ohne Ende!
hatte vor Jahresfrist Kurseinbussen auf dem Ge-

Abbildung 3:
«Risikolose» Anlagen schützen nicht vor Renditezerfall

Performance Anlageklassen                            Performance Pensionskassen
YTD 04.2022                                                  YTD 04.2022
Anlageklasse       Perfor-
                   mance               Durchschnittliches
Alternative Anlagen +0,8%                 PK-Portfolio    Aktienlastiges
Immobilien         – 2,4%                                  PK-Portfolio
Aktien Inland      –5,1%                                                Obligationenlastiges
Aktien Ausland     –7,2%
                                          – 4,82%                         PK-Portfolio
Obligationen FW    –8,1%
                                                                    – 5,1%
                                                                                           – 5,2%
Obligationen CHF   –7,9%

Liquide Mittel     –0,3%

                                      Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022   11
Entwicklungen in der beruflichen Vorsorge

Das Haus in Ordnung halten

                                                           letztlich in der Verantwortung aller Akteure in
                                                           der beruflichen Vorsorge, insbesondere auch der
                                                           Sozialpartner, liegt. Vor diesem Hintergrund wer­
                                                           den nachfolgend einige dieser Aufgaben aus
                                                           Sicht der beruflichen Vorsorge skizziert.
                           Hanspeter Konrad
                           lic. iur. Rechtsanwalt,         Hohes Gewicht kapitalgedeckter Renten
                           Direktor ASIP                   in der Schweiz
                                                           Die Industrienationen erleben seit Jahren eine
                                                           stetige Alterung der Bevölkerung. Bei hauptsäch­
Die Stabilität unserer Altersvorsorge mit ihrer            lich umlagefinanzierten Altersvorsorgesystemen
austarierten Zusammensetzung von Umlage und                müssen die Beiträge einer kleiner werdenden Er­
Kapitaldeckung bildet einen gewichtigen sozial­            werbsbevölkerung die Renten einer grösser wer­
politischen Vorteil für unser Land. Doch die tief­         denden Rentenbevölkerung finanzieren. Zahlrei­
greifenden wirtschaftlichen und demografischen             che Länder reagierten in den letzten Jahren auf
Veränderungen erfordern Anpassungen. Auch                  diese Problematik, indem sie verstärkt auf kapi­
die Ansprüche und Erwartungen der Destinatäre              talgedeckte Renten setzten.
ändern sich. Dem muss die laufende ­Reform des
BVG Rechnung tragen – ohne das ­Erreichte in               Die Schweiz weist diesbezüglich eine gute Aus­
Frage zu stellen.                                          gangslage auf. Im internationalen Vergleich ge­
                                                           hört sie zu den Ländern mit den grössten Vorsor­
Nachdem sich die Pensionskassen (PK) in den                gevermögen. Aufgrund dieser Entwicklungen
letzten zwei Jahren mit den Herausforderungen              verfügen die Schweizerinnen und Schweizer im
der Covid-19-Pandemie konfrontiert gesehen                 Rentenalter über eine höhere durchschnittliche
hatten, steht aktuell der Krieg in der Ukraine mit         Kaufkraft als die ältere Bevölkerung in den
all seinen Facetten, vor allem dem unermessli­             Nachbarländern. Unser System der Altersvorsor­
chen menschlichen Leid, im Fokus. Schon jetzt              ge trägt entscheidend dazu bei, dass schwerwie­
zeichnet sich ab, dass der russische Einmarsch in          gende Fälle von Altersarmut deutlich seltener
die Ukraine die Erholung der Weltwirtschaft von            vorkommen. Es gelingt insgesamt gut, Menschen
den Folgen der Covid-19-Pandemie bremsen                   im Rentenalter finanziell abzusichern. Die beruf­
wird. Die indirekten Folgen des Krieges werden             liche Vorsorge trägt zu diesem Befund entschei­
auch in der Schweiz spürbar: Lieferkettenpro­              dend bei. Das muss auch so bleiben!
bleme, steigende Energiepreise, Inflationssorgen
und steigende Zinsen.                                      Strukturelle Veränderungen
                                                           Die Pensionskassenlandschaft wird durch zwei
Ob der Krieg in der Ukraine letztlich zu einer             sich in den letzten Jahren verstärkende Entwick­
neuen globalen Ordnung führt, wird sich zeigen.            lungen geprägt. Erstens lässt sich eine anhalten­
Derzeit sind die längerfristigen Auswirkungen              de Konsolidierung unter den Pensionskassen (PK)
noch schwierig abzuschätzen. Der Konflikt ist              feststellen. Während 2004 noch 2’935 PK aktiv
aber sicher eine Zäsur – gesellschaftlich, politisch,      waren, sank diese Zahl im Jahr 2020 auf 1’438.
wirtschaftlich. Angesichts dieser noch vor Kur­            Zweitens führt dieser Prozess zu einer Verlage­
zem unvorstellbaren Ereignisse müssen wir alles            rung der Versicherten weg von firmeneigenen
unternehmen, um das in Ordnung zu halten, was              PK hin zu Sammel- und Gemeinschaftseinrichtun­

12   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
gen (SGE). Inzwischen sind über 71 Prozent der        organe geschuldet. Dabei ist auch in Erinnerung
aktiven Versicherten in SGE versichert. Zudem ist     zu rufen, dass die PK im Vergleich zu vielen in-
ein ­stetiges und deutliches Wachstum der             und ausländischen Finanzinstituten zwei schwere
Bilanz­summen der PK festzustellen. Während die       Finanzkrisen 2002 und 2008 ohne grössere Liqui­
Bilanz­summe 2004 noch 484 Mrd. Franken be­           ditäts- und Solvenzprobleme gemeistert hatten.
trug, verzeichnen die 1’438 PK 2020 einen Wert
von 1’063 Mrd. Franken. Zudem ist die Zahl der           Es wird sich zeigen, wie sich die wirtschaftlichen
aktiv Versicherten in dieser Zeitspanne um rund          und weltpolitischen Unsicherheiten konkret
37 Prozent gestiegen.                                   auf die Vermögensbewirtschaftung auswirken.
                                                        Entscheidend bleibt jedoch ein diversifiziertes
Unabhängig davon, ob es sich um eine grosse             Portfolio, das auch geopolitische Turbulenzen
oder kleine PK, eine SGE oder eine firmeneigene         verkraften kann. Weiterhin zentral ist eine nach­
PK handelt, bleibt Professionalität ein unver­          haltige, ESG-orientierte Anlagepolitik. Die PK
zichtbarer Anspruch an die Arbeit von Führungs­         tragen die treuhänderische Verantwortung für
organen. In diesem Zusammenhang wird häufig             eine nachhaltige, zukunftsorientierte Bewirt­
das Milizprinzip zwar als gute, typisch schweize­       schaftung der Vermögen ihrer Versicherten. Es
rische Lösung beurteilt, angesichts der zu bewäl­       braucht diesbezüglich keine Regulierung des
tigenden Herausforderungen und insbesondere             ­Gesetzgebers. Mehr Regulierung verstärkt die
der zu bewirtschaftenden Vermögen jedoch als             Bürokratie und bläht die Verwaltungskosten un­
zu wenig professionell qualifiziert.                     nötig auf, führt aber zu keinem Zusatznutzen.
                                                         Hingegen ermuntern wir die PK, gegenüber
Diese Sichtweise missversteht jedoch gerade die       ­ihren Versicherten aufzuzeigen, in welcher Form
Bedeutung des Milizprinzips für die berufliche         sie die ESG-Kriterien in den Anlageprozess
Vorsorge. Das Milizsystem ist nämlich seit jeher       ­einbauen. Anzustreben ist ein praxisorientiertes
Garant für eine sozialpartnerschaftliche, paritäti­     ESG-Reporting.
sche Führung, indem es eine Vernetzung mit der
Gesellschaft (Stifterfirma) wie auch die Nutzung      Politische Reformdebatten
der hauptberuflich erworbenen Kompetenzen             Angesichts der skizzierten Entwicklungen stehen
mit sich bringt. Es sollte daher nicht relativiert    die AHV- und BVG-Reformdiskussionen etwas im
oder gar abgeschafft, sondern konsequent um­          Schatten. Eine nachhaltige Sicherung der AHV
gesetzt werden. Dies umso mehr, als eine              und der beruflichen Vorsorge ist jedoch eine so­
PK-Konsolidierung zu einer nicht zu unterschät­       zialpolitische Kernaufgabe und verlangt von
zenden Entfernung der PK von den Arbeitgebern         Bundesrat und Parlament ein klares und zielge­
und Arbeitnehmern und somit auch zu einer ge­         richtetes Handeln. Der jahrzehntelange Re­
wissen Anonymisierung führt, wodurch deren In­        formstau muss endlich ein Ende haben. Nötig ist
teresse an der PK schwindet.                          jetzt eine Politik, die transparent und vertrau­
                                                      ensvoll aufzeigt, welche Massnahmen notwendig
Anspruchsvolles Anlageumfeld                          sind, um auch für die künftigen Generationen
Neben den Beiträgen der Arbeitnehmenden und           die «Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung
Arbeitgebenden spielt der sogenannte 3. Bei­          in angemessener Weise» zu gewährleisten. Wir
tragszahler eine zentrale Rolle. Die in den letz­     laufen sonst Gefahr, der jüngeren Generation
ten Jahren erzielten guten Ergebnisse sind nicht      immer grössere Lasten für immer geringere Leis­
zuletzt der hohen Professionalität der Führungs­      tungen aufzubürden.

                                  Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022   13
Im Fokus der BVG-Reform, die derzeit in Bern              vor dem Hintergrund der drohenden Inflation
diskutiert wird, muss daher auch die Frage                und steigender Zinsen (welche mittel- und lang­
der Gerechtigkeit zwischen den Generationen               fristig positiv für das Kapitaldeckungsverfahren
stehen. Es geht darum, dass die langfristige              sind) keine hektischen Entscheide gefällt wer­
­Sicherung der Renten im Kapitaldeckungsver­              den. Zu Recht bildeten die PK nach der Finanz­
 fahren gewährleistet wird – ohne Ausbau der              krise 2008 wieder entsprechende Reserven.
 systemwidrigen Umverteilung. Ein Umlagever­
 fahren wie bei der AHV, bei dem Geld von besser          Die zwischenzeitlich aufgebauten Reserven leis­
 Verdienenden zu weniger gut Verdienenden                 ten einen wesentlichen Beitrag zur finanziellen
 umgelagert wird, widerspricht dem Sinn und               Stabilität. Zudem bleibt jeder Vorsorgefranken
 Zweck der 2. Säule. Dafür wurde die 1. Säule             im Vorsorgekreislauf und wird zugunsten der
 ­geschaffen. Zudem soll die Reform finanziell            Versicherten eingesetzt. Es kann jedoch durchaus
  für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer              sein, dass sich in den kommenden Jahren ver­
  und für die Arbeitgeber tragbar und durch die           mehrt Fragen bezüglich der «gerechten» Zuord­
  PK operativ einfach umsetzbar sein.                     nung von Mitteln auf die Destinatäre unter
                                                          ­Berücksichtigung unterschiedlicher Rentnergene­
In diesem Sinn hat der Nationalrat zu Recht den            rationen stellen werden.
Vorschlag des Bundesrates, der zu einer neuen,
systemwidrigen Umverteilung geführt hätte,                Schliesslich werden sich die Führungsorgane auch
sehr deutlich abgelehnt. Daran sollte sich auch           mit Fragen der Digitalisierung und des Daten­
der Ständerat orientieren. Positiv zu beurteilen          schutzes befassen müssen.
ist vor allem, dass für die Übergangsgeneration
nicht im Giesskannenprinzip Rentenzuschläge an             Fazit
Versicherte verteilt werden, die überhaupt keine           Die Geschichte lehrt uns, dass neben den gesetz­
Einbussen haben. Stattdessen liegt der Fokus nun           lichen Vorgaben, den versicherungstechnischen
zielgerichtet auf jenen rund 14 Prozent aller Ver­        Voraussetzungen und den durch verschiedene,
sicherten, die tatsächlich und unmittelbar von            u.a. auch geopolitische Spannungen beeinfluss­
einer Senkung des BVG-Mindestumwandlungs­                 ten Entwicklungen an den Finanzmärkten auch
satzes betroffen wären. Mit diesem sachlich               aktuelle Ereignisse die berufliche Vorsorge prägen
korrekten, sozialen und fairen Vorgehen wird              können. In solchen Situationen lohnt es sich,
einerseits im Gegensatz zum Bundesratsmodell              ­immer wieder die Stärken der im Kapitaldeckungs­
die Umverteilung von Jung zu Alt deutlich redu­            verfahren finanzierten 2. Säule, die sich gerade
ziert, und anderseits werden über die fixen Ren­           in den letzten Jahren manifestiert haben, in Erin­
tenzuschläge die tieferen Einkommen gestärkt.              nerung zu rufen. Die berufliche Vorsorge muss
                                                           ihr Licht nämlich keineswegs unter den Scheffel
Führungsfragen                                             stellen. Sie nimmt ihren Kernauftrag – die preis­
Das aktuelle Umfeld fordert die Führungsorgane             werte Produktion von Rentenleistungen – wahr
von PK heraus. Es zwingt sie, die Finanzierungs-           und leistet damit einen echten Beitrag zu einer
und Leistungspläne immer wieder zu überprüfen              nachhaltigen, vertrauenswürdigen und verlässli­
und allenfalls anlagepolitische sowie versiche­            chen Vorsorge in der Schweiz.
rungstechnische Massnahmen zu ergreifen. Da
die PK im Durchschnitt nach den letzten guten
Anlagejahren stabil aufgestellt sind, sollten auch

14   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
Resultate der Umfrage 2022

Einleitung16
A     Vorsorgeeinrichtungen und Versicherte                    20
      1 Leistungs- und Beitragsprimat
      2 Finanzierung der Vorsorgeeinrichtung
      3 BVG-Eintrittsschwelle
      4 Koordinationsabzug
      5 Frühestes reglementarisches Rücktrittsalter von Männern
      6 Wahlmöglichkeiten für Sparpläne
      7 Leistungen
      8 Aktive und Rentner
      9 Stiftungsrat

B     Kapitalanlage und Asset Allocation                                       34
      1 Asset Allocation
      2 Immobilienanlagen
      3 Alternative Anlagen
      4 Absicherung der Fremdwährungsanlagen
      5 Kategorienbegrenzung und Erweiterungsbegründung
      6 Nachhaltigkeit

C     Performance und Zinsen                                                   48
      1 Performance
      2 Sollrendite und erwartete Rendite

D     Deckungsgrad                                                             54
      1 Deckungsgrad und Deckungsgradentwicklung
      2 Wertschwankungsreserven

E     Technischer Zins und Verzinsung                                          59
      1 Technischer Zins – Stand und Entwicklung
      2 Verzinsung der Altersguthaben

F     Umwandlungssatz und weitere versicherungstechnische Grössen              67
      1 Umwandlungssatz
      2 Ordentliches und effektives Rücktrittsalter
      3 Technische Grundlagen

G     Verwaltungs- und Anlagekosten                                            76
      1 Allgemeine Verwaltungskosten
      2 Vermögensverwaltungskosten
      3 Gesamte Verwaltungskosten

15   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
Einleitung zu den Umfrageresultaten der Schweizer Pensionskassenstudie 2022

An einem Wendepunkt?

Die Swisscanto-Studie 2022 vermittelt wiederum            Der Durchschnitt der geltenden technischen Zins-
eine breitgefächerte Darstellung des Stands der           sätze der privatrechtlichen Kassen lag vor zehn
beruflichen Vorsorge und der Pensionskassen per           Jahren noch bei 3,08 Prozent, die Umfrage 2022
Ende 2021, ergänzt mit zahlreichen Angaben                ergab 1,46 Prozent. Sie sind auf weniger als die
über die Entwicklung der letzten fünf bis zehn            Hälfte gesunken. Für die Pensionskassen stellte
Jahre.                                                    das eine enorme Herausforderung dar. Die
                                                          FRP-Richtlinie 4 der Kammer der Pensionskassen­
In der Zwischenzeit seit dem Erhebungszeitpunkt           experten gibt als Maximum derzeit 2,17 Prozent
hat sich vieles geändert. Die Hoffnung ist, dass          bei Anwendung von Generationentafeln vor.
die Covid-Pandemie, welche die letzten zwei Jahre
prägte, überwunden ist. Doch nun hat der Krieg             Mitte Januar 2022 sind die Renditen der 10-jähri-
in der Ukraine die politische Grosswetterlage              gen Bundesobligationen jedoch erstmals seit
tiefgreifend verändert. Für die berufliche Vorsor-         über drei Jahren wieder in den positiven Bereich
ge unmittelbar bedeutsam ist die plötzlich und             gestiegen. Hält der Trend an, dürfte sich das
vehement ausgebrochene Teuerung und mit ihr                bei der Festsetzung der nächsten Richtlinie aus-
der Anstieg der Zinsen.                                    wirken, mit Folgen für die technischen Zinsen,
                                                           die Bewertung der Deckungskapitalien und die
Es kann nicht Aufgabe dieser Studie sein, Prog-            Höhe der damit verbundenen finanziellen
nosen zu liefern und Vermutungen über die                 ­Verpflichtungen.
­Zukunft anzustellen. Es darf aber davon ausge-
 gangen werden, dass wir uns in vielerlei Hinsicht        Besserstellung der Beitragszahler
 an einem Wendepunkt befinden. Die Daten                  Die Angaben über die Verzinsung der Altersgut-
 der Studie geben die Situation für den Zeitpunkt         haben der Aktiven und die Verzinsung der
 31.12.2021 wieder. Sie sind unter den gegebenen          ­Rentner zeigen bereits seit zwei Jahren grössere
 Umständen nicht nur für diesen Moment wert-               Werte für die Aktiven, hier haben sich die Ver-
 voll, sondern dürften in den kommenden Jahren             hältnisse bereits gedreht. Ausschlaggebend ist
 eine Grundlage für das Verständnis der jetzt              der tiefere technische Zins, verbunden mit dem
 ­ausgelösten Entwicklung bilden, an deren Aus-            seit Jahren sinkenden Umwandlungssatz, der für
  gangspunkt wir uns heute befinden.                       das Berichtsjahr mit durchschnittlich 5,25 Prozent
                                                           errechnet wurde, sowie die gute Performance
 In ausgezeichneter Verfassung                             der letzten drei Jahre, welche hohe Verzinsungen
 Die Daten zeigen die Pensionskassen in aus­              der Altersguthaben erlaubte.
 gezeichneter Verfassung. Der für die privatrecht­
lichen Kassen ermittelte durchschnittliche                Die Beitragszahler der privatrechtlichen Kassen
­vermögensgewichtete Deckungsgrad erreichte               kamen in den Genuss von durchschnittlich
 122 Prozent, für die öffentlich-rechtlichen mit          4,42 Prozent, der höchste Wert der letzten
 Vollkapitalisierung ergaben sich 113 Prozent. Die        20 Jahre. 14 Prozent der Versicherten privater
 Wertschwankungsreserven konnten gefüllt                  Arbeitgeber erhielten sogar eine Verzinsung von
 ­werden, viele Kassen verfügen darüber hinaus            8 und mehr Prozent. Auffallend ist, dass die
  über freie Mittel. Angesichts der erhöhten              ­Aktiven bei den öffentlich-rechtlichen Kassen mit
  ­Un­sicherheit bildet das ein willkommenes Polster       im Schnitt 2,70 Prozent deutlich schlechter fuhren.
   zur nachhaltigen Erfüllung der Leistungsver­
   sprechen.

16   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
Die gute Verzinsung heisst allerdings nicht, dass     Die Benachteiligung tiefer Einkommen aufgrund
die systemfremde Umverteilung damit gänzlich          des BVG-Koordinationsabzugs ist anerkannt.
beseitigt wurde. Zu gross ist der Anteil jener        Der gesetzlich vorgegebene Maximalbetrag in
Rentner, die mit deutlich höheren Sätzen als den      Höhe von 25’095 Franken gelangt nur noch für
jetzt geltenden in Rente gegangen sind. Das Pro-      eine Minderheit der Destinatäre zur Anwen-
blem der Umverteilung von Aktiven zu Rentnern         dung. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass bei
dürfte sich allerdings entschärfen.                   86 Prozent der teilnehmenden Kassen Teilzeitbe-
                                                      schäftigte und andere Geringverdienende aktu-
Das BVG schreibt vor, dass die Arbeitgeberbeiträ-     ell keine oder nur geringe Nachteile erleiden.
ge gesamthaft mindestens gleich hoch sein             In den betreffenden Kassen wurde diesbezüglich
­müssen wie jene der Arbeitnehmer. Wie das Ver-       die Reform quasi vorweggenommen. Dies wird
 hältnis der Beiträge der beiden Sozialpartner ist,   erreicht entweder durch den gänzlichen Wegfall
 wurde in der Studie für eine Reihe von Branchen      des Koordinationsabzugs, einen tieferen Fixbe-
 ermittelt. Im Durchschnitt bezahlen die Arbeit-      trag oder mit einem variablen Abzug aufgrund
 geber je 100 Franken Arbeitnehmerbeitrag ihrer-      der Lohnhöhe oder des Beschäftigungsgrads.
 seits 145 Franken in die Pensionskassen ein, bei
 den Sammelstiftungen liegt er mit 144 Franken        Anders sieht die Situation betreffend Eintritts-
 praktisch auf gleicher Höhe, was nicht unbedingt     schwelle aus. Der Vorschlag einer Senkung der
 zu erwarten war. Der höchste Betrag ergibt sich      Schwelle ist erst durch Beschlüsse des National-
 für Finanz- und Versicherungsdienstleistungen        rats in die Reformdebatte geraten. Während
 mit 180 Franken, der tiefste im Baugewerbe mit       aber beim Koordinationsabzug die Mehrheit der
 112 Franken.                                         Kassen für die Versicherten vorteilhaftere Lösun-
                                                      gen eingeführt hat, halten sich bei der Ein­
Blick auf die BVG-Reform                              trittsschwelle drei Viertel an die gesetzliche Vor-
Der Nationalrat hat zum Zeitpunkt des Erschei-        gabe. Tiefere Beträge finden sich insbesondere
nens dieser Studie als Erstrat die BVG-Reform         bei den Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen
­bereits durchberaten, für den Ständerat liegen       öffentlicher Arbeitgeber. Ob eine tiefere Ein-
 die Beschlüsse seiner Sozialkommission vor.          trittsschwelle im Interesse der Versicherten liegt,
 ­Neben der unbestrittenen Senkung des Umwand-        ist umstritten.
  lungssatzes dreht sich die Diskussion primär um
  die Form der Ausgleichsmassnahmen für die           Das oberste Organ
  Übergangsgeneration zur Vermeidung von Ren-         Einen Schwerpunkt der diesjährigen Umfrage
  tensenkungen und um die Verbesserung der            ­bilden die Angaben zu den Stiftungsräten res-
  ­Vorsorge von Teilzeit- und Mehrfachbeschäftig-      pektive des obersten Organs. Damit erhalten
   ten. Das letztere Ziel wird mit einer Verminde-     Vorsorgeeinrichtungen Anhaltspunkte darüber,
   rung des Koordinationsabzugs und der Senkung        wo sie im Vergleich zu den anderen Einrich­
   der Eintrittsschwelle angepeilt.                    tungen stehen. Ermittelt wurden Daten zu Grösse,
                                                       Sitzungs­frequenz, Anteil Frauen, externe Mitglie-
                                                       der und – von besonderem Interesse – die Ent-
                                                       schädigung.

                                  Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022   17
Die Gliederung nach privatrechtlichen und öf-                          Eine beträchtliche Vielfalt lässt sich bei der Form
fentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen, aber                       der Entschädigung feststellen. Sie kann erfolgen
auch nach Pensionskassen sowie Sammel- und                             in Form von Sitzungsgeldern, Pauschalentschä­
Gemeinschaftseinrichtungen (SGE) ergibt auf-                           digungen, der Anrechnung von Arbeitszeit und
schlussreiche Einsichten. Wie zu erwarten war,                         diversen Kombinationen dieser und weiterer
steigt die Zahl der Mitglieder mit der Grösse der                     ­Elemente.
Vorsorgeeinrichtung von durchschnittlich fünf
bei den kleinsten Einrichtungen bis auf zwölf bei                      Bei jenen Kassen, welche Pauschalentschä­
den grössten. Das Gleiche trifft auf die Sitzungs-                     digungen ausrichten, liegt die Höhe zwischen
frequenz zu, die mehrheitlich zwischen rund drei                      750 (10 Prozent Perzentil) und 18’500 Franken
und sechs jährlichen Sitzungen liegt.                                 (90 Prozent Perzentil), mit einem Median von
                                                                      rund 4’000 Franken. Die höchsten Entschädigun-
                                                                      gen werden bei den Sammel- und Gemein-
                                                                      schaftseinrichtungen ausbezahlt, mit einem
                                                                      ­Median von 7’000 Franken.

Umfrage und Teilnehmer

Tabelle 1: Die Umfrageteilnehmer und ihre Zusammensetzung 2022

                                                         Pensionskassen               Sammel-Gemeinschaftseinrichtungen (SGE)
Stifter der Vorsorgeeinrichtung                             Privat-     Öffentlich-          Privat-   Öffentlich-        Total*
                                                         rechtliche      rechtliche       rechtliche    rechtliche
                                                             Firma      Institution           Firma    Institution

Anzahl Vorsorgeeinrichtungen                                   331              44               81            16           475
Vorsorgevermögen Mrd.                                         348              164              181           113           806

Durchschnittliche Anzahl                                        22              48            2’819           108           522
angeschlossener Arbeitgeber

Aktive Versicherte in Tsd.                                     676             392            1’543           233         2’845
Anzahl Rentner in Tsd.                                         372             181              269           126           948
Total Versicherte in Tsd.                                   1’048              573            1’812           359         3’792

Vorsorgekapital Aktive                                        51%             48%              69%           47%           55%
– davon Altersguthaben BVG                                    42%             41%              53%           42%           44%
Vorsorgekapital Rentenbezüger                                 49%             52%              31%           53%           45%

* inkl. Vorsorgeeinrichtungen ohne Angabe des Stifters

18    Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
An der Umfrage 2022 haben 475 (Vorjahr 514)
Vorsorgeeinrichtungen mit gesamt 3,8 (3,8) Mil­
lionen Destinatären teilgenommen. Die Zahl
der aktiv Versicherten ist leicht zurückgegangen,
jene der Rentner hingegen gestiegen. Die prak-
tisch unveränderte Zahl der Versicherten trotz
­einer geringeren Teilnehmerzahl lässt erkennen,
 dass es vorwiegend kleinere Einrichtungen sind,
 welche sich dieses Jahr in geringerem Mass be-
 teiligt haben. Auch aufgrund der Kursgewinne
 stieg das ausgewiesene Vermögen der Teilneh-
 mer auf 806 (777) Mrd. Franken.

Die neuste Ausgabe der BFS Pensionskassen-­
Statistik für 2020 weist 4,4 Millionen aktiv Versi-
cherte und 1,2 Mio. Rentenbezüger/-innen aus.
Die Bilanzsumme der gesamthaft 1’434 Vorsorge-
einrichtungen beträgt 1’063 Mrd. Franken.

Vor allem für den Bereich der mittleren und gros­
sen Kassen darf die Umfrage damit eine hohe
Repräsentativität ihrer Resultate beanspruchen.

                                  Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022   19
A Vorsorgeeinrichtungen und Versicherte

1 Leistungs- und Beitragsprimat

Ein Wechsel des Primats ist für jede Vorsorge­                Über den Zeitraum von fünf Jahren (seit der Um-
einrichtung ein entscheidender Schritt, der                   frage 2016) ist diese Zahl von (gerundet) 8 Pro-
gut überlegt und vorbereitet sein will. Damit ist             zent stabil geblieben. Leistungsprimatkassen
schon weitgehend erklärt, weshalb die in der                  ­waren und sind hauptsächlich eine Domäne der
Umfrage erfasste Struktur sich langsam und er-                 öffentlichen Hand. Bei den Kassen von Kantonen
fahrungsgemäss nur in eine Richtung bewegt:                    und Gemeinden machen sind noch 25 Prozent
vom Leistungs- zum Beitragsprimat. Verschiebun-                ­aller Versicherten im Leistungsprimat versichert,
gen lassen sich primär zwischen den Bereichen                   im Vorjahr waren es 28 und vor fünf Jahren noch
«Beitragsprimat für alle Leistungen» und «Bei-                  36 Prozent.
tragsprimat für die Altersleistungen» und «Leis-
tungsprimat für die Risikoleistungen» feststellen.            Überraschen mag der vergrösserte Anteil der
                                                              Versicherten in Kassen mit reinem Beitragsprimat,
Die Änderungen gegenüber dem Vorjahr bewe-                    welches für die Destinatäre verglichen mit
gen sich entsprechend in engem Rahmen. Für                    dem gemischten System weniger vorteilhaft ist.
alle Vorsorgeeinrichtungen stieg der Anteil der               Das Resultat ist allerdings mit Vorbehalt zu inter-
Versicherten in Kassen mit Beitragsprimat für                 pretieren, da es nicht plausibel ist. Möglicher­
alle Leistungen von 22 auf 25 Prozent, die ge-                weise beruhen die angegebenen Verschiebungen
mischten Systeme gingen von 70 auf 68 Prozent                 auf unterschiedlichen Interpretationen der Fra-
zurück, das Leistungsprimat findet sich kaum                  gestellung.
verändert bei knapp 8 Prozent.

Abbildung A-1:                                                    Anteil Destinatäre pro Primat
Primat der teilnehmenden                         Alle Vorsorge-          25%                                   68%                          7%
Vorsorgeeinrichtungen                            einrichtungen
nach Rechtsform und Destinatären
                                             Pensionskassen PA          26%                                 64%                            10%

                                             Pensionskassen OA               31%                         43%                         26%

                                                        SGE PA         19%                                           81%

                                                       SGE OA                      42%                               48%                   10%

                                                                  0    10      20        30   40    50         60          70   80    90         100

                                                                  ■ Beitragsprimat für alle Leistungen
                                                                  ■ Beitragsprimat für Altersleistungen /
                                                                    Leistungsprimat für Risikoleistungen
                                                                  ■ Leistungsprimat für alle Leistungen

20   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
2 Finanzierung der Vorsorgeeinrichtung

Das BVG schreibt vor, dass die Arbeitgeber
gesamthaft mindestens den gleichen Beitrag
für die Finanzierung der Alters- und Risiko-
leistungen aufbringen wie die Arbeitnehmer
(Art. 66 BVG). Bezogen auf obige Abbildung
also pro 100 Franken Arbeitnehmerbeiträge
ebenfalls 100 Franken. Allerdings wird diese
Minimalvorschrift in allen ausgewiesenen
Branchen und Kategorien übertroffen, teil-
weise beträchtlich. Am stärksten in der
­Finanzbranche (Banken und Versicherungen)
 mit 180 Franken auf 100 Franken Arbeit­
 nehmerbeiträge. Der Durchschnitt liegt bei
 145 Franken, das tiefste Verhältnis weist das
 Baugewerbe mit 112 Franken auf.

Abbildung A-2:                                                   In CHF
Beiträge der Arbeitgeber nach                       Finanz- u.                                                                       180
Branche, indexiert auf 100 Franken           Versicherungs-DL
Arbeitnehmerbeitrag                               Öffentliche
                                                                                                                         158
                                                  Verwaltung

                                                       Handel                                                     146
                                                                                                                                           10%

                                                Alle Vorsorge-                                                    145
                                                einrichtungen              31%                      43%
                                                      Sammel-
                                                                                                                  144
                                                einrichtungen
                                                                     19%                                         81%
                                               Gesundheits- u.
                                                                                                                138
                                                  Sozialwesen
                                              Verarbeitendes                                                                                 10%
                                                                                                            136
                                                    Gewerbe

                                                 Baugewerbe                                        112

                                                Arbeitgebeber
                                                                                             100
                                          Beitrag gemäss BVG

                                                                 0    20     40   60    80     100        120      140         160     180       200
                                           ■ Beiträge Arbeitgeber 2021, indexiert auf CHF 100 Arbeitnehmerbeitrag, kapitalgewichtet

                                     Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022                                 21
3 BVG-Eintrittsschwelle

Im Zusammenhang mit der laufenden BVG-­                         erstmals ermittelt, welche Werte angewendet
Reform 21 ist die Eintrittsschwelle für die beruf-              werden. Dabei zeigt sich, dass gut drei Viertel
liche Vorsorge in die Diskussion geraten.                       (76 Prozent) den BVG-Satz anwenden. 15 Pro-
­Während das von Gewerkschaften und Arbeit-                     zent weisen einen anderen, fixen Wert auf und
 geberverband entwickelte Revisionsmodell                       10 Prozent eine variable Eintrittsschwelle.
 ­Sozialpartnerkompromiss) resp. die darauf ba-
  sierende Vorlage des Bundesrats gegenüber der                 Bei rund einem Drittel der Kassen, welche einen
  geltenden Regelung keine Änderung vorsehen,                   festen, aber vom BVG abweichenden Wert
  hat der Nationalrat eine Senkung von aktuell                  ­festsetzen, beträgt dieser 14’340 Franken, was
  21’510 auf 12’548 Franken beschlossen, die Sozi-               50 Prozent der maximalen AHV-Rente ent-
  alkommission des Ständerats auf 17’208 Fran-                   spricht. Ein weiteres knappes Drittel gibt den
  ken. Zusammen mit der ebenfalls im Nationalrat                 Wert 0 an, kennt also keine Schwelle. Es ist
  beschlossenen Halbierung des Koordinations­                    davon auszugehen, dass diese Kassen auch kei-
  abzugs soll so die Benachteiligung der Teilzeit-               nen Koordina­tionsabzug anwenden, womit
  und Mehrfachbeschäftigten in der beruflichen                   das ganze Salär versichert ist.
  Vorsorge vermieden oder zumindest gemildert
  werden.                                                       Der durchschnittliche versicherte Lohn bei jenen
                                                                Kassen, welche die BVG-Vorschrift anwenden,
Das BVG lässt den Vorsorgeeinrichtungen die                     beträgt rund 54’000 Franken. Er liegt damit
Freiheit, eine tiefere als vom Gesetz vorgesehe-                ­tiefer als bei den restlichen Kassen, wo er rund
ne Schwelle festzusetzen. In der Umfrage wurde                   62’000 Franken beträgt.

Abbildung A-3:                                     in % der Vorsorgeeinrichtungen
BVG-Eintrittsschwelle                        100
                                                           9                7                6
                                              90                                                       21
                                                           15              16               20               31
                                              80
                                                                                                        5
                                              70
                                              60                                                             15

                                              50
                                              40           76               77               74        74
                                              30                                                             54
                                              20
                                              10
                                               0
                                                     Alle Vorsorge-   Pensionskassen Pensionskassen    SGE   SGE
                                                     einrichtungen          PA             OA           PA   OA

                                                    BVG-Eintrittsschwelle CHF 21’510
                                                    Fixe Eintrittsschwelle, jedoch nicht gemäss BVG
                                                    Andere (variable Eintrittsschwelle)

22   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
4 Koordinationsabzug

Wie bei der Eintrittsschwelle für die gesetzliche        auf. Nur gerade 14 Prozent wenden einen fixen
BVG-Versicherung (Abbildung A-3) dreht sich              KA an, ohne Berücksichtigung des Beschäfti-
auch die Diskussion zur Höhe des Koordinations-          gungsgrads.
abzugs (KA) in der aktuell laufenden BVG-­
Revi­sion um die Besserstellung der Teilzeit- und        Bezogen auf die Branchen lassen sich einige
Mehrfachbeschäftigten.                                   ­Besonderheiten feststellen. So kennen in der
                                                          ­öffentlichen Verwaltung lediglich 2 Prozent der
Der in Abbildung A-4 wiedergegebene Verlauf                Vorsorgeeinrichtungen keinen Koordinations-
der von den Umfrageteilnehmern gelieferten                 abzug, hingegen weisen 60 Prozent einen varia-
Angaben über die letzten sieben Jahre zeigt                blen, meist lohnabhängigen KA auf. Sie über-
nur geringfügige Veränderungen. Der Anteil                 treffen damit klar alle übrigen Bereiche, auch
der Kassen ohne Koordinationsabzug liegt bei               die Finanzindustrie, wo der entsprechende Wert
22 Prozent und damit im Rahmen der früher er-              42 Prozent beträgt.
mittelten Ergebnisse. Über die Jahre praktisch
unverändert ist der Anteil der Kassen mit einem          Einen überdurchschnittlich hohen Anteil an
variablen, meist lohnabhängigen Abzug mit                ­Kassen mit einem Abzug gemäss BVG lassen sich
36 Prozent.                                               im Handel und im Baugewerbe feststellen.
                                                          Gut ein Drittel nimmt hier einen Abzug gemäss
Einen fix vorgegebenen, aber gemäss Beschäf­              BVG vor.
tigungsgrad gewichteten Koordinationsabzug
weisen 28 Prozent der antwortenden Kassen

Abbildung A-4:                               in % der Vorsorgeeinrichtungen
Koordinationsabzug                     100
                                                                    6
                                        90       23          21                    22         22          24    22
                                                                   16    25
                                        80
                                                                                                    3
                                        70
                                        60                   37                    36         37                36
                                                 37                      34                               37
                                        50
                                        40
                                        30                                         25                          28
                                                 23         28          26                    26          25
                                        20
                                        10                                         17
                                                 17          14          15                   15          14    14
                                         0
                                                2015       2016         2017      2018       2019       2020   2021
                                              Fixer Koordinationsabzug, ungewichtet mit Beschäftigungsgrad
                                              Fixer Koordinationsabzug, gewichtet mit Beschäftigungsgrad
                                              Koordinationsabzug variabel (z.B. lohnabhängig)
                                              Kein Koordinationsabzug

                                 Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022             23
5 Frühestes reglementarisches Rücktrittsalter von Männern

Alter 58 hat sich mittlerweile als Standard für
das früheste reglementarische Rentenalter der
Männer durchgesetzt. Alter 60 verliert rasch
an Bedeutung und 59 erscheint nur noch margi-
nal. Dass diese Entwicklung sich jetzt noch be-
schleunigt hat, ist möglicherweise darauf zurück-
zuführen, dass seit dem 1. Januar 2021 Personen,
die das 58. Altersjahr vollendet haben, sich
­freiwillig in der beruflichen Vorsorge weiterver-
 sichern können, wenn das Arbeitsverhältnis vom
 Arbeitgeber beendet wird und sie bisher dort
 in der beruflichen Vorsorge obligatorisch versi-
 chert waren.

Abbildung A-5:                                    in % der Vorsorgeeinrichtungen
Entwicklung des frühestmöglichen            80
                                                                                                                            71%
Rücktrittsalters bei Männern                70                                                                      69%
                                                                                    65%                65%    66%
                                                            63%     63%     63%              63%
                                             60     58%

                                             50

                                             40     36%
                                                            31%     33%     33%     31%      33%       31%
                                                                                                              30%    28%
                                             30                                                                             26%

                                             20

                                             10
                                                     2%      3%      2%      2%      3%      3%        3%     3%     2%     2%
                                              0
                                                    2013    2014    2015    2016    2017    2018       2019   2020   2021   2022
                                                   Frühestmögliches Rücktrittsalter Männer 58 Jahre
                                                   Frühestmögliches Rücktrittsalter Männer 59 Jahre
                                                   Frühestmögliches Rücktrittsalter Männer 60 Jahre

24   Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022
6 Wahlmöglichkeit für Sparpläne

Ein wachsender Anteil an Vorsorgeeinrichtungen
bietet den Destinatären die Wahlmöglichkeit
zwischen verschiedenen Sparplänen. Für die Ge-
samtheit der Umfrageteilnehmer ist innert Jah-
resfrist der Anteil von 53 auf 56 Prozent gestie-
gen. Schon fast standardmässig werden sie in der
Finanzbranche – Banken und Versicherungen –
mit unverändert 84 Prozent angeboten. In der
Umfrage 2016 bestand diese Möglichkeit nur bei
36 Prozent aller Kassen. Die Zunahme ist auf das
Bedürfnis der Destinatäre nach mehr Flexibilität
zurückzuführen und beweist damit die Anpas-
sungsfähigkeit der beruflichen Vorsorge an ver-
änderte Bedürfnisse.

Abbildung A-6:                                % der Vorsorgeeinrichtungen mit Wahlmöglichkeiten zwischen
Wahlmöglichkeit zwischen                      den Vorsorgeplänen (Sparplan)
Vorsorgeplänen (Sparplan)               100
                                         90
                                                    15              16                20
                                         80                                                                  84
                                                                                                         3
                                         70
                                         60
                                         50        56                          57                                          57

                                         40                                                   48

                                         30
                                         20
                                                               22
                                         10
                                          0
                                               Alle Vorsorge-  Bau-      Gesundheits- u.   Verarbei-      Finanz-,     Öff. Verw.,
                                               einrichtungen gewerbe      Sozialwesen       tendes     Versicherungs- Verteidigung;
                                                                                           Gewerbe      Dienstleister    Sozial-
                                                                                                                      versicherung

                                  Swisscanto by Zürcher Kantonalbank – Schweizer Pensionskassenstudie 2022                       25
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