ZAHLUNGSVERKEHR IN EUROPA - EIN BLICK AUF DIE ZUKUNFT DER BRANCHE IM PRIVATKUNDEN- UND KMU-GESCHÄFT - Oliver Wyman
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INHALT EXECUTIVE SUMMARY 2 GEGENSTAND DER STUDIE 7 ÜBERBLICK ÜBER DEN ZAHLUNGSVERKEHRSMARKT IM PRIVAT- UND FIRMENKUNDENGESCHÄFT 8 Marktstruktur, Hauptakteure und aktuelle Trends 9 Zahlungsverkehrsmärkte und Marktgrößen in den zurückliegenden Jahren 20 DISRUPTIVE TRENDS 32 Technologische Entwicklungen 35 Rechtsvorschriften 46 Angebotsseite 55 Nachfrageseite 58 Prognosen zu Marktgröße und Ertragspools 61 FAZIT 67
EXECUTIVE SUMMARY Am Zahlungsverkehrsmarkt vollziehen sich derzeit fundamentale Veränderungen. Die vorliegende Studie beleuchtet diese Veränderungen, analysiert verschiedene Trends im europäischen Privat- und Firmenkundensegment des Zahlungsverkehrsmarktes und nimmt eine umfassende Analyse der Ertragspools vor. Es werden 28 Märkte, von Mitteleuropa inklusive Deutschland und Österreich über Großbritannien und Irland bis hin zu Skandinavien und den baltischen Ländern detailliert analysiert und sowohl Trends als auch Herausforderungen identifiziert. Im Rahmen dieser Studie wurden alle wichtigen Instrumente und unterschiedlichen Formen des Zahlungs- verkehrs untersucht: Bezahlkarten, Account-to-Account-Zahlungen (A2A), Bar- und Scheckzahlungen, sowohl im Privatkundensegment (Person-to-Person (P2P) und Person-to-Business (P2B)) als auch im Firmenkunden- segment (Business-to-Business (B2B) und Business-to-Person (B2P)). Überweisungen, Wholesale-Transfers, Überweisungen zwischen Banken sowie grenzüberschreitende Zahlungen außerhalb von Europa wurden nicht berücksichtigt. Die 28 europäischen Länder, die in dieser Untersuchung analysiert wurden, sind nach Struktur und Reife ihrer Infrastruktur in sechs Zahlungsverkehrsmärkte eingeteilt, darunter Großbritannien und Irland, Mitteleuropa inklusive Deutschland und Österreich, Frankreich und die Benelux-Länder, Südeuropa, die skandinavischen Länder und sonstige Länder der Europäischen Union (EU). Wir gehen davon aus, dass die Ertragspools im europäischen Zahlungsverkehrsmarkt derzeit ein Volumen von etwa 38 Mrd. Euro haben. Zudem umfassen sie Transaktionen im Wert von insgesamt 190 Bio. Euro, die über verschiedene Zahlungsmethoden abgewickelt werden (einschließlich Barverkehr und Einnahmen aus Entgelten über alle Kanäle). Insgesamt erwarten wir für den Markt bis 2020 eine jährliche Wachstumsrate von rund 7 Prozent. Ein An- stieg der Volumina im Zahlungsverkehr insgesamt (sowohl in den reifen als auch in den weniger reifen Märkten) sowie das Wachstum bei neuen Formen des Zahlungsverkehrs, wie A2A, sind die Treiber dieser Entwicklung. Bei den bestehenden Zahlungsarten werden sehr moderate Margenrückgänge prognostiziert und eine Ablösung derzeitiger Ertragsströme durch neue Formen des Zahlungsverkehrs, wie dem Debit- Äquivalent zum A2A-Zahlungsverkehr, erwartet. Des Weiteren weisen die Prognosen auf folgende Trends hin: •• Die Ertragszuwächse im Acquiring-Geschäft im traditionellen Zahlungsverkehr haben möglicherweise ihren Zenit erreicht. Dies wird jedoch durch Zuwächse bei Mehrwertdiensten ausgeglichen. Zudem arbeiten die Acquirer daran, sich neuere Formen des Zahlungsverkehrs zunutze zu machen, einschließlich der Zuwächse im E-Commerce und der neu hinzukommenden A2A-Transaktionen. •• Bei den Kontogebühren wird eine jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 10 Prozent in den Jahren 2014 bis 2020 erwartet. •• Der A2A-Zahlungsverkehr wird als Treiber für zusätzliche Ertragspools fungieren (etwa 6 Prozent CAGR, 2014-2020), obwohl der entsprechende Ertragspool mit etwa 2 Mrd. Euro erst entsteht. Bislang wurde nur ein Bruchteil der Einnahmen aus dem Bezahlkartenverkehr erreicht. •• Bei den Bezahlkarten wird das Wachstum weiter anhalten mit 8 Prozent CAGR bei Debitkarten und 4 Prozent CAGR bei Kreditkarten von 2014 bis 2020. Dies dürfte sich allerdings in einigen Märkten aufgrund der zunehmenden Akzeptanz von A2A-Transaktionen verlangsamen. •• Während in einigen Märkten, zum Beispiel auf der iberischen Halbinsel und in Italien, der Bargeldver- kehr weiterhin einen signifikanten Anteil am Zahlungsverkehr ausmacht, gewinnen in Großbritannien 2
und Irland sowie in Frankreich und den Benelux-Ländern elektronische Transaktionen (Karten- und A2A-Zahlungen) zunehmend an Bedeutung. In anderen Märkten, wie in Skandinavien, dürften hin- gegen A2A-Transaktionen den Bargeldverkehr in gewissem Umfang ablösen. Der Markt für Zahlungsverkehr entwickelt sich weiterhin mit besonderer Dynamik. Neue Technologien, neue Akteure wie zum Beispiel Third-Party Payment Service Provider, ein grundlegender Wandel bei den Rechtsvorschriften sowie Veränderungen auf der Angebots- und der Nachfrageseite bewirken Veränderungen der Marktmodelle. Wir gehen von folgenden Entwicklungen aus: •• Größere Akteure wie zum Beispiel vertikal integrierte Zahlungsverkehrsunternehmen, die in allen Bereichen aktiv sind, werden sich gut behaupten. •• Kleinere Nischen-Player, wie neue Unternehmen aus dem FinTech-Segment und Zahlungsverkehrs- unternehmen, die sich auf den P2P/P2B-Bereich sowie überwiegend auf „On‑the Go“-Zahlungen konzentrieren, werden sich ebenfalls gut behaupten. •• Akteure, die keine spezifischen Mehrwertdienste anbieten und mit geringen Volumina operieren, wie etwa die Acquiring-Sparten von Banken laufen Gefahr, unter Druck zu geraten und dürften Anteile verlieren. •• Es besteht ein verstärkter Zwang zur Fokussierung. So werden sich beispielsweise Banken, für die der Zahlungsverkehr keine Kernaktivität darstellt, möglicherweise zwischen einem stärkeren Engagement oder dem Ausstieg entscheiden müssen. Die künftigen Veränderungen auf der Angebotsseite dürften Auswirkungen auf den Mix der Zahlungs- methoden nach sich ziehen, beispielsweise auf das Wachstum im A2A-Zahlungsverkehr und die Ablösung von Bar- und Kartenzahlungstransaktionen. Neue Anbieter wie Kontoinformationsdienstleister (AISPs) und Zahlungsauslösedienstleister (PISPs) weisen ein größeres „disruptives Potenzial“ auf. Sie dürften auch die Innovationstätigkeit vorantreiben. Veränderungen bei Rechtsvorschriften und im Technologiebereich zwingen die Marktteilnehmer dazu, ihre strategische Reaktion auf den künftigen Zahlungsverkehrsmarkt zu überdenken. Diese Studie bietet eine Checkliste für die unterschiedlichen Akteure im Markt, mit Hilfe derer sich überprüfen lässt, ob die eigene Organisation für den fortwährenden Wandel in diesem Markt gut aufgestellt ist. Diese Checkliste deckt folgende Aspekte ab: •• Aussagekräftige Informationen über die Auswirkungen der neuen Rechtsvorschriften (vor allem der Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2)) auf die Organisation •• Eine Strategie für die Beteiligung rund um den A2A-Zahlungsverkehr, beispielsweise eine defensive oder eine proaktive Strategie •• Das Vermeiden indirekter Disintermediation, die infolge der Einführung neuer Angebote durch etablierte und neue Akteure hervorgerufen werden dürfte •• Die Anpassung des Geschäftsmodells und den Aufbau von Abonnementdiensten für den Zahlungs- verkehr, zusätzlich zu den transaktionsabhängigen Erträgen Insgesamt wird angesichts der Veränderungen bei den Rechtsvorschriften und der zunehmenden Akzeptanz neuer Technologien bei Kunden und Anbietern erwartet, dass die lebhafte und dynamische Entwicklung des Zahlungsverkehrsmarkts im Privat- und Firmenkundensegment in den kommenden Jahren anhalten wird. 3
Fokus: Deutschland – Einführung Der deutsche Markt stellt mit 7,4 Mrd. Euro und ungefähr 19 Prozent einen signifikanten Anteil des euro- päischen Ertragspools im Bereich Zahlungsverkehr dar. Er ist auf diesem Gebiet der zweitgrößte Markt nach der iberischen Halbinsel und Italien. Bargeld ist in Deutschland eine wesentlich gängigere Zahlungsmethode als in vielen anderen europäischen Ländern. Der durchschnittliche Betrag bei Barabhebungen von 129 Euro ist in Deutschland verglichen mit den anderen untersuchten Regionen recht hoch. Da in Deutschland im Vergleich auch mehr Bargeld abgehoben wird, ist die Netzdichte von Geldautomaten mit 11,8 Automaten pro 10.000 Einwohner höher als im europäischen Durchschnitt. In Deutschland sind die Visa-Abwicklungsgebühren (Pre-MIF Visa no premium und Pre-MIF Visa premium) mit 160 Basispunkten (bps) auf dem höchsten Stand von ganz Europa. Aufgrund der geringeren Verbreitung nutzen die Deutschen Bezahlkarten jedoch auch deutlich seltener. Die Infrastruktur für die Kartennutzung ist hinsichtlich der geringen Verbreitung von Karten allgemein und am Point-of-Sale (PoS) ausbaufähig. Die Kreditkartennutzung der Deutschen macht 37 Prozent der Gesamtausgaben mit Bezahlkarten aus. Dies liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt von 28 Prozent. Gleichzeitig liegt der Anteil an den ausgestellten Karten in Deutschland mit 22 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt von 34 Prozent. Die Ausgaben via Debit-Karten sind in Deutschland höher als die Kreditkartenausgaben. Ein Grund hier- für ist auch die lange positive Historie des elektronischen Lastschriftverfahrens. Auf dem deutschen Markt sind in den letzten vier Jahren die Anzahl der Abhebungen an Geldautomaten um 35 Prozent und die Zahl der Transaktionen mit Debit-Karten am PoS um 18 Prozent angestiegen. Die anderen Zahlungsarten blieben weitestgehend konstant. Trotz dieser Faktoren und der grundsätzlichen Stärke der deutschen Wirtschaft, fällt der deutsche Markt insbesondere mit Blick auf die Akzeptanz neuer Technologien durch die Konsumenten hinter anderen Regionen wie Großbritannien zurück. 5
GEGENSTAND DER STUDIE Im Zahlungsverkehrsmarkt vollzieht sich derzeit ein rascher Wandel: Neue Technologien werden eingeführt, neben einer Konsolidierung treten neue und innovative Akteure auf den Plan, bei den Rechtsvorschriften werden radikale Änderungen vorgenommen, und die Kunden legen ein verändertes Zahlungsverhalten an den Tag – der eigentliche Zahlungsvorgang wird daher zunehmend zum integrierten Produkt. Für die unterschiedlichen Marktteilnehmer ist es damit unerlässlich, bei der Ausgestaltung ihrer Strategien das jeweils optimale Geschäftsmodell zugrunde zu legen, um die neuen Ertragspools nutzen zu können. Die vor- liegende Studie präsentiert daher einen Überblick über den Zahlungs- verkehrsmarkt im Geschäft mit Privat- und Firmenkunden in Europa, ein- schließlich Trends und Volumenschätzungen sowie strategischen Antworten aus dem Blickwinkel der unterschiedlichen Akteure. Um allen relevanten Stakeholdern, wie Banken, Zahlungsdienstleistern, Technologieunternehmen und auch neuen Akteuren (einschließlich TPPs) ebenso interessante wie nützliche Informationen zu liefern, konzentriert sich die vorliegende Studie auf die reinen Zahlungsverkehrsmärkte inner- halb Europas. Das bedeutet, dass Ertragsströme wie Zinseinnahmen aus dem Kreditkartengeschäft nicht berücksichtigt werden. Auf eine Einschätzung der Folgewirkungen des Brexit haben wir in dieser Studie verzichtet, da über den Zugang Großbritanniens zum Binnenmarkt noch diskutiert wird und sich über die Auswirkungen auf den Finanzdienst- leistungssektor noch keine konkreten Aussagen treffen lassen. 7
MARKTSTRUKTUR, HAUPTAKTEURE UND AKTUELLE TRENDS Verschiedene Akteure teilen sich das europäische Zahlungsverkehrsnetz im Privatkundengeschäft unter- einander auf. Einige von ihnen arbeiten mit unterschiedlichen Zahlungsmethoden und sind in verschiedenen Bereichen der Wertschöpfungskette aktiv. Auch die Wettbewerbslandschaft ist sehr divers. Hieraus ergibt sich ein komplexer und hochgradig fragmentierter Markt. 9
Um den Überblick zu erleichtern, werden die Marktteilnehmer zur Berechnung der Ertragspools grob in zwei Gruppen eingeteilt: Kontoanbieter: Anbieter von direkt an die Verbraucher gerichteten Dienstleistungen wie Girokonto- und Kreditkartenservices, deren Marken und Dienstleistungsangebote den Kunden von Zahlungstransaktionen in der Regel vertraut sind. Acquirer und Netzbetreiber: Anbieter von Dienstleistungen für Händler und Infrastrukturbetreiber. Diese Gruppe von Anbietern bietet Netzwerkdienstleistungen an und übernimmt die Autorisierung, Weiterleitung und Verarbeitung der einzelnen Zahlungen. Zu dieser Gruppe zählen unter anderem Merchant Acquirer, die Bezahlkartensysteme sowie Stellen, die für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs sorgen. Abbildung 1: Gesamtrahmen zur Charakterisierung des P2P/P2B-Zahlungsverkehrs MARKTSTRUKTUR ZAHLER NETZWERK EMPFÄNGER ABWICKLUNG Gateway/ Kontoanbieter Emittent System Acquirer PSP/Terminal Kontoanbieter Bargeld Debitkarten Zahlungsmittel Kreditkarten A2A- Überweisungen A2A- Lastschriften Scheck BEISPIEL: ZAHLUNGSVERKEHR BEI PRIVAT- UND FIRMENKUNDEN IN DER EU (OHNE ANSPRUCH AUF VOLLSTÄNDIGKEIT) Bargeld Lloyds Banking Lloyds Banking Group, Sparkasse, Group, Sparkasse, HSBC, Nordea, HSBC, Nordea, Debitkarten Capital One, JCB, Visa, MasterCard, Elavon, Global Concardis, Intesa Sanpaolo, Intesa Sanpaolo, MBNA, Carte Bancaire, Payments, First Data, B&S Card, Swedbank, Credit Swedbank, Credit Sainsbury’s Bank Diners Club, Nets, Santander, Services, Sage Pay, Agricole, Banque Agricole, Banque Amercian Express, Worldpay, Intesa Nets, Verifone, Populaire, Barclays, Populaire, Barclays, Pago Bancomat Sanpaolo, HSBC, Paypal, Adyen, Kreditkarten Clydesdale Bank, Clydesdale Bank, Zahlungsmittel BBVA, Concardis, Ingenico, BBVA, Santander, BBVA, Santander, B&S Card Services, Worldpay, The Royal Bank The Royal Bank EVO Payments Ogone of Scotland, of Scotland, A2A- Commerzbank, Vocalink, Bacs, Satispay, Bacs, Commerzbank, Überweisungen Deutsche Bank, Faster Payments, Faster Payments, Deutsche Bank, ING DiBa, CHAPS Pingit, CHAPS, ING DiBa, Postbank, Trustly, Swish Postbank, Volks- und Volks- und A2A- Raiffeisenbanken Bacs, Direct BACS, Direct Raiffeisenbanken Lastschriften Debit, ELV Debit, ELV Scheck Cheque & Credit Cheque & Credit Clearing Company, Clearing Company, Iberpay, Banque Iberpay, Banque de France de France Anmerkung: In einigen europäischen Märkten sind auch Distributoren/ISOs aktiv Quelle: Oliver Wyman Analyse 10
Der folgende Teil der Studie fasst die Funktionen der Marktteilnehmer, die Ertragsströme und die wichtigsten Trends und ihrer Auswirkungen auf die Marktteilnehmer zusammen. Außerdem enthält dieser Abschnitt Berechnungen der Ertragspools zurückliegender Jahre, die nach Region und Kategorie gegliedert sind. Abbildung 1 zeigt einen Überblick der Zahlungsmittel und Zahlungsdienstleistungen, auf die sich die Studie bezieht. Außerdem werden im Beispiel in Abbildung 1 einige der Dienstleister aufgeführt, die entlang der Wertschöpfungskette tätig sind. KONTOANBIETER Die vorliegende Studie bezieht sich auf zwei Arten von Kontoanbietern: 1. Girokontoanbieter – für Privatkunden und Geschäftskunden 2. Kreditkartenemittenten Es folgt eine Übersicht über die Rollen, Ertragsströme und wichtigsten Trends für diese Gruppe. Girokontoanbieter Die Wirtschaftlichkeit dieses Branchensegments hängt vom Nettozinsertrag (NZE), den monatlichen oder jährlichen Kontoführungsgebühren, Überziehungszinsen und sonstigen Gebühren ab, die im Zusammenhang mit dem Kreditrahmen für das jeweilige Konto anfallen. Abbildung 2 zeigt als Fallstudie die Aufschlüsselung der Erträge aus Geschäftskunden-Girokonten von britischen Anbietern sowie den Trend über die Jahre 2011 bis 2014. Abbildung 2: Fallstudie Aufschlüsselung der Erträge aus Geschäftsgirokonten, Großbritannien IN £ PRO KONTO, 2014 Nettozinsertrag (NZE) 356 331 64 25 405 5 32 192 112 Transaktions- Über- Interbanken- Monatl. Sonstige Zinsauf- Zinsein- Nettozins- Gesamt gebühren ziehung entgelte Konto- Gebühren1 wendungen nahmen marge Enthalten gebühren (NZM) in Studie Trend 2011-2014 -19% -21% n.z.2 23% 39% 14% -18% -20% -15% 1. Beinhaltet Occasional, Kontoführungskriterien und Kontoführungsgebühren sowie sonstige Einnahmen von Kontoinhabern und anderen 2. Interbankenentgelte = 0 in 2011 Quelle: CMA Report, Oliver Wyman Analyse 11
Das Girokontogeschäft steht hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit zunehmend unter Druck: •• Bedingt durch das Niedrigzinsumfeld in Europa ist die Nettozinsmarge (NZM) für Kontosalden immer geringer geworden (siehe Abbildung 3). •• Mit der EU-Verordnung über multilaterale Interbankenentgelte (MIF-Verordnung) wurden Obergrenzen für Interbankenentgelte sowohl für Debit- als auch für Kreditkartentransaktionen eingeführt (siehe nähere Angaben unter “MIF-Verordnung”). •• In den reiferen Märkten, insbesondere in Großbritannien, wird vom Gesetzgeber eine einfachere und für die Kunden transparentere Gestaltung der Preisstrukturen für Girokonten vorangetrieben, unter anderem durch die Verringerung von Verzugszinsen und sonstigen Einmalzahlungen. •• Onlinebanken versuchen, durch (nahezu) kostenlose Konten und Kreditkarten ihre Marktanteile zu steigern. Trotz des Wettbewerbsdrucks durch Onlinebanken sahen sich in ganz Europa viele etablierte Banken veranlasst, ihre monatlichen oder jährlichen Kontoführungsgebühren anzuheben, um Ertragsausfälle durch das Niedrigzinsumfeld zu kompensieren. In den meisten europäischen Märkten stellen die Girokonto-Anbieter ihren Privatkunden keine Gebühren für Transaktionen auf ihren Konten in Rechnung. Sie übernehmen die dabei entstehenden Kosten, wie beispiels- weise in den Netzwerken anfallende Verarbeitungsgebühren, selbst. Stattdessen setzen die Kontoanbieter auf andere Ertragsströme, mit denen sich die Transaktionstätigkeit finanzieren lässt. Zu den Ausnahmen ge- hören Gebühren für die Bearbeitung von Schecks in Märkten, in denen kaum noch Schecks anfallen, wie in den skandinavischen Ländern und den Niederlanden. Eine weitere Ausnahme sind A2A-Transfers in einigen Netzwerken, im Regelfall den Large-Value-Zahlungsverkehrsnetzen, die Real-Time Gross Settlement (RTGS) in Zentralbankgeld anbieten (z. B. CHAPS-Überweisungen in Großbritannien). In einigen Ländern, darunter Spanien, werden auch Gebühren für Barabhebungen an Geldautomaten erhoben. Abbildung 3: Entwicklung der Nettozinsmarge (NZM) – Geschäftsgirokonten HISTORISCHE ENTWICKLUNG DER NETTOZINSMARGE NACH LAND (GESCHÄFTSGIROKONTEN) ∆NZM NACH LAND (GESCHÄFTSGIROKONTEN) %, 2000-2015 % RÜCKGANG DER NZM, 2008-2015 8 EU 2,2 Spanien 6 Niederlande Frankreich 3,8 Schweden Griechenland 3,3 4 Italien Deutschland 1,8 Deutschland Italien 1,6 2 Griechenland Niederlande 1,6 Frankreich 0 GB Schweden 1,2 2000 2004 2008 2012 2016 EU GB 0,4 -2 Anmerkung: NZM-Berechnungen ohne Gebühren für Liquiditätsreserven, jedoch inklusive der Schätzwerte für Finanzierungsprämien. Der NZM wird berechnet aus Zinseinnahmen – Zinsaufwendungen; Zinseinnahmen für BCAs ist approximiert 3M EURIBOR oder ein äquivalenter Wert und die 5-Jahres-Swapsätze. Quelle: EZB-Statistik, Oliver Wyman Analyse 12
Die meisten Privatgirokontoanbieter in Europa stellen ihren Kunden moderate jährliche oder monatliche Gebühren für die Kontoführung in Rechnung. Es gibt allerdings auch Ausnahmen: so würden beispielsweise Verbraucher in Großbritannien in der Regel keine monatlichen Gebühren für ein Standardgirokonto akzeptieren. Die Kontogebühren für Geschäftsgirokonten sind meist höher und die Preisstrukturen komplizierter als im Privatkundengeschäft. Für Transaktionen auf Geschäftskonten werden in aller Regel Gebühren berechnet. So verlangen beispielsweise die führenden Anbieter von Geschäftsgirokonten in den Niederlanden bei A2A‑Zahlungen eine Transaktionsgebühr zwischen 0,05 Euro und 0,15 Euro. In den meisten Ländern bieten die großen Banken Kleinunternehmen Staffeltarife an, bei denen bei höheren monatlichen Grundgebühren entsprechend niedrigere Transaktionsgebühren in Rechnung gestellt werden. In Großbritannien etwa haben Geschäftskunden bei den großen Banken meist die Wahl zwischen zwei ver- schiedenen Produktangeboten: Elektronischer Zahlungsverkehr: Für Unternehmen, die beispielsweise im Onlinehandel tätig sind und die einen Großteil ihrer Transaktionen im A2A- und sonstigen elektronischen Zahlungsverkehr abwickeln. Gemischter Zahlungsverkehr: Für Unternehmen wie kleinere Einzelhandelsgeschäfte, bei denen der Zahlungsverkehr überwiegend in bar oder per Scheck abgewickelt wird. Solche Regelungen finden sich auch in den meisten anderen EU-Märkten. Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Ertragsströme aus Privat- und Geschäftsgirokonten, die in das Modell der Kontoanbieter-Ertragspools einbezogen wurden. Abbildung 4: Ertragsströme aus Privat- und Geschäftsgirokonten und Einbeziehung in die Ertragspools IN ERTRAGSPOOLS ERTRAGSSTRÖME ENTHALTEN? Nettozinsertrag (NZE) auf Kontensalden Den Kunden in Rechnung gestellte Gebühren •• Regelmäßig (jährlich oder monatlich) in Rechnung gestellte Kontoführungsgebühren •• Cash-Management-Gebühren (z. B. für Bareinzahlungen auf Geschäftsgirokonten) •• Transaktionsgebühren (z. B. für A2A-Zahlungen, Einlösung von Schecks, Barabhebungen an Geldautomaten) •• Karteninhabergebühren •• Interbankenentgelte •• Gebühren für nicht erfolgreich abgeschlossene Transaktionen (z. B. fehlende Kontodeckung) •• Aufschlag für Transaktionen über alternative Kanäle (z. B. Telefonbanking) •• Überziehungszinsen und sonstige Gebühren im Zusammenhang mit dem Kreditrahmen für das jeweilige Konto •• Extragebühren (z. B. für Duplikate von Kontoauszügen) und Nebenkosten für besondere Vorfälle 13
Kartenemittenten Bei vielen Kontoanbietern in Europa erhalten die Kunden eine Debitkarte für ihr Konto. Kreditkarten werden in den meisten EU Ländern von Banken oder Consumer Finance-Gesellschaften ausgestellt. In dieser Studie wurden die folgenden Kartenprodukte ebenfalls als Kreditkarten eingestuft: Revolving-Kreditkarten sowie Chargekarten und „deferred interest“-Debitkarten. Die Wirtschaftlichkeit der Bezahlkarten hängt wesentlich von der Art der Bezahlkarte und vom Kundensegment ab. Die meisten Emittenten erhalten jedoch eine Kombination aus unterschiedlichen Zinserträgen. Häufig erheben sie eine ganze Palette an unterschiedlichen Gebühren, die in Form von Einmalzahlungen und trans- aktionsgebundenen Gebühren in Rechnung gestellt werden. Die von den Karteninhabern zu zahlenden Gebühren unterscheiden sich nach Land, Status (Standard, Gold oder Platin) und Funktionalität des Produkts (Saldenübertrag oder revolvierende Kreditfazilitäten). In der Vergangenheit gab es auch bei den Interbankenentgelten innerhalb der EU erhebliche Unterschiede, siehe Abbildung 5. Allerdings bewirkte die 2015 von der EU eingeführte MIF-Verordnung eine Reduzierung und Harmonisierung der Interbankenentgelte in Europa. Die Interbankenentgelte für Lastschriften wurden dabei auf 20 Basispunkte gedeckelt, für Überweisungen auf 30 Basispunkte. Die Kontoanbieter-Ertragspools wurden auf Grundlage der Interbankenentgelte nach Einführung der MIF-Verordnung berechnet. Die Senkung der Interbankenentgelte wurde in den Ertragspools für 2014 berücksichtigt. Abbildung 5: Entwicklung der Interbankenentgelte für Kreditkartentransaktionen INTERBANKENENTGELTE FÜR KREDITKARTENTRANSAKTIONEN AN PHYSISCHEN POS IN DER EU BPS 200 Pre-MIF MasterCard Non-Premium 150 Pre-MIF MasterCard Premium 100 Pre-MIF Visa Non-Premium Pre-MIF Visa 50 -60bps Premium Pre-MIF Durchschnitt 0 Post-MIF Gebühr GB Frankreich Deutschland Spanien Schweden Niederlande Griechenland Italien Quelle: Federal Reserve Bank of Kansas City Report 2013, Oliver Wyman Analyse 14
Abbildung 6 gibt einen Überblick über die Kartenemittenten-Ertragsströme, die in das Modell der Kontoanbieter-Ertragspools einbezogen wurden. Abbildung 6: Kartenemittenten-Ertragsströme und Einbeziehung in die Ertragspools IN ERTRAGSPOOLS KARTENEMITTENTEN-ERTRAGSSTRÖME ENTHALTEN? Jahresgebühren für Karteninhaber Interbankenentgelte Sonstige transaktionsabhängige Gebühren Einmalgebühren (u.a. einschließlich Saldenübertrag, Mahngebühren, Gebühren für Kontoauszüge usw.) Verzugszinsen ACQUIRER UND NETZBETREIBER Diese Studie geht auf drei Arten von Netzwerken ein: •• Bezahlkarten •• Geldautomaten •• Account to Account (A2A) Die Acquirer- und Netzbetreiber-Ertragspools berücksichtigen verschiedene Akteure, die für die Erbringung von Dienstleistungen und für die Infrastruktur dieser Zahlungen verantwortlich sind. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über die Rolle dieser Akteure, die Ertragsströme und wichtige Entwicklungen der jüngsten Zeit, die deren Geschäftsmodelle beeinflussen. Wertschöpfungskette für Bezahlkarten Über die Wertschöpfungskette werden Infrastruktur und Dienstleistungen für die Erfassung, Autorisierung, Abwicklung und Abrechnung von Bezahlkartentransaktionen bereitgestellt. In der Regel ist diese Wert- schöpfungskette auf unterschiedliche Akteure und ihre Rollen aufgeteilt. Abbildung 7 zeigt die Wertschöpfungs- kette und ihre wichtigsten Akteure. Die primären Einnahmequellen von Bezahlkartensystemen sind die Mitgliedsbeiträge und die von Karten- emittenten und Acquirern zu zahlenden volumenabhängigen Systemgebühren. Um ein höheres Volumen zu erreichen, werden größeren Emittenten und Acquirern häufig Erstattungen und Rabatte gewährt. 15
Abbildung 7: Kartennetzwerk – Überblick der wichtigsten Marktteilnehmer BESCHREIBUNG ERTRAGSSTRÖME Händler Amazon, Galeria Kaufhof Acquiring Acceptance Provider • Anwerbung von Händlern für Kartenzahlungsverkehr • Transaktionsgebühr Services Handepay • Gateway-Gebühr • Terminalmiete Gateway/Payment • Bereitstellung von Händlersoftware für Transaktionserfassung • Transaktionsgebühr Service Provider (PSP) und -routing Worldpay, Adyen • Gateway-Gebühr • Übermittlung von Transaktionsdaten an den Acquirer • Terminalmiete Acquirer1 • Bereitstellung der Plattform, über die Händler mit den Netzwerken der • Merchant Service Charge Elavon, Intesa Sanpaolo Kartensysteme verbunden sind und der Zahlungsverkehr abgewickelt wird • Verantwortlich für Erhebung von Transaktionsinformationen und Abrechnung • Autorisierung von Transaktionen • Halten von Einlagenkonten für Händler • Underwriting von Kartentransaktionen and Haftung für Händler Abwicklung Bezahlkartensystem2 • Bereitstellung des Netzwerks für Transaktionsrouting • Systemgebühren Visa, MasterCard • Verbindung und Schaltung von Transaktionen zwischen Merchant Acquirern und Kartenemittenten • Investitionen in Kartenvermarktung und eigene Marke • Festlegung von Regeln und Gebühren Issuing Ausstellende Bank3 • Halten eine vertragliche Vereinbarung mit dem Karteninhaber • Zinseinnahmen auf Guthaben Services MBNA, Credit Agricole • Tragen Kreditrisiko • Interbankenentgelte • Können außer bilanzwirksamen Aktivitäten alles outsourcen • Sonstige Gebühren und Provisionen 1. Acquiring Processor bei Outsourcing 2. System Processor bei Outsourcing 3. Issuing Processor bei Outsourcing Anmerkung: Acceptance Provider sind in einigen EU-Märkten aktiv Quelle: Oliver Wyman Analyse In der EU ist das Acquiring-Geschäft hauptsächlich länderspezifisch aufgeteilt, in den einzelnen Ländern sind unterschiedliche Anbieter tätig. Haupteinnahmequelle für Acquirer ist die Merchant Service Charge (MSC). Die MSC beinhaltet ein Interbankenentgelt, das vom Acquirer an den Emittenten weitergegeben wird. Inner- halb Europas bestehen bei den MSCs trotz der Angleichung der Interbankenentgelte erhebliche Unterschiede, die die wettbewerbsbedingte Dynamik der einzelnen Märkte und die Verhandlungsmacht der Händler in den einzelnen Ländern widerspiegeln. Auch hinsichtlich der Dynamik des Acquiring-Markts sind deutliche Unterschiede zwischen dem eher preissensiblen Large Corporate-Segment und dem Segment der kleinen Händler zu beobachten: •• Durch die starke Verhandlungsposition der Großunternehmen wurden die MSCs gedrückt, so dass die Margen für die Acquirer gering ausfallen. •• Dem versuchen die Acquirer dadurch zu begegnen, dass sie im Large Corporate-Segment verstärkt Mehrwertdienste wie Reporting, Lösungen für den integrierten Zahlungsverkehr und Lösungen für kundennahe Aktivitäten bewerben, für die entsprechende Gebühren anfallen. •• Die Acquirer nutzen das Large Corporate-Segment hauptsächlich dazu, Größenvorteile zu realisieren und die Grenzkosten zu senken. •• Im Firmenkundensegment werden Gewinne erzielt, da hier die MSCs höher und die Margen größer sind. Die Acquirer verlangen in diesem Segment auch Gebühren für die Bereitstellung von Gateway-Diensten und Terminals. 16
BEZAHLKARTENNETZE – AKTEURE UND ERTRAGSMODELLE Kasten 1 zeigt in einer schematischen Darstellung die Akteure in einem Bezahlkartennetz und die Gebühren, die die Akteure untereinander erheben. Die Geschäftsbeziehungen zwischen den Akteuren sind nicht sehr transparent und unterscheiden sich von Land zu Land. Für Acquirer und Netzbetreiber wurde daher ein Gesamt-Ertragspool berechnet. Im Modell wurden die MSCs (ohne Interbankenentgelte) um Mehrwertdienste und Point-of-Sale- (PoS-) Terminalgebühren korrigiert, die in die Acquirer- und Netzbetreiber-Ertragspools einbe- zogen wurden. Systemgebühr Systemgebühr 15 bps 18 bps Kartennetz/-system ABWICKLUNGSOUTSOURCING MÖGLICH Netto: 22 bps Rabatt für Rabatt größere Emittenten 3 bps 8 bps Card issuer Merchant Acquiring- Netto: 51 bps Acquirer Processor Interbankenentgelt Netto: 44 bps Abwicklungsgebühr Netto: 8 bps 58 bps 8 bps Neue Obergrenze für Interbankenentgelte unter PSD2: Merchant Services Charge 0,2 % für Debitkarten und 0,3 % für Kreditkarten 125 bps 1 Kartenemittent 51 bps 2 Kartennetz/ 22 bps -system 3 Merchant Acquirer 52 bps Kunde tätigt Zahlung und Processor Kunde Händler 4 Händlergebühr gesamt 125 bps Quelle: JPM Payment Processing Economics, Oliver Wyman Analyse 17
A2A-Netzwerke Ein A2A-Netzwerk ist ein Interbankennetzwerk, das Account-to-Account-Transaktionen (A2A) ermöglicht. Im A2A-Zahlungsverkehr werden im Wesentlichen zwei Kategorien unterschieden: Lastschriften und Über- weisungen, hierunter fällt inzwischen auch das SCT Inst-System für Sofortzahlungen. Einige Netzwerke unterstützen Autorisierung und Abrechnung nahezu in Echtzeit, wie beispielsweise der Faster Payments Service in Großbritannien. In anderen Netzwerken werden Transaktionen über Nacht verarbeitet und bis zum Clearing vergehen gelegentlich einige Werktage. Für Netzwerkmanagement und Transaktionsabwicklung müssen die Banken eigene Stellen einrichten. Häufig legen sie auch Standards und Prozesse für die gesamte Branche fest und stellen unter Nutzung ihrer Größen- vorteile eine gemeinsame Infrastruktur für Autorisierung, Clearing und Abrechnung bereit. Viele dieser Netzwerke in den einzelnen europäischen Märkten befinden sich noch im Eigentum von Groß- bankenkonsortien und werden auf Not-for-Profit-Basis betrieben, so zum Beispiel Faster Payments (das von VocaLink betrieben wird, welche ihrerseits von MasterCard übernommen wurde), CHAPs und BACS in Groß- britannien. Zur Deckung der Betriebskosten werden häufig transaktionsbezogene Gebühren erhoben. Diese Gebühren sind in den Ertragspools für Acquirer und Netzbetreiber berücksichtigt. Bei denjenigen EU Ländern, in denen die Gebühren nicht an die Kunden weitergegeben werden, wurden sie von den Kontoanbieter- Ertragspools abgezogen. Geldautomatennetze Geldautomatennetze stellen die physische Geldautomaten-Infrastruktur bereit, über die Karteninhaber Barabhebungen vornehmen können, und übernehmen die zugehörige Abwicklung. Die Netzwerke werden entweder von den Banken oder von unabhängigen Unternehmen betrieben. Bei den Transaktionen wird unterschieden zwischen internen oder „On Us“-Transaktionen (d. h. Terminaleigentümer und Kartenemittent sind identisch) und externen oder „Off Us“-Transaktionen. „Off Us“-Transaktionen erfolgen entweder über ein Netzwerk einer anderen Bank oder über Independent ATM Deployers (IADs) oder Independent Service Operators (ISOs), die unabhängige Terminalnetzwerke unterhalten. Um eine größere Reichweite der „On Us“-Netzwerke sicher zu stellen, wurden verschiedene Interbankensysteme eingerichtet. So sind beispielsweise beim britischen Netzwerk die Banken Eigentümer des Netzes, dessen Leitung wurde jedoch einer Organisation übertragen, die von LINK geführt wird. In Schweden haben sich die großen Banken zu einem Konsortium zusammengeschlossen und unter dem Namen Bankomat eine eigene Gesellschaft gegründet, die das Geldautomatennetz betreibt. Innerhalb Europas sind „On Us“-Transaktionen in der Regel für den Kunden kostenlos, für „Off Us“-Transaktionen werden je nach Eigentumsmodell Gebühren für die Auszahlung am Terminal, Geldautomaten-Interbanken- entgelte und/oder Gebühren bei den Kartenemittenten erhoben. Terminalgebühren sind nur in den Acquirer- und Netzbetreiber-Ertragspools berücksichtigt. Bei den Geld- automaten-Interbankenentgelten wird davon ausgegangen, dass sich der Betrag auf Systemebene bei null ausgleicht, daher ist dieser Wert nicht in den Kontoanbieter-Ertragspools enthalten. In Deutschland ist dies allerdings ein wesentlicher Ertragspool für Banken. 18
ZAHLUNGSVERKEHRSMÄRKTE UND MARKTGRÖSSEN IN DEN ZURÜCKLIEGENDEN JAHREN ZAHLUNGSVERKEHRSMÄRKTE Trotz der jüngsten Initiativen zur Vereinheitlichung von Infrastruktur und Regulierung der Zahlungsverkehrs- märkte in Europa (wie SEPA und PSD1) zeigt sich die Landschaft in diesem Bereich weiterhin komplex und heterogen. Um hier einen besseren Überblick zu ermöglichen, sind die 28 Mitgliedstaaten der EU nach folgenden Kriterien in sechs Zahlungsverkehrsmärkte eingeteilt: 1. Geografische Nähe 2. Struktur und Reife der Branche und der Infrastruktur für den elektronischen Zahlungsverkehr (d. h. Kreditkarten, Debitkarten, A2A) 3. Historische Akzeptanzraten und Nutzungsverhalten in Bezug auf unterschiedliche Zahlungsmittel (z. B. Prävalenz von Barzahlungen oder sonstigem beleghaftem Zahlungsverkehr, Durchdringungsgrad von Debit- und Kreditkarten, bevorzugte Lösung im E-Commerce) Abbildung 8 zeigt die sechs Zahlungsverkehrsmärkte nach dieser Einteilung im Überblick. Im folgenden Abschnitt werden die verschiedenen Märkte einander gegenübergestellt und interessante Unterschiede in der Marktstruktur oder der Nutzung unterschiedlicher Zahlungsmittel in den wichtigsten Regionen näher erläutert. Abbildung 8: Die Zahlungsverkehrsmärkte in der EU im Überblick IBERISCHE FRANKREICH MITTELEUROPA DAVON HALBINSEL GB & IRLAND & BENELUX (GESAMT) DEUTSCHLAND & ITALIEN SKANDINAVIEN SONSTIGE EU1 Pro-Kopf-BIP 54 34 28 39 23 61 10 in Tsd. € pro Person Filialdichte Gering Mittel Gering Gering Hoch Gering Mittel Infrastruktur Geldautomaten- Hoch Hoch Medium Hoch Mittel Gering Mittel Netzdichte Durchdringung PoS Mittel Mittel Gering Gering Mittel Hoch Gering Durchdringung Hoch Mittel Mittel Mittel Mittel Hoch Gering Bezahlkarten Nutzung Bargeld Mittel Hoch Mittel Mittel Hoch Gering Hoch und Schecks Nutzung Nutzung Hoch Hoch Gering Gering Gering Hoch Gering Bezahlkarten Nutzung A2A Mittel Mittel Hoch Hoch Mittel Medium Mittel REIFE HOCH/MITTEL MITTEL HOCH/MITTEL HOCH/MITTEL MITTEL/GERING HOCH GERING 1. Baltische Länder, Südosteuropa, Südliches Mitteleuropa Quelle: EZB Zahlungsverkehrsstatistik (2014), Oxford Economics Daten für 2014, Worldpay Report Nov. 2015, Weltbank, Oliver Wyman Analyse 20
HISTORISCHE TRENDS UND VERGLEICH DER MÄRKTE IN DER EU Wie das BIP so sind in den letzten Jahren auch die Volumina im Zahlungsverkehr in Europa kontinuierlich gestiegen. 2014 wurden in Europa rund 113 Milliarden bargeldlose Zahlungstransaktionen vorgenommen. Die meisten Transaktionen fanden dabei am PoS mit Hilfe von Debitkarten statt. Das höchste Volumen und zugleich die stärkste Wachstumsrate verzeichnet der bargeldlose Zahlungsverkehr in den skandinavischen Ländern, Frankreich und den Benelux-Ländern sowie Großbritannien und Irland. Kennzeichnend für diese Märkte sind reifere Bezahlkartennetze und ein höherer Durchdringungsgrad für Bezahlkarten. Auch elektronische Zahlungslösungen auf A2A-Basis wurden in diesen Ländern erfolg- reich eingeführt. Abbildung 9 zeigt die historischen Zahlungsaktivitäten in Europa nach Zahlungsmitteln und Zahlungs- verkehrsmarkt. Barzahlung, Zahlung per Scheck und die zugehörige Infrastruktur In weiten Teilen der EU ist die Barzahlung weiterhin die gängige Zahlungsart. In Mitteleuropa inklusive Deutschland wird insgesamt am meisten Bargeld an Geldautomaten abgehoben. Aber auch auf der iberischen Halbinsel und in Italien, in Großbritannien und Irland sowie in Frankreich und den Benelux-Ländern wird viel Bargeld auf diesem Weg ausgezahlt. Dies zeigt, dass in vielen europäischen Volkswirtschaften der Bargeld- verkehr nach wie vor einen bedeutenden Stellenwert hat. Wie aus Abbildung 10 hervorgeht, bestehen hinsichtlich der Höhe der Barabhebungen an Geldautomaten erhebliche Unterschiede zwischen den EU-Zahlungsverkehrsmärkten. Ursache hierfür sind Unterschiede in der Dichte der Geldautomatennetze und bei den Geschäftsmodellen der Geldautomaten-Netzbetreiber. Abbildung 11 zeigt die Dichte der Geldautomatennetze im Vergleich. Abbildung 9: Historische Zahlungsaktivitäten in den EU Märkten – Überblick ANZAHL DER TRANSAKTIONEN NACH ZAHLUNGSMITTEL ANZAHL DER TRANSAKTIONEN PRO KOPF NACH (OHNE BARGELD) ZAHLUNGSVERKEHRSMÄRKTEN (OHNE BARGELD) 2010-2014, Anz. Mrd. Billionen € 2010-2014, Anzahl pro Kopf 120 18 450 Nominales BIP 113 Nominales BIP, EU gesamt Skandinavien 102 93 96 GB & Irland 90 A2A (Überweisungen) Frankreich & 80 12 300 Benelux1 A2A (Lastschriften) Deutschland Abhebungen an Geldautomaten Mitteleuropa (gesamt) 40 6 150 Schecks Iber.Halbinsel & Italien PoS-Kreditkarten Sonstige EU 0 0 PoS-Debitkarten 0 2010 2011 2012 2013 2014 2010 2011 2012 2013 2014 Anmerkung: Aufgrund eingeschränkter Datenverfügbarkeit in der EZB Zahlungsverkehrsstatistik sind Zahlenangaben bis 2014 ohne Bezahltransaktionen für Frankreich Quelle: EZB Zahlungsverkehrsstatistik, Euromonitor, Weltbank, Oliver Wyman Analyse 21
Großbritannien und Irland verzeichnen hohe Abhebungsraten und niedrige durchschnittliche Auszahlungs- beträge. Mehrheitlich sind die Geldautomatennetze dem LINK-Verbund angeschlossen, die Nutzung am Point of Use ist kostenlos. In anderen Märkten existieren ähnliche Interbanken-Geldautomatensysteme. Das Bancomat Geldautomatennetz in Schweden wird von fünf großen Banken gemeinsam betrieben. Für die Nutzung des gemeinsamen Geldautomatennetzes werden den Kunden keine Gebühren berechnet. In anderen Zahlungsverkehrsmärkten in der EU haben sich komplexere Strukturen herausgebildet, bei denen für die Kunden bei Abhebungen meist Gebühren anfallen. Der durchschnittliche Abhebungsbetrag ist daher in diesen Märkten meist höher. In Spanien wurden von den großen Banken drei Geldautomatennetze eingerichtet: 4B, ServiRed und 6000. Kunden, die Bargeld an einem Geldautomaten abheben, der an das eigene Netz ihrer Bank angeschlossen ist, zahlen für die Auszahlung meist eine moderate Gebühr zwischen 0,50 Euro und 1,80 Euro. Bei Abhebungen über andere Netze sind die Gebühren höher. Schecks als Zahlungsmittel sind in der EU generell auf dem Rückzug. In einzelnen EU-Märkten werden sie allerdings im Zahlungsverkehr weiterhin genutzt. Hier sind folgende Trends zu beobachten: •• In Südosteuropa sind Schecks immer noch ein gebräuchliches Zahlungsmittel, insbesondere in Griechenland und Zypern, wo wertmäßig über 20 Prozent des bargeldlosen Zahlungsverkehrs über Schecks abgewickelt werden. •• In Spanien und Italien werden bei hohen Zahlungsbeträgen, etwa beim Hauskauf, nach wie vor häufig Schecks genutzt. •• In den reiferen Märkten, wie z. B. in Großbritannien und Frankreich, werben Wirtschaft und Regierung mit gezielten Kampagnen1 dafür, modernere elektronische Zahlungsmechanismen, wie A2A-Überweisungen, zu nutzen und auf Scheckzahlungen nach und nach ganz zu verzichten. Diese Bemühungen hatten unterschiedlichen Erfolg. •• In mehreren weiteren europäischen Ländern, darunter die Niederlande, Schweden und Estland, sind Schecks als Zahlungsmittel kaum noch gebräuchlich. Sie werden nur von wenigen Händlern akzeptiert und die Kontoanbieter verlangen hohe Gebühren für die Einlösung. Abbildung 10: Barabhebungen an Geldautomaten UMSATZ BEI BARABHEBUNGEN VON GELDAUTOMATEN PRO KOPF NACH ZAHLUNGSVERKEHRSMARKT IN TSD. €, 2014 5,3 4,1 3,7 3,4 2,7 2,5 2,1 1,8 GB & Mittel- Deutschland Österreich Iber.Halb- Frankreich & Skandinavien Sonstige EU Irland europa insel & Italien Benelux DURSCHNITTLICHER UMSATZ BEI BARABHEBUNGEN IN €, 2014 85 127 129 177 139 98 105 132 Quelle: EZB Zahlungsverkehrsstatistik, Euromonitor, Oliver Wyman Analyse 1 So gab es beispielsweise 2008 beim britischen Payments Council Überlegungen, den Scheckabrechnungsverkehr bis 2018 ganz einzustellen. Diese Initiative wurde allerdings eingestellt. Trotzdem geht der Zahlungsverkehr per Scheck allmählich zurück, da die Verbraucher schnellere und bequemere Zahlungsmethoden auf A2A-Basis bevorzugen (z. B. FPS in Großbritannien). 2012 wurde vom französischen Finanzministerium das Ziel ausgegeben, binnen fünf Jahren die Zahl der in Frankreich ausgestellten Schecks zu halbieren. Die Entwicklung von Alternativen zu Scheckzahlungen blieb auch 2015 eines der Ziele der nationalen Strategie. Während die Tendenz beim Scheckverkehr insgesamt rückläufig ist, hat diese Form des Zahlungsverkehrs in Frankreich gegenüber vergleichbaren EU-Märkten weiter einen hohen Stellenwert 22
Bei der Dichte des Filialnetzes bestehen in Europa erhebliche Unterschiede: •• Die höchste Filialdichte pro Kopf verzeichnen die iberische Halbinsel und Italien, wo Barzahlungen und beleghafter Zahlungsverkehr weiter verbreitet sind. •• Am geringsten ist die Filialdichte in Großbritannien und Irland, in Mitteleuropa und in den skandi- navischen Ländern. Der hohe Marktdurchdringungsgrad von Bezahlkarten und anderen elektronischen Zahlungsmitteln gab den Banken in diesen Märkten die Möglichkeit, die Zahl ihrer Filialen deutlich zu verringern. Durch den wachsenden Marktdurchdringungsgrad von Bezahlkarten und anderen innovativeren Zahlungs- mitteln geraten der Barzahlungsverkehr und Schecks als Zahlungsmittel in der EU zunehmend unter Druck. Zudem wird in einigen Zahlungsverkehrsmärkten der EU der Übergang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr auch durch politische Maßnahmen gefördert. So führte die spanische Regierung 2012 ein Gesetz ein, mit dem eine Obergrenze von 2.500 Euro für Bartransaktionen festgesetzt wurde, um Geschäfte im „grauen Markt“ zu verhindern und Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Bezahlkartenmärkte Die Bezahlkartenmärkte innerhalb Europas unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Dynamik und ihrer Reife. Ursache hierfür sind im Wesentlichen zwei Faktoren: Reife der zugehörigen Infrastruktur: Beim Durchdringungsgrad mit PoS-Terminals und bei der Technologie- ausstattung der PoS (z. B. Bezahlung per Chip und PIN, kontaktlos, mit Magnetstreifen oder Unterschrift) bestehen erhebliche Unterschiede. Bezahlkarten-Durchdringungsgrad: Der Durchdringungsgrad reicht hier von 0,5 bis 2,5 Karten pro Kopf. Auch hinsichtlich der Präferenzen bestehen Unterschiede: Während sich in einigen Märkten Debitkarten großer Beliebtheit erfreuen, werden in anderen Märkten vor allem Kreditkarten eingesetzt. Abbildung 12 zeigt den Einfluss dieser beiden Faktoren in den Zahlungsverkehrsmärkten der EU im Vergleich und stellt den Faktoren Indikatoren für die Nutzung von Bezahlkarten gegenüber. Unsere wichtigsten Beobachtungen in den relevanten Märkten lauten wie folgt: •• Am höchsten ist der Durchdringungsgrad mit Bezahlkarten in Großbritannien und Irland sowie in den skandinavischen Ländern. In diesen Märkten verzeichnen die Kartenemittenten auch die höchsten Gesamttransaktionsumsätze pro Karte – wenngleich aus unterschiedlichen Gründen: hoher durch- schnittlicher Umsatz pro Transaktion in Großbritannien und Irland, hohe Nutzungsfrequenz bei niedrigem durchschnittlichem Umsatz pro Transaktion in den skandinavischen Ländern. •• Frankreich und die Benelux-Länder sowie Deutschland und die mitteleuropäischen Länder weisen einen ähnlich hohen Durchdringungsgrad auf. Allerdings ist die Dichte des PoS-Netzes in Frankreich und den Benelux-Ländern höher, so dass für die Verbraucher deutlich mehr Gelegenheit besteht, ihre Bezahlkarten zu nutzen. Folglich ist in Frankreich und den Benelux-Ländern die Transaktionsfrequenz höher und der durchschnittliche Umsatz pro Transaktion geringer. •• Die iberische Halbinsel und Italien verfügen im Vergleich zu anderen europäischen Märkten über ein relativ reifes Acquiring-Netzwerk. Jedoch ist in diesen Ländern der Durchdringungsgrad geringer und die Verbraucher zahlen am PoS bevorzugt bar. 23
Abbildung 11: Dichte der Geldautomaten- und der Filialnetzwerke in den einzelnen Zahlungsverkehrsmärkten FILIALDICHTE GELDAUTOMATEN-NETZDICHTE FILIALEN PRO 1.000 EINWOHNER, 20141 GELDAUTOMATEN PRO 10.000 EINWOHNER, 20142 Skandinavien Skandinavien GB & GB & Irland Mittel- Irland Mittel- europa europa >38 >9 Frankreich & Frankreich & Benelux >28 Benelux >6 Sonstige EU3 Sonstige EU3
Auch hinsichtlich der Präferenz von Debit- bzw. Kreditkarten unterscheiden sich die Zahlungsverkehrsmärkte. Abbildung 13 zeigt die Anzahl der ausgestellten Bezahlkarten und die Ausgaben ingesamt für die Zahlungsmärkte, unterteilt nach Kredit- und Debitkarten. In der EU machen Debitkarten etwa zwei Drittel aller ausgestellten Bezahlkarten aus, über 70 Prozent der Gesamtausgaben mit Bezahlkarten werden mit Debitkarten getätigt. Abbildung 13: Marktposition von Debit- bzw. Kreditkarten in den EU Zahlungsverkehrsmärkten ANTEIL DER AUSGESTELLTEN BEZAHLKARTEN NACH TYP ANTEIL DER AUSGABEN UNTERTEILT NACH KREDIT- UND DEBITKARTEN IN %, 2014 IN %, 2014 39 61 GB & Irland 72 28 31 69 Frankreich & 77 23 Benelux Mitteleuropa 22 78 (gesamt) 63 37 22 78 Deutschland 63 37 Iber.Halbinsel & 47 53 Italien 62 38 40 60 Skandinavien 80 20 23 77 Sonstige EU 71 29 Debit 34 66 Durchschnitt EU 72 28 Kredit Quelle: EZB Zahlungsverkehrsstatistik, Oliver Wyman Analyse Abbildung 14: Fallstudie – nationale Bezahlkartensysteme in wichtigen EU-Regionen CARTES BANCAIRES, FRANKREICH PAGOBANCOMAT, ITALIEN DANKORT, DÄNEMARK Art 4 Parteien 4 Parteien 4 Parteien Abwicklung für Debitkarten Kreditkarten Umsatz mit 212 (40%) 57 (23%) 36 (66%) Kartentransaktionen in Mrd. € (% vom Gesamtumsatz)1 E-Commerce Int. Partner Visa, MasterCard Maestro, Visa, V PAY Visa Bemerkungen •• Bankeigen (seit 1967) •• Vom italien. Bankenverband •• Von einem Bankenkonsortium •• Mitgliedssytem, dem alle großen eingerichtetes Debitkarten- gegründet (1983) französischen Banken angehören zahlungsnetz (seit 1983) •• 2014 Übernahme des Betreiber- •• Betreibt nationales Geldautomaten- •• Neuer Eigentümer: Bancomat- unternehmens Nets durch ein netz Konsortium Konsortium unter Führung •• Mitgliedssytem, dem alle großen von Advent International und •• Kontaktlose Zahlung und „Chip Bain Capital and PIN“ italienischen Banken, Finanzmittler und Zahlungsinstitute angehören •• Vor Kurzem Vorbereitung einer •• Sicherheit: DDA und 3D IPO (Nets) Secure Autorisierung •• Kontaktlose Zahlung und „Chip and PIN“ •• Kontaktlose Zahlung und „Chip and PIN“ 1. Marktanteil CB: % der Debit- und Kreditkartentransaktionen in Frankreich; Pagobancomat und Dankort: nur % der Debitkartentransaktionen in Italien bzw. Dänemark Quelle: Datamonitor Statistik 2014, Unternehmenswebsites, Nachrichtenmeldungen, Oliver Wyman Analyse 26
In den skandinavischen Ländern, Frankreich und den Benelux-Ländern werden – gemessen an der Höhe der Ausgaben – Debitkarten von den Verbrauchern gegenüber Kreditkarten eindeutig bevorzugt (über 75 Prozent der Gesamtausgaben mit Bezahlkarten). Bei den Kreditkarten ist der Ausgabenanteil in Großbritannien und Irland, Deutschland, Mitteleuropa und auf der iberischen Halbinsel am höchsten. Dies ist einer der wesentlichen Faktoren für den hohen durchschnittlichen Umsatz pro Transaktion in diesen Märkten (siehe Abbildung 12). Neben den internationalen Systemen existieren in einigen Ländern auch lokale Bezahlkartensysteme, die vor allem in einigen großen europäischen Märkten eine signifikante Marktposition einnehmen (siehe Abbildung 6). Bei diesen lokalen Systemen handelt es sich in der Regel um bankeigene Systeme, die zum Selbstkostenpreis betrieben werden. Folglich sind die MSCs deutlich niedriger, wodurch diese Systeme für die Händler attraktiver sind als die internationalen Systeme. Die ausgestellten Karten werden außerdem mit internationalen Systemen kombiniert (Co-Branding), damit sie von den Kunden auch im Ausland genutzt werden können. A2A Der A2A-Zahlungsverkehr gewinnt in den reiferen Zahlungsverkehrsmärkten in Europa zunehmend an Bedeutung. Wie aus Abbildung 15 hervorgeht, sind A2A-Zahlungen vor allem in Frankreich und den Benelux-Ländern, Deutschland und Mitteleuropa, den skandinavischen Ländern sowie Großbritannien und Irland verbreitet. In diesen Märkten wurden beträchtliche Investitionen in die Infrastruktur getätigt (nähere Angaben hierzu finden sich in Abschnitt „Echtzeit-A2A“). So sind beispielsweise die A2A-Netzwerke in Großbritannien und Schweden in der Lage, Transaktionen annähernd in Echtzeit zu verarbeiten. Abbildung 15: A2A-Nutzung in den europäischen Märkten NUTZUNG A2A VERHÄLTNIS ÜBERWEISUNGEN ZU LASTSCHRIFTEN UMSATZ PRO A2A-TRANSAKTION IN %, 2014, ANZAHL TRANSAKTIONEN (TSD. €/TRANSAKTION) 6,0 GB & Irland 48 52 Frankreich & Benelux 43 57 Frankreich & Benelux Deutschland 4,5 551 Mitteleuropa (gesamt) 49 51 Mitteleuropa (gesamt) 475 177 682 Deutschland 59 41 383 3,0 Iber. Halbinsel 383 GB & Irland Österreich 46 54 & Italien 316 Iber.Halbinsel & 81 Sonstige EU Österreich 54 46 Italien 248 Skandinavien 20 80 1,5 Skandinavien Sonstige EU 9 91 Lastschriften 1001 Durchschnitt EU 45 55 0,0 Überweisungen 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 A2A-TRANSAKTIONEN PRO KOPF (ANZ. PRO PERSON) 1. A2A-Transaktionsumsatz pro Kopf (in Tsd. € pro Person) Quelle: EZB Zahlungsverkehrsstatistik, Oliver Wyman Analyse; Anmerkung: Daten für GB beinhalten CHAPs-Zahlungen mit hohen Umsätzen 27
Überweisungen machen durchschnittlich etwa 45 Prozent des A2A-Zahlungsverkehrs in Europa aus, der Rest entfällt auf Lastschriften. Bei der Nutzung von A2A-Zahlungen bestehen zwischen den europäischen Märkten strukturelle Unterschiede: •• Vor allem in den skandinavischen Ländern werden vorwiegend Überweisungen getätigt. Grund hierfür ist die Existenz von Zahlungsdiensten wie Swish, MobilePay und Vipps, die sich bei den Verbrauchern großer Beliebtheit erfreuen (nähere Angaben hierzu im Abschnitt „Zahlungsverkehr und mobile Geldbörse“). Außerdem stellen Banken und Zahlungsnetzbetreiber (wie Nets) in einigen skandinavischen Ländern Unternehmen Gebühren für die Abwicklung von Lastschriften in Rechnung. Diese Gebühren werden in der Regel an die Verbraucher weitergegeben. Das Lastschriftverfahren gewährleistet für Unternehmen einen geregelten Cashflow ohne zusätzliche Kosten. Daher ist dieses Verfahren in den skandinavischen Ländern weit verbreitet. •• In Deutschland sind durch das Elektronische Lastschriftverfahren (ELV) die Zahlungsvolumina im Last- schriftverkehr sehr viel höher. Dank dieses Verfahrens können Verbraucher in Deutschland Einzellast- schriften zur Zahlung von Waren am PoS autorisieren. Dies bietet dem Käufer zusätzliche Sicherheit, da die Lastschrift bis zu acht Wochen nach der Abrechnung widerrufen und wieder einge- zogen werden kann.2 Der Händler vermeidet auf diese Weise Gebühren für Kartenzahlungen, geht allerdings Kredit- und Betrugsrisiken ein. Abbildung 16 zeigt eine schematische Darstellung des Elektronischen Lastschriftverfahrens (ELV). Ertragspools 2014 In dieser Studie wurde eine Schätzung der Ertragspools für das Jahr 2014 im Zusammenhang mit dem Zahlungsverkehr im Privat- und kleineren Firmenkundengeschäft in Europa vorgenommen. Eine genaue Definition und Abgrenzung ist in Abbildung 19 dargestellt. Den Schätzungen zufolge beliefen sich diese Ertragspools im Jahr 2014 – auf Basis von Transaktionen im Wert von fast 190 Bio. Euro einschließlich Barzahlungsverkehr – auf insgesamt 37,8 Mrd. Euro. Abbildung 20 zeigt eine Übersicht der Treiber für diese Ertragspools. Abbildung 18 gibt eine Zusammenfassung der zugrunde liegenden Transaktionstätigkeit. Unsere Analyse ermöglicht eine Gliederung des Gesamt-Ertragspools in folgende Bereiche: •• Nach Zahlungsverkehrsmarkt (siehe Beschreibung im Abschnitt „Zahlungsverkehrsmärkte“) •• Nach Art der Akteure (siehe Beschreibung im Abschnitt “Marktstruktur, Hauptakteure und aktuelle Trends”) •• Nach Zahlungsart In Abbildung 20 ist diese Aufgliederung in einer Übersicht zusammengefasst. Hinsichtlich der Dynamiken, die diesen Ertragspools zugrunde liegen, unterscheiden sich die Zahlungsverkehrsmärkte ganz erheblich. Grundsätzlich lassen sie sich jedoch auf einen oder mehrere der folgenden Treiber zurückführen: •• Das Volumen der Kartenzahlungen am PoS und die Präferenz von Debit- gegenüber Kreditkarten •• Unterschiede bei Netto-MSCs und Volumina bei großen Corporate-Händlern und kleinen Firmengeschäfts-Händlern •• Strukturelle Unterschiede bei den Gebührenstrukturen der Privat- und Firmengirokontenanbieter 2 Nach der SEPA-Verordnung 28
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