EY Banken-barometer 2020 - Im Sog der Geldpolitik
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Inhalt Editorial 3 1. Design der Studie 4 2. Kernaussagen 6 3. Marktumfeld der Banken 10 4. Operative Geschäftsentwicklung 17 5. Negativzinsen 24 6. Finanzmarktregulierung 29 7. Kreditgeschäft 34 8. Strukturwandel und FinTech 40 9. Fokusthemen 2020 52 10. Ausblick − Banking in 7 bis 10 Jahren 58 11. Nachhaltigkeit 67 12. Kundenumfrage 79 Anhang 84 2 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
Editorial Tiefe Zinsen, tiefe Volatilitäten und hohe Unsicherheiten – so lässt sich das Umfeld, in welchem die Schweizer Banken derzeit operieren, zusammenfassen. Damit verbunden ist eine Vielzahl von Herausforderungen: Die Margen im Kreditgeschäft kommen immer stärker unter Druck und die Banken müssen immer mehr Kredite vergeben, um ihr Zinsergebnis stabil zu halten. Und auch im Kommissionsgeschäft leiden die Banken zunehmend unter einem Margenschwund. Die expansive Geldpolitik mit Negativzinsen hat dazu geführt, dass die verschiedenen Anlageklassen eher zu hoch und die Risiken eher zu tief bewertet werden. Zudem nähren die Unsicherheiten im Zusammenhang Patrick Schwaller mit den handelspolitischen Spannungen, den geopolitischen Entwicklungen und den aufkeimenden Konjunktursorgen die Zweifel von Investoren und Bankkunden; dies Managing Partner ebenfalls mit entsprechend negativen Folgen für die Ertragslage der Banken. Audit Financial Services Nebst diesem sehr anspruchsvollen Umfeld, in welchem sich die Banken bislang als relativ widerstandsfähig behaupten konnten, werden die Banken auch immer stärker durch den strukturellen Wandel in der Finanzindustrie herausgefordert. Dieser äussert sich nicht nur darin, dass die Wertschöpfungskette der Banken vermehrt durch neue Marktteil- nehmer wie Technologiefirmen und Plattformen durchbrochen wird, sondern auch in einem sich stetig verändernden Kundenverhalten. Wie lauten die Antworten der Schweizer Banken auf diese Herausforderungen? Wie schätzen sie ihre kurz- und langfristigen Zukunftsaussichten ein? Müssen Privatkunden in Zukunft damit rechnen, dass die Banken breitflächig Negativzinsen auf ihre Kontogut- haben erheben? Worauf werden die Banken im kommenden Jahr ihren strategischen Fokus legen? Neben diesen Fragen haben wir die Banken dieses Jahr zu unserem Fokus- Olaf Toepfer thema «nachhaltige Anlagen» befragt. Sehen die Banken darin lediglich einen Hype? Partner Glauben die Banken, dass sie einen bedeutenden Beitrag zur Bekämpfung des Klimawan- Leiter Banking & Capital Markets dels leisten können? Wie stark ist das Thema «Nachhaltigkeit» bereits in die bestehenden Beratungsprozesse der Banken integriert? Der EY Bankenbarometer 2020 sucht Antworten auf diese und weitere Fragen. Wir wünschen Ihnen eine gehaltvolle Lektüre und freuen uns auf angeregte Diskussionen. Timo D’Ambrosio Senior Manager Audit Financial Services EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 3
Design der Studie • Befragung durch EY im November 2019 • Befragung von 100 Banken in der Schweiz1 • Zehnte Durchführung seit 2010 2019: 79 % 2018: 69 % 2019: 14 % 2018: 24 % 2019: 7 % 2018: 7 % Aufteilung des Befragungssamples Bankengrösse nach Banktyp 2019 2018 2019 2018 Kundenvermögen Privatbanken2 28 % 33 % Unter CHF 5 Mia. 69 % 46 % Auslandsbanken 17 % 28 % Zwischen CHF 5 und 10 Mia. 7% 14 % Regionalbanken 38 % 18 % Zwischen CHF 10 und 50 Mia. 17 % 26 % Kantonalbanken 17 % 21 % Über CHF 50 Mia. 7% 14 % 1 Die Schweizer Einheiten der zwei Grossbanken wurden befragt und sind in die generellen Auswertungen eingeflossen, werden aber in den Auswertungen nach Bankentyp nicht berücksichtigt 2 Inklusive Vermögensverwaltungsbanken EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 5
1 Tiefe Zinsen, tiefe Volatilitäten, hohe Unsicherheiten Tiefe Zinsen, tiefe Volatilitäten und hohe Aufgrund der tiefen Zinsen sowie der Unsicherheiten – so lässt sich das Um- tiefen Risikoprämien und Volatilitäten feld, in welchem die Schweizer Banken erwirtschaften die Banken weniger derzeit operieren, zusammenfassen. Erträge als in der Vergangenheit. Dabei Damit verbunden ist eine Vielzahl von ist durchaus besorgniserregend, dass Herausforderungen: Die Margen im konsequentes, diszipliniertes Risiko- Kreditgeschäft kommen immer stärker management derzeit nicht ausreichend unter Druck und die Banken müssen belohnt wird, während ungenügendes immer mehr Kredite vergeben, um Risikomanagement keine bedeutenden ihr Zinsergebnis stabil zu halten. Und negativen Konsequenzen hat. auch im Kommissionsgeschäft leiden die Banken zunehmend unter einem Als Folge dieser Entwicklung besteht die Margenschwund und der Tatsache, dass Gefahr, dass die Banken das Kreditrisi- die geopolitischen Unsicherheiten sowie komanagement und den Umgang mit aufkeimende Konjunktursorgen die Ak- potenziellen Kreditausfällen in der Breite tivitäten von Investoren und Bankkunden ihres Finanzierungsgeschäfts verlernen hemmen. und sich eine gewisse Bequemlichkeit einstellt. Die expansive Geldpolitik mit Negativzin- sen hat dazu geführt, dass die verschie- denen Anlageklassen eher zu hoch und die Risiken eher zu tief bewertet werden. 2 Trübe Geschäftsaussichten – Negativzinsen auch für Kleinsparer? Im wichtigen Zinsdifferenzgeschäft sind Prozent) der Banken gehen auf lange mehr als ein Viertel (28 Prozent) mit die Banken auf normale Zinskurven mit Sicht von sinkenden Ergebnissen aus. steigenden Wertberichtigungen. deutlichen Unterschieden zwischen den Bei den vornehmlich auf das Kredit- kurzfristigen und langfristigen Zinssätzen geschäft fokussierten Kantonal- und Der Margendruck im Zinsgeschäft führt angewiesen. Entgegen den Erwartungen Regionalbanken fällt dieser Stimmungs- dazu, dass die Banken die Negativzinsen der meisten Bankinstitute in der letzt- einbruch sogar noch drastischer aus. zunehmend an ihre Kunden weitergeben. jährigen Umfrage ist jedoch eine Während im Jahr 2015 noch 70 Prozent Normalisierung der Geldpolitik in weite In dieses Bild passt auch, dass mit 47 der befragten Banken die Weitergabe Ferne gerückt und die Banken sehen Prozent bzw. 70 Prozent der Banken von Negativzinsen kategorisch ausges- sich noch länger mit Negativzinsen und deutlich mehr Institute als im Vorjahr auf chlossen hatten, sind es inzwischen nur ausserordentlich flachen Zinskurven mittlere und lange Sicht mit steigenden noch 21 Prozent. Zudem geben bereits konfrontiert, was die Zinsmargen weiter Wertkorrekturen aus dem KMU-Kredit- mehr als die Hälfte der Banken (55 Pro- schmelzen lässt und damit die Geschäfts- geschäft rechnen. Einzig auf kurzfris- zent) – und damit deutlich mehr als im aussichten der Banken trübt. So rechnen tige Sicht zeigen sich die Banken noch Vorjahr (Vorjahr: 33 Prozent) – an, dass für die kurz- und mittelfristige Zukunft entspannt. Als Treiber dieser Entwick- sie den Schwellenwert, ab welchem Kun- bereits rund je ein Drittel (Vorjahr: lung sind in erster Linie die in den denguthaben mit Negativzinsen belastet 22 bzw. 16 Prozent) der Banken mit vergangenen Monaten aufkeimenden werden, reduzieren möchten. Es stellt einem Rückgang ihrer Ergebnisse. Diese Konjunktursorgen zu nennen. Bei den sich die Frage, wie lange die Banken die Skepsis nimmt auch mit Blick in die Immobilienkrediten zeigen sich die Ban- Kleinsparer von der Weiterbelastung der langfristige Zukunft nur unwesentlich ken hingegen weiterhin eher entspannt Negativzinsen verschonen können. ab. Insgesamt 27 Prozent (Vorjahr: 13 – mittelfristig rechnet lediglich etwas EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 7
3 Traditionelle Geschäftsmodelle kommen an ihre Grenzen – verstärkte Kundenzentrierung ist gefragt Es ist sicherlich zu früh, das Ende der durchgesetzt zu haben. Insgesamt 83 dass die Banken in Zukunft ihre Tätigkeit traditionellen Geschäftsmodelle einzu- Prozent der befragten Banken vertreten verstärkt an den Kundenbedürfnissen läuten. Die Schweizer Banken haben die Meinung, dass die Banken in Zukunft bzw. der Kundennachfrage ausrichten in den letzten Jahren in einem an- neue Ertragsquellen erschliessen und nicht mehr an der von ihnen an- spruchsvollen Umfeld eine relativ hohe müssen, um ihre Ertragskraft nicht zu gebotenen Produktepalette. Dieses Widerstandskraft unter Beweis gestellt. verlieren. Geschäftsmodell erinnert stark an jenes Dennoch ist es nicht von der Hand zu der grossen Technologieunternehmen, weisen, dass die andauernde expan- Doch wie kann dies gelingen? Die welche durch den Aufbau von (vernetz- sive Geldpolitik der Zentralbanken und Mehrheit der Banken (60 Prozent) ist ten) Plattformen neue Ecosysteme für die damit verbundenen tiefen bzw. sich einig, dass der grösste Hebel für ihre Kunden geschaffen haben. negativen Zinsen eine enorme Her- ein profitables Ertragswachstum in ausforderung für die Banken sind und einer höheren Kundenzentrierung liegt. grundlegende Fragen an die Geschäfts- Hingegen glaubt nur noch ein Viertel modelle der Banken stellen – dies gilt der Banken, dass der Schlüssel für eine insbesondere für die stark inland- profitable Ertragssteigerung in produkt- orientierten und auf das Zinsdifferenz- zentrierten Massnahmen wie beispiels- geschäft fokussierten Kantonal- und weise der Bündelung verschiedener Regionalbanken. Diese Einsicht scheint Dienstleistungen (19 Prozent) zu finden sich auch unter den Banken mehrheitlich ist. Diese Einschätzung lässt erwarten, 4 Vor der langfristigen Neuausrichtung der Geschäftsmodelle wird kurzfristig an der Kostenschraube gedreht Doch bevor die Banken sich daran Prozent überzeugt. Der Strukturwandel machen, ihre Geschäftsmodelle grun- zeigt sich auch in der Tatsache, dass die dlegend zu überdenken, scheinen sie Banken die Bedrohung durch branchen- sich kurzfristig vermehrt dem Thema fremde Konkurrenten noch nie als so Kosteneffizienz widmen zu müssen. hoch empfunden haben wie in diesem Denn 39 Prozent der Banken (Vorjahr: Jahr. Insgesamt sehen sich 79 Prozent 32 Prozent) sehen das Thema Kosten als der befragten Banken durch diese neuen Schwerpunktthema für die kommenden Anbieter in ihrer Marktstellung bedroht. 12 Monate. Das ist der höchste Wert Trotzdem geht die Mehrheit der Banken der letzten drei Jahre. Dies zeigt sich (61 Prozent) davon aus, dass sie letztlich auch bei der Frage nach den zukünftigen als Gewinner aus der Digitalisierungs- Vergütungen im Bankensektor. Beinahe welle hervorgehen werden. drei Viertel (71 Prozent) der befragten Institute geben an, dass die Vergütun- gen in der Finanzbranche in Zukunft geringer ausfallen werden. Den Banken wird immer bewusster, dass in der Schweizer Finanzindustrie ein fundamentaler Strukturwandel begon- nen hat. Davon sind zwischenzeitlich 88 8 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
5 Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei den Banken bislang nur bei der Geldanlage eine grössere Rolle – nicht aber bei der Kreditvergabe Das Thema «nachhaltige Anlagen» ist Rahmen von regelmässigen Berichter- in den letzten Jahren vermehrt in den stattungen über die Nachhaltigkeit (ESG Blickpunkt der Investoren und Kunden Scores) ihrer Portfolios zu informieren. gerückt. Dabei sind sich die Banken weitgehend einig, dass es sich bei Bei der Kreditfinanzierung durch Banken diesem Thema nicht um einen Hype spielt das Thema «Nachhaltigkeit» handelt, sondern der Trend zu nachhal- heute noch keine grosse Rolle. Nur eine tigen Anlagen dauerhaft fortbestehen Minderheit von 19 Prozent der befragten wird (81 Prozent). Zudem geht zumin- Banken gibt an, dass sie ESG Faktoren in dest eine knappe Mehrheit der Banken ihrer Kreditvergabe berücksichtigt und (55 Prozent) davon aus, dass sie einen nur 25 Prozent geben an, diese Kriterien wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung in Zukunft berücksichtigen zu wollen. des Klimawandels leisten kann. Folglich überrascht es nicht, dass 70 Prozent der Das Thema Nachhaltigkeit wird die Banken ihr Angebot an nachhaltigen An- Finanzinstitute in absehbarer Zukunft lagen künftig ausweiten möchten, nicht gesamtheitlich herausfordern. Dies setzt zuletzt um von der steigenden Kunden- voraus, dass sich die Institute auf allen nachfrage zu profitieren. Obwohl diese Ebenen mit dem Thema befassen und Befragungsergebnisse erkennen lassen, das entsprechende Know-how rasch auf- dass die Banken das Thema nachhaltige bauen. In der Phase der Transformation Anlagen für sich entdeckt haben, zeigt werden Institute, welche sich rascher sich, dass diese Erkenntnis noch nicht in diese Richtung entwickeln, stärker flächendeckend in ihre Beratungs- und profitieren. Investmentprozesse sowie Berichterstat- tung eingeflossen ist: So ist das Thema Nachhaltigkeit bei noch nicht einmal einem Drittel der Banken (30 Prozent) ein Pflichtbestandteil des Beratungs- prozesses und lediglich 9 Prozent der Banken geben an, ihre Kunden im EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 9
“ Tiefe Zinsen, tiefe Volatilitäten und hohe Unsicherheiten! So lässt sich das Umfeld, in welchem die Schweizer Banken derzeit operieren, zusammenfassen. Insgesamt stellt dies für die Banken ein sehr herausforderndes Umfeld dar. Patrick Schwaller Managing Partner Audit Financial Services 3 Marktumfeld der Banken 10 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
Geldpolitik hält Märkte in Atem Zinsen Börsen in Prozent Indexiert, 1.1.2000 = 100 6.9 300 6.4 5.9 5.4 250 4.9 4.4 200 3.9 3.4 2.9 150 2.4 1.9 1.4 100 0.9 0.4 -0.1 50 -0.6 -1.1 -1.6 0 00 04 06 08 00 04 06 08 02 02 12 12 20 8 20 8 16 10 14 16 10 14 19 19 1 1 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 LIBOR EUR 3M MSCI WORLD LIBOR USD 3M MSCI SWITZERLAND LIBOR JPY 3M MSCI USA LIBOR CHF 3M MSCI EUROPE CHF 10J Schweizerische Eidgenossenschaft Quellen: SNB, MSCI Auch mehr als zehn Jahre nach krise zwar ihre unmittelbar gewünschte jedweder Art sind nahezu gratis zu Ausbruch der letzten Finanz- und Wirkung entfaltet und das Finanzsystem haben. Der wichtige Steuerungs- und Wirtschaftskrise und der Rettung des vor einem Zusammenbruch bewahrt, Allokationsmechanismus der Zinsen ist Finanzsystems durch die Staatenge- die unerwünschten langfristigen Folgen seit geraumer Zeit ausser Kraft gesetzt. meinschaft und Zentralbanken ist keine der Politik des billigen Geldes können Dies lässt sich unter anderem auch an Normalisierung eingetreten. Im Gegen- jedoch nicht mehr länger ignoriert den historisch tiefen Volatilitäten an den teil: Die unerwünschten Konsequenzen werden: aufgeblähte Vermögenspreise, Finanzmärkten ablesen. Es scheint fast, der Rettungsmassnahmen werden Höchststände bei Staats- und Unterneh- als ob nicht nur Kapital, sondern auch jedes Jahr deutlicher erkennbar. Seit mensverbindlichkeiten, Bedrohung der Risiken keinen Preis mehr hätten. mehreren Jahren sind die Zinsen auf Altersvorsorge, Zunahme der Risiko- absoluten Tiefstwerten und in vielen exposition bei der Vermögensanlage Ländern seit einiger Zeit bereits negativ. mangels Anlagealternativen, Fehl- Und die Immobilien- und Wertpapier- allokation von Kapital in unproduktive märkte kennen nur eine Richtung: nach Wirtschaftsbereiche etc. Das Kapital oben. Die ultraexpansive Geldpolitik der hat seinen Preis verloren. Sparen lohnt Zentralbanken hat während der Finanz- sich nicht mehr und Kreditfinanzierungen EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 11
Economic Policy Uncertainty Index Volatilitäten Indexiert, 1.1.2000 = 100 400 350 350 300 300 250 250 200 200 150 150 100 100 50 50 0 0 00 04 00 06 08 04 06 08 02 02 8 12 12 20 8 18 16 20 6 10 14 10 14 19 19 20 7 1 1 1 9 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 19 VSMI ® EURO STOXX 50® Volatility (VSTOXX®) Cboe Volatility Index® (VIX®) Quellen: Davis, Steven J. (Policyuncertainty.com), SIX, STOXX, Cboe Die Folgen der ultraexpansiven Geldpolitik Frage, ob sich die zahlreichen verschul- sukzessive weiter abgeschwächt hat und lassen sich auch an der Entwicklung deten Staaten überhaupt höhere Zinsen die konjunkturellen Wachstumsaussicht- der Staatsschulden der wichtigsten leisten können. en, insbesondere für Europa und für die Volkswirtschaften ablesen. So hat der Schwellenländer, zunehmend pessimis- globale Schuldenturm seit Beginn des Nachdem es Ende 2018 noch den tischer beurteilt werden, scheint eine Jahres 2007 um mehr als USD 100 Bio. Anschein machte, dass zumindest die Normalisierung der Geldpolitik – entge- bzw. rund 70 Prozent auf nun USD 250 Fed das günstige konjunkturelle Umfeld gen der Erwartungen der meisten Bank- Bio. zugenommen. Ein noch düstereres nutzen und den geldpolitischen Normali- institute in der letztjährigen Umfrage – Bild zeigt sich mit Blick auf die Schwel- sierungsprozess einleiten würde, hat sich bis auf Weiteres in weite Ferne gerückt. lenländer (Anstieg um 267 Prozent), das Blatt inzwischen wieder gewendet. Die Zentralbanken haben die Chance auf während die Staatsschulden der Indus- Sowohl die Fed als auch die EZB haben eine Normalisierung der Geldpolitik ver- trienationen etwas weniger drastisch im Jahr 2019 auf erste Konjunkturab- tan und es besteht weiterhin kaum Spiel- nach oben geschnellt sind. Angesichts kühlungen mit erneuten Zinssenkungen raum für weitere geldpolitische Impulse, dieser Entwicklung ist zu befürchten, reagiert. Die EZB sah sich zudem dazu um adäquat auf den nächsten, sich heute dass eine Normalisierung des Zinsniveaus gezwungen, ein neues Massnahmenpaket in einzelnen Wirtschaftsbereichen bereits gravierende Folgen für einige hochver- zur Stimulierung der Inflation zu lancie- abzeichnenden Konjunkturabschwung schuldete Regionen und Länder haben ren. Da sich die Wachstumsdynamik der reagieren zu können. könnte. Und es stellt sich durchaus die Weltwirtschaft in den letzten Monaten 12 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
300 250 200 150 100 50 18 19 17 20 20 20 VSMI ® EURO STOXX 50® Volatility (VSTOXX®) Cboe Volatility Index® (VIX®) Quellen: SIX, STOXX, Cboe Neben der Geldpolitik ist das Marktum- und Dienstleistungsgeschäft auch das Dienstleistungsgeschäft um CHF 6.9 Mia. feld der Banken insbesondere durch die zweite Standbein der Schweizer Banken. bzw. 24 Prozent auf CHF 22.0 Mia. abge- erhöhten handelspolitischen Spannungen nommen. Die Gründe für die Margen- und geopolitischen Unsicherheiten Der Zinserfolg konnte seit dem Jahr erosion im Kommissions- und Dienstleis- geprägt. Auch wenn sich im Handels- 2000 trotz Negativzinsen zwar weit- tungsgeschäft sind vielfältig. Einerseits streit zwischen den USA und China gehend konstant gehalten werden und treten immer mehr (auch branchenfrem- beide Parteien in jüngster Zeit teilweise belief sich im Jahr 2018 auf CHF 23.5 de) Akteure im Markt auf, die Kunden mit näher gekommen sind, bleibt die Lage Mia., dies gelang jedoch nur durch eine günstigeren Konditionen locken. Ander- weiterhin prekär und birgt unabsehbare gleichzeitige Volumenausweitung der erseits hat im beobachteten Zeitraum mittel- und langfristige Gefahren für Bilanzpositionen Hypothekarforderun- vor allem auch eine steuerliche Regularis- die Weltwirtschaft. Zudem bleiben die gen, Forderungen gegenüber Kunden ierung der Vermögenswerte bei Konsequenzen aus dem bevorstehenden und Finanzanlagen um 68 Prozent. Die Schweizer Banken stattgefunden. Von Brexit nach wie vor ungewiss und die Zinsmargen haben sich damit deutlich dieser Entwicklung waren insbesondere Spannungen in der Golfregion sind in den reduziert.1 Insgesamt ist festzuhalten, die in der Vergangenheit sehr margen- vergangenen Monaten spürbar gestiegen. dass die Banken im Zinsdifferenzgeschäft trächtigen Wertschriftenbestände auslän- heute zwar ähnlich viel Geld wie im Jahr discher Privatkunden betroffen, welche Obwohl die Schweizer Banken in den 2000 verdienen, sie dafür aber immer von CHF 997 Mia. im Jahr 2000 um letzten Jahren relativ stabile Geschäfts- mehr zusätzliche Kredite vergeben müs- CHF 484 Mia. bzw. 49 Prozent auf erfolge erzielen konnten und sich in sen um den gleichen Ertrag zu erzielen. CHF 513 Mia. zurückgegangen sind. einem schwierigen Umfeld als relativ wider- standsfähig behauptet haben, ist es nicht Die Entwicklung des Kommissions- und von der Hand zu weisen, dass die Margen Dienstleistungsgeschäfts zeigt sogar ein Lag diese im Jahr 2007 noch bei 1.80 Prozent, 1 im klassischen Bankgeschäft weiter- noch weniger erfreuliches Bild. Während ist sie zwischenzeitlich auf 1.17 Prozent gesunken. (Quelle: SNB) hin unter hohem Druck stehen und im die Wertschriftenbestände seit dem Jahr Mehrjahresvergleich sinken. Dies betrifft 2000 um beinahe 60 Prozent auf CHF nicht nur das Kredit- bzw. Zinsdifferenz- 5‘849 Mia. gesteigert werden konnten, geschäft, sondern mit dem Kommissions- hat der Erfolg aus dem Kommissions- und EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 13
Wertschriftenbestände Zinsen und Kreditvolumen und Kommissionserfolg in CHF Mrd. in CHF Mrd. Kreditvolumen Zinsertrag Wertschriftenbestände Kommissionserfolg in CHF Mia. in CHF Mia. in CHF Mia. in CHF Mia. 2'000 30 7'000 40 1'800 6'000 35 25 1'600 30 1'400 5'000 20 25 1'200 4'000 1'000 15 20 3'000 800 15 10 600 2'000 10 400 5 1'000 5 200 0 0 0 0 00 20 4 00 06 08 09 20 4 20 5 06 08 09 20 5 02 20 3 20 7 02 20 3 20 7 01 01 13 12 13 12 15 15 18 18 16 10 16 11 14 10 11 14 17 17 0 0 0 0 0 0 0 0 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 Hypotheken Wertschriftenbestände Forderungen gegenüber Kunden Kommissionserfolg Finanzanlagen Brutto-Zinserfolg Quelle: SNB Zusammenfassend kann festgehalten entsprechenden Risikoprämien ent- • Die Unsicherheiten im Zusammenhang werden, dass die Schweizer Banken in schädigt wird. Die expansive Geld- mit den erhöhten handelspolitischen einem zunehmend schwierigen Umfeld politik hat allerdings dazu geführt, Spannungen, den geopolitischen operieren müssen: tiefe Zinsen, tiefe dass die Risiken tendenziell zu tief Entwicklungen und den aufkeimenden Volatilitäten und hohe Unsicherheiten. bewertet werden, was sich an den Konjunktursorgen nähren die Zweifel historisch tiefen Risikoprämien und von Investoren und Bankkunden. • Im klassischen Bilanzgeschäft benöti- an den sehr tiefen Volatilitäten an den Sicherheit scheint oberstes Gebot gen die Banken eine normale Zins- Märkten ablesen lässt. Aufgrund der zu sein und in der Regel profitieren kurve mit positiven Zinsen, um eine tiefen Risikoprämien und Volatilitäten Schweizer Banken in einem derartigen Zinsdifferenz aus dem Kredit- und dem verdienen die Banken weniger. Und Umfeld von erhöhten Neugeldzuflüssen. Einlagegeschäft zu erwirtschaften. Bei durchaus besorgniserregend ist, dass Allerdings können die Banken mit den einer eher flachen Zinskurve mit Nega- konsequentes, diszipliniertes Risiko- zusätzlichen Kundengeldern nur dann tivzinsen und einer mangelnden Akzep- management derzeit nicht ausreichend etwas verdienen, wenn sie verwaltet tanz, Negativzinsen im Einlagegeschäft belohnt wird, während ungenügendes und investiert werden. Zusätzliche auf breiter Front weiterzugeben, kann Risikomanagement keine bedeutenden Spargelder bringen den Banken das Zinsgeschäft längerfristig kaum negativen Konsequenzen hat, da mit aufgrund des aktuellen Zinsumfeldes profitabel betrieben werden. der ultraexpansiven Geldpolitik viele in- hingegen keine Erträge und werden härente Risiken vermeintlich eliminiert zunehmend aktiv gemieden. •D as Eingehen und die Bewirtschaftung bzw. «übertüncht» werden. von Risiken gehören zum Kerngeschäft der Banken, was unter anderem mit 14 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
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“ Bei den Zukunftsaussichten kam es unter den Schweizer Banken zu einem bemerkenswerten Stimmungseinbruch – insbesondere bei den Retailbanken. Olaf Toepfer Partner Leiter Banking & Capital Markets 4 Operative Geschäftsentwicklung EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 17
Banken spüren zunehmend Gegenwind «Wie bewerten Sie die aktuelle operative Geschäftsentwicklung Ihres Instituts (vergangene 6 bis 12 Monate)?» 2019 4% 3% 100% 16% 7% 90% 1% 19% 80% 2018 17% 70% 25% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 56% 52% 0% 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Positiv (Zunahme operatives Ergebnis um mehr als 10%) Eher positiv (Zunahme operatives Ergebnis um bis zu 10%) Eher negativ (Rückgang operatives Ergebnis um bis zu 10%) Negativ (Rückgang operatives Ergebnis um 10% bis 25%) Sehr negativ (Rückgang operatives Ergebnis um mehr als 25 %) Die Schweizer Banken zeigen sich mit mäss Daten der SNB von bereits sehr der Geschäftsentwicklung des vergange- tiefen 1.63 Prozent per Ende 2018 In den ersten zehn Monaten des Jahres 2019 2 konnten die Banken das Hypothekarvolumen um nen Jahres so unzufrieden wie noch nie nochmals deutlich auf 1.26 Prozent per 2.7 Prozent steigern, während die durchschnittliche seit Erhebung dieser Studie; dennoch Ende November 2019 verringert. Im jährliche Wachstumsrate in der Periode 2000 bis ist die Zufriedenheit noch auf einem August 2019 lag dieser Wert mit 1.19 2018 bei 4.4 Prozent lag relativ hohen Niveau. Bereits ein Drittel Prozent sogar noch tiefer. Da die Banken Beispielsweise lag der Zinssatz für neu 3 (32 Prozent) der Banken beurteilt die ihr Hypothekarvolumen aufgrund von abgeschlossene zehnjährige Festhypotheken aktuelle Geschäftsentwicklung negativ Sättigungstendenzen im Markt und der gemäss Daten der SNB per Ende 2007 noch bei 3.7 Prozent. (Vorjahr: 25 Prozent). 3 Prozent der bestehenden regulatorischen Vorgaben befragten Institute beurteilen den weniger stark als in der Vergangenheit Geschäftsgang sogar als sehr negativ ausweiten konnten2, hat diese Entwick- (Rückgang des operativen Ergebnisses lung Spuren in den Erfolgsrechnungen um mehr als 25 Prozent). der Banken hinterlassen. Darüber hinaus laufen bei den Banken derzeit viele Der Hauptgrund für diese Entwicklung ältere Festhypotheken aus, welche noch ist vor allem in der Zinsentwicklung zu zu höheren Zinskonditionen abgeschlos- suchen. So hat sich der durchschnittliche sen werden konnten3. Neue Hypotheken Zinssatz der Banken für neu abgeschlos- haben hingegen tiefere Zinsen, was die sene zehnjährige Festhypotheken ge- Zinsmarge weiter absinken lässt. 18 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
Getrübte Zukunftsaussichten «Wie wird sich Ihrer Erwartung nach das operative Geschäft Ihres Instituts entwickeln?» 2019 2018 2019 2018 2019 2018 2% 3% 4% 1% 3% 13% 15% 19% 24% 31% 27% 62% 65% 63% 51% 51% 58% 22% 25% 18% 19% 15% 9% Kurzfristig Kurzfristig Mittelfristig Mittelfristig Langfristig Langfristig (6 − 12 Monate) 2019 (6 − 12 Monate) 2018 (1 − 3 Jahre) 2019 (1 − 3 Jahre) 2018 (< 3 Jahre) 2019 (< 3 Jahre) 2018 Positiv (Zunahme operatives Ergebnis um mehr als 10%) Negativ (Rückgang operatives Ergebnis um 10% bis 25%) Eher positiv (Zunahme operatives Ergebnis um bis zu 10%) Sehr negativ (Rückgang operatives Ergebnis um mehr als 25 %) Eher negativ (Rückgang operatives Ergebnis um bis zu 10%) Die Skepsis über die zukünftige Geschäfts- Das Befragungsergebnis zeigt, dass in den vergangenen Monaten spürbar entwicklung bei den Schweizer Banken die Banken ihre Geschäftsaussichten angeheizt. Insgesamt kann festgehalten wächst. Während die Banken im Vorjahr deutlich schlechter als noch im Vorjahr werden, dass die Schweizer Banken auch für sämtliche Planungshorizonte (kurz,- beurteilen. Die Ursachen dieses Stim- auf absehbare Zeit in einem schwierigen mittel- und langfristig) überwiegend mungswandels liegen auf der Hand: Umfeld operieren müssen, welches Optimismus verspürten, ist in diesem Jahr Die konjunkturellen Sorgen haben im durch tiefe Zinsen, tiefe Volatilitäten und ein deutlicher Stimmungswandel erkenn- vergangenen Jahr weltweit zugenom- hohe Unsicherheiten geprägt ist. bar. So rechnet für die kurz- und mittelfris- men. Die gegen Ende des letzten Jahres tige Zukunft bereits rund ein Drittel (33 aufkeimende Hoffnung auf einen Par- Neben diesen makroökonomischen Prozent bzw. 31 Prozent) der Banken mit adigmenwechsel in der Geldpolitik der und geopolitischen Herausforderungen einem Rückgang ihrer Ergebnisse. Dies wichtigen Zentralbanken und damit auf müssen die Banken mit zunehmender entspricht einem Anstieg von 11 (kurzfris- eine absehbare Zinswende ist verpufft. Dringlichkeit auch Antworten auf den tig) bzw. 15 (mittelfristig) Prozentpunkten Zudem haben die geopolitischen Risiken strukturellen Wandel in der Finanzindus- (Vorjahr: 22 bzw. 16 Prozent). Diese Skep- spürbar zugenommen: Der zwischen den trie finden. sis nimmt auch mit Blick in die langfristige USA und China schwelende Handelsstreit Zukunft nur unwesentlich ab. Insgesamt birgt unabsehbare Gefahren, die Konse- 27 Prozent (Vorjahr: 13 Prozent) der Ban- quenzen aus dem bevorstehenden Brexit ken gehen auf lange Sicht von sinkenden bleiben nach wie vor ungewiss und die Ergebnissen aus. Spannungen in der Golfregion wurden EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 19
Negativzinsen als Stimmungskiller bei Retailbanken «Wie wird sich Ihrer Erwartung nach das operative Geschäft Ihres Instituts entwickeln?» Kantonalbanken Bereits im Vorjahr haben die einzelnen 6% 6% Bankengruppen ihre Zukunftsaussichten 20% 25% 25% sehr unterschiedlich beurteilt. Während 44% 56% 44% bei den vornehmlich im Vermögens- verwaltungsgeschäft tätigen Auslands- 80% 70% 65% und Privatbanken ein gesunder Opti- 56% 50% mismus herrschte, zeigten sich die 38% Kantonal- und Regionalbanken deutlich 5% 10% skeptischer. Diese unterschiedliche Kurzfristig Kurzfristig Mittelfristig Mittelfristig Langfristig Langfristig (6 − 12 Monate) (6 − 12 Monate) (1 − 3 Jahre) (1 − 3 Jahre) (>3 Jahre) (>3 Jahre) Einschätzung hat sich in diesem Jahr 2019 2018 2019 2018 2019 2018 nochmals deutlich akzentuiert. Regionalbanken Bei den Kantonal- und Regionalbanken 5% 6% 10% 6% 5% 11% kam es innert Jahresfrist zu einem fast 22% 17% schon dramatischen Stimmungsein- 45% bruch. Für sämtliche Planungshorizonte 60% 60% (insbesondere mittelfristig) haben sich 83% 66% 77% die Aussichten deutlich eingetrübt: Bei 50% den Regionalbanken blicken kurzfristig 25% 30% nur noch 50 Prozent (Vorjahr: 6% 5% 5% 6% 72 Prozent; minus 22 Prozentpunk- Kurzfristig Kurzfristig Mittelfristig Mittelfristig Langfristig Langfristig (6 − 12 Monate) (6 − 12 Monate) (1 − 3 Jahre) (1 − 3 Jahre) (>3 Jahre) (>3 Jahre) te), mittelfristig 30 Prozent (Vorjahr: 2019 2018 2019 2018 2019 2018 77 Prozent; minus 47 Prozentpunkte) und langfristig 35 Prozent (Vorjahr: 89 Prozent; minus 54 Prozentpunkte) Positiv (Zunahme operatives optimistisch in die Zukunft. Ein ähnliches Ergebnis um mehr als 10%) Bild zeigt sich bei den Kantonalbanken, bei welchen je nach Planungshorizont Eher positiv (Zunahme operatives Ergebnis um bis zu 10%) nur noch zwischen 38 Prozent und 56 Prozent der befragten Banken positiv Eher negativ (Rückgang operatives in die Zukunft blicken. Die Rückgänge Ergebnis um bis zu 10%) im Vergleich zum Vorjahr bewegen sich Negativ (Rückgang operatives dabei zwischen 24 Prozentpunkten Ergebnis um 10% bis 25%) (kurzfristig) und 37 Prozentpunkten Sehr negativ (Rückgang operatives (mittelfristig). Ergebnis um mehr als 25 %) 20 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
Dagegen zeigen sich die Privat- und Auslandsbanken Auslandsbanken ähnlich optimistisch wie 3% 4% 3% 4% 7% 7% im Vorjahr. Mittel- bis langfristig gehen 17% 15% nur noch vereinzelte Banken von einem 48% 68% 60% Rückgang der Geschäftsergebnisse aus 71% 63% 59% (3 bzw. 4 Prozent bei den Auslandsbank- en und 12 bzw. 8 Prozent bei den Privat- 45% banken). Die mittel- und langfristigen 22% 29% 22% 36% 17% Zukunftsaussichten haben sich damit in Kurzfristig Kurzfristig Mittelfristig Mittelfristig Langfristig Langfristig dieser Bankengruppe im Vergleich zum (6 − 12 Monate) (6 − 12 Monate) (1 − 3 Jahre) (1 − 3 Jahre) (>3 Jahre) (>3 Jahre) Vorjahr noch weiter aufgehellt, während 2019 2018 2019 2018 2019 2018 sich der kurzfristige Blick in die Zukunft leicht eingetrübt hat. Privatbanken 3% 12% 15% 8% 12% Es stellt sich die Frage, woher diese so 28% 21% unterschiedlichen Einschätzungen der 56% Zukunftsaussichten kommen. Bei den 60% 50% 59% 52% Kantonal- und Regionalbanken scheint 60% derzeit die Sorge zu überwiegen, dass die Tiefzinsperiode kein baldiges Ende 24% 28% 35% 36% 29% 12% finden wird. Im gegenwärtigen Zins- Kurzfristig Kurzfristig Mittelfristig Mittelfristig Langfristig Langfristig umfeld kommen die Geschäftsmodelle (6 − 12 Monate) (6 − 12 Monate) (1 − 3 Jahre) (1 − 3 Jahre) (>3 Jahre) (>3 Jahre) dieser Banken an ihre Grenzen. Die Aus- 2019 2018 2019 2018 2019 2018 lands- und Privatbanken haben in den vergangenen Jahren hingegen mit dem Wandel zur steuerkonformen grenzüber- Positiv (Zunahme operatives schreitenden Vermögensverwaltung Ergebnis um mehr als 10%) bereits eine tiefgreifende Transforma- Eher positiv (Zunahme operatives tion durchgemacht und sehen sich mit Ergebnis um bis zu 10%) einer geringeren Abhängigkeit vom Eher negativ (Rückgang operatives Zinsdifferenzgeschäft gut gerüstet für Ergebnis um bis zu 10%) die Zukunft. Negativ (Rückgang operatives Ergebnis um 10% bis 25%) Sehr negativ (Rückgang operatives Ergebnis um mehr als 25 %) EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 21
Anlagegeschäft bleibt im Fokus «In welchem Geschäftsfeld sehen Sie das grösste Wachstumspotenzial für Ihr Institut?» Kreditgeschäft Anlagegeschäft (Anlageberatung, Handelsgeschäft Asset Management Andere Vermögensverwaltung) 2019 4% 56% 4% 24% 12% Privatbanken 2018 11% 55% 6% 17% 11% 2019 24% 53% 10% 10% 3% Auslandsbanken 2018 26% 56% 11% 7% 2019 40% 55% 5% Regionalbanken 2018 39% 55% 6% 2019 24% 52% 6% 6% 12% Kantonalbanken 2018 30% 60% 5% 5% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 2019 (Vorjahr: 7 Prozent; plus 4 Prozentpunk- Die Fokussierung auf das Anlageges- 6% te). Das Kreditgeschäft scheint hingegen chäft lässt sich bereits in den Geschäfts- 7% 22% etwas an Bedeutung zu verlieren. Nur ergebnissen 2018 der Banken ablesen. 11% 7% 24% noch 22 Prozent der Banken (Vorjahr: Während der Erfolg aus dem Kommis- 2018 24 Prozent) sehen das Kreditgeschäft sions- und Dienstleistungsgeschäft um 6% als grössten Wachstumstreiber. Insbe- 1.2 Prozent auf CHF 22.0 Mia. leicht 7% sondere bei den Kantonalbanken (24 zugenommen hat, ist der Erfolg aus dem Prozent) ist eine Abkehr vom Kredit- Zinsgeschäft um 1.8 Prozent auf CHF geschäft als primärem Wachstums- 23.5 Mia. zurückgegangen. Somit bleibt treiber zu beobachten (Vorjahr: das Zinsgeschäft zwar weiterhin die 30 Prozent; minus 6 Prozentpunkte). wichtigste Ertragsquelle der Schweizer Banken, der Abstand zum Kommissions- Dieses Ergebnis ist wenig überraschend, und Dienstleistungsgeschäft beträgt 56% denn das Kreditgeschäft hat in den jedoch noch lediglich CHF 1.5 Mia. 54% vergangenen Jahren an Attraktivität eingebüsst. Einerseits drücken die tiefen Wie erfolgreich eine Fokussierung auf Wie im Vorjahr erkennt die Mehrheit Zinsen auf die Zinsmarge und anderer- das Anlagegeschäft sein wird, lässt sich der Banken mit 54 Prozent das grösste seits bestehen aufgrund des massiven nur schwer abschätzen. Das Wachs- Wachstumspotenzial für ihr Institut im Volumenwachstums in der Vergangen- tumspotenzial für das Anlagegeschäft Anlagegeschäft (Anlageberatung und heit Sättigungstendenzen im Markt. im Schweizer Markt ist strukturell Vermögensverwaltung; Vorjahr: 56 Diese Entwicklung drängt viele Banken beschränkt und die Summe der Wachs- Prozent). 11 Prozent der Banken suchen dazu, nun das Anlagegeschäft vermehrt tumsambitionen aller Banken ist wohl ihr Wachstum im Asset Management zu forcieren. grösser als das effektive Marktpotenzial 22 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
im Schweizer Heimmarkt. Der Blick auf die Entwicklung der von Schweizer Ban- ken verwalteten ausländischen Vermö- gen für Privatkunden zeigt, dass diese seit dem Jahr 2000 deutlich von CHF 997 Mia. um 49 Prozent auf CHF 513 Mia. per Ende 2018 geschrumpft sind. Bereinigt um die (positive) Kursentwick- lung4 dürfte dieser Rückgang noch dramatischer ausfallen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass auch neue Technologien und Geschäftsmodelle die Konkurrenzsituation weiter verschärfen werden. Beispielsweise hat sich der Aktienindex MSCI World 4 in der gleichen Periode beinahe verdreifacht. EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 23
“ Negativzinsen für vermögende Privatkunden sind bereits Realität – wie lange können Banken die Kleinsparer noch vor Negativzinsen verschonen? Patrick Schwaller Managing Partner Audit Financial Services 5 Negativ- zinsen 24 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
Weitergabe von Negativzinsen wird zur Normalität… «Beabsichtigt Ihr Institut, Negativzinsen auch im Privatkundengeschäft einzuführen?» 2019 100% 21% 90% 21% 31% 2018 80% 34% 70% 60% 50% 40% 30% 32% 26% 20% 13% 10% 22% 0% 2015 2016 2017 2018 2019 Nein, auf keinen Fall Ja, aber nur bei Guthaben ab einem Schwellenwert über CHF 100'000 Ja, aber nur bei Guthaben ab einem Schwellenwert über CHF 1 Mio. Ja, sofern die SNB den Negativzinssatz weiter erhöht (z.B. auf 1.5%) Der Anteil der Schweizer Banken, der der Privatbanken, welche sich eine Damit zeigt sich ein sehr ähnliches Bild sich ein Abwälzen von Negativzinsen auf Weiterbelastung der Negativzinsen für wie bei den Kantonalbanken, bei welchen Privatkunden vorstellen kann, nimmt mit Affluent-Kunden vorstellen können, bereits im Vorjahr lediglich ein Viertel jedem weiteren Jahr der Tiefzinsperiode markant von 24 Prozent im Vorjahr auf einen solchen Schritt kategorisch aus- zu. Während im Jahr 2015 noch 70 Pro- 56 Prozent angestiegen. 24 Prozent der schloss. Dieser Wert ist in diesem Jahr zent der befragten Banken die Weitergabe Privatbanken – und damit etwas mehr nochmals um 7 Prozentpunkte auf 18 von Negativzinsen kategorisch ausge- als im Vorjahr – lehnen eine Weitergabe Prozent gesunken. schlossen hatten, sind es zwischenzeit- von Negativzinsen auf Privatkunden lich nur noch 21 Prozent. Im Vergleich hingegen kategorisch ab (Vorjahr: zum Vorjahr resultiert ein erneuter Rück- 18 Prozent). gang um 13 Prozentpunkte (Vorjahr: 34 Prozent). Die diesjährige Umfrage zeigt, dass die anhaltend unbefriedigende Zinssituation Besonders betroffen hiervon ist das zwischenzeitlich auch die Regional- Kundensegment der sogenannten banken zu einem Umdenken zwingt. Affluent-Kunden, das heisst Kunden mit Haben im Vorjahr noch 67 Prozent der einem Nettovermögen von über CHF Regionalbanken die Weitergabe von 100’000, wie ein Blick auf die Privat- Negativzinsen kategorisch abgelehnt, banken offenbart. So ist der Anteil sind es nunmehr nur noch 20 Prozent. EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 25
…, aber wie lange bleiben Kleinsparer noch davon verschont? «Beabsichtigt Ihr Institut, den Schwellenwert für die Weitergabe von Negativzinsen zu reduzieren?» Die SNB hat per 1. November 2019 die entspricht fast einem Fünftel der kumu- Nein Freibeträge erhöht, ab Überschreitung lierten Jahresgewinne der Banken.5 Eher nein derer die Banken für bei ihr parkiertes Eher ja Geld Negativzinsen bezahlen müssen Bislang wurden nur Unternehmenskund- Ja 2019 und dadurch die Belastung der Banken en und sehr wohlhabende Privatkunden durch die Negativzinsen etwas gemild- von den Banken zur Kasse gebeten. 15% ert. Trotz dieser für die Banken posi- Doch sollte sich an dem Trend nichts 11% 19% tiven Massnahme geben in diesem Jahr ändern, dass die Banken die Schwellen- 2018 bereits mehr als die Hälfte der Banken werte von Jahr zu Jahr weiter reduzie- 30% (55 Prozent) – und damit deutlich mehr ren möchten, scheint es nur eine Frage als im Vorjahr (Vorjahr: 33 Prozent; plus der Zeit zu sein, bis auch die ersten 22% 22 Prozentpunkte) – an, dass sie den (weniger vermögenden) Privatkunden Schwellenwert, ab welchem Kunden- Negativzinsen bezahlen müssen, guthaben mit Negativzinsen belastet insbesondere wenn sie neben Einlagen werden, reduzieren möchten. keine anderen für die Bank profitablen 26% Produkte halten. 40% Lange Zeit galt die Belastung von 37% Kundenguthaben mit Negativzinsen als 5 Vereinfacht berechnet als «Ertrag der SNB durch Tabu. Doch mit jedem weiteren Jahr, in Negativzinsen» dividiert durch den kumulierten dem die Tiefzinsperiode andauert, steigt Periodenerfolg 2018 der Schweizer Banken. der Druck, die Negativzinsen an die Kunden weiterzugeben. Ein Blick auf die Geschäftszahlen der SNB untermauert diese Einschätzung. In den vergangenen beiden Jahren mussten die Banken jeweils rund CHF 2.0 Mia. an Negativ- zinsen an die SNB leisten – dies 2019 11% 33% 28% 28% Privatbanken 2018 44% 33% 19% 4% 2019 30% 25% 30% 15% Auslandsbanken 2018 25% 35% 15% 25% 2019 14% 29% 43% 14% Regionalbanken 2018 17% 58% 8% 17% 2019 19% 19% 62% Kantonalbanken 2018 21% 29% 50% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 26 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
Reine Sparkunden nicht mehr willkommen «Wie stehen Sie zur folgenden Aussage: Aufgrund des gegenwärtigen Zinsumfelds sind Kundenbeziehungen mit reinen Sparkunden für unsere Bank derzeit eher wenig interessant bzw. wenig attraktiv.» Das seit einigen Jahren anhaltende Ausgabe von Zahlkarten oder die Durch- Wertschriften zu investieren. Vor dem Negativzinsumfeld sorgt dafür, dass Kun- führung von Fremdwährungstrans- Hintergrund der zunehmenden Unsicher- denbeziehungen mit reinen Sparkunden aktionen an erster Stelle. Gemäss der heiten an den Anlagemärkten stellt kaum mehr profitabel geführt werden vorliegenden Studie dürfte dies jedoch die Umsetzung dieser naheliegenden können. Folglich überrascht es nicht, lediglich eine kurzfristige Massnahme Strategie jedoch kein einfaches Unter- dass bei bereits zwei Dritteln der be- darstellen (siehe hierzu S. 61). Eine fangen dar. Zudem birgt diese Strategie fragten Banken (68 Prozent) Sparkunden weitere Strategie zur Ertragssteigerung auch Suitability-Risiken, falls die Banken derzeit einen schweren Stand haben. besteht im Versuch, die Kunden zu moti- vorgängig keine fundierte Eignungs- und Dies ist insbesondere bei den Privatban- vieren, das auf Sparkonten «parkierte» Angemessenheitsprüfung für den Kunden ken (84 Prozent) der Fall. Doch auch bei Vermögen vermehrt in Fonds oder durchführen. der Mehrheit der Kantonalbanken (59 Prozent) und Regionalbanken (55 Prozent) stossen Sparkunden, insbe- sondere opportunistische Neukunden, nicht mehr auf offene Türen. Hier zeigen sich unter anderem auch die negativen 11% Konsequenzen der Negativzinsen: Banken beginnen mit Überlegungen, wie sie zusätzliches, rein opportunistisches 31% Einlagengeschäft vermeiden und beste- hende reine Sparkunden mit Anreizen Stimme überhaupt nicht zu 21% zum Ausbau und Weiterentwicklung der Stimme eher nicht zu Geschäftsbeziehung motivieren können. Stimme eher zu Stimme zu Die Schweizer Banken suchen nach Auswegen aus den durch das Zinstief hervorgerufenen Belastungen. Oftmals stehen dabei die Einführung neuer Gebühren für die Kontoführung, die 37% Privatbanken 8% 8% 28% 56% Auslandsbanken 15% 19% 33% 33% Regionalbanken 20% 25% 40% 15% Kantonalbanken 41% 47% 12% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 27
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“ Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Rettungs- massnahmen der Zentralbanken zur Bewältigung der letzten Finanzkrise als wahrscheinlichste Ursache für eine mögliche nächste Krise identifiziert werden. Patrick Schwaller Managing Partner Audit Financial Services 6 Finanzmarkt- regulierung EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 29
Ausgewogene Regulierung – mehr Skepsis bei Eigenmittelregulierung «In welchen Bereichen ist die Regulierung in der Schweiz allenfalls zu weit gegangen und kann auch zu unerwünschten oder negativen Nebenwirkungen führen?» Ja Eher ja Eher nein Nein 2019 17% 29% 39% 15% Datenschutz 2018 15% 39% 37% 9% 2019 7% 31% 45% 17% Marktintegrität 2018 11% 30% 47% 11% 2017 2% 31% 53% 14% 2019 10% 31% 46% 13% Derivatenhandel 2018 11% 25% 54% 10% 2017 18% 31% 42% 9% 2019 2% 8% 55% 35% Cybercrime 2018 2% 18% 63% 17% 2017 2% 20% 51% 27% 2019 19% 36% 34% 11% Fondregulierung 2018 16% 44% 37% 3% 2017 20% 42% 32% 6% 2019 12% 30% 46% 12% KYC 2018 10% 31% 39% 20% 2017 14% 27% 46% 13% 2019 6% 30% 47% 17% Steuer- 2018 10% 26% 46% 18% transparenz 2017 15% 32% 40% 13% 2019 35% 30% 22% 13% Anlegerschutz 2018 31% 36% 27% 6% 2017 34% 37% 26% 3% 2019 27% 32% 28% 13% Liquidität 2018 22% 33% 30% 15% 2017 18% 44% 26% 12% 2019 16% 31% 27% 26% Eigenmittel 2018 8% 29% 38% 25% 2017 8% 35% 38% 19% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Vor mehr als 10 Jahren hat der Aus- pläne für systemrelevante Banken. Die «Eigenmittel» (plus 10 Prozentpunkte), bruch der Finanz- und Wirtschaftskrise Implementierung dieser neuen Regeln «Liquidität» (plus 4 Prozentpunkte) und verheerende Schockwellen in der Welt- hatte für die Banken erhebliche Kosten- «Derivatehandel» (plus 5 Prozentpunkte) wirtschaft und Finanzwelt ausgelöst. folgen. Trotz dieser aus ökonomischer im Vergleich zum Vorjahr zugenommen Als Antwort auf die Finanzkrise haben Sicht unerwünschten Nebeneffekte hat. die Regulatoren weltweit und in der anerkennen die Banken grundsätzlich Schweiz die Regulierungsdichte deutlich die Sinnhaftigkeit der neuen Regu- Mit der Verabschiedung der finalen erhöht. Dabei standen drei Stossrich- lierungen. Dennoch ist zu beobachten, Eigenkapitalregeln im November 2019 tungen im Vordergrund: mehr Eigen- dass die Skepsis der Banken hinsichtlich haben die Schweizer Behörden die kapital, mehr Liquidität sowie Notfall- zentraler Regulierungsbereiche wie Eigenmittelvorschriften für system- 30 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
relevante Banken nochmals verschärft. Muster, welches bei neuen Regulier- Die Schweiz verfügt nun über eines ungen häufig beobachtbar ist. In einer der weltweit strengsten Eigenmittel- ersten Analyse- und Implementierungs- regimes, was insbesondere die global phase (u.a. auch bei Investitionen in agierenden Grossbanken als gewichti- neue IT-Systeme) sind die Compliance- gen Nachteil gegenüber ihrer auslän- Kosten verhältnismässig hoch und die dischen Konkurrenz empfinden, denn Kritik am entsprechenden Regulierungs- die Beschaffung von zusätzlichem Risi- projekt besonders gross. Nach Voll- kokapital, wie beispielsweise verlust- endung dieser ersten Phase fallen die absorbierendem Fremdkapital (Bail-in Kosten graduell wieder, was regelmäs- Bonds), verursacht hohe Zusatzkosten. sig mit einer breiteren Akzeptanz der Die Schweizer Grossbanken müssen Regulierung durch die betroffenen mehr Eigenkapital halten und haben Unternehmen einhergeht. höhere Kapitalkosten als ihre globalen Mitbewerber. Beim Thema «Datenschutz» ist hin- gegen ein gegenteiliger Trend zu beob- achten. Während im Vorjahr noch mehr als die Hälfte der Banken (54 Prozent) eine Überregulierungstendenz in die- sem Bereich erkannte, sind es in diesem Jahr nur noch 46 Prozent. Dies ist ein EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 31
Banken zeigen sich trotz Bundesgerichtsurteil in Sachen Amtshilfe Frankreich gelassen «Befürchten Sie durch den Bundesgerichtsentscheid vom Juli 2019 negative Auswirkungen auf Ihre Bank und das Geschäftsmodell Ihrer Bank?» 3% itätsprinzip» geschwächt werden könnte. 12% Angesichts dieser Umstände nahm die Schweizerische Bankiervereinigung das Urteil «mit grosser Skepsis» zur Kenntnis. Ja Es mag folglich etwas überraschen, Eher ja dass lediglich 15 Prozent der befragten Eher nein Banken negative Auswirkungen aus dem Bundesgerichtsentscheid zur 30% Nein Herausgabe von Kundendaten an die 55% französischen Steuerbehörden auf ihr Institut befürchten. Wenig erstaunlich ist hingegen, dass die im grenzüber- schreitenden Bankgeschäft stärker verankerten Privatbanken besorgter sind als die stark inlandorientieren Kantonal- und Regionalbanken. So erkennen Das Bundesgericht hat im Juli 2019 Amtshilfebegehren noch als unerlaubten immerhin 21 Prozent der Privatbanken entschieden, dass die Eidgenössische «Fischzug» angesehen hatte. Vielfach negative Auswirkungen für ihr Institut. Steuerverwaltung auf dem Weg der wurde der Entscheid des Bundesgerichts Bei den Regionalbanken sieht sich Amtshilfe Namen und weitere Informa- als Leiturteil für den Finanzplatz Schweiz keine einzige Bank von diesem Bundes- tionen zu über 40’000 französischen bezeichnet, welches die Hürden für reine gerichtsentscheid betroffen. Bankkunden an die französischen Beweisausforschungen senken könnte. Steuerbehörden herausgeben muss. Zudem sahen viele Beobachter die Ge- Damit wurde das vorinstanzliche fahr, dass die gelieferten Daten auch für Urteil des Bundesverwaltungsgerichts andere als für Steuerzwecke verwendet umgestossen, welches das französische werden könnten und damit das «Spezial- Privatbanken 21% 38% 41% Auslandsbanken 3% 17% 21% 59% Regionalbanken 32% 68% Kantonalbanken 12% 6% 35% 47% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 32 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
Sorgen aufgrund der Geldpolitik stehen im Fokus «Worin sehen Sie die grösste Gefahr für eine mögliche nächste Finanzkrise?» 2019 1% 1% 11% 6% 1% 4% Preisrückgang an den Immobilienmärkten 4% 11% 4% 2018 4% Liquiditätskrise 7% Börsencrash 7% Wirtschaftlicher Abschwung 10% Geopolitische Krisenherde 8% Folgen der expansiven Geldpolitik 33% Cyber-Attacken Zusammenbruch Finanzmarktinfrastrukturen 49% Keine 12% 27% Andere 2019 4% 4% 13% 8% 21% 42% 4% 4% Privatbanken 2018 14% 11% 26% 34% 3% 9% 3% 2019 3% 10% 3% 21% 46% 14% 3% Auslandsbanken 2018 4% 4% 15% 36% 33% 4% 4% 2019 35% 5% 60% Regionalbanken 2018 32% 6% 28% 28% 6% 2019 12% 6% 24% 52% 6% Kantonalbanken 2018 20% 5% 5% 15% 35% 10% 10% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Bereits seit einiger Zeit mehren sich die (49 Prozent) das grösste Risiko für eine Risiko. Dies, obwohl der Handelsstreit Stimmen von Ökonomen und Marktteil- mögliche nächste Finanzkrise in der zwischen den USA und China auf der nehmern, aber auch von Führungs- ultraexpansiven Geldpolitik sieht. Dies einen und Europa auf der anderen Seite kräften in der Industrie, die vor den entspricht einer deutlichen Zunahme im keineswegs beigelegt ist und trotz der möglichen verheerenden Folgen der Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent- jüngst wieder zunehmenden Spannungen langanhaltenden ultraexpansiven Geld- punkte. Es entbehrt nicht einer gewissen in der Golfregion. Die Einschätzung der politik der Zentralbanken warnen. Die zu Ironie, dass die Rettungsmassnahmen zur Gefahren aus dem Immobilienmarkt beobachtende Inflation der Vermögens- Bewältigung der letzten Finanzkrise als hat sich seit dem letzten Jahr kaum preise, die Explosion der Schuldenlast, wahrscheinlichste Ursache für eine mögli- verändert. Weiterhin sieht etwas mehr als der mangelnde strukturelle Druck in che nächste Krise identifiziert werden. ein Zehntel (11 Prozent) der befragten einigen Bereichen der Wirtschaft sowie Banken das grösste Risiko in einem die weitere Öffnung der Vermögens- Die Besorgnis um die Folgen der Geld- Preiszusammenbruch an den Immobilien- schere gehören zu den meistgenannten politik scheint dabei die anderen Risiko- märkten. Für 8 Prozent der befragten Warnsignalen. Vor diesem Hintergrund bereiche zurückzudrängen. Lediglich 12 Banken stehen hingegen die Folgen eines kann es nicht überraschen, dass beinahe Prozent der Banken erkennen in den geo- wirtschaftlichen Abschwungs ganz oben die Hälfte der Schweizer Banken politischen Unsicherheiten das grösste auf der Gefahrenliste. EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 33
“ Die Szenarien für die Konjunkturentwicklung verschlechtern sich zunehmend, während die Banken noch verhalten optimistisch sind. Damit die Banken den nächsten wirtschaftlichen Abschwung gut überstehen können, gilt es im Risikomanagement die richtigen Schritte einzuleiten. Olaf Topefer Partner Leiter Banking & Capital Markets 7 Kredit- geschäft 34 | EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik
Sättigungstendenzen bei Wohnbaufinanzierungen? «Wie wird sich Ihrer Erwartung nach die Kreditvergabepolitik der Schweizer Banken für Wohnbaufinanzierungen in den nächsten 6 bis 12 Monaten entwickeln?» 2019 3% 2% 7% 100% 1% 6% 90% 2018 80% 70% 60% 38% 50% 41% 55% 40% 47% 30% 20% 10% 0% 2015 2016 2017 2018 2019 Restriktiver werden Eher restriktiver werden Gleich bleiben Eher expansiver werden Expansiver werden Die Schweizer Banken haben in den Kreditvergabepolitik der vergangenen vergangenen Jahren das Hypothekar- Jahre weiterzuverfolgen, gehen derzeit kreditgeschäft massiv ausgeweitet 48 Prozent der Banken davon aus, dass und im Laufe des Jahres 2018 die sie bei Wohnbaufinanzierungen künftig Schallmauer von CHF 1’000 Mia. an eine restriktivere Kreditpolitik verfol- Hypothekarkreditvolumen erstmals gen werden (Vorjahr: 44 Prozent). Die durchbrochen. Treiber dieser Entwick- Ursachen für diese gestiegene Zurück- lung waren insbesondere die Raiffeisen- haltung sind in der allmählich eintreten- banken und die Kantonalbanken, die ihre den Sättigung auf dem Immobilienmarkt Hypothekarkreditvolumen seit Ende des sowie in den schärferen regulatorischen Jahres 2000 um schwindelerregende Vorschriften für die Finanzierung von 203 Prozent bzw. 105 Prozent aus- Renditeliegenschaften zu suchen. geweitet haben. Der Anteil der Banken, die künftig eine In den letzten beiden Jahren hat der expansivere Kreditvergabepolitik anstre- Appetit auf neue Wohnbaufinanzier- ben, ist trotz einer leichten Erhöhung ungen jedoch etwas nachgelassen. gegenüber dem Vorjahr mit lediglich Während 47 Prozent der Banken (Vor- 5 Prozent weiterhin sehr gering (Vor- jahr: 55 Prozent) beabsichtigen, die jahr: 1 Prozent). EY Bankenbarometer 2020 | Im Sog der Geldpolitik | 35
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