TAGUNGSBAND 7. TAG DER LEHRE DER FH OÖ - Mai 2019 | FH OÖ Campus Linz Gisela Schutti-Pfeil, Martina Gaisch, Antonia Darilion (Hrsg.) - FH OÖ
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TAGUNGSBAND 7. TAG DER LEHRE DER FH OÖ 7. Mai 2019 | FH OÖ Campus Linz Gisela Schutti-Pfeil, Martina Gaisch, Antonia Darilion (Hrsg.) TOP Lehre www.fh-ooe.at/tdl
Vorwort E DATE Gisela Schutti-Pfeil SAVE TH 20 und Antonia Darilion 28.04.20 8. TAG HRE Der heurige Tag der Lehre der Fachhochschule Oberösterreich DER LE inz L Ca m p u s fand unter dem Motto statt: „Lifelong learning. Implikationen für FH OÖ die Hochschullehre“. Fragen wie, „was bedeutet lifelong learning für die Hochschulen und für die Hochschullehre?“, „was bedeutet „offene Hochschule“ und wie gehen Hochschulen mit neuen Studieren- dengruppen (NTS=non traditional students, second chance learners, refreshers, returners, etc.) um?“, wurden am 7. Mai 2019 in Linz in vielfältigen Formaten präsentiert und diskutiert. Nach EU-Definition umfasst lebenslanges oder lebensbegleitendes Lernen „alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen, bzw. beschäftigungs- bezogenen Perspektive erfolgt.“ Diese bis heute gültige Definition wurde im Dokument „Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen“ im Jahr 2001 festgelegt.1 Lebens- langes Lernen wird in Dokumenten der EU als die Möglichkeit beschrieben, gesellschaftlichen, technischen und ökonomischen Veränderungen entsprechend zu begegnen. Die Beschäfti- gungsfähigkeit der Menschen, ihre Integration in den Arbeitsmarkt steht hierbei im Vordergrund sowie die Förderung gezielter Kompetenzen für neue Beschäftigungsmöglichkeiten. Am 7. Tag der Lehre der Fachhochschule Oberösterreich wurde dieses aktuelle Thema ins Zentrum gestellt und folgende Fragen bereits im call for abstracts aufgegriffen: »» Bildungsauftrag „lebenslanges Lernen“ für die Hochschule: wie gelingt es Hochschulen, sich auf lebenslanges Lernen auszurichten? Wie ermöglichen Hochschulen Partizipation an Hochschulbildung jenseits von Alter, Status, Geschlecht, (Berufs-) Biografien, etc…? »» Was bedeutet „offene Hochschule“ und wie gehen Hochschulen mit neuen Studierendengrup- pen (NTS=non traditional students, second chance learners, refreshers, returners, etc.) um? »» Wie gelingt die Verzahnung von Theorie und Praxis und mit welchen Studienformaten kön- nen diese künftigen Studierendengruppen angesprochen werden? »» Was können Hochschulen tun, um Chancengleichheit zu fördern und eine Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu erhöhen (Anerkennung von formalem und informellem Wissen und Kompetenzen)? »» Welche Anreiz- und Fördermaßnahmen zur Stärkung von Bildungsmotivation und Freude am lebenslangen Lernen gibt es? »» Welche good-practice Beispiele lassen sich im Bereich Lehr-Lernmethoden beschreiben, um NTS mit ihren unterschiedlichen Lernwegen optimal in den Studienbetrieb zu integrieren und zu fördern? »» Wie gehen Hochschulen mit der Anrechnung außerhochschulischer Kompetenzen um? Wie sehen Praxiserfahrungen damit aus? Wie gelingt hier die Qualitätssicherung? »» Welche Kompetenzen benötigen Lehrende, um diesen Trends entsprechend zu begegnen und Studierende – in ihrer „bunten Vielfalt“ – bestmöglich zu fördern? 1 www.erwachsenenbildung.at (abgerufen am 6.9.2018) 3
Die Veranstalter, das Team TOP Lehre und E-Learning – Kompetenzzentrum für Hochschullehre Studierenden – Eine empirische Analyse anhand von Daten einer Panelstudie an der Universität der Fachhochschule Oberösterreich – rund um Leiterin FH-Prof. Dr. Gisela Schutti-Pfeil und Magdeburg.“ Mag. Antonia Darilion, freuten sich über die Fülle an profunden Präsentations-, Workshop- und Postereinreichungen, sowie über die Teilnahme von über hundert Interessierten aus dem öster- FH-Prof. Dr. Franziska Cecon von der FH OÖ Fakultät Linz mit ihrem Beitrag zum Thema reichischen und süddeutschen Hochschulraum. „Post-it – A(ttra)ktivitätskünstler in der Lehre“. Keynote speakerin, Prof. Dr. Eva Cendon, Bildungswissenschaftlerin und Leiterin des neu Mag. Christian F. Freisleben von der Fachhochschule St. Pölten stellt „Improvisationsmethoden eingerichteten Lehrgebietes am Institut für Bildungswissenschaft und Medienforschung an der offline und online als Wegbereiter zu lebensbegleitendem Lernen und zu einer offenen Hoch- FernUniversität in Hagen, führte in ihrem Vortrag zum Thema „Bildungsauftrag Lebenslanges schule“ vor, die er im Rahmen eines Workshops, am 7. Tag der Lehre der FH OÖ interessierten Lernen für die Hochschule“ aus, dass „Lebenslanges Lernen den Blick auf die Lernenden lenkt, TeilnehmerInnen vorgestellt, angewandt und diskutiert hat. und dies bedeutet für Hochschulen, dass sie sich noch mehr als bisher mit ihren Studierenden auseinandersetzen müssen.“ „Die Hochschulen spüren bereits den Druckpunkt etwas zu tun, Darauf folgt der Beitrag von FH OÖ Teaching Award Preisträgerin „Preis für Exzellenz in der da sonst die Studierendenzahlen rückläufig werden.“, so Prof. Dr. Cendon. „Deshalb geht es Lehre“ 2018 Dr. Daniela Freudenthaler-Mayrhofer von der FH OÖ Fakultät Steyr, Logistikum, mit beim Thema „Lebenslanges Lernen“ darum, unterschiedliche, z.B. modularisierte Angebots- Titel „Rethinking Innovation Teaching: Die Innovation Week als neues Format, um Innovation formen bereit zu stellen und flexible Lernwege zu ermöglichen (flexible Formen Ort und Zeit realitätsnah und umsetzungsorientiert zu vermitteln.“ betreffend). Die Anrechnung von außerhochschulischen Kompetenzen ist ein Thema, welches viele Hochschulen beschäftigt und hoch komplex ist. Allerdings können Hochschulen durch Dr. Martina Gaisch und FH-Prof. Dr. Berthold Kerschbaumer beide FH OÖ Fakultät Hagenberg, gute Anrechnungsverfahren von formal wie auch informal erworbenem Wissen angehenden präsentieren „Wie man Frauen für die Informatik gewinnt: Ergebnisse einer Umfrage unter öster- Studierenden Wertschätzung entgegenbringen und damit nachweislich die Motivation für das reichischen Schülerinnen zum Thema Frauen und Informatik.“ Studium steigern.“ Mag. Elke Gornik, MBA, wissenschaftliche Leitung Lifelong Learning der FH OÖ, gibt Einblicke Ein weiteres Highlight des Tages waren die Konzeptpräsentationen von Dr. Daniela Freudent- in „Dimensionen von Lifelong Learning und Weiterbildung im österreichischen Hochschulsektor haler-Mayrhofer und Dipl. Ing. Wolfgang Ortner, ProfessorInnen am FH OÖ Campus Steyr und – mit einem Fokus auf die Fachhochschulen“. Preisträgerin und Preisträger der FH OÖ Teaching Awards 2018 zu „Innovation in der Lehre“ bzw. „Exzellenz in der Lehre“. Preisträgerin Dr. Daniela Freudenthaler-Mayrhofer auf die Frage, Prof. Dr. Dörte Görl-Rottstädt von der Fachhochschule Dresden berichtet über Erfahrungen zum wie sie den Tag der Lehre der FH OÖ 2019 wahrgenommen hat: „der Tag der Lehre ist eine Thema „Erwachsenengerechtes Lehren und Lernen im Spannungsfeld von Heterogenität und schöne Gelegenheit, sich mit Kolleginnen und Kollegen zum Thema Lehre und zu aktuellen Fra- Diversität am Beispiel des berufsbegleitenden Studiums „Sozialpädagogik und Management“ gestellungen zur Hochschullehre auszutauschen. Es waren heute viele Impulse für die eigene (B.A.) und stellt zusammen mit Kollegin Dr. Angelika Weirauch den Beitrag vor: „Gestaltung Lehrtätigkeit dabei. Es bestätigt sich, dass spannende Herausforderungen auf die Hochschul- zielgruppengerechter Anfangssituationen am Beispiel des berufsbegleitenden Studiengangs lehre zu kommen und ich freue mich darauf, an innovativen Ideen mitzuarbeiten.“ „Sozialpädagogik und Management“ (B.A.). Die Teilnehmenden waren sich am Ende des Tages einig: ein aktuelles Thema wurde um- Prof. Dr. Marion Kalteis, von der IUBH Wien widmet sich dem Thema „Duales Studium in Öster- fangreich – in vielen Beitragsformaten – aufbereitet und präsentiert. Gelobt wurde neben der reich. LLL im Kontext der Ökosozialen Marktwirtschaft.“ Bandbreite der fachlichen Inputs, die Fülle und Qualität des Programmes sowie die inspirieren- den Einblicke in die aktuelle Forschungs- und Erfahrungslandschaft zum Thema Lebenslanges FH-Prof. Dr. Michaela Kröppl, MSc FH OÖ Fakultät Wels, präsentiert „Formative Learning in Lernen. Chemie Vorlesungen“. Durch diese vielen positiven Rückmeldungen angeregt, freuen sich die OrganisatorInnen, Ihnen Mag. Nina Miklavc und Ursula Höllhumer, MA von der Ferdinand Porsche FernFH beleuchten in auch heuer einen Tagungsband zum 7. Tag der Lehre der Fachhochschule Oberösterreich zu ihrem Beitrag das Thema „Lehrende 4.0 – welche Kompetenzen brauchen Lehrende im Zeitalter präsentieren. Vortragende des Tages stellen Ihnen hier ihre Konferenzbeiträge, ihre full papers der Digitalisierung?“. vor, und ermöglichen so eine überaus – für die Hochschullehre und für ihre Lehrenden – inspi- rierende Nachlese und Vertiefung der am Tag der Lehre präsentierten Themenstellungen. FH OÖ Teaching Award Preisträger „Preis für Innovation in der Lehre“ 2018 Dipl. Ing. Wolfgang Wir freuen uns sehr, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, im Band folgende Autorinnen und Auto- Ortner stellt seinen Gewinnerbeitrag zum Thema „Mein Weg zum Inverted Classroom“ vor. ren mit ihren Beiträgen zu präsentieren: Weiters Dipl. Ing. Wolfgang Ortner mit FH-Prof. Dr. Gerold Wagner, FH OÖ Fakultät Steyr, mit Sarah Berndt, MA, Dr. Annika Felix und Prof. Dr. Philipp Pohlenz von der Otto-von-Gue- ihrem gemeinsamen Beitrag „Inverted classroom als Antwort auf geänderte Rahmenbedingun- ricke-Universität Magdeburg, zu „Das Bildungsziel „lebenslanges Lernen“ aus Sicht der gen – ein messbarer Erfolg?“ 4 5
Ralf Ramin von der Frankfurt University of Applied Sciences präsentiert seinen Beitrag Inhaltsverzeichnis „Anrechnung von außerhochschulischen Kompetenzen nach hessischem Hochschulrecht – Rechtliche Probleme für das Umsetzen in der Praxis“. Sarah Berndt, Annika Felix und Philipp Pohlenz, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Das Bildungsziel „lebenslanges Lernen“ aus Sicht der Studierenden – Eine empirische Analyse FH-Prof. Dr. Christiane Takacs-Schwarzinger, FH OÖ Fakultät Wels, gibt Einblick in „Lebenswel- anhand von Daten einer Panelstudie an der Universität Magdeburg������������������������������������������������ 8 ten und Studienbedingungen am Beispiel eines berufsbegleitenden Studiengangs“. Franziska Cecon, FH Oberösterreich Post-it – A(ttra)ktivitätskünstler in der Lehre�������������������������������������������������������������������������������������� 17 Sowie last but not least Prof. (FH) Dr. Petra Wagner und Mag. (FH) Michaela Fehringer, FH OÖ Christian F. Freisleben-Teutscher, FH St. Pölten Fakultät Linz, mit ihrem Konferenzbeitrag „Literaturbasiertes Wissensmanagement als Beitrag Improvisationsmethoden offline und online als Wegbereiter zu lebensbegleitendem Lernen zur Förderung des selbstregulierten Lernens an der Hochschule“. und zu einer offenen Hochschule������������������������������������������������������������������������������������������������������ 28 Wir danken den Autorinnen und Autoren sehr herzlich und wünschen allen Leserinnen und Daniela Freudenthaler-Mayrhofer, FH Oberösterreich Rethinking Innovation Teaching: Die Innovation Week als neues Format, um Innovation Lesern spannende Ein- und Ausblicke sowie inspirierende Ideen für die eigene Lehre. Ein realitätsnah und umsetzungsorientiert zu vermitteln������������������������������������������������������������������������ 34 herzliches Dankeschön an alle Unterstützerinnen und Unterstützer, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben: den E-Learning Beauftragten der FH OÖ Fakultäten, Ing. Martina Gaisch, Berthold Kerschbaumer, FH Oberösterreich Wie man Frauen für die Informatik gewinnt – Ergebnisse einer Umfrage unter österreichischen Mathew Docherty MA, DI (FH) Anton Edtmeier, Adrijana Krebs MA, Julia Putz-Wall BSc, DI (FH) Schülerinnen zum Thema Frauen und Informatik����������������������������������������������������������������������������� 46 Anton Tremetzberger, sowie dem stellvertretenden Leiter, Dr. Reinhard Tockner, der Professorin für Englisch/Interkulturelle Kommunikation/Diversity Management und Hochschulforscherin, Elke Gornik, FH Oberösterreich Dr. Martina Gaisch sowie FH-Prof. Dr. Tanja Jadin, Professorin für E-Learning/Neue Medien an Dimensionen von Lifelong Learning und Weiterbildung im österreichischen Hochschulsektor – mit einem Fokus auf die Fachhochschulen������������������������������������������������������������������������������������ 54 der Fakultät Hagenberg, die alle als track chairs am 7. Tag der Lehre fungierten. Weiters der Leiterin Administration des FH OÖ Campus Linz, Mag. Birgit Gilly, der Leiterin Bibliothek am FH Dörte Görl-Rottstädt, Fachhochschule Dresden OÖ Campus Linz, Mag. (FH) Michaela Fehringer und Mitarbeiterin Theresa Leimlehner, Maria Erwachsenengerechtes Lehren und Lernen im Spannungsfeld von Heterogenität und Diversität am Beispiel des berufsbegleitenden Studiums „Sozialpädagogik und Management“ (B.A.)��������� 61 Lesslhumer und das Team der IT Linz, insbesondere Andreas Schinagl und Johannes Riedl. Dörte Görl-Rottstädt, Angelika Weirauch, Fachhochschule Dresden Die Vorbereitungen für den 8. Tag der Lehre der Fachhochschule Oberösterreich sind bereits im Gestaltung zielgruppengerechter Anfangssituationen am Beispiel des berufsbegleitenden vollen Gange und wir hoffen, Sie und interessierte Kolleginnen und Kollegen am Studiengangs „Sozialpädagogik und Management“ (B.A.)�������������������������������������������������������������� 69 Dienstag, 28. April 2020 in Linz begrüßen zu dürfen! Informationen zur Veranstaltung folgen. Marion Kalteis, IUBH Wien Duales Studium in Österreich – LLL im Kontext der Ökosozialen Marktwirtschaft������������������������� 77 Michaela Kröppl, FH Oberösterreich Formative Learning in Chemie Vorlesungen������������������������������������������������������������������������������������� 82 Nina Miklavc, Ursula Höllhumer, Ferdinand Porsche FernFH Lehrende 4.0 – welche Kompetenzen brauchen Lehrende im Zeitalter der Digitalisierung? Ein Praxisbericht der FernFH.������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 90 Wolfgang Ortner, FH Oberösterreich Mein Weg zum Inverted Classroom�������������������������������������������������������������������������������������������������� 99 Wolfgang Ortner, Gerold Wagner, FH Oberösterreich Inverted Classroom als Antwort auf geänderte Rahmenbedingungen – ein messbarer Erfolg?��� 106 Ralf Ramin, Frankfurt University of Applied Sciences Mit den besten Grüßen! Anrechnung von außerhochschulischen Kompetenzen nach hessischem Hochschulrecht – Rechtliche Probleme für das Umsetzen in der Praxis�������������������������������������������������������������������� 115 Ihr Organisationsteam Christiane Takacs, FH Oberösterreich Team TOP Lehre und E-Learning Lebenswelten und Studienbedingungen am Beispiel eines berufsbegleitenden Studiengangs�� 132 der FH Oberösterreich FH-Prof.in Dr.in Gisela Schutti-Pfeil Petra Wagner, Michaela Fehringer, FH Oberösterreich Literaturbasiertes Wissensmanagement als Beitrag zur Förderung und Mag.a Antonia Darilion des selbstregulierten Lernens an der Hochschule�������������������������������������������������������������������������� 138 6 7
Das Bildungsziel „lebenslanges Lernen“ aus 1 Problemaufriss Sicht der Studierenden – Eine empirische Eine durch Digitalisierung, Innovation und Globalisierung komplexer und unbeständiger Analyse anhand von Daten einer Panelstudie werdende Arbeitswelt geht mit veränderten Anforderungen an die Arbeitnehmerinnnen und Arbeitnehmer einher. So führt etwa die fortschreitende Digitalisierung zum beschleunigten an der Universität Magdeburg Verfall von Wissen und (Aus-)Bildungsinhalten (vgl. Hochschulforum Digitalisierung 2016), wo- durch eine erfolgreiche berufliche Karriere die kontinuierliche Erweiterung der eigenen Qualifi- Sarah Berndt MA, Dr.in Annika Felix und Prof. Dr. Philipp Pohlenz, kationen durch lebenslanges Lernen oder Weiterbildung voraussetzt. In der Konsequenz wird nicht nur auf individueller Ebene, sondern gleichfalls auf politischer und institutioneller Ebene Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg eine Neuausrichtung der Organisation von Bildung erforderlich. Diese Entwicklung zeigt sich etwa darin, dass seitens der Hochschulen Institutionen geschaffen werden, welche sich mit wissenschaftlicher Weiterbildung und lebenslangem Lernen beschäftigen (z.B. das Center für Abstract1 lebenslanges Lernen Oldenburg, das Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung Magde- burg). Die Angebote dieser Einrichtungen sind jedoch auf postgraduale Bildungsinteressierte Es ist mittlerweile ins Bewusstsein vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerückt, dass ausgerichtet und sprechen nur selten Studierende in grundständigen Studiengängen an. Der für die erfolgreiche Gestaltung einer beruflichen Karriere die eigene Qualifikation kontinuier- Beitrag greift dieses Desiderat auf indem er die Zukunftsvorstellungen der Studierenden in lich durch lebenslanges oder lebensbegleitendes Lernen und Weiterqualifizierung erweitert grundständigen Studiengängen in den Blick nimmt und diese als Indikator für den individuel- werden muss. Zugleich werden auf politischer Ebene Förderstrategien initiiert, deren Schwer- len Anspruch analysiert, die Bildungskarriere über das Studium hinaus zu fokussieren. punkte auf der Weiterbildung und dem lebenslangen Lernen liegen, wie z.B. die Förderlinie „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Und auch viele Hochschulen schaffen in der Konsequenz Institutionen, die sich 2 Fragestellung und Analysemodell explizit diesen Themen widmen. Nur selten werden dabei jedoch Studierende, beispielsweise mit Zusatzqualifikationen zu grundständigen Studiengängen, adressiert. Dies ist zum einen Der Beitrag untersucht die Frage, inwieweit bei Studierenden in grundständigen Studien nicht verwunderlich, weil die Erwartung an Hochschulstudiengänge gerichtet wird, dass bereits ein Bewusstsein für die Notwendigkeit ausgeprägt ist, sich lebenslang weiter zu quali- sie Studierende dazu qualifizieren, sich eigenverantwortlich neuen Herausforderungen und fizieren. Dabei werden folgende Teilfragestellungen fokussiert: Lernaufgaben zu stellen. Zum anderen widerspricht aber gerade eine solche Erwartung an »» Welche Zukunftspläne verfolgen die Studierenden in zehn Jahren (vom Zeitpunkt der Befra- Hochschulbildung der allgemeinen Auffassung, dass angesichts eines beschleunigten Verfalls gung an) bzw. für die Zeit ab dem 41. Lebensjahr? Sind dabei berufliche Weiterbildung und der Gültigkeit von Wissensbeständen eben auch fachlich hoch qualifizierte AbsolventInnenv- lebenslanges Lernen von Bedeutung? vvv von Hochschulstudiengängen für eine lebensbegleitende Bildungsteilnahme sensibilisiert »» Differieren die Vorstellungen der Befragten über die Zeit? werden müssen (vgl. Süssmuth 2014: 11). »» Werden die Zukunftsvorstellungen in den Bereichen lebenslanges Lernen und berufliche Mithin stellt sich die Frage, inwieweit das gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Leitbild Weiterbildung durch den bildungsbiographischen und soziodemographischen Hintergrund einer lebenslangen Bildungsaktivität und Weiterqualifizierung bereits in einer vergleichswei- sowie durch Studienbedingungen beeinflusst? sen frühen Phase der Bildungskarriere von Studierenden internalisiert wurde oder ob diese ihr akademisches Studium im Sinne einer lebenslang tragenden Bildungsrendite verstehen. Die Datengrundlage der Analysen bildet das Studierendenpanel der OVGU, welches Zu diesem Zweck setzt sich der vorliegende Beitrag mit Zukunftsvorstellungen Studieren- studentische Befragungsdaten mittels teilstandardisierter Onlinebefragungen im zeitlichen der auseinander. Mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse soll untersucht werden, welche Längsschnitt erhebt. In die Auswertung fließen Daten von zwei Kohorten und zwei Erhe- Zukunftspläne die Studierenden in zehn Jahren (vom Zeitpunkt der Befragung an) bzw. für die bungszeitpunkten ein. Einbezogen werden dabei jene Studierenden, die zur Frage der Zeit ab dem 41. Lebensjahr verfolgen, ob dabei berufliche Weiterbildung und lebenslanges Zukunftsvorstellungen2 in der Erstsemesterbefragung im Wintersemester 2014/2015 oder Lernen von Bedeutung sind und ob die Zukunftsvorstellungen vom individuellen bildungsbio- Wintersemester 2015/2016 (n = 922) Auskunft erteilt haben, sowie eine Teilstichprobe von graphischen Hintergrund, von soziodemographischen Faktoren und den Studienbedingungen Studierenden, welche zusätzlich in der Wiederholungsbefragung am Ende des 1. Studien- beeinflusst werden. Die verwendeten Daten entstammen dem Studierendenpanel der jahres im Sommersemester 2015 bzw. Sommersemester 2016 (n = 120) ihre beruflichen Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU). In die Auswertung fließen Untersu- Zukunftsvorstellungen3 äußerten. Abbildung 1 veranschaulicht das Analysemodell der chungsdaten von zwei Kohorten (Wintersemester 2014/15 und Wintersemester 2015/16) und Untersuchung. jeweils zwei Befragungszeitpunkten (Studienbeginn und Ende erstes Studienjahr) ein. 1 Der Artikel basiert auf dem Beitrag von Anacker/Berndt/Pohlenz (2019) und erweitert die dort präsentierten Analysen. 2 Frageformulierung: „Die Zukunftsvorstellungen und Ziele junger Erwachsener können unterschiedlich sein. Bestimmt haben Sie sich auch schon mal Gedanken darüber gemacht, wie Ihr Leben in ein paar Jahren aussehen könnte. Bitte vervollständigen Sie einmal folgenden Satz: ‚Wenn ich 40 bin, dann …‘“ (offenes Antwortformat). 3 Frageformulierung: „Wie stellen Sie sich Ihre berufliche Zukunft in 10 Jahren vor?“ (offenes Antwortformat). 8 9
Um eine Vergleichbarkeit garantieren zu können wurde das Kategoriensystem für die Codie- rung der Daten des Wintersemesters 2015/2016 sowie für die offene Frage zu den beruflichen Zukunftsvorstellungen der Studierenden (Daten der Sommersemester 2015 und 2016) ohne empirische Erweiterung bzw. Anpassung adaptiert. Es ist eine hohe Passfähigkeit zu konsta- tieren. 3 Empirische Befunde Abbildung 1. Das Analysemodell der Untersuchung 3.1 Die Zukunftsvorstellungen der Studierenden zu Beginn des Studiums und nach dem 1. Studienjahr im Vergleich Die Auswertung der beiden Fragen mit offenem Antwortformat erfolgte mittels quantitativer Die Befunde der Inhaltsanalyse verdeutlichen, dass die Studierenden zu Beginn des Studiums Inhaltsanalyse (Themen-Frequenz-Analyse nach Früh 2017). Dazu wurden in einem For- und nach dem 1. Studienjahr am häufigsten Aspekte der beruflichen Sphäre mit ihrer Zukunft ver- schungsseminar im Wintersemester 2015/2016 mit Masterstudierenden des Studiengangs binden. So sprechen 86 Prozent der Studierenden in der Erstsemesterbefragung und mehr als 9 Sozialwissenschaften die verschiedenen Schritte der deduktivinduktiven Kategorienentwick- von 10 Befragte in der 1. Zwischenbilanz ihre beruflichen Zukunftspläne an. Es folgen das soziale lung anhand der Daten des Wintersemesters 2014/2015 durchlaufen (vgl. Kuckartz 2014: 69). Umfeld (58 Prozent bzw. 13 Prozent) und die persönliche Sphäre (49 Prozent bzw. 9 Prozent).4 Die Generierung eines vorläufigen Kategoriensystems aus der Theorie als ersten Schritt der Kategorienentwicklung erfolgte im Seminar zunächst in zwei Arbeitsgruppen. Nach Vorliegen Innerhalb der beruflichen Sphäre zeigen sich zwischen den Zeitpunkten jedoch unterschied- der Ergebnisse der Gruppenarbeiten konnten drei Oberkategorien identifiziert werden (sozia- liche Priorisierungen der Aspekte (vgl. Tab. 1). Werden die fünf am häufigsten genannten les Umfeld, berufliche Sphäre, persönlichen Sphäre), die in ein gemeinsames Kategoriensys- Kategorien betrachtet, offenbart sich, dass Studierende im 1. Fachsemester die Aspekte Job tem überführt wurden (vgl. Abb. 2). vorhanden (45 Prozent) und Einkommen/Vermögen (27 Prozent) am häufigsten äußern. Es schließen sich mit einem identischen Anteil die Thematisierung eines konkreten Berufes/einer konkreten Position und der Spaß/die Zufriedenheit im Job (je 23 Prozent) sowie die Arbeits- platzsicherheit (16 Prozent) an. Nach dem 1. Studienjahr scheinen die Studierenden bereits eine spezifischere Vorstellung über ihre spätere berufliche Tätigkeit und die damit einherge- hende Position zu besitzen, sodass dieser Aspekt am häufigsten genannt wird (50 Prozent). Gleichfalls kommt der Kategorie Job vorhanden eine hohe Bedeutung zu, wenngleich die Re- levanz im Vergleich zur Erstsemesterbefragung abnimmt. Die Aspekte Einkommen/Vermögen, Spaß/Zufriedenheit und Arbeitsplatzsicherheit werden von jeweils 13 Prozent der Befragten in der 1. Zwischenbilanz angeführt. Im Bereich der beruflichen Sphäre lassen sich fünf Aspekte identifizieren, die im weitesten Sinne lebenslanges Lernen verkörpern. Dies sind neben den Kategorien Auslandserfahrung, Entfaltungsmöglichkeit, Ausbildung/Weiterbildung/Kenntnisse auch die Berufserfahrung und das Ziel Überdurchschnittliches zu leisten. In der Summe nennen 12 Prozent der Befragten in der Erstsemesterbefragung und 17 Prozent der Studierenden in der 1. Zwischenbilanz einen dieser Aspekte. Entsprechend lässt sich ein geringer Zuwachs der Relevanz des lebenslan- gen Lernens über die Zeit erkennen. Abbildung 2. Entwicklung des Kategoriensystems – Ergebnisse der Gruppenarbeiten Im Nachgang erfolgte eine erste Probecodierung des Materials sowie die Anpassung bzw. Erweiterung der Unterkategorien. Nach einer zweiten Probecodierung und dem Test der Intercoder-Reliabilität (vgl. Früh 2017: 179) wurden jene Kategorien mit geringer Reliabilität überarbeitet und eine Präzisierung der Kategoriebeschreibung vorgenommen. Schließlich erfolgte die Vercodung des gesamten empirischen Materials mittels Dummy-Codierung. 4 Die stark abweichenden Häufigkeitsverteilungen in Bezug auf das soziale Umfeld und die persönliche Sphäre resultieren aus der stärkeren Fokussierung der Frage im Rahmen der 1. Zwischenbilanz auf die berufliche Zukunft (siehe Fußnote im Abschnitt 2). 10 11
Welle 1 Welle 2 Differenz Job vorhanden 45,4 31,1 14,3 Einkommen/Vermögen 26,8 12,5 14,3 Konkreter Beruf/Position 22,8 50,0 -27,2 Spaß/Zufriedenheit 22,7 13,3 9,4 Arbeitsplatzsicherheit 15,6 12,5 3,1 Erfolg 11,4 6,7 4,7 Abgeschlossenes Studium 9,0 7,5 1,5 Berufliche Sphäre Work-Life-Balance 7,5 3,3 4,2 Arbeitsregion/-ort 5,0 5,0 0,0 Auslandserfahrungen* 3,7 3,3 0,4 Gesellschaftlicher Nutzen der Tätigkeit 3,7 2,9 0,8 Gefühl etwas zu leisten 3,5 5,8 -2,3 Entfaltungsmöglichkeiten* 2,9 5,0 -2,1 Ausbildung/Weiterbildung/Kenntnisse* 2,8 6,7 -3,9 Berufserfahrung* 2,5 0,0 2,5 Aufstiegschancen 2,1 4,2 -2,1 Kontakt zu anderen Menschen 1,7 4,2 -2,5 Anerkennung 0,9 0,0 0,9 Geregelte Arbeitszeiten 0,9 0,0 0,9 Fachlich Überdurchschnittliches leisten* 0,5 4,2 -3,7 Tabelle 1. Die Zukunftsvorstellungen innerhalb der beruflichen Sphäre zu Beginn des Studiums und nach dem 1. Studienjahr Abbildung 3. Die Zukunftsvorstellungen innerhalb der persönlichen Sphäre zu Beginn des Studiums und nach dem im Vergleich. Angaben in Prozent (N 922/N 120) Hinweis: * definiert die Kategorie als Teilaspekt des lebenslangen Lernens 1. Studienjahr im Vergleich. Angaben in Prozent (N 922/N 120) Der Bereich des sozialen Umfeldes ist geprägt durch Zukunftsvorstellungen über Partner- Die Entwicklungsspielräume als Teilaspekt des Befindens und der Selbstwahrnehmung sowie schaft und Familie. So sprechen mehr als die Hälfte der Befragten in der Erstsemesterbefra- der Aspekt des lebenslangen Lernens in der Kategorie Erfahrung/Wissen spielen für die gung und jede_r Zehnte in der 1. Zwischenbilanz die Themen Familiengründung und Famili- lebenslange Bildungsaktivität und Weiterbildung eine entscheidende Rolle. Bei den Analysen enleben an. 11 Prozent der Studierenden thematisieren zudem zu Beginn des Studiums die wird jedoch deutlich, dass sich nur einzelne Befragte (je knapp 1 Prozent) zu den beiden Partnerschaft, wenn nach ihren Zukunftsvorstellungen gefragt wird. In der Folgebefragung Aspekten in der Erstsemesterbefragung äußern. In der 1. Zwischenbilanz werden sie von nie- trifft dies nur auf 1 Prozent zu. Alle weiteren Aspekte im Bereich des sozialen Umfeldes, wie mand thematisiert. Die Entwicklungsspielräume und das lebenslange Lernen verlieren damit Familie/Bekannte, Engagement/Weltverbesserung und das Ziel sich für andere Menschen ein- über die Zeit an Bedeutung. zusetzen werden unabhängig vom Befragungszeitpunkt nur von einem Bruchteil der Befragten Insgesamt zeigt die Analyse, dass die Studierenden weder zu Beginn des Studiums noch angesprochen (jeweils knapp 2 Prozent). Aussagen, die sich dem Bereich persönliche Sphäre nach dem 1. Studienjahr dem lebenslangen Lernen eine besondere Relevanz beimessen. zuordnen lassen, werden mit wenigen Ausnahmen nur durch die Befragten in der Erstsemes- In jeweils weniger als 7 Prozent der Zukunftsvorstellungen unabhängig des Befragungszeit- terbefragung getätigt (vgl. Abb. 3). Dabei rekurriert mehr als ein Viertel der Nennung in der punktes werden die Aspekte Auslandserfahrungen, Entfaltungsmöglichkeiten, Ausbildung/ Befragung zu Studienbeginn auf das Befinden bzw. die Selbstwahrnehmung. Hierunter fallen Weiterbildung/Kenntnisse, Berufserfahrung und fachlich Überdurchschnittliches leisten der neben der allgemeinen Lebenszufriedenheit, dem Sicherheitsgefühl, der Unabhängigkeit und beruflichen Sphäre angesprochen. Das lebenslange Lernen und die Entwicklungsspielräume Selbstständigkeit sowie dem Erfolgsgefühl, der Körperwahrnehmung und der Selbstverwirkli- kommen zudem in maximal 1 Prozent aller Zukunftspläne zur Sprache. Jene Studierende, die chung auch die Entwicklungsspielräume. Weitere 16 Prozent sprechen Materielles/Besitztümer lebenslanges Lernen und Entfaltungsmöglichkeiten ansprechen, bleiben in ihren Aussagen an. Jede_r Achte thematisiert zudem seinen bzw. ihren Erfahrungshorizont und das bis dahin zudem sehr oberflächlich, wie folgende Beispiele verdeutlichen: erworbene (Allgemein)Wissen. Überlegungen zur Gesundheit, den Lebenseinstellungen und den Hobbys/Interessen spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. „…habe ich einen Großteil meiner Träume und Ziele verwirklicht und habe die Möglichkeit, mir mein Leben so zu gestalten, wie ich es leben möchte.“ (Entfaltungsmöglichkeiten) und „…möchte ich immer noch lernen und mein Gelerntes weitergeben.“ (Lebenslanges Lernen). 12 13
3.2 Der Einfluss von soziodemographischen und bildungsbiographischen Faktoren 4 Fazit sowie von Studienbedingungen auf die Zukunftsvorstellungen Ein binär logistisches Regressionsmodell soll darüber Aufschluss geben, ob soziodemogra- Die Ergebnisse lassen keine eindeutige Antwort auf die Ausgangsfrage zu, ob Studierende phische und bildungsbiographische Faktoren sowie die Studienbedingungen einen Einfluss in grundständigen Studien bereits ein Bewusstsein für die Notwendigkeit ausgeprägt haben, auf die Auseinandersetzung mit Aspekten des lebenslangen Lernens besitzen. Anzunehmen sich lebenslang weiter zu qualifizieren. Einerseits lässt sich aus den Befunden schlussfol- ist, dass Studierende bedingt durch ihr soziodemographisches Profil bestimmte Bildungs- gern, dass Studierende ihr Studium als einen Garanten für den Zugang zu gut bezahlten wege durchlaufen und Bildungserfahrungen gesammelt haben, die in einer unterschiedli- und anspruchsvollen beruflichen Positionen erachten und aus diesem Grund Aspekte des chen Sensibilität gegenüber langfristigen Bildungserfordernissen münden. Zudem lässt sich Lebenslangen Lernens nicht bzw. kaum thematisiert werden. Untermauert werden kann diese vermuten, dass ein erfüllter Studierwunsch sowie intrinsische Studienwahlmotive als Aspekte Vermutung durch den hohen Stellenwert den die Studierenden in der Untersuchung dem der Studienbedingungen die Auseinandersetzung mit diesem Thema fördern. Mit Blick auf Vorhandensein eines Jobs, dem Einkommen und der beruflichen Position einräumen. Dieser die Fachzugehörigkeit kann davon ausgegangen werden, dass Disziplinen ohne konkretes Interpretation folgend unterliegen die Studierenden einer „meritokratischen Illusion“ (vgl. Berufsbild ein stärkeres Bewusstsein für kontinuierliche (Weiter-)Bildung aufweisen. Geißler 2014), da sie leistungsprinzipwidrige Verteilungsmechanismen bei der Vergabe von Führungspositionen sowie die Prozessstruktur einer Karriere ausblenden. Modell Denkbar wäre anderseits auch, dass das 1. Studienjahr unabhängig vom soziodemographi- Exp(B) schen Profil der Studierenden nicht zur Ausbildung einer bildungs- und lernaffinen Haltung Geschlecht (Ref.: Frauen) beiträgt. Lediglich eine gute Note auf dem Zeugnis der Hochschulzugangsberechtigung und Soziale Herkunft (Ref.: nicht-akademisches Elternhaus) Migrationshintergrund (Ref.: kein Migrationshintergrund) das Vorliegen einer karrierebezogenen Studienmotivation erhöhen die Wahrscheinlichkeit, Art der Hochschulgangsberechtigung (Ref.: Allgemeine Hochschulreife) sich mit dem lebenslangen Lernen zumindest gedanklich auseinander zu setzen. Einschrän- Note Hochschulgangsberechtigung 0,635* kend muss jedoch festgehalten werden, dass es sich um eine Momentaufnahme zu Studi- Studierwunsch enbeginn handelt und insofern keine Aussage über eine Studierendengeneration und deren Karrierebezogene Motivation 1,461* Bildungsverständnis getroffen werden kann. Damit Studierende eine entsprechende Haltung Soziale Motivation entwickeln können, sollten Hochschulen in diesem Kontext zukünftig verstärkt orientierende Fachgruppe: MINT (Ref.: Medizin) Funktionen übernehmen und an bestehende Ansätze, wie die Projekte des Qualitätspakts Fachgruppe: HuWi (Ref.: Medizin) Lehre und die Angebote zur Wissenschaftspropädeutik sowie Entwicklung von Schlüssel- Fachgruppe: WiWi (Ref.: Medizin) kompetenzen anknüpfen, wenn gleich die Ausbildung einer lernaffinen Haltung bislang kein Chi2 26,893 Pseudo-R2 nach Nagelkerke 0,069 expliziter Bildungsauftrag der Hochschulen ist. Eine solche Haltung, die auch als lebensbe- gleitende Bereitschaft gegenüber neuen Lernherausforderungen verstanden werden kann, ist Tabelle 2. Regressionsmodell zum Einfluss soziodemographischer und bildungsbiographischer Faktoren sowie von Studien- Bedingung für die Entwicklung der Wissensgesellschaft. bedingungen auf die Zukunftsvorstellungen (N 728) Literaturverzeichnis: Anacker J, Berndt S, Pohlenz P. Lebenslanges Lernen und berufliche Weiterbildung als individueller Zu- Die Befunde verdeutlichen, dass das soziodemographische Profil der Studierenden in Form kunftsplan? Eine empirische Analyse der Zukunftsvorstellungen Studierender. In: Dörner O, ed. Wissen- des Geschlechts, des Migrationshintergrundes und der sozialen Herkunft keine Wirkung schaftliche Weiterbildung als Problem der Öffnung von Hochschulen für nichttraditionelle Studierende. 1. entfaltet (vgl. Tab. 2). Demgegenüber zeigt sich eine Abhängigkeit zwischen der Note auf dem Auflage; 2019 [im Erscheinen]. Zeugnis der Hochschulzugangsberechtigung und der Nennung von Aspekten des lebenslan- Früh W. Inhaltsanalyse: Theorie und Praxis. 9., überarbeitete Auflage, Online-Ausgabe. Konstanz, Kons- gen Lernens in der Gestalt, dass mit jeder Einheit (eine Einheit entspricht 0,1 Notenpunkten), tanz, München: UVK; 2017. Geißler R. Die meritokratische Illusion–oder warum Reformenbeim Bildungssystem ansetzen müssen. welche die Note steigt (d.h. schlechter wird), die Chance die Kategorie lebenslanges Lernen In: Haller M, Niggeschmidt M, eds. Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz.: Von Galton zu Sarrazin: anzusprechen um 58 Prozent verringert wird. Zeitgleich steigt die Chance mit jeder Einheit Denkmuster und Denkfehler der Eugenik. Wiesbaden: Springer; 2012:193-210. der karrierebezogenen Motivation (fünfstufige aufsteigende Skala) um 46 Prozent an. Alle wei- Hochschulforum Digitalisierung. The Digital Turn: Hochschulbildung im digitalen Zeitalter. Berlin; 2016. teren Aspekte aus dem Bereich bildungsbiographischer Hintergrund und Studienbedingungen https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/Abschlussbericht.pdf. Accessed June 12, 2019. erzielen hingegen keine Wirkung. Insgesamt muss einschränkend festgehalten werden, dass Kuckartz U. Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 2., durchgesehene Auf- die Faktoren aufgrund der geringen Modellgüte (Pseudo R2 nach Nagelkerke = 0,069) nur lage. Weinheim, Basel: Beltz Juventa; 2014. Grundlagentexte Methoden. bedingt geeignet sind den Schätzerfolg des Regressionsmodells zu erhöhen. Süssmuth R. Lebenslanges Lernen – Relevanz und Stellenwert. In: Schönherr KW, Tiberius V, eds. Lebens- langes Lernen: Wissen und Können als Wohlstandsfaktoren. Wiesbaden: Springer VS; 2014:11-17. 14 15
Zu den AutorInnen Post-it – A(ttra)ktivitätskünstler in der Lehre Sarah Berndt MA studierte Sozialwissenschaften an der Otto-von-Guericke-Universität Magde- FH-Prof.in MMag.a Dr.in Franziska Cecon, FH Oberösterreich burg. Seit 02/2015 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in verschiedenen BMBF-geförderten Projekten („StuFo“, „fokus:LEHRE“ und „Industrial eLab“) am Lehrstuhl für Hochschulforschung und Professionalisierung der akademi- schen Lehre an der Universität Magdeburg aktiv. Abstract sarah.berndt@ovgu.de Der kleine Klebezettel „Post-it“ hat es in sich: er ist vielfältig in der Lehre einsetzbar, be- Dr.in Annika Felix sonders dann, wenn möglichst jede/r in einer Gruppe „zu Wort“ kommen sollte. Er holt die studierte Sozialwissenschaften und promovierte zum Thema verschiedenen Lernerinnen und Lerner ab, weil die jeweils individuellen Kontexte, Erfahrun- „Alter(n)sbilder und Bildung im Alter“ an der Otto-von-Guericke- gen, Ideen und Überlegungen zu Tage gefördert werden können und bindet die Studierenden Universität Magdeburg. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am damit, ganz im Sinne einer Aktivierung, ein. Kurze Auflockerungen, die Möglichkeit sich Lehrstuhl für Hochschulforschung und Professionalisierung der akademischen einzubringen, Feedback zu geben, Fragen zu formulieren usw. machen die Lehre abwechs- Lehre an der Universität Magdeburg. lungsreich und attraktiv. Der Einsatz ist einfach, unkompliziert, zeitschonend und hat sich in annika.felix@ovgu.de unterschiedlichen Lehrveranstaltungen – auch mit berufsbegleitenden Studierenden, die oft abends an der Fachhochschule sind und sehr unterschiedliches Vorwissen mitbringen – sehr Prof. Dr. Philipp Pohlenz bewährt. Das Feedback der Studierenden und die eigene Beobachtung ermuntern zu einem studierte Soziologie an den Universitäten Hamburg und Potsdam. Promotion variantenreichen Einsatz. Der folgende Beitrag ist ein anwendungserprobter Erfahrungsbe- im Bereich der Hochschulforschung 2008. Seit 2014 Inhaber der Professur für richt der Autorin über den Einsatz von Post-its in zahlreichen Lehrveranstaltungen und aus Hochschulforschung und Professionalisierung der akademischen Lehre an der einem Workshop am 7. Tag der Lehre an der FH Oberösterreich in Linz, der zum Ausprobieren Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. und Nachahmen einlädt. philipp.pohlenz@ovgu.de 1 Was das Lernen unterstützt Lernen ist eine komplexe Angelegenheit. Die zugrundeliegenden neurologischen Vorgänge werden hier nicht weiter vertieft. Ebenso wenig, was Lernen bedeutet, was wir denn konkret lernen (kognitives, emotionales, verhaltensbezogenes Lernen) oder wie wir lernen (bewusst, unbewusst, latent …). Sicher ist, dass das Lernen von vielen Facetten beeinflusst wird. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit sind zum einen äußere Rahmenbedingungen wie beispielsweise die »» zeitlichen Faktoren (Tageszeiten mit unterschiedlichen Konzentrationshochs und -tiefs, Wo- chenzeiten, wenn sich vielleicht schon eine lange Arbeitswoche bemerkbar macht und das berufsbegleitende Studium vorwiegend am Wochenende stattfindet, Jahreszeiten wie die Frühjahrsmüdigkeit, oder der Stress vor Prüfungen, ein nahender Abgabetermin usw.), »» die örtlich-räumlichen Faktoren (weg von der alltäglichen Umgebung, in einer inspirierenden Naturlandschaft oder in einem kahlen Hörsaal ohne Tageslicht) oder »» die Klarheit, Zielsetzung, Umfang und Schwierigkeitsgrad der Aufgaben relevant. 16 17
Zum anderen trägt die eigene Einstellung und Bereitschaft zum Lernen, das Interesse für Auch wenn Lehrende darum wissen, was sie selbst und ihre Studierenden beim Lernen eine Thematik, die Zusammenhänge zu Vorwissen, Erfahrungswissen, Anwendungs- oder Prob- unterstützt oder motiviert, kann die Realität in den Hörsälen, Seminarräumen und Schulklas- lemfeldern zum Lernen bei, um nur einige zu nennen. Lob und positive Verstärkung zu kleineren sen mitunter anders aussehen, wie die folgende Abbildung zu verdeutlichen versucht. Die und größeren Erfolgen oder eine positiv gestaltete Beziehungsebene zum Lehrenden ebenso Rahmenbedingungen, Gruppengrößen, Zeit, usw. erschweren die Umsetzung. wie die gegenteilige Ausrichtung – können Einflussfaktoren sein. Jene unterstützenden Faktoren, vom Spaß bis zur Neugierde, vom „richtigen“ Anspruchsni- veau bis zu Anwendungsmöglichkeiten des Gelernten und vieles andere mehr, diese Faktoren sollen hier „Lernbooster“ genannt werden. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 7. Tag der Lehre 2019 waren folgende Aspekte förderlich: Abbildung 2. Herausfordernde Situationen für Lehrende und Lernende Wenn Sie sich damit nicht zufrieden geben möchten, und ihre Lernenden auf attraktive Weise aktiv einbinden möchten, dann könnte der kleine Klebezettel eine Unterstützung für Sie sein. 2 Wie der Klebezettel die Lehre unterstützt Gleich vorweg: Der Einsatz von Post-its ist kein Allheilmittel. Aber für einige der oben ange- sprochenen Problemfelder lässt sich ein Klebezettel gut einsetzen. Hier einige Beispiele die Lernziele und Lernsettings positiv gestalten können: »» Wenn Sie als Lehrende möchten, dass sich jede und jeder Einzelne aktiv beteiligt und sich einbringen kann, sind Klebezettel eine Option, denn schon bei größeren Gruppen stößt man aus Zeitgründen hier mitunter auf Grenzen. Oder es sind die „üblichen Verdäch- tigen“, die sich zu Wort melden. Wenn jeder Studierende, seine Meinung, seine Idee, seine Abbildung 1. Lernbooster aus Sicht der TeilnehmerInnen im Workshop – Post-it auf Flipchart Anknüpfung zum Thema auf ein Post-it schreiben soll, sind alle aktiviert. Je nach Einsatz und Zweck kann das Post-it anonym verfasst sein, z.B. wenn es um offene Fragen geht, 18 19
oder personalisiert werden, wenn eine Zuordnung z.B. für eine persönliche Rückmeldung, 3 Wie der Klebezettel eingesetzt werden kann notwendig und sinnvoll ist. »» Die T Verwendung von Post-its seitens der Studierenden für eine gestellte Aufgabe kann Den Einsatzmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Je nach Zweck, Themenfeld, Grup- freiwillig (z.B. geeignete Prüfungsfragen finden) oder nach Bedarf (bei offenen Fragen), im pengröße, Absichten zur weiteren Verwendung, Zielgruppen usw. wird der Einsatz variieren. Sinne einer „Einladung“, eingesetzt werden. Aber auch eine „verpflichtende“ Anwendung Einige Beispiele zu konkreten Anwendungen, ihrer Weiterverwendung sowie zum praktischen ist denkbar, wenn z.B. formulierte Prüfungsfragen als Einstieg in eine Lehrveranstaltung Einsatz können für die Nachahmung hilfreich sein. untereinander zwischen den Lernenden beantwortet werden sollten. »» Post-its zu verteilen, durch die Reihen zu geben, zu beschreiben, einzusammeln oder selbst 3.1 Konkrete Anwendungsfälle für Post-its „aufkleben“ zu lassen, ist schnell und einfach handhabbar. Außer den Klebezetteln, braucht man keine besondere Vorbereitung (abhängig von der weiteren Bearbeitung), keine Aus meiner Erfahrung können Post-Its z.B. für folgende Aufgabenstellungen didaktisch sinn- besonderen Stifte, keine Pinnadeln, keine Pinnwände. Alle verfügbaren Flächen in einem voll eingesetzt werden: Raum, von Fenster, Türen, Tafeln, Wänden, Flipcharts usw. können als Projektionsfläche »» Notieren Sie einen Anwendungsfall zum Thema XX dienen. »» Das ist meine (berufliche) Erfahrung zum Thema XX »» Wenn Ideen, Prüfungsfragen, Feedback usw. gefragt sind, kann entweder ohne System „ge- »» Das ist für mich noch unklar/offen… klebt“ werden oder nach gewissen Themenfeldern, die vorgegeben werden oder entwickelt »» Das ist meine Assoziation zum Begriff XX werden, im Sinne des Clusterns. Dieses flexible Arrangieren unterstützt das Analysieren »» Erklären Sie den Begriff XX ihrem Sitznachbarn/ihrer Sitznachbarin und Systematisieren, Ergänzen oder Streichen. Auch hier ist die Handhabe noch einfacher »» Verfassen Sie eine Prüfungsfrage als mit Kärtchen auf Pinnwänden. Zusätzlich lässt sich mit verschiedenen Farben eine Zu- »» Einschätzung / Zustimmung / Ablehnung auf einer Skala von 0 bis 10 zum Thema XX ordnung herausarbeiten, z.B. rote Post-its für Nachteile, grüne für Vorteile. »» Feedback zur Lehrveranstaltung – das hat mir gefallen, das würde ich gerne ändern, das »» Die Anwendung eignet sich für unterschiedliche Gruppengrößen. Eine Gruppe von fünf nehme ich mir mit. bis acht Personen, die ihre Erwartungen zu einem Projekt formuliert, kann diese Möglichkeit »» … ebenso nutzen, wie 100 Personen, die beim Verlassen des Hörsaals ihr Feedback mittels Post-it an der Tür hinterlassen. Einschränkend muss hier die Lesbarkeit bei Post-its in der herkömmlichen Größe erwähnt werden. Wenn dies notwendig ist, empfiehlt sich die Ver- wendung von solchen in Postkartengröße. »» Post-its können in unterschiedlichen Phasen einer Lehrveranstaltung vielfältig eingesetzt werden. ›› Zu Beginn ist die Abfrage von Vorkenntnissen oder dem Wissenstand eine gute Orientie- rung für den Lehrenden oder zur Aktivierung der zugehörigen Themenfelder der Studie- renden. Eine (Selbst-)Einschätzung oder Erwartungen können rasch Klarheit schaffen, wo Lehrende mehr oder weniger vertieft eingehen sollten. Während der Lehrveranstaltungen können z.B. Fragen formuliert werden, die sonst vielleicht nicht gestellt werden würden, Prüfungsfragen kreiert werden oder kurze Wie- derholungssequenzen einfließen, ganz im Sinne von „was ist tatsächlich angekommen und verstanden“ worden. Auch Beispiele, Anwendungsmöglichkeiten usw. können den Unterricht zielgerichtet auflockern und das Verständnis auf beiden Seiten – Lehrenden und Lernenden – fördern Abbildung 3. Persönliche Einschätzung zum Einstieg abfragen – auf Flipchart, farbliche Zuordnung vorgegeben ›› Am Ende einer Lehrveranstaltung sind es meist Fragen wie, „was nehme ich mir mit“, oder ein einfaches Feedback, Prüfungsfragen usw. 20 21
Es obliegt dem Lehrenden, ob und inwieweit diese Rückmeldungen weiter thematisiert werden. Das Ergebnis zeigt sich dann beispielsweise in einer vorgegebenen Strukturierung an der Tafel. Kategorien vorgeben, zum Rollenwechsel einladen, usw. sind Möglichkeiten, um den Einsatz dieses kleinen Hilfswerkzeugs anzureichern. Zusätzlich können damit große Teilnehmerzahlen mit variierenden Aufgaben gleichzeitig in Gruppen eingeteilt werden. Eine mögliche Vorgabe auf Powerpoint könnte wie folgt aussehen: Abbildung 5. Schnelle Visualisierung zu Argumenten bzgl. Einsatz von Post-its aus unterschiedlichen Perspektiven – an der Tafel mit vorgegebenen Kategorien Die schnelle Visualisierung eignet sich auch für Feedback-Aufgaben: Für den Lehrenden sind Post-it-basierte Rückmeldungen eine gute Gelegenheit, die Gedanken oder Stimmun- gen jedes Einzelnen kennen zu lernen, unbeeinflusst von dem, was die erste Person in einer verbalen Feedbackrunde sagt. Abbildung 6. Allgemeines Feedback zu xx geben –beim Hinausgehen ohne bestimmte Systematik an die Glaswand geklebt Die Visualisierung ermittelt schnell, ob Themen oder gewisse Aspekte überwiegen. Positives in Pink, offene Aspekte oder Beunruhigendes in Gelb (auch mit leeren Post-its) und Anregun- gen in Grün zeigen in folgender Abbildung eine gewisse Ausgewogenheit. Mit dem Einsatz von Klebezetteln entsteht nicht nur Bewegung im Kopf, sondern auch Abbildung 4. Aufgabenstellung je nach Farbcode der Post-its physische Aktivität, da die Studierenden in der Regel aufstehen und ihre Post-its an einem vereinbarten Ort aufkleben – eine willkommene Abwechslung zur sitzenden Lernhaltung. Aktivität und Attraktivität verbindet sich. 22 23
3.2 Weiterverwendung der Post-its Das folgende Beispiel aus dem Workshop am Tag der Lehre zeigt in vier Schritten auf, wie zum Einmal abgefragt, was nun? Nicht nur eine rasche und punktuelle Thema „Anwendungsmöglichkeiten von Post-its in der eigenen Lehre“ konkret Antwort aller TeilnehmerInnen ist möglich, auch die Weiterver- gearbeitet wurde: wendung der kleinen Klebezettel ist vielfältig, wie die folgende Liste als Ideengeberin zeigen soll: Es folgte eine rege Diskussion im Plenum zu möglichen Vor- und Nachteilen beim Einsatz dieser Methode. Ebenso wurden die verschiedenen Sichtweisen von Lehrenden und Studie- »» Anwendungsfälle können im Plenum, in Kleingruppen oder mit renden angesprochen. Mit diesem Bewusstsein im Hintergrund wurde eine zweite Aufgabe den Sitzpartnern diskutiert werden hinsichtlich der Umsetzungschancen des eigenen Anwendungsfalls gestellt. »» (Berufliche) Erfahrungen können Anknüpfungspunkt für einen Austausch zwischen Studierenden sein, die sich gegenseitig Die aufgezeigten Beispiele zeigen, wofür die Klebezettel eingesetzt werden könnten. Damit vertieft darüber interviewen (z.B. gewisse Aspekte vorgeben) der Einsatz gelingt und auch die aufgezeigten Vorteile entfaltet, sind noch einige praktische Abbildung 7. Farbcodiertes »» Fachliche Rückmeldungen können nach verschiedenen Krite- Feedback an der Tür Hinweise nützlich. rien analysiert werden (z.B. Vorteile/Nachteile, kurzfristig/lang- fristig umsetzbar, regionale, institutionelle, rechtliche usw. Aspekte), wobei diese entweder vorgegeben, beim Kleben (weil jeder die anderen Post-its liest) oder im Anschluss gemein- sam entwickelt werden können. »» Assoziationen clustern und beim Kleben darauf achten, dass inhaltlich Ähnliches nahe zusammengeklebt wird. »» Offene Fragen im Plenum ansprechen und auflösen (durch Lehrenden oder durch die Studierenden) – sofort oder in der nächsten Lehrveranstaltung »» Prüfungsfragen als Wiederholung (Einstieg) in der nächsten Lehrveranstaltung nützen »» Persönliche Anwendungschancen einschätzen und klären, was es dazu noch unterstüt- zend benötigen würde »» Offene Themen, Beispiele usw. in der (nächsten) Lehrveranstaltung aufgreifen »» … Sollen die Post-its im nächsten oder in einem Abbildung 9. Schritt 1: Aufgabenstellung auf Powerpoint Abbildung 10. Schritt 2: TeilnehmerInnen kleben und zu Ideen zur Anwendung von Post-its clustern ihre Ideen zur Anwendung von Post-its weiteren Lehrveranstaltungsblock eingesetzt werden, was insbesondere bei offenen Fragen, Prüfungsfragen usw. der Fall sein könnte, müs- sen sie eingesammelt werden. Alternativ könnten sie als Forumsfrage in eine Lernplattform gestellt werden und damit als Gruppenaufgabe zurück- gespielt werden. Abbildung 8. Klausurfragen formulieren – an der Tafel kurz vor der Pause abgegeben und Aufgaben, die mittels Post-its zu lösen sind, kön- in der nächsten Session als Einstieg nutzen nen nicht nur in den nächsten Lehrveranstaltungen eingesetzt werden, sondern auch direkt und sofort in der gleichen Lehrveranstaltung. Die Vorteile liegen darin, dass die Klebezettel je nach Aufgabenstel- lung neu gruppiert werden und für unterschiedliche Zielsetzungen verwendet werden können. Abbildung 11. Schritt 3: Aufgabenstellung auf Powerpoint Abbildung 12. Schritt 4: TeilnehmerInnen skalieren ihre zur Einschätzung der Umsetzungschancen zur Anwen- Ideen zur Anwendung von Post-its in ihrer Lehre nach dung von Post-its Umsetzungschance zwischen 0 und 100 % (weiße Post-it markieren jeweils das Ende des gedachten Kontinuums) 24 25
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