TÄTIGKEITSBERICHT DES HANS-BREDOW-INSTITUTS FÜR DAS JAHR 2018
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Tätigkeitsbericht des Hans-Bredow-Instituts 2018 Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bre- dow-Institut (HBI) Rothenbaumchaussee 36 20148 Hamburg Tel.: (+49 40) 45 02 17-0 45 02 17-12 Verlag 45 02 17-22 Bibliothek 45 02 17-41 Redaktion Fax: (+49 40) 45 02 17-77 E-Mail: info@leibniz-hbi.de Internet: www.leibniz-hbi.de Vorstand: Prof. Dr. Uwe Hasebrink, Dipl-Kauffr. Kris- tina Hein, Prof. Dr. Wolfgang Schulz (Vorsitz) Bankverbindung: IBAN DE82 2105 0000 0173 9220 00, BIC HSHNDEHH Finanzamt Hamburg-Nord – Steuernummer 17/408/01380 – VAT DE 118 71 7458
Projektübersicht ZUM TÄTIGKEITSBERICHT 2018 Informationsintermediären, also z. B. Social Media Plattformen und Suchmaschinen. Was die disziplinä- Seit dem 1. Januar 2019 ist das Institut Mitglied der ren Perspektiven angeht, wurde die Kooperation mit Leibniz-Gemeinschaft und zeigt dies auch mit sei- der Infomatik auch durch gemeinsame Projekte und nem neuen Namen: Leibniz-Institut für Medienfor- Publikationen vertieft. schung | Hans-Bredow-Institut (HBI). Im September 2018 wählte das Bundesministe- Der vorliegende Tätigkeitsbericht 2018 bezieht rium für Bildung und Forschung (BMBF) für den Auf- sich jedoch auf das Vorjahr des Beitritts und damit bau eines „Instituts für gesellschaftlichen Zusam- auf die Zeit, als das Institut den Namen „Hans-Bre- menhalt“ einen Verbund aus Hochschul- und For- dow-Institut für Medienforschung“ trug; entspre- schungsinstituten aus, darunter das Hans-Bredow- chend zieht sich dieser Name durch den Bericht. Institut. Elf Einrichtungen aus zehn Bundesländern Die Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft hat sollen gemeinsam ein Forschungsprogramm und das Institut im Jahr 2018 umfangreich beschäftigt eine Lenkungsstruktur für das dezentral angelegte und in Atem gehalten. Auf seiner Sitzung am 26. Ja- Institut erarbeiten. Die Entscheidung fiel in einem nuar 2018 sprach sich der Wissenschaftsrat für eine wissenschaftsgeleiteten Wettbewerb. Aufnahme aus. Der Wissenschaftsrat bewertete die Zudem hat das Institut versucht, die neue Logik wissenschaftliche Qualität der Arbeit des Hans-Bre- der ab 2019 verbindlichen Steuerung durch Pro- dow-Instituts als sehr gut, die überregionale Bedeu- grammbudgets sowie durch die Festlegung von Leit- tung des Instituts als exzellent und die strukturelle und Strukturzielen bereits 2018 weitgehend zu imple- Relevanz für das Wissenschaftssystem als sehr gut. mentieren. Im Zuge des Leibniz-Beitritts war auch Das Institut zeichne sich dabei – so der Wissenschafts- eine Anpassung der Governance-Struktur des Insti- rat – durch eine deutschlandweit einzigartige und sehr tuts nötig. Eine entsprechende Änderung der Sat- fruchtbare Verbindung von sozialwissenschaftlicher zung wurde 2018 erarbeitet und am 3. Mai 2019 vom Kommunikationswissenschaft und rechtswissen- Kuratorium verabschiedet. schaftlicher Regulierungsforschung aus. Neben rich- Grund zur Freude gab es zudem im April 2018: tungsweisender Grundlagenforschung und bedeuten- Wiebke Loosen, Senior Researcher am Institut, den empirischen Studien beispielsweise zur Inter- wurde zur Professorin an der Universität Hamburg netnutzung von Kindern hob der Wissenschaftsrat ernannt. Neben ihrer Forschungstätigkeit am Hans- die vielfältigen Transferleistungen besonders positiv Bredow-Institut lehrt Wiebke Loosen somit auch als hervor. Professorin am Fachgebiet Journalistik und Kommu- Auch der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hatte nikationswissenschaft der Universität. Mit der Er- den strategischen Nutzen einer Aufnahme des Insti- nennung gemäß § 17 des Hamburgischen Hochschul- tuts in die Gemeinschaft und die institutionelle Pass- gesetzes werden zwei Lehrveranstaltungsstunden fähigkeit des Instituts als sehr gut bewertet. pro Semester erwartet. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) Der Bericht über die Leistungen des Instituts im beschloss dann am 13. April 2018 die Aufnahme des letzten Jahr bietet auch wieder Anlass, den instituti- Hans-Bredow-Instituts in die Bund-Länder-Förde- onellen Förderern des Instituts zu danken, die die rung. Das Institut beantragte daraufhin die Auf- notwendigen Voraussetzungen für diese Arbeit auch nahme in die Leibniz-Gemeinschaft, und dieser An- im Jahr 2018 geschaffen haben: die NDR Media GmbH trag wurde von der Mitgliederversammlung Ende No- sowie das Zweite Deutsche Fernsehen, die Medien- vember 2018 positiv entschieden. Die Bund-Länder- stiftung Hamburg, die Medienanstalten sowie insbe- Förderung konnte so mit dem 1. Januar 2019 begin- sondere die Freie und Hansestadt Hamburg, die Lei- nen. tung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der 2018 hat das Institut die Arbeit in der Struktur der BWFG und auch der Erste Bürgermeister. Forschungsprogramme fortgesetzt und die Pro- grammatik dabei weiter konkretisiert. Die wissen- Hamburg, im Dezember 2019 schaftlichen Ergebnisse finden sich in diesem Be- richt. Ein programmübergreifender, gegenständli- cher Schwerpunkt ergibt sich bei den sogenannten Uwe Hasebrink, Kristina Hein, Wolfgang Schulz
Projektübersicht INHALT PROJEKTÜBERSICHT ............................................................................................................................................... 7 A. FORSCHUNG FÜR DIE MEDIENGESELLSCHAFT: DAS PROFIL DES HANS-BREDOW-INSTITUTS ........................ 9 Forschungsprogramm 1: „Transformation öffentlicher Kommunikation: Journalistische und intermediäre Funktionen im Prozess der Meinungsbildung“ .................................................................................................... 11 Forschungsprogramm 2: „Regelungsstrukturen und Regelbildung in digitalen Kommunikationsräumen“................................................................................................................................... 21 Forschungsprogramm 3: „Wissen für die Mediengesellschaft“ ..........................................................................26 Post-Doc-Kolleg „Algorithmed Public Spheres“ .................................................................................................34 B. NACHWUCHSFÖRDERUNG ................................................................................................................................38 C. KOOPERATION .................................................................................................................................................. 41 D. WISSENSTRANSFER, BERATUNG UND SERVICEANGEBOTE ........................................................................... 46 E. PUBLIKATIONEN UND VORTRÄGE.................................................................................................................... 49 F. VERANSTALTUNGEN ........................................................................................................................................65 G. GESCHICHTE – ORGANE – BEIRAT – FINANZIERUNG ......................................................................................... 67 H. MITARBEITER/INNEN UND ORGANISATION DES INSTITUTS 2018 .................................................................70
Projektübersicht PROJEKTÜBERSICHT FORSCHUNGSPROGRAMM 1: „TRANSFORMATION ÖFFENTLICHER KOMMUNIKATION: JOURNALISTISCHE UND INTERMEDIÄRE FUNKTIONEN IM PROZESS DER MEINUNGSBILDUNG“ .................................................................... 11 The Peoples‘ Internet (PIN) ................................................................................................................................ 12 Was Journalisten sollen – und wollen ................................................................................................................ 12 Konzeptionsphase für das Forschungsinstitut für gesellschaftlichen Zusammenhalt ...................................... 13 Pionier-Journalismus: Die Rolle von Pioniergemeinschaften bei der Transformation des Journalismus .......... 13 Journalismus und sein Publikum: Die Re-Figuration einer Beziehung und ihre Folgen für journalistische Aussagenentstehung ........................................................................................................................................ 14 Reuters Institute Digital News Survey ............................................................................................................... 14 Meinungsmacht im Algorithmen-Zeitalter – Rekonstruktion eines medienrechtlichen Leitbegriffs .................. 15 Tweetende Twitterer im Profil .......................................................................................................................... 15 Wenn aus Daten Journalismus wird: eine fortlaufende Inhaltsanalyse der Nominierungen für den jährlichen Data Journalism Award ..................................................................................................................................... 16 Journalism Elsewhere ...................................................................................................................................... 16 Tinder die Stadt: software-bezogene Szenarien zur Überwindung der Krise mediatisierter Öffentlichkeit ....... 17 Media Performance and Democracy.................................................................................................................. 17 Alternative Models of Financing Investigative Journalism ................................................................................ 17 Forschungsverbund „Transforming Communications“ ...................................................................................... 18 Public Connection ............................................................................................................................................. 18 Breaking News .................................................................................................................................................. 18 Promotionsprojekt Nachrichtennutzung auf sozialen Netzwerkplattformen .................................................... 19 Promotionsprojekt Branded Journalists. Theoretische Konzeption und empirische Exploration von Markenführung im Journalismus ....................................................................................................................... 19 Promotionsprojekt Die Wirkung der Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken .................................................. 19 FORSCHUNGSPROGRAMM 2: „REGELUNGSSTRUKTUREN UND REGELBILDUNG IN DIGITALEN KOMMUNIKATIONSRÄUMEN“ .................................................................................................................................. 21 Information Governance Technologies: Ethics, Policies, Architectures, Engineering ...................................... 22 Doing Internet Governance: Constructing Normative Structures Inside and Outside Intermediary Organisations ................................................................................................................................................... 22 Was bringt die DGSVO für automatisierte Entscheidungssysteme? ..................................................................23 Promotionsprojekt Inhaltliche Gebote aktiver staatlicher Informationstätigkeit ..............................................23 Promotionsprojekt Gewährleistung der Möglichkeit internetbasierter Kommunikation – eine Vermessung des grundgesetzlichen Schutzkonzepts ............................................................................................................23 Promotionsprojekt Code als neuralgischer Punkt der Internetregulierung ....................................................... 24 Promotionsprojekt Die Rechtsfigur der Störerhaftung – Diskussion im Hinblick auf die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung........................................................................................................................ 24 Promotionsprojekt Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit in digitalen Mehr-Akteur-Konstellationen ....... 24
Tätigkeitsbericht des Hans-Bredow-Instituts 2018 FORSCHUNGSPROGRAMM 3: „WISSEN FÜR DIE MEDIENGESELLSCHAFT“ .............................................................26 Medien und wissenschaftliche Kommunikation MeWiKo ................................................................................... 27 Promotionsprojekt Neue Intermediäre in der Wissenschaftskommunikation ...................................................28 Projekte im Kompetenzbereich Aufwachsen in digitalen Medienumgebungen ....................................................28 Sozialisation in einer sich wandelnden Medienumgebung: eine qualitative Panelstudie ...................................28 EU Kids Online – Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen im europäischen Vergleich ...........................28 Jugendmedienschutzindex ...............................................................................................................................29 Evaluation des Projekts MEiFA – Medienwelten in der Familie ............................................................................29 Medienkompetenz in der Behindertenhilfe in Bremen (MeKoBe) .......................................................................29 COST-Action „The Digital Literacy and Multimodal Practices of Young Children” (DigiLitEY) ............................ 30 Promotionsprojekt Entscheidungen unter Ungewissheit im Jugendmedienschutz – Untersuchung der spielraumprägenden Faktoren gesetzgeberischer und behördlicher Entscheidungen bei Wissensdefiziten ... 30 Promotionsprojekt Smartphones in der medienbezogenen Familienerziehung ............................................... 30 Promotionsprojekt Jugendmedienschutz: rechtliche Implikationen mediatisierter und datafizierter Beziehungen ..................................................................................................................................................... 31 Projekte im Kompetenzbereich Public Service / Public Value .............................................................................. 31 Gutachten für den Kommunikations- und Medienbericht der Bundesregierung ................................................ 31 Integrationsleistung des öffentlich‐rechtlichen Rundfunks ....................................................................................32 Algorithmische Empfehlungen ..........................................................................................................................32 Projekte im Kompetenzbereich Gesundheitskommunikation .............................................................................. 33 HealthApps4Teens – Gesundheitsbezogene Apps für Jugendliche ................................................................... 33 Marktanalyse Gesundheitskommunikation........................................................................................................ 33 Netzwerk „Medien und Gesundheitskommunikation“ ......................................................................................... 33 Promotionsprojekt Audiovisuelles Framing in der Gesundheitskommunikation ................................................34 Projekte im Kompetenzbereich Mediengeschichte ..............................................................................................34 Ankunft im Radio. Flucht und Vertreibung in west- und ostdeutschen Hörfunkprogrammen 1945-1961 ............34 Entangled Media Histories (EMHIS) ...................................................................................................................34 Transnational Media Histories (TMH) .................................................................................................................34 Media and Migration in the Baltic Sea Region (MeMiBaS) ................................................................................... 35 Kommunikation über Vergangenheit ................................................................................................................. 35 Sounds like ... vergangene Töne und historische Kommunikationsprozesse..................................................... 36 Privat und Öffentlich-Rechtlich – Die Einführung des dualen Rundfunksystems in der Bundesrepublik ............ 36 POST-DOC-KOLLEG „ALGORITHMED PUBLIC SPHERES“ ........................................................................................ 37 Explaining Online News Engagement Based on Browsing Behavior: Creatures of Habit? .................................. 37
Projektübersicht A. FORSCHUNG FÜR DIE MEDIENGESELLSCHAFT: DAS PROFIL DES HANS-BREDOW-INSTITUTS Dem Hans-Bredow-Institut geht es in seiner For- durch aufeinander aufbauende Eigen- und Drittmit- schung um medienvermittelte öffentliche Kommuni- telforschung bearbeitet werden. Diese Programme kation, unabhängig davon, auf welchen technischen sind jeweils disziplinübergreifend konzipiert. Plattformen die Kommunikation stattfindet. Mit der Aus der Aufgabe des Hans-Bredow-Instituts, die Problemorientierung der Forschung geht dabei ein Entwicklung öffentlicher Kommunikation in der Me- besonderes Interesse an den jeweils „neuen“ Medien diengesellschaft zu erforschen, leiten sich seine drei einher, zu deren Verständnis und Gestaltung das aktuellen Forschungsprogramme (Laufzeit: 2016– Institut beitragen will. 2021) ab, die quer zu den disziplinären Säulen verlau- Dieser Gegenstandsbereich erfordert interdis- fen. Zwei dieser Programme gehen von konkreten ziplinäre Forschung. Die fachlichen Hintergründe der Leitfragen aus, die in konzertierter Form beantwor- Forscherinnen und Forscher am Institut sind ent- tet werden sollen; das dritte Programm bündelt die in sprechend vielfältig; die Organisationsstruktur des den Kompetenzbereichen des Instituts stattfin- Instituts umfasst eine kommunikationswissen- dende Transferforschung und rückt die Metafrage in schaftliche und eine rechtswissenschaftliche Säule. den Fokus, wie die Ergebnisse dieser Forschung als Von zunehmender Bedeutung ist für das Institut die Wissen über und für die Mediengesellschaft frucht- international vergleichende Forschung; um diese zu bar gemacht werden können. erleichtern, ist das Institut in mehreren internationa- Ergänzt werden diese Programme durch ein Nach- len Forschungsnetzwerken aktiv. wuchskolleg, in dem exzellente Nachwuchswissen- Das wissenschaftliche Profil des Hans-Bredow- schaftlerinnen und -wissenschaftler aus dem In- und Instituts wird geprägt durch seine Forschungspro- Ausland innovative Themen behandeln, von denen Im- gramme: Programmbezogene Forschung orientiert pulse für künftige Programme ausgehen können. In sich an grundlegenden und auf einen Zeitraum von der ersten Phase widmet sich das Kolleg dem Thema mehreren Jahren angelegten Fragestellungen, die „Algorithmed Public Spheres“. 9
Tätigkeitsbericht des Hans-Bredow-Instituts 2018 10
Forschungsprogramm 1: „Transformation öffentlicher Kommunikation: Journalistische und intermediäre Funktionen im Prozess der Meinungsbildung“ Wie stellt sich Journalismus auf die konvergente Medienumgebung ein? Wie verändern sich Nachrichtennutzung und öffentliche Teilhabe? Welchen Einfluss haben Informationsintermediäre auf Meinungsbildung und wie kann Regulierung darauf rea- gieren? Ausgangspunkt des Forschungsprogramms 1 sind und Mediennutzung, auf die Automatisierung und Al- die durch die Digitalisierung der Medienproduktion, gorithmisierung der eigenen Arbeitsprozesse, aber -distribution und -nutzung ausgelösten Transforma- auch auf die Konkurrenz durch funktional äquiva- tionsprozesse der öffentlichen Kommunikation. Sie lente Leistungen nicht-journalistischer Dienste und haben Entgrenzungen zur Folge, die dazu führen, Anbieter einstellen. Ziel ist die Entwicklung eines dass die aus Anbieter- und Nutzersicht, aber auch konzeptionellen, theoretischen und methodischen aus einer normativ-gesellschaftlichen Perspektive Rahmens, der die Abgrenzung „journalistisch-redak- bislang relativ klar differenzierbaren Angebotstypen tioneller“ Angebote von sonstigen Kommunikations- und Informationsfunktionen an Trennschärfe verlie- angeboten erlaubt. Entsprechend wird im Hinblick ren: Neben den professionellen Journalismus und auf die Mediennutzung untersucht, wie und mithilfe klassische Massenmedien treten neue Akteure, algo- welcher kommunikativer Praktiken sich Menschen rithmisch operierende Intermediäre sowie Nutzerin- informieren und mit Öffentlichkeit(en) in Beziehung nen und Nutzer selbst, die sich zunehmend einfluss- setzen. Hierbei stellt sich die Frage, welche Funktio- reich an der Herstellung von Öffentlichkeit(en) betei- nen Intermediäre einerseits und journalistisch-re- ligen. Dies wirft die Frage auf, zu welchen Machtver- daktionelle Angebote andererseits im Informations- schiebungen es hierbei in einem Kommunikations- repertoire unterschiedlicher Nutzergruppen erfül- system kommt, dem in der Gesellschaft traditionell len. die Kernfunktion zukommt, Öffentlichkeit herzustel- Die gesellschaftliche Relevanz der so beobacht- len und zur Meinungsbildung beizutragen. baren Veränderungen ergibt sich unter anderem aus Das zentrale Erkenntnisinteresse des For- dem Einfluss, den medial vermittelte Kommunikation schungsprogramms besteht darin, besser zu verste- auf die Prozesse individueller und gesellschaftlicher hen, wie unter diesen Bedingungen, und ausgehan- Meinungsbildung hat bzw. haben kann. Für die Be- delt zwischen Anbietern und Nutzern, Öffentlichkeit stimmung unterschiedlicher Formen der Einfluss- hergestellt wird. Um diesen grundlegenden Zusam- nahme fehlt es derzeit aber an begrifflichen und kon- menhang untersuchen zu können, werden im Rah- zeptionellen Grundlagen. So ist der Rechtsbegriff der men des Forschungsprogramms die Verschränkun- „vorherrschenden Meinungsmacht“, auf den derzeit gen in den Blick genommen, die zwischen Informati- rundfunkrechtliche Vielfaltskontrolle aufbaut, bei onsproduktion, Informationsangeboten und Infor- näherer Betrachtung in allen Begriffsteilen unklar, mationsnutzung bestehen und aus denen sich An- etwa im Hinblick auf die Begriffsweite der „Meinung“ satzpunkte für eine Regulierung ableiten lassen, die und die Frage nach der Art des Einflusses und seiner die Informationsfunktionen der Medien absichern Vermittlung, aber auch in Bezug auf das Verständnis will. von „Meinungsbildungsprozessen“. Daher wird im Konkret wird untersucht, wie sich etablierte und Rahmen des Forschungsprogramms ein konzeptio- neue Anbieter im Feld des Journalismus auf die sich neller Rahmen für medienbezogene Einflüsse auf zunehmend ausdifferenzierende Medienumgebung Meinungsbildungsprozesse erarbeitet, der eine 11
Tätigkeitsbericht des Hans-Bredow-Instituts 2018 Grundlage dafür schafft, auf die beschriebenen ergibt sich vor allem aus den Planungen für das For- Transformationen rechtlich zu reagieren. schungsprogramm 1, in dem die Konsequenzen der Das Jahr 2018 war für das Forschungsprogramm Transformation öffentlicher Kommunikation für den geprägt durch die Fertigstellung zweier Anträge auf gesellschaftlichen Zusammenhalt untersucht wer- längerfristig angelegte Drittmittelprojekte. Zum ei- den sollen. Dieser Antrag wurde im Herbst 2018 be- nen wurde gemeinsam mit der Universität Bremen willigt, das Institut wird sich daher 2019 an der Kon- ein DFG-Paketantrag mit insgesamt drei Projekten zeptionsphase dieses Verbundvorhabens und von aus dem Kontext des Forschungsverbunds „Kommu- 2020 bis 2023 an der Forschungsphase beteiligen. nikative Figurationen“ gestellt. Dieser konnte im Sprecher/in: Prof. Dr. Wiebke Loosen, Dr. Stephan Frühjahr 2018 eingereicht werden und wurde Ende Dreyer des Jahres 2018 positiv beschieden, so dass die drei Projekte von 2019 bis 2022 bearbeitet werden kön- Mitarbeiter/innen: Kevin Dankert (bis 3/2018), Prof. nen. Zum anderen hat das Institut einen Antrag auf Dr. Uwe Hasebrink, Amélie Pia Heldt, Dr. Sascha Mitwirkung an dem BMBF-geförderten „Institut für Hölig, Lisa Merten, Julius Reimer, Lies van gesellschaftlichen Zusammenhalt“ gestellt. Die in- Roessel (bis 3/2018), Dr. Jan-Hinrik Schmidt, haltliche Stoßrichtung der vorgeschlagenen Projekte Hermann-Dieter Schröder, Prof. Dr. Wolfgang Schulz LEITPROJEKTE IM FORSCHUNGSPROGRAMM 1 The Peoples‘ Internet (PIN) tät, die Informationssuche in diversen Alltagsszena- rien sowie das Zugehörigkeitsgefühl (lokale, regio- Das internationale Kooperationsprojekt untersucht, nale, nationale, kulturelle Gemeinschaften). wie das Internet die Gesellschaften in den USA, Eu- ropa und China verändert hat und weiter verändern Bearbeiter: U. Hasebrink, S. Hölig (Ansprechpartner) wird. Kooperationspartner: University of Copenhagen Die weltweit vielfältige soziale Nutzung des Inter- (Klaus Bruhn Jensen, Rasmus Helles, Jacob nets ist bisher nur unzureichend erforscht worden. Ørmen); Northwestern University, USA (James Das Projekt „The Peoples' Internet“ (PIN) vergleicht Webster, Harsh Taneja, Chicago); Chinese den aktuellen Stand und das Zukunftspotenzial des Academy of Social Sciences (Tianxiao Zhao, Internets in drei Zentren der Weltwirtschaft und der Beijing); Hungary (Miklos Suklosd, CPH); Italy Weltpolitik – China, Europa und den Vereinigten (Nicoletta Vittadini, Milan); UK (John Downey, Staaten. Es fragt dabei vor allem nach dem Zusam- Loughborough) menspiel der Zivilgesellschaft mit den beiden ande- ren Schlüsselsektoren moderner Gesellschaften: Drittmittelgeber: Carlsberg Foundation (DKK 11 Markt und Staat. Hierzu werden von den Kooperati- million) – Semper Ardens Research Project 2016- onspartnern Bevölkerungsumfragen, ethnographi- 2020 sche Studien und Big Data Analysen durchgeführt. In Deutschland wurde im Juni 2018 eine repräsen- Was Journalisten sollen – und wollen tative Befragung durchgeführt (n=1517; YouGov On- Eine Bevölkerungsumfrage erhebt erstmals reprä- line-Access-Panel). Abgefragt wurden die Medien- sentativ, welche Aufgaben die deutsche Bevölkerung nutzung (Video, Audio, Text, Spiele in Min.), die Kom- Journalistinnen und Journalisten zuschreibt. Diese munikation mit anderen Personen (verschiedene Be- werden anschließend verglichen mit bereits vorlie- zugspersonen, Kommunikationswege), die Online- genden Daten zum journalistischen Rollenselbstbild. Nutzung (Geräte, erster Zeitpunkt, Häufigkeit, ver- Die Beziehung zwischen Journalismus und Publi- schiedene Ebenen der Informationssuche), Social kum hat sich durch den Medienwandel verändert: Das Media (mit wem, warum, wie oft, wie, Anonymitäts- Mediennutzungsverhalten wandelt sich, es wird mehr grad), die Rolle des Internets bzgl. der Lebensquali- Transparenz und eine stärkere Partizipations- und Dialogorientierung vom Journalismus gefordert. In 12
Projekte im Forschungsprogramm 1 Teilen der Bevölkerung schwindet das Vertrauen richtungen aus zehn Bundesländern sollen gemein- auch in Qualitätsmedien, Medienberichterstattung sam ein Forschungsprogramm und eine Lenkungs- wird kritisiert bis hin zum Vorwurf „Lügenpresse”. struktur für das dezentral angelegte Institut erarbei- Auch rückläufige Abonnementszahlen von Tageszei- ten. Die Entscheidung fiel in einem wissenschaftsge- tungen und die gering ausgeprägte Zahlungsbereit- leiteten Wettbewerb. schaft für Online-Journalismus sind Indikatoren da- Das neue Institut für gesellschaftlichen Zusam- für, dass der Journalismus oft nicht den Erwartun- menhalt soll die Forschung zu diesem Themengebiet gen seiner Nutzer und Nutzerinnen entspricht. vorantreiben. Multidisziplinär angelegt werden For- Es ist allerdings wenig darüber bekannt, welche scherinnen und Forscher an verschiedenen Orten ar- Erwartungen die Bevölkerung genau an Journalis- beiten. Das Institut soll mit praxisrelevanten Vor- mus hat. Noch viel weniger wissen wir darüber, wie schlägen dazu beitragen, gesellschaftlichen Heraus- sich Publikumserwartungen an journalistische Leis- forderungen zu begegnen. Dafür wird es sich mit ak- tungen zu dem verhalten, was Journalistinnen und tuellen, für den Zusammenhalt der Gesellschaft rele- Journalisten selbst als ihre professionelle Aufgabe, vanten Entwicklungen und ihren historischen Wur- ihr Rollenselbstbild betrachten. Das heißt auch, dass zeln auseinandersetzen. Die ausgewählten Einrich- wir praktisch kaum etwas darüber wissen, wie weit tungen werden in einer einjährigen Vorphase ein die Auffassungen von gutem, von Qualitätsjournalis- Gründungskonzept für das Institut entwickeln. Sie mus auf beiden Seiten auseinanderliegen. decken Aspekte wie Polarisierung und Populismus, Ziel der geplanten Befragung ist es daher, erst- Identitäten und regionale Erfahrungswelten, Medien mals repräsentativ die Erwartungen der Bevölkerung und Konfliktkultur sowie Antisemitismus und Hass- an den Journalismus zu erheben, um diese anschlie- kriminalität ab. ßend mit bereits vorliegenden Daten zum journalisti- Ziel des einjährigen Projekts ist die Erarbeitung schen Rollenselbstbild abzugleichen, die im Rahmen eines Konzepts für die vierjährige Hauptphase eines der „Worlds of Journalism-Studie“ in einer repräsen- „Forschungsinstituts für gesellschaftlichen Zusam- tativen Befragung von Journalistinnen und Journa- menhalt“ (FgZ). listen erhoben wurden. Bearbeiter/in: U. Hasebrink, W. Loosen, J.-H. Die Befunde werden ein profundes Bild davon lie- Schmidt (Ansprechpartner), W. Schulz fern, welche unterschiedlichen Aufgaben Journalis- tinnen und Journalisten aus Sicht des Publikums er- Kooperationspartner: Universität Leipzig; füllen sollten und für wie wichtig diese im Einzelnen Universität Konstanz; Universität Hannover – erachtet werden. Der Abgleich der Befunde auf Pub- Leibniz Forschungszentrum TRUST; Universität likums- und Journalismus-Seite wird außerdem dar- Halle; Soziologisches Forschungsinstitut über Aufschluss geben, wie weit die jeweiligen Auf- Göttingen (SOFI); Universität Frankfurt; fassungen auseinanderliegen, also zeigen, was Jour- Universität Bremen; Universität Bielefeld; nalistinnen und Journalisten sollen und wollen. Zentrum für Antisemitismusforschung/TU Berlin; Institut für Demokratie und Bearbeiter/in: S. Hölig. W. Loosen Zivilgesellschaft Jena (Ansprechpartnerin), J. Reimer Drittmittelgeber: Bundesministerium für Bildung Drittmittelgeber: ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd und Forschung, Förderkennzeichen 01UG1857Y Bucerius Pionier-Journalismus: Die Rolle von Pionier- Konzeptionsphase für das Forschungsinstitut für gemeinschaften bei der Transformation des gesellschaftlichen Zusammenhalt Journalismus Das Bundesministerium für Bildung und Forschung Wie gestalten journalistische Pioniere und Pionier- (BMBF) hat für den Aufbau eines Forschungsinstituts gemeinschaften die Zukunft des Feldes und wie stel- für gesellschaftlichen Zusammenhalt einen Verbund len sie sich eine optimale Zukunft des Journalismus aus Hochschul- und Forschungsinstituten ausge- vor? wählt, darunter das Hans-Bredow-Institut. Elf Ein- 13
Tätigkeitsbericht des Hans-Bredow-Instituts 2018 Die Transformation des Journalismus hängt eng Rahmen des Forschungsverbundes „Transforming mit der Entwicklung von Medientechnologien zusam- Communications“. men und wird in zunehmendem Maße auch außerhalb Die Publikumsbeziehungen von Journalistinnen etablierter journalistischer Organisationen von Akt- und Journalisten wie auch die Organisation, in die sie euren vorangetrieben, die an der Peripherie des jour- eingebettet sind, haben einen Einfluss auf Produk- nalistischen Feldes agieren. Mit Blick auf historische tion von Inhalten und Berichterstattung. Neue Medi- Arbeiten zur Entwicklung des Internets wird schnell enangebote wie BuzzFeed, Correct!v, Edition F, Hef- klar, dass bestimmte Gruppen oder Gemeinschaften tig.com und Huffington Post binden beispielsweise eine entscheidende Rolle bei Transformationspro- das Internet und soziale Medien auf neuartige und an- zessen spielen können. „Pioniergemeinschaften“ dere Weise ein als viele der etablierten Medien. In sind Gruppen, die nicht nur ein Sendungsbewusst- diesem Projektvorhaben soll untersucht werden, sein haben, sondern auch Ideen für einen medienbe- welche neuen journalistischen Organisationen und zogenen Wandel entwickeln, an dem sich u. U. auch Organisationsformen entstehen, wie Journalistinnen breitere soziale Diskurse orientieren. Beispiele dafür und Journalisten in unterschiedlichen Organisatio- sind die „Hacks-/Hackers-Bewegung“, die mit daten- nen ihre Beziehung zu ihrem Publikum gestalten und und technologiegetriebenem Journalismus befasst wie dies ihre Arbeit und letztendlich ihre journalisti- ist, oder aber das „Constructive Journalism Project“, schen Beiträge beeinflusst. das neue Formen der Berichterstattung entwickelt Bearbeiter/in: W. Loosen (Ansprechpartnerin), und lösungsorientierten Journalismus vorantreiben J. Reimer will. In dem DFG-Projekt untersuchen wir gemeinsam Drittmittelgeber: Deutsche mit dem Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Forschungsgemeinschaft (DFG) Informationsforschung an der Universität Bremen, welche Rolle derartige Pioniergemeinschaften bei Reuters Institute Digital News Survey der Transformation des Journalismus spielen. Aus- Das Hans-Bredow-Institut ist deutscher Partner des gehend von qualitativen Interviews wird erforscht, Reuters Institute for the Study of Journalism an der wie sich journalistische Pioniere und Pioniergemein- Universität Oxford, das seit 2012 jährlich Befragun- schaften die Zukunft des Feldes vorstellen und wie gen zur Nachrichtennutzung über sämtliche Plattfor- sie diese gestalten (wollen). men und Dienste hinweg durchführt. Wie die Bevöl- Das Projekt wurde im Kontext des Verbundan- kerung bzw. verschiedene Bevölkerungsgruppen trags „Transforming Communications“ entwickelt ihre Nachrichtennutzung verändern und welche Rolle und 2017 für einen Antrag bei der DFG neu konzipiert. die verschiedenen technischen Plattformen und Bearbeiter/in: W. Loosen (Ansprechpartnerin), Nachrichtendienste dabei spielen, steht im Zentrum J. Reimer des Reuters Institute Digital News Survey. Hierfür wurden 2018 zeitgleich Befragungen in 37 Kooperationspartner: Prof. Dr. A. Hepp (ZeMKI, europäischen und außereuropäischen Ländern mit Universität Bremen) insgesamt 74.194 Befragten realisiert, um generelle Drittmittelgeber: Deutsche Trends, aber auch nationale Besonderheiten erken- Forschungsgemeinschaft (DFG) nen zu können. Die deutschen Ergebnisse für 2018 zeigen, dass Journalismus und sein Publikum: Die Re-Figuration ein Drittel der erwachsenen Internetnutzer (31 %) so- einer Beziehung und ihre Folgen für journalistische ziale Medien wie Facebook, WhatsApp oder YouTube Aussagenentstehung als Quelle für Nachrichten nutzt. Doch nur für 7 Pro- zent ist es die wichtigste Quelle, für knapp 2 Prozent Wie wirkt sich die Entwicklung des Internets und so- die einzige. Lediglich 18 Prozent vertrauen Nachrich- zialer Medien auf die Organisation des Journalismus, ten aus den sozialen Medien. veränderte Publikumsbeziehungen und die Bericht- Die im Rahmen der Untersuchung erhobenen Da- erstattung aus? Dies untersucht ein DFG-Projekt im ten bilden eine wichtige Grundlage auch für weitere 14
Projekte im Forschungsprogramm 1 Forschungsprojekte des Instituts und für die Bewer- cherung im Rundfunkrecht. Umso erstaunlicher er- tung der Veränderung des Nutzungsverhaltens, die scheint, dass kaum Einigkeit darüber besteht, was er wiederum Grundlage etwa für Vorschläge im Bereich bezeichnet. Geht es nur um Meinungen zu gesell- der Medien-Regulierung bildet. schaftlich relevanten Themen und, wenn ja, wie sind Die Ergebnisse 2018 sind als Arbeitspapier des diese zu bestimmen? Wann hat jemand Macht dar- Hans-Bredow-Instituts Nr. 44 erschienen: Hölig, S.; über? Und kann das System öffentlicher Meinungs- Hasebrink, U. (2018): Reuters Institute Digital News bildung so umschlagen, dass jemand „vorherrschen- Report 2018 – Ergebnisse für Deutschland. Hamburg: den“ Einfluss besitzt? Verlag Hans-Bredow-Institut, Juni 2018 (pdf zum Die Beantwortung dieser Fragen drängt, denn ne- Download). ben traditionellen Medien wird immer stärker auch Akteuren Macht im Meinungsbildungsprozess zuge- Bearbeiter: S. Hölig (Ansprechpartner), sprochen, die Algorithmen kontrollieren bzw. Dienst- U. Hasebrink leistungen anbieten, die auf „Künstlicher Intelligenz“ Kooperationspartner: D. Levy, N. Newman, R. K. basieren, etwa Suchmaschinen. Auch diese neuen Nielsen, Reuters Institute for the Study of Formen internetbasierter Kommunikation können Journalism derzeit nur über das Konstrukt der „medienrelevan- ten verwandten Märkte“ einbezogen werden. Ein Drittmittelgeber: die medienanstalten, ZDF Grundlagenprojekt zur Beantwortung der o. g. Fra- Meinungsmacht im Algorithmen-Zeitalter – gen befindet sich in der Antragsphase. Rekonstruktion eines medienrechtlichen Bearbeiter/in: W. Schulz (Ansprechpartner), Leitbegriffs S. Dreyer, A. Heldt Der Begriff der „vorherrschenden Meinungsmacht“ (§ 26 Rundfunkstaatsvertrag) ist zentral für die Vielfaltssi- WEITERE PROJEKTE IM FORSCHUNGSPROGRAMM 1 Tweetende Twitterer im Profil den geringen Nutzerzahlen in Deutschland ver- gleichsweise hoch. Begründen lässt sich dieser Um- Journalistinnen und Journalisten greifen für ihre Re- stand mit dem leichten Zugang zu den öffentlich ge- cherchen gern auch auf Twitter zurück. Doch unter- äußerten Inhalten und den durch Twitter zur Verfü- scheiden sich aktive Twitterer in ihrer Persönlich- gung gestellten Schnittstellen. Der geringe Aufwand, keitsstruktur nicht deutlich von der nicht twitternden auf Daten, O-Töne und Stimmungsbilder zuzugreifen, Bevölkerung? Hat das Stimmungsbild auf Twitter da- birgt für Wissenschaft und Journalismus jedoch das her womöglich wenig zu tun mit dem in der Gesamt- Risiko, die auf Twitter geäußerten Meinungen und bevölkerung? vorfindbaren Strukturen in ihrer Aussagekraft zu Sowohl in der journalistischen Berichterstattung überschätzen. Denn in Deutschland ist nur ein gerin- als auch in der kommunikationswissenschaftlichen ger Anteil der Onliner auf Twitter aktiv. Und unter die- Forschung nimmt Twitter derzeit einen hohen Stel- sen findet sich ein im Vergleich zur Gesamtbevölke- lenwert ein. Zahlreiche Forschungsprojekte widmen rung besonderer Menschentypus, der Twitter als öf- sich der Analyse von getweeteten Inhalten, der Ver- fentliche Bühne für die Äußerung der eigenen Mei- breitung von Hashtags oder Follower-Followee- nung verwendet. Während über die Nutzerzahlen in Strukturen. Journalistinnen und Journalisten hinge- Deutschland vergleichsweise aussagekräftige Anga- gen verlesen nicht nur gern Tweets von Politikern o- ben vorliegen, war über den Anteil aktiver Twitterer der Prominenten in diversen Kontexten, sondern bin- und ihre Persönlichkeitseigenschaften bislang kaum den so auch die Meinungen von „normalen Bürgern“ etwas bekannt. als „Reaktionen aus dem Netz“ in ihre Berichterstat- Das Projekt hat dazu beigetragen, diese For- tung ein. Die dem Microblogging-Dienst dadurch ent- schungslücke zu schließen. Es hat ermittelt, wie gegengebrachte Aufmerksamkeit ist im Vergleich zu 15
Tätigkeitsbericht des Hans-Bredow-Instituts 2018 groß der Anteil der aktiven Twitterer ist, welche Per- (Diagramme, Karten, Tabellen usw.) und welche sönlichkeitsmerkmale aktive Twitterer aufweisen Möglichkeiten sie den Nutzerinnen und Nutzern und inwiefern sie sich in ihrer Persönlichkeitsstruk- bieten, die Daten selbst interaktiv zu erkunden (in tur von der Gesamtbevölkerung unterscheiden. Karten hineinzoomen, Daten nach dem eigenen Die Projektergebnisse sind als Artikel in der Zeit- Wohnort filtern usw.). schrift M&K erschienen: Hölig, S. (2018): Eine mei- Durch den Vergleich über die einzelnen Jahre nungsstarke Minderheit als Stimmungsbarometer?! werden Trends in der Entwicklung des noch jungen Über die Persönlichkeitseigenschaften aktiver Twit- Berichterstattungsstils ebenso deutlich wie bisher terer. In: Medien & Kommunikationswissenschaft, ungenutzte Potenziale. Jahrgang 66(2), S. 140-169. Der Artikel hat den Fritz- Bearbeiter/in: W. Loosen (Ansprechpartnerin), Thyssen-Preis für den zweitbesten sozialwissen- J. Reimer schaftlichen Artikel im Jahr 2018 gewonnen. Er hat zudem eine breite öffentliche Debatte über Twitter Journalism Elsewhere ausgelöst, da er von der Wochenzeitung Die Zeit pro- minent aufgegriffen wurde. Ein internationales Netzwerk aus Forscherinnen und Forschern untersucht, wie Journalismus an unge- Bearbeiter: S. Hölig wöhnlichen Orten produziert wird oder von Men- schen, die vormals gar nicht oder nicht vorrangig in Wenn aus Daten Journalismus wird: eine die Nachrichtenproduktion eingebunden waren. fortlaufende Inhaltsanalyse der Nominierungen für Drohnen-Pilot(inn)en, die „Copter-Journalismus“ den jährlichen Data Journalism Award betreiben; Comic-Zeichner(innen), die Reportagen Ob „Swiss Leaks“ oder „Panama Papers“ – Datenjour- mittels Graphic Novels erzählen; Statistiker(innen) nalismus ist derzeit hoch aktuell. Wie sich diese neue und Informationsdesigner(innen), die große Daten- Form des Journalismus entwickelt, wird anhand jour- mengen in investigativen Recherchen verarbeiten; nalistischer Texte untersucht, die für den Data Jour- Software-Entwickler(innen), die Algorithmen auto- nalism Award nominiert wurden. matisch Berichte schreiben lassen; Satiriker(innen) Datenjournalismus (oder: datengetriebener sowie Anchormänner und -frauen, die ihrem Publi- Journalismus) ist nicht nur im Journalismus selbst, kum relevante Themen auf unterhaltsame Weise na- sondern auch in der Forschung zu einem Boom- hebringen: Im Zeitalter digital vernetzter Medien Thema geworden. Bisher fehlte jedoch eine Studie, werden Nachrichten nicht mehr nur von professio- die über mehrere Jahre und über Ländergrenzen nellen Journalist(inn)en produziert, sondern zuneh- hinweg nachzeichnet, wie sich die neue datengetrie- mend auch von Akteur(inn)en an der Peripherie des bene Art der Berichterstattung (weiter-)entwickelt. Journalismus. An diesem Punkt setzt das Projekt „Wenn aus Daten Das Hans-Bredow-Institut ist Teil eines internati- Journalismus wird“ an: Seit 2013 wird jährlich onalen Netzwerks von Forscher(inne)n, das derartige analysiert, was man als den „Gold-Standard“ des Fälle untersucht, in denen Journalismus an außerge- internationalen Datenjournalismus bezeichnen kann: wöhnlichen Orten, auf ungewohnte Art und Weise o- die Projekte, die für den Data Journalism Award der unter Beteiligung von eher unüblichen Ak- nominiert sind. Dieser Preis wird jedes Jahr vom teur(inn)en entsteht. Ziel ist, die „sich ausfransenden Global Editors Network für die besten datengetrie- Ränder“ des Journalismusfelds zu erkunden und ih- benen Geschichten vergeben. ren Einfluss auf seinen „Kern“: die großen Redaktio- Analysiert wird, welche Medien die Stücke nen der traditionellen Medienhäuser und ihre Be- produzieren (Zeitungen, TV-Sender usw.), welche richterstattung. Themen sie behandeln (Politik, Wirtschaft, Sport Bearbeiter/in: W. Loosen (Ansprechpartnerin), usw.), welche Arten von Daten sie dafür nutzen J. Reimer (Geodaten, Finanzdaten, Umfrageergebnisse usw.), aus welchen Quellen diese stammen (Regierungs- Kooperationspartner/innen: Ass. Prof. Dr. T. organisationen, NGOs, Unternehmen usw.), mit Witschge (University of Groningen; welchen Mitteln sie visuell dargestellt werden 16
Projekte im Forschungsprogramm 1 Projektleitung) und zehn weitere Media Performance and Democracy Wissenschaftler(innen) aus fünf Ländern Demokratie erfordert Informationsangebote, die für die Gesellschaft relevante Themen und Streitfragen Tinder die Stadt: software-bezogene Szenarien zur behandeln. Doch wie ist es um die publizistische Qua- Überwindung der Krise mediatisierter Öffentlichkeit lität des Informationsangebots aller tagesaktuellen Wenn Tinder für Dating funktioniert, weshalb dann Medien im deutschsprachigen Raum bestellt? nicht auch für Nachrichten? Das intuitive Tinder- Das Institut beteiligt sich an einem DFG-geför- Prinzip wird in diesem Projekt auf journalistische In- derten Forschungsvorhaben, das unter Federfüh- halte angewendet. rung der Universität Düsseldorf gemeinsam mit Kol- Die Krise des Journalismus trifft Regionalzeitun- leginnen und Kollegen aus Mainz, Wien und Zürich gen ebenso wie überregionale Qualitätsmedien. 2018 gestartet ist. Ziel ist die Realisierung einer ver- Diese Entwicklung verlangt innovative Ideen. For- gleichenden Studie zur publizistischen Qualität des scherinnen und Forscher des Zentrums für Medien-, Informationsangebots aller tagesaktuellen Medien in Kommunikations- und Informationsforschung Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zentraler (ZeMKI), des Instituts für Informationsmanagement Bestandteil sind inhaltsanalytische Untersuchungen, an der Universität Bremen und des Hans-Bredow-In- mit denen drei demokratietheoretisch abgeleitete stituts erarbeiten in einem experimentellen Vorge- Kriterienbündel erfasst werden sollen: Relevanz, hen das Konzept für eine neuartige App zur Nachrich- Pluralität und Deliberation. ten- und Informationssuche und setzen dieses um. In Das Institut bringt in diesen Verbund vor allem Co-Creation, also gemeinsam mit den zukünftigen seine Expertise im Hinblick auf die Rolle von Qualität Nutzerinnen und Nutzern, wird eine innovative mo- für die Publika von Informationsangeboten ein. bile Nachrichten- und Informations-App für junge Bearbeiter: U. Hasebrink (Ansprechpartner), Leute zwischen 16 und 36 Jahren entwickelt. Dabei S. Hölig stehen nicht, wie sonst üblich, die Interessen eines Medienhauses im Zentrum der Überlegungen, son- Kooperationspartner: Prof. Dr. R. Weiß und Prof. Dr. dern die Bedürfnisse, Gewohnheiten und Wünsche O. Jandura (Universität Düsseldorf), Prof. Dr. B. der Nutzerinnen und Nutzer. Stark (Universität Mainz), Dr. J. Seethaler Die App wird sich regional an Bürgerinnen und (Institut für Vergleichende Medien- und Bürger aus dem Raum Bremen und die zwei angren- Kommunikationsforschung, Wien), Prof. Dr. Mark zenden Landkreise Osterholz und Verden richten. Zu- Eisenegger und Prof. Dr. O. Jarren (Universität nächst wird hier 2018/2019 empirisch zu Stadtöffent- Zürich) lichkeit geforscht und auf Basis dieser Befunde eine Drittmittelgeber: Deutsche online-basierte, von klassischen Nachrichtenanbie- Forschungsgemeinschaft (DFG) tern unabhängige mobile App als experimenteller Prototyp entwickelt. Dabei soll bei der Nutzung das Alternative Models of Financing Investigative intuitive Tinder-Prinzip zugrunde liegen. Das bedeu- Journalism tet, durch einfaches Wischen Inhalte zum „Lesen“ o- der „Nicht-Lesen“ zu markieren und dabei die Inte- Im Rahmen der von den Grünen im Euopäischen Par- ressen der Nutzerinnen und Nutzer selbstlernend lament in Auftrag gegebenen Studie wurden insge- einzubeziehen. samt acht Finanzierungsmodelle für investigativen Journalismus identifiziert, evaluiert und diskutiert. Bearbeiter: J. Reimer (Ansprechpartner), W. Loosen Zu diesem Zweck wurden verschiedene Kriterien Kooperationspartner: Prof. Dr. A. Hepp (ZeMKI, entwickelt, die insgesamt sechs Bereiche umfassen, Bremen), Prof. Dr. A. Breiter (ifib, Universität in denen die Finanzierungsquelle einen Einfluss auf Bremen) investigativen Journalismus ausüben kann: Unab- hängigkeit, Qualität, Marktstruktur, Arbeitsprozesse, Drittmittelgeber: Bundesministerium für Bildung Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. und Forschung (BMBF) Bearbeiterin: W. Loosen 17
Tätigkeitsbericht des Hans-Bredow-Instituts 2018 Kooperationspartner: Prof. Dr. M. Clement, Dr. A. In tiefgreifend mediatisierten Medienumgebun- Lepthien, P. Schulz (Universität Hamburg) gen differenzieren sich die Formen, wie die Men- schen sich mit Öffentlichkeit in Beziehung setzen, Forschungsverbund „Transforming aus. Neben die etablierte Massenkommunikation tre- Communications“ ten vielfältige Kommunikationsformen, die sich auf ganz spezifische Öffentlichkeiten beziehen und mit Das Institut beteiligt sich an dem Forschungsver- ganz spezifischen Rollen verbunden sind. Einige der bund „Kommunikative Figurationen“ der Universitä- neuen Formen werden als positiv wahrgenommen ten Bremen und Hamburg, welcher untersucht, wie (z. B. verstärkte Partizipationsmöglichkeiten und sich die tiefgreifende Mediatisierung auf die Kon- eine größere Vielfalt), einige von ihnen aber auch ne- struktion sozialer Zusammenhänge auswirkt. Soziale gativ (z. B. Fragmentierung und eine Entgrenzung Zusammenhänge werden dabei als Kommunikative von Privatheit und Öffentlichkeit). Wie tragen diese Figurationen analysiert; mit diesem gemeinsamen individuellen Repertoires der Öffentlichkeitsanbin- Konzept ist es möglich, ganz unterschiedliche soziale dung zur Veränderung von Öffentlichkeiten bei? Zusammenhänge im Hinblick darauf zu untersuchen, Ziel dieses Projekts ist die Rekonstruktion indivi- wie sie kommunikativ konstruiert werden. dueller Praktiken der Öffentlichkeitsanbindung und Nach dem 2017 beantragten DFG-Sonderfor- deren Stellenwert in Kommunikativen Figurationen schungsbereich/Transregio mit dem Titel „Transfor- von Öffentlichkeiten. ming Communications“, der zwar von der internatio- Das Projekt ist Bestandteil des Verbundfor- nalen Begutachtungsgruppe eine Förderempfehlung schungsvorhabens „Transforming Communications“, erhalten hatte, aber vom Senatsausschuss der DFG das gemeinsam von den Universitäten Bremen und nicht bewilligt wurde, haben die Mitglieder des Ver- Hamburg und dem Hans-Bredow-Institut entwickelt bunds aus dem gemeinsam entwickelten Vorhaben wurde. Mithilfe eines Mehrmethodendesigns (quali- Anträge auf Förderung von Einzelprojekten gestellt, tative Panel-Studie auf Basis der Auswertung von In- von denen einige mittlerweile bewilligt wurden (siehe terviews, Tagebüchern und digitalen Spuren; stan- www.kommunikative-figurationen.de). dardisierte Online-Befragung; Sekundäranalyse von Bearbeiter/innen: U. Hasebrink (Ansprechpartner), längsschnittlichen Mediennutzungsstudien) sollen C. Lampert, W. Loosen, individuelle medienübergreifende Repertoires der M. Oermann (bis 5/2017), W. Schulz, Öffentlichkeitsanbindung für verschiedene Arten H.-U. Wagner von Öffentlichkeiten untersucht werden. Kooperationspartner: 30 Wissenschaftler(innen) aus Bearbeiter: U. Hasebrink dem Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Drittmittelgeber: Deutsche Informationsforschung (ZeMKI), dem Forschungsgemeinschaft (DFG) Forschungszentrum für Ungleichheit und Sozialpolitik (SOCIUM) und dem Institut für Breaking News Informationsmanagement (ifib) in Bremen sowie von der Fakultät für Geisteswissenschaften, der Bei Terroranschlägen oder Naturkatastrophen sind Fakultät für Rechtswissenschaft, der Fakultät zeitnahe und verlässliche Informationen für Medien- WiSo und em Research Center for Media and nutzer außerordentlich wichtig. Um herauszubekom- Communication (RCMC) der Universität Hamburg men, welche Informationsbedürfnisse Menschen in derartigen Situationen haben und welche Medien sie Public Connection nutzen, wurde ein Studiendesign entwickelt, mit dem bei einem real eingetretenen extremen Nachrichten- Wie Menschen über Medien einen Bezug zur Öffent- ereignis empirische Daten erfasst werden können. lichkeit herstellen und damit die kommunikativen Fi- Das Attentat in München vom 22. Juli 2016 hat ge- gurationen von Öffentlichkeiten verändern, unter- zeigt, welch hohen Stellenwert soziale Medien in be- sucht ein DFG-Projekt im Rahmen des Forschungs- sonderen Ereignislagen erlangt haben: Nutzer be- verbunds „Kommunikative Figurationen“. richteten live über das Geschehen vor Ort, wobei je- 18
Projekte im Forschungsprogramm 1 doch auch zahlreiche Falschmeldungen und sich ver- Relevanz die Nachrichtennutzung auf sozialen Netz- selbstständigende Gerüchte die Runde machten. Ne- werkplattformen im Vergleich zu traditionell-publi- ben der Geschwindigkeit, die zweifelsohne einen zistischen Angeboten besitzt. wichtigen Aspekt der Berichterstattung darstellt – Die Arbeit wird 2019 abgeschlossen. insbesondere in Extremsituationen, die sich mit na- Bearbeiterin: L. Merten hem räumlichen Bezug ereignen – ist eine zuverläs- sige Berichterstattung mit belastbaren Informatio- Promotionsprojekt Branded Journalists. nen für die Bevölkerung unabdingbar. Aus diesem Theoretische Konzeption und empirische Grund ist es wichtig, die Informationsbedürfnisse Exploration von Markenführung im Journalismus und das Nutzungsverhalten der Menschen in derarti- gen Situationen genau zu kennen und zu verstehen. Einzelne Journalistinnen und Journalisten werden Im Fokus steht dementsprechend die von den Ge- zunehmend selbst zu (Medien-)Marken – neben denen wohnheiten abweichende Nachrichtennutzung, die der Redaktionen und Medientitel, für die sie arbeiten. drei zentrale Aspekte umfasst: die Art und Weise der Durch das Internet, insbesondere durch soziale Me- erhaltenen Erstinformation, die evtl. Weitergabe die- dien wie Facebook oder Twitter, sind einzelne Jour- ser Information und die Medienwahl bei der vertie- nalistinnen und Journalisten heutzutage „sichtbarer“ fenden Informationssuche. Da das Informationsver- als zuvor. Sie haben direkteren Kontakt zu ihrem halten bei besonderen Nachrichtenlagen aufgrund Publikum und möglichen Quellen und Informanten, der situationsspezifischen Besonderheiten nicht si- aber auch zu Kolleginnen und Kollegen in anderen Re- muliert oder abstrakt vorgestellt werden kann, wurde daktionen sowie potenziellen Arbeit- und Auftragge- ein Studiendesign entwickelt, mit welchem bei ei- bern. Zugleich steigt der Druck, diese neuen Möglich- nem real eingetretenen extremen Nachrichtenereig- keiten zu nutzen: Journalistinnen und Journalisten nis empirische Daten erfasst werden können. versuchen, selbst zur (Medien-)Marke zu werden, um sich im hart umkämpften Markt für Aufmerksamkeit, Bearbeiter. S. Hölig Anstellungen und Aufträge einen Vorteil zu verschaf- Drittmittelgeber: ZDF fen. In seinem Promotionsprojekt untersucht Julius Promotionsprojekt Nachrichtennutzung auf Reimer, welche Strategien der persönlichen Marken- sozialen Netzwerkplattformen bildung und -führung Journalistinnen und Journalis- ten zur Verfügung stehen und welche Vor- und Nach- Das kumulative Promotionsvorhaben untersucht teile sich durch Personal Branding ergeben: für sie Nutzerpraktiken im Hinblick auf Nachrichten auf so- selbst, für die Medienorganisationen, für die sie ar- zialen Netzwerkplattformen. Es wird von PD Dr. beiten, sowie für den Journalismus und seine Aufga- Wiebke Loosen und Prof. Dr. Uwe Hasebrink vom ben in einer demokratischen Gesellschaft. Hans-Bredow-Institut betreut. Das Dissertationsprojekt war Thema in Folge 10 Ein zunehmender Teil der Nachrichtendistribu- und 26 des BredowCast. Die Arbeit wird 2019 abge- tion und -selektion geschieht im Kontext sozialer schlossen. Netzwerkplattformen. Durch diese Verschiebung von herkömmlich dominanten Verbreitungswegen Bearbeiter: J. Reimer massenmedialer Inhalte weg vom Muttermedium sind „the people, formerly known as the audience“ Promotionsprojekt Die Wirkung der (Rosen 2006) auf sozialen Netzwerkplattformen mit Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken einer Vielzahl von verschiedenen Nachrichtenquellen Sind nutzergenerierte Inhalte auf privaten Kommuni- in Form von individuell kuratierten „Streams“ kon- kationsplattformen von der Meinungsfreiheit ge- frontiert. schützt? In ihrem Promotionsvorhaben beschäftigt Ziel der Promotion ist es, näher zu beleuchten, sich Amélie Pia Heldt mit der Wirkung des Grund- mit welchen Intentionen, Strategien und Routinen rechts auf Meinungsfreiheit im Internet und unter- sich Nutzerinnen und Nutzer auf sozialen Netzwerk- sucht die Wirkung von Grundrechten zwischen Priva- plattformen personalisierte Öffentlichkeiten zur Nachrichtennutzung zusammenstellen und welche 19
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