THE SECRET OF MONKEY ISLAND - Dossier - Stay Forever
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THE SECRET OF MONKEY ISLAND Release: Oktober 1990 | Entwickler: Lucasfilm Games | Genre: Grafik-Adventure Publisher USA: Lucasfilm Games | Publisher DE: Softgold The Secret of Monkey Island ist ein Spiel von Lucasfilm Games (später: LucasArts) aus dem Jahr 1990. Für viele Fans des Genres zählt es zu den beliebtesten Grafik- Adventures. Das Spiel verbindet ein originelles, stimmig inszeniertes Setting mit logischen Rätselketten, Humor und Maßstäbe setzenden Spielmechaniken. PC-Versionen EGA-Version (1990, 16 Farben) VGA-Version (1990, 256 Farben) Special Edition (2009) In der Floppy-Version sind das Inventar und die Verben noch textbasiert. In der CD-Version wird die Zahl der Verben von zwölf auf neun reduziert (gestrichen wurden „Mach an“, „Mach aus“, „Gehe zu“), die Inventargegenstände werden durch Icons dargestellt, und die Adlib-Musik ist durch CD-Audio- Stücke ersetzt. Erst das Remake von 2009 („Special Edition“ genannt) fügt neben komplett erneuerter Grafik auch eine vollständige Sprachausgabe hinzu. Das Spiel erschien im Laufe der frühen 90er-Jahre zudem für eine Reihe anderer Plattformen, darunter Amiga, Atari ST, CDTV, FM Towns und Sega CD. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 2
Entstehung Design und Text: Musik: Grafik: • Ron Gilbert • Michael Land • Steve Purcell • Dave Grossman • Patrick Mundy • Mark Ferrari • Tim Schafer • Mike Ebert • Martin Cameron [Quelle: Wikipedia] The Secret of Monkey Island ist ein Spiel von Ron Gilbert. Gilbert hatte 1987 mit dem Überraschungs- Hit Maniac Mansion gemeinsam mit Gary Winnick das Point-and-Click-Adventure definiert. The Secret of Monkey Island war dediziert als Weiterentwicklung der Designprinzipien von Maniac Mansion und als Antithese zu gängigen Designpraktiken in Adventures jener Zeit gedacht. 1989 veröffentlichte Gilbert im Journal of Computer Game Design einen Essay mit dem Titel "Why Adventure Games Suck“, in denen er 15 Regeln für das Design von Adventure-Spielen aufstellte; deren Ziel sei es, Spieler nicht zu sehr zu frustrieren, eine angenehme Spielerfahrung zu gewährleisten und Spielern zu ermöglichen, ihre „suspension of disbelief“ aufrecht zu erhalten. Gilberts Überlegungen stammen unter anderem aus seinen Erfahrung mit Maniac Mansion, in dem er diverse Mängel identifiziert hatte, darunter Sackgassen und „Game Over“-Screens. “I have created a set of rules of thumb that will minimize the loss of suspension of disbelief. As with any set of rules, there are always exceptions. […] In Maniac Mansion, in one place or another, I violated all but one of these rules. Some of them were violated by design, others by sloppiness. If I could redesign Maniac Mansion, all the violations would be removed and I'd have a much better game.” Ron Gilbert, “Why Adventure Games Suck”, grumpygamer.com Zu Gilberts Regeln zählen zahlreiche Dinge, die heutzutage als Standards gelten, unter anderem: “Puzzles should advance the story - There is nothing more frustrating than solving pointless puzzle after pointless puzzle. Each puzzle solved should bring the player closer to understanding the story and game. […] Sub-goals need to be obvious - Most good adventure games are broken up into many sub-goals. Letting the player know at least the first sub-goal is essential in hooking them. If the main goal is to rescue the prince, and the player is trapped on an island at the beginning of the game, have another character in the story tell them the first step: get off the island. […] Reward Intent - Figure out what the player is trying to do. If it is what the game wants, then help the player along and let it happen. […]” Ron Gilbert, “Why Adventure Games Suck”, grumpygamer.com Nach Maniac Mansion arbeitet Ron Gilbert erst an Zak McKracken und Indiana Jones and the Last Crusade mit, bevor er in einem eigenen Projekt seine Theorien in die Praxis umsetzen darf – dieses Spiel wird The Secret of Monkey Island. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 3
Die Idee für ein Piraten-Adventure trug Gilbert zu der Zeit schon eine Weile mit sich herum. Inspirationen waren die Pirates of the Caribbean-Attraktion in Disneyland und Tim Powers’ Buch “On Stranger Tides”. “I was sorting through some boxes today and I came across my copy of Tim Power's On Stranger Tides, which I read in the late 80's and was the inspiration for Monkey Island. Some people believe the inspiration for Monkey Island came from the Pirates of the Caribbean ride – probably because I said it several times during interviews – but that was really just for the ambiance. If you read this book you can really see where Guybrush and LeChuck were -plagiarized- derived from, plus the heavy influence of voodoo in the game.” Ron Gilbert, grumpygamer.com, 2004 Mit Hilfe von Dave Grossman und Tim Schafer entwickelte Gilbert das Setting. Als nächstes wurde die Story Schritt für Schritt in wichtigen Punkten festgelegt, mit Zielen, die man erreichen muss, um den nächsten Abschnitt zu erreichen. Am Ende standen ca. 50 Punkte, die Gilbert dann mit Rätseln angereicherte. Kontext The Secret of Monkey Island erscheint 1990 als Lucasfilms fünftes Grafik-Adventure. Es trifft auf einen Markt, der von Sierra dominiert wird, die mit ihren robusten Adventure-Engines und starker Quest- Marke ein Spiel nach dem anderen produzieren. Die folgende Tabelle ist eine Einordnung der Monkey Island-Spiele in die generelle Entwicklung der Grafik Adventures. Außerdem enthält sie eine Übersicht der Spiele, an denen die Monkey-Island-Macher noch mitgearbeitet haben. Monkey Island LucasArts-Adventures Grafik-Adventures 1984 King’s Quest 1985 King’s Quest 2 1986 Labyrinth King’s Quest 3 Space Quest 1987 Maniac Mansion Leisure Suit Larry Ron Gilbert, Steve Purcell Police Quest 1988 Zak McKracken King's Quest 4 Ron Gilbert, Steve Purcell Leisure Suit Larry 2 1989 Indiana Jones and the Last Crusade Space Quest 3 Ron Gilbert, Steve Purcell Quest for Glory 1990 The Secret of Monkey Island Loom King's Quest 5 Ron Gilbert, Tim Schafer, Dave Grossmann, Michael Land, Steve Purcell Quest for Glory 2 Steve Purcell Spellcasting 101 1991 Monkey Island 2: LeChuck’s Revenge Leisure Suit Larry 5 Ron Gilbert, Tim Schafer, Dave Grossmann, Michael Land, Space Quest 4 Steve Purcell Police Quest 3 1992 Indiana Jones and the Fate of Atlantis King’s Quest 6 Michael Land The Legend of Kyrandia Star Trek: 25th Anniversary 1993 Day of the Tentacle Leisure Suit Larry 6 Tim Schafer, Dave Grossmann Myst Sam & Max Hit the Road Simon the Sorcerer Steve Purcell Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 4
1994 King's Quest 7 Beneath a Steel Sky 1995 The Dig Space Quest 6 Michael Land Gabriel Knight 2 Full Throttle Shannara Tim Schafer Simon the Sorcerer 2 1996 Leisure Suit Larry 7 Baphomets Fluch Discworld 2 1997 The Curse of Monkey Island Riven Tim Schafer, Michael Land, Steve Purcell 1998 Grim Fandango Tim Schafer 1999 The Longest Journey Gabriel Knight 3 2000 Flucht von Monkey Island Michael Land … 2009 Tales of Monkey Island Michael Land, Steve Purcell The Secret of Monkey Island: Special Edition Setting Nominell ist The Secret of Monkey Island in der Karibik angesiedelt. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Fantasy-Version der Realität, die Elemente der Fantastik und des Cartoons verbindet. So existieren in The Secret of Monkey Island übernatürliche Phänomene, Geister und lebende Tote, Wahrsagerei und Magie (in Form von Voodoo); das bewirkt zum Beispiel, dass ein abgetrennter Menschenkopf am Leben bleiben kann, oder dass eine Zauberbrühe ein Schiff nach Monkey Island transportiert. Aus Cartoons borgt sich das Spiel Überzeichnungen und Antropomorphismen wie eine Horde dressierter Affen, die ein Schiff segeln kann; Slapstick-Gewalt lässt Guybrush aus Kanonen und (von LeChuck geprügelt) kilometerweit durch die Luft fliegen; Guybrush überlebt 10 Minuten lang unter Wasser; es gibt einen dreiköpfigen Affen etc. In der Welt des ersten Monkey Island existieren zudem anscheinend nur Piraten, was die Frage aufwirft, wen die eigentlich bestehlen. Dazu kommen historische Anachronismen wie zum Beispiel der Grog-Automat. “[These anachronisms] are there to add humor to the game of course, but they also have a secret, deeper relevance to the story – but I'm keeping that secret for the sequel.” Ron Gilbert, The Adventurer 1, 1990 Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 5
Handlung Tief in der Karibik … der Jugendliche Guybrush Threepwoood taucht auf der Insel Mêlée Island™ auf und will Pirat werden. Wie wird man Pirat? Genau das gilt es erst einmal herauszufinden. In der örtlichen SCUMM-Bar erfährt Guybrush die Geschichte des Kapitäns LeChuck: Verliebt in Gouverneurin Marley und vom Willen beseelt, sie zu beindrucken, segelte dieser los, um Monkey Island zu finden; im Sturm sank sein Schiff. Seitdem sucht er als Geisterpirat die Karibik heim. Außerdem sitzen in der SCUMM-Bar (deren Namen eine Anspielung auf die Skripting-Sprache SCUMM ist, die Ron Gilbert für Maniac Manson geschrieben hatte) drei „schrecklich wichtige Piraten“, und die wissen ganz genau, wie Guybrush ein Pirat werden kann. Nur durch … …, die da wären: Der Schmied Cobb aus LOOM™ hat in der SCUMM-Bar einen Gastauftritt: Das Gesicht • Den Schwertmeister besiegen des berühmten „Ask me about Loom“- • Den Schatz von Mêlée Island™ finden Piraten. (Also das passiert, wenn man unter • Das Idol aus dem Anwesen der Gouverneurin die Kapuze eines Webers schaut!) stehlen Die Handlung von Monkey Island ist teilweise nichtlinear. Die drei Prüfungen auf Melée Island können in verschiedener Reihenfolge angegangen werden. Erst später im Designprozess hinzugefügt, sollen sie dem Spieler ermöglichen, im Falle eines Hängenbleibens an anderer Stelle weiterzurätseln und so Frust verhindern. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 6
“The game went through a lot of changes in the design process. The three trials are one example; I added them late in the design stage. […] You have to prove yourself as a pirate by completing these three tests, and you can do them in any order that you want. […] I think it's good design technique to have things as nonlinear as possible, but it does make the storytelling ten times as hard.” Ron Gilbert, The Adventurer 1, 1990 Ein Treffen mit der schönen Gouverneurin Elaine Marley, 32 neu erlernte Schwertkampfbeleidigungen und zwei lausige T-Shirts später ist Guybrush zwar immer noch kein offizieller Pirat. Doch er ist fest entschlossen, eine Crew zusammenzustellen, um mit einem eigenen Schiff das sagenumwobene Monkey Island zu finden. Hierher hat der Geisterpirat LeChuck inzwischen Elaine verschleppt, wo sie inmitten von Affen, Gespenstern und vegetarischen Kannibalen auf Rettung wartet. Im Gegensatz zu Mêlée Island sind die Rätsel hier mehr darauf fokussiert, auf der Insel voranzukommen und das Versteck der Geisterpiraten zu finden. Es gibt weniger Interaktion mit anderen Figuren, Guybrushs Aufgaben sind gradliniger und es gibt weniger Auswahlmöglichkeiten in der Vorgehensweise. Die Handlung gipfelt in einem dramatischen Finale auf der Startinsel Mêlée Island, wo Guybrush die Hochzeit zwischen Elaine und LeChuck vereitelt und den Geisterpiraten in einem Showdown besieht, indem er ihn mit Root Beer bespritzt. Guybrush und Elaine betrachten gemeinsam das romantische Feuerwerk, das LeChucks explosiver Abgang ausgelöst hat. Die Erzählweise des Spiels hat interessante Bruchlinien. Guybrushs Erfolg wird gleich zweimal vereitelt, indem das Spiel wesentliche Erzählstränge nicht zum Abschluss bringt, sondern eskaliert und in eine neue Situation überführt. So wird Guybrush nach Abschluss der drei Aufgaben um die Genugtuung gebracht, zum Pirat ernannt zu werden, weil inzwischen LeChuck Elaine entführt hat und alle Piraten fliehen. Ebenso ist auf Monkey Island LeChuck schon abgesegelt, als Guybrush mit dem Root Beer im Gepäck zurückkehrt und bevor er Elaine befreien kann. Das schafft Handlungsdynamik und einen Hauch Dramatik und auch Tragik, weil Guybrush als taruriger Held stets zu spät erscheint – und dann, wenn's wirklich zählt, nämlich in der Kirche – zu früh! Das Spiel kann außerdem leicht unterschiedlich verlaufen, je nachdem, ob Guybrush mit der Steinschleuder sein Schiff versenkt hat oder nicht: • Wenn das Schiff ganz geblieben ist, taucht seine Crew in der Höhle nach LeChucks Abfahrt auf, es entspinnt sich ein kurzer Dialog, und alle kehren gemeinsam nach Mêlée Island zurück. Herman Toothrot bleibt auf der Insel und taucht im Abspann kurz auf. • Wenn das Schiff versenkt wurde, kehrt Guybrush mit Herman Toothrot nach Mêlée zurück. Der Abspann zeigt, dass Guybrushs Crew von den Kannibalen gefangen genommen wurde. In späteren Spielen der Serie ist der Abschuss des Schiffes kanonisch (no pun intended). Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 7
Charaktere GUYBRUSH THREEPWOOD Guybrush weiß, was er will: Pirat werden. Dieses Ziel verfolgt er mit jener charmanten Mischung aus kurzentschlossenem Tatendrang, fehlender Berührungsangst, naiv-unerschütterlicher Zuversicht und altklugem Witz, die ihn zur Blaupause für Comedy-Adventurehelden hat werden lassen. Guybrush gilt als einer der großen Sympathieträger der Spielegeschichte; vielleicht auch deshalb, weil er mindestens ebenso viel einsteckt wie austeilt, sich von keinem Rückschlag den Optimismus rauben lässt, Probleme überwiegend mit Schlagfertigkeit und Kreativität löst statt mit Gewalt und, nicht ganz unwichtig, von unverbrüchlicher Liebe zu Elaine beflügelt wird. Dabei hat er mindestens Charakterzüge eines Schlitzohrs, mitunter gar eines rücksichtslosen Soziopathen, die ebenso in den Tropos des Comedy-Helden eingegangen sind: • Er betrügt den Ladeninhaber um 5.000 Silberstücke • Er bestiehlt den Koch und die Gouverneurin • Er betrügt die Kannibalen um ihren wertvollsten Besitz, den Kopf des Navigators • Er versenkt das Schiff seiner Crew und lässt sie auf der Insel zurück ODER lässt Herman Toothrot zurück Die Unbedarftheit und Ahnungslosigkeit von Guybrush sind zumindest zum Teil Kalkül, um den Wissenstand von Spieler und Protagonist anzugleichen. “I figured if Guybrush didn't know anything, then the player wouldn't be frustrated when they didn't know how to do basic pirate tasks. Which was the whole genesis for the opening line: ‘Hi, my name is Guybrush Threepwood and I want to be a pirate.’ It told the player that Guybrush didn't know any more than they did, and they were going to learn together.“ Ron Gilbert, Grumpygamer.com, 2009 ELAINE MARLEY Elaine Marley ist die Gouverneurin von Mêlée Island. Sie wird im Laufe des Spiels zu Guybrushs love interest; ab der Hälfte des Spiels wird es zur Hauptaufgabe, sie zu retten. Elaine gilt als starke Frauenfigur; eine Umkehrung der damsel in distress, die als taffe Frau eine Männerwelt regiert. Diese Sichtweise hinkt. Elaines Stellung unter den Piraten ist gegeben und wird nicht hergeleitet. Sie muss sich unter ihnen nie wirklich durchsetzen und entwickelt deshalb auch keine Führungsstärke. Als deus ex machina taucht sie im letzten Spielkapitel abrupt auf und hat alles im Griff, was an dieser Stelle zusätzlich noch die Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 8
Leistung des Spielers entwertet und ihm eine lange Nase dreht. Elaine handelt nie; sie ist letztendlich Statistin und hat keinerlei Einfluss auf das Geschehen. „Elaine Marley was just called “The Governor” until the scene in the church was written. Dave Grossman wrote that scene and put in the gag dialog choice where Guybrush shouts “Elaine!”, which is from the movie “The Graduate”. I liked that, so it became her name. In the original design, Elaine was a more ruthless governor, but she softened up and became a true love interest as the project progressed.” Ron Gilbert, Grumpygamer.com, 2009 GEISTERPIRAT LECHUCK LeChuck ist der typische eindimensionale Cartoon-Antagonist, der einerseits die Piraten der Karibik terrorisiert, andererseits auch nach seinem Tod weiter um die Liebe von Elaine Marley buhlt. Nachdem er Guybrush als Rivalen identifiziert hat, gilt sein Zorn dem Nebenbuhler. Seine Achillesferse ist ein Voodoo-Gebräu, das Geister auflösen kann. LeChuck geht im Laufe der Monkey-Island-Serie durch eine Reihe von Inkarnationen; im ersten Spiel kommt er als körperloser Geist vor. Er hat allerdings offenbar die Macht, sich in Menschen zu verwandelt, um andere zu täuschen – auf Mêlée Island gibt er sich als Sheriff aus. LeChucks Boshaftigkeit erschöpft sich – einem überwiegend familienfreundlichen Adventure angemessen – in cholerischen Anfällen, diverse Drohungen und konsequenzloser Cartoon- Gewalttätigkeit. Seine drastischste Tat ist ein Mordversuch an Guybrush Threepwood, den er mit Gewicht am Bein im Hafenbecken versenkt. Das ist die einzige Stelle im Spiel, die tatsächlich zu einem vorzeitigen Ende führen kann, das Guybrush nach 10 Minuten ertrinkt (siehe unten). “I had put some ghosts into one of the stories, and that seemed to catch everyone's interest. I'm not sure why there's such a close connection between pirates and ghosts, and so many stories about ghost ships and ghost pirates. In all the reading I did, I never found out where all that began. Still, when I put in the ghost pirate LeChuck, that's when everything started to come together for me. Because now I had a good, strong antagonist.” Ron Gilbert, The Adventurer 1, 1990 GUYBRUSHS CREW: OTIS, CARLA, MEATHOOK Um nach Money Island zu segeln, braucht Guybrush eine Crew. Diese rekrutiert er aus Personen, die er im Verlauf des Spieles auf Mêlée Island getroffen hat. • Otis, der Dieb mit Mundgeruch, schließt sich Guybrush an, wenn dieser ihn aus dem Gefängnis befreit. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 9
• Carla die Schwertmeisterin wurde im Zuge der drei Prüfungen von Guybrush besiegt und will ihn eigentlich nicht mehr sehen. Doch die Entführung von Gouverneurin Marley motiviert, ihm zu folgen. • Meathook, Bauchredner, Entertainer und Einsiedler auf Hook Island, schließt sich uns nur an, wenn wir es schaffen, das gefährliche Untier zu berühren, das vor Jahren sein blühendes Geschäft ruinierte. “I like the way you meet Otis, Sword Master and Meathook during regular puzzles, then hire them later. Builds a sense of friendship before they are needed. They aren't just three random people you meet for the first time while look for a crew.” Ron Gilbert, Grumpygamer.com, 2009 Voodoo Lady Obwohl sie insgesamt nur geringen Einfluss auf den Handlungsverlauf und nur wenige Auftritte hat, ist die Voodoo-Hellseherin zu einem memorablen Charakter der Monkey-Island-Serie geworden; vermutlich überwiegend deshalb, weil sie in allen Serienteilen auftaucht. Sie symbolisiert die magischen Elemente der Spielwelt und ist gleichsam hilfreiche Ratgeberin wie verwirrendes Orakel: „Ich sehe die Kannibalen auf Monkey Island … sie helfen dir … oder essen dich … die Vision ist nicht ganz klar.“ Comedy-Stil und Dialoge The Secret of Monkey Island ist vollgestopft mit Humor, vom Wortwitz über Anspielungen bis Slapstick, und oft erfrischend originell in der Nutzung seiner Mittel. Ein gutes Beispiel für diese gelungene Mischung ist die Zirkusszene: Guybrush betritt das Zirkuszelt. Zwei Artisten (die Fettucini-Brüder) streiten sich im Hintergrund des Zeltes darüber, wer in die Kanone (groß im Vordergrund) steigt, und werfen sich irgendwann nur noch Beleidigungen an den Kopf. Währenddessen erscheint das Dialogmenü; Guybrush kann sie unterbrechen, zum Beispiel mit dem Indy-Klassiker „Ich verkaufe diese feinen Lederjacken.“ Die Fettucini-Brüder rasen zu ihm und umwerben ihn, immer abwechselnd, die Kanone auszuprobieren, das sei aufregend, aber völlig ungefährlich. Guybrush: „Wieviel zahlt ihr mir?“ Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 10
Fettuchini: „Wie wär’s mit … 478 Goldstücken?“ Guybrush zeigt seinen Topf als Helm und ruft, bevor er in die Kanone steigt, „ECHO“ in den Lauf, woraufhin im Zelt „echo“ ertönt – Guybrush wird da sehr nett als verspielter Charakter skizziert. Er steigt in die Kanone und wird direkt NEBEN den Strohhaufen gegen den Hauptmast des Zirkus gefeuert, wo er frontal dranklatscht, weil er unterwegs den Topf verloren hat; er rutscht kopfüber auf den Boden – eine feine Slapstick-Animation! „Es funktioniert also doch!“, frohlocken die Fettucinis und enthüllen so, dass Guybrush in Wirklichkeit ein Versuchskaninchen war. Die Fettucinis fragen ihn, ob alles okay sei. Guybrushs Antwort-Optionen stehen auf dem Kopf wie er – eine coole UI-Spielerei! Eine Option: „Ich bin Bobbin. Bist du meine Mutter?“, eine Anspielung auf Loom. Nachdem Guybrush wieder steht, streiten sich die Fettucinis fortan darum, wer als erster von ihnen in die Kanone darf – ein Bogenschlag zum Anfang der Szene als perfekte Pointe. Ron Gilbert und seine Mit-Autoren schaffen knappe, oft pointierte Charakterzeichnungen mit wenigen Worten und Gags, vor allem von Nebencharakteren. In der Stadt von Mêlée Island stehen zum Beispiel drei Piraten um ein Fass. Die drei sind überwiegend Kolorit, aber wie mit allen Charakteren sind auch mit ihnen kurze Wortwechsel möglich, darunter dieser: Guybrush: „Was ist in dem Fass?“ Pirat 1: „Rum.“ Pirat 2: „Marmelade.“ Die beiden Piraten sehen sich an. Pirat 1: „Marmelade.“ Pirat 2: „Rum.“ Pirat 1: „Äh, Marmelade mit Rum. Eine alte Piratenleibspeise.“ Das ist hübsch und kompakt, sauber ausgespielt und vermittelt den halb zwielichtigen, halb trotteligen Charakter der drei Gestalten. Dem Spiel gelingen auch knackige One-Liner, nicht zuletzt das berühmt gewordene „Du kämpfst wie eine Kuh!“, „Hinter dir! Ein dreiköpfiger Affe!“ oder Guybrushs knappe Begrüßung der Schwertmeisterin, in der Guybrushs krasse Kompetenzlosigkeit und seine naive Zielstrebigkeit in dem schönen Satz kondensieren: „My name is Guybrush Threepwood. I’ve come to kill you.“ Der Wort- und vor allem Dialogwitz trägt ganz wesentlich zur humoristischen Qualität von Monkey Island beiträgt. In den besten Momenten liefert sich Guybrush mit anderen Charakteren schlagfertige Wortwechsel. Vor allem aber erfinden Ron Gilbert & Co für Monkey Islands Auswahl-Dialoge eine Reihe von originellen Dialog-Gags, die einen neuen Standard für Comedy-Adventures definieren. 1) Auf dem Schiff nach Monkey Island, die Crew meutert. Guybrush schreit die Bande an, dass er ihnen fünf Sekunden gibt, um an die Arbeit zurückzukehren. Darauf antwortet Meathook: „Guybrush, sagt dir das Wort ‚Kielholen‘ etwas?“ Es erscheinen zwei Antwortoptionen: • „Danke, ich verstehe.“ • Definition von Kielholen („Das Untertauchen unter den Kiel des Schiffes zur Strafe oder Folter“) Auch wenn man den zweiten Satz auswählt, antwortet Guybrush stets „Danke, ich verstehe“ – das Spiel ignoriert hier die Handlungsmacht des Spielers, um einen Gag zu machen, aber auch den Ernst der Situation zu unterstreichen und Guybrush als jemanden zu charakterisieren, dessen Überlebensinstinkt im Zweifel die Überhand behält. 2) Das Beleidigungs-Wortgefecht mit LeChuck in der Kirche ist eine lange Abfolge des immergleichen Satzes „I can’t believe your …“ samt wechselnden Substantiven, die alle auf Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 11
„-ity“ enden. Der Humor entsteht aus der kindischen Verbohrtheit, mit der sich die beiden Kontrahenten beharken und die im Kontrast steht zu den hochtrabenden Begriffen, die schnell jeden Bezug zur Situation verlieren. Guybrush: “I can’t believe your audacity!” LeChuck: “Well, I can’t believe your stupidity!” Guybrush: “Yeah? I can’t believe your virility!” [atrocity, enormity …] LeChuck: “Yeah? I can’t believe your mobility!“ [fragility, felicity …] 3) The Secret of Monkey Island bricht an wenigen Stellen die streng abwechselnde Taktung von Dialogen auf, indem es Guybrush erlaubt, andere Personen zu unterbrechen, z.B. die Fettucinis im Zirkus. 4) The Secret of Monkey Island führt die LucasArts-Tradition fort, dass sich manche Rätsel nur durch Dialoge lösen lassen; allen voran natürlich das berühmte Beleidigungs-Fechten, aber auch der Schiffskauf, bei dem man Stan herunterhandeln muss, oder das Gespräch mit dem Kopf des Navigators, den Guybrush überreden muss, ihm seine Kette zu überlassen. 5) Wenn man endlich ein Schiff gekauft hat und am Pier steht, um es zu bewundern, taucht Stan auf und will den Kauf wieder rückgängig machen. Doch dann fällt das Schiff fast in sich zusammen, und Stan verabschiedet sich mit sehr schnell aufeinanderfolgenden Sätzen. Man kann sie kaum erkennen, so schnell gehen sie vorüber. Das Timing der ganzen Szene ist hervorragende Comedy. Monkey Island spielt auch insofern mit Konventionen, als es sein Interface in die Situationskomik einbezieht. In einem automatisierten Slapstick-Kampf mit dem Sheriff im Anwesen der Gouverneurin entzieht das Spiel dem Spieler die Kontrolle über Guybrush und verbirgt diesen auch noch hinter den Kulissen, erzählt aber die Geschehnisse über die Befehlszeile, in der Aktionen erscheinen, und über das Inventar, in dem neue Gegenstände auftauchen („Nimm schwerer Stuhl“, „Benutze schwerer Stuhl mit Sheriff“, „Nimm Wachslippen“ etc.). Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 12
Der Pirat Meathook hat in seinem Haus ein schreckliches Ungeheuer unter Verschluss, das ihn in seiner Kindheit beide Hände gekostet hat. In seinem Haus ist eine riesige, fünf Meter hohe Holztür, dahinter eine Stahltresortür, dahinter eine Schleuse, dahinter ein kleiner Holzschuber, darin ein kleiner grüner Papagei. Guybrush soll ihn berühren. Aus den zwölf Verben im Interface werden zwölf neue: „Tätschle“, „Kraule“, „Kneife“, „Streichle“ etc. „Before you can recruit one character named Meathook, he demands that you prove your bravery. You had to accomplish three things. But it slowed down the flow of the game too much, so we cut out two of them.” Ron Gilbert, Grumpygamer.com, 2009 Der Humor in Monkey Island weist häufig über die Spielwelt und -handlung hinaus und referenziert popkulturelle, technische oder genrespezifische Konventionen. Im dunklen Wald kann Guybrush zum Beispiel einen hohlen Baumstumpf untersuchen und ruft überrascht aus, hier führe ein Weg in ein verborgenes Katakombensystem! Daraufhin erscheint die Systemmeldung: „Bitte Disk 22 einlegen“, gefolgt von Disk 36 und Disk 114. Da es nicht mal ansatzweise so viele Disketten in diesem (oder irgendeinem anderen) Spiel gibt, ist das an sich leicht als Scherz zu erkennen – aber offenbar nicht für jedermann. Die Lucasfilm-Hotline erhielt damals jedenfalls zahlreiche Anrufe, die nachfragten, wo die fehlenden Disketten seien. The Secret of Monkey Island ist ein Spiel ohne Tode – mit einer Ausnahme. Nachdem der Sheriff alias LeChuck Guybrush im Hafenbecken versenkt hat, bleiben dem Spieler nur zehn Minuten Zeit, ihn aus dieser Lage zu befreien. Das Rätsel selbst ist in drei Sekunden gelöst (Guybrush muss lediglich das Idol hochheben, an das er gebunden ist); der Tod also bei normaler Spielweise kaum zu erreichen. Er muss absichtlich herbeigeführt werden, indem man sich daran erinnert, das Guybrush an einer Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 13
früheren Stelle im Spiel damit geprahlt hatte, dass er zehn Minuten lang die Luft anhalten könne. Der Tod ist also de facto kein Scheitern, sondern im Gegenteil eine Belohnung für die Experimentierfreude und Geduld des Spielers. Das Spiel inszeniert ihn als netten Gag, indem sich die Verben im Interface in Handlungen einer Wasserleiche verwandeln („Verwese“, „Dümple“ etc.). “Getting stuck on the ocean floor is one of my favorite puzzles because the solution is so obvious most people overlook it. The other puzzle I did in this same vein was in Indiana Jones and the Last Crusade where Indy has to have faith and just walk over a ledge. Players that had faith and just clicked on the other side of the crevice had no problem. Players that fiddled around and clicked on other stuff, ignoring the advice, always fell.“ Ron Gilbert, Grumpygamer.com, 2009 Selbst Cheat-Befehle parodiert das Spiel, indem es ein Tastenkürzel „zum sofortigen Gewinnen“ enthält. Wer STRG+W drückt, springt sofort zu einem Bildschirm, auf dem die Worte stehen: Das war’s. The Secret of Monkey Island enthält zudem einen der bekanntesten Seitenhiebe der Adventure- Geschichte, eine Parodie auf die Konkurrenz von Sierra; in deren Spielen konnten die Protagonisten nicht nur oft und unvorhersehbar sterben, der Tod wurde zudem immer in einem Standard-Textfenster mit kleiner Animation präsentiert. Ein solches Fenster bekommen auch Monkey-Island-Spieler zu sehen, wenn sie Guybrush auf Monkey Island von der Klippe laufen lassen: Ein paar Sekunden später katapultiert das Spiel Guybrush jedoch wieder zurück auf die Klippe, und der bemerkt trocken: „Gummibaum.“ Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 14
Beleidigungsfechten Die Inspiration für das berühmte Beleidigungsfechten aus The Secret of Monkey Island stammt aus alten Mantel-und-Degen-Filmen. “During the early stages of the Monkey Island design, we would watch old Errol Flynn era pirate movies. One thing that stood out was during the fights they always taunted each other with insults. I knew we needed to have sword fighting in the game – it was about pirates after all –, but I didn't want to introduce any action game play and the old pirate movies provided the perfect solution.” Ron Gilbert, Grumpygamer.com, 2009 Die Idee zu den Beleidigungsduellen stammt von Noah Falstein; die Dialogzeilen selbst, die stets aus Beleidigung und passender Replik bestehen, steuerte der Autor Orson Scott Card („Ender’s Game“) bei. In einer Serie von Kämpfen auf den nächtlichen Wegen von Mêlée Island tritt Guybrush gegen gewöhnliche Piraten in Fechtkämpfen an; jeder Schlagabtausch besteht aus einer Beleidigung, auf die der Gegner die passende Antwort finden muss. Guybrush erlernt nach und nach einen vollständigen Satz von Beleidigungen und Antworten; Letztere braucht er für den Kampf gegen die Schwertmeisterin, wo das System mit neuen Beleidigungen variiert wird. Die Popularität des Beleidigungsfechtens fußt vermutlich auf seiner Originalität, denn als Konfliktlösung ist es wirklich eine tolle, ins Setting passende Idee. Die Umsetzung ist, bei Licht betrachtet, aber nur mäßig. Zum einen sind die „Beleidigungen“ allesamt harmlos, die Pointen zu einem guten Teil schwach. Zum anderen ist die Spielmechanik unelegant; sie enthält nur wenig Taktik, ist zufallsabhängig und basiert auf ständiger Wiederholung, sprich: auf Grinding. Die Beleidigungen einzusammeln ist deshalb insgesamt ein eher ermüdender Prozess, dessen Lohn in dem Aha-Effekt steckt, bei der Schwertmeisterin Carla dann mit neuen Sprüchen konfrontiert zu werden, denen man die bekannten Antworten zuordnen muss. B e l e i d i Beleidigung g Antwort u n g ( S c h Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 15
w e r t m e i s t e r ) I w il l m il k e v e r y d r o p o f You fight like a dairy farmer! b How appropriate! You fight like a cow! l o o d f r o m y o u r b o d y ! I' v e This is the END for you, you gutter crawling cur! And I've got a little TIP for you, get the POINT? g o t Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 16
a l o n g , s h a r p l e s s o n f o r y o u t o l e a r n t o d a y . N o w I k n o w w I've spoken with apes more polite than you! h I'm glad to hear you attended your family reunion! a t fi lt h a n d s t Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 17
u p i d it y r e a ll y a r e . M y t o n g u e i s s h a r Soon you'll be wearing my sword like a shish First you better stop waving it about like a feather p kebab! duster. e r t h a n a n y s w o r d M y w i s e People fall at my feet when they see me coming! s Even BEFORE they smell your breath? t e n e m i Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 18
e s r u n a w a y a t t h e fi r s t s i g h t o f m e ! Y o u a r e a p a i n i n t I'm not going to take your insolence sitting down! Your hemorrhoids are flaring up again eh? h e b a c k s i d e , s ir ! Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 19
O n l y o n c e h a v e I m I once owned a dog that was smarter than you. He must have taught you everything you know. e t s u c h a c o w a r d ! N o o n e w il l e v e r c a Nobody's ever drawn blood from me and nobody t You run THAT fast? ever will. c h M E fi g h ti n g a s b a Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 20
d l y a s y o u d o . I h o p e y o u h a v e a b o a t r e Have you stopped wearing diapers yet? Why? Did you want to borrow one? a d y f o r a q u i c k e s c a p e . T h e r There are no words for how disgusting you are. Yes there are. You just never learned them. e a r e Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 21
n o c l e v e r m o v e s t h a t c a n h e l p y o u n o w . If y o u r b r o t h e r' s You make me want to puke. You make me think somebody already did. li k e y o u , b e t t e r Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 22
t o m a r r y a p i g . M y n a m e i s f e a r e d i n e v e r y d My handkerchief will wipe up your blood! So you got that job as janitor, after all. ir t y c o r n e r o f t h i s i s l a n d ! Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 23
M y l a s t fi g h t e n d e d w it h m y I got this scar on my face during a mighty h I hope now you've learned to stop picking your nose. struggle! a n d s c o v e r e d w it h b l o o d . M y s w o r d i I've heard you are a contemptible sneak. Too bad no one's ever heard of YOU at all. s f a m o u s a Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 24
ll o v e r t h e C a ri b b e a n ! I' v e g o t t h e c o u r a g e a n d s You're no match for my brains, you poor fool. I'd be in real trouble if you ever used them. k il l o f a m a s t e r s w o r d s m a Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 25
n . E v e r y w o r d y o u s a I wanted to make sure you'd feel comfortable with You have the manners of a beggar. y me. t o m e i s s t u p i d . Wer nur die Beleidigungsduelle ohne den ganzen Adventure-Krimskrams drumherum spielen will, kann das in einem Fan-Browserspiel tun: http://www.int33h.com/test/mi/ Schwächen Neben den Beleidigungs-Schwertkämpfen enthält The Secret of Monkey Island eine Handvoll weiterer Rätsel, die nicht hundertprozentig gelungen sind, aus unterschiedlichen Gründen: • Für das Brauen des Tranks auf dem Schiff findet Guybrush ein Rezept, das „Monkey Blood“ erfordert. Die Lösung ist eine Flasche Rotwein. Was Rotwein und Affenblut miteinander zu tun haben, bleibt schleierhaft; das ist nur durch Ausprobieren zu lösen. • Um von den Kannibalen auf Monkey Island den Kopf des Navigators zu bekommen, muss man ihnen einen anderen Gegenstand zum Tausch anbieten. Die berühmt- berüchtigte Lösung ist, ihnen die Broschüre „How to get ahead in navigating“ (in der deutschen Version: „Klarer Kopf beim Navigieren“ zu geben. Sie glauben dann, eine Anleitung vor sich zu haben, mit der sie einen neuen magischen Kopf herstellen können – „How to get a head in navigation“. Wer das Wortspiel nicht versteht, kann hier nur alle Inventargegenstände durchprobieren. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 26
• Auf LeChucks Geisterschiff muss man einen schlafenden Geistermatrosen an den Füßen kitzeln – wo genau sein kitzliger Punkt ist, wird aber nicht angezeigt, sodass nur mehrmaliges Ausprobieren zum Ziel führt. Der Geisterschiff-Part des Spiels ist generell nur mittelmäßig; das ansonsten sehr stilsichere Spiel fällt hier grafisch deutlich ab, und die Rätsel an Bord sind linear und anspruchslos. Trotz der Tatsache, dass Guybrush sich hier aufs Schiff seines Feindes schleicht und mitten unter dessen Crew bewegt, kommt keine Spannung auf. The Secret of Monkey Island geizt nicht mit sammelbaren Gegenständen, und so ist das Inventar über weite Teile des Spiels überladen. Dazu kommen einige recht kleine Hotspots, die pixelgenaue Aktionen erfordern, zum Beispiel die Nase des Totenpfahls auf Monkey Island. Die ist leicht zu übersehen. The Secret of Monkey Island setzt Hotspots generell sparsam ein; in den meisten Räumen gibt es nur wenige Aktionspunkte. Das gibt dem Spiel eine Klarheit und Stringenz, die dem Tempo gut tut. Gleichzeitig ist mancherorts wenig los, und ganze Räume sind kaum mehr als Durchgangsstationen oder Füller. Das Hin- und Herlaufen gerade auf den beiden Inseln des Spiels kann ermüdend sein, die Laufwege ziehen sich trotz Übersichtskarten. Allerdings: An mehreren Stellen der Handlung kürzt das Spiel Laufwege automatisch ab, etwa auf dem Rückweg vom Geisterschiff zu den Kannibalen zum Beispiel. Das ist komfortabel und spart Zeit! Nicht sonderlich originell ist zudem, dass das Spiel gleich zwei Labyrinthe auffährt – den Walt auf Mêlée Island und die Lavahöhle auf Monkey Island. Zwar sind beide nicht sonderlich ausufernd und erfordern keine Kartenzeichnen oder Auswendiglernen, sondern die Lösung eines Rätsels; dennoch hätt’s genügt, wenn’s bei einem Mal geblieben wäre. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 27
Grafik Monkey Island war zu seiner Zeit ein visuell herausragendes Spiel. Im Gegensatz zu Maniac Mansion und Zak McKracken hat The Secret of Monkey Island einen realistischeren Stil. Die Figuren sind proportional korrekt dargestellt und in den vereinzelten Nahaufnahmen fast schon fotorealistisch in Szene gesetzt. Für die Gesichter standen echte Personen Modell. So ist Elaine zum Beispiel Avril Harrison nachempfunden, einer Grafikerin bei Lucasfilm, die für die Amiga Version von Monkey Island verantwortlich war. Außerdem ist sie bekannt für das Bild der Tutanchamun-Maske und andere Vorlagen in Deluxe Paint für den Amiga. Das Gesicht von Schwertmeisterin Carla ist Carla Green, eine weitere Mitarbeiterin bei Lucasfilm. Die Nahaufnahmen stellen teils einen Bruch mit dem Rest des Spiels dar, das sonst einen sehr einheitlichen, ausgeprägten eigenen Stil aufweist. Eine Nahaufnahme, die aus Platzgründen tatsächlich geschnitten wurde, ist die von Spiffy dem Hund. Auf der Rückseite der Spieleverpackung kann man ihn noch bewundern, im fertigen Spiel leider nur von weitem. Sein cartooniger Stil hätte auch nicht zu den anderen realistischen Gesichtern gepasst. The Secret of Monkey Island spielt, wie schon Maniac Mansion, nachts, zumindest im ersten Kapitel (laut der Kirchturmuhr auf Mêlée Island ist es immer 22:00 Uhr, auch nach stundenlangem Schwertkampf-Training bei Captain Smirk oder Aus- und Einbuddeln des Piratenschatzes). Konsequenter als Maniac Mansion nutzt Monkey Island das als atmosphärisches und stilistisches Element mit reizvollen Kontrasten … Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 28
… aber auch als Element der Nutzerführung durch Hervorhebung. Weil aus den stimmungsvollen Blautönen jede helle Farbe heraussticht, ist es ein leichtes, sich auf der Übersichtskarte von Mêlée Island ohne Markierungen zurechtzufinden. Am Fackelschein erkennt man interessante Orte. Trotzdem wirkt Mêlée Island durch die ewige Nacht alles andere als düster und eintönig. Immer wieder durchbricht Licht die Fenster der Stadt, Dämmerlicht deutet sich an, ein hell erleuchtetes Zirkuszelt steht im Wald. Im starken Kontrast dazu steht die Insel Monkey Island im dritten Kapitel – strahlender Sonnenschein, satte Farben, am Himmel die strahlende Sonne und kleine kreisende Vogelpunkte. Man kann die Hitze fast fühlen. Dem Spiel sieht man seinen hohen Produktionsaufwand an vielen Stellen an, besonders in den Charakteranimationen. Wo damalige Adventures noch minimale Bewegungsabläufe oder Standbilder präsentierten, zeigt Monkey Island an vielen Stellen fast schon verschwenderisch anmutende Animationen, die nur einmal für einen Gag benutzt und dann auch nicht mehr recycelt werden. Viele der Slapstick-Animationen beinhalten visuelle Gags, zum Beispiel wenn Guybrush auf seinem Schiff in die Kanone klettert – sich über die Reling schwingt, am Kanonenhals baumelt und hineinziehen will, dann weggeschossen wird und in Großaufnahme auf den Spieler zufliegt. Oder auch LeChucks Schlaganimation, nur komplett mit Riesenfaust am Ende. Denkt man heute, dass ein Comedy-Adventures hauptsächlich mit Dialogwitz punkten muss, vergisst man, dass witzige Animationen immer ein großer Bestandteil der LucasArts-Spiele waren und einen großen Teil zum Charme beitrugen. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 29
Das Packungsbild und Artwork zum Spiel wurden von Steve Purcell beigesteuert, dem Zeichner von Sam & Max; Purcell arbeitet damals für Lucasfilm. Er malte die Cover für Monkey Island 1 und 2. Auf beiden versteckte er, wie auf all seinen Covern, seinen Namen. “For the first Monkey Island I was trying to visualize what Guybrush and Elaine would look like beyond their tiny pixelized form, so I had a version where Guybrush was more of an action hero. Also, when I did the cover I had painted Guybrush’s expression more tentative, sort of ‘in awe’. It was decided that he should have a more mature, determined expression so I brought the painting home and repainted his face. […] I wanted to make sure there was a goofy element in this otherwise ‘serious’ image so I included the banana-wielding monkey to give a hint of the game’s humour.” Steve Purcell, Retrogamer 116, 2013 Purcell ist auch verantwortlich für Guybrushs Namen. Nach der Erstellung erster Charakter-Sprites in Deluxe Paint speicherte er den noch namenlosen Helden unter dem Dateinamen „GUYBRUSH.bbm“ ab. Die Dateibezeichnung wurde von Ron Gilbert zum Vornamen des Protagonisten gemacht. Lange hielt sich der Fan-Mythos, dass die Datei „guy.brush“ hieß. Ein falscher Fakt, den Dave Grossman 2009 in einem Forumbeitrag richtig stellte: “For the obsessively detail-oriented among you: The DPaint extension for brush files was .bbm (remember that file extensions could only be three letters in those days). The file was named guybrush.bbm, but the "brush" was included by Steve Purcell, who did the drawing, rather than by DPaint itself.” Dave Grossmann, Forum auf telltale.com, 2009 Kopierschutz The Secret of Monkey Island ist das erste Spiel von LucasArts, das statt einer rot gedruckten, mit roter Folie lesbaren Codetabelle eine Codescheibe einsetzt. Darauf sind 15 Piraten abgebildet dazu Städte und Jahreszahlen. Beim Spielstart zeigt das Spiel ein aus zwei Teilen zusammengesetztes Gesicht und gibt eine Stadt vor; das Gesicht muss man auf dem Rad einstellen und dann im Fenster der Stadt ablesen, in welchem Jahr dieser Pirat gehängt wurde. Makaber! Insgesamt gibt’s 225 Kombinations- möglichkeiten aus Gesicht und Kinn. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 30
Nachruhm “There are two things in my career that I’m most proud of. Monkey Island is one of them and Humongous Entertainment is the other. They have both touched and influenced a lot of people. People will tell me that they learned English or how to read from playing Monkey Island. People have had Monkey Island weddings. Two people have asked me if it was OK to name their new child Guybrush. One person told me that he and his father fought and never got along, except for when they played Monkey Island together. It makes me extremely proud and is very humbling.” Ron Gilbert, grumpygamer.com, 2015 Der Charakter Guybrush Threepwood und zahlreiche Situationen und Sätze aus Monkey Island sind in die Games-Popkultur eingegangen; die Machart von Monkey Island hat zumindest die Comedy- Adventures, wenn nicht die Grafikadventures als Ganzes so nachhaltig geprägt, dass spielmechanische und textuelle Referenzen an das große Vorbild bis heute üblich sind. Eine besonders hübsche Verbeugung vor Guybrush und Monkey Island findet sich in Uncharted 4: Donkey Island 1995 erscheint in Tschechien das Spiel „The Secret of Donkey Island“ von einem Team namens Pterodon Software. Federführend ist Jarek Kolar – der wird später Senior Producer Illusion Softworks / 2k Check und arbeitet an Vietcong und Mafia 2. Donkey Island gilt als das erste erfolgreiche tschechische Grafik-Adventure / PC-Spiel, und ist das erste Spiel, das außerhalb des Landes kommerziell erschienen ist. In Deutschland brachte es Romware als Jewel-Case-Version in den Handel. Die Qualität des Spiels ist freilich mehr als bescheiden. Und abgesehen vom Namen, dem Karibikinsel-Setting und dem dreist geklauten Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 31
Guybrush-Sprite hat es auch nichts mit The Secret of Monkey Island gemein; weder ist es eine Parodie noch eine Hommage. Ich hat’s mir damals in der Hoffnung gekauft, hier eine Persiflage auf Monkey Island zu bekommen; leider war’s dann doch nur ein amateurhaftes Simpel-Adventure. Und nicht zuletzt erschien Monkey Island in zahlreichen Übersetzungen und Versionen für viele verschiedene Plattformen. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 32
Vier Anekdoten zum Grog-Automat 1. Der Grog-Automat auf Mêlée Island sollte eigentlich wie ein Cola-Automat aussehen. Die Entwürfe wurden aber von Lucasfilms Rechtsabteilung abgelehnt und so lange überarbeitet, bis das Design weit genug von Coca Cola entfernt war. 2. Es gibt tatsächlich eine Sackgasse, die Gilbert und sein Team im ersten Teil übersehen haben. Man kann all sein Geld in den Grog-Automaten stecken, bevor man das Schwert oder die Schaufel kauft; dann ist das Spiel nicht mehr zu gewinnen. 3. Im Deutschen hat Boris Schneider aus „Root Beer“ Malzbier gemacht, weil man Root Beer hierzulande nicht kennt. Deutsche Spieler müssen deshalb etwas stärker um die Ecke denken, um darauf zu kommen, dass sie LeChuck mit dem Getränk vollspritzen müssen; englische Spieler haben das Wort „Root“ als Verbindung zur Voodoo-Wurzel, aus der man zuvor den magischen Anti-Geister-Trank gebraut hat. 4. Im Jahr 2009 postet ein argentinischer Reporter auf Facebook, dass er gerade über gefährliche Drinks recherchiert, die Jugendliche heutzutage trinken. Daraufhin postet ein Troll als Antwort das Grog-Rezept aus Monkey Island, das die „wichtig aussehenden Piraten“ in der SCUMM Bar Guybrush verraten – es enthält unter anderem Kerosin und Batteriesäure. Das Rezept wird prompt im Fernsehen verteufelt. Der Faux-pas geht durchs Internet und wird im gleichen Jahr in Telltales „Tales of Monkey Island“ veralbert – darin gibt es einen Grog-Automaten mit Grog XD, „dem neuen Energy-Grog, auf den die Jugendlichen so wild sind.“ Leider ist er ausverkauft. Das Geheimnis von Monkey Island Aber was ist denn nun das Geheimnis von Monkey Island? Das wird im ersten Spiel nicht aufgeklärt. Und in allen folgenden auch nicht. Es ist bis heute ungelöst. (Obwohl es diverse Fan-Theorien gibt, und das Ende von Teil 2 eine Interpretation nahelegt. Aber das ist eine andere Geschichte für einen anderen Podcast.) Dieses Dossier wurde überarbeitet und ergänzt von Christian Beuster – Mai 2017. Stay Forever | Christian Schmidt & Gunnar Lott | April 2017 – www.stayforever.de 33
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